Bündnerwald Juni 24

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Bündner Wald

Wald und Wild | AWN-Ausgabe

Jahrgang 77 | Juni 2024


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34 Inhalt Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Strategie Wald-Wild und die Beurteilung Wildeinfluss im Kanton Graubünden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Die Beurteilung Wildeinfluss – ein Vergleich zweier Waldregionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Wald-Wild-Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Wald-Wild – ein Dauerthema in der Jagdplanung . . . . . . . . 24 Bündner Erfolg in Schaan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Wald- und Jagdverantwortliche zum Thema . . . . . . . . . . 28 Erfolgsfaktoren im Spannungsfeld Wald und Wildtiere im Toggenburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Reaktion der Bäume nach Endtriebverbiss . . . . . . . . . . . 40 Künstliche Waldverjüngung im Klimawandel: Erste Erkenntnisse aus dem Projekt Testpflanzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Wildschutzzäune im Forstrevier Albula – eine kostspielige Notlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Umfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Leserbrief: Jagdschein als Teil der Försterausbildung . . . . . . . 62 Vorschau «Bündner Wald» August 2024 . . . . . . . . . . . . 63

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Titelbild: Wildschutzzaun. (Bild: Jürg Hassler, AWN)

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In Wildschutzgebieten kann sich das Schalenwild der Bejagung entziehen. Durch die hohe Dichte des Wildes auf engem Raum kann dies zum Verlust der Naturverjüngung führen. Gerade in Wäldern mit einer sensiblen Verjüngungsökologie kann das besonders gravierende Folgen haben. Es leidet der Lebensraum Wald im Allgemeinen, aber auch die Nachhaltigkeit des Waldes ist nicht mehr gegeben. Die Waldfunktionen sind dabei infrage gestellt. Allgemeines Wildschutzgebiet, 1258, «Valaulta» in der Gemeinde Domat/Ems.

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(Bild: Jürg Hassler, AWN)


Editorial Die Hirschbestände waren schon im Zweiten Weltkrieg ein Thema für die Bündner Regierung. Der bundesrätlich angeordnete Mehranbau von Lebensmitteln im offenen Ackerland für die Landesversorgung stellte ein gefundenes Fressen für die Wildtiere dar. Umso mehr als dass im ersten Kriegsherbst 1939 die traditionelle Hochjagd in Graubünden verboten wurde. Der Grossteil der im Militärdienst stehenden Jäger hätte sich an der Jagd nicht beteiligen können und dies begründeterweise als Benachteiligung empfunden. Die Kantonsregierung beschloss daher die generelle Aussetzung der Jagd für das Jahr 1939. Dies führte jedoch zu vermehrten Wildverbissschäden, sodass Regierungsrat Luigi Albrecht versprach, es werde im kommenden Jahr «beim Wild stark durchgegriffen». Tatsächlich wurde vor der regulären Hochjagd im September 1940 in einigen Bündner Kreisen eine Extrajagd auf Hirschwild angesetzt, dies vor allem in Mittelbünden, in der Surselva, im Prättigau und im Bergell. Bereits im Mai war eine dreiwöchige Hirschjagd in Ackerbaugebieten mit starken Wildverbissschäden durchgeführt worden (Auszug aus dem Buch «Graubünden und der Zweite Weltkrieg» von Christian Ruch, 2023). Nun, wir sind nicht im Krieg. Anlass zu Sorgen und Grabenkämpfen gibt das Wild aber trotzdem, viel Passion ist spürbar. Die Inhalte der vorliegenden Ausgabe zur Wald-und-Wild-Thematik sind sorgfältig ausgewählt worden, es gilt, kein Öl ins Feuer zu schütten, aber auch nicht unhaltbare Versprechen zu äussern oder irreführendes Wunschdenken zu fördern. Die Auslegeordnung zum Thema umfasst eine Beurteilung des Wildeinflusses in unseren Wäldern, zusammen mit Erläuterungen der bestehenden Methoden, Entwicklungen sowie dem Stand der Umsetzung der Strategie Lebensraum Wald-Wild 21. Dazu schaut man in verschiedene Regionen und über die Kantonsgrenze hinaus und beleuchtet die dort getroffenen Massnahmen. Das Amt für Jagd und Fischerei äussert sich zu den Schalenwildbeständen und Sonderjagden. Graubündens Wald-

und Jagdverantwortliche nehmen Stellung zu den drängendsten Fragen. Und in persönlichen Einschätzungen legen verschiedene Akteurinnen und Akteure aus den Bereichen Wald und Jagd dar, wo sie Entspannung orten und wo nicht. Einig ist man sich auf allen Ebenen darin, dass die Zeit drängt. Der Klimawandel beschleunigt die Prozesse in der Natur, nicht immer aber das Wachstum allenfalls zukunftsfähiger Baumarten. Ebenso klar ist allen, dass die Herausforderungen nur mit vereinten Kräften von Politik, Behörden, Wissenschaftlern, Waldbesitzenden, Jägerschaft und dem Forstpersonal an der Front zu meistern sind. Redaktorin Susi Schildknecht

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Strategie Wald-Wild und die Beurteilung Wildeinfluss im Kanton Graubünden Im Kanton Graubünden wird alle zwei Jahre eine flächendeckende Beurteilung des Wildeinflusses vorgenommen. Mit der standardisierten Methode ist heute eine Übersicht zum aktuellen Wildeinfluss möglich, welche direkt für die jährliche Jagdplanung berücksichtigt werden kann. Zusätzlich dient die flächendeckende Beurteilung als Grundlage für die Identifizierung und Ausscheidung von Problemflächen in den regionalen Wald-Wild-Berichten. Dr. Marco Vanoni

Die Wald-Wild-Thematik ist seit Jahrzehnten ein Dauerbrenner. Dabei besteht für den Forstdienst eine der grössten Herausforderungen darin, über objektive, fundierte und nachvollziehbare Informationen zu verfügen, damit die tatsächliche Situation des Wildeinflusses erhoben und dargestellt werden kann. Das Amt für Wald und Naturgefahren hat deshalb vor rund zehn Jahren beschlossen, eine gutachtliche Methode zur flächendeckenden Beurteilung des Wildeinflusses zu entwickeln und einzuführen. Gleichzeitig konnten die strategischen Grundsätze im Umgang mit der Wald-­ Wild-Thematik im Rahmen der Revision des Wald­ entwicklungsplans (WEP2018+) angepasst und wo nötig weiterentwickelt werden, so dass das heutige System in Graubünden seit Inkrafttreten des WEP2018+ am 1. Januar 2019 über eine aktuelle recht­liche Grundlage verfügt. Im WEP-Objektblatt Wald-Wild-Jagd sind die Grundsätze und Strategien festgehalten, nach welchen der Einfluss des Schalenwilds auf die Waldverjüngung erhoben und interpretiert wird. Neben der strategischen Leitlinie im Waldentwicklungsplan hat die Regierung des Kantons Graubünden die Strategie Lebensraum Wald-Wild im August 2021 verabschiedet. In dieser Strategie wird bekräftigt und festgehalten, dass sich der Kanton der Schwierigkeiten und Problemsituation bei der

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Waldverjüngung bewusst ist und ein integraler Lösungsansatz nötig ist. Neben fünf Oberzielen wurden zehn Ziele mit insgesamt 40 Massnahmen erarbeitet, welche die Situation der Waldverjüngung aufgrund des Wildeinflusses in einem Zeithorizont von 15 Jahren massgeblich verbessern sollen. Wichtigste Zielsetzungen sind, dass die waldbaulichen Massnahmen und Eingriffe weitergeführt werden, eine nachhaltige Reduktion der Wildbestände erreicht wird und eine Beruhigung des Wild-Lebensraums mitentscheidend ist. Erhebungsmethoden Für eine flächendeckende Beurteilung des Wildeinflusses sind aktuelle Informationen nötig, welche in Graubünden heute vorwiegend aus drei unterschiedlichen Jungwald-Erhebungsmethoden stammen, die alle ihre spezifischen Vor- und Nachteile aufweisen und sich gegenseitig ergänzen. Diese Erhebungen werden Teilprogramm 1, 2 und 5 genannt und werden teilweise seit über 30 Jahren in unveränderter Form durchgeführt (Abb. 1). Zwei weitere frühere Erhebungsmethoden (Teilprogramme 3 und 4) werden heute nicht mehr durchgeführt. Teilprogramm 1: Der Jungwald wird in ausgewählten Untersuchungsflächen mit 25 fixen Stichprobenpunkten auf einer Fläche von bis zu 25 ha aufgenommen. Die Auswahl der Flächen erfolgt durch


Abb. 1: Darstellung einiger Resultate der Teilprogramme 1 und 2; die Farben entsprechen unterschiedlichen Bewertungskategorien.

die zuständigen regionalen Wald-Wild-Spezialisten in Rücksprache mit den Regionalforstingenieuren und den Revierförstern. Zwischen den Erhebungen am gleichen Ort liegen meist mehrere Jahre, damit die oftmals langsame Entwicklung der Verjüngung dank Wiederholaufnahmen ermittelt werden kann. Die Aufnahmen werden durch beauftrage Forstingenieur-Büros erhoben und anschliessend durch das AWN ausgewertet und beurteilt. Für die Interpretation werden die standort-spezifischen Anforderungen (z. B. Baumartenzusammensetzung) berücksichtigt. Aktuell werden jährlich meist zwischen 30 und 40 Untersuchungsflächen aufgenommen. Teilprogramm 2: An ausgewählten Standorten erfolgt die gutachtliche Aufnahme ohne fixe Stich­ probenpunkte durch die regionalen Wald-Wild-­ Spezialisten, Regionalforstingenieure, Revierförster und oft in Begleitung der lokal zuständigen Wildhut. Pro Erhebungsfläche werden an mindestens drei Stichprobenpunkten die Verjüngungsgunst des Standortes, die waldbaulichen Rahmenbedingun-

(Kartendaten: LK © Bundesamt für Landestopografie)

gen und die Verbissintensität erhoben. Die Aufnahmen werden nach Bedarf geplant und angelegt. Im Schnitt werden so aktuell jährlich 10 bis 20 Flächen erhoben. Teilprogramm 5: Kontrollzäune und direkt benachbarte ungezäunte Vergleichsflächen haben meist eine Aufnahmefläche von 5 x 5 m. Als Standorte werden potentiell verjüngungsgünstige Stellen ausgesucht. Die Auswahl erfolgt durch den örtlichen Forstdienst, oft in Zusammenarbeit mit der Wildhut und den Standortspezialisten. Kontrollzäune zeigen das örtliche natürliche Potential der Ansamungsbedingungen der Baumarten unter Ausschluss des Schalenwilds. Zusätzlich bieten Kontrollzäune und Vergleichsflächen die Möglichkeit, Erkenntnisse zu waldbaulichen Fragestellungen zu gewinnen, beispielsweise zu Austrocknung, Vergrasung oder der Reaktion auf Bodenschürfungen zur Verbesserung der Ansamungsbedingungen. Aktuell sind weit über 100 Kontrollzäune in Betrieb, in welchen die Verjüngung periodisch erhoben wird.

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Abb. 2: Überlagerte Darstellung der Resultate aus den Teilprogrammen mit der Beurteilung Wildeinfluss, inklusive Angabe der für die Bewertung entscheidenden Baumarten.

(Kartendaten: LK © Bundesamt für Landestopografie)

Beurteilung Wildeinfluss Die Resultate dieser drei Teilprogramme sind zwar wertvoll, lassen sich aber nicht ohne Weiteres auf grössere Gebiete wie ganze Täler oder Forstreviere übertragen. Weil die Absicht war, auch für grös­ sere Flächen den aktuellen Wildeinfluss auf die Waldverjüngung zu kennen, wurde zusätzlich zu den Teilprogrammen die Methode zur Beurteilung Wildeinfluss entwickelt und ab 2017 schrittweise eingeführt (Abb. 2). Seit 2022 wird die Beurteilung alle zwei Jahre im Winter/Frühjahr durchgeführt. Verantwortlich sind die zuständigen Revierförster und Regionalforstingenieure, eng begleitet von den fünf regionalen Wald-Wild-Spezialisten des AWN. In einem ersten Schritt wurden für die ganze Waldfläche grossräumige Beurteilungsflächen aus­ geschieden, die einen ähnlichen Waldzustand mit möglichst gleichmässiger Baumartenzusammen­ setzung aufweisen. Weil sich die Beurteilungsflä­ chen innerhalb einer bestimmten Höhenstufe be­ finden müssen, lassen sich davon die Ansprüche an

die Baumartenzusammensetzung ableiten, welche an die Anforderungsprofile von NaiS (Nachhal­ tigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald) an­ gelehnt sind. Die rund 3000 beurteilten Flächen im Jahr 2024 weisen heute im Durchschnitt eine Grösse von ungefähr 70 ha auf und können bei Bedarf vor der nächsten Beurteilung angepasst werden. Bei fehlenden Informationen, in bewei­ deten Flächen sowie in Naturwaldreservaten wird der Wildeinfluss nicht beurteilt (grau eingefärbt). Für die Beurteilung des Wildeinflusses werden in­ nerhalb einer Beurteilungsfläche alle Haupt- und Nebenbaumarten individuell begutachtet, ob die­ se in der Naturverjüngung in genügender Anzahl vorhanden sind. Fehlen die Jungbäume einer be­ stimmten Baumart, sind die Ursachen abzuklären. Hier werden nun neben Erfahrungswerten der Bewirtschafter die Resultate der Teilprogramme verwendet, um den Einfluss des Schalenwilds auf fehlende Verjüngung anzugeben. Wenn andere waldbauliche Faktoren entscheidend sind (z. B.

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Abb. 3: Beurteilung Wildeinfluss 2024 in den Hirsch-/Rehregionen. Zusätzlich abgebildet sind als schwarze Balken die Problemflächenanteile an der Gesamtwaldfläche für alle Hirsch-/Rehregionen. Diese Anteile stammen aus den revidierten Wald-Wild-Berichten (Surselva, Herrschaft/Prättigau, Rheintal/Schanfigg-Domleschg/Heinzenberg-Safien, Hinterrhein-Moesano) respektive aus den bisherigen Wald-Wild-Berichten.

schlechte Lichtbedingungen oder hohe Vegetationskonkurrenz), wird die Baumart in der Farbe grün klassiert. Befindet sich auf einer Fläche zu wenig Verjüngung und neben waldbaulichen Faktoren spielt das Schalenwild eine bestimmte Rolle (z. B. durch eine geringe Verbissintensität), wird die entsprechende Baumart innerhalb dieser Beurteilungsfläche gelb oder orange eingefärbt. Lässt sich die fehlende Verjüngung vorwiegend durch die Anwesenheit von Schalenwild erklären (z. B. durch übermässigen und wiederholten Verbiss), so werden Nebenbaumarten orange eingefärbt, Hauptbaumarten rot oder dunkelrot. Dabei wird unterschieden, ob es sich um verbissempfindliche Baumarten (z. B. Weisstanne = rot) oder verbissunempfindliche Baumarten handelt (z. B. Fichte = dunkelrot). Der Grund liegt darin, dass verbissun-

(Grafik: AWN 2024)

empfindliche beim Schalenwild grundsätzlich eher unbeliebt sind und ein hoher Verbiss an solchen Baumarten einen klaren Hinweis auf einen übermässig grossen Wildeinfluss darstellt. Die Endbeurteilung der Beurteilungsflächen, wie sie auf der interaktiven Karte dargestellt ist und auch im Artikel «Die Beurteilung Wildeinfluss – ein Vergleich zweier Waldregionen» ausgewertet wird (siehe Artikel Madlaina Gremlich und Roger Pertschy, S. 12), entspricht der höchsten Beurteilungskategorie der beurteilten Baumarten. Dabei können auch mehrere Baumarten die gleiche Beurteilung aufweisen, was in der interaktiven Karte mittels Einblendung der entscheidenden Baumarten (als Abkürzungen) sichtbar ist. Wichtig zu erwähnen ist, dass die Karte somit nicht die tatsächliche Verjüngungssituation abbildet. Sie zeigt auf, ob bei fehlender Verjün-

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gung das Schalenwild einen Einfluss darauf hat. So können auch grüne Flächen zu wenig Verjüngung aufweisen, dann spielen jedoch andere Faktoren eine entscheidende Rolle. Die Resultate werden jährlich aufbereitet, mit regionalen Erläuterungen ergänzt und seit 2021 auf der Homepage des AWN aufgeschaltet (Abb. 3). Die Resultate dienen nicht nur zur Information der Waldeigentümer und der Öffentlichkeit über die aktuelle Situation des Wildeinflusses im Wald, sondern werden auch bei der Jagdplanung als Grundlage berücksichtigt (siehe Artikel Lukas Walser S. 24). Weiter bilden die beurteilten Flächen die eigentliche Basis für die Ausscheidung von Problem- und Handlungsflächen in den Wald-Wild-Berichten (siehe Artikel Damian Cadotsch, S. 18), für welche die Beurteilungsflächen in Bezug auf die zugewiesenen Waldfunktionen aus dem WEP2018+ ausgewertet werden. Weiterentwicklung Nach bereits erfolgten kleineren Anpassungen in der Darstellung oder der Auswahlmöglichkeit von Nebenbaumarten stellt sich aufgrund des fortschreitenden Klimawandels heute eine grössere Herausforderung in der Anpassung der Methodik. Die Veränderung der Baumartenzusammensetzung aufgrund der sich ändernden Standortbedingungen (v. a. Temperatur und Niederschlag) kann im aktuellen System nämlich nur ungenügend berücksichtigt werden. In der waldbaulichen Tätigkeit etabliert sich schrittweise ein Fokus auf klimafitte Baumarten. So steht heute bei der Begünstigung von vorhandener Naturverjüngung oder bei Pflanzungen meist nicht mehr die Baumartenzusammensetzung der bisherigen Anforderungsprofile und Höhenstufen im Vordergrund, sondern der erwartete Entwicklungspfad und die Dominanz von Baumarten, welche momentan noch eine untergeordnete Rolle spielen. Zu diesem Zweck wird im laufenden Jahr in ausgewählten Forstrevieren eine Beurteilung von klimafitten Baumarten als Pilotver-

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such durchgeführt. Für sämtliche Beurteilungsflächen sind dank des von BAFU und AWN durchgeführten Projekts Sensitive Standorte (2017–2020) heute Informationen verfügbar, in welche Richtung sich die Waldstandorte verschieben dürften und welche Baumarten unter diesen Annahmen die besten Wuchsbedingungen vorfinden werden. Aus dieser Liste an Baumarten sollen zukünftig die Baumarten gewählt werden können, welche sich heute bereits durch Naturverjüngung auf der Fläche befinden und somit beurteilt werden können. Die Methode lehnt sich dabei an die Empfehlung, welche durch die Arbeitsgruppe Wald und Wildtiere des Schweizerischen Forstvereins erarbeitet und im vergangenen Jahr in der Schweizerischen Zeitschrift für Forstwesen publiziert wurde (Gutachtliche Beurteilung des Wildeinflusses auf die Waldverjüngung unter Einbezug des Klimawandels; Zürcher-Gasser et al., 2023). Durch diese Anpassung der Methodik können zukünftig auch die Baumarten beurteilt werden, welche in 50–80 Jahren für die Stabilität der Wälder entscheidend sein werden, und nicht nur die aktuell wichtigen Baumarten. Literaturhinweis Weitere Hintergrund-Informationen, die jährlichen Berichte «Situation Schäden durch Schalenwild am Wald», der Link auf die interaktive Karte Wald-Wild, Erklärungen zu den Kategorien mit den Konsequenzen und Fallbeispiele zur monetären Bewertung des Wildeinflusses (Seite Wildeinfluss und Wildschaden) sowie alle Unterlagen der Wald-Wild-Berichte ­(Seite Wald-Wild-Berichte) sind auf der Homepage des Amts für Wald und Naturgefahren abrufbar:­ www.wald-naturgefahren.gr.ch ➞ Wald ➞ Wald­ öko­logie ➞ Wald und Wild oder direkt über das Icon Wald-Wild auf der Startseite. Dr. Marco Vanoni leitet im Amt für Wald und Naturgefahren seit 2016 den Bereich Schutzwald & Waldökologie und steht in der Wald-Wild-Thematik im ständigen Austausch mit den wichtigsten Akteuren.


