"Bündnerwald" Oktober 2023

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Bündner Wald

HolzENERGIEwende Jahrgang 76 | Oktober 2023

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Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Im Wald wächst Wärme 8 Energieproduktion aus Holz: nachhaltig und klimafreundlich 14 Vom Energieholz – zum Wärmeverbund . . . . . . . . . . . . 16 Holzbiomasse in Vorarlberg 20 Nachwachsende Energie in einem kleinen bajuwarischen Dorf 24 Fernwärme der Gemeinde Zernez – eine Vision wurde Realität 28 Nachhaltige Energieversorgung im Engadin . . . . . . . . . . 34 Holz, ein Joker für die Energiewende 40 Ein Heizsystem für die Zukunft mit Nebenprodukt 45 Wie war das nochmals mit dieser Umrechnung 48 Ein Waldspaziergang zum Thema «(Holz-)Energiewende» . . . 50 Lehrabschlussfeier der Bündner und Liechtensteiner Forstwarte in Valendas 54 Waldbaden in Bonaduz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Sie wollen auch dabei sein? Gerne! 60 In den Himmel wachsen – Bäume im Engadin und im Münstertal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Vorschau «Bündner Wald» Dezember 2023 63 Titelbild: Biomassenlogistik Wald-Werk/Solèr Holz AG 2023. (Bild: Solèr Holz AG) Inhalt 28 34 8

Holzbrennstoff Nummer 1: Die Schweiz nutzt fast drei Viertel ihres Energieholzes in Form von Holzschnitzeln. (Bild: Christoph Rutschmann, Holzenergie Schweiz)

Auf das Wort Energiewende stösst man immer öfter. Sei es beim Durchblättern, oder besser gesagt dem heutigen Zeitgeist entsprechend beim Durchscrollen der Online-Zeitung. Aber auch in der Forstwirtschaft gewinnt das Thema immer mehr an Bedeutung. Wie lässt sich nachhaltige Energie produzieren, die zu allem auch noch regional ist? Ganz klar, im Wald steht die Lösung. Holz als nachwachsender, nachhaltiger und regionaler Energieträger der Zukunft? Antworten auf diese Frage fallen sicherlich sehr unterschiedlich aus. Wie heisst es so schön, fünf Förster, fünf Meinungen ...

Doch werfen wir kurz einen Blick in die Vergangenheit, als die beiden Stürme Vivian (1990) und Lothar (1999) über unser Land fegten. Man wusste nicht, wohin mit dem vielen Holz. Heutzutage fällt die Antwort viel leichter, denn Energieholz ist stark gefragt. Mittlerweile schliesst sich auch der Kreislauf bei der Holzproduktion. Das Holz wird geschlagen, geerntet, zu verschiedenen Produkten wie z. B. Energieholz verarbeitet, abtransportiert und gelangt schlussendlich wieder in den Kreislauf zurück. So kann aus der ganzen Holzproduktion ein starker Nutzen zur Energiegewinnung gezogen werden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass in den letzten 30 Jahren der Anteil an Energieholz um 70 % zunahm. Eigentlich ist es erfreulich zu sehen, dass dank der starken Nachfrage und Forschung das Holz bei der Holzernte bis zum letzten Spanstückchen (Holz) seine Verwendung findet. Doch die starke Nachfrage führt auch zur grossen Unsicherheit, wie es mit unserem Planeten zukünftig weitergeht. So kommt der Begriff Nachhaltigkeit ins Spiel, welcher die Forstwirtschaft ja seit Beginn her prägt. Daher hoffen wir, dass das Holz aus den regionalen Wäldern noch lange genutzt werden kann, und wir mit der richtigen Waldpflege nachhaltig Holz produzieren können.

In den letzten Jahren wuchs die Nachfrage an Fernwärmeverbunde stark an. Fast jede Gemeinde

spielte mal mit dem Gedanken, eine grössere Schnitzelanlage zu bauen. Einige konnten sich diesen Traum erfüllen, wie zum Beispiel die Gemeinde Zernez. Ausschlaggebend war sicher die Ölkrise in den 70er-Jahren. Man wollte vom Öl unabhängig sein und erachtete eine zentrale Fernwärmeanlage als eine ökologisch sinnvolle Sache. Die besten Voraussetzungen dafür bot natürlich der eigene Wald. Mittlerweile ist zwar die Kapazitätsgrenze der Anlage mit drei Kesseln etwas ausgeschöpft, doch immerhin konnten damit einige Ölheizungen eingespart werden. Andere Dimensionen herrschen in Bayern. Dort wurde bereits im 18. Jahrhundert ein grosses Unternehmen aufgebaut, welches bis heute nach Lösungen für erneuerbare Energien sucht und findet. Trotz grossem Stil mit Fernwärme wird darauf geachtet, dass der Transportweg für die Hackschnitzel nicht mehr als 30 km beträgt. Dies bedeutet, dass das Energieholz aus dem Staatswald oder aus den umliegenden Forstbetrieben stammen muss.

Es ist erfreulich, dass wir in der Schweiz künftig noch mehr Fernwärmeverbunde erschliessen möchten, doch wie geht es weiter, wenn das Energieholzpotenzial in der Schweiz bereits zu fast drei Vierteln ausgeschöpft ist? Es war schon immer klar, dass der nachwachsende Vorrat an Holz irgendwann ausgeschöpft ist und wir nach weiteren Alternativen suchen müssen, um auch künftig nachhaltig und ökologisch mit unserem Energiesystem umzugehen. Es ist keine leichte Herausforderung, welche uns in den nächsten Jahren bevorsteht. Deshalb tut es manchmal auch gut, kurz abzuschalten und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Wie wäre es zum Beispiel mit Waldbaden in Bonaduz? Vielleicht kommen wir dann auf neue Gedanken oder neue, innovative Ideen, wie wir die Energiewende mitgestalten wollen/können? Auf jeden Fall bleibt es spannend, was da noch alles auf uns zukommen wird.

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Editorial

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Im Wald wächst Wärme

Zwischen 1990 und 2022 hat die in der Schweiz verbrauchte Energieholzmenge um über 70 % zugenommen, und der Anteil des Ernergieholzes an der Holzernte im Wald hat sich von 22 % auf fast 40 % erhöht. Gleichzeitig sind die Feinstaubemissionen von Holzfeuerungen von 6500 t auf 2000 t pro Jahr zurückgegangen. Da die Holzenergie CO2-neutral ist, vermag sie überdies einen wichtigen Beitrag an die Klimaziele der Schweiz zu leisten.

Eines Tages in Thüringen …

Vor 3 00 00 0 Jahren erfand der Homo erectus bilzingslebensis in der Gegend des heutigen Thüringens die Holzenergie. Als erster Mensch war er in der Lage, ein Stück Fleisch über dem Feuer zu braten oder einen einfachen Teig aus zermahlenen Samen über heissen Steinen zu einem Fladenbrot zu backen. Damit erschloss sich der Menschheit ein grösserer Anteil der in der Nahrung enthaltenen Energie, indem bisher ungeniessbare rohe Teile nun gekocht oder gebraten werden konnten. Die Beherrschung des Holzfeuers ermöglichte es dem Menschen zudem, seinen Lebensraum um solche Gebiete zu erweitern, die nachts oder im Winter bisher zu kalt waren. Von dieser Errungenschaft der Erfindung der Holzenergie mussten unsere Vorfahren selber derart überrascht gewesen sein, dass sie rund 288 00 0 weitere Jahre brauchten, bis sie den nächsten energietechnischen Meilenstein erreichten. Erst 12 00 0 vor Christus schafften sie es nämlich, grössere glühende Holzstücke in Schalen aus frischem Ton zu transportieren. Damit entfiel das mühsame Anreiben von Zunderschwamm und Moos an jedem neuen Lagerplatz. Zum ersten Mal war Wärme transportierbar geworden, gleichsam war der Vorläufer der Fernwärme geboren.

Die Erfindung der Holzenergie war derart clever, dass sie nicht nur die Entwicklung der Menschheit überhaupt ermöglichte, sondern dass sie auch bis

weit in die Neuzeit hinein keine wesentlichen Verbesserungen benötigte, um im Energiemarkt nahezu konkurrenzlos bestehen zu können. Erst mit der einsetzenden Industrialisierung und dem rasanten Aufkommen fossiler Energien wie Kohle, Heizöl und Erdgas trat die «Wärme aus dem Wald» etwas in den Hintergrund. Zumindest bis zu den Ölkrisen der Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts, welche zum ersten Mal den fossilen und den nuklearen Alltag entzauberten. Tschernobyl 1986, Fukushima 2012, der drohende Klimawandel und zuletzt der Ukrainekrieg liessen den ältesten, erneuerbaren und CO²­neutralen Energieträger endgültig wieder aus seinem Dornröschenschlaf erwachen.

Was ist Energieholz?

Alles Energieholz stammt ursprünglich aus dem Wald (Waldholz) oder aus der Landschaft (Landschaftsholz). Aus dem Wald kommt aber nicht nur Energieholz, sondern auch Nutzholz und Industrieholz. Zum Nutzholz gehören die qualitativ hochwertigen Sortimente, welche zunächst für die stoffliche Verwertung in die holzverarbeitende Industrie gehen und dort zu Möbeln, Holzbauten, Fenstern, Türen, Papier und Spanplatten verarbeitet werden.

Dabei fällt bei jedem Verarbeitungsschritt Restholz an, welches sich meist nur als Industrie­ oder Energieholz eignet. Die qualitativ minderwertigen Sortimente aus dem Wald finden entweder direkt

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als Energieholz oder als Industrieholz (Spanplattenproduktion) Verwendung. Erreicht der Holztisch, das Holzfenster oder das Holzhaus das Ende seiner Lebensdauer, lässt es sich schliesslich noch als Altholz energetisch nutzen. Aus volkswirtschaftlicher und klimapolitischer Sicht ist diese kaskadenartige Nutzung des Holzes äusserst sinnvoll. Letztlich entscheiden aber der erzielbare Marktpreis und die Aufbereitungskosten darüber, in welche Verwertungspfade das Holz fliesst (Abb. 1).

Aktuelle Nutzung

1990 waren in der Schweiz insgesamt 692 611 kleine und grosse Holzheizungen installiert, wel-

Holzindustrie

- Sägerei

-Schreinerei

-Spanplattenwerk

che 3 25 0 817 m³ (Festmeter) Waldholz, Landschaftsholz, Restholz und Altholz in Form von Stückholz, Holzschnitzeln oder Pellets verbrauchten. Bis Ende 2022 ist die Zahl der Anlagen auf 510 518 zurückgegangen, während gleichzeitig der jährliche Verbrauch um über 70 % auf 5 561 817 m³ angestiegen ist. Der grösste Zuwachs entfiel auf die automatischen Schnitzelund Pelletheizungen. Stark zurückgegangen ist der Holzverbrauch der handbeschickten Stückholzheizungen. Trotz dieses Trends zum automatischen Heizen waren Ende 2022 immer noch 466 971 Stückholzheizungen installiert. Davon entfielen 440 93 0 auf Einzelraumheizungen (Öfen). In «nor-

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Abb. 1: Energieholz fällt direkt im Wald oder entlang der gesamten Holzverarbeitungskette an. (Quelle: Holzenergie Schweiz) Waldholz Landschaftsholz Restholz Altholz Nutzholz Industrieholz Schnitzel Stückholz Pellets

Abb. 2: Entwicklung der Holzenergienutzung zwischen 1990 und 2022.

(Quelle: Schweizerische Holzenergiestatistik 2022, BFE, angepasst)

malen» Zeiten werden also diese vielen installierten Kleingeräte nur sehr wenig genutzt. Dass sie aber für die Versorgungssicherheit eine bedeutende Rolle spielen können, hat sich im Sommer 2022 gezeigt, als plötzlich für viele zusätzlichen Geräte Energieholz nachgefragt wurde (Abb. 2).

Alle Holzfeuerungen zusammen decken heute rund 11 % des Wärme- bzw. knapp 6 % des Gesamtenergiebedarfs unseres Landes. Die Holzenergie ist damit nach der Wasserkraft zwar unsere zweitwichtigste erneuerbare Energie, aber sie wird quantitativ immer nur einen überschaubaren Teil unserer Energieprobleme lösen können. Qualitativ hingegen weist die Wärme aus dem Wald einige echte Trümpfe auf.

Hohe Temperaturen und Entlastung Winterstrombedarf

Auch heute noch werden in der Schweiz über die Hälfte aller Gebäude mit Heizöl oder Erdgas beheizt. Ein Grossteil davon benötigt Vorlauftemperaturen von mindestens 60°C. Da bei der Verbrennung von Holz Temperaturen von über 1000°C entstehen, sind Holzheizungen für solche Anwendungen ge-

eigneter als Wärmepumpen und vermögen so die hohe Nachfrage nach kostbarem Winterstrom zu vermindern. Im Ein- und Mehrfamilienhaus stehen Pelletheizungen im Vordergrund. Dank der sehr hohen Energiedichte der Pellets lassen sich oftmals bestehende Öltankräume ohne grossen Aufwand zu Pelletlagern umnutzen, und der Betriebsaufwand ist beinahe so gering wie bei Öl- und Gasheizungen. Im grösseren Leistungsbereich haben sich die Holzschnitzelheizungen definitiv etabliert, immer öfters als Energiequelle für Wärmeverbünde. Diese Lösung bietet den Eigentümerinnen und Eigentümern der angeschlossenen Liegenschaften nicht nur den höchsten Komfort und stabile Energiepreise, sondern ermöglicht auch den Einbezug weiterer Wärmequellen. Zudem stellt eine grosse, zentrale Wärmeerzeugung, welche mit modernster Filtertechnologie ausgerüstet ist, aus lufthygienischer Sicht (Feinstaub) eine optimale Lösung dar. Den Einzelraumheizungen schliesslich kommt dank ihrer grossen Zahl eine nicht vernachlässigbare Bedeutung zur Sicherstellung der Energieversorgung zu. Ein weiterer Trumpf der Holzenergie liegt darin,

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Anlagentyp JahrAnzahl AnlagenEnergieholzverbrauch [m3/a] Stückholzheizungen 1990 2022 689 184 466 971 2 416 030 859 727 Holzschnitzelheizungen 1990 2022 3286 11 778 424 276 1 987 021 Pelletheizungen 1990 2022 0 31 724 0 716 726 Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen 1990 2022 0 33 0 840 300 Altholzanlagen 1990 2022 22 76 175 006 944 020 Holz in KVA 1990 2022 26 29 235 505 213 621 Total 1990 2022 692 518 510 611 3 250 817 5 561 415

5'000'000

4'000'000

3'000'000

2'000'000

1'000'000

WKK-Anlagen, Altholzheizungen, Holz in KVA

dass mittels Wärme-Kraftkopplung WKK die Erzeugung von hochwertigem Winterstrom möglich ist. Im oberen Leistungsbereich sind dies Dampfturbinen, im mittleren Leistungsbereich hauptsächlich ORC-Turbinen, bei welchen anstelle von Wasser ein Thermoöl verdampft wird. Und im kleinen Leistungsbereich finden wir die Holzvergaser. Allen Technologien gemein ist, dass sich im besten Fall lediglich 30 % Strom erzeugen lässt, während der Rest als Wärme anfällt. Damit keine Wärme ungenutzt bleibt, sollten diese Anlagen ausschliesslich wärmegeführt betrieben werden.

