danse Les 14. MÄRZ 2024 KAMMERMUSIK III SAISON 2023/24 ennations
KOMMENDE HIGHLIGHTS
SAISON 2023/24
Bundesjugendballett
The Queen’s Cartoonists
MI
3 APR 19:30
GROSSER SAAL
BUNDESJUGENDBALLETT
In the Blue Garden: Ein Ballett mit einer legendären Choreografie von John Neumeier zur magischen Musik von Maurice Ravels Ma mère l’Oye
DI
9 APR 19:30
GROSSER SAAL
SO
14 APR 18:00
MITTLERER SAAL
DANIELE
RUSTIONI & ULSTER ORCHESTRA
Weberns op. 1, Schostakowitschs 1. Violinkonzert (Solist: Sergey Khachatryan) und Brahms’ 4. Sinfonie –drei Werke, in denen die alte Form der Passacaglia neu belebt wird
THE QUEEN’S CARTOONISTS
Bei ihrem Streifzug durch 100 Jahre Animationsgeschichte verbinden The Queen’s Cartoonists Zeichentrick und Animationsfilme mit vibrierendem Jazz.
SO 28 APR 11:00
GROSSER SAAL
GIOVANNI GUZZO, ANA DE LA VEGA & CAMERATA SALZBURG
Italienisches Flair versprühen Mercadantes 6. Flötenkonzert mit Ana de la Vega als Solistin sowie Mendelssohns 4. Sinfonie, die „Italienische“
Karten und Infos: +43 (0) 732 77 52 30 |
kassa@liva.linz.at | brucknerhaus.at
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Daniele Rustioni | Dirigent
Ana de la Vega | Flöte
Les nations en danse
Donnerstag, 14. März 2024, 19:30 Uhr
Mittlerer Saal, Brucknerhaus Linz
Maurice Steger | Blockflöte
Chouchane Siranossian | Violine
Alex Jellici | Violoncello
Sebastian Wienand | Cembalo
Saison 2023/24 – Kammermusik III
3. von 3 Konzerten im Abonnement
Brucknerhaus-Debüt
Programm
Francesco Turini (um 1589–1656)
Triosonate (Il Corisino) für Blockflöte, Violine und Basso continuo, aus: Madrigali con alcune Sonate. Libro primo (1621)
Andrea Falconieri (um 1585–1656)
La bella Marchesetta, Passàcalle und Folias echa para mi Señora Doña Tarolilla de Carallenos, aus: Il primo libro di canzone, sinfonie, fantasie, capricci, brandi, correnti, gagliarde alemane (1650)
Francesco Maria Veracini (1690–1768)
Sonata a-Moll für Blockflöte und Basso continuo op. 1, Nr. 1 (1721)
Antonio Soler (1729–1783)
Fandango d-Moll für Cembalo R. 146 (um 1770)
Georg Philipp Telemann (1681–1767)
Triosonate a-Moll für Altblockflöte, Violine und Basso continuo TWV 42:a1 (1718)
– Pause –
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Antonio Vivaldi (1678–1741)
Concerto D-Dur für Blockflöte, Violine und Basso continuo RV 92 (1720–24)
Jean-Marie Leclair (1697–1764)
Sonata B-Dur für Violine und Basso continuo op. 5, Nr. 4 (1734)
Antonio Vivaldi
Triosonate (La Follia) d-Moll für Blockflöte, Violine und Basso continuo op. 1, Nr. 12 (1705)
Konzertende ca. 21:30
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Brucknerhaus-Premiere
alla breve
Das Programm auf einen Blick
Der Aufstieg der Sonate und der Triosonate im Speziellen erscheint im Rückblick der Geschichtsschreibung, wie so vieles, einem klar nachvollziehbaren Muster gefolgt zu sein. Von Norditalien ausgehend gewann die Gattung zu Beginn des 17. Jahrhunderts in den großen Musikzentren Frankreichs, Deutschlands, Österreichs und Englands an Popularität, wurde als Kirchensonate (Sonata da chiesa) und Kammersonate (Sonata da camera) sowohl im sakralen als auch im weltlichen Bereich zur barocken Form der Kammermusik schlechthin und verlor erst mit dem Ende des Generalbasszeitalters, Mitte des 18. Jahrhunderts, an Bedeutung. Und doch, wie so oft, verlief dieser scheinbar unaufhaltsame Siegeszug tatsächlich alles andere als geradlinig.