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Die Beurteilung Wildeinfluss – ein Vergleich zweier Waldregionen Manch eine Person aus dem Forstbereich sieht beim Thema Wald-Wild rot. Es ist aber nicht so, dass sich die farbige Karte der zweijährlichen Beurteilung Wildeinfluss aus der Laune des Försters oder der Regionalforstingenieurin ergibt. Sondern sie widerspiegelt, ob und in welchem Masse das Schalenwild Einfluss hat auf die natürliche Verjüngung der Wälder. Welche Faktoren dabei mitentscheidend sind und wieso der Wildeinfluss in den verschiedenen Waldregionen deutlich unterschiedlich ist, soll nachfolgend erläutert werden. Madlaina Gremlich/Roger Pertschy

Seit 2017 wird im Kanton Graubünden der Wildeinfluss auf die Waldverjüngung flächendeckend beurteilt, mit Ausnahme von beispielsweise Gebüschwäldern oder beweideten Wäldern. Die Beurteilung geschieht in Beurteilungsflächen, innerhalb welcher ähnliche waldbauliche Voraussetzungen bezüglich Haupt-Höhenstufe und Waldstruktur vor­liegen, die Baumartenmischung im Altbestand in etwa gleich verteilt und der Wildeinfluss ähnlich ausgeprägt ist. Der Beurteilung zugrunde liegen die nach Höhenstufe bzw. Waldstandorten definierten Anforderungen an die Naturverjüngung gemäss der Wegleitung «Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald» (Frehner M. et al., 2005). Pro Beurteilungsfläche wird beurteilt, ob die geforderten Haupt- und Nebenbaumarten in genügender Anzahl in der Verjüngung vorkommen. In die Beurteilung fliessen die Ergebnisse verschiedener Wildschadenerhebungen (siehe Bericht von Marco Vanoni in diesem Heft) sowie ergänzende Beobachtungen der lokalen Revierförster und der RFI betreffend Verjüngungssituation mit ein. Sind die geforderten Baumarten nicht oder in zu geringer Anzahl vorhanden, werden die Gründe ermittelt und die Beteiligung des Wildes baum­artenspezifisch ausgewiesen. Entsprechend dem aus­ gewiesenen Wildeinfluss und den betroffenen Baumarten wird die Beurteilungsfläche mit einer Farbskala von grau (keine Beurteilung) über grün (kein/gering) bis dunkelrot (sehr gross) eingefärbt.

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Die Ergebnisse der aktuellen Beurteilung Wildeinfluss 2024 und die Erläuterungen zur Methode sind auf der Website des AWN abrufbar (AWN, 2024; QR-Code siehe Berichtende). Wer die kantonale Karte studiert, erkennt rasch grosse regionale Unterschiede im Ausmass des Wildeinflusses und stellt sich vielleicht unter anderem die folgenden Fragen: Gibt es in der Waldregion 2 deutlich mehr Wild, als zum Beispiel im Oberengadin, wo die Wildeinflusskarte deutlich mehr von grüner Farbe dominiert ist? Welchen Einfluss hat die Höhenlage der Regionen? Im vorliegenden Bericht werden die grössten Kontraste in der Beurteilung anhand des Vergleichs der Waldregion 2, Rheintal/Schanfigg und der Waldregion 5, Südbünden hergeleitet und erläutert. Ausgangslage Waldregion 2 Die Waldregion 2 Rheintal/Schanfigg liegt in den nördlichen Zwischenalpen, in der Übergangszone zwischen den ozeanischen Randalpen und den kontinentalen Zentralalpen. Die Buche ist hier noch vorhanden, befindet sich jedoch an der Grenze ihrer Verbreitung. In tiefen Lagen und an Südhängen gedeihen Eichen- und Föhrenwälder. In der Waldregion 2 kommen die ober- und hochmontanen Tannen-Buchen- und Tannen-Fichtenwälder beinahe durchgehend in einem mehr oder weniger breiten Streifen vor. An der oberen Waldgrenze stocken subalpine Fichtenwälder und vereinzelt Lärchen-Arven-, sowie Bergföhrenwälder (Frey, H.U. et al., 1998).


Abbildung 2 zeigt die Verbreitung der Haupt-Höhenstufen in der Waldregion 2. Der Laubwaldgürtel macht dabei rund ein Fünftel der Waldfläche aus. Darin sind Baumarten wie zum Beispiel Buche, Eiche, Ahorn oder Linde als wichtige Hauptbaumarten zu nennen. Die Tannen-Buchen- und Tannen-Fichtenwälder machen über die Hälfte der Waldfläche aus, entsprechend verbreitet kommt die Weisstanne als Hauptbaumart potenziell vor. Die restlichen rund 30 % verteilen sich auf die verbreitet vorkommenden subalpinen Fichtenwälder und die lokal auftretenden Lärchen-Arvenwälder sowie Waldföhren- und Bergföhrenwälder. Die Waldregion 2 bietet aufgrund ihrer Lage und Topographie über das gesamte Gebiet verteilt geeignete Sommer- und Wintereinstände für das Schalenwild. Im Winter kommt es in verschiedenen betroffenen Hirschregionen zu Wanderungen innerhalb selbiger und Zuzügen aus angrenzenden Regionen in das Churer Rheintal und das Schanfigg (AJF, 2022). Entsprechend wird der Lebensraum von hohen Wildtierbeständen genutzt und lokal teils intensiv beansprucht. Beurteilung Wildeinfluss Waldregion 2 Die Waldregion 2 hat seit Beginn der flächen­ deckenden Beurteilung des Wildeinflusses einen hohen Anteil an Beurteilungsflächen mit erhebli-

chem bis sehr grossem Wildeinfluss. Die Auswertung der Beurteilung 2024 zeigt ein differenziertes, aber deutliches Bild (Abb. 1). Auf nur 6 % der Fläche wird der Wildeinfluss gering bis mässig eingeschätzt. Auf 30 % der Fläche wird der Einfluss als erheblich und auf über 40 % der Waldfläche als gross bis sehr gross beurteilt. Bei grossem Wildeinfluss sind verbissempfindliche und beim Schalenwild beliebte Hauptbaumarten wie die Eiche, Tanne oder der Ahorn ausschlaggebend und in zu geringer Anzahl in der Verjüngung vorhanden. Bei sehr grossem Einfluss schaffen es gegen Verbiss als unempfindlich eingestufte Hauptbaumarten wie die Fichte, Buche oder Waldföhre wildbedingt nicht in genügender Anzahl aufzuwachsen. In Anbetracht der eingangs erwähnten Verbreitung und Bedeutung dieser Hauptbaumarten sowie der hohen Wildbeständen wird klar, weshalb die Beurteilung in der Waldregion 2 auf grosser Fläche einen grossen bis sehr grossen Wildeinfluss ausweist. Ausgangslage Waldregion 5 Die Waldregion 5, Südbünden, besteht aus fünf Subregionen, deren klimatischen und natürlichen Begebenheiten sich deutlich unterscheiden. Für den Vergleich des Wildeinflusses mit der Waldregion 2 wird aufgrund dieser Vielfalt hier der Fokus auf das den kontinentalen Hochalpen zugeordnete Ober-

Abb. 1: Vergleich der Beurteilungen Wildeinfluss 2024 der Waldregionen 2 und 5 in Prozent der Waldfläche.

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Abb. 2: Haupt-Höhenstufen und Beurteilung Wildeinfluss 2024 Waldregion 2 (AWN, 2001 und AWN, 2024).

und Unterengadin und das Münstertal gelegt (Frey H.U. et al, 1998 und 2004). Diese drei Subregionen bilden in Bezug auf den Wildeinfluss den grössten Kontrast zur Waldregion 2 (vergl. Abb. 2 und 3). Die Nationalparkflächen werden ausgeklammert. Das Bergell und das Puschlav liegen dagegen in den südlichen Zwischenalpen und südlichen Randalpen (Frey. H.U. et al, 2000). Sie sind bezüglich ihrer Höhenlage und den natürlichen Begebenheiten bis zu einem gewissen Mass der Waldregion 2 ähnlicher als den übrigen Subregionen der Waldregion 5. Das Engadin und das Münstertal sind durch die verbreitete hochmontane Stufe und ihre Fichtenwälder geprägt. Die Weisstanne kommt nur im untersten Teil des Unterengadins sporadisch vor und ist eine Reliktart. Mit je circa einem Drittelanteil an der gesamten Waldfläche dominieren die subalpinen Fich-

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tenwälder und die obersubalpinen Lärchen-Arvenwälder. Berg- und Waldföhrenwälder und sehr lokal buchenfreie Laubwälder sind anteilsmässig deutlich weniger stark vertreten. Fichte, Lärche, Arve und Föhre sind somit die häufigsten Hauptbaumarten. Die ausgedehnten, nur wenig von Infrastruktur geprägten Waldgebiete auf der orografisch rechten Talseite des Unterengadins und des Münstertals sind, auch in Kombination mit dem Schweizerischen Natio­nalpark, sehr gut geeignete Sommereinstände und in tieferen Höhenlagen auch Wintereinstände für das heimische Schalenwild. Intensiv genutzte Wintereinstände finden sich im gesamten Gebiet vor allem an den Südwest- bis Südost-exponierten Hängen des Haupttales. Die saisonalen Wanderungen der bedeutenden Hirschpopulation, welche sich während der Sommermonate im Nationalpark auf-


Abb. 3: Haupt-Höhenstufen und Beurteilung Wildeinfluss 2024 Waldregion 5 (AWN, 2001 und AWN, 2024).

hält, sind wichtig, wenn es um die Analyse der Le­ bensraumnutzung in dieser Region geht (AFJ, 2024). Beurteilung Wildeinfluss Waldregion 5 Auf den ersten Blick fällt auf, dass im Engadin und dem Münstertal deutlich weniger Beurteilungsflä­ chen der Kategorie mit grossem oder sehr grossem Wildeinfluss zugewiesen sind, als in der Waldre­ gion 2. Dagegen ist der Anteil der Beurteilungsflä­ chen mit grossem Wildeinfluss im Bergell vergleich­ bar mit demjenigen im Rheintal/Schanfigg. Über die gesamte Waldregion 5 wird zudem etwa ein Drittel der Waldflächen nicht beurteilt, weil sie beweidet werden oder es sich um Legföhrenbestände han­ delt. Die Flächen mit grossem Wildeinfluss liegen im Engadin und dem Münstertal praktisch alle an den südexponierten Wintereinständen, wo die Eignung

für das Schalenwild natürlicherweise so gut ist, dass es sehr präsent ist und dadurch die verbissunemp­ findlichen Hauptbaumarten Fichte und Waldföhre (in Fichten-, respektive Waldföhrenwäldern) am erfolgreichen Aufwachsen hindert. Lokal begrenzt ist der Wildeinfluss auch dort gross, wo sich bedeu­ tende Brunftplätze befinden. Bei erheblichem Wildeinfluss sind im Engadin und Münstertal häufig die Nebenbaumarten Lärche (in subalpinen Fichten-Wäldern) oder Waldföhre (in Fichtenwäldern) und vor allem auch die verbissemp­ findliche Nebenbaumart Vogelbeere ausschlagge­ bend und wildbedingt in zu geringer Anzahl in der Verjüngung vorhanden. Die vielen Perimeter mit geringem oder mässigem Wildeinfluss widerspie­ geln die natürliche Ausgangslage: Die Wälder in der weitverbreiteten subalpinen Stufe sind aufgrund

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ihrer Baumartenzusammensetzung (verbissunempfindliche Arten) weniger anfällig auf Wildeinfluss. Zudem befinden sich in diesen Höhenlagen auch seltener stark benutzte Einstandsgebiete. Unterschiedliche Herausforderungen auch in Zukunft Der Wildeinfluss wird baumartenspezifisch beurteilt, was der natürlichen Verbreitung der vorkommenden Haupt- und Nebenbaumarten Rechnung trägt. Wie oben beschrieben, sind nicht alle Baum­ arten gleich beliebt beim Schalenwild und sie vermögen nicht alle im selben Ausmass auf den Verbiss oder andere Schäden zu reagieren. Beim Wildeinfluss kommt es nicht zwingend auf die reine Anzahl der Tiere an, sondern wie intensiv das Wild ihren Lebensraum nutzt. Dies hat zu Folge, dass sich der Wildeinfluss teilweise sehr kleinräumig, aber eben auch regional aufgrund der dominierenden Waldtypen stark unterscheiden kann. In der Waldregion 2 ist insbesondere das Aufkommen der potenziell weit verbreiteten Weisstannenverjüngung bis auf wenige Ausnahmen beinahe in ihrem ganzen Verbreitungsgebiet wildbedingt stark gehemmt oder komplett verunmöglicht. Wo das Schalenwild auch im Winter gute Einstandsgebiete findet, kommen auch gegenüber Wildverbiss unempfindliche Hauptbaumarten wie die Fichte, Buche oder Waldföhre unter Druck. Die natürliche Baumartenzusammensetzung in der Naturverjüngung ist aktuell auf vielen Flächen durch das Schalenwild in einem Ungleichgewicht. Im Vergleich dazu ist die Verjüngung im Engadin und dem Münstertal dank den dominierenden Waldgesellschaften, mit den insgesamt weniger verbissempfindlichen Hauptbaumarten, über alles gesehen aktuell deutlich weniger stark durch das Wild beeinflusst, respektive die Einflüsse sind räumlich stärker eingrenzbar. Somit sind auch die Voraussetzungen für eine den waldbaulichen Anforderungen entsprechende Verjüngung in diesen Subregionen besser. Dennoch findet auch hier in Gebieten mit

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grossem Wildeinfluss eine Baumartenentmischung, oft zugunsten der Fichte und zulasten der anderen Baumarten wie etwa der Waldföhre, statt. Im Pu­ schlav und vor allem auch im Bergell ist der Wildeinfluss grösser, da dort die Waldtypen unter anderem durch die verbissempfindliche Weisstanne geprägt sind. In diesen beiden Subregionen, wie auch in den tieferen Lagen im Engadin und Münstertal, wird zudem die Bedeutung von verbissempfindlichen Laubbäumen zunehmen. Die Herausforderung für den Wald und den Forstdienst wird in Zukunft tendenziell grösser, da der Klimawandel eine Veränderung in der Baumartenzusammensetzung mit sich bringt. Es ist davon auszugehen, dass die Konsequenzen dieser Veränderungen die zwei Waldregionen unterschiedlich stark tangieren werden. Da gemäss heutigem Wissensstand viele der als klimafit geltenden Baumarten gegenüber Wildeinfluss empfindlich sind, muss damit gerechnet werden, dass diese nicht in genügendem Masse aufkommen können. Dadurch wird der waldbauliche Handlungsspielraum weiter verkleinert. Insbesondere in tiefen Lagen, wo heute vorhandene Baumarten nicht beliebig aus noch tieferen Lagen nachrücken können, sind zukünftig klimaangepasste Baumarten in genügender Anzahl und geforderter Mischung gefragt. Bleibt der Wildeinfluss hoch, schreitet die wildbedingte Baumartenentmischung in den betroffenen Wäldern voran, und lokal ist davon auszugehen, dass die Waldfunktionen und insbesondere die Schutzfunktion langfristig nicht vollumfänglich gewährleistet werden können. Madlaina Gremlich ist Spezialistin Wald-Wild und Regionalforstingenieurin in der Region 5. Roger Pertschy ist Spezialist Wald-Wild und Sachbearbeiter Wald in der Region 2.

Quellen Amt für Jagd und Fischerei AJF (2022), WaldWild-Bericht 2020, Rheintal/Schanfigg, Domleschg/Heinzenberg, Safien, Teilbericht Wild.