«Pferdefüsschen» Feinstaub

Die gegenüber anderen Heizsystemen erhöhten Feinstaubemissionen werden oft als «Argument»

gegen die Holzheizungen ins Feld geführt. Tatsächlich verkennen solche Aussagen die grossen diesbezüglichen Fortschritte, welche die moderne Heizungs- und Abscheidetechnik in den letzten 20 Jahren erzielt hat. Motor dieser Entwicklung war einerseits die Luftreinhalte-Verordnung LRV, deren Vorschriften entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik regelmässig angepasst und verschärft werden. Andererseits gelang es einer innovativen Holzheizungsbranche, diese gesetzlichen Herausforderungen stets anzugehen und in sinnvolle technische und betriebliche Lösungen umzusetzen. Dank des forcierten Ersatzes alter, oftmals schlecht betriebener Heizungen durch moderne Geräte liessen sich die Feinstaubemissionen der Holzheizungen insgesamt auf rund einen Drittel reduzieEinzelraumheizungen Stückholz Holzverbrauch

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1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020
[m3/Jahr]
6'000'000 Zentralheizungen Stückholz Pelletheizungen Schnitzelheizungen
Abb. 3: Mehr Holzenergie

Abb. 4: … gleich weniger Feinstaub. (Quelle: Hammer, St. et al. Bundesamt für Energie: Analyse von Hemmnissen und Massnahmen zur Ausschöpfung des Holzenergiepotenzials. Zürich. 2021).

ren, und der scheinbare Pferdefuss wird mehr und mehr zu einem «Pferdefüsschen» (Abb. 3 und 4).

Zunehmende Bedeutung für den Forstbetrieb

Lange Zeit war das Energieholz ein typisches Koppelprodukt, welches bei der Waldpflege und bei der Bewältigung von Sturm- und Borkenkäferschäden anfällt, und viele grössere Holzheizungen wurden hauptsächlich erstellt, um diese Holzsortimente sinnvoll energetisch nutzen zu können. Mittlerweile ist das Energieholz jedoch auf dem besten Weg, zu einem eigenständigen Element der forstlichen Nutzung und zu einem eigentlichen

Motor für die Wirtschaftlichkeit der Forstbetriebe zu werden.

Gesamtschweizerisch gesehen lag der Anteil des Energieholzes an der gesamten forstlichen Nutzung im Jahr 2005 bei 23,7 %, und über 71 % davon waren Stückholz. Dieser Anteil stieg kontinuierlich an und betrug 2021 39,6 %. Davon waren 6 3% Schnitzel. Die Entwicklung im Kanton Graubünden verlief ähnlich: Der Anteil des Energieholzes stieg von 19,9 % im Jahr 20 05 bis ins Jahr 2021 auf 36,2 %. Waren 2005 noch 81 % des im Bündner Wald geernteten Energieholzes Stückholz, lag dieser Wert 2021 nur noch bei 44 %, nachdem 2018

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Stückholz Feinstaubausstoss [t/Jahr] 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2'000 3'000 4'000 5'000 1'000 6'000 WKK-Anlagen, Altholzheizungen, Holz in
7'000 Einzelraumheizungen Stückholz Zentralheizungen Stückholz
Einzelraumheizungen
KVA
Schnitzelheizungen

erstmals mehr Schnitzel als Stückholz produziert wurden (Abb. 5).

Ausblick

Dass die «Bäume nicht in den Himmel wachsen» und das Energieholzpotenzial begrenzt ist, war immer klar. Geht man von einem nachhaltig nutzbaren Potenzial von 7 bis 8 Mio. m³ pro Jahr aus, wird dieses heute gesamtschweizerisch bereits zu fast drei Vierteln ausgeschöpft. Seit 2021 hat die Nachfrage nach zusätzlichem Energieholz in Form von sehr vielen neuen und geplanten, kleinen und grossen Anlagen nochmals stark zugelegt. Das zusätzliche Energieholzpotenzial besteht zum überwiegenden Teil aus Wald- und Landschaftsholz. Im Durchschnitt wurden zwischen 2004 und 2021 im Schweizer Wald knapp 5 Millionen m³ Holz geerntet. Das entspricht etwa der Hälfte des effektiv nachwachsenden «biologischen» Potenzials des Waldes. Wie viel

effektiv nutzbar ist, hängt in erster Linie vom erzielbaren Preis, der Erschliessung, der personellen Kapazitäten der Forstbetriebe sowie von anderen Nutzungseinschränkungen ab.

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Andreas Keel ist Geschäftsleiter der Holzenergie Schweiz. 20052009201320172021 Schweiz Gesamtnutzung im Wald [m³/a] 5 284 650 4 879 696 4 778 328 4 687 542 4 997 883 Genutzte Energieholzmenge [m³/a] 1 250 818 1 547 817 1 809 453 1 801 044 1 980 228 Davon Stückholz [m³/a] 894 144 937 314 908 268 742 559 737 633 Davon Schnitzel [m³/a] 356 674 610 503 901 185 1 058 485 1 242 595 Anteil Energieholz an Gesamtnutzung [%] 23,7 31,737,938,439,6 Kanton Graubünden Gesamtnutzung im Wald [m³/a] 298 643 436 005 432 812 374 406 344 011 Genutzte Energieholzmenge [m³/a] 59 549 107 491 129 641 118 602 124 638 Davon Stückholz [m³/a] 48 364 79 272 82 305 60 315 55 328 Davon Schnitzel [m³/a] 11 185 28 119 47 336 58 287 69 310 Anteil Energieholz an Gesamtnutzung [%] 19,9 24,730,031,736,2 Abb. 5: Entwicklung der Ernte von Energieholz 2005 bis 2021 in der Schweiz und im Kanton Graubünden. (Quelle: Schweiz. Forststatistik).

Energieproduktion aus Holz: nachhaltig und klimafreundlich

Als grösste Produzentin von erneuerbarer Energie in der Schweiz setzt Axpo mit ihrer Tochtergesellschaft

Axpo Tegra AG seit 2006 auf Holz als erneuerbare, regionale Energiequelle. Dabei verwertet sie das Holz in einem Verbrennungsprozess zu Wärme und Strom. Mit dem grössten

Holzheizkraftwerk der Schweiz sorgt die Axpo Tegra AG in Domat/Ems für eine nachhaltige und klimaneutrale Energieproduktion, für eine sichere und unabhängige Wärme- und Stromversorgung sowie für eine hohe regionale Wertschöpfung.

Axpo Tegra AG – ein wichtiger Partner der Bündner Waldwirtschaft

Seit den Aufräumarbeiten nach dem Sturm Lothar im Jahr 2000 haben sich auch im Kanton Graubünden die Ernteverfahren in der Waldwirtschaft verändert: Die Holzernte wird heute oft im Ganz-

baum-Verfahren an die Strassen gerückt und dort aufgerüstet, wobei inzwischen vermehrt Prozessoren zum Einsatz kommen.

Aufgrund der oftmals engen und steilen Platzverhältnisse bei den Holzschlägen bedingt es neben einer präzisen Abfuhrlogistik auch flexible Abneh-

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Holzheizkraftwerk in Domat/Ems, Axpo Tegra AG. (Bilder: Axpo Tegra AG )

mer wie die Axpo Tegra AG, welche das Holz zu dem Zeitpunkt annehmen können, in welchem es anfällt. Vor allem in den Frühlingsmonaten, wenn die Holzernte noch voll im Gang ist, die Strassen wieder gut befahrbar sind und die wärmegeführten Anlagen bereits ausgeschaltet sind, ist es für die Waldbesitzer sehr wichtig, die Abfuhrkapazität für ihr Energieholz garantiert zu wissen.

Eine weitere Stärke des Holzheizkraftwerkes in Domat/Ems ist die Grösse der Anlage, welche auch die Nutzung minderwertiger Brennstoffe erlaubt. Somit können die Waldbesitzer im Sinne einer nachhaltigen Ressourcenwirtschaft sämtliches Waldrestholz aus den Holzschlägen mit Ganzbaum-Verfahren und Prozessoreinsatz bei der Axpo Tegra AG verwerten.

Herausfordernde Holzbeschaffung

Die Axpo Tegra AG ist – ob Sommerferien, Jagdsaison, Weihnachten oder Schneesturm – in hohem

Masse auf eine dauerhafte und zuverlässige Versorgung mit dem Rohstoff Holz angewiesen, um das Holzheizkraftwerk effizient betreiben zu können. Tagtäglich werden neben dem Altholz, Sägerestholz und Landschaftspflegeholz 1000 Schüttraummeter Waldholzschnitzel verbraucht, wovon knapp die Hälfte aus den Bündner Wäldern stammen.

Mit dem wachsenden Interesse an der Ressource Holz ist es umso wichtiger, dass die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Akteuren wie kantonaler Forstdienst, Waldbesitzer, Revierförster, Forstunternehmer, Transporteuren und Verbraucher gut funktioniert.

Wir freuen uns auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit mit unseren Partnern in der Bündner Forstwirtschaft und bedanken uns für eine vorausschauende Holzernteplanung.

Nain Martinez ist Leiter Holzbeschaffung und Logistik Biomasse der Axpo Tegra AG in Domat/Ems.

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Effiziente Transportlogistik dank vorhergehender Zerkleinerung des Materials.

Vom Energieholz –zum Wärmeverbund

Die Holzvermarktung Graubünden AG – in Kurzform als HVM bekannt – ist ein 2019 durch 25 Bündner Gemeinden und Forstreviere gegründetes Unternehmen zur Stärkung einer nachhaltigen, regionalen Waldwirtschaft und Sicherstellung einer langfristigen Holzversorgung für unsere Kunden im Rundund Energieholzbereich.

Im Energieholzbereich sind die Preise besonders seit dem letzten Jahr durch die grosse Nachfrage und das eingeschränkte Angebot stark gestiegen. Auslöser dieser Situation ist der andauernde Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Unsicherheiten für eine stabile Energieversorgung in Westeuropa. Einmal mehr wurden für den Energieholzmarkt die Abhängigkeiten mit dem Ausland aufgezeigt.

Wie kann einer solchen Situation entgegengewirkt werden? Mit Holz! Der Rohstoff und Energieträger, welcher direkt vor unserer Haustüre wächst. Projekte werden nun neu lanciert oder wieder aus den Schubladen gezogen und bei bestehenden Heizungserweiterungen wird Holz vermehrt in Betracht gezogen. Für die Waldeigentümer eröffnet diese Entwicklung neue Perspektiven. Sortimente, für welche auf dem Markt bisher nur bescheidene Erlöse erzielt wurden, werden nun interessant. Dank der hohen Nachfrage werden bedeutend höhere Preise erzielt.

Ergänzend zum Handel von Energieholz ist die HVM in einigen Wärmeverbund-Projekten als Holzlieferant und Generalplaner oder Teil einer Betreibergesellschaft miteingebunden. Im Vordergrund stehen jeweils die regional effektiv vorhandenen und erschliessbaren Ressourcen, um den Energiebedarf langfristig sicherzustellen. Die breite Abstützung der HVM über das Aktionariat und über etablierte Lieferketten als Redundanzen sind dabei von Vor-

teil. Entscheidend für eine dauerhaft ausreichende Versorgung mit Energieholz ist, dass sich die Waldeigentümer über das vorhandene Potenzial bewusst sind. Dabei stellen sich folgende Fragen:

– Welche Baumarten sind verfügbar?

denn unterschiedliche Baumarten haben unterschiedliche Heizwerte, was sich auf die Energiemenge auswirkt.

– Welche Energieholzsortimente sind vorhanden?

Können auch Äste und Kronenmaterial genutzt werden?

… denn diese Mengen variieren je nach Holzernteverfahren und waldbaulichen Zielen stark.

Die nutzbaren Mengen können meist über Erfahrungswerte recht genau erhoben werden. Bei Schätzungen ist aber Vorsicht geboten, denn grundsätzlich kann nicht alles Energieholz eingerechnet werden. Faktoren wie Holzernteverfahren und Zugänglichkeit (Kurvenradien, Gewichtsbeschränkungen, Lagerplatzverhältnisse, usw.) können für die Nutzung hinderlich sein.

Die Holzversorgung einer Heizzentrale braucht daher eine langfristige Planung im Wald. Die Versorgung der Heizung bindet Holz 15 Jahre und mehr. Bei einem solch langen Zeithorizont sind zwingend auch die betriebliche Planung (Hiebsatz heute und in Zukunft) sowie andere potenzielle Einschränkungen zu berücksichtigen. Weiters sollte eine Reserve eingebaut werden, um die jährlichen Schwankungen bei der Holzernte ausgleichen zu können.

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Abb. 1: Verschiedene Verwendungsmöglichkeiten von Holz.

Mit einer solchen Auslegeordnung erhält der Waldeigentümer einen Überblick über das zur Verfügung stehende Energieholzpotenzial. Dieses dient als Richtgrösse für den Wärmeverbund. Stellt sich dabei heraus, dass die Energiemenge zu klein ist, sollte das Einzugsgebiet vom lokalen auf einen regionalen Radius erweitert werden. In einem solchen Fall braucht es den Austausch mit den benachbarten Waldeigentümern oder mit den überregionalen Lieferketten der HVM zur langfristigen Holzsicherung. Alle müssen sich ihres Potenzials bewusst sein und langfristige Lieferungen garantieren können. Die energetische Nutzung von Holz steht bei der Kaskadennutzung eigentlich an letzter Stelle. Für die HVM ist deshalb eine gründliche Klärung des Energieholzpotenzials erfolgsentscheidend, um das sägefähige Stammholzpotenzial nicht zu untergraben. Es gilt dabei der Grundsatz, dass, wenn mög-

lich, kein sägefähiges Holz verbrannt werden soll. Die folgende Grafik zeigt, die theoretisch beste Nutzung des Rohstoffes Holz (Abb. 1).

Die aktuell guten Energieholzpreise verleiten neuerdings dazu, vermehrt Holz zu verbrennen. Es darf aber nicht ausser Acht gelassen werden, dass der Holzbau in der Schweiz wegen der angestrebten Dekarbonisierung des Bausektors und Nutzung der teilweise hohen Holzvorräte ein stetiges Wachstum aufweisen sollte. Es wird also immer mehr Schnittholz gebraucht werden und immer öfter auch solches, welches aus der Schweiz stammt. Zudem steht in Graubünden seit letztem Jahr wieder eine grössere Sägerei und es sollen noch weitere folgen. Die HVM ist der Meinung, dass die bestehenden kleineren Sägereien sowie die neu entstehenden Werke unbedingt genügend einheimisches Rundholz erhalten sollten.

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(Quelle: Steubing et al. 2015)

Abb. 2 Fernwärme, die gemeinsame Nutzungsschiene div. Energiequellen.