Die Geschichte der Triosonate spielt sich auf gewundenen Bahnen ab, ist von Unschärfen, Abschweifungen und Mehrdeutigkeiten geprägt und spiegelt dabei nicht zuletzt die faszinierende grenzüberschreitende Wechselwirkung nationaler Stile in der Zeit des Barocks wider. Hörbar wird das im Programm des heutigen Abends mit tänzerischen Werken italienischer, deutscher, französischer und spanischer Komponisten.
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Les nations en danse
SONATE, CONCERTO, TRIO Noch bis ins 17. Jahrhundert beschreibt der Begriff der Sonate keine fest umrissene oder gar eigenständige Gattung, sondern wird zumeist für eine Vielzahl kompositorischer Stile verwendet, die je nach Region als Canzone, Concerto oder auch Sinfonia bezeichnet werden. So führt etwa der in Rom wirkende Jesuit und Universalgelehrte Athanasius Kircher die Sonate in seinem 1650 erschienenen Lexikon Musurgia universalis als Variante des „Stylus Phantasticus“ in Abgrenzung zu Madrigal- und Motettenstil auf: „Der fantastische Stil eignet sich für Instrumente. Er ist eine sehr freie und ungebundene Methode des Komponierens. Weil er weder an einen Text noch an ein zugrundeliegendes Thema gebunden ist, ist er geeignet, seinen Einfallsreichtum und sein verborgenes harmonisches Verfahren zu beweisen und den geistreichen Zusammenhang seiner harmonischen Klauseln und Fugen vorzuweisen. Man unterteilt ihn in die Formen, die man gemeinhin Fantasien, Ricercare, Toccaten und Sonaten nennt.“ Während die Besetzung dieser Sonaten vom Solo bis zum acht- oder mehrstimmigen Ensemble weiterhin starken (lokalen) Unterschieden unterworfen bleibt, beginnt sich die Form um 1700 allmählich zu konkretisieren. „Sonata ist eine Art Instrumental- insonderheit aber ViolinSachen“, hält Johann Mattheson stellvertretend für den deutschsprachigen Raum 1713 in seinem Lehrwerk Das Neu-Eröffnete Orchestre fest, „die in abgewechselten Adagio und Allegro bestehet, nunmehro schier etwas zu veralten beginnen will, und von den neuern so genanten Concerten, und Suiten ziemlich ausgestochen und hindangesetzet, auff dem vollstimmigen Clavier aber gleichsam von frischen wieder belebet worden ist […]“. Bemerkenswert ist hier, neben dem Verweis auf die charakteristische Abfolge langsamer und schneller Abschnitte, Matthesons Hinweis, die Sonate sei in Bezug auf größer besetzte mehrstimmige Werke bereits durch Konzerte und Suiten
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Les nations en danse Sonate, Concerto, Trio
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Les nations en danse Sonate, Concerto, Trio
Der Flötist, Ölgemälde von Cecco del Caravaggio, um 1620
verdrängt worden; eine Behauptung, der etwa Friedrich Erhard Niedt 1721 im zweiten Teil seiner Musicalischen Handleitung dezidiert widerspricht, indem er die Sonate mit dem Präludium gleichsetzt: „Die Sonata ist sonst ein Instrumental-Stücke, welches vorher gespielet wird, ehe die Sing-Stimmen anfangen, und hat es, in diesem Verstande, mit einer Sonata eben die Bewandniß, als mit dem Præludio.“ In diesem Sinn bezeichnet etwa auch Johann Sebastian Bach einige Einleitungssätze seiner frühen Kantaten als Sonaten. Um die Sache allerdings noch etwas komplizierter zu machen, führt auch Niedt die von Mattheson beschriebene ,konzertierende Sonate‘ auf, indem er hinzufügt: „Eine andere Art von Sonaten aber giebt es, die nicht das Amt eines Præludii verwalten; sondern, als Concerte vor sich, instrumentaliter aufgeführet werden. Diese haben einen Train [i. e. ein Gefolge] hinter sich her, von verschiedenen Sätzen und kleinen Pieçen, welche man Suites nennet, und davon die Menge im Druck und Kupfferstich heraus sind.“