Amt für Jagd und Fischerei AJF (2024), persönliche Mitteilung der Wildhüter-Bezirkschefs zur Situa­ tion für diesen Bericht. Frehner, M.; Wasser, B.; Schwitter, R., 2005: Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald. Wegleitung für Pflegemassnahmen in Wäldern mit Schutzfunktion, Vollzug Umwelt. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern, 564 S. Frey, H.U., Bichsel, M., Preiswerk, T., 1998: Waldgesellschaften und Waldstandorte Graubündens, 1. Teil, Churer Becken. Hrsg.: AFW, Chur. Frey, H.U., Bichsel, M., Preiswerk T., 1998: Waldgesellschaften und Waldstandorte Graubündens, 6. Teil Unterengadin – Münstertal. Hrsg.: AFW, Chur. Frey, H.U., Bichsel, M., Preiswerk T., 2000: Waldgesellschaften und Waldstandorte Graubündens,

8. Teil Südbünden. Hrsg.: AFW, Chur. Frey, H.U., Bichsel, M., Preiswerk T., 2004: Waldgesellschaften und Waldstandorte Graubündens, 7. Teil Oberengadin. Hrsg.: AFW, Chur. AWN, 2001: Waldgesellschaften und Waldstandorte Graubündens, Modellierung Waldhöhenstufen im Rahmen der Erarbeitung der Waldstandorthinweiskarte des Kantons GR. AWN, 2024: Beurteilung Wildeinfluss 2024, Bericht und interaktive Karte inkl. Erklärungen. Direkt abrufbar über den folgenden QR-Code:

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Wald-Wild-Berichte Die Erarbeitung von Wald-Wild-Berichten wird vom Bund gefordert, wenn die Verjüngungssituation im Wald unbefriedigend ist. Die Berichte dienen einerseits dazu, die Wald-Wild-Situation aufzuzeigen. Andererseits agieren sie als wichtiges Umsetzungs­ instrument, in welchem konkrete Massnahmen vorgeschlagen werden, um die Verjüngungssituation in den Wäldern zu verbessern. Seit 2003 werden in Graubünden Wald-Wild-Berichte erstellt, wobei zurzeit in verschiedenen Regionen eine Revision ansteht. Damian Cadotsch

Ein gesunder und gut strukturierter Schutzwald leistet einen wichtigen Beitrag zum Schutz vor Naturgefahren. Aufgrund der gesellschaftlichen Ansprüche ist es deshalb die Hauptaufgabe der Waldeigentümer, zusammen mit Bund und Kanton für die Funktionsfähigkeit des Waldes zu sorgen. Mit der Pflege und der Sicherstellung der Verjüngung tragen sie wesentlich dazu bei, dass insbesondere die Funktion der Schutzwälder langfristig gewährleistet ist. Eine Voraussetzung für die Erfüllung dieser Aufgaben ist die natürliche Waldverjüngung, welche sich zunehmend schwierig gestaltet. Der Wildeinfluss im Wald ist in verschiedenen Regionen des Kantons Graubünden sehr gross und hat in den letzten Jahren weiter zugenommen. Wird die Waldverjüngung gehemmt oder verhindert, fehlt künftig der wichtige Nachwuchs und es kommt zu Verzögerungen in der nachhaltigen Waldentwicklung. Zudem führt der übermässige Verbiss zum Ausfall einzelner Baumarten. Diese sogenannte Entmischung führt zur Verarmung der Artenvielfalt, was sich vor allem auch im Hinblick auf den Klimawandel negativ auf die Resilienz des Ökosystems Wald auswirkt. Je länger der Verjüngungsausfall Bestand hat, umso grösser wird die waldbauliche Lücke. Die Waldfunktionen, insbesondere die Schutzfunktion, sind mittel- bis langfristig nicht mehr gewährleistet.

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Der Wald soll sich mehrheitlich natürlich und mit allen vorkommenden Arten verjüngen. In denjenigen Beständen, in welchen dies aktuell wegen des zu starken Wildeinflusses nicht möglich ist, müssen geeignete Massnahmen getroffen werden, um die Waldverjüngung wieder zu ermöglichen. Der WaldWild-Bericht zeigt den Wildeinfluss auf die Waldverjüngung auf und legt davon ausgehend konkrete, flächenbezogene Massnahmen zugunsten der Waldverjüngung fest. Dabei werden auch wildbiologische Aspekte berücksichtigt. Im Zuge dessen werden die Wald- und die Jagdplanung aufeinander abgestimmt. Der Wald-Wild-Bericht stellt somit hinsichtlich dem Thema Wald-Wild das wichtigste Umsetzungsinstrument im Kanton Graubünden dar. Grundlagen und Einbettung Die Erarbeitung und Umsetzung eines Wald-WildBerichts (auch: Wald-Wild-Konzept) wird vom Bundesamt für Umwelt (BAFU) in der Vollzugshilfe «Wald und Wild» (BAFU, 2010) gefordert, sobald die sogenannte Konzeptschwelle überschritten wird. Für die Definition der Konzeptschwelle werden zwei Fälle unterschieden: – Falls Wildräume zu mindestens 20 % aus Schutzwäldern bestehen: Die Konzeptschwelle ist dann erreicht, wenn die Verjüngungssollwerte gemäss Nachhaltigkeit


Tab. 1: Gliederung und Inhalt der Wald-Wild-Berichte

und Erfolgskontrolle im Schutzwald NaiS (Fre­hner et al., 2005) ohne Wildschadenverhütungsmassnahmen auf mehr als 10 % der gesamten Waldfläche eines Kantons nicht erreicht werden (BAFU, 2010). – Übrige Gebiete: Die Konzeptschwelle ist dann erreicht, wenn die Verjüngungssollwerte gemäss NaiS (Frehner et al., 2005) ohne Wildschadenverhütungsmassnahmen auf mehr als 25 % der gesamten Waldfläche eines Kantons nicht erreicht werden (BAFU, 2010). Die Erarbeitung eines Wald-Wild-Berichts (WWB) erfolgt in der Regel innerhalb von 2 bis 3 Jahren. Beauftragt und begleitet wird der WWB im Kanton Graubünden durch das Departement für Infrastruk-

tur, Energie und Mobilität (DIEM). Die Laufzeit der vereinbarten Massnahmen beträgt 4 bis 8 Jahre. Nach 4 Jahren wird ein Zwischenbericht erarbeitet. Dank des Revisionsturnus kann der WWB auch als Monitoring-Instrument angesehen werden. Der WWB ist ein gemeinsames Produkt des Amts für Wald und Naturgefahren (AWN) und des Amts für Jagd und Fischerei (AJF). Durch die gemeinsame Erarbeitung kommt dem WWB auch die Funktion der Sensibilisierung zu. Dabei soll das gegenseitige Verständnis gefördert und eine ganzheitliche Verbesserung der Wald-Wild-Situation angestrebt werden. Auch für die Gemeinden und Jägersektionen ist die Mitwirkung bei der Erarbeitung des WWB möglich. Sie können ihre Anliegen im Rah-

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Tab. 2: Definitionen der Beobachtungs-, Problem- und Handlungsflächen.

men von regional organisierten «runden Tischen» und mittels Stellungnahmen einbringen. Zweite Generation Wald-Wild-Berichte Im Jahr 2003 wurde im Kanton Graubünden der erste WWB genehmigt. Bis ins Jahr 2012 wurden neun weitere erarbeitet, womit sämtliche Regionen des Kantons Graubünden einen WWB vorweisen können. Seit dem Jahr 2018 werden die bestehenden WWB revidiert. Im Vergleich zur ersten Generation der WWB werden die Ziele und Massnahmen neu aufgrund der folgenden zwei Grundlagen festgelegt:

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– Waldentwicklungsplan (WEP) Der WEP ist das übergeordnete Waldplanungsinstrument, in welchem unter anderem die verschiedenen öffentlichen Interessen am Wald berücksichtigt und koordiniert werden (AWN, 2018). Für die Erarbeitung des WWB werden insbesondere die Ausscheidung der Schutzwald- und der Natur-und-Landschafts-Flächen als Grundlage berücksichtigt. – Beurteilung Wildeinfluss (siehe auch Artikel von Marco Vanoni in dieser Ausgabe) Bei der Beurteilung Wildeinfluss wird der aktuelle Wildeinfluss flächendeckend beurteilt und kar-


Abb. 1: Beispiel von Beobachtungs-, Problem- und Handlungsflächen inkl. prioritären Handlungsflächen (aus dem WWB Rheintal/Schanfigg-Domleschg/Heinzenberg-Safien, 2022), AWN 2024; Massstab 1:40 000, LK50.

tografisch dargestellt. Somit werden diejenigen Gebiete sichtbar, in welchen potenzielle Wald-­ Wild-Konflikte bestehen und wo gegebenenfalls Massnahmen getroffen werden müssen. Ein Wald-Wild-Bericht besteht aus dem durch das AWN erarbeiteten Teilbericht Wald sowie dem durch das AJF erarbeiteten Teilbericht Wild (vgl. Tab. 1). Die Synthese wird von beiden Dienststellen gemeinsam erarbeitet und enthält die waldbaulichen und jagdlichen Zielsetzungen und Massnahmen. Ein wichtiger Bestandteil der Synthese ist der Massnahmenkatalog, in welchem pro Fläche konkrete jagdliche und waldbauliche sowie allenfalls den Lebensraum betreffende Massnahmen definiert und vorgeschlagen werden.

(Bild: © swisstopo)

Der insbesondere für die Umsetzung in der Praxis relevante Massnahmenkatalog und die dazugehörige Karte (vgl. Abb. 1) zeigen auf, wo die Wald-Wild-Situation nicht befriedigend ist und Massnahmen getroffen werden müssen. Dabei werden folgende drei Flächentypen ausgeschieden resp. definiert: – Beobachtungsflächen – Problemflächen – Handlungsflächen bzw. prioritäre Handlungsflächen Um gewährleisten zu können, dass durchgehend ein identisches und nachvollziehbares Vorgehen in der Festlegung der Flächentypen angewendet wird, werden diese anhand eines Geodaten-Verschnitts festgelegt. Die aktuellsten Ergebnisse der

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Abb. 2: Stand der Wald-Wild-Berichte im Kanton Graubünden, AWN 2024; Massstab 1:500 000.

Beurteilung Wildeinfluss sowie die Schutzwaldund Natur-und-Landschafts-Flächen aus dem Waldentwicklungsplan WEP2018+ bilden dabei die Grundlage. Konkret werden für die verschiedenen Flächentypen die Definitionen in der Tabelle 2 verwendet. Nach der Festlegung der Beobachtungs-, Problem- und Handlungsflächen werden im Rahmen der regionalen Gespräche zwischen Wildhut, Revierförster und Regionalforstingenieuren (falls nötig und möglich) Handlungsflächen priorisiert (= prioritäre Handlungsflächen). Das Hauptziel der WWB ist, die Verjüngungssituation im Wald gegenüber dem heutigen Zustand zu verbessern. Folglich bedeutet dies die Reduktion der Waldflächen mit einer Beurteilung des Wildeinflusses von «erheblich» bis «sehr gross» respektive eine

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Reduktion der Problem- und Handlungsflächen. Dies setzt ein flächiges Aufwachsen natürlicher Waldverjüngung mit standortgerechten Baumarten voraus. Vier Jahre nach der Genehmigung wird in Form eines Zwischenberichts eine erste Bilanz gezogen werden. Darin wird aufgrund von aktuellen Erhebungen aufgezeigt, ob die festgelegten Massnahmen greifen oder allenfalls verstärkt, angepasst und ergänzt werden müssen. Wo stehen wir heute? Der aktuelle Stand der WWB im Kanton Graubünden ist in der Abbildung 2 ersichtlich. Derzeit sind die folgenden WWB in Kraft: – Surselva 2018 – Herrschaft/Prättigau 2019


– Rheintal/Schanfigg-Domleschg/Heinzenberg-­ Safien 2020 Zurzeit werden die folgenden WWB revidiert: – Hinterrhein/Moesano 2021 – Davos-Albula-Surses 2022 – Oberengadin-Val Poschiavo-Val Bregaglia 2023 – Unterengadin-Val Müstair 2024 Mit der gemeinsamen Erarbeitung der WWB konnte das gegenseitige Problemverständnis trotz verschiedener Interessen und Ansprüche verbessert werden. Ein offener und gemeinsamer Dialog ist dabei besonders wichtig, um die Sichtweise des Gegenübers zu verstehen. Wie oben erwähnt ist das zentrale Element der WWB die gemeinsam erarbei-

teten Massnahmen. Damit diese die gewünschten Auswirkungen haben, ist eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen den Akteuren unerlässlich. Das Ziel einer natürlichen, nachhaltigen Waldverjüngung und einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Wald und Wild kann nur erreicht werden, wenn die geplanten Massnahmen auch konsequent umgesetzt werden. Sämtliche Anspruchsgruppen müssen hier ihren Teil dazu beitragen und bereit sein, einander zu unterstützen.

Damian Cadotsch ist Spezialist Wald-Wild und Regionalforstingenieur in der Region 4 in Tiefencastel.

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Wald-Wild – ein Dauerthema in der Jagdplanung Dank sehr hohen Abschussplänen und einem grossen Einsatz der Jägerschaft konnte der über die letzten 30 Jahre anwachsende Hirschbestand Graubündens ab 2019 deutlich reduziert werden. Die Jagd leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherstellung einer natürlichen Waldverjüngung. Damit die Ziele der Strategie Lebensraum Wald-Wild 2021 erreicht werden können, haben aber auch forstliche und den Lebensraum verbessernde Massnahmen eine hohe Wichtigkeit. Eine gute Zusammenarbeit und gegenseitiges Verständnis sind für die Umsetzung der verschiedenen Massnahmen und die Zielerreichung entscheidend. Lukas Walser

Im Jahr 1877 wurde mit der ersten Jagdgesetzgebung in Graubünden die Patentjagd eingeführt. Das Ziel war, die Wildbestände besser zu schützen, denn von den ursprünglich heimischen Schalenwildarten kam nur mehr die Gämse vor. In den darauffolgenden 100 Jahren erholten sich sämtliche Schalenwildbestände sehr gut. Neben der eingeschränkten Bejagung war dies auch dank positiven Veränderungen im Lebensraum, wie beispielsweise dem Wiederaufbau des Waldes möglich. In den 80er-Jahren erfolgte dann mit der Revision der eidgenössischen Jagdgesetzgebung ein Wechsel zu einer Gesetzgebung, die das Management der Wildtiere und die nachhaltige Nutzung in den Fokus setzte. Die Jagdplanung wurde Pflicht und die Sonderjagd auf Jung- und Muttertiere wurde eingeführt. Trotz diesem Wechsel haben über die letzten 35 Jahre gesehen die Rothirsch- und gebietsweise auch die Rehbestände deutlich zugenommen. Dieses Phänomen war nicht nur in Graubünden beobachtbar. Gemäss Zeiler (2014) sind die Rothirschbestände ab 1990 europaweit und unabhängig von Jagdsystem und Tradition kontinuierlich gestiegen. Gründe dafür sind besser werdende Umweltbedingungen, wie höhere Jahresmitteltemperaturen, dem dadurch verursachten Anstieg der Nullgradgrenze und tiefere Schneehöhen im Winter. Vereinfacht gesagt führten die besseren Umweltbedingungen zu höheren Reproduktions- und tieferen Mortalitätsraten. Mit der Bejagung wurde dies in verschiedenen Gebieten zu wenig stark berücksichtigt. Dies

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nicht nur aus Unwissenheit, sondern oftmals auch aus politischen Gründen. Ein wichtiger Treiber war die Opposition gegenüber der Sonderjagd, welche früher deutlich grösser war als heute. So erreichte der Hirschbestand Graubündens sein Maximum in den Jahren 2016 bis 2019 mit rund 16 500 Hirschen. Wichtigkeit einer konsequenten jagdlichen Regulierung Die zunehmenden Wildbestände, aber auch die steigenden Ansprüche der Bevölkerung an die Waldfunktionen führten unweigerlich zu einer Verschärfung des Wald-Wild-Konflikts. Seitens Amt für Jagd und Fischerei wurde dem mit jagdlichen Massnahmen stetig versucht entgegenzuwirken. Während der Hirschabschuss zwischen den Jahren 2000 und 2012 jährlich bei etwa 4000 Hirschen lag, liegt der Mittelwert der Hirschabschüsse zwischen 2013 und 2023 bei über 5200 Hirschen pro Jahr. Diese Jagdstreckenzunahme wurde vor allem durch die Sonderjagd erreicht (siehe Grafik). Seit 2012 wurden jährlich auf der Sonderjagd über 1100 Hirsche erlegt, in den Jahren 2019 und 2021 sogar über 2000. Aber auch bei der Hochjagd wurde mit verschiedenen Massnahmen die Jagdstrecke erhöht. So beispielsweise mit der Wildschutzgebietsbewirtschaftung ab 2016 oder mit der zeitlich beschränkten Freigabe von Hirschspiesser mit einer Stangenlänge über Lauscherhöhe. Durch den intensiven jagdlichen Eingriff konnte ab 2016 eine weitere Bestandszunahme verhindert und ab 2019 die Trendwende


Hirschstrecke, Kanton Graubünden 1972–2023, unterteilt nach Hochjagd und Sonderjagd (jeweils inkl. Wildhut).

hin zur Reduktion eingeleitet werden. Im Jahr 2023 wurde der kantonale Hirschbestand um knapp 1400 Hirsche tiefer eingeschätzt. Im Rahmen der Strategie Lebensraum Wald-Wild 2021 wurde die Zielsetzung der Bestandsentwicklung ausgehend vom Frühlingsbestand 2020 für jede der 21 Hirschregionen definiert. In einem Grossteil der Regionen entspricht die Entwicklung der Hirschbestände der letzten drei Jahre der jagdlichen Zielsetzung, wobei die Ziele aber noch nicht überall erreicht sind. Wichtigkeit von lokalen jagdlichen Massnahmen Das AJF plant die Jagd auf Hirsche und Rehe über 21 Regionen und teilweise mit Schwerpunktbejagungen, die zur Entschärfung der Wald-Wild-Konflikte dienen sollen. In der zweiten Stufe wird mit der Sonderjagd gezielt regional, mit bekannten Jägerzahlen und räumlichen Einschränkungsmöglichkeiten tageweise gejagt. Zur Regulierung der Bestände hat sich dieses Konzept grundsätzlich bewährt. Ein Nachteil ist, dass die Sonderjagd aufgrund der Witterungsbedingungen näher an den Siedlungen stattfindet und somit durch die Bevölkerung stärker wahrgenommen wird. Zudem ist eine kleinräumigere Steuerung der Jagd und der Jägerinnen und Jäger nur sehr bedingt möglich. Auch schwierig ist, den Jagddruck in Schutzwäldern zu verstärken, welche

schwer zu bejagen und deshalb nicht besonders erfolgsversprechend sind. Für die Jagdplanung stellt sich in solchen Situationen die Frage, in welcher Weise das Problem durch die Jagd mit einer Anpassung der Jagdbetriebsvorschriften gelöst werden kann. Ein aktuelles Beispiel sind die fünf Problemflächen im Rheintal und vorderen Domleschg, wo Gämsen ganzjährig in den deckungsreichen Schutzwäldern einstehen und wegen der dichten Vegetation im September zu wenig stark bejagt werden können. Anstatt in den betroffenen Flächen im Spätherbst Gämsen durch die Wildhut zu erlegen, gibt man der Jägerschaft die Möglichkeit zur stärkeren Bejagung. Im vorliegenden Fall hat man in diesen Gebieten die Sonderjagd auf Gämsjährlinge freigegeben. Zu betonen ist, dass Spezialmassnahmen immer auch aus wildbiologischer und tierschützerischer Sicht überprüft werden und auf entsprechende Problemgebiete beschränkt sein müssen. Beispielsweise ist eine grossflächigere Sonderjagd auf Gämswild im Wald, welche dann in die Brunftzeit fällt, aus wildbiologischer Sicht nicht vertretbar. Die Jagd kann und muss es nicht alleine richten In der Bündner Wald-Wild-Diskussion stand in den vergangenen Jahren meist der Hirsch als Hauptverursacher von Wildschäden im Fokus. Mit hohen Forderungen an die Jagd erhoffte man, dass