(Quelle: Leitfaden Fernwärme) Sonne Umweltwärme

Bei grösseren Heizanlagen ist es zudem wichtig, dass Holzlieferungen über 10 oder mehr Jahre gebunden werden können. Wird z. B. ein Teil des D-Holzsortiments für eine Heizung kalkulatorisch bereitgestellt, so ist dieses für eine lange Dauer gebunden und für die Sägereien nicht erschliessbar.

Nebst Holz gibt es noch einige andere möglichen Energiequellen, welche in ein Projekt eines Wärmeverbunds miteinbezogen werden können (Abb. 2).

Für die Abklärung eines Wärmeverbunds sind nebst dem Energieträger noch folgende Bausteine mitentscheidend: Die Ermittlung welcher Kunde wie viel Energie und zu welcher (Jahres-) Zeit braucht. Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich der maximale Leistungs- und Energiebedarf sowie die zeitliche Verteilung. Braucht z. B. ein Hotel für seine Wellnessanlage das ganze Jahr gleichmässig Energie, wirkt sich dies auf den ganzen Verbund aus. Grossver-

braucher (wie z. B. Hotel mit Wellnessanlage), die Gemeinde, Holzlieferanten und weitere Interessierte können die Trägerschaft eines Wärmeverbunds bilden. Zentral ist, dass anfänglich geklärt wird, wer welche Rolle und mit welchen Interessen einnimmt und dass der Holzlieferant eingebunden wird. So kann einiges an Konfliktpotenzial bereits im Vorfeld vermieden werden.

Ist die Trägerschaft geklärt, wird meist zuerst eine Machbarkeitsstudie erstellt, in welcher Wirtschaftlichkeit, Bau- und Wärmekosten sowie Technikvarianten geprüft werden. Hier lohnt es sich mit einem erfahrenen Planerteam wie z. B. der HVM zusammenzuarbeiten. Die Gemeinde spielt auch eine zentrale Rolle, ob sie nun als Träger und Betreiber vertreten sein will oder nicht. Der Standort der Heizzentrale braucht meist viel Platz, welchen die Gemeinde allenfalls im Baurecht zur Verfügung

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*Kehricht *Geothermie
Holz *Abwärme
Fernwärme

Heizzentrale

Schulhaus

Wohnsiedlung

Abb. 3: Schema eines Wärmeverbunds. (Quelle: Holzenergie Schweiz)

stellen kann. Im Weiteren gibt es allenfalls beim Leitungsbau mögliche Synergien, wo z. B. Strassenund Werkleitungssanierungen gemeinsam durchgeführt werden könnten. Eine gute Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und dem Bauträger erleichtert auch die Arbeit an der Baubewilligung sowie an den Durchleitungsrechten. Zeigt sich aus all den Abklärungen, dass die Wärmegestehungskosten im Vergleich zu den Marktpreisen konkurrenzfähig sind, kann der Wärmeverbund umgesetzt werden (Abb. 3).

Fazit

Ein lokaler oder regionaler Wärmeverbund bringt den Waldeigentümern langfristig eine interessante Absatzmöglichkeit für das Energieholz. Wichtig ist, dass der Waldeigentümer seine verfügbaren Ressourcen kennt, entsprechend vorgängig die notwendigen Abklärungen vornimmt. Es sollte

dabei nur dasjenige Holz der energetischen Nutzung zugeführt werden, welches nicht für die Sägereien geeignet ist.

Die Klärung der Rollen und der Trägerschaft eines Wärmeverbunds verhindert Missstimmungen zu einem späteren Zeitpunkt.

Ein Wärmeverbund ist für eine Region wirtschaftlich interessant. Dabei bleibt ein grosser Teil der Wertschöpfung in der Region, was sich positiv auf die lokalen Unternehmen auswirkt und Arbeitsplätze schafft. Die HVM unterstützt deshalb solche Projekte mit Know-how, Machbarkeitsstudien, Generalplanung, Finanzierung, Beteiligung, Bau und Betrieb und langfristigen Absicherung der Holzlieferungen.

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Michael Beck ist Geschäftsführer der Holzvermarktung Graubünden AG.

Holzbiomasse in Vorarlberg

Die Steigerung im Bereich Holzheizwerke sind sehr hoch. Einige Erweiterungen und neue Heizwerke sind in der Pipeline. Mit ersten Holzpyrolyse-Anlagen stehen absolute «Gamechanger» für die CO2-Abscheidung und -Speicherung in den Startlöchern.

Nach dem Energie- und Monitoringbericht zur Energieautonomie 2050 der Vorarlberger Landesregierung hat sich der Anteil der Fernwärme auf Basis Holzbiomasse von 2005 bis 2018 von 151 auf 310 Gigawattstunden mehr als verdoppelt und der Ausbau geht weiter. Heute werden etwa 500 00 0 Schüttraummeter in etwa 130 Heizwerken eingesetzt. Derzeit sind weitere Erweiterungen und auch neue Heizwerke geplant. Damit stellt sich natürlich schon die Frage nach der regionalen Verfügbarkeit.

In Vorarlberg könnte der aktuelle Holzeinschlag von 330 000 Erntefestmeter pro Jahr bei Nutzung des nachhaltigen Zuwachses um 5 0 Prozent auf knapp 500 00 0 Erntefestmeter erhöht werden. Mehr als zwei Drittel des zusätzlich möglichen Holzeinschlags werden dabei der stofflichen Nutzung zugeordnet. Etwa ein Drittel kann im Holzenergiebereich zugerechnet werden. Zusammen mit der Restholznutzung aus Holzverarbeitung ergeben sich damit bedeutende zusätzliche Energiepotenziale aus Holzbiomasse von etwa 335 00 0

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Zur Nutzung der Holzenergiepotenziale brauchen wir eine rentable Waldbewirtschaftung. (Bilder: Th Ölz/LK Vbg).

Die «Holzpyrolyse» hat absolute Gamechanger-Potenziale in der Klimakrise. Im Bild eine kleine Anlage in Nenzing Beschling in Vorarlberg mit Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger und Landesrat Christian Gantner.

Schüttraummeter pro Jahr. Kein unendliches Potenzial, aber doch ein grosses Ausbaupotenzial, das noch genutzt werden kann. Gleich vorweg muss festgehalten werden, dass diese Potenziale nicht automatisch auf den Markt kommen. Bei unseren aufwendigen Gebirgswaldnutzungen müssen sich entsprechende Kostendeckungen ergeben.

Grossen Einfluss hat auch die ausgeprägte Kleinwaldbesitzerstruktur in Vorarlberg, weil gerade in dieser Besitzkategorie die höchsten ungenutzten Potenziale liegen. Die vorhandenen Organisationsstrukturen müssten dazu noch wesentlich vernetzt und ausgebaut werden.

Kein Biodiversitätsverlust – im Gegenteil!

Damit wird auch kein Biodiversitätsverlust ausgelöst, wie dies immer wieder von Naturschutzorganisationen suggeriert wird. Mit den in Vorarlberg praktizierten naturnahen Eingriffen in der Waldbewirtschaftung wird damit im Gegenteil sogar die

vorhandene Biodiversität gefördert. Auch werden mit einer aktiven Waldbewirtschaftung die Bestandesstabilitäten und die Altersstruktur im Wald verbessert, die Waldverjüngung in unseren Schutzwäldern gefördert und eine klimafitte Mischwaldanpassung ermöglicht.

Wenig Importe

Nachdem die Holzbiomasse im Vergleich zum Wert ein eher voluminöses Produkt darstellt, spielen die Transportkosten auch heute eine Rolle, dass es sich fast gar nicht rentiert, Energieholz aus dem entfernteren Ausland zu beziehen. Dieses Faktum dürfte sich in Zukunft eher noch verstärken. Die Holzbiomasse kommt damit aus der Region, wobei natürlich für Vorarlberg die benachbarte Schweiz oder auch das Allgäu dazu zählt. Ein Faktor muss in diesem Zusammenhang aber noch erwähnt werden. Das Vorhandensein einer Weiterverarbeitung des Rundholzes in Sägewerken spielt für den Anfall

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Holznutzungen bringen mit Licht und Struktur prinzipiell auch mehr Biodiversität in den Wald. (Fotoquelle LK Vbg Ölz)

der Holzbiomasse eine relativ hohe Bedeutung. Aus Vorarlberg gehen im Jahr etwa 100 00 0 Festmeter Schwachholz Richtung Tirol. Würde dieses Rundholz in Vorarlberg verarbeitet werden, würden etwa gut 100 00 0 Schüttraummeter auf einen Schlag mehr in der Region Vorarlberg zur Verfügung stehen. In Energieautonomie- und Energiekrisenzeiten ein immer wichtigeres, auch finanziell belastbares Argument zur Erhaltung bzw. zum Ausbau von Holzwertschöpfungsketten.

«Gamechanger» Holzpyrolyse

Ein Grossteil der energetisch genutzten Holzbiomasse geht derzeit «nur» in die Wärmeversorgung. Mit der Pyrolysetechnik würde eine neue geniale Technik zur Verfügung stehen, mit der neben Wärme auch Strom und über die Pflanzenkohle auch CO² aus der Luft entzogen wird. In Vorarlberg sind derzeit sieben solcher vergleichsweise kleinen Anlagen in Betrieb. Bei der Pyrolyse wird bei hohen Temperaturen Holz ohne Sauerstoffzufuhr umgewandelt. Der Prozess benötigt anfangs

eine Energiezufuhr, hat aber auch einen Temperaturbereich, in dem Energie frei wird. Diese Wärme kann als Fernwärme genutzt werden. Mit dem entstehenden Holzgas wird mit einem Generator Strom erzeugt. Mit der im Prozess entstehenden Pflanzenkohle ist die langfristige CO²-Speicherung über mehrere Tausend Jahre möglich. Da wird direkt CO² aus der Atmosphäre entzogen. Neben der Speicherwirkung in Wald und Holz und der Substitutionswirkung von klimaschädlichen Baustoffen und Energieträgern wird Holz damit zum «Gamechanger» und Teil der Lösung in der Klimakrise. Der Weltklimarat hat die beschriebene Pyrolysetechnik 2019 als eine Negativ-Emissionstechnologie (NETs) oder auch «Kohlenstoff-Senken»-Technik anerkannt. Entsprechende CO²-Abgeltungen könnten die Wirtschaftlichkeit der Holzbiomasse entsprechend erhöhen.

DI Thomas Ölz ist Geschäftsführer des Waldverbands Vorarlberg, Bereich Forst und Umwelt, Landwirtschaftskammer Vorarlberg.

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Nachwachsende Energie in einem kleinen bajuwarischen Dorf

Ich bin Diplomforstwissenschaftlerin (=ETH) und arbeite seit 2009 u. a. im gleichen privaten Forstbetrieb, in dem mein Vater 41 Jahre vor mir als Betriebsleiter tätig war. Der aktuelle Besitzer, mein Chef, hat mit mir die Schulbank gedrückt und das Abitur gemacht. Die italienisch-deutschen Adeligen haben sich hier in Bayern mit sehr viel Fleiss und Köpfchen und immer wenig Standesdünkel seit 1862 ein vielseitiges Unternehmen aufgebaut.

Wir befinden uns im Jahre 2023 n. Chr. Ganz Bayern ist über Energiepreise entsetzt … Ganz Bayern? Nein! Ein von unbeugsamen Menschen bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem schnöden Mammon mit gewieften Ideen Widerstand zu leisten (frei nach Asterix …).

Der Betrieb derer von Beck-Peccoz, italienischdeutsche Adelige, die eigentlich aus dem wunderschönen Aostatal stammten, kam schon sehr früh – vielleicht auch aufgrund ihrer Walser Wurzeln –auf Lösungsstrategien, die einfach auf der Hand lagen: Die Forstabteilung dieses privaten Betriebs

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Hackschnitzel. (Bilder: Silke Schweizer)

Hackschnitzellagerhalle.

wird derzeit ergänzt durch einen Gutsbetrieb mit reinem Ackerbau, mehreren Hotels, einer Brauerei mit Gaststätten und der Energieversorgung. Alleine die Brauerei hat einen Ausstoss von 80 000 hl pro Jahr. Bereits seit 2005 und 2010 wurden etliche Photovoltaikdachflächen installiert – zusammen 300 kW, seit 2006 gibt es die Biogasanlage mit einer stufenweise aufgebauten Leistung von jetzt auch 1000 kW und seit 20 07 aus einer Hackschnitzelanlage mit 1000 kW (aktuelle Erweiterung 2023 nochmals 1000 kW).

Der Betrieb ist autark, was Energie angeht. 4500 t CO²/Jahr werden durch die Verwendung nachwachsender Rohstoffe vermieden. Strom kommt von der Biogasanlage und den Photovoltaikflächen, was nicht selbst verbraucht wird, kann gut eingespeist werden. Die Fernwärme für den eigenen Betrieb und den Ort nutzt zu 95 % die anfallende Abwärme der Biogasanlage, Winterspitzen

Gitterrost für die Trocknung des Hackguts.

des Verbrauchs werden von der Hackschnitzelanlage aufgefangen. Das Netz hat nach einigen Ausbaustufen nun eine Länge von 6 km. Es werden 900 00 0 l Heizöl eingespart. Das bedeutet eine Einsparung an CO2 von über 2700 t/Jahr.

Da mit 800 ha Wald und 350 ha Grund und mit einem guten landwirtschaftlichen Partner in der Biogasanlage genug Material für Hackschnitzel und Biogas vor Ort anfällt, war dieses Vorhaben nur logisch.

Jetzt im August 2023 wird gerade die zweite Hackschnitzelanlage gebaut, da in die Fernwärmeversorgung des Ortes zu den bestehenden 50 Abnehmern nochmals ca. 14 0 dazukommen. Die Marktgemeinde besteht aus 4268 Einwohnern. Die Schule, das Rathaus, eigene Gebäudekomplexe, ein Industriegebiet und zwei Wohngebiete waren ziemlich schnell angeschlossen. Die erste Anlage und eine kleine externe Anlage für ein Re-

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staurant mit Hotel in einem Nachbarort sind mit rund 700 t guter, weisser Hackschnitzelqualität pro Jahr gut zu betreiben gewesen. Im Wald fällt mehr an, da man seit 2007 kein Papierholz mehr aushält, der Überschuss wird verkauft. In Bayern wächst schliesslich pro Sekunde 1 m³ Holz nach, das macht pro Einwohner 2,5 m³. Nun rechnet man für die zweite Anlage mit einem Mehr von 300 t.

Man hat auch aus Fehlern gelernt (früher lagerte man die Ware im Freien mit Regen, Schnee und Eis) und 2010 eine Hackschnitzellagerhalle gebaut. In dieser wird im Sommer auch Getreide gelagert und getrocknet.

Diese hat am Boden einen Gitterrost, durch den Abwärme der Biogasanlage entströmt und das Hackgut trocknet. Auch verwendet man seitdem

nurmehr weisse Ware mit wenig Nadelanteil. Das Material darf nicht zu trocken und nicht zu nass sein. 40–50 % Feuchte funktioniert in unserer Anlage am besten. Viel weniger Asche und eine gleichmässigere, schonendere Verbrennung sind die Belohnung.