Während die Sonate im deutschsprachigen Raum zu Beginn des 17. Jahrhunderts auf dem Weg zur spezifischen Form somit irgendwo zwischen Suite, Präludium, Konzert und „Violin-Sachen“ feststeckt, ist ihre Gestalt in Frankreich bereits weitaus klarer umrissen. Vor allem Paris ist, wie kaum eine andere europäische Stadt, vom italienischen Sonatenfieber infiziert. So hält etwa der Musiker und Schriftsteller Sébastien de Brossard im Nachhinein fest, dass „alle Komponisten von Paris, vor allem die Organisten, […] zu jener Zeit [um 1695] sozusagen süchtig danach [waren], Sonaten nach der italienischen Art zu komponieren“. In seinem 1703 erschienenen Dicitionaire de musique bringt Brossard außerdem eine exemplarische Beschreibung der Gattung zu Papier:
SUONATA, Plur[al] Suonate. So schreiben die Italiener das Wort üblicherweise, doch findet man es oft auch ohne u, also Sonata. Das ist es, was die Franzosen nun mit dem Wort SONATE übersetzen, welches nicht maskulin ist, wie man es oft hört (es ist schließlich äußerst lächerlich, etwa zu sagen: hier ist ein schöner Sonate,) sondern feminin. Das Wort stammt ab von Suono oder
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Les nations en danse Sonate, Concerto, Trio
Les nations en danse Sonate, Concerto, Trio
Suonare, weil solche Stücke allein durch den Klang von Instrumenten realisiert werden, sind sie doch für allerlei Instrumente gedacht, wie umgekehrt die Cantate für Singstimmen bestimmt ist […]. Das heißt, dass Sonaten im eigentlichen Sinn große Stücke sind, Fantasien oder Präludien usw. wechselnd zwischen allerlei Bewegungs- & Ausdrucksformen, gewöhnlichen oder außergewöhnlichen Akkorden, einfachen oder doppelten Fugen usw., & dies alles ganz nach der Fantasie des Komponisten, der, weder an die allgemeinen Regeln des Kontrapunkts noch an ein festes oder spezifisches Taktmaß gebunden, sich ganz der Glut seiner Erfindung hingibt, der Taktart und Tonart nach eigenem Gutdünken wechselt usw. […]. Sie können 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 & 8 Stimmen haben, gewöhnlich bestehen sie aber aus einer Violine oder zwei Violinen mit einem Basso Continuo für das Cembalo und oft mit einer stärker figurierten Bassstimme für die Gambe, das Fagott usw.
Der Aufstieg der Triosonate in Gestalt der von Brossard hervorgehobenen Besetzung mit zwei Solostimmen (meist Violinen) und Basso continuo hat zu diesem Zeitpunkt bereits in Frankreich und England, wenig später auch in Deutschland und Österreich begonnen. Im 1765 erschienenen 15. Band der von Denis Diderot und Jean Baptiste le Rond d’Alembert herausgegebenen Encyclopédie hielt Jean-Jacques Rousseau über die Sonate fest:
SONATE, S[ubstantiv] F[emininum] in der Musik, ist ein reines Instrumentalstück, das aus vier oder fünf Stücken unterschiedlichen Charakters besteht. Die Sonate ist in Bezug auf die Instrumente ungefähr das, was die Kantate in Bezug auf die Stimmen ist. […] Heute, da die Instrumente den wesentlichsten Teil der Musik ausmachen, sind Sonaten und alle Arten von Symphonien extrem in Mode; der Gesang der Stimmen ist kaum mehr als eine Nebensache. Wir haben diesen schlechten Geschmack denen zu verdanken, die die Redewendungen der italienischen Musik in eine Sprache einführen wollten, die diese nicht enthalten kann, und uns gezwungen haben, mit Instrumenten das zu tun, was wir mit unseren Stimmen unmöglich tun konnten. Ich wage zu