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tiefere Hirschbestände zu einer Verbesserung der Wald-Wild-Situation führen. Dass es verschiedene weitere Komponenten gibt, welche einen entscheidenden Effekt auf den Wildeinfluss am Wald haben, wird oft vergessen. Möchte man die Wald-Wild-Situation nachhaltig verbessern, muss der Wildeinfluss am Wald mit einem gesamtökologischen Lösungsansatz betrachtet werden. Denn Rehe, Hirsche oder Gämsen beeinflussen nicht nur ihre Umwelt, sondern die Umwelt und im Speziellen die Eignung und Verfügbarkeit der Lebensräume beeinflussen auch stark das Verhalten der Tiere und deren Wirkung auf den Wald. In der Wissenschaft ist längst bekannt, dass das Ausmass von Wildschäden am Wald nicht nur von der Populationsgrösse der Schalenwildarten und der Jagd, sondern auch von der Waldbewirtschaftung, der Freizeitnutzung, der Eignung des Gebiets als Winterlebensraum, der Landwirtschaft und weiteren Einflüssen abhängt. Dabei ist unumstritten, dass die Jagd mit der Regulation und in vielen Regionen Graubündens auch Reduktion der Bestände einen wichtigen Beitrag leisten muss. Aber ohne entsprechende Massnahmen seitens Waldbau und Waldeigentümerinnen – in Graubünden meist die Gemeinden – kann die Wald-Wild-Situation nicht genügend verbessert werden. Neben forstlichen Eingriffen sind insbesondere die Errichtung und Durchsetzung von Wildruhezonen, eine bessere Lenkung der Freizeitnutzung oder die stärkere Berücksichtigung der Wildtiere und Lebensräume bei der Planung von Bauvorhaben und Veranstaltungen entscheidende Massnahmen.

bensräume allgemein und die Wildbestände so zu gestalten, dass insbesondere die Schutzleistung des Waldes langfristig sichergestellt ist und wir gleichzeitig gesunde und sichtbare Wildbestände haben. Dazu braucht es den Einsatz sämtlicher Anspruchsgruppen, eine entsprechende Zusammenarbeit auf allen Stufen und gegenseitige Unterstützung. Eine geeignete Grundlage, um die Wald-Wild-Situation mit einem integralen Ansatz zu verbessern, bietet die Strategie der Regierung «Lebensraum Wald-Wild 2021». Die jährliche Jagdplanung ist auf die Erreichung der in der Strategie formulierten Ziele ausgerichtet. Jagdliche Ziele können aber nur erreicht werden, wenn die geplanten Massnahmen auch von der Jägerschaft umgesetzt werden. In den letzten Jahren hat das sehr gut funktioniert und die Jägerinnen und Jäger zeigten einen sehr grossen Einsatz, auch auf der Sonderjagd. In Regionen, in welchen die Wildbestände stark reduziert wurden und die Zahl der Grossraubtiere zugenommen hat, sinkt verständlicherweise die Motivation der Jägerschaft bei der Erfüllung von hohen Abschussplänen. Hier können die Gemeinden als Waldeigentümerinnen, aber auch die Försterinnen und Förster einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie die Wichtigkeit der Jagd kommunizieren, aber auch die Arbeit der Jägerinnen und Jäger wertschätzen. Extreme Forderungen wie «Wald vor Wild» oder gegenseitige Schuldzuweisung sind ebenso wenig zielführend wie die Verleugnung des Wildeinflusses am Wald seitens der Jägerschaft. Sie verunmöglichen eine zielführende Zusammenarbeit und erschweren die Zielerreichung.

Gegenseitiges Verständnis fördern Das langfristige Funktionieren der Schutzwälder ist für einen Gebirgskanton zentral. Dazu muss die Jagd einen wichtigen Beitrag leisten. Rehe, Hirsche und auch Gämsen gehören aber genauso zum Ökosystem Wald wie die Weisstanne oder die Vogelbeere. Dass diese Tiere die Baum- und Strauchvegetation zu Nahrungszwecken nutzen, liegt in der Natur der Pflanzenfresser. Das Ziel ist, den Wald, die Le-

Lukas Walser hat an der Universität für Bodenkultur in

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Wien Wildtierökologie und Wildtiermanagement studiert. Seit dem Jahr 2020 arbeitet er beim Amt für Jagd und Fischerei Graubünden, seit Februar 2023 in der Funktion als Wildbiologe und Leiter der Abteilung Wild und Jagd.

Literatur Zeiler H. (2014) Herausforderung Rotwild. Österreichischer Jagd- und Fischerei Verlag, 1080 Wien.


Bündner Erfolg in Schaan Am 22. März 2024 fand in Schaan/FL die Schutzwaldpreisverleihung der ARGE Alpenländischer Forstvereine statt, unterstützt von den Helvetia Versicherungen. Ein Bündner Projekt erlangte den Sonderpreis der Jury. Herzliche Gratulation! Walter Krättli

Jürg Hassler und Sandro Krättli (mit Skulptur) wurden von Andrea Kauer (Direktorin des Rätischen Museums), Cordula Seger (Leiterin des Instituts für Kulturforschung GR) und Silvia Conzett (Kuratorin, Rätisches Museum), welche die Realisierung all der genannten Aktivitäten erst ermöglichten, zur Preisverleihung begleitet.

Zum 100. Todestag und 200. Geburtstag von Johann Wilhelm Fortunat Coaz, dem ersten Eidgenössischen Oberforstinspektor, Nationalparkgründer und Bündner Forstmann wurde zwischen 2017 und 2022 eine ganze Reihe an Aktivitäten aufgegleist und realisiert. Dank sehr grosser Initiative der beiden Bündner Forstleute Jürg Hassler und Sandro Krättli wurden eine Jubiläumsschrift, eine Sonder-

ausstellung im Rätischen Museum, eine Holzstatue in Lebensgrösse und gar ein Coazbier realisiert. Mit dem Sonderpreis der ARGE-Schutzwaldpreisverleihung Helvetia wird dieses grosse Engagement der beiden Initianten und ihren vielen Mitstreitenden nun würdig geehrt. Walter Krättli ist Präsident von Graubünden Wald.

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Wald- und Jagdverantwortliche zum Thema Mit der schrittweisen Erarbeitung von sieben regionalen Wald-WildKonzepten haben AWN und AJF in den letzten Jahren aussagekräftige Grundlagen erarbeitet. Eine neue Strategie «Lebensraum Wald-Wild» liegt seit 2021 vor. Nun kommt die Team-Arbeit. Mit Adrian Arquint (Vorsteher des Amts für Jagd und Fischerei), Tarzisius Caviezel (Präsident Bündner Kantonaler Patentjäger-Verband), Anna Giacometti (Präsidentin Selva Verband der Waldeigentümer Graubünden) und Urban Maissen (Leiter des Amts für Wald und Naturgefahren) beantworten die Wald- und Jagdverantwort­lichen des Kantons ein paar Fragen. Susi Schildknecht

Die Erarbeitung der Grundlagen je Fach­ gebiet hat gut geklappt, die regionalen Wald-­Wild-Berichte liegen für bestimmte Regionen bereits in detaillierter Form vor. Die Zahlen stimmen mancherorts jedoch sehr nachdenklich. Die Zeit drängt. Notwendig ist eine integrierte Herange­ hensweise, welche die Interessen der verschiedensten Gruppen mitberücksich­ tigt. Jemand muss jetzt den Lead über­ nehmen. Wer? Adrian Arquint: Die Probleme sind schon länger bekannt und die kantonalen Amtsstellen AWN und AJF haben einen gesetzlichen Auftrag, den sie zusammen mit verschiedenen Partnern erfüllen müssen. Mit der Regierung wurden zudem die verschiedenen Aufgaben und Lösungsansätze in einer Strategie Wald-Wild 2021 festgelegt. Die Amtsstellen nehmen ihre Verantwortung wahr und arbeiten mit grossem Einsatz nach den Vorgaben der Strategie. Aus

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Sicht des AJF können bezüglich der Reduktion der Schalenwildbestände auch bereits erfreuliche Ergebnisse präsentiert werden. Schlussendlich müssen aber alle Beteiligten zur Lösung der Probleme ihren Beitrag leisten und bereit sein, lösungsorientiert zusammenzuarbeiten. Ich denke da auch an die Waldeigentümer, die neben ihren forstlichen Eingriffen auch mit der Durchsetzung von Beruhigungsmassnahmen für das Wild und der Unterstützung der Jagd einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Probleme leisten können. Tarzisius Caviezel: Mit den aktuellen Wald-­ Wild-­Konzepten wurde hervorragende Arbeit geleistet. Es wurde eine Ausgangslage erarbeitet, die im kantonalen Jägerverband, aber auch in den lokalen und regionalen Jägersektionen angeregte Diskussionen auslöste. Der Verband hat bereits mehrfach kommuniziert, dass er die Zusammenarbeit mit den Ämtern und der Politik schätzt und für sehr wichtig erachtet. Für eine erfolgreiche Entwicklung müssen alle am gleichen Strick ziehen, vor allem aber in die gleiche Richtung. Interessenorganisationen wie der Jägerverband können bei Gesprächen und beim Evaluieren von Problemen, bei der Lösungserarbeitung sowie natürlich bei der Umsetzung Unterstützung leisten. Anna Giacometti: Der Lead muss beim Diem (Departement für Infrastruktur, Energie und Mobilität) liegen, welches die Strategie «Lebensraum Wald-Wild 2021» verabschiedet und die Ziele und Massnahmen festgelegt hat. Diese müssen nun umgesetzt werden. Wichtig ist ein regelmässiger, offener und konstruktiver Austausch des Amtes für Wald und Naturgefahren und des Amtes für Jagd und Fischerei mit allen Akteurinnen und Akteuren, insbesondere mit den Waldeigentümern und mit der Selva. Urban Maissen: In der Hauptsache ist der Lead bei den kantonalen Amtsstellen. Dies gibt uns die Regierung mit der Strategie «Lebensraum


Wald-Wild 2021» vor. Aber die kantonalen Amtsstellen können die Probleme nicht alleine lösen. Es sind deutlich noch weitere Anspruchsgruppen in der Mitverantwortung, zum Beispiel die Waldeigentümerinnen und -eigentümer, Erholungssuchende, die Landwirtschaft und die Jagenden. Mit den Wald-Wild-Berichten werden Massnahmenpakete mit Aufgabenzuteilungen an verschiedene Verantwortliche beschlossen. Offen ist aber noch der eingerichtete Einbezug von allen Anspruchsgruppen, etwa auch des Tourismus. In welchen Bündner Schutzwald-Gebieten sind die Wildschäden so hoch, dass die in der Öffentlichkeit unpopuläre Regulierungsmassnahme «Sonderjagd» oder regionale Sondermassnahmen nötig wer­den? Und ist das die letztmögliche Lösung zur Minderung des Problems? Adrian Arquint: Das Ergebnis vom 19. Mai 2019 zur Sonderjagdinitiative zeigt, dass das heutige Zwei-Stufen-System mit der Hochjagd im September und der nachgelagerten Sonderjagd im November/Dezember von der Bevölkerung getragen wird. Obschon wir aus Sicht des ­Waldes noch nicht überall am Ziel sind, hat sich das Zwei-Stufen-System aus unserer Sicht zur Erfüllung der verschiedenen, jagdlichen Auf­ gaben – die Begrenzung der Wildschäden am Wald auf ein tragbares Mass ist eine davon – mit verschiedenen Optimierungen in den vergangenen Jahren bewährt. Das zeigt übrigens auch die ­Entwicklung der Schalenwildbestände, die auch aufgrund des hohen Jagddrucks der vergangenen Jahre einen deutlichen Abwärtstrend zeigt. Die Jägerinnen und Jäger haben einen sehr ­grossen Einsatz geleistet, auch auf der Sonderjagd. Aber wie bereits erwähnt, ist die Jagd nicht die einzige Lösung zur Minderung der Probleme im Wald. Alle Beteiligten müssen ihren Beitrag leisten.

Adrian Arquint.

(Bilder: zVg)

Tarzisius Caviezel: Wir müssen uns vor Augen halten, dass wir es mit einer komplexen Fragestellung zu tun haben und dass Menschen, Tiere und Lebensräume involviert sind, denen wir mit ihren Ansprüchen gerecht werden müssen. Zudem leben wir in einer sehr dynamischen, mehrdimensionalen Welt, in welcher sich gewichtige Einflussfaktoren wie Klimaentwicklung, Raubtieransiedlungen, politische Beurteilungen und Vorgaben in einer stetigen Veränderung befinden. Grundsätzlich sollte die Sonderjagd nicht mit zu gewichtigen Zielsetzungen aufgeladen werden, die nicht mehr erfüllt werden können, nicht mehr zielführend sind und nur zu Frustration bei der Jägerschaft führen. Die Bestimmungen zur Durchführung der verschiedenen Jagden müssen so angepasst werden, dass die Jägerschaft diese erfüllen kann. Die Sonderjagd sollte für das Feintuning in einzelnen Gebieten da sein.

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Anna Giacometti: Die Mehrheit der Bündner Stimmbevölkerung hat sich im Mai 2019 mit 54 % gegen die Abschaffung der Sonderjagd ausgesprochen. Wildeinfluss besteht grundsätzlich in Gebieten, wo sich Wintereinstandsgebiete von Schalenwild befinden. Da sich das Schalenwild seit der Rückkehr der Grossraubtiere, insbesondere des Wolfes, sehr mobil verhält, kann nicht immer vorausgesagt werden, welche Schutzwald-Gebiete betroffen sein werden. Die vom AWN jährlich durchgeführte Beurteilung des Wildeinflusses zeigt eindrücklich auf, wo sich der Schutzwald genügend verjüngt und wo Probleme bestehen. Die Sonderjagd ist eine von möglichen Massnahmen zur Vermeidung der Probleme bei der Waldverjüngung. Urban Maissen: Es sind vor allem wichtige Schutzwälder im Tannenverbreitungsgebiet ­und in Wintereinstandsgebieten, die uns Sorge machen. Wir müssen bis 2035 einfach ein Verfahren aufrechterhalten, welches die Lösung des Problems stetig anvisiert und auch offen ist für neue Massnahmen. Allfällig unpopuläre Massnahmen können der Öffentlichkeit durchaus erklärt werden, idealerweise durch alle Betei­ ligten. Dies haben verschiedene Abstimmungen der letzten Jahre gezeigt, in welchen sich immer eine Mehrheit für die heutige Form der Son­derjagd ausgesprochen hat. Es geht schlussendlich um die Sicherheit im Kanton. Nur wenn wir das Waldverjüngungsproblem lösen, setzen wir die Schutzfunktion des Waldes nicht aufs Spiel. In Problemgebieten mit hohen Wildschäden (Problemflächen sind Flächen, auf denen der Wildeinfluss als Wildschaden definiert wird. Handlungsflächen sind die Anteile der Problemflächen, auf denen prioritär Massnahmen zu ergreifen sind) wie zum Beispiel in der Region Herrschaft/Prättigau sind weder die Wald- noch die Jagdkreise

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Tarzisius Caviezel.

mit der heutigen Situation zufrieden. Ver­mutlich auch die Steuerzahlenden nicht, falls diese sich der Mehrkosten bewusst wären. Wie schafft man in der Öffentlichkeit Akzeptanz für die dringendsten Massnahmen? Durch Aufzeigen möglicher Gefahren/Konsequenzen oder durch Vorrechnen einsparbarer Gelder? Adrian Arquint: Es stellt sich die Frage, in welcher Art und in welchen Kreisen eine gewisse Unzufriedenheit herrscht. Wir stellen fest, dass in Regionen, in welchen die Wildbestände stark reduziert wurden und die Zahl der Grossraubtiere zugenommen hat, nun verständlicherweise die Motivation der Jägerschaft bei der Erfüllung von hohen Abschussplänen sinkt. Hier können die Gemeinden als Waldeigentümerinnen, aber auch die Försterinnen und Förster einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie die Wichtigkeit der


Jagd kommunizieren, aber auch die Arbeit der Jägerinnen und Jäger wertschätzen. Obschon im Bereich der Kommunikation wahrscheinlich immer noch mehr gemacht werden kann, habe ich den Eindruck, dass das Thema Wald-Wild in den Fachmedien aber auch in den allgemeinen Medien doch sehr präsent ist. Tarzisius Caviezel: Die letzten Volksabstimmungen zum Thema Jagd haben gezeigt, dass der grosse Teil der Öffentlichkeit hinter der Jagd und ihren Aufgaben steht. Dies vor allem, solange Jägerschaft, Ämter und Politik aufzeigen können, dass sie an den Herausforderungen arbeiten und zu Lösungen in der Lage sind. Die Herausforderung betreffend Wildschäden ist es nicht, in der Öffentlichkeit für notwendige Massnahmen Akzeptanz zu schaffen, sondern mit den involvierten Organisationen und Ämtern eine prozessuale Lösungssuche zu institutionalisieren, mit welcher wir die dynamische Welt und ihre Herausforderungen kontinuierlich behandeln und begleiten können. Denn der Gefahren, die aus den Wildschäden resultieren, und der entsprechenden Kosten bzw. Schäden sind sich in ihrer Dimension viele bewusst. Und nochmals: Die Öffentlichkeit erwartet von uns in der Auseinandersetzung gehärtete Lösungen, keine Marketingmassnahmen. Anna Giacometti: Bei dieser komplexen Thematik ist die Öffentlichkeitsarbeit von grosser Bedeutung. Sowohl die Gefahren und die Konsequenzen der grossen Wildschäden im Schutzwald als auch die finanziellen Mehrkosten müssen der breiten Bevölkerung in einer gut verständlichen Sprache mitgeteilt werden. Die Akzeptanz der Wald-Wild-Thematik in der Bevölkerung hängt von einer fachlich fundierten und sachlichen Information ab. Wir können nur Erfolge erzielen, wenn alle Parameter gut aufeinander abgestimmt sind. Urban Maissen: Es braucht beides, wichtiger ist aber, dass die Thematik nicht einschläft. Hier ist

Anna Giacometti.

der Wald-Wild-Bericht ein zentrales Dokument. Da erwarte ich auch von den Waldeigentümerinnen und Waldeigentümern die Unterstützung durch eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und durch ein öffentliches Mittragen der jagd­ lichen Massnahmen. Ein Bekenntnis der Wald­ eigentümerinnen und Waldeigentümer zur Problematik und zu den Massnahmen schafft Klarheit. Der Wald muss Rücksicht nehmen auf Wildruhezonen als Rückzugsgebiete des Wildes. Wenn dieses sich aufgrund Störungen in Schutzgebiete zurückzieht, ent­stehen dort Konzentrationen, welche die Verjüngung schädigen. Auch vor und während der Jagd muss Zurückhaltung geübt werden. Was oder wie tragen die Jäger konkret zum Schutz des Waldes bei?