Einen privaten Anbieter von Fernwärme in dieser Grössenordnung gibt es hier sonst weit und breit nicht.

Die bayerischen Staatsforste haben bislang nur ein einziges in Eigenregie betriebenes Heizkraftwerk im oberpfälzischen Waldmünchen nahe der tschechischen Grenze. Dieses produziert neben Wärme auch Strom.

Aber sie sind seit 2011 auch Betreiber der Anlage der Waldenergie GmbH Bodenmais im Bayerischen

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Holz für Heizkraftwerk.

Wald. Dort wurden 2022: 24 90 0 Srm Hackschnitzel verfeuert. 1,3 Mio. l Heizöl konnten durch das Heizwerk eingespart werden. Ein Hallen- und ein Freibad, mehrere Hotels, Pensionen und Gaststätten, ein Campingplatz, die Schule, das Rathaus, das Feuerwehrhaus, eine Klinik, Privathäuser und selbstverständlich der Forstbetrieb konnten angeschlossen werden – insgesamt rund 70 Betriebe. Der Transportweg für die Hackschnitzel beträgt maximal 30 km.

Ansonsten werden im Zentrum für Holzenergie der BaySF in Oberammergau Biomasseheizkraftwerke und Biomassehöfe mit Waldhackschnitzeln und Energierundholz aus dem Staatswald und zugekaufter Ware aus privaten und körperschaftlichen Forstbetrieben beliefert. Die BaySF vermarktet pro

Jahr rund 1 Mio. Schüttraummeter Hackschnitzel, die einen Energiegehalt von 750 Mio. kWh haben und 75 Mio. Liter Heizöl ersetzen. Durch 1 Mio. Srm Hackschnitzel werden 250 00 0 t CO² eingespart.

Silke Schweizer, ehemalige Geschäftsführerin SELVA, hat die Betriebs- und Jagdleitung der Forstverwaltung Kühbach.

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Brennholz zur Lagerung.

Fernwärme der Gemeinde Zernez –eine Vision wurde Realität

Zernez setzte bereits früh auf umweltfreundliche Fernwärme. Heute betreibt sie erfolgreich eine zentrale Holzschnitzelheizung dank dem nachhaltigen Denken des damaligen Gemeindevorstands. Die Gemeinde liefert ökologische, CO2-neutrale Energie aus der Region für die Region, und das seit Jahren zu stabilen Preisen. Von der Fernwärme profitieren mittlerweile viele Immobilienbesitzer, zudem ist sie gut für die Natur und das Klima.

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Neue Heizzentrale und Holzlagerplatz. (Bilder: Gemeinde Zernez)

Holzschnitzelheizung Cul

Die Idee für eine ökologische Wärmeversorgung der öffentlichen Bauten in der Gemeinde Zernez mit einer zentralen Holzschnitzelheizung entstand bereits Anfang der 1980er-Jahre. Für die Entscheidfindung wurde vom Gemeindevorstand 1985 eine erste Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Diese sah vor, das Schulhausgebäude mit Kindergarten und Familienbad, das Schloss Planta-Wildenberg mit Scheune (heute Auditorium SNP), das Pfarrhaus sowie das heutige Gemeindehaus (vormals altes Nationalparkhaus) anzuschliessen. Der damalige Gemeindevorstand war davon überzeugt, dass eine zentrale Fernwärmeanlage eine ökologisch sinnvolle Sache ist und ein erster Schritt in Richtung

Unabhängigkeit vom Öl. Das Projekt war nicht nur im Sinne einer umweltfreundlichen Primärenergie von grosser Bedeutung, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen sehr wichtig. Als Besitzer eines grösseren Waldbestands, der dazumal dringend gepflegt werden musste, und als Betreiber eines grösseren Sägewerks waren die wirtschaftlichen Bedingungen für diese Betriebe von grossem Interesse. Die Resultate der erwähnten Studie ergaben technisch, wirtschaftlich und ökologisch ein durchaus positives Ergebnis. Aufgrund dessen wurde das Projekt weiterverfolgt und in den darauffolgenden Jahren konkretisiert, sodass die Gemeindeversammlung im Frühjahr 1992 den Projektkredit in Höhe von CHF 720 00 0 für die erste Etappe genehmigte,

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Hackholzproduktion.

in der Folge das Projekt etappenweise realisierte und in Betrieb nahm. Die Heizzentrale wurde im Untergeschoss des Werkhofs in Cul untergebracht und zuerst mit einem Heizkessel mit 700 kW Nennleistung und schon bald darauf aufgrund der stetigen Erweiterungen (private Anschlüsse) mit einem zweiten Heizkessel mit Nennleistung 1150 kW ergänzt, denn auch die Privaten erkannten schnell, dass dieser Wärmeverbund ein wirtschaftlicher und ökologischer Gewinn ist. So wuchs die Anzahl Bezüger auf ca. 35, die gesamte abgegebene Wärmemenge lag damals je nach Witterung bei ca. 3,3 GWh/a.

Als Redundanz und Spitzenfeuerung bestand im Schulhaus ein Ölkessel, der später durch eine mit dem Eisfeld bzw. dessen Kältemaschine betriebenen Wärmepumpe ergänzt wurde. Das Energieholz wird zu 100 % aus dem gemeindeeigenen Wald geliefert. Die benötigte Menge von ca. 2000 bis 2500 m³ Rundholz bildet beinahe die anfallende Menge an Energieholz des Jahreshiebsatzes von Zernez. Somit ergibt sich eine hervorragende Kaskadennutzung innerhalb der Gemeinde. Eine zukünftige Kapazitätserhöhung der Anlage kann nahezu deckend ebenfalls mit eigenen Ressourcen abgedeckt werden.

Ziel des Projekts «Zernez Energia 2020»

Bereits 2011 und im Hinblick auf das 100-Jahr-Jubiläum des Schweizerischen Nationalparks im Jahr 2014 beschäftigte sich der Gemeindevorstand von Zernez mit der Idee eines Energieprojekts. Das erklärte Ziel der Gemeinde war es, in Zukunft den gesamten gebäudebezogenen Energiebedarf des Dorfs Zernez aus eigener erneuerbarer Produktion zu decken und die resultierende CO²-Bilanz auf «null» zu senken. Die Ölheizungen verursachen den grössten Anteil der jährlichen gebäudespezifischen CO²-Emissionen. Aufgrund des noch ungenutzten Potenzials an lokal vorhandenem Energieholz wäre eine erneute Erweiterung des Fernwärmenetzes sicherlich sinnvoll. Dazu würden sich die Quartiere Runatsch/Palü anbieten und vor allem aber die Quartiere Röven und Via Sura an der Engadinerstrasse h27, da dort eine relativ hohe Wärmenachfragedichte besteht und viele Ölheizungen vorhanden sind, die durch eine Erweiterung des Netzwerks ersetzt werden können.

Neubau Heizzentrale mit Holzschnitzellager

Die 1992/94 im UG des Werkhofs eingebauten Holzschnitzelfeuerungen mussten einerseits altersbedingt ersetzt werden und konnten andererseits die vorsorglichen Emissionswerte für Feststoffe – und somit die Anforderungen der neuen

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Bauarbeiten am Erweiterungsprojekt Quartier Runatsch/ Palü.

Luftreinhalteverordnungen – nicht mehr einhalten. Das Amt für Natur und Umwelt verfügte deshalb eine Sanierungspflicht per 31. Dezember 2017. Vor diesem Hintergrund und in Anlehnung an eine Machbarkeitsstudie «Neukonzeption Fernwärme» von Amstein + Walthert AG, Zürich, von 2015 hatte die Gemeinde Zernez entschieden, in einer ersten Phase den Ersatz der Heizzentrale mit Holzschnitzellager zu realisieren. Da die Platzverhältnisse der bestehenden Zentrale keinen Ausbau zuliessen, wurde ein Neubau in unmittelbarer Nähe auf derselben Parzelle realisiert.

Im November 2017 konnten das Fernwärmenetz an eine topmoderne Heizzentrale angeschlossen und die gesamte Anlage in Betrieb genommen werden. Die neue Wärmeerzeugungs-Anlage besteht aus zwei Heizkesseln mit insgesamt 1260 kW Nennleistung (900 kW + 36 0 kW). Die Heizzentrale wurde so konzipiert, dass später für die geplante Netzerweiterung im Zusammenhang mit dem Projekt ZE2020 ein zusätzlicher dritter Kessel von 900 kW Platz finden kann. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 2,5 Mio. Franken.

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Bauarbeiten an der neuen Holzschnitzelhalle. Bauarbeiten an der neuen Heizzentrale inkl. Holzschnitzelhalle.

Erweiterungsprojekte des Fernwärmenetzes Aktuell ist die Gemeinde daran, den Ausbau des Fernwärmenetzes im Quartier Runatsch/Palü zu realisieren, so dass im Sommer/Herbst 2023 weitere 13 Gebäude an das Fernwärmenetz angeschlossen werden.

Im Rahmen der anstehenden Gesamtsanierung der Hauptstrasse durch das Dorf haben sich nach einer ersten Umfrage weitere 20 bis 25 Immobilienbesitzer für den Anschluss an die Fernwärme interessiert. Somit wird sich nach der Sanierung der Hauptstrasse die gesamte Anzahl der Bezüger auf ungefähr 70 bis 75 erhöhen. Zusätzlich zu diesen zwei Projekten soll das Netz ebenfalls in unmittelbarer Nähe zur Heizzentrale anlässlich der Arealplanung Cul ausgedehnt werden.

Fazit

Nach dem Einbau des dritten Kessels und dem Anschluss der Gebäude entlang der vorgesehenen Netzerweiterungen ist die Kapazitätsgrenze der Anlage voraussichtlich erreicht. Dann werden rund 8000 Sm³ Holzschnitzel verfeuert, die einer gesamten abgegebenen Wärmemenge von ca. 6 GW/a entsprechen. Viele Ölheizungen können so während den nächsten Jahren eliminiert werden.

Roland Rodigari (56) ist in Zernez aufgewachsen und absolvierte dort auch die Schule. Er ist seit 15 Jahren bei der Gemeinde Zernez als Leiter Bauamt/Immobilien tätig. Er ist sehr naturverbunden und geht gerne wandern, macht Hochtouren und ist mit dem Mountainbike unterwegs.

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Nachhaltige Energieversorgung im Engadin

Seit 2010 versorgt das Fernwärmenetz von Salzgeber Holzbau

S-chanf Teile des Engadiner Dorfs S-chanf und später auch der angrenzenden Gemeinde Zuoz mit nachhaltiger Wärme. Durch die Verbrennung von Holzschnitzeln und durch Solarthermie gewonnene Energie, stellt das Projekt einen wegweisenden Beitrag zum Klimaschutz dar. Erfahren Sie, wie die Vision einer nachhaltigen Energieversorgung entstand und welche Rolle das Verbot von Ölheizungen sowie glückliche Zufälle bei der Umsetzung spielten.

Cilgia Salzgeber

Im Engadin, umgeben von malerischen Berglandschaften, wurde bereits vor der grossen Grünen Welle der Grundstein für eine zukunftsweisende Energieversorgung gelegt. Salzgeber Holzbau

S-chanf, ein engagiertes Unternehmen, erkannte frühzeitig die Bedeutung einer umweltfreundlichen und nachhaltigen Wärmeversorgung und hatte bereits Ende der Neunzigerjahre eine kleinere Version

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Fernwärme der Firma Salzgeber Marangun Holzbau. (Bilder: C. Salzgeber)

der jetzigen Anlage zur Selbstversorgung in Betrieb. So entstand die Idee der Erweiterung des Betriebs in Form eines Fernwärmenetzes, das durch die Verbrennung von Holzschnitzeln betrieben wird.

Ein Fernwärmenetz ist ein ausgeklügeltes System zur effizienten Verteilung von Wärmeenergie in einem bestimmten Gebiet. Dabei wird die Wärme zentral an einem Ort erzeugt und über gut isolierte Rohrleitungen zu den Verbrauchern transportiert.

Im Falle wie im Engadin wird die Wärme durch die Verbrennung von Holzschnitzeln und Solarthermie gewonnen. Dabei werden zwei umweltfreundliche und nachhaltige Energiequellen genutzt.

Das Herzstück des Fernwärmenetzes bildet die zentrale Wärmeerzeugungsanlage. Hier werden die Holzschnitzel verbrannt, wobei die entstehende Wärmeenergie auf ein Trägermedium, in diesem Fall

Wasser, übertragen wird. Das nun heisse Trägermedium fliesst durch gut isolierte Rohrleitungen, die sich wie ein Netzwerk durch das Dorf S-chanf und die angrenzende Gemeinde Zuoz erstrecken. Die Wärme gelangt auf diese Weise zu den Verbrauchern, seien es Privathaushalte, Gewerbebetriebe oder öffentliche Einrichtungen. In den Gebäuden wird die Wärme dann über Plattentauscher in Heizkörpern oder Fussbodenheizungen abgegeben, um angenehme Raumtemperaturen zu gewährleisten. Nachdem die Wärme ihre Aufgabe erfüllt hat, kehrt das abgekühlte Trägermedium in einem geschlossenen Kreislauf zurück zur Wärmeerzeugungsanlage, um erneut aufgeheizt zu werden.

Das System ermöglicht eine äusserst effiziente Nutzung der Wärme, da Verluste durch den Transport geringgehalten werden. Zudem ist die Fernwärme-

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Holzschnitzelproduktion für Fernwärme.

versorgung besonders umweltfreundlich, da bei der Verbrennung von Holzschnitzeln nur so viel CO² freigesetzt wird, wie die Bäume während ihres Wachstums aufgenommen haben. Dadurch wird ein geschlossener CO²-Kreislauf geschaffen, der keinen zusätzlichen Treibhauseffekt verursacht. Zudem werden Holzschnitzel aus Abfallholz, Restholz und Holz von minderwertiger Qualität verbrannt, welches sonst keine Verwendung mehr hat.

Die Umsetzung eines solchen Fernwärmenetzes erfordert eine gut durchdachte Planung, einen hohen technischen Standard und eine enge Zusammenarbeit mit den beteiligten Akteuren.

Zu Beginn stellte das Projekt des Fernwärmenetzes eine wagemutige Initiative dar, die mit einem hohen Risiko verbunden war. Die Firma entschied sich, das Projekt aus eigener finanzieller Kraft zu

realisieren, ohne externe Investoren ins Boot zu holen. Damit trug das Unternehmen die volle Verantwortung für die Umsetzung und den Erfolg des Vorhabens. Zudem war unklar, ob es ausreichend Abnehmer geben würde, um das Fernwärmenetz rentabel zu machen. Anfangs versorgte die Verbrennungsanlage vor allem die eigenen Betriebsgebäude mit Wärme, was zusätzlich das finanzielle Risiko erhöhte.

Die Weichen für das ambitionierte Projekt wurden zwar schon vor dem Verbot von Neuinstallationen von Ölheizungen gestellt. Jedoch war es dieser politische Schritt, der die Energiewende in der Schweiz vorantrieb. Dies ermöglichte ebenfalls das Fortbestehen und Expandieren der Vision einer CO²-neutralen Energieversorgung von Simon Salzgeber, Inhaber des Betriebs. Die zeitgleich stattfindenden

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Feuerung der Fernwärme.

Strassenarbeiten in den Dörfern Zuoz und S-chanf erwiesen sich als glücklicher Zufall, da sie eine einfache Verlegung der Fernwärmeleitungen ermöglichten.

Die Funktionsweise des Fernwärmenetzes in Zusammenhang mit einer Zimmerei ist ebenso simpel wie effizient: zu Beginn der Inbetriebnahme des Fernwärmenetzes im Jahr 2010 konnte der Holzabfall aus dem eigenen Betrieb nahezu den gesamten Bedarf an Brennstoff für die Anlage abdecken. Damals stellte dieses nachhaltige Konzept eine Möglichkeit dar, Abfallholz effizient und umweltfreundlich zu nutzen. Mit der Zeit und aufgrund des starken Wachstums des Fernwärmenetzes hat sich die Situation jedoch verändert. Heute macht das eigene Abfallholz nur noch etwa 10 % der insgesamt verbrannten Holzschnitzel aus. Um

den gestiegenen Bedarf zu decken, setzt der Betrieb vermehrt auf den Einkauf von Holzschnitzeln aus anderen Betrieben, wobei weiterhin auf eine möglichst regionale Beschaffung geachtet wird. Dabei ist es bemerkenswert, dass rund 96 % des verbrannten Holzes aus dem Kanton Graubünden stammen, während die restlichen 4% aus unmittelbarer Nähe des Kantons gewonnen werden. Dieses lokale und regionale Beschaffungskonzept schont nicht nur die Umwelt, sondern stärkt auch die Wertschöpfung in der Region. So betrug die erbrachte Heizleistung 2022 ungefähr 12 GWh, was einem Öläquivalent von 1 40 0 00 0 Liter entspricht.

Das Fernwärmenetz bot sich für die Firma ebenfalls als vorteilhafte Lösung an, da das Unternehmen über einen eigenen Firmenzweig mit mehre-

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Lagerhalle für Schnitzelgut.

ren Lastwagen für den Transport verfügte. Dieser Umstand erwies sich als einer der vielen begünstigenden Faktoren, welche das Projekt ermöglichten und die Wirtschaftlichkeit des Fernwärmenetzes steigerte.

Durch den Betrieb von Lastwagen im firmeneigenen Transportbereich konnte der Transport der Holzschnitzel effizient und kostengünstig gestaltet werden. Der Brennstoff, der für die Wärmeerzeugung benötigt wird, kann somit in Verbindung mit anderen Transportfahrten kombiniert und direkt aus den umliegenden Sägereien und anderen Betrieben abgeholt und zur Wärmeanlage transportiert werden. Dies reduzierte nicht nur die Transportkosten erheblich, sondern ermöglichte auch eine optimierte Logistik, die eine regelmässige und zuverlässige Versorgung der Anlage sicherstellte.

Die bereits vorhandene Infrastruktur für den Holztransport bot somit eine ideale Synergie mit dem Fernwärmenetz. Anstatt die Lastwagen nach dem Transport leer zurückkehren zu lassen, konnten sie durch den Holztransport für das Fernwärmenetz mit einem wertvollen Ladegut beladen werden. Diese effiziente Nutzung der Transportkapazitäten trug massgeblich dazu bei, die Kosten für das Projekt zu senken und die Wirtschaftlichkeit zu steigern, welche bei dieser Art von Investition für das Fortbestehen der Firma unerlässlich war. Insgesamt zeigt die Verknüpfung des Fernwärmenetzes mit dem firmeneigenen Transportbereich, wie innovative Lösungen zur Energieversorgung nicht nur positive Umwelteffekte haben, sondern trotz hohem Initialaufwand auch ökonomisch sinnvoll sein können. Die Vision für eine nachhalti-

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Solardach Salzgeber Marangun Holzbau.

ge und CO²-neutrale Wärmeversorgung mit Holz wurde so erfolgreich in die Realität umgesetzt. Trotz der vielen Vorteile, die das Fernwärmenetz mit sich bringt, gibt es auch einige Herausforderungen und Nachteile zu bewältigen. Die grössten Schwierigkeiten liegen in den logistischen Aspekten. Insbesondere im Winter ist es eine Herausforderung, ausreichend Holzschnitzel für die Wärmeerzeugung zu beschaffen, da der Wärmebedarf im hochgelegenen Engadin im Winter riesig ist und dadurch auch eine grosse Menge Holzschnitzel verlangt. Zudem ist es im Sommer schwierig, ausreichende Mengen an Holzschnitzeln zu lagern, um für den Winter vorzusorgen. Die begrenzte Kapazität der Lagerhalle setzt hier kluge Planung und Organisation voraus. Um diese logistischen Herausforderungen zu bewältigen, ist eine enge Koordination mit den Lieferanten und eine vorausschauende Planung unerlässlich.

Die Vorteile eines solchen Fernwärmenetzes für das Engadin und den eigenen Betrieb sind vielfältig. Insbesondere während der Wintermonate, wenn viele Baustellen ruhen, schafft die Fernwärmeanlage wertvolle Arbeitsstunden. Der Transport der Holzschnitzel und die Instandhaltung der Heizung erfordern zusätzliche Arbeitskräfte und bieten somit eine willkommene Möglichkeit, Menschen auch in der kalten Jahreszeit zu beschäftigen. Die positiven Effekte auf das Klima sind offensichtlich, da die CO²-neutrale Energieversorgung einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Doch darüber hinaus profitiert auch der Betrieb selbst von der nachhaltigen Ausrichtung und einem zusätzlichen Standbein. Der Firma ist es wichtig, ganzjährige Arbeitsplätze in einer peripheren Region zu schaffen.

Immer mehr Menschen und Unternehmen erkennen die vielfältigen Vorzüge von Holz als Baumaterial. Es ist nachhaltig, da es sich um einen erneuerbaren Rohstoff handelt, der bei nachhaltiger Bewirtschaftung kontinuierlich nachwächst. Mit der steigenden Nachfrage nach Holz als Baumate-

rial und Energiequelle fallen jedoch auch vermehrt Holzabfälle an, die für innovative Projekte wie das Fernwärmenetz von Salzgeber Holzbau genutzt werden können. Diese Holzabfälle, die früher oft ungenutzt blieben oder entsorgt wurden, erhalten durch solche Projekte eine sinnvolle Verwendung und tragen so zur Entlastung der Umwelt bei. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass Holz als Ressource zwar erneuerbar, aber nicht endlos vorhanden ist. Eine nachhaltige Nutzung von Holz ist daher von entscheidender Bedeutung, um die Ressourcen für kommende Generationen zu bewahren. Deswegen wurde bei der Fernwärmeanlage versucht, eine Grösse und Energieleistung zu finden, welche nachhaltig ist und ohne viel Subventionen aufrecht gehalten werden kann. Gesunde Wälder spielen hierbei eine essenzielle Rolle, denn sie fungieren nicht nur als Lieferanten von Holz, sondern auch als CO²-Senken und Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Es liegt in unserer Verantwortung, Holz respektvoll und verantwortungsbewusst zu nutzen, indem wir die Wälder nachhaltig bewirtschaften und schützen. Nur so können wir sicherstellen, dass die wertvolle Ressource Holz auch in Zukunft für innovative und umweltfreundliche Projekte wie das Fernwärmenetz in S-chanf zur Verfügung steht und gleichzeitig unsere Natur und Umwelt geschont werden.

Cilgia Salzgeber ist Architektin Msc. ETH und arbeitet im Betrieb ihres Vaters Simon Salzgeber der Firma Salzgeber Marangun S-chanf in S-chanf.

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Holz, ein Joker für die Energiewende

Holz ist ein Trumpf für die Energiewende, vor allem weil es dezentral anfällt, sich vielseitig verwenden und gut speichern lässt. Aber Energieholz ist knapp. Daher sollten seine Potenziale effizient und vollständig genutzt werden. Relevant ist dabei nicht nur die Nutzung in Form von Wärme, sondern auch die Bereitstellung von Elektrizität und chemischen Energieträgern, wie Treibstoffen, in der ferneren Zukunft. Dies zeigt ein unlängst veröffentlichtes White Paper auf, das die Ergebnisse des Forschungsprogramms SCCER BIOSWEET des Bundes zum Thema Holzenergie zusammenfasst.

Eigenschaften, Vorteile

Verholzte Biomasse ist erneuerbar, fällt dezentral an, ist lagerfähig und ganzjährig verfügbar. Sie lässt sich stofflich (also z. B. als Baumaterial) und als CO²-neutrale Energiequelle nutzen. Auch die mehrfache stoffliche Nutzung vor der energetischen, die sogenannte kaskadische Nutzung, ist möglich. Aufgrund seiner Nutzungsflexibilität und als biogener Kohlenstofflieferant kann Holz einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Energetisch genutzt eignet es sich, um

i. Wärme und Strom sowie gasförmige oder flüssige Treibstoffe herzustellen;

ii. fossile Brennstoffe zu ersetzen und damit die Emission von fossilem CO² zu vermeiden;

iii. biogenes CO² zur Nutzung als negative Kohlenstoffemissionen abzuscheiden;

iv. die Energieversorgung und das Stromnetz zu stabilisieren (via Speicherkapazität und Kopplung verschiedener erneuerbarer Energien).

Energieholz ist aus funktionaler Sicht von grösserer Bedeutung, als sein geringes Potenzial vermuten lässt. Mehr noch als andere Biomassen ist es aufgrund seiner aussergewöhnlich vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten ein «Joker» für die Gestaltung der Energiewende.

Bereitstellungsquellen und Verbrauch

Der Schweizer Energieholzverbrauch betrug im Jahr 2021 insgesamt 5,8 Mio. m³ (Holzenergiestatistik, BFE 2022). In diesem Jahr wurden gemäss Forststatistik 1,9 Mio. m³ Energieholz im Wald geerntet, was einem Anstieg von etwa 20 % in den letzten zehn und fast einer Verdoppelung in den vergangenen 20 Jahren entspricht (BAFU 2022). Zu einem grossen Teil kommt das energetisch genutzte Holz direkt aus dem Wald. Der Rest besteht aus Flur- bzw. Landschaftspflegeholz, Restholz der Holzverarbeitung (Schwarten, Spreissel, Späne und Sägemehl) sowie aus Altholz, das vorher bereits stofflich verwendet wurde, z. B. in Gebäuden oder in Möbeln (Abb. 1).

Aktuell beträgt der Anteil des Waldenergieholzes an der gesamten Holzernte 40%. Beim Laubholz werden 50–70 % und beim Nadelholz 15 –20 % der Erntemenge als Energieholz genutzt. Das Waldenergieholz wird zu 40 % als Stückholz und zu 60 % als Hackschnitzel bereitgestellt, wobei der Anteil der Hackschnitzel seit mehreren Jahren steigt.

Rahmenbedingungen

Die steigende energetische Nutzung von Holz wurde von der Politik, ökonomischen Veränderungen und der Klimaerwärmung begünstigt. Politisch entschei -

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Oliver Thees, Tilman Schildhauer, Oliver Kröcher, Janine Schweier

(Bilder: Oliver Thees, WSL; Thomas Fillbrandt,

dend war der Beschluss von Bundesrat und Parlament für die Energiewende im Jahr 2011. In der Folge wurde 2017 ein neues Energiegesetz an der Urne gutgeheissen, das den Ausbau der erneuerbaren Energien vorsieht. Im Jahr 2019 wurde zudem die nationale Umsetzung des Pariser Klimaabkommens beschlossen. Mit dieser Entwicklung ging eine vermehrte Förderung der energetischen Holznutzung einher.

Die Klimaerwärmung begünstigt die Verbreitung von Laubbaumarten, welche sich besonders gut für die energetische Holznutzung anbieten. Gleichzeitig leiden insbesondere Fichten an nicht passenden Standorten unter der Trockenheit, werden vom Borkenkäfer befallen und sterben ab. Die Folge sind immer häufigere Zwangsnutzungen mit grossen Mengen an Schadholz, das zum Teil energetisch verwendet wird.

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Abb. 1: Energieholz stammt einerseits direkt (i) aus dem Wald und (ii) aus der Flur/Landschaftspflege (obere Zeile) sowie andererseits (iii) aus dem bei der Verarbeitung des Rohstoffs in Sägewerken und Schreinereien anfallenden Restholz und (iv) aus dem bereits ein- oder mehrfach stofflich genutzten Holz, dem Altholz (untere Zeile). Universität Freiburg im Breisgau)

Abb. 2: Die wichtigsten Umwandlungspfade für verholzte Biomasse (BECCS: Bioenergie mit Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, LNG: verflüssigtes Methan/Erdgas, Pyrolyse: Umwamdlungsprozess unter weitgehendem Ausschluss von Sauerstoff). (Grafik: angepasst aus Schildhauer et al., 2021)

Schliesslich begünstigten wirtschaftliche Entwicklungen die energetische Nutzung von Waldholz, das ursprünglich einer stofflichen Verwendung zugedacht war. Gründe dafür sind die Abwanderung von industrieholzverarbeitenden Unternehmen sowie eine sinkende Möbelproduktion im Inland. Zudem sind die Energieholzpreise aufgrund der höheren Nachfrage deutlich gestiegen, was bewirkt, dass mehr Energieholz genutzt wird und Sortimentsverschiebungen sowohl vom Industrieholz als auch vom Stammholz zum Energieholz erfolgen.

Kaskadische Nutzung

Aus Sicht des Klimaschutzes sollte Holz wann immer möglich als Werkstoff eingesetzt (was stark von der Preisentwicklung auf den Holz- und Energiemärkten abhängt) und möglichst kaskadisch genutzt werden. Allerdings sind der kaskadischen Nutzung von minderwertigem Holz Grenzen gesetzt, vor allem weil die klassischen Holzindustrien (Zellstoff, Papier und Spanplatten) aus wirtschaftlichen Gründen weitgehend aus der Schweiz abge-

wandert sind. In Zukunft könnten Bioraffinerien neue Möglichkeiten für die stoffliche Nutzung von minderwertigem Holz bieten, da Holz einen hohen biogenen Kohlenstoffgehalt aufweist und sich deshalb zur Herstellung von Biochemikalien eignet. Auch die Produktion von Dämmstoffen könnte an Bedeutung gewinnen und zur kaskadischen Nutzung beitragen.

Begrenzte Potenziale

Das inländische Energieholzpotenzial wird derzeit noch nicht vollständig ausgeschöpft. Insgesamt werden jährlich gemäss Holzenergiestatistik ca. 5,5 Mio. m³ energetisch genutzt (BFE 2022), was 18,8 Terawattstunden (TWh) Endenergie entspricht. Das Potenzial liegt jedoch über alle Sortimente bei knapp 7 Mio. m³, d.h.es ergibt sich aktuell ein zusätzlich nutzbares Potenzial von rund 1,5 Mio. m³ (4 TWh; Keel und Chrenko 2023). Dieses noch verfügbare Energieholzpotenzial könnte jedoch rasch ausgeschöpft sein, weshalb bei der Planung neuer Holzenergieanlagen eine gründliche Abklärung der

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langfristigen Verfügbarkeit von Energieholz unbedingt nötig ist.