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Junger Mann mit Violine, Ölgemälde von Pietro Paolini, 1629
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Mann mit Violoncello, undatiertes Ölgemälde von Judith Leyster, vor 1636
Les nations en danse Sonate, Concerto, Trio
Les nations en danse Sonate, Concerto, Trio
behaupten, dass eine so unnatürliche Mode nicht von Dauer sein wird; die Musik ist eine Kunst der Nachahmung; aber diese Nachahmung ist von anderer Art als die der Poesie & die der Malerei; & um sie zu empfinden, braucht man die Anwesenheit oder zumindest das Bild des nachgeahmten Objektes; durch Worte wird uns dieses Objekt vorgestellt; & durch die rührenden Klänge der menschlichen Stimme, die mit den Worten verbunden ist, trägt dasselbe Objekt bis in die Herzen das Gefühl, das es dort erzeugen soll. Wer spürt nicht, wie weit die Instrumentalmusik von dieser Seele & dieser Energie entfernt ist? […] Um zu wissen, was all dieser Krempel von Sonaten, mit dem wir überhäuft werden, bedeutet, müsste man es wie der rohe Maler machen, der gezwungen ist, unter seine Figuren zu schreiben: das ist ein Mensch, das ist ein Baum, das ist ein Rind. Ich werde nie die Worte des berühmten Herrn de Fontenelle vergessen, der, als er sich in einem Konzert befand und von solch einer ewigen Instrumentalmusik überwältigt war, in einem Anfall von Ungeduld laut ausrief: Sonate, was willst du von mir?
„Sonate, que me veux-tu?“, „Sonate, was willst du von mir?“ Dieses bis weit ins 18. Jahrhundert geflügelte Wort des Schriftstellers Bernard le Bovier de Fontenelle fängt die Vorbehalte der französischen Komponisten gegenüber der für ihn ,abstrakten‘ italienischen Instrumentalmusik ein. Während zahlreiche Franzosen sich daher zu jener Zeit hüten, ihre Gerichte vom ,schlechten Geschmack‘ der Italiener versalzen zu lassen, reift in Komponisten wie François Couperin die Idee, den reich verzierten, vornehm schreitenden französischen Stil mit den kühnen harmonischen Wendungen und drängenden Figurationen Italiens zu vereinen. Ein Stil, der unter dem Namen „goûts réunis“ („Vereinigte Geschmäcker“) Schule macht und den sich auch der 1697 in Lyon geborene Jean-Marie Leclair aneignet, der ihn zudem mit einer virtuosen Handhabung kontrapunktischer Techniken zu verbinden weiß, die von Friedrich Wilhelm Marpurg in seiner 1753/54 erschienenen Abhandlung von der Fuge in eine Reihe mit jener Telemanns, Händels und Johann Sebastian Bachs gestellt wird.
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Exkurs
Antonio Soler
Zur selben Zeit wie Leclair arbeitet auch der 1681 in Magedburg geborene Georg Philipp Telemann an seiner Version des „Gemischten Geschmacks“. Bereits 1718 schreibt er in seinem Lebens-Lauff:
Ich ließ die Stücke derer neuern Teutschen und Italiänischen Meister mir zur Vorschrifft dienen und fand an ihrer Erfindungs-vollen, singenden und zugleich arbeitsamen Arth den angenehmsten Geschmack […]. Ich hatte damahls das Glück, zum öfftern die Hannöverische und Wolffenbüttelische Capellen zu hören […]. Also bekam ich bey jener Licht im Frantzösischen, bey dieser im Italiänischen und Theatralischen ,Goût‘, bey beyden aber lernete [ich] die diversen Naturen verschiedener Instrumente kennen […]. Wie nöthig und nützlich es sey, diese Arten in ihren wesentlichen Stücken unterscheiden zu können, solches erfahre [ich] noch biß auf den heutigen Tag und sage, es könne niemand ohne solches wissen hurtig und glücklich im Erfinden seyn.