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Adrian Arquint: Zuvor noch ein Wort zu den Wildruhezonen im Winter und Wildschutzge­ bieten während den Jagden: Die Wildruhezo­ nen im Winter sollen verschiedenen Wildtieren Schutz vor Störung bieten. Dadurch kann der Energiehaushalt der Tiere auf einem für den Winter angepassten Niveau gehalten wer­ den, was auch weniger Futterbedarf bedeutet. Wildschutzgebiete während den Jagden bieten etwa beim Hirschwild während der Brunft einen ungestörten Brunftplatz und die notwendige Rückzugsmöglichkeit. Zudem ist ein gutes Netz kleiner und mittelgrosser Wildschutzgebiete Vo­ raussetzung für eine nachhaltig hohe Septem­ berstrecke: Mehr als die Hälfte der Hirschstrecke während der Hochjagd wird im Einflussbereich der Wildschutzgebiete erlegt. Zudem konn­ te dadurch die Jagdstrecke auf der Hochjagd in den letzten Jahren auf einem hohen Niveau gehalten werden. Dabei machen die Wildasyle im Kanton Graubünden mit circa zehn Prozent der Gesamtfläche einen deutlich kleineren Teil aus, als das in anderen Gebirgskantonen der Fall ist. Der Beitrag der Jägerschaft setzt sich aus der Regulierung der Wildbestände und, ausserhalb der Jagden, der Unterstützung bei der Durchset­ zung von Beruhigungsmassnahmen und mit der Hegearbeit Massnahmen zur Lebensraumauf­ wertung für das Wild zusammen. Tarzisius Caviezel: Viele Jägerinnen und Jäger sind mit Leib und Seele bei der Sache und nicht nur im Herbst, wenn es auf die Jagd geht. Die örtlichen und regionalen Sektionen sind mit zahlreichen Hegemassnahmen beschäftigt, aber auch mit weiteren Wildfragen, die von der loka­ len Umweltsituation bis zur Diskussion der eid­ genössischen Politik reichen. Die Jägerschaft ist nicht nur mit konkreten handwerklichen Mass­ nahmen engagiert, sondern auch intensiv an den Diskussionen zur Lösung aktueller Heraus­ forderungen beschäftigt. Wir haben es mit ei­ nem lebendigen Verband zu tun, was mich aus­

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Urban Maissen.

serordentlich freut. Schätzungsweise werden von den Bündner Jägerinnen und Jägern jährlich 40 000 Arbeitsstunden für Wild und Wald ge­ leistet, ohne Berücksichtigung der eigentlichen Jagdtätigkeit. Anna Giacometti: Rückzugsgebiete für das Wild sind sehr wertvoll und haben grosse Vorteile. Sie müssen aber am richtigen Ort ausgeschie­ den werden, wo nicht nur Wald, sondern auch Wiesen einbezogen werden. Wiesen können auch zeitlich mit einem Betretungsverbot be­ legt werden. So kann eine Beruhigung der Tiere erreicht werden. Es ist nicht immer mit einem grösseren Verbiss zu rechnen. In einem ruhigen Umfeld können die Tiere auf den Wiesen fressen und sich dann zum Wiederkäuen in den Wald zurückziehen. Urban Maissen: Nun, falls zum Beispiel eine Wild­ruhezone sich insgesamt für den Schutz­


wald negativ auswirkt, muss über eine Verbes­ serung diskutiert werden. Das passiert aber auch so. Störungen der Jagd sind selbstverständlich zu vermeiden. Gesamtschweizerisch wird ak­ tuell in einer Arbeitsgruppe darüber diskutiert, was Störungen überhaupt sind. Noch wichtiger ist aber der Hinweis, dass die Bündner Jägerin­ nen und Jäger eine sehr wertvolle Arbeit für den Wald leisten. Würde der Jagddruck durch die Jä­ gerschaft mit Ziel der Bestandesreduktion nicht aufrecht erhalten bleiben, würde sich die Situa­ tion im Wald noch verschlimmern. Was können Tourismuskreise und Freizeitsportler wie Wandernde, Biker, Pilzsammler etc. konkret zur Konfliktlösung/-minderung beitragen? Adrian Arquint: Wenn sich Tourismuskreise und Freizeitsportler des Werts der Natur und der Wichtigkeit des Themas Wald-Wild bewusst sind und dies bei verschiedenen Veranstaltun­ gen, Freizeitangeboten und bei der Lenkung der Gäste berücksichtigen, ist schon einiges erreicht. Ich sehe hier aber auch die Rolle der Waldeigen­ tümerinnen und -eigentümer, die einen wichti­ gen Beitrag zur Minderung der Probleme leisten können, indem sie Beruhigungsmassnahmen für das Wild im Winter durchsetzen und das WaldWild-Thema auch im Rahmen von verschiede­ nen Bewilligungsverfahren berücksichtigen. Hier denke ich unter anderem an die Neuschaffung von Angeboten wie Bike- und Wanderwegen. Tarzisius Caviezel: Aufgrund der klimatischen Entwicklung steht der Wald mit steigenden Tem­ peraturen, steigender Verdunstung und Was­ serknappheit vor ganz grossen Veränderungen. Aber auch die Wildtiere werden den Druck der Veränderung spüren. Tourismuswirtschaft, Tou­ rismuspublikum sowie die sporttreibende und mobile Bevölkerung können durch rücksichts­ volles Verhalten und Befolgen von behördlichen Vorgaben vieles bewirken und zur Linderung

des Veränderungsdrucks beitragen. Die Auf­ klärung zum richtigen Verhalten ist daher sicher wichtig. Jedoch müssen eine schweizweit über­ greifende Forschung und kritische Diskussionen und Schlussfolgerungen vielmehr in unserem Fokus stehen. Die Zeit eilt. Eigentlich müssten in sensiblen Gebieten heute diejenigen Bäume gepflanzt werden, die das Klima in 30 Jahren er­ tragen können. Anna Giacometti: Alle müssen sich an bestehen­ de örtliche Einschränkungen der Bewegungs­ freiheit halten. Es sollen nur öffentliche, zu die­ sem Zweck erstellte Wege und Trails benützt werden. So kann der Druck auf den bereits klei­ nen Lebensraum der Tiere vermindert werden. Urban Maissen: Entscheidende Störungen müssen künftig im Rahmen des Wald-Wild-Be­ richtes identifiziert und durch die Verantwort­ lichen gelöst werden. Da sehe ich die Gemein­ den, welche Tourismusgemeinden aber auch Waldeigentümerinnen sind, in der Mitverant­ wortung. Uns Fachstellen bleibt vor allem die Aufgabe der Aufklärung und Sensibilisierung aller Interessengruppen. Tourismuskreise und Freizeitsportler tun gut daran, den Lebensraum zu schonen. Dies im Sinne eines positiven und nachhaltigen Tourismus.

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Erfolgsfaktoren im Spannungsfeld Wald und Wildtiere im Toggenburg Im Toggenburg verjüngt sich seit einigen Jahren die Tanne an vielen Standorten ohne grossen Einfluss der Wildhuftiere. Diese positive Entwicklung hat verschiedene Erfolgsfaktoren. Christof Gantner

Die Waldregion 5 Toggenburg ist eine von fünf Waldregionen und liegt mitten im Kanton St.Gallen. Sie besteht aus zwei Tälern, die sich von Südosten nach Nordwesten erstrecken. Der höchste Punkt ist der Säntis mit 2502 m ü. M. und der tiefste befindet sich auf 550 m ü. M. Die Waldregion dehnt sich von der voralpinen Hügelzone über die Voralpen bis in die Nordalpen. Das Toggenburg ist sehr niederschlagsreich. Der mittlere Jahresniederschlag der Messstation in Ebnat-Kappel liegt bei rund 1800 mm. Die hohen Niederschlagsmengen sowie die tonhaltigen Böden sind die Voraussetzung für wüchsige Wälder.

Reichverzahnte Landschaft im Toggenburg.

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Das eher kühle Klima begünstigt Tanne und Buche. Im Toggenburg dominieren wüchsige und feuchte Buchen-, Tannen-Buchen- und Tannen-Fichtenwälder. Die wichtigsten Baumarten sind daher in abnehmender Reihenfolge Fichte, Buche, Tanne und Bergahorn. Die Wälder werden schon seit Jahrzehnten stufig bewirtschaftet. Die Waldregion 5 umfasst eine Waldfläche von 14 500 ha Wald mit einem Privatwaldanteil von 70 Prozent. Der Wald verteilt sich auf rund 3700 Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer, die mehrheitlich landwirtschaftlich geprägt sind. Die

(Bild: Kantonsforstamt St. Gallen)


Rehgeiss im Wald.

(Bild: Kantonsforstamt St. Gallen)

starke Verzahnung von Wald und Offenland führt zu über 3800 km Waldrand. Die Nutzung liegt bei rund 90 000 fm pro Jahr. Zwei Drittel der Wälder schützen vor Naturgefahren. Es bestehen sechs Wald­reservate, zwei davon zur Förderung des Auerhuhns. Das Toggenburg ist eine Tourismusregion mit dem Schwerpunkt in der Gemeinde Wildhaus-Alt St. Johann. Jagd und Wildtiere im Toggenburg Der Kanton St. Gallen hat die Revierjagd. In der Waldregion 5 Toggenburg befinden sich 30 Jagdreviere. Diese gehören entweder dem Rotwildhegegebiet 1 oder 3 an. Die für den Wald relevanten Wildhuftiere Reh, Rothirsch und Gams kommen im gesamten Toggenburg vor. Das Reh ist flächig anzutreffen. Der Abschuss hat sich in den vergangenen Jahren bei etwas über 1000 Stück eingependelt. 1998 wurden über 1400 Rehe erlegt. Der schneereiche Winter 1999 führte grossflächig zu hoher Sterblichkeit, was zu einem Rückgang des Abschusses gegenüber 1998 von knapp 30 Prozent führte. Danach stieg der Abschuss nicht mehr auf die Werte von 1998 an. Dies hat mit der zunehmenden Luchspopulation zu tun. Der Abschuss widerspiegelt die grobe Entwicklung des Bestandes.

Der Rothirsch hat sich seit 2008 kontinuierlich im Toggenburg ausgebreitet. Er kommt vor allem südlich von Ebnat-Kappel sowie im Gebiet Hörnli-­ Tössstock in grösseren Populationen vor. In den übrigen Gebieten sind die Bestände deutlich tiefer. Die Zählungen im Rothirschhegegebiet 1 zeigen für das Toggenburg einen stetigen Anstieg des Bestandes. Auch der Abschuss nahm kontinuierlich zu und hat sich seit 2006 mehr als verdoppelt. Dieser lag 2023 bei 166 Rothirschen. Die Gämse kommt im Alpstein und in den Churfirsten oberhalb der Waldgrenze vor. Die alpinen Gamsbestände haben für den Wald keine nennenswerte Bedeutung. In vielen Bachtobeln und mit Fels durchzogenen Wäldern finden sich über die gesamte Waldregion verteilt Gamsrudel. Diese sind, nachdem sie mit der Ausbreitung des Luchses stark zurückgegangen sind, in den letzten Jahren kontinuierlich angewachsen. Rund die Hälfte der Gämsen werden im Toggenburg im Waldgebiet

Tanne auch ohne Clip aus dem Äser gewachsen.

(Bild: Waldregion 5 Toggenburg)

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Luchs nutzt den Riss über mehrere Tage.

(Bild: Kantonsforstamt St. Gallen)

erlegt. Da die Gamsbestände im ganzen Kanton, insbesondere im alpinen Raum, stark zurückgegangen sind, wurde die Bejagung aller Gämse reduziert. Davon hat die Waldgams profitiert. Auch die Wintermortalität ist sehr gering und das Äsungsangebot ausserhalb des Waldes gut. Entwicklung des Verbisses Aus alten Akten geht hervor, dass vor 2000 in vielen Gebieten der Wildverbiss bei der Tanne so gross war, dass sich diese kaum verjüngen konnte. Zwischen 2000 und 2014 führte das Kantonsforstamt St.Gallen auf ausgewählten Indikatorflächen Verjüngungskontrollen nach Methode Daniel Rüegg durch. Die Flächen wurden dort angelegt, wo von einer Gefährdung der Mischbaumarten auszugehen war. Die mittlere Verbissintensität über alle Baumarten hat sich von 33 auf 15 Prozent und bei der Tanne von 37 auf 20 Prozent reduziert. Auch die gutachterliche Beurteilung des Verbisses zeigte 2000 fast für das gesamte Toggenburg eine Gefährdung von Mischbaumarten und Tanne. In einigen Gebieten war der Verbiss so stark, dass sogar die Gefährdung aller Baumarten befürchtet wurde. Die gutachterliche Beurteilung fand 2008 das letz-

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te Mal statt. Über die acht Jahre hat sich die Situation deutlich verbessert. So nahmen die Flächen ohne Gefährdung von Baumarten um 32 Prozent zu und diejenigen mit Gefährdung von Mischbaumarten und Tanne um 30 Prozent ab. Die Flächen mit einer Gefährdung aller Baumarten sind sogar ganz verschwunden. 2018 führte das Kantonsforstamt als Pilot die Verjüngungskontrolle zusammen mit der WSL in den Wildräumen 2 und 8 durch. Ein Teil des Toggenburgs liegt im Wildraum 2. Auf einem fixen Stichprobenraster wurden pro Baumart und Höhenklasse die zwei am nächsten zum Stichprobenpunkt liegenden Bäumchen erfasst. Bei der Tanne waren 14 Prozent hauptsächlich im Winter verbissen. Beim Bergahorn lag der Verbiss bei 45 Prozent. Dabei wurde der grösste Teil der Bäume im Sommer verbissen. Es konnte aufgezeigt werden, dass für Fichte, Tanne und Buche nicht mit einem relevanten Einfluss durch Wildhuftiere zu rechnen ist. Beim Bergahorn hingegen könnte der Verbisseinfluss zu einer längerfristigen Abnahme gegenüber der Buche führen. Die Methodik und die detaillierten Resultate wurden im «WALD und HOLZ» 11/2019 unter dem Titel «Verbisseinfluss in der Tannenwaldstufe» publiziert. Die Resultate bestätigen den langfristigen Trend, dass sich die Verjüngungssituation in den Toggenburger Wäldern deutlich verbessert hat. Luchs als Erfolgsfaktor Für diese positive Entwicklung gibt es mehrere Erfolgsfaktoren. Der schneereiche Winter 1999 führte zu einer hohen Mortalität besonders beim Reh. Gleichzeitig startete 2001 das Luchsumsiedlungsprojekt Luno der drei Kantone St.Gallen, Zürich und Thurgau. Das Toggenburg lag mitten im Projektperimeter. Bis 2008 wurden zwölf Luchse ausgesiedelt. Im Winter 2021/2022 konnte Kora mittels Fotofallenmonitoring 20 selbstständige Luchse nachweisen. Gemäss Schätzung gehen die Forscher von 22 Tieren aus. Dies entspricht einer Dichte von 2,79 Luchse pro 100 km² geeignetem


Lothar-Fläche mit vielfältiger Verjüngung.

Holzerei schafft Äsung und Lebensraum.