Mit den Daten des Landesforstinventars lässt sich das langfristige Energieholzaufkommen im Schweizer Wald simulieren. Die Ergebnisse zeigen die Abhängigkeit der Energieholzpotenziale sowohl von der Art der Waldbewirtschaftung als auch von der Situation auf den Holz- und Energiemärkten. Die Potenziale entwickeln sich dementsprechend dynamisch. Unter der Annahme eines moderaten Abbaus der derzeit hohen Vorräte im Schweizer Wald und einer bevorzugt stofflichen Verwendung des Holzes ergeben sich beispielsweise in einem solchen Szenario zusätzlich nutzbare Energieholzpotenziale von durchschnittlich 0,7 Mio. m³ pro Jahr bis 2056 (Thees et al. 2017). Dies unterstreicht die oben festgestellte Knappheit an Energieholz.

Innovative Technologien

Im Gegensatz zu anderen erneuerbaren Energieträgern lässt sich verholzte Biomasse für vielfältige Energiedienstleistungen nutzen. Diese Vielfalt kann für die Energiewende nützlich sein, weil sie das Energiesystem flexibler macht. Sie geht einher mit der Entwicklung komplexer Biomasse-Konversionsverfahren. Für die Umwandlung des Holzes in feste, gasförmige oder flüssige Energieträger bzw. für die Bereitstellung von Wärme, Strom oder Mobilität sind biochemische, thermochemische und physikalisch-chemische Prozesse notwendig (siehe Abb. 2). Die Verbrennung von verholzter Biomasse sowie der daraus gewonnene Energieträger ermöglichen die direkte Strom- und Wärmeerzeugung. Die Verbrennung wird zur reinen Wärmeerzeugung oder zur Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) eingesetzt. Sie eignet sich besonders zur Bereitstellung von Hochtemperatur-Prozesswärme für die Industrie sowie zur Deckung von Lastspitzen, wie sie zum Beispiel während des Mangels an erneuerbarem Strom im Winter auftreten.

Bei der Treibstoffsynthese (z. B. Vergasung und nachfolgende katalytische Reaktoren) handelt es

sich um exotherme Prozesse, d.h. ein Teil des ursprünglichen Energiegehalts wird als Abwärme freigesetzt, die genutzt werden kann, um höhere Gesamtwirkungsgrade zu erreichen. Durch die Beimischung von erneuerbarem Wasserstoff zu den Syntheseschritten kann die Ausbeute des aus einer bestimmten Menge Biomasse erzeugten Energieträgers erhöht werden. Alternativ kann CO² zur Sequestrierung aus dem Produktgas abgetrennt und somit zur Erzielung negativer Kohlenstoffemissionen genutzt werden. Die Produktion von Energieträgern in Form von gasförmigen (Methan) und flüssigen Treibstoffen (z. B. Methanol oder Diesel) erhöht die Flexibilität in Bezug auf Ort und Zeit ihrer Nutzung. So ermöglichen Power-to-GasSysteme zum Beispiel die saisonale Speicherung in der bestehenden Gasinfrastruktur. Allerdings befinden sich diese Technologien noch in der Entwicklung.

Ausblick

Um das Netto-Null-Ziel 2050 zu erreichen, wird Holz energetisch idealerweise in der Produktion von Hochtemperatur-Prozesswärme für die Industrie und für die Stromerzeugung in Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlagen zur Überbrückung der Winterstromlücke eingesetzt (Nussbaumer, 2023; Thees et al. 2023). Längerfristig können auch noch nicht ausgereifte Technologien für die Erzielung negativer Kohlenstoffemissionen sowie für die Defossilisierung der Erzeugung kohlenstoffhaltiger Verbindungen an Bedeutung gewinnen. Diese lassen sich stofflich für die chemische Industrie oder energetisch als erneuerbare Treibstoffe für anspruchsvolle Transportprozesse nutzen. Wenn immer möglich, sollte man die Abwärme der energetischen Holznutzung nutzen und das freigesetzte biogene CO² auffangen. Wärme aus Holz sollte aus energie-, klima- und luftreinhaltungspolitischen Gründen vor allem in grösseren automatischen Feuerungsanlagen mit Wärmenetzen erzeugt werden.

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Letztlich ist die örtliche konkrete Situation von Energiebedarf und -angebot aller erneuerbaren Energieträger entscheidend für die Bestimmung des optimalen Nutzungspfades von Energieholz. Die Bewertung der Nutzung muss als ganzheitliche Wirkungsabschätzung der gesamten Liefer- und Nutzungskette erfolgen mit dem besonderen Fokus auf Klima- und Nachhaltigkeitseffekte sowie auf die Integration von Holz in die Systeme der Energie- und Ressourcennutzung.

Die vielfältigen Umwandlungstechnologien haben mit Hilfe des Programms SCCER BIOSWEET (Biomass for Swiss Energy Future) grosse Fortschritte gemacht; einige innovative Technologien sind jedoch noch nicht marktreif. Das White Paper Wood (Thees et al. 2023; siehe QR-Code) fasst Resultate des mehrjährigen Energieforschungsprogramms des Bundes zusammen, an dem bis zu 15 Schweizer Forschungsgruppen und Dutzende Umsetzungspartner unter der Federführung des Paul Scherrer Instituts PSI beteiligt waren.

Dr. Oliver Thees und Dr. Janine Schweier arbeiten an der Eidg. Forschungsanstalt WSL (Gruppe Nachhaltige Forstwirtschaft) in Birmensdorf. Dr. Tilman Schildhauer und Prof. Dr. Oliver Kröcher arbeiten beim Paul-Scherer-Institut PSI (Abteilung Bioenergie und Katalyse) in Villigen.

QR-Code zum White Paper Wood.

Quellen

BAFU (Hrsg.), 2022: Jahrbuch Wald und Holz 2022. Bundesamt für Umwelt, Bern. Umwelt-Zustand Nr. 2225: 108 S.

BFE (Hrsg.), 2022: Schweizerische Holzenergiestatistik – Erhebung für das Jahr 2021. Bundesamt für Energie, Bern.

Keel, A., Chrenko, R., 2023: Monitoring Holzenergie. Im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU)

Nussbaumer, T., 2023: Vergleich der Ressourceneffizienz verschiedener Verwertungspfade zur Nutzung von Energieholz. Im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU)

Schildhauer, T.; Kroon, P.; Höftberger, E.; Moioli, E.; Reichert, G.; Kupelwieser, F., Technologies for Flexible Bioenergy, IEA Bioenergy: Task 44, 96 p., August 2021 (https://task44.ieabioenergy.com/publications/technologies-for-flexible-bioenergy-2021/)

Thees, O.; Burg, V.; Erni, M.; Bowman, G.; Lemm, R., 2017: Biomassepotenziale der Schweiz für die energetische Nutzung. Ergebnisse des Schweizerischen Energiekompetenzzentrums SCCER BIOSWEET. WSL Berichte 57. WSL. https://www.dora.lib4ri.ch/ wsl/islandora/object/wsl:13277

Thees, O.; Erni, M.; Burg, V.; Bowman, G.; Biollaz, S.; Damartzis, T.; Griffin, T.; Luterbacher, J.; Marechal, F.; Nussbaumer, T.; Schildhauer, T.; Schweier, J.; Studer, M.; Kröcher, O., 2023: White Paper – Energieholz in der Schweiz: Potenziale, Technologieentwicklung, Ressourcenmobilisierung und seine Rolle bei der Energiewende. SCCER-BIOSWEET; Birmensdorf, Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. 34 S. https://doi.org/10.55419/ wsl:32789

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Ein Heizsystem für die Zukunft mit Nebenprodukt

Während einer Diskussion mit einem Architekten, einem Verkäufer der HEIM AG Heizsysteme und einer Forstingenieurin zum Thema Fernwärme kam plötzlich ein interessantes Verfahren zur Sprache.

Matin Schrag, Nik Hartmann

Ein innovativer Architekt sucht immer wieder nach neuen Lösungsansätzen, wie man für ein Gebäude das Optimum an Heizleistung herausholt, ohne Einbussen in Kauf zu nehmen. So weckt das Heizsystem der GLOCK ecotech GmbH aus Österreich grosses Interesse. Er denkt sich, dies könnte für sein neues Projekt spannend sein und lässt sich vom Produkt und Hersteller überzeugen. Dieses Blockheizsystem verfügt über eine einzigartige und patentierte integrierte Trocknung und Gasreinigung. Sogar entsteht dabei ein Nebenprodukt, die Pflanzenkohle!

Und nun zum Verfahren selbst

Das Holzgas-Blockheizkraftwerk wandelt naturbelassenes Hackgut von max. 30 % Feuchte in Strom und Wärme um. Dabei handelt es sich um einen thermochemischen Umwandlungsprozess. Bereits in der Vergangenheit wurde diese Technik verwendet, um Maschinen anzutreiben, als Benzin und Diesel nicht ausreichend vorhanden waren. Heute können solche Heizsysteme vorzugsweise in der Landwirtschaft zur Heizung und Trocknung eingesetzt werden. Ebenfalls sind bestehende Wärmeverbünde ideale Abnehmer, weil diese das ganze

Das Blockheizsystem.

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(Grafik/Bilder: HEIM AG Heizsysteme)

Jahr einen Wärmebedarf aufweisen. Natürlich sind solche Heizsysteme auch für grössere Hotelbetriebe mit Wellnessbereich besonders gut geeignet. Die elektrische Leistung der GLOCK GGV 1.7 und GGV 2.7 beträgt 18 kW bzw. 55 kW und sorgt mit einer thermischen Leistung von 44 kW bzw. 120 kW für eine CO2-neutrale Energiegewinnung. Ein solches Heizsystem kann bis zu 8000 Stunden im Jahr laufen. Dies hängt jedoch stark vom Wärmebedarf und der Wirtschaftlichkeit ab. Ein BHKW kann 20 Jahre und darüber hinaus betrieben werden.

Wie funktioniert dieses System:

Nachdem das Hackgut in Silos gelagert wurde, gelangt es in das BKHW. Dort wird es bis zu ei-

nem Feuchteanteil von 10 % getrocknet. Anschliessend wird es im Vergaser bei 750 °C zu Holzgas und Pflanzenkohle umgewandelt. Das Holzgas wird im Holzgasfilter gereinigt und die Pflanzenkohle wird ausgeschleust und in Säcke abgefüllt. Im Produktgaswärmetauscher wird das Holzgas abgekühlt und die daraus gewonnene Wärme in den Heizungsprozess abgegeben. Das abgekühlte Holzgas fliesst via Sicherheitsfilter in den Verbrennungsmotor, welcher einen Stromgenerator antreibt. Der daraus gewonnene Strom wird dem Stromnetz zugeführt. Zusätzlich wird die entnommene Wärme aus den Motoren des Kühlkreislaufs und dem Abgaswärmetauscher dem Heizungsprozess zugeführt.

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Der Maschinenraum eines BHKWs der HEIM AG Heizsysteme.

Fazit

Das Blockheizkraftwerk produziert CO2-neutrale Wärme und Strom aus dem Energieträger Holz. Zusätzlich wird ein Nebenprodukt, die Pflanzenkohle, produziert, welche immer mehr an Bedeutung gewinnt. Denn bereits eine kleine Anlage produziert ca. 70 m ³ Kohle pro Jahr (im Vollbetrieb  8000 h/Jahr) und eine grosse Anlage produziert ca. 200 m³ Kohle pro Jahr (im Vollbetrieb  8000 h/Jahr). Dies spricht für das System, wenn man bedenkt, dass diese auch z. B. als Düngung in der Landwirtschaft eingesetzt werden kann. Und natürlich noch weitere Verwendungsmöglichkeiten bietet. Zudem besteht die Kohle aus reinem Kohlenstoff, der

nicht verbrannt wurde und somit einen aktiven Beitrag zur Dekarbonisierung der Atmosphäre leistet.

Matin Schrag ist Bereichsleiter Holzenergie der HEIM AG Heizsysteme, und Nik Hartmann ist Architekt FH der Firma Hartmann Architekten.

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Wartungsarbeiten im Maschinenraum eines BHKWs der HEIM AG Heizsysteme.

Wie war das nochmals mit dieser Umrechnung …

Wahrscheinlich geht es allen in etwa gleich und wenn man nicht täglich im Energieholzverkauf tätig ist, kann es einem da schon mal ganz wirr werden, vor lauter Umrechnung. Was ist nun schon wieder ein Schüttraummeter Sm³? Oder bessergesagt wie viel ist 1 Schnitzelkubikmeter Sm³ in Fest-

Holzschnitzel

meter fm? Und dazu kommt noch, dass nicht alle Baumarten gleichbehandelt werden können.

Damit man in Zukunft besser dafür vorbereitet ist, soll diese Darstellung helfen, sich in der Welt des Energieholzes zurechtzufinden:

Weichhölzer

Nadelholz: Fichte, Tanne, Föhre, Douglasie, Lärche; Laubholz: Kirsche, Erle

Pellets kein Unterschied Die Dichte wird künstlich durch

Tonne

kWh 450 l Heizöl extra leicht

Umrechnungstabelle für Energieholz. (Tabelle: zVg Holzenergie Schweiz)

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1 Festmeter fm 2,8 Schnitzelkubikmeter Sm3 1,4 Ster 550 kg 200 l Heizöl extra leicht 2000 kWh (=2,0 MWh) 1 Schnitzelkubikmeter Sm30,36 fm 0,5 Ster 200 kg
kWh (=0,7
70 l Heizöl extra leicht 700
MWh)
1
4500

Harthölzer

Nadelholz: keine;

Laubholz: Ahorn, Eiche, Buche, Ulme, Edelkastanie, Esche, Robinie, Hagebuche, Hasel, Birke, Nuss, Obstbäume (ausser Kirsche)

2,8 Schnitzelkubikmeter Sm3

1,4 Ster

750 kg

280 l Heizöl extra leicht

2800 kWh (=2,8 MWh)

0,36 fm

0,5 Ster

270 kg

100 l Heizöl extra leicht

1000 kWh (=1,0 MWh)

Hartholz/Weichholz das Pressen des Sägemehls erzeugt

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Ein Waldspaziergang zum Thema «(Holz-) Energiewende»

Der «Bündner Wald» traf Regierungsrätin

Dr. Carmelia Maissen zu einem Spaziergang durch den Wald. Die MittePolitikerin, die seit Anfang Jahr im Amt ist, wählte dazu den Fürstenwald. Im Interview sprach sie über Holzenergie und Waldpflege.

Mit Carmelia Maissen sprach Silke Schweizer

Wenn das Wasser knapp wird, bleibt dann nur noch Holz als Lösung für Graubünden?

Energieholz kann dieses Problem nicht lösen. Denn die Strommenge, die durch die Bündner Wasserkraft produziert wird, ist um ein Vielfaches höher als das Potenzial an Energie aus Holz. Wo sie wirtschaftlich sinnvoll ist, sollten wir sie aber nutzen.

Gibt es schon erste Erkenntnisse der neuen Energieholzpotenzialstudie Graubünden? Noch nicht. Das Amt für Wald und Naturgefahren begann kürzlich mit dem Erfassen der Daten sowie den Befragungen bei den Betriebsleitern und Forstunternehmern.

Was wäre die vom Kanton angestrebte Verwendung des möglichen Energieholzpotenzials? Eine interne Verwendung oder läuft es eher Richtung «Export»? In erster Linie müsste das Ziel ganz klar sein, gebrauchtes Energieholz im Kanton zu nutzen und nicht zu exportieren. Kurze Wege und eine gute Infrastruktur sind dabei die wichtigsten Kriterien.

Gibt es kantonale Projekte bezüglich grüner Energie der kurzen Wege für Gemeinden? Kurze Wege machen sowohl aus ökologischer als auch ökonomischer Sicht Sinn. Die Initiative

für Holzheizkraftwerke muss jedoch von den Gemeinden ausgehen, welche die Situation vor Ort am besten kennen. So hat beispielsweise die Gemeinde Ilanz/Glion vor zehn Jahren ein Heizkraftwerk initiiert, welches Altholz aus der Region verbraucht. Bei den eigenen Bauten ist der Kanton bestrebt, immer wieder Pionierarbeit zu leisten und bei den Qualitätsstandards betreffend Nachhaltigkeit gar über die bestehenden Labels hinauszugehen. So soll vermehrt auch der Ansatz der Kreislaufwirtschaft und Kreislauffähigkeit Eingang in die Konzeption der Bauten finden. Dazu gehört auch der Einbezug von Holz, das als nachwachsender Bau- und Energiestoff eine wertvolle Materie ist.

«Im Kanton Graubünden steht eine nachhaltige Waldpflege im Vordergrund.»
Carmelia Maissen, Regierungsrätin

Was wird favorisiert? Grossfirmen im Tal wie die AXPO oder dezentrale Fernwärmeverbünde?

Beide Optionen leisten ihren Beitrag und machen je nach örtlichen Verhältnissen Sinn.

Gibt es konkrete kantonale Unterstützung?

Auf der Grundlage des Bündner Energiegesetzes kann der Kanton Beiträge an den Aufbau von Wärmeverbünden leisten.

Wie sieht es bezüglich Informationen in den Gemeinden aus?

Die Gemeinden sind gut informiert und wissen, wo sie sich Informationen beschaffen können.

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Viele Gemeinden haben Labels wie «Energiestadt» oder «Energieregion» und erhalten über diese standardisierten Programme Inputs und Anregungen. Im Frühling hat der Kanton zusammen mit der Graubündner Kantonalbank eine Roadshow für Liegenschaftsbesitzer zum Thema «Energetische Sanierung» durchgeführt. Zudem planen wir, die Resultate der Energieholzpotenzialstudie den Gemeinden zur Verfügung zu stellen.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen AWN, ANU, AEV und AFG bei diesem Thema?

Über den «Aktionsplan Green Deal» ist die Zusammenarbeit der betroffenen Amtsstellen seit Jahren etabliert. Das Thema Nachhaltigkeit ist darin eingebettet, die Frage der Verwendung von Holz als Energieträger ist derart vielschichtig, dass nur das Zusammentragen von Wissen aus verschiedenen Stellen zum Erfolg führt.

Ist ein zusätzlicher Anreiz für die Waldpflege angedacht? Beispielsweise mehr Beiträge für den Wald?

Die Beiträge an die Waldpflege richten sich nach den aktuellen Beitragskategorien des Waldes. Es besteht derzeit kein Bedarf, diese Kategorien anzupassen. Das Holz ist ein Koppelprodukt insbesondere aus der Schutzwaldpflege, 75 Prozent der Waldeingriffe erfolgen mit Beiträgen für den Schutzwald.

Was sagen Sie zur Abfolge für Hackschnitzel: erst Gebüsch, danach Spielplatzboden und dann Substitut für andere Heizstoffe? Da fällt mir die sogenannte Holz-Kaskadennutzung ein. Eine solche gilt in der Ressourcenpolitik Holz 2030 des Bundesamts für Umwelt (BAFU) als wichtige Zielvorgabe. Damit kann eine effektivere Umsetzung der Ressourcen ermöglicht werden. In Graubünden, wie im Rest

der Schweiz, ist die Kaskadennutzung noch nicht genügend ausgeprägt. Die Idee, energieintensive Roh- und Baustoffe durch Holz zu ersetzen, das mehrere Male wiederverwendet werden kann, um am Ende der Kaskade energetisch genutzt zu werden, ist sicher im Sinne der Nachhaltigkeit.

Wie steht der Kanton zu Holzgas und Holzdiesel? Welche Meinung vertritt der Kanton bei Holzgas und Holzdiesel?

Diese Techniken sind grundsätzlich einsetzbar. Weil das Holzpotenzial und somit auch die möglichen Mengen beschränkt sind, sollten diese Technologien aber nur in Nischen angewendet werden.

Pflanzenkohle: Ein Exot oder ein Businessplan, der aufgeht?

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Carmelia Maissen. (Bild: Silke Schweizer)

Quelle

BR 820.200 – Energiegesetz des Kantons Graubünden (BEG)

Dieses Gesetz bezweckt

eine effiziente und nachhaltige Energienutzung; eine wirtschaftliche und umweltschonende Energieversorgung; die Substitution von fossilen Energieträgern; eine verstärkte Nutzung einheimischer und erneuerbarer Energien.

Ziele

Verbrauch fossiler Energien für die Beheizung von Gebäuden und die Aufbereitung von Warmwasser gegenüber dem Stand

im Jahr 2008:

– für Neubauten […] ab dem Jahr 2020 um 60 Prozent reduziert wird;

– für alle Wohnbauten […] bis zum Jahr 2020 um 10 Prozent reduziert und zusätzlich um 10 Prozent mit erneuerbaren Energien substituiert wird.

Gefördert werden

Neubauten mit Vorbildcharakter, Gebäudehülle, Haustechnik in bestehenden Bau-

Es gibt mittlerweile Bündner Firmen, die damit am Markt vertreten sind. Ob der Businessplan funktioniert, vermögen wir nicht zu beurteilen. In der Landwirtschaft ist Pflanzenkohle «in», wirtschaftlich rentiert sie wohl eher in der Kosmetik- und Arzneimittelindustrie.

Läuft die Verwendung von Energie aus Holz CO2-Projekten entgegen? Sie haben in Ihrer Rede an der GV von Graubünden Wald auch das Thema CO2-Projekte angesprochen. Die SELVA und Graubünden Holz sehen Holz-

ten, Nutzungsgradverbesserungen, Umrüstung elektrischer Heizungen, Pilot- und Demonstrationsanlagen, Photovoltaikanlagen für Winterstrom.

Der Beitragsrahmen beträgt 1000 Franken bis 200 000 Franken. Die Regierung legt die Einzelheiten fest.

Der Kanton kann im Interesse der nachhaltigen Energieversorgung und der effizienten Energienutzung im Rahmen der Finanzkompetenz gemäss Kantonsverfassung Grossanlagen von kantonaler oder regionaler Bedeutung für die Erzeugung, Umwandlung, Speicherung, den Transport und die Verteilung von Energie erwerben, erstellen oder betreiben. Er kann sich an solchen Anlagen auch beteiligen oder dafür Beiträge gewähren.

Ab Steuerperiode 2021 können bei der Kantonssteuer sämtliche Investitionen, die dem Energiesparen oder dem Umweltschutz dienen, unter den gleichen Voraussetzungen wie in der direkten Bundessteuer in Abzug gebracht werden. Weiter sind ab Steuerperiode 2021 die Rückbaukosten im Hinblick auf einen Ersatzneubau den Unterhaltskosten gleichgestellt und somit abzugsfähig.

verwendung im Vordergrund; das AWN äusserte sich ebenfalls in dieser Richtung. Im Kanton Graubünden steht eine nachhaltige Waldpflege im Vordergrund. Die Interessen am Wald sind vielfältig, dazu gehören auch die Ökosystemleistungen. Die grosse Herausforderung ist, ein Gleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Interessen zu finden. Grundsätzlich kann der Bündner Wald beide Interessen, jene der Waldökologie und der Waldnutzung, decken. Falls der Waldeigentümer die Nutzung zugunsten von Ökosystemleistungen

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reduzieren will, muss er aber auf einzuhaltende Vorratsrichtwerte achten. Grundsätzlich ist aber die Holznutzung mit Bindung von CO², wie beispielsweise im Konstruktionsholz, positiver zu beurteilen als die Vorratsanreicherung im Wald, da Letztere zu Waldinstabilitäten führt.

Ist es Ihrer Meinung nach sinnvoll, die guten Beispiele, die es im Kanton bereits gibt, anderen vorzustellen?

Sichtbarkeit für gute Beispiele zu schaffen, kann dazu beitragen, dass weitere gute Projekte entstehen. Hier kann auch die SELVA einen Beitrag leisten. Aus Sicht des Kantons ist beispielsweise das Holzschnitzelkraftwerk Thusis zu erwähnen. Dieses nutzt einheimisches Waldholz und schliesst somit einen wertvollen Kreislauf. Daneben sind viele weitere wertvolle Beiträge geleistet worden, um das Holz vor Ort zu verwenden.

Wäre im Kanton Graubünden auch der gezielte Anbau von Energiewäldern denkbar? Als Ersatz auf Flächen mit Eschensterben? Auf Rückegassen? Voranbau für Verjüngung? Um Verbuschung von Weideflächen aufzuhalten?

Im Gebirgs- und Tourismuskanton Graubünden haben der 120 00 0 Hektar grosse Schutzwald und die Landschaft einen hohen Stellenwert. Jede Nutzung von Flurholz sowie jede Verarbeitung steigert das Energieholzangebot. Harte Eingriffe in den Wald im Sinne von Kahlschlägen wären wohl wirtschaftlich, sind aber nicht nur rechtswidrig, sondern auch nicht nachhaltig. Viel diskutiert werden auch grossflächige Eingriffe in flacheren Laubwäldern, zum Beispiel in Auenwäldern. Auch hier kommen solche Eingriffe sowohl mit dem Waldgesetz, dem Kahlschlagverbot, als auch mit dem Naturschutz in Konflikt.

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Lehrabschlussfeier der Bündner und Liechtensteiner Forstwarte in Valendas

Mitte Juni traten 36 angehende Forstwarte aus dem Kanton Graubünden und dem Fürstentum Liechtenstein den letzten Teil ihrer Lehrabschlussprüfung in Vaduz und Schaan FL an. Die Prüfungen wurden vom Amt für Wald und Naturgefahren organisiert. Die traditionelle Lehrabschlussfeier, welche vom Verein Graubünden Wald organisiert wurde, fand am 30. Juni in Valendas statt.

Flurin Guidon

Am 30. Juni trafen sich in der Mehrzweckhalle in Valendas 33 frischgebackene Forstwarte, eine Forstwartin, ihre Angehörigen, Berufsbildner, Experten und Gäste, alles in allem rund 170 Personen, um den erfolgreichen Lehrabschluss zu feiern. Die Festredner Walter Krättli, Lukas Züst und Urban Maissen würdigten in ihrer Rede die Leistungen der 34 erfolgreichen Absolventen und gratulierten ihnen zur bestandenen Lehrabschlussprüfung. Die

feierliche Übergabe der eidgenössischen Fähigkeitszeugnisse mit der Prämierung der drei besten Lehrabschlüsse wurde von Flurin Guidon (AWN) angeleitet, wobei er tatkräftig von Frau Franziska Borter, Berufsinspektorin, Herr Urban Maissen, Kantonsförster, sowie Herr Walter Krättli, Präsident Graubünden Wald, unterstützt wurde. Als Lohn für die grossartigen Leistungen wurden die besten drei Lehrabschlüsse, mit einer der be-

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Die Abschlussklasse der Bündner und Liechtensteiner Forstwartlehrlinge. (Bilder: Flurin Guidon)

Verdankung bei der Abschlussfeier der Bündner und Liechtensteiner Forstwartlehrlinge.

gehrten Äxte ausgezeichnet. Flurin Guidon und Walter Krättli konnten diese Trophäen an Corsin Wehrli (Revierforstamt Celerina Bever), Bigna Campell (Forst Arosa) und Jann Boner (Forst und Werkbetrieb Cazis) übergeben. Bigna Campell und Jann Boner schlossen ihre Lehre mit der Bestnote von 5,5 ab. Corsin Wehrli konnte sich mit der Abschlussnote von 5,3 den zweiten Rang sichern. Für die Lernenden, welche ebenfalls auf dem zweiten und dritten Rang platziert waren, gab es ein kleines Präsent in Form eines Gutscheines. Diese Ehre wurde im zweiten Rang mit Note 5,3 an Franco Bärtschi, Brunner Forst AG, und Yannik Elsener, Revierforstamt Trimmis, sowie im dritten Rang mit Note 5,2 Sven Sax, Revierforstamt Sagogen-Laax, Men Noggler, Revierforstamt Scuol, Max Davatz, Zweckverband Falknis, Nico Flütsch, Florinett AG, Mauro Largiadèr, Revierforstamt S-chanf/Zuoz, Jörn Fritz, Grün- und Werkbetriebe Chur und Andrin Petschen, Revierforstamt Tujetsch zuteil. Insgesamt haben die Prüfung mit Erfolg absolviert: Martin Bodenmann, Forstbetrieb Madrisa, Marc Corsin,

Florin Revierforstamt Furna, Emanuele Rada, Thomann Forst AG, Dario Bundi, Revierforstamt Medel Lucmagn, Niclas Capaul, Forstamt Safiental, Lucas Kofler, Forstverwaltung Gamprin, Luzi Schoch, Revierforstamt Seewis, Michael Buchli, Forstunternehmung Kunfermann, Linus Buchli, Gemeindebetriebe Bonaduz Rhäzüns, Bryan Cortesi, Ufficio forsestale Poschiavo, Silas Emmenegger, Forstbetrieb Davos, Linus Frigg, Solèr Holz AG, Nico Kobler, Administraziun forestala Segl/Silvaplana, Silvan Lüscher, Uffizi forestal Val Müstair, Dennis Morell, Revierforstamt Madulain-La Punt Chamues-ch, Corrado Pünter, Forstbetrieb Samedan/Pontresina, Sandro Salis, Administraziun forestal Valsot, Fluri Schmid, First Arosa, Luca Simon Schnider, Uffici forestal Sumvitg, Lucas Seiler, Revierforstamt Breil/Brigels, Joel Söderberg, Forstunternehmung Kunfermann, Andri Sommerau, Revierforstamt Thusis-Masein, und Corsin Wäspi, Azienda forestale Bregaglia.

Flurin Guidon ist Förster beim Amt für Wald und Naturgefahren und für den Bereich Schulung zuständig.

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Waldbaden in Bonaduz

Stecker raus, abschalten und eintauchen in die Atmosphäre des Waldes und dabei Energie tanken für neue Taten … Seit kurzem bietet Bonaduz einen Gesundheitswald zur freien Benutzung und zum Waldbaden an.

Seit einigen Jahren spiele ich mit dem Gedanken, in Bonaduz einen Gesundheitswald einzurichten. Ich habe vor fünf Jahren an einem Kurs teilgenommen und das Waldbaden kennengelernt und übe es heute begleitet oder alleine aus. Vor allem während der Coronazeit war auffallend, wie viele Menschen sich plötzlich im Wald aufhielten, nach Ruhe suchten, den Kopf lüften wollten, und, und, und Klar, waren dannzumal die Reiseeinschränkungen sehr restriktiv, der Trend, sich im Wald aufzuhalten, achtsam zu sein, hat sich seither jedoch nicht mehr verändert.

Heute, fünf Jahre später, befinden wir uns im Wald in der Umgebung des Blockhauses in Bonaduz. Wir sind ohne Handy und ohne Kopfhörer unterwegs. Dafür mit Achtsamkeit. Wir spazieren bewusst und aufmerksam durch den Wald. Wir wollen das Tempo absichtlich verlangsamen. Es ist unglaublich, was man im Wald alles sieht, spürt und hört. Die Sinne sind voll aktiviert. Ein feiner Tannenduft steigt in die Nase. Fröhliches Vogelgezwitscher erfreut die Ohren. Die klaren Farben des Waldes stechen in die Augen. Das grüne Gras gleitet unter den Füssen. Frische Waldluft füllt die Lungen. Der Geist kann sich endlich mal erholen. Man kommt zur Ruhe. Schon nach einigen Minuten fühlt man sich viel gelassener. Man muss sich aber auf den Wald einlassen. Um das Herunterfahren im Wald zu fördern, wurde im Bonaduzer Wald ein Barfusspfad eingerichtet, einige Ruheliegen aufgestellt und ein Achtsamkeitspfad angelegt. Dazu später mehr. Das Waldbaden stammt ursprünglich aus Japan. Dort ist es unter dem Begriff «Shinrin Yoku» be-

kannt, welcher seit den 1980er-Jahren im Umlauf ist. Er bedeutet übersetzt so viel wie «Eintauchen in die Atmosphäre des Waldes». In Japan hat das Waldbaden eine lange Tradition. Es kann ärztlich verschrieben werden und wird sogar von den Krankenkassen anerkannt. Das Bonaduzer Waldbaden-Projekt dient der Allgemeinheit, dem generellen Wohlbefinden und der Gesundheit. Die Leute sollen sich im Gesundheitswald selbst spüren, achtsam sein und die Natur geniessen. Schliesslich wissen wir alle, dass uns der Alltagsstress rasch zu viel werden kann. Die mentale Gesundheit kann neben Job, Freizeit und sozialem Leben schnell untergehen.

Zurück in den Wald. Wir sind angekommen beim Barfusspfad. Schuhe und Socken werden abgezogen. Sechs verschiedene Untergründe warten auf die Füsse. Also, ab auf den Pfad! Vom Kies geht es über kleine Baumstämme, über kalte Steine, über Moos, Tannenzapfen und Holzschnitzel. Am Ende des Pfades sind die Fusssohlen aktiviert. Durchläuft man den Pfad fünf bis sechs Mal, kribbelt es richtig fest an den Füssen. Das Ganze ist quasi eine gratis Fussreflexzonenmassage. Entspannung und Aktivierung in einem.

Bislang waren wir aktiv, nun dürfen wir faul sein. Genau dafür sind die Ruheliegen da. Mitten im Wald unter freiem Himmel stehen solche. Man liegt bequem darauf. Die Augen werden geschlossen. Herunterfahren. Wer will, kann auch ein Nickerchen machen. Oder doch ungestört ein Buch lesen. Abgesehen vom feinen Vogelgezwitscher herrscht schliesslich pure Stille.

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Morgenstimmung im Bonaduzer Gesundheitswald. (Bilder: Dominik Mannhart)

Es wurde speziell darauf geachtet, dass am Wald nicht viel verändert wurde. Es wurden möglichst wenige bauliche und auch animierende Elemente gesetzt. Ich habe bewusst einen Mischwald für dieses Projekt ausgewählt. Die Stufigkeit und grosse Artenvielfalt passen perfekt. Auch toll ist, dass das Waldbaden sich in jeder Jahreszeit anders anfühlt. Strahlen die Bäume im Sommer in hellem Grün, tragen sie im Herbst schönes Goldrot. Dass die Umsetzung des Waldbadangebotes längere Zeit in Anspruch nahm, war der Tatsache geschuldet, dass ich mich immer wieder über die

Fünf Tipps fürs Waldbaden

– Schalten Sie Ihr Handy auf lautlos und gönnen Sie sich eine störungsfreie Auszeit.

– Nehmen Sie sich Zeit. Verlangsamen Sie bewusst Ihr Tempo. Wenn Sie das Bedürfnis haben, innezuhalten oder sich hinzusetzen, tun Sie es! Entdecken Sie auch die neuen Ruheliegen.

– Lenken Sie den Fokus gezielt auf den gegenwärtigen Moment. Das funktioniert besonders gut, indem Sie Ihre Sinne aktivieren. Was hören Sie? Wie riechen die frischen Blätter? Wie fühlen sich die verschiedenen Materialien an, wenn Sie barfuss darüber laufen?

– Gehen Sie Ihren Impulsen nach. Nehmen Sie wahr, staunen Sie, geniessen Sie! So finden Sie wieder eine innere Balance, kommen zur Ruhe und tanken frische Energie.

– Denken Sie auch daran, sich zu schützen. Nehmen Sie genügend Kleidung und Verpflegung mit, tragen Sie vorab Zeckenspray auf und beobachten Sie Wetterwarnungen.

zu generierende Wertschöpfung für den Waldeigentümer bzw. den Forstbetrieb (hinter)fragte. Was bedeutet das für den Waldeigentümer und Forstbetrieb, welche die trendige Waldbadi täglich pflegen und geöffnet halten – ohne Eintritt zu verlangen? Wir dürfen stolz sein auf die Gesundheitswirkung des Waldes, eine grossartige Nichtholz-Waldleistung. Aber sonst? Es gilt das freie Betretungsrecht, und wer waldbadet, unterscheidet sich nicht von Spaziergängern, Bikern oder Pilzsammlern … Im Gegenteil: Waldbadende verhalten sich nach dem Motto «achtsam und

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Ruheliegen ermöglichen dem Geist und Körper eine erholsame Auszeit.

Wirkungen des Waldes auf den Menschen, die in Studien nachgewiesen wurden:

– Normalisierung des Blutdruckes

– Regulation der Pulsfrequenz

– Senkung von Stresshormonen wie zum Beispiel Cortisol

– Steigerung des Wohlbefindens

– Wirkt stimmungsaufhellend und reduziert Ängste – Verbesserte Konzentration

– Verbesserung der Schlafqualität

– Gestärktes Immunsystem

– Mehr Energie und erhöhtes Selbstvertrauen

langsam» und verursachen weniger Störungen als manch andere Waldbesucher.

Im Bonaduzer Projekt kann der Gesundheitswald dem Waldeigentümer und Forstbetrieb Chancen bieten. So werden beispielsweise mit den neu geschaffenen Angeboten einer ausgebildeten und zertifizierten Waldbaden-Kursleiterin Basisangebote für Einzelpersonen, Gruppen oder als Waldbaden-Teamevents für Firmenmitarbeitende angeboten.

Die Integration des Blockhauses ist dabei zentral. Die ohnehin schon sehr gute Auslastung kann noch gesteigert werden, vor allem tagsüber. Zudem hat man die Möglichkeit, nur den Unterstand mit den sanitären Einrichtungen mit zu buchen. Und schliesslich könnte sich der Förster kurzerhand als «Waldbademeister» zur Verfügung stellen, indem er sich an entsprechenden Angeboten selbst beteiligt und faszinierendes Waldwissen ergänzend vermittelt.

Eine Auszeit im Wald wirkt sich positiv auf Geist, Seele und Körper aus. In Bonaduz wartet der neue Gesundheitswald auf überlastete Köpfe, die nach einem Besuch hoffentlich wieder regeneriert sind.

Einstieg in den Barfusspfad.

Mehr Informationen unter www.crestault.ch/forst/ erholung-freizeit-im-wald/ www.waldliachtig.ch

Dominik Mannhart ist Förster und Bereichsleiter Forst der Gemeindebetriebe Bonaduz Rhäzüns.

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Sie wollen auch dabei sein? Gerne!

Die Zeitschrift «Bündner Wald» befasst sich mit dem weiten Fächer forstlicher Themen. Dazu gehören nicht nur der Wald oder das Holz, sondern ebenso die Landschaft, die Erschliessung und die Holzernte, der Lawinenverbau, die Gefahrenzonen, das Forstrecht und vieles mehr

Der «Bündner Wald» erscheint sechsmal jährlich, wobei jede Nummer ein Sachgebiet besonders unter die Lupe nimmt. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er:

– sich im Wesentlichen auf Graubünden beschränkt – sich im Besonderen auf den Gebirgswald

– ausrichtet

– praxisorientiert ist

Deshalb setzt sich sein Leserkreis vor allem aus Naturfreunden, Forstleuten, Gemeinden, Firmen, aber auch aus Wissenschaftlern zusammen. Trägerschaft der Zeitschrift ist der Verein Graubünden Wald, die SELVA sowie das Amt für Wald und Naturgefahren.

Werden Sie Mitglied des Vereins Graubünden Wald und abonnieren Sie den «Bündner Wald» (das Abonnement der Zeitschrift ist im Jahresbeitrag inbegriffen):

 Einzelmitglied (Jahresbeitrag 60 Franken)

 Kollektivmitglied (Jahresbeitrag 150 Franken) (zum Beispiel Gemeinden, Firmen usw.)

Vorname Name Strasse

PLZ/Wohnort

E-Mail Beruf

Kreuzen Sie das gewünschte Feld an und senden Sie diese Anmeldung an: Graubünden Wald

Amt für Wald und Naturgefahren

Postfach 26

7450 Tiefencastel

mutationen@graubuendenwald.ch

Falls Sie nur den «Bündner Wald» abonnieren und auf die Mitgliedschaft im Verein Graubünden Wald verzichten möchten, so melden Sie sich bitte hier an:

 Abonnement «Bündner Wald» Jahresabo 65 Franken (+ Porto für Auslandversand)

Vorname Name Strasse

PLZ/Wohnort

Nur Abonnement: Somedia Production

Sommeraustrasse 32

Postfach 491, CH-7007 Chur

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In den Himmel wachsen – Bäume im Engadin und im Münstertal

Das Buch von Claudia Wartmann ist ein ungewöhnlicher Naturführer, der die Welt der Bäume neu entdecken lässt.

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Das neue Buch von Claudia Wartmann beinhaltet eine ganzheitliche Darstellung der dreizehn im Engadin und im Münstertal vorkommenden Baumarten: eine Kombination aus Biologie und Kultur, aus Information und Literatur, aus Bestimmungshilfe und Volkskunde. Man findet romanische Gedichte und Textstellen von Peider Lansel, Cla Biert, Jachen Luzzi, Göri Klainguti, Tina Planta-Vital und anderen. Über 300 stimmungsvolle Fotos zeigen die Bäume in ihren faszinierenden Facetten. Rund 50 Zeichnungen aus dem Unterrichtswerk «Nossas plauntas e bes-chas» von Steivan Brunies offenbaren einen Einblick in spannende biologische Details.

Das Buch ist 2023 im Verlag Wartmann Natürlich erschienen (ISBN 978-3-9524346-6-6), die Texte sind in Deutsch und Rätoromanisch (Vallader, Puter) geschrieben, es kostet ca. 38 Franken. Bestellt werden kann es unter www.wartmann-natuerlich.ch.

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LAUDIA ARTMANN ATÜRLICH
im Engadin und im Münstertal vorkommenden Baumarten: eine Kombination aus Biologie und Kultur, aus Information und Literatur, aus Bestimmungshilfe und Volkskunde.
ganzheitliche Darstellung der dreizehn
Über 300 stimmungsvolle Fotos zeigen die Bäume in ihren faszinierenden Facetten. Liebevolle Zeichnungen aus dem Unterrichtswerk «Nossas plauntas e bes-chas» von Steivan Brunies offenbaren einen Einblick in spannende biologische Details.
ungewöhnlicher Naturführer, der die Welt der Bäume neu entdecken lässt.
den Himmel
Mit romanischen Gedichten und Textstellen von Peider Lansel, Cla Biert, Jachen Luzzi, Göri Klainguti, Tina Planta-Vital und anderen.
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Vorschau «Bündner Wald»

Dezember 2023

Vorschau auf die nächsten Nummern:

Februar 2023: Die Fichte

Redaktion: Susi Schildknecht

Redaktionsschluss: 13. Dezember 2023

April 2023: Versammlung Graubünden Wald

Redaktion: Laura Brunner

Redaktionsschluss: 12. Februar 2024

Waldplanung

Notizblock für die Begehung des Bestandes war gestern, die heutigen Waldplanungs-Tools sind digital, miteinander vernetzt, verlinkt mit Luftbildern, Karten und bestehenden Plänen.

Effiziente Methoden, die mit neuen Technologien Schritt halten und Entwicklungen rascher aufzeigen sind das eine, eine sorgfältige Inventur im Wald und der Erfahrungsaustausch das andere. Förster, Ingenieure, Wissenschafter und zunehmend auch Experten aus neueren Bereichen arbeiten zusammen, damit alle «Rädchen» möglichst exakt ineinandergreifen können.

Im kommenden Heft blickt der «Bündner Wald» zurück auf die Geschichte der forstlichen Planung in Graubünden und zeigt Neuheiten und Entwicklungen auf.

Redaktion: Susi Schildknecht

Herausgegeben von Graubünden Wald und der SELVA

Verlag: © Somedia Production AG, CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart, Telefon + 41 (0) 81 300 22 44, buendnerwald @ selva-gr.ch Redaktoren: Redaktion: Susi Schildknecht, susi.schildknecht@bluewin.ch, Laura Brunner, redaktion@buendnerwald.ch. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern. Herstellung: Viaduct AG, 7000 Chur. Erscheint sechsmal jährlich.

Auflage: 1400 Exemplare Inserate: Somedia Promotion AG, Telefon + 41 (0) 81 650 00 70, thusis @ somedia.ch

Abonnementspreise: CHF 60.– ( inkl. MwSt. für Mitglieder Verein Graubünden Wald)

Abonnemente/Adressänderungen: Telefon 0844 226 226, abo @ somedia.ch, www.buendnerwald.ch Für Inseratetexte übernimmt die Redaktion keine Verantwortung, auch muss die Meinung der Beiträge nicht mit der Ansicht der Redaktion übereinstimmen. Schreibende, die zu oben stehenden Themen publizieren möchten, sind herzlich eingeladen, ihre Vorschläge der Redaktion einzureichen.

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TEMPORÄREN SCHUTZ

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Unsere mobilen Strassenzäune schützen Menschen und Infrastruktur auf Baustellen, bei vorübergehenden Strassensperrungen und bei anderen temporären Sicherungsmassnahmen.

Weitere Informationen:

www.geobrugg.com/strassenzaeune

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