EXKURS: ANTONIO SOLER
Im Winter des Jahres 1729 wird Antonio Soler in Olot, in der katalanischen Provinz Girona geboren. Aufgrund seiner früh erkannten Begabung wird er im Alter von sechs Jahren in die renommierte Singschule des Klosters Montserrat nordwestlich von Barcelona aufgenommen, wo er im Orgelspiel und in Komposition unterrichtet wird und dabei allen voran die Werke spanischer Komponisten des 17. Jahrhunderts kennenlernt. Nach erfolgreichem Abschluss seines Studiums wird Soler um 1744 zum Organisten und Subdiakon der Kathedrale Santa Maria in La Seu d’Urgell ernannt. Zwei Jahre später erhält er von Bischof Don Sebastián de Victoria die Priesterweihe und tritt als Padre Soler den Hieronymiten des Klosters El Escorial bei, das während des wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwungs unter der Bourbonenherrschaft zum musikalischen Zentrum Spaniens wird. Zwar entsagt Soler dem weltlichen Leben nicht gänzlich –so fährt er mehrere Male nach Madrid, wo er sogar einige Jahre dauerhaft lebt, reist durch die verschiedenen Regionen Andalusiens und nimmt regen Anteil am dortigen Musikleben –, doch dient ihm die Abgeschiedenheit von El Escorial, dessen umfangreiche Biblio-
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thek und die Verbindung zum königlichen Hof, der traditionell die Herbstmonate dort verbringt, als idealer Rückzugsort für sein musikalisches Schaffen. Den klösterlichen Gebräuchen sind auch die wenigen und daher umso wertvolleren Berichte über das Wirken Solers zu verdanken. So ist es üblich, die Lebensgeschichte eines Mönchs nach dessen Ableben schriftlich festzuhalten. Eine sogenannte Memoria sepulcral, verfasst von einem anonymen Padre, bildet bis auf wenige Ausnahmen die einzige Quelle biografischer Beschreibungen des Komponisten. Hier liest man, dass Soler sein Probejahr zur vollen Zufriedenheit der Ordensgemeinschaft absolviert und dabei allen voran durch seine Fähigkeiten als Organist und Komponist hervorsticht. Darüber hinaus beschreibt die Aufzeichnung Soler als einen im Vergleich zu seinen Mitbrüdern besonders zurückgezogen lebenden Menschen, der seine Tage mit Ausnahme der Erfüllung seiner klösterlichen Pflichten fast durchweg studierend und musizierend auf seinem Zimmer verbringt. In den ersten Jahren seiner Zeit im Kloster nimmt Soler weiterhin Kompositionsunterricht, den er von José de Nebra, dem Vizekapellmeister der Hofkapelle in Madrid, und Domenico Scarlatti erhielt, der sich in den Jahren 1752 bis 1756 vermutlich mehrere Male im Kloster Escorial aufhält.
Vermutlich unmittelbar nach dem Tod des Kapellmeisters Padre Gabriel de Moratilla übernimmt Soler 1757 dessen Amt und beginnt zur selben Zeit, ein System der von ihm so genannten „erregten Modulation“ („modulación agitada“) zu entwickeln, das es ihm erlaubt, in kürzester Zeit von jeder beliebigen Dur- und Moll-Tonart in eine andere zu wechseln. Das Ergebnis seiner umfangreichen Studien veröffentlicht er 1762 unter dem Titel Llave de la modulación y antigüedades de la música (Schlüssel zur Modulation und Altertümer der Musik) und ruft damit einen Sturm der Entrüstung hervor. So verfasst beispielsweise Antonio Ventura Roel del Rio, Kapellmeister der Kathedrale von Mondoñedo, 1764 eine Abhandlung mit dem Titel Reparos músicos (Musikalische Korrekturen). Soler fühlte sich, auch aus Verantwortung gegenüber seinen Klosterbrüdern, für deren Ruf er einstand, genötigt, seinem Kontrahenten im Jahr darauf mit einer 67-seitigen Satisfacción a los reparos precisos hechos por D. Antonio
Exkurs
Antonio Soler
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Exkurs
Antonio Soler
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Junge Frau am Cembalo, Ölgemälde von Jan Steen, ca. 1659
Roel del Rio, a la ‚Llave de la modulación‘ (Genugtuung gegenüber bestimmten Korrekturen von D. Antonio Roel del Rio an dem ‚Schlüssel zur Modulation‘) entgegenzutreten, in der er sich unter anderem auf seine Vorbilder Giovanni Pierluigi da Palestrina und Carlo Gesualdo bezieht. Ab 1766 übernimmt Soler im Auftrag des spanischen Königs Karl III. die musikalische Erziehung der Infanten Don Antonio und Don Gabriel, von denen sich letzterer als äußerst begabter Schüler erweist, für den Soler einen Großteil seiner Werke, darunter zahlreiche Cembalosonaten, komponiert.
Während sich in den frühen Kompositionen Solers deutlich seine Auseinandersetzung mit dem ausladenden barocken Idiom Scarlattis voll überbordender Verzierungen und kleingliedriger Figurationen zeigt, weicht dieser Einfluss später einem lyrischeren, klassischeren Gestus im Stil Luigi Boccherinis, dessen Bekanntschaft Soler möglicherweise zwischen 1769 und 1775 in Madrid macht. Zu den heute bekanntesten Werken aus dieser Zeit zählt der um 1770 komponierte Fandango d-Moll. Fernab jeder klassischen Noblesse stürzt sich dieses Stück von Beginn an in ein wildes, ungezügeltes Geflecht virtuoser Variationen über eine ostinate Akkordfolge, mit deren kapriziöser Chromatik Soler den Grenzbereich traditioneller Harmonik absteckt und dadurch die sinnliche Ekstatik des Volkstanzes einfängt, dessen erste Beschreibung im Jahre 1712 Manuel Martí, der Dekan von Alicante, lieferte: „Die Körper bewegen sich zum Klang des Rhythmus der Musik mit aller leidenschaftlichen Erregung, in extrem wollüstigen Bewegungen, mit Fußstampfen, Blicken, Sprüngen, mit allen von lasziven Absichten strotzenden Figuren.“ Bei solch weltlichem Sinnestaumel verwundert es nicht, dass Soler sich in einem Brief vom 14. Juli 1765 an Pedro de Alcántara Alonso Pérez de Guzmán, den Herzog von Medina-Sidonia, scherzhaft selbst als „der Teufel im Gewand eines Mönchs“ bezeichnet.
Exkurs
Antonio Soler
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Andreas Meier
Maurice Steger
Blockflöte
Regelmäßig kann man Maurice Steger als Solisten, Dirigenten oder auch mit Ensembles wie der Akademie für Alte Musik Berlin, The English Concert, Il Pomo d’Oro, I Barocchisti, dem Zürcher Kammerorchester, dem hr-Sinfonieorchester oder dem Musikkollegium Winterthur erleben. Auch die Kammermusik nimmt bei ihm einen hohen Stellenwert ein. Mit Musiker*innen wie Hille Perl, Avi Avital, Daniele Caminiti, Mauro Valli oder Sol Gabetta widmet er sich immer wieder neuem Repertoire aus vergangenen Zeiten. Tourneen führten ihn mit dem Australian Brandenburg Orchestra, dem Malaysian Philharmonic Orchestra oder den Violons du Roy aus Kanada zusammen. Von besonderer Bedeutung ist sein musikpädagogisches Engagement: Neben der Leitung der Gstaad Baroque Academy konzipierte er die Figur des Tino Flautino. 2023 erschien seine neueste CD A Tribute to Bach, eingespielt mit dem La Cetra Barockorchester Basel.
18 Biografie
Chouchane Siranossian
Violine
Chouchane Siranossian zählt heute zu den größten Virtuosinnen der internationalen Barockszene, sowohl solo als auch an der Seite namhafter Orchester. Sie spielt häufig Uraufführungen und arbeitet mit Komponisten wie Daniel Schnyder, Marc-André Dalbavie, Béchara ElKhoury, Éric Tanguy, Benjamin Attahir und Thomas Demenga zusammen. Sie tritt als Solistin auf der modernen wie auf der barocken Geige auf. Musikalische Partner sind Kristian Bezuidenhout, Bertrand Chamayou, Andrea Marcon, Leonardo García Alarcón, Daniel Ottensamer, Jos van Immerseel, Christophe Coin, Thomas Demenga, Václav Luks, Andreas Spering, Rudolf Lutz, Alexis Kossenko, Thomas Hengelbrock und François-Xavier Roth. Darüber hinaus leitet Chouchane Siranossian das 2015 in Liechtenstein gegründete Ensemble Esperanza, das 2018 mit einem Opus Klassik ausgezeichnet wurde und mit dem sie regelmäßig auf Tournee geht.
19 Biografie
Alex Jellici
Violoncello
In Südtirol geboren, studierte Alex Jellici am Konservatorium seiner Heimatstadt Bozen, in Florenz, Zürich und Wien. Als gefragter Kammer- und Orchestermusiker konzertiert er bei Festivals wie dem London Festival of Baroque Music, den Salzburger Festspielen und dem Stresa Festival. Darüber hinaus widmet er sich als (Barock-)Cellist und Gambist der Neuen Musik sowie der historischen Aufführungspraxis. Er ist Mitbegründer der Barockensembles Cardinal Complex und Chiave d’Arco und tritt mit Musiker*innen wie Rachel Podger, Roel Dieltiens, Bojan Cicic und Huw Daniel auf. Als Solocellist spielt Alex Jellici unter anderem im La Cetra Barockorchester Basel sowie im European Union Baroque Orchestra und arbeitet mit Orchestern wie dem Orchestra of the Age of Enlightenment, dem Ensemble Zefiro, der London Bach Society, Il Gusto Barocco, dem Orchestra La Scintilla und dem Illyria Consort zusammen.
20 Biografie
Sebastian Wienand
Sebastian Wienand lebt in Basel und konzertiert auf meist historischen Tasteninstrumenten weltweit als Solist, Kammermusikpartner sowie Continuocembalist mit Gruppen und Musiker*innen wie der Akademie für Alte Musik Berlin, Les musiciens du Louvre, dem Millenium Orchestra, Maurice Steger, Gottfried von der Goltz, Rebeka Rusó und anderen. Von seinem wichtigsten Partner – dem Freiburger Barockorchester – wurde er bereits mehrfach eingeladen, wie etwa 2010 mit einem Mozart-Klavierkonzert beim Hong Kong Arts Festival oder 2014 mit Beethovens Chorfantasie in der Philharmonie Berlin anlässlich des Jubiläums des Mauerfalls. Es sind einige CDs mit ihm als Solisten und Kammermusikpartner erschienen, unter anderem Cembalokonzerte der Bach-Familie mit dem Brandenburgischen Staatsorchester unter Howard Griffiths und Bachs fünftes Brandenburgisches Konzert mit dem Freiburger Barockorchester.
21 Biografie
Cembalo
ANTON BRUCKNERS SINFONIEN ALS
ORIGINALKLANGZYKLUS
Eine Entdeckungsreise in elf Konzerten
Beim Internationalen Brucknerfest Linz 2024 werden erstmals alle elf Sinfonien Anton Bruckners in ihrer Originalklanggestalt aufgeführt.
Dieses einzigartige Konzertprojekt bietet ein besonderes Hörerlebnis und wird von weltweit gefeierten Orchestern und Dirigenten präsentiert.
Eine fulminante und musikalische Entdeckungsreise in elf Konzerten, exklusiv in Linz, die Sie nicht verpassen sollten!
Karten und Infos:
+43 (0) 732 77 52 30 | kassa@liva.linz.at brucknerfest.at
Alle elf Konzerte des Originalklangzyklus online entdecken: brucknerhaus.at/originalklang
VOM 4. SEPTEMBER BIS 11. OKTOBER 2024
Weltsensation!Alle elf SinfonienBrucknerim Originalklang
Highlights:
DI, 10 SEP, 19:30 GROSSER SAAL
PHILIPPE HERREWEGHE & ORCHESTRE DES CHAMPS-ÉLYSÉES
Übersteigern – Bruckners 8. Sinfonie
DO, 12 SEP, 19:30 GROSSER SAAL
JORDI SAVALL & LE CONCERT DES NATIONS
Experimentieren – Bruckners „Annullierte“
SO, 6 OKT, 18:00 GROSSER SAAL JÉRÉMIE RHORER & LE CERCLE DE L’HARMONIE
Befreien – Bruckners 7. Sinfonie
DI, 8 OKT, 19:30 GROSSER SAAL
ÁDÁM FISCHER & THE ORCHESTRA OF THE AGE OF ENLIGHTENMENT
Anbeten – Bruckners 5. Sinfonie
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Ádám Fischer
Jérémie Rhorer
Jordi Savall
Philippe Herreweghe
JUNGES TICKET JUNGES ABO
Mit dem JUNGEN TICKET günstig ins Konzert!
Entdecke mit dem JUNGEN TICKET die faszinierende Welt der Musik und erlebe unvergessliche Konzerte im Brucknerhaus Linz!
Hol dir dein Ticket zum unschlagbaren Preis von nur € 10,–** (für Veranstaltungen im Großen Saal) bzw. € 7,–** (für Veranstaltungen im Mittleren Saal). Egal ob du Schüler*in, Lehrling, Student*in, Grundwehr- oder Zivildiener (bis 27 Jahre) oder Ö1 intro-Mitglied bist – dieses Angebot ist speziell für dich!
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Karten und Infos:
+43 (0) 732 77 52 30 brucknerhaus.at
**ausgenommen Gastveranstaltungen, Kinder- und Jugendveranstaltungen, Kooperationen, Veranstaltungen mit Catering, Konzerte der Reihe ShowTime sowie von der Geschäftsführung ausgewählte Konzerte.
Mit freundlicher Unterstützung der
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Quatuor Danel
Bruckner, sein Schüler Cyrill Hynais und ihre Werke für Steichquartett
Donnerstag, 1. Oktober 2024, 19:30 Uhr
Mittlerer Saal, Brucknerhaus Linz
Werke von Anton Bruckner, Cyrill Hynais
Quatuor Danel
Marc Danel, Gilles Millet | Violine
Vlad Bogdanas | Viola
Yovan Markovitch | Violoncello
Karten und Info: +43 (0) 732 77 52 30 | kassa@liva.linz.at | brucknerhaus.at
Herausgeberin: Linzer Veranstaltungsgesellschaft mbH, Brucknerhaus Linz, Untere Donaulände 7, 4010 Linz
CEO: Mag. Dietmar Kerschbaum, Künstlerischer Vorstandsdirektor LIVA, Intendant Brucknerhaus Linz; René Esterbauer, BA MBA, Kaufmännischer Vorstandsdirektor LIVA
Redaktion & Texte: Andreas Meier | Biografien & Lektorat: Romana Gillesberger
Gestaltung: Pamela Stieger, Anett Lysann Kraml, Lukas Eckerstorfer
Leiter Programmplanung, Dramaturgie und szenische Projekte: Mag. Jan David Schmitz
Abbildungen: studio visuell heidelberg (S. 2 [1. v. o.]), D. Cerati (S. 2 [2. v. o.]), L. Desberg (S. 2 [3. v. o.]), B. Arad (S. 2 [4. v. o.]), Ashmolean Museum, Oxford (S. 9), Chazen Museum of Art, Madison (Wisconsin) (S. 11), privat (S. 12), The National Gallery, London (S. 16), Molina Visuals (S. 18), N. Lund (S. 19 & 23 [1. v. o.]), D. Caminiti (S. 20), J. Keller (S. 21), M. Hendryckx (S. 23 [2. v. o.]), D. Ignaszewski (S. 23 [3. v. o.]), C. Doutre (S. 23 [4. v. o.]), M. Borggreve (S. 26) Programm-, Termin- und Besetzungsänderungen vorbehalten
LIVA – Ein Mitglied der Unternehmensgruppe Stadt Linz
VORSCHAU : Internationales Brucknerfest Linz 2024
Foto: Irène Zandel C.BECHSTEIN KLAVIERABEND VERANSTALTUNGSORT UND KARTEN Brucknerhaus Linz · Untere Donaulände 7 · 4010 Linz +43 (0) 732 77 52 30 · kassa@liva.linz.at 16.Mai 2024 · 19:30 Uhr C.Bechstein Centrum Linz / Klaviersalon Merta GmbH Bethlehemstraße 24 · A-4020 Linz · +43 (0) 732 77 80 05 20 linz@bechstein.de · bechstein-linz.de Alexander Schimpf Werke von Mozart, Beethoven, Skrjabin und Rachmaninoff
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