(Bild: Waldregion 5 Toggenburg)

Habitat (Quelle: Kora Bericht Nr. 109, 2022[1]). Der Luchs führte dazu, dass der Rehbestand nach dem Winter 1999 nicht mehr so hoch anstieg. Auch der Waldgamsbestand ging als Folge der Luchspräsenz deutlich zurück. Im Forstrevier Stockberg erfassen die Förster seit 1989 auf verschiedenen Probeflächen den Verbiss. Bei der Tanne waren bis 2011 je nach Jagdrevier im Mittel 26 bis 38 Prozent der Jungpflanzen verbissen. Mit der Zunahme der Luchspräsenz im Gebiet nahm 2012 der Verbissdruck deutlich ab und pendelte sich zwischen 3 bis 20 Prozent ein. Der Luchs hat nicht nur einen Einfluss auf die Dichte seiner Beutetiere, sondern auch auf deren Verteilung. Die Rehe haben ihr Verhalten der Präsenz des Prädators angepasst. So lagern sie in der Nacht nicht mehr am Waldrand, sondern mitten in der Wiese oder sogar in unmittelbarer Nähe von einzeln stehenden Wohnhäusern. Für die Rehe ist die Gefahr, die vom Luchs ausgeht, deutlich grösser als diejenige durch den Menschen. Weitere Erfolgsfaktoren Neben der Umsiedlung von Luchsen haben weitere Faktoren zum Erfolg beigetragen. Die Stürme

(Bild: Waldregion 5 Toggenburg)

Vivian 1990 und Lothar 1999 haben grossflächige Verjüngungsflächen geschaffen, auf denen ein vielfältiges Äsungsangebot entstand. Die Einführung des neuen Beitragswesens mit dem NFA im Jahr 2008 ermöglichte es, die Schutzwaldpflege im Privatwald zu forcieren und so grossflächig die Waldverjüngung einzuleiten. Seit 2001 wird mit der Schaffung von stufigen Waldrändern das Äsungs- und Deckungsangebot im Wald kontinuierlich erhöht. Auch verschiedene Eingriffe zugunsten der Waldbiodiversität wirken sich positiv aus. All diese Massnahmen haben die Lebensraumkapazität erhöht. Da gleichzeitig der Bestand von Reh und Gams zurückging, konnte ein positiver Effekt auf die Waldverjüngung erreicht werden. Die Jagd bei den Rothirschen konzentrierte sich schwergewichtig auf den Abschuss von weiblichen Tieren und Kälbern. In den letzten vier Jahren waren nur ein Fünftel des Abschusses Stiere. Von Waldseite wurde die Jagd bei der Einrichtung von jagdlichen Einrichtungen und Offenhalten von Bejagungsschneisen unterstützt. So konnte auch die Schwerpunktbejagung in Problemflächen gefördert werden. Die Jagdverwaltung wie auch Jagdvereine boten Weiterbildungen zum Thema effiziente Rotwildbe-

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Gemeinsame Begehung von Kantonsforstamt und

Beurteilung der Tannenverjüngung durch den Forstdienst.

Abteilung Jagd.

(Bild: Kantonsforstamt St. Gallen)

jagung an. Die gemeinsame Broschüre «Erfolgreich Rotwild bejagen» [2] enthält Tipps für die Jagdpraxis. Die Probleme der Wald-Wild-Thematik können die betroffenen Akteure nur gemeinsam lösen. Daher ist die Zusammenarbeit zwischen Forstdienst, Waldeigentümern, Jagdverwaltung und Jagdgesellschaft wichtig. Problemflächen werden zusammen vor Ort angeschaut und gemeinsam Massnahmen festgelegt. Die Umsetzung der Massnahmen und deren Wirkung wird nach einigen Jahren überprüft. Das Kantonsforstamt und die Abteilung Jagd führen regelmässig Begehungen durch. Die Förster nehmen mindestens einmal im Jahr Kontakt zu den Jagdgesellschaften auf, um im Austausch zu bleiben. Auch der Dialog zwischen der Wildhut und der Waldregion findet laufend statt. Dies fördert das gegenseitige Verständnis. Für die Zusammenarbeit ist es wichtig, dass die fachlichen Grundlagen, im Bewusstsein der Ungenauigkeiten, gegenseitig akzeptiert werden. Gleichzeitig werden diese Grundlagen laufend verbessert und weiterentwickelt. Die Förster führen pro Jagdrevier alle vier Jahre eine Lebensraumbeurteilung durch. Die gutachterliche Einschätzung des Wildeinflusses auf die Waldverjüngung wird mit den Wildhütern abgegli-

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(Bild: Waldregion 5 Toggenburg)

chen. Zusammen mit den Jagdgesellschaften werden Problemgebiete bei der Waldverjüngung, für die Jagd und die menschliche Störung diskutiert und festgehalten. Für jeden Problempunkt vereinbaren die beiden Partner Massnahmen, deren Umsetzung im jeweiligen Einflussbereich liegt. Dranbleiben für die Zukunft Die Wald-Wild-Situation ist dynamisch. Daher ist es wichtig, Veränderungen frühzeitig wahrzunehmen, um rechtzeitig reagieren zu können. Eine der grossen Herausforderungen ist der Klimawandel. Bis anhin seltene Baumarten, die wie die Eiche stark verbissanfällig sind, müssen sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auch im Toggenburg verjüngen können. Wie gross der Wildeinfluss in Zukunft auf die Verjüngung sein wird, ist schwierig abzuschätzen. Der vergangene Winter hat gezeigt, dass die Wintersterblichkeit bei Reh, Rothirsch und auch Waldgams deutlich an Bedeutung verliert und schwache Tiere den Winter überstehen. Die Verjüngung einer Waldgeneration braucht zehn bis zwanzig Jahre, darum ist es für den Forstdienst wichtig dranzubleiben, damit die Erfolgsfaktoren weiterhin wirken und der konstruktive Dialog erhalten bleibt.


Die Luchse sind der wichtigste Teil der Erfolgsgeschichte. Daher ist der Bestand vor jagdlicher Regulation zu schützen und Inzucht vorzubeugen. Da Luchse im Gegensatz zum Wolf schlechte Besiedler sind, werden Bestandeslücken langsamer geschlossen und die Vernetzung mit anderen Populationen ist klein. Dies birgt auch das Risiko einer genetischen Verarmung (siehe Kasten). Da die Population Nordostschweiz aus drei verschiedenen Populationen stammt, ist die genetische Vielfalt noch recht hoch. Fazit Im Toggenburg hat der Luchs in Kombination mit Naturereignissen (Winter 1999, Vivian, Lothar) die angespannte Wald-Wild-Situation verbessert, sodass die Lebensraumaufwertungen ihre Wirkung entfalten können. Die Zusammenarbeit der Akteure fördert das Verständnis und bringt tragbare Lösungen. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass im Toggenburg der Einfluss von Reh und Gams auf die Waldverjüngung insbesondere bei der Tanne deutlich bedeutender ist als derjenige des Rothirsches. Wie sich die Bestandeszunahme des Rothirsches auf die Waldverjüngung auswirken wird, ist noch unklar. Offen ist auch, wann und wie der Wolf auf die Hirschpopulation wirkt. Forstdienst und Waldeigentümer sind gewillt, zusammen mit Jagdverwaltung und Jägern die Toggenburger Erfolgsgeschichte weiterzuschreiben. Christof Gantner, Forstingenieur ETH, ist Regionalförster in der Waldregion 5 Toggenburg und aktiver Jäger in einem St.Galler Jagdrevier. Er leitet seit dem 1. Januar 2024

Genetische Verarmung beim Luchs Der Bericht Nr. 99/2021 der Stiftung Kora «50 Jahre Luchs in der Schweiz»[3] zeigt auf, dass mittels der Gründung der Schweizer Luchspopulation vor 50 Jahren ein genetischer Flaschenhals entstand. Die danach einsetzende Inzucht, verstärkt durch Populationsschwankungen, führt zu einer zunehmend genetischen Verarmung der heutigen Populationen. Das Risiko, dass die Schweizer Luchse zum zweiten Mal aussterben, steigt somit stetig. Was benötigen die Schweizer Luchs­ populationen? Die Bonn Lynx Expert Group (2021) empfiehlt unter anderem: – Verbesserung der genetischen Diversität durch Aufstockung (Aussetzung) genetisch passender Tiere – Verbesserung der Vernetzung der verschiedenen Teilpopulationen Heute scheint eine Aussetzung von genetisch passenden Tieren für eine Rettung der Schweizer Luchsbestände unausweichlich. Die Luchse brauchen einen Partner, der es versteht, nachhaltig und langfristig zu denken. Dazu sind verantwortungsvolle Forstfachfrauen und -männer mit ihrem weitsichtigen Denken prädestiniert. Ökologischer Jagdverein Schweiz/oejv.ch

die Arbeitsgruppe Wald und Wildtiere des Schweizerischen Forstvereins.

[1] Sterrer U., Le Grand L., Kunz F., Rüegg M. & Zimmermann F. 2022: Fang-Wiederfang-Schätzung der Abundanz und Dichte des Luchses in der Nordostschweiz II im Winter 2021/22, KORA Bericht 109, 11pp

[2] Link: https://www.sg.ch/umwelt-natur/jagdfische­­r ei/jagd/strategische-jagdplanung.html, 24.4.2024 [3] Stiftung KORA. 2021. 50 Jahre Luchs in der Schweiz. KORA Bericht Nr. 99, 80 pp.

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Reaktion der Bäume nach Endtriebverbiss Bäumchen reagieren unterschiedlich nach Verbiss des Endtriebes. Dies hängt von der Stärke des Verbisses, von der Baumart und ihrer Provenienz, aber insbesondere auch von den standörtlichen Bedingungen und dem lokalen Klima ab. Stress, zum Beispiel infolge von Beschattung und/oder Trockenheit, führt zu einer kleineren bzw. zeitlich verzögerten Bildung eines neuen Endtriebes. Andrea Doris Kupferschmid

Verbiss des Endtriebes durch Rehe, Gämsen und Rothirsche, aber auch durch Wildschweine, Hasen, Mäuse, Eichhörnchen, Vögel oder Schnecken, führt zu einem Verlust an Baumhöhe (Baumlänge), aber auch von Nährstoffen und Meristemen (Bildungsgewebe wie Knospen). Durch Verlust der Endknospe kommt es insbesondere zu einem Verlust der Sprossapikalmeristeme und damit der Apikaldominanz des Endtriebes. Generell gibt es drei Arten, wie ein Bäumchen einen neuen Endtrieb bilden kann: i) aus einer re-

Abb. 2: Reaktion einer Weisstanne aus einer regulär gebildeten Knospe nach x-maligem Winterverbiss (gelbe Pfeile zeigen die Verbissstellen).

Abb. 1: Unter guten Bedingungen reagiert die monopodial wachsende Vogelbeere auf Verbiss im Frühsommer (gelber Pfeil) unver­züglich mit der Bildung eines neuen Endtriebes aus einer zuvor regulär gebildeten Knospe am Endtriebreststück. (Bilder: Andrea Kupferschmid, WSL)

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gulär gebildeten Knospe (welche zu einem Seitentrieb wachsen würde, Abb. 1 und 2), ii) aus einer schlafenden oder iii) einer neu gebildeten Knospe (Adventivknospe, Abb. 3) oder es kann einen bereits vorhandenen Trieb aufstellen (Abb. 4). Dies kann noch in der gleichen Vegetationsperiode (Abb. 1), in der Vegetationsperiode nach dem Verbiss (Abb. 2) oder um ein bis mehrere Jahre verzögert (Abb. 3) geschehen. Dabei kann das Bäumchen Knospen bzw. Triebe verwenden, welche ganz oben am Stämmchen (z. B. direkt unterhalb der Verbiss-Stelle) oder tiefer unten liegen. Je weiter unten das Bäumchen reagiert, desto grös­ser ist


Reaktion durch Aufstellen von Seitentrieben weg. Wenn hingegen nur leichter Endtriebverbiss vorliegt, also praktisch nur die Endknospe fehlt, dann können auch reguläre Seitenknospen zu neuen Endtrieben austreiben. Hinzu kommt, dass starker Verbiss häufiger zu Mehrstämmigkeit führt als leichter Verbiss und damit zu geringerer Stammqualität. Häufigkeit und Abstand des Verbisses Je häufiger ein Bäumchen verbissen wird und je kürzer die Abstände zwischen zwei Verbiss-Ereignissen, je grösser ist der Stress für das Bäumchen und desto schlechter ist die Reaktion (neue statt bereits vorhandene Knospen, zeitliche Verzögerung etc.). Dies gilt aber nicht unter sehr guten Bedingungen bei nur Endknospenfrass (Abb. 2). Abb. 3: Diese Weisstanne bildete nur eine neue Knospe als Reaktion auf Verbiss. Der neue Endtrieb wird damit um mindestens ein Jahr verzögert sein.

in der Regel der Höhenverlust durch Verbiss (aus­ ser bei Aufstellen von Trieben). Die Art und Weise sowie der Zeitpunkt der Reaktion der Bäumchen nach Verbiss des Endtriebes hängt insbesondere ab von: – der Stärke des Verbisses, – der Häufigkeit der Endtriebverbisse und der zeitlichen Abstände, – der Saison des Verbisses, – der Baumlänge zum Zeitpunkt des Verbisses, – der Baumart, – den standörtlichen Bedingungen, – den klimatischen Bedingungen sowie – der Provenienz der Bäume. Endtrieb-Verbissstärke Nach starkem Endtriebverbiss gibt es bei vielen Baum­arten keine regulären Knospen mehr am Reststück des Endtriebes. Dies bedeutet, dass zwingend eine neue Knospe gebildet werden muss oder eine schlafende Knospe austreiben muss. Wenn zusätzlich die Seitentriebe verbissen sind, fällt auch die

Saison des Verbisses Der Zeitpunkt des Verbisses ist wichtig, da er darüber entscheidet, wie viele Reserven verloren gehen und in welchem Ausmass die Ressourcenaufnahme dadurch limitiert wird. Generell wirkt Sommerver-

Abb. 4: Aufstellen eines Seitentriebes ist bei Buchen mit steil stehenden Ästen (vertikalem Wuchs) häufig. Der gelbe Pfeil zeigt die Stelle des Triebschnittes.

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biss am negativsten, da das Bäumchen i) mehr Nährstoffe verliert, ii) kaum mehr Zeit hat, auf den Verbiss im aktuellen Jahr zu reagieren (und falls es reagiert, diese neuen Triebe oft weniger verholzt werden und weniger Frost resistent sind) und iii) weniger Stickstoff aufnehmen kann und damit weniger gespeichert werden kann für das Wachstum im nächsten Jahr. Auch beim Zurückschneiden von Obstbäumen oder von Hecken wird im Herbst oder Frühling vor dem Austrieb geschnitten und nur im Sommer, wenn das Wachstum gedrosselt werden sollte. Baumlänge Je grösser die Bäumchen sind, desto mehr Reserven haben sie, desto länger sind die Wurzeln zur Wasser- und Nährstoffaufnahme und desto mehr Meristeme sind vorhanden, aus denen wieder ausgetrieben werden kann. Deshalb ist der Verbiss an kleinen Bäumchen gravierender als an grösseren Bäumchen. Hinzu kommt, dass ein Biss eines Rothirsches proportional einen stärkeren Verbiss bei einem kleinen als bei einem grösseren Bäumchen bedeutet. Baumart und damit die Wuchsform Der Speicherort der Reserven im Winter liegt bei Laub abwerfenden Bäumen in den dickeren verholzten Trieben und den Wurzeln, wohingegen er bei den immergrünen Nadelbäumen in den jungen Nadeln liegt. Dies führt dazu, dass der Verbiss in der Regel zu einem grösseren Verlust an Stärke und Nährstoffen bei den Nadelbäumen führt und damit zu einem kleineren Reaktionstrieb im Vergleich zu Laubbäumen. Das Verzweigungsmuster (monopodial vs. sympodial), die Architektur des Baumes, sowie die Anzahl und Grösse der Blätter (und damit der Achselknospenmeristeme) bestimmen, wie flexibel die Bäumchen auf Endtriebverlust reagieren. Wenn die Seitenknospen z. B. gegenständig am Stämmchen stehen (wie z. B. bei Eschen und Ahornen), führt Verbiss meist (mindestens vorübergehend) zur Zwieselbildung, da beide obersten Knospen austreiben (Abb. 5). Baumarten mit einem horizontalen Wuchs

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Abb. 5: Zwieselbildung bei gegenständig verzweigenden Baumarten wie Bergahorn. Oft wird mit der Zeit ein Trieb der Dominante, insbesondere nach erneutem Verbiss eines dieser Triebe.

der Seitenachsen (wie Weisstanne, Buche, Linde, Hainbuche und Ulme) stellen bestehende Triebe viel weniger oft auf als Baumarten mit vertikalem Wuchs. (Mehr Details zur Wuchsform und Erklärungen der Begriffe in der online Version) Standörtliche und klimatische Bedingungen Die lokalen Verhältnisse wie Licht-, Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit bestimmen, wie gut ein Bäumchen an einem Standort vor einem Verbiss wächst und damit wie lang der Endtrieb ist und wie viele Knospen daran angelegt wurden. Je mehr Licht, desto mehr Knospen werden gebildet und desto öfter wachsen Johannistriebe (z.B. bei Fichte und Buche) und desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit nach einem Verbiss im Frühling/Sommer noch in derselben Vegetationsperiode zu reagieren oder nach Winterverbiss aus regulär gebildeten Knospen zu reagieren. Unter guten Bedingungen werden auch mehr Seitentriebe angelegt und damit das Aufstellen eines Seitentriebes häufiger beobachtet, zum Beispiel in Lücken oder Freiflächen. Die allgemeine Stresssituation des Baumes, also seine Vitalität, entscheidet auch darüber, wie schnell ein Baum nach Endtriebverbiss reagiert. Beschattung, Trockenheit und/oder Nährstoffmangel können


dazu führen, dass – abgesehen von der Endknospe – insbesondere die grossblättrigen Laubbaumarten und die immergrünen Nadelbäume gar keine Seitenknospen am Endtrieb anlegen. Selbst die schattentolerante Weisstanne reagiert z. B. unter stark beschatteten Verhältnissen oft x Jahre verzögert. Sie braucht zuerst ein Jahr zur Bildung einer neuen Knospe (Abb. 3), aus der im Jahr darauf ein Endtrieb auswächst. Eine Kombination von relativ dunklen Waldbeständen und Trockenheit kann auch bei Laubbäumen verzögerte Reaktionen bewirken. Rund ¹⁄₅ bis ¼ der Ahorne, Buchen, Eschen und Kirschen hatten am Ende der Vegetationsperiode keinen neuen Endtrieb im Forstrevier Kirchberg. Je häufiger ein Bäumchen verbissen wurde, desto kleiner waren seine Höhenzuwächse auch in unverbissenen Jahren. Dies zeigt, dass der Verbiss über mehrere Jahre negativ wirken kann, wenn die standörtlichen und klimatischen Bedingungen nicht «optimal» sind. Jede Baumart kann unter besten Bedingungen den Verbiss überkompensieren, d. h. verbissene Bäume sind x Jahre nach dem Verbiss grösser als unverbissene Bäume. Diese Tatsache stellt man oft in Triebschnittexperimenten in Versuchsgärten fest. Licht-, Wasser- und/oder Nährstoffmangel führen aber in allen diesen Experimenten zu kleinerem Zuwachs mindestens im ersten Jahr nach Verbiss. Einige Experimente wurden gar nicht erst publiziert, weil z. B. nur unverbissene Bäumchen die Trockenheit überlebten, die verbissenen hingegen alle starben. Generell sind kleinere Bäumchen viel schneller «gestresst» als grös­sere Bäumchen. Ein Standort kann heute für die «adulten» Bäume noch gute Bedingungen hergeben, für die Baumverjüngung hingegen (in Kombination mit Verbiss) zu limitierend wirken kann. Provenienz Triebschnittexperimente zeigten, dass Fichten aus Samen von Tieflagen effizienter als solche aus Hochlagen auf Endtriebschnitt reagierten. Das heisst,

Mittelland-Provenienzen bildeten häufiger aus den obersten Knospen einen neuen Endtrieb. Tannen aus Samen aus Tieflagen reagierten schneller auf End­ triebschnitt, d. h. ohne zeitliche Verzögerung, als solche aus Hochlagen. Hingegen war die Resilienz nach Verbiss bei der Buche unabhängig von der Samenherkunft. Zu anderen Baumarten, z. B. Spitzahorn und Eiche, liegen keine kombinierten Provenienzund Triebschnittversuche aus der Schweiz vor. Es ist jedoch noch anzumerken, dass Fichten und Tannen schlechter auf Frostschäden reagierten als auf den Triebschnitt oder auf natürlichen Verbiss. Fazit Nicht jeder Verbiss ist ein gleich grosser «Schaden» für das einzelne Bäumchen. Aber dort wo die Standortsverhältnisse sonst schon relativ schlecht für das Wachsen eines Baumes sind, wirkt der Verbiss am negativsten. Verbiss selber ist auch ein Stressfaktor, so dass bei wiederholtem Verbiss die Reaktion noch verzögerter ist bzw. der Zuwachs des neuen Endtriebes noch kleiner ist. Der Klimawandel verstärkt also an einigen Standorten die Wald-­Wild-Situation. Wichtig zur Einschätzung des Verbisseinflusses ist, wie stark verbissen wurde, ob die Bäume verzögert reagieren, wie stark Verbiss die Zuwächse in den Jahren nach Verbiss reduziert und ob Verbiss die Zuwachsverhältnisse der Baumarten untereinander verschiebt. Um dies abschätzen zu können, reicht die Verbissintensität nicht. Es braucht detaillierte Informationen z. B. über die Ansprache der zwei nächsten Bäume je Art und Höhenklasse (siehe k-Baum-Methode) im Herbst. Andrea Doris Kupferschmid ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der WSL und erforscht den Einfluss von Reh, Gams und Rothirsch auf die Baumverjüngung. Sie berät bei Verbiss-, bzw. Verjüngungsinventuren und wertet das LFI bezüglich Verbiss aus.

Literatur siehe Online-Version

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Künstliche Waldverjüngung im Klimawandel: Erste Erkenntnisse aus dem Projekt Testpflanzungen Pflanzungen gewinnen aktuell auf grossen Störungsflächen an Bedeutung, wenn in der Naturverjüngung keine geeigneten Baumarten zu erwarten sind. Im schweizweiten Projekt Testpflanzungen wird daher getestet, inwiefern Baumarten bereits heute dort gepflanzt werden können, wo das Klima ihnen voraussichtlich gegen Ende des Jahrhunderts zusagt. Zu Beginn des Projekts wird vor allem untersucht, welche Faktoren den Aufwuchserfolg und die Vitalität der gepflanzten Bäumchen unter Wildausschluss beeinflussen. Julia Schwarz, Matthias Wüthrich und Kathrin Streit

Waldverjüngung in Zeiten des Klimawandels Mehr als 90 % der Schweizer Wälder werden natürlich verjüngt. Dieser hohe Prozentsatz könnte sich in Zukunft rückläufig entwickeln, denn der Klimawandel führt zu einer Veränderung verschiedener Faktoren, welche die natürlichen Verjüngungsprozesse beeinflussen. Gleichzeitig verschieben sich die Verbreitungsgebiete der meisten Baumarten. Daher werden Pflanzungen in den kommenden Jahrzehnten an Bedeutung gewinnen, insbesondere wenn nach grösseren Störungen die Schutzwirkungen und andere Leistungen des Waldes stark herabgesetzt sind und in der Naturverjüngung keine geeigneten Baumarten zu erwarten sind. In den meisten Fällen geht es dabei um den gezielten Anbau von Baumarten, die in einem wärmeren und trockeneren Klima voraussichtlich erfolgreich sein können, aber sich heute aufgrund fehlender Samenbäume oder ihrer geringeren Konkurrenzkraft nicht durchsetzen können. Grundlage hierfür ist die Annahme, dass wir mit solchen Massnahmen die erwartete Migration der Baumarten und Herkünfte, welche zum Teil schon begonnen hat, vorwegnehmen können (sog. Assisted Migration). Es gibt noch keine flächendeckenden Empfehlungen für den Anbau von Zukunftsbaumarten in der Schweiz, welche die punktuellen Empfehlungen der

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TreeApp ergänzen könnten. Deshalb werden sie im Testpflanzungsprojekt in ihrem heutigen Verbreitungsgebiet und dort getestet, wo das Klima ihnen gegen Ende des 21. Jahrhunderts zusagen könnte. Im Rahmen des Projekts wird geprüft, welche Umweltfaktoren das Überleben, die Vitalität und das Wachstum der untersuchten Baumarten und Herkünfte entlang von grossen Umweltgradienten bestimmen. Dafür wurden mehr als 55 000 Bäumchen

Abb. 1: Mittlere Temperatur und Niederschlagssumme während der Vegetationsperiode (Mai bis September) in den Jahren 2013 bis 2022 für die 57 Testpflanzungsflächen. Die Klimadaten stammen von Meteotest Schweiz.


Foto 1a: Fläche Samedan.

von 18 verschiedenen Baumarten (jeweils sieben verschiedene Herkünfte) auf 57 Versuchsflächen über die gesamte Schweiz hinweg gepflanzt: www. testpflanzungen.ch. Die Flächen decken einen sehr grossen Gradienten an Klimabedingungen (Abb. 1) und Bodeneigenschaften ab. So fällt auf der trockensten Fläche in der Vegetationsperiode (Mai– September) gerade mal ca. 280 mm Niederschlag, wohingegen es auf der feuchtesten Fläche knapp 1100 mm sind. Auch bezüglich der mittleren Temperatur in der Vegetationsperiode variieren die Flächen stark zwischen 9,5–20°C. In Graubünden befinden sich insgesamt acht Testpflanzungsflächen, welche im trockeneren und kühleren bis mittelwarmen Bereich liegen (Abb. 1, blaue Punkte). Bis auf die Fläche bei Maienfeld, welche auf 580 m über dem Meer liegt, sind alle Bündner Flächen eher hoch gelegen (1110 –1820 m über Meer). Es wird erwartet, dass die Baumarten im Zuge des Klimawandels hochwandern und neue Gebiete erschliessen werden. Ein Beispiel ist die Traubeneiche, deren Hauptverbreitung aktuell in der kollinen und submontanen Stufe liegt, aber welche in den Südalpen bis auf ca. 1200 m vorkommt. Modelle prognostizieren, dass die Traubeneiche in Zukunft auch in hochmontanen oder

Foto 1b: Dort gepflanzte Eiche, 1820 m ü. M. im August 2023, knapp 1 Jahr nach Pflanzung. (Bilder: Testpflanzungsteam)

gar subalpinen Höhenstufen voraussichtlich gute Wuchsbedingungen erfahren wird. Daher wurde die Traubeneiche in den Testpflanzungen in Graubünden und im Wallis bis auf über 1800 m über Meer gepflanzt. Erste Ergebnisse weisen auf gute Überlebensraten der Traubeneiche auch in den höchstgelegenen Flächen hin, so waren in Samedan (Foto 1a) nach einem Jahr immerhin 105 von 108 Traubeneichen vital und nur 3 tot (Foto 1b). Es bleibt aber abzuwarten, wie sich das Überleben und Wachstum in den kommenden Jahren entwickeln wird. In höheren Lagen werden in den Testpflanzungen keine Gastbaumarten getestet, da dort die Auswahl an einheimischen Baumarten, die potenziell hochwandern können, gross genug ist. In den tieferen Lagen werden die Hauptbaumarten, insbesondere Tanne, Fichte und Buche, in Zukunft

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Abb. 2: Zustand der 18 Baumarten bei der Aufnahme im Jahr 2023 über alle 57 Testpflanzungsflächen hinweg.

kein passendes Klima mehr vorfinden. Neue und bisher seltene Baumarten könnten die Anpassungsfähigkeit der Wälder dort positiv beeinflussen. Wo möglich sollen einheimische Arten und Herkünfte Priorität haben, aber im Tiefland kommen viele davon auch an ihre Grenze. In den Testpflanzungen testen wir daher zum einen Herkünfte einheimischer Baumarten aus südlicheren Teilen ihres Verbreitungsgebiets und zum anderen Baumarten, wie die Zerreiche oder Baumhasel, die bisher nur im wärmsten Teil der Schweiz bzw. in Südeuropa vorkommen. Hemmnisse für kürzlich gepflanzte Bäume im Klimawandel Im Testpflanzungsprojekt wird – unter Wildausschluss – untersucht, welchen Einfluss verschiedene Störfaktoren, die eine zunehmende Bedeutung im Klimawandel erfahren, auf das Überleben und Wachstum von jungen Bäumen haben, und unter welchen Bedingungen mit erheblichen Aufwendungen für Nachpflanzungen zu rechnen ist.

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Auf grösseren Störungsflächen führt das dichte Aufkommen von Konkurrenzvegetation teilweise dazu, dass junge Bäume keine Chance haben. Des Weiteren schädigen extreme Wetterereignisse, wie Trockenheit, Frost, Stürme und starke Niederschlagsereignisse, welche zunehmend häufiger vorkommen, insbesondere junge Waldbäume aufgrund ihrer höheren Empfindlichkeit. Zudem sind junge Waldbäume besonders anfällig für verschiedene Krankheiten und Schädlinge, die zu vermindertem Wachstum oder gar zum Absterben führen können. Da sich abiotische Faktoren wie Temperatur und Feuchtigkeit sowohl auf die Anfälligkeit von Pflanzen gegenüber bestimmten Krankheitserregern und Schädlingen als auch auf diese selbst auswirken, führt der Klimawandel dazu, dass sich die Auswirkungen der Krankheiten und Schädlinge teilwiese sehr stark verändern. Um den Einfluss dieser verschiedenen Faktoren zu überprüfen, werden im Testpflanzungsprojekt die Überlebensraten und die Schäden an allen gepflanzten Individuen aufgenommen. Vorläufige Ergeb-


Foto 2: Beispiel einer Buche mit Markierungsstab (gelb), die aufgrund des starken Aufkommens der Begleitvege­tation kaum zu erkennen ist. Fläche Val Müstair im Jahr 2022.

(Bild: Testpflanzungsteam)

nisse aus dem Jahr 2023 weisen auf ein insgesamt zufriedenstellendes Anwachsen hin: So waren über alle Flächen hinweg 86 % aller Pflanzen vital und die Mortalität war mit insgesamt 12 % vertretbar (Abb. 2). Die höchsten Überlebensraten zeigten der Bergahorn (95 %) und die niedrigsten die Baumhasel (76 %). Leider konnte in den allermeisten Fällen (bei ca. 5000 von 6500 Pflanzen) die Todesursache nicht rekonstruiert werden, da aufgrund des hohen Zeitaufwands die Flächen nur einmal im Jahr besucht werden und daher Absterbeprozesse nicht überwacht werden können. Wir vermuten jedoch, dass zu diesem frühen Zeitpunkt (die letzten neun Flächen wurden erst im Frühling 2023 eingerichtet) ein grosser Teil der Verluste und Schäden wohl

eine Folge der Pflanzung selbst (Pflanzschock etc.) gewesen sein dürften. Zudem spielen bei einigen Baumarten die Sortimente eine grosse Rolle. So waren bei Föhre und Douglasie die Ausfälle bei nacktwurzligen Pflanzen viel grösser als bei solchen, die in Quickpots gesetzt wurden. Darüber hinaus stellten wir fest, dass es zwischen den Jahren teilweise erhebliche Schwankungen in der Qualität des Saat- und Pflanzguts gibt. Das insgesamt zufriedenstellende Überleben der gepflanzten Bäume ist sicher zu einem grossen Teil auf die regelmässig stattfindenden Kulturpflegearbeiten zurückzuführen. Die jungen Bäume in allen Testpflanzungsflächen werden bei Bedarf freigeschnitten, da unter den herrschenden Freilandbedingungen mit einer starken Konkurrenz durch die aufkommende Vegetation zu rechnen ist (Foto 2). Die Pflege scheint sich ausgezahlt zu haben, auch wenn sie in einzelnen Fällen selbst die Ursache von Schäden war. So wurden während der Kulturpflegearbeiten etwa 100 Pflanzen versehentlich komplett abgeschnitten, und bei weiteren etwa 500 Pflanzen wurden Teile der Krone unbeabsichtigt entfernt. Ohne die Kulturpflege wären die Überlebensraten jedoch sicher viel niedriger gewesen. Die Zahlen zeigen dennoch, dass die Pflege sehr sorgfältig und regelmässig durchgeführt werden muss, um den Verlust oder die Beschädigung an den gepflanzten Bäumchen zu minimieren. Dies ist vor allem problematisch, wenn der richtige Pflegezeitpunkt verpasst wurde, da dann Konkurrenzvegetation dicht aufkommt, was dazu führt, dass die gepflanzten Bäume und deren Markierungen schlecht zu erkennen sind. So sind im Laufe eines Jahrs knapp 1400 Pflanzen aufgrund mangelhafter Markierung oder im Rahmen der Kulturpflege verschwunden. Bei den überlebenden Pflanzen (88 % aller gepflanzten Individuen) wurden in eher geringem Ausmass Schäden an verschiedenen Pflanzenteilen gefunden: Bei 10% der überlebenden Bäume fanden sich Blattschäden, wie Vergilbungen, rote Punkte und Mehltau oder Frassspuren (Foto 3).

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Einfluss der verschiedenen Störfaktoren wird sich im Rahmen der Aufnahmen in den kommenden Jahren besser abbilden lassen. Zudem sind vertiefende Analysen der biotischen Schäden durch Experten der WSL geplant.

Foto 3: Blattfrass bei Linde auf der Testpflanzungsfläche Bergün.

(Bild: Kathrin Streit)

Weitere 7 % aller überlebenden Pflanzen zeigten Gipfelschäden zumeist unbekannter Ursache; am meisten waren Baumhasel und Kirsche mit jeweils 16 % und am wenigsten die Föhre mit nur 3 % betroffen. Rindenschäden, wie u.a. Frostrisse und Frassschäden, traten im Jahr 2023 bei lediglich etwa 1 % der überlebenden Pflanzen auf. Insgesamt können wir sagen, dass es zumindest bei den überlebenden Pflanzen zu keinen massenhaften Schäden kam, obwohl das Jahr 2023 überdurchschnittlich warm war. Auffallend war, dass sich bestimmte Schäden auf einzelne Flächen oder Baumarten konzentrierten: So führte ein starkes Hagelereignis zu starken Schäden auf einer Testpflanzungsfläche im Tessin. Auf einer besonders staunassen Fläche gab es insgesamt sehr hohe Ausfälle. Des Weiteren gab es auf einigen Flächen Rindenfrass durch Rüsselkäfer, welche zum Absterben der Nadelbäume führten. Der

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Testpflanzungen und danach? Die Ergebnisse der Testpflanzungen werden dazu beitragen, die derzeit erarbeiteten standortspezifischen Baumartenempfehlungen zu verfeinern, weil die Baumarten systematisch in einem sich ändernden Klima getestet werden, auch über ihre üblichen Verbreitungsgebiete hinaus. Da sie auf Freiflächen etabliert wurden, lassen sie Rückschlüsse für Pflanzungen nach grossflächiger Störung zu. Angesichts des Klimawandels und der starken Zunahme an Störungsflächen ist dies von entscheidender Bedeutung. Was jedoch noch fehlt, sind systematisch angelegte Versuche, in welchen zukunftsfähige Baumarten in bestehende Bestände eingebracht werden. Dies betrifft in erster Linie labile Reinbestände, welche in stabilere Mischbestände überführt werden sollen, und wo absehbar ist, dass es an Mischbaumarten fehlt. Es sollte dringend untersucht werden, welche Waldbausysteme am besten geeignet sind, um zukunftsfähige Mischbaumarten einzubringen, und wie die Jungbestandspflege für diese Bestände angepasst werden muss.

Dr. Julia Schwarz ist Forstwissenschaftlerin und arbeitet an der WSL. Sie erforscht kurzfristige sowie langfristige waldbauliche Strategien zur Anpassung der Wälder an die negativen Folgen des Klimawandels. Matthias Wüthrich ist technischer Mitarbeiter an der WSL. Er betreut die Einrichtung der Versuchsflächen und führt Inventuren durch. Dr. Kathrin Streit ist Forstingenieurin an der WSL und leitet das Projekt Testpflanzungen gemeinsam mit Julia Schwarz.


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Wildschutzzäune im Forstrevier Albula – eine kostspielige Notlösung Um in Schutzwäldern eine minimale Verjüngung zu sichern, werden im Forstrevier Albula seit Jahrzehnten Wildschutzzäune mit Pflanzungen erstellt. Der Totalausfall von diversen standortgerechten Baumarten (an vielen Orten auch Fichten) sowie gepflanzten Klimabaumarten ist ein grosses Problem. Der anhaltend wildbedingte Verjüngungsausfall hinterlässt in wichtigen Schutzwäldern zunehmend Schutzlücken. Diese Lücken müssen geschlossen werden, um Verkehrsträger und weitere Infrastrukturen vor Naturgefahren zu schützen. Als Alternative zum Erstellen von permanenten Schutzbauten in diesen Gebieten sind Wildschutzzäune mit Pflanzungen eine mögliche Option, jedoch eine sehr kostspielige. Ben Turner

God las Margiaschlas: Wildschutzzäune sichern die Verjüngung in Schutzlücken oberhalb der Rhätischen Bahn und der Kantonsstrasse Filisur-Bergün.

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(Bilder: Ben Turner, Forst Albula)


Im Forstrevier Albula stehen zurzeit 210 Wildschutzzäune (Gesamtlänge 20 884 m Horizontaldistanz). Die Zäune wurden zwischen 1994 und 2023 erstellt und schützen eine Fläche von 16,2 ha vor Wildeinfluss. Einzelbaumschutzmassnahmen und Zäune in Wald-Weiden sind darin nicht enthalten. Diese 16,2 ha entsprechen 0,2% der produktiven Waldfläche des Forstreviers, also einem Bruchteil der Fläche, auf welcher aktuell (klimafitte) Verjüngung aufwachsen sollte. Der längste Wildschutzzaun misst 664 m, der kürzeste 14 m, wobei die durchschnittliche Zaunlänge bei 100 m liegt.

In den letzten Jahren wurden insgesamt 36 ausgediente Zäune mit einer Länge von 4491 m abgebrochen und fachgerecht entsorgt. Kosten Eine Hochrechnung (siehe Tabelle auf den Folgeseiten 48/49) für das Revier zeigt auf, dass für die aktuell bestehenden Wildschutzzäune Gesamtkosten von rund CHF 2,9 Mio. anfallen, respektive CHF 178 000.– pro Hektar ­behandelte Fläche. Im Schnitt jährlich rund CHF 115 000.–. Abzüglich Beiträge von Bund und Kanton müssen die Waldbesitzer immer noch rund CHF 1,2 Mio. an Restkosten selbst finanzieren, im Schnitt jährlich rund CHF 50 000.–. Die Kosten für Wildschutzzäune setzen sich aus Erstellungskosten, Unterhalts- und Rückbaukosten zusammen, welche auf eine Lebensdauer von 25 Jahren hochgerechnet wurden. Regelmässige Kontrollen im Frühjahr, Herbst und nach Schadenereignissen (Windwurf und Schneedruck) und die sofortige Behebung von Schadstellen sind unabdingbar für den Verjüngungserfolg. Zaunbau Heutzutage werden die Wildschutzzäune mit einer Mindesthöhe von 2,2 m und einer Lebensdauer von mindestens 25 Jahren erstellt. Material – Kastanienpfosten gespitzt, 330 cm lang, Durchmesser 10/12 cm – Kastanienstreben 400 cm lang, Durchmesser 10/­ 12 cm – Knotengitter Ursus AS Medium 180 cm – Litzendraht gewellt verzinkt 3,3 mm – Evtl. Litzendraht verzinkt 2,2 mm und Beton­stahl 18 mm mit Schrägschnitt für Abspannungen Ecken, wenn nötig. – Agraffen/Nägel/Zaunringklammern

Cuolm da Latsch: Montage der Knotengitter für den Wildschutzzaun.

Die Materialkosten betragen rund CHF 23.–/m exkl. MwSt.

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Wildschutzzäune Forst Albula (ohne Einzelschutzmassnahmen) Stand 31.12.2023 Gemeinde

Anzahl Zäune

Zaunlänge m

Zaunfläche a

Erstellungskosten CHF 100.–/m

Albula/Alvra

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5 427

424

CHF 542 700.–

Bergün Filisur

109

10 737

884

CHF 1 073 700.–

Schmitten

46

4 720

311

CHF 472 000.–

Total

210

20 884

1619

CHF 2 088 400.–

Bund und Kanton Beiträge 80% an Erstellungskosten

CHF 1 670 720.–

Waldbesitzer

CHF 417 680.–

Ablauf Erstellung Wildschutzzäune 1. Zaunverlauf wird im Gelände abgesteckt. Die Fläche vorbereitet (Schlagräumung, Mäharbeiten). Das Material bereitgestellt und zur Baustelle transportiert (Heli oder terrestrisch). 2. Rammen der Zaunpfosten. Der Abstand der Pfosten beträgt je nach Gelände zwischen 2,3 und 2,5 m. Die Rammarbeit erfolgt von Hand mit der Handramme oder sofern irgendwie möglich mittels Schreitbagger. Das maschinelle Rammen der Pfosten erleichtert die körperlich sehr anstrengende Arbeit und ist auch wirtschaftlicher. Pro Zaun wird mindestens ein Überstieg erstellt. 3. Montage der Streben an den Ecken. 4. Montage Knotengitter. Das Kontengitter wird mit einem kleinen Seilzug gespannt. 5. Befestigung Litzendraht und Zaunringklammern oberhalb des Knotengitters. 6. Anbringung Sprungdraht. 7. Erstellung der Überstiege. Eventuell Ecken mit Litzendraht zurückbinden. 8. Pflanzungen ausführen. 9. Aufnahme fertiger Zaun mit GPS. Montage Nummer-Plättchen. Nachführung im GIS. Ideale Zaungrösse Eine pauschale Aussage über die ideale Zaungrösse kann nicht gemacht werden. Kleinere sowie grös­ sere Zäune (ab ca. 300 m) haben ihre Vor- und

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Nachteile. Grosse Zäune haben den Vorteil, dass pro Laufmeter Zaun eine grössere Verjüngungsfläche geschützt wird. Jedoch werden auch Baumgruppen eingezäunt, welche keinen Schutz benötigen. Die Kontrolle und das Auffinden von Schadstellen und allfälligem Wild im Zaun wird schwieriger. Ebenfalls kann der Schaden von eingedrungenem Wild bei einem unbemerkten Zaundefekt grösser sein, als wenn von einigen kleineren Zäunen nur einer betroffen ist. Bei kleineren Zäunen kann meistens auf einen Blick kontrolliert werden, ob Schäden vorliegen oder Wild im Zaun ist. Bei grossen Zäunen ist eine Kontrolle im Spätwinter, so lange noch Schnee liegt, ideal, dann weisen allfällige Trittspuren von Schalenwild auf ein Schlupfloch hin. Viele verjüngungsbedürftige Gebiete im Forstrevier wurden über die Jahre sukzessive mit Zäunen geschützt, daher sind meistens kleinere bis mittlere Zäune vorhanden. «Ein Tropfen auf den heissen Stein» Die Ausgangslage betreffend Waldverjüngung ist vielerorts leider verheerend. Einen guten Einblick bietet die interaktive Karte Wald-Wild des AWN, welche den Wildeinfluss auf die Waldverjüngung darstellt. In sehr wichtigen Schutzwäldern mit direkter Schutzfunktion – insbesondere auf der orographisch rechten Talseite des Albulatals – bereitet die ausbleibende Waldverjüngung zunehmend Sorgen. Ohne Schutz kommt nicht einmal die Ver-


Unterhaltskosten CHF 1.–/m/25 J.

Rückbau CHF 13.–/m

Total Kosten 25 Jahre

Jährliche Kosten Total pro Jahr

CHF 135 675.–

CHF 70 551.–

CHF 748 926.–

CHF 29 957.04

CHF 268 425.–

CHF 139 581.–

CHF 1  481 706.–

CHF 59 268.24

CHF 118 000.–

CHF 61 360.–

CHF 651 360.–

CHF 26 054.40

CHF 522 100.–

CHF 271 492.–

CHF 2 881 992.–

CHF 115 279.68

CHF 1 670 720.–

58%

CHF 522 100.–

CHF 271 492.–

CHF 1 211 272.–

42%

Temporärer Schneerechen: Unterhalb eingezäunt mit Verjüngung, welche bald die Schutzfunktion übernimmt; oberhalb ohne Zaun = Totalausfall der Verjüngung,

biss-unempfindliche Fichte auf. Zusätzlich sollten dringend auch verschiedene Klima-Baumarten aufwachsen, zumindest als zukünftige Samenbäume. Weiter ist anzunehmen, dass durch den Klimawandel das Risiko für Schäden durch Naturereignisse

(RhB, Kantonsstrasse, teilweise Siedlungsraum) exponentiell zunehmen wird. Die Kosten für Verjüngungsschutz sind sehr hoch. Der Einsatz von Wildschutzzäunen dient zumindest der aktiven Schliessung von Schutzlücken, welche alternativ die Erstellung von noch kostspieligeren Schutzbauten zur Folge hätten. Für den lokalen Forstdienst stellen sich in diesem Zusammenhang konkrete Fragen: – Wie können effizient und nachhaltig bestehende Schutzlücken in den Schutzwäldern geschlossen werden? – Wie soll der andauernden Baumartenentmischung entgegengewirkt werden? – Wie ist eine flächendeckende Einbringung von zukünftigen Klimabaumarten möglich, obwohl dies aktuell ohne Wildschutzmassnahmen chancenlos ist? – Können wir mit passiven Wildschutzmassnahmen zuwarten oder verlagern wir das Problem damit auf die nächsten Förstergenerationen? – Warum muss der Waldbesitzer in diesem Zusammenhang Kosten tragen? Er kann praktisch keinen Einfluss auf das Problem respektive auf das Wildmanagement nehmen. – Ist nicht die einzige, wirklich Erfolg versprechende und nachhaltige Lösung, dass der Wildeinfluss auf ein waldverträgliches Mass reduziert wird? Ben Turner ist Revierförster beim Forst Albula.

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Umfrage Das Thema «Wald und Wild» bewegt und ist bekanntlich sehr komplex. In Ergänzung der Fachartikel dieser Ausgabe wollen wir eine möglichst grosse Bandbreite von Expertenwissen, Einschätzungen und Stimmen von der Front abbilden. 1. Wie sieht Ihre Einschätzung zur aktuellen ­Wald-­Wild-Situation bezogen auf Graubünden, die Schweiz oder weitere angrenzende Gebiete aus? Als Jäger bewege ich mich zwischen Chur und Landquart auf der rechten Talseite und sehe den Verbiss des Wildes an der Verjüngung. Viele steile, erosionsgefährdete Flächen sind in den letzten Jahr­ zehnten jedoch eingewachsen, beispielsweise die obere Waldgrenze und die Flanken zwischen den Bachläufen und den Altbeständen. Ich kann nicht einschätzen, ob diese Situation die Waldfunktionen gefährdet. 2. Aufgrund welcher Faktoren denken Sie, dass sich die Wald-Wild-Situation nicht in eine positive Richtung entwickelt oder sich die Situation der Waldverjüngung gar verschlechtert? Der Kern des Problems ist der fehlende, ungestörte Lebensraum des Wildes im Winter. Wir Menschen beanspruchen zu viele Flächen für Tourismus, Nah­ erholung, Sport und Anlässe jeglicher Art. Dass in der Folge in den steilen unzugänglichen Schutz­ wäldern oberhalb von Siedlungen und Infrastruk­ turen keine natürliche Verjüngung aufkommen kann, ist logisch. Diese wenigen Wälder sind die letzten Rückzugsgebiete für das Wild. 3. Welche Faktoren oder Entwicklungen stimmen Sie zuversichtlich, dass sich die Wald-Wild-Situation in absehbarer Zeit verbessern wird oder in heutigen Konfliktgebieten entspannt? Der Störfaktor Mensch soll weiter durch Ruhezo­ nen reduziert und die Jagd soll auf Basis wildbiolo­ gischer Grundsätze weiterhin intensiv ausgeübt werden. Der Wald soll offensiver aufgelichtet wer­ den, dass mehr Jungpflanzen wachsen, als das

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Barthli Schrofer, Präsident Sektion Calanda, Bündner Kantonaler Patentjäger Verband.

(Bild: zVg)

Wild verbeissen kann. Nur mit der alleinigen Stell­ schraube «Abschussplan erhöhen» kann die Situa­ tion nicht verbessert werden.


1. Wie sieht Ihre Einschätzung zur aktuellen Wald-Wild-Situation bezogen auf Graubünden, die Schweiz oder weitere angrenzende Gebiete aus? Der (negative) Einfluss des Schalenwildes auf die Waldverjüngung und damit auf die Walderhaltung hat sich schweizweit in den letzten Jahrzehnten verschärft. Nicht alle Regionen sind gleich betroffen. Dies gilt auch für den Kanton St. Gallen. Dort wo jedoch Probleme bestehen, beispielsweise im südlichen Kantonsteil, sind sie gravierend und gefährden Waldfunktionen. Der Klimawandel verschärft die Situation. 2. Aufgrund welcher Faktoren denken Sie, dass sich die Wald-Wild-Situation nicht in eine positive Richtung entwickelt oder sich die Situation der Waldverjüngung gar verschlechtert? Weil wir ein sozialwissenschaftliches Problem mit naturwissenschaftlichen Methoden lösen wollen. Im System Wald-Wild geht’s inzwischen weniger um Bäume und Hirsche, als um Förster und Jäger mit starken Glaubenssätzen, einer Landwirtschaft, die sich aus der Verantwortung zieht, sowie einer Gesellschaft, die mit ihrem Freizeitverhalten den Lebensraum stark beansprucht. Den gordischen Knoten können wir nur gemeinsam lösen. Dazu braucht es gegenseitiges Verständnis, aktives Zuhören und die Einsicht, dass wir im Wald tatsächlich ein Problem haben. 3. Welche Faktoren oder Entwicklungen stimmen Sie zuversichtlich, dass sich die Wald-Wild-Situation in absehbarer Zeit verbessern wird oder in heutigen Konfliktgebieten entspannt? Neue Gesichter können festgefahrene Fronten entspannen (Generationenwechsel). Die Forschung

Dr. Caroline Heiri, Kantonsoberförsterin und Leiterin des Kantonsforstamts des Kantons St. Gallen.

(Bild: Arthur Gamsa)

sowie gute Praxisbeispiele zeigen, was gemacht werden könnte. Der Klimawandel akzentuiert die Situation, es kann nicht mehr weggeschaut werden. Waldfunktionen wie Schutzwald sind gefährdet. Bin ich zuversichtlich? Vielleicht hoffnungsvoll. Und alternativlos – für die Erhaltung unseres Waldes müssen wir einen Weg finden, dass genügend zukunftsfähige Verjüngung aufkommen kann. Und zwar schon heute.

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1. Wie sieht Ihre Einschätzung zur aktuellen Wald-Wild-Situation bezogen auf Graubünden, die Schweiz oder weitere angrenzende Gebiete aus? Die Wald-Wild Situation würde ich als besorgnis­ erregend bezeichnen, innerhalb meines Reviers ist im Verbreitungsgebiet der Weisstanne sowie im Laubholzgürtel der Wildeinfluss gross. Insbesondere zentrale Arten für ein erfolgreiches Anpassen des Waldes an die klimatische Veränderung fallen verbreitet aus. Waldleistungen für kommende Generationen sicherzustellen, ist mit dem heutigen Wildeinfluss eine unlösbare Aufgabe. Fehlen in Zukunft die Waldleistungen, entstehen für die gesamte Gesellschaft grosse Kosten und Sicherheitsprobleme. 2. Aufgrund welcher Faktoren denken Sie, dass sich die Wald-Wild-Situation nicht in eine positive Richtung entwickelt oder sich die Situation der Waldverjüngung gar verschlechtert? Obwohl sich die Jagd in Graubünden seit einigen Jahren bemüht, die Bestände zu reduzieren, ist man von einem waldbaulich tragbaren Wildeinfluss weit entfernt. Das heutige Patentsystem stösst bereits jetzt an seine Grenzen. Ohne eine grundlegende Veränderung im Jagdsystem, das flexibel gute Jagdbedingungen ausnutzen kann, wird eine Verbesserung der Situation kaum möglich werden. Der Ernst der Lage wurde bis heute von den politischen Entscheidungsträgern, der breiten Bevölkerung und der Jägerschaft noch nicht erkannt. Daher ist es verständlich, dass nur zögerlich gehandelt wird. 3. Welche Faktoren oder Entwicklungen stimmen Sie zuversichtlich, dass sich die Wald-Wild-Situation in absehbarer Zeit verbessern wird oder in heutigen Konfliktgebieten entspannt? Aus meiner Sicht ruht die grösste Hoffnung auf der Rückkehr der Grossraubtiere. Insbesondere der Luchs hat hier eine positive Wirkung, dies wurde in der Schweiz und in Europa ja schon mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen. Auch die Strate-

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Mario Lucchinetti, Förster HF und Betriebsleiter Bregaglia.

(Bild: zVg)

gie Wald-Wild ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, und die Jagd kann hier einen besonders wichtigen Beitrag leisten. Wichtig ist, dass man offen ist für alle Massnahmen, die zur Minderung des Wildeinflusses auf den Wald führen und diese akzeptiert, auch wenn sie Einschränkungen mit sich bringen.


1. Wie sieht deine Einschätzung zur aktuellen Wald-Wild-Situation bezogen auf Graubünden, die Schweiz oder weitere angrenzende Gebiete aus? Das Wald-Wild-Problem ist nicht mehr ein Problem einzelner Regionen, sondern ein über den gesamten Alpenbogen verbreitetes Problem. In Graubünden konnte die Trendwende in der Wald-­ Wild-Problematik bis heute nicht eingeleitet werden. Von einer natürlichen Verjüngung standortgerechter Baumarten ohne Schutzmassnahmen sind wir im Verbreitungsgebiet der Laubhölzer und der Weisstanne weit entfernt. Dies insbesondere unter Berücksichtigung der schnell fortschreitenden Klimakrise und der daraus resultierenden Notwen­ digkeit einer Anpassung der Baumartenzusammen­ setzung. 2. Aufgrund welcher Faktoren denkst du, dass sich die Wald-Wild-Situation nicht in eine positive Richtung entwickelt oder sich die Situation der Waldverjüngung gar verschlechtert? Das Verjüngungsproblem der Wälder wurde noch nicht verstanden. Es geht nicht darum, den Förstern zu helfen, ein Forstproblem zu lösen. Es geht darum, zukünftigen Generationen Wälder zu hinterlassen, welche alle von der Gesellschaft geforderten Funktionen erfüllen können. Ansonsten wird es, zumindest in den Gebirgsregionen, kostspielige Sicherheitsprobleme nach sich ziehen. Die unzureichenden Reduktionsziele beim Schalenwild, die vorherrschende Kommunikation in Jagdkreisen sowie die Lethargie der Waldbesitzer zeigen, dass das Problem nicht verstanden wurde.

Corsin Jenal, Forstingenieur FH.

(Bild: zVg)

diesen Tieren gefunden wird. Es fehlt eine gesamtheitliche Sicht. Neben den landwirtschaftlichen Herausforderungen wird die Bedeutung dieser Tiere für die Verjüngung des Waldes oft nicht wahