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Zum 100. Geburtstag von Françoise Gilot – die Frau, die Picasso verließ

100. GEBURTSTAG VON FRANÇOISE GILOT

„Du musst aus deinen Fehlern lernen, anstatt sie wegzuwischen. Was gelebt wurde, ist für immer ein Teil von dir, am Ende zählt das Ganze, das du daraus machst.“

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Françoise Gilot

Das ist das Allerschlimmste: langweilig werden.

Picasso war besessen von Frauen, im Leben wie in der Kunst. Nicht alle seine Ehefrauen und Lebensgefährtinnen verließ er. Eine verließ ihn.

Ein Foto, das fast jeder kennt: Eine lächelnde junge Frau in einem langen Sommerkleid, die mit anmutigen Bewegungen den Strand vorwegläuft. Zwei Schritte hinter ihr ein kleinerer, älterer, braungebrannter Mann mit hoher Stirn, der ihr mit selbstbewusstem Blick und beiden Händen einen großen Sonnenschirm hält. Das ikonographische Foto verdanken wir dem berühmten Fotografen Robert Capa, der zu dieser Zeit mit der 26-jährigen Künstlerin Françoise Gilot und ihrem 66-jährigen, Sonnenschirm stemmenden Lebensgefährten Pablo Picasso befreundet ist. „Das Foto ist im August 1948 am Strand in Südfrankreich entstanden“, erinnert sich Françoise Gilot 67 Jahre später. „Wir hatten nichts abgesprochen, wir hatten einfach Spaß.“ Doch nicht nur Françoise macht das Leben mit dem Genie nur bedingt Spaß. In ihrer 1964 erschienenen Autobiographie Mein Leben mit Picasso beschreibt sie ihn als ziemlich herrischen, egoistischen Despoten. Nicht nur in seinem teils beschämenden Verhalten gegenüber seinen Frauen, die immer auch Modell, Muse, Inspiration und Fußabtreter sind, und die er, bis auf eine, alle verlässt: Marie-Thérèse Walter und Jacqueline Roque nehmen sich sogar das Leben. Auch der Gilot-Kenner und Autor Malte Herwig sieht in der von Capa festgehaltenen Szene ein unbewusstes Psychogramm: „Ich bin die Sonne und die Dunkelheit, ich bin der Mittelpunkt des Universums.“ Alle hatten stets in Picassos Schatten zu stehen, notfalls mithilfe eines Sonnenschirms. Und alle machten mit. Bis auf eine.

Die Frau, die Nein sagt

Die Künstlerin Marie Françoise Gilot lernt Im Alter von 20 Jahren Pablo Picasso kennen. Von 1943 bis 1953 lebt sie mit ihm, steckt bald in fast allem zurück, vermisst intellektuelle Unabhängigkeit. Er liebt Kinder, sie bekommt Claude und Paloma. Sie siezt ihn, er duzt zurück. „Seine Wahrnehmung war wohl, dass ich ihm sehr nah war. Meine war anders.“ 1953 verlässt sie ihn: „Nicht als Feind, sondern als jemand, der frei war, sich für sich selbst weiterzuentwickeln. Ich musste fort von ihm.“ Sie nimmt ihre künstlerische Arbeit wieder auf, wird für Picasso „die Frau, die Nein sagt“. Er geht rechtlich gegen ihre Autobiografie vor, versucht ihre Ausstellungen zu verhindern. 1970 heiratet sie Jonas Salk, den Entdecker des Polioimpfstoffs. Françoise Gilot wird am 26.11.2021 einhundert Jahre jung, hat Ateliers in New York und in Paris, veröffentlicht Bücher und malt. Sie ist die geblieben, die sie schon immer war – eine unabhängige, eigenständige, selbstbewusste, starke Frau.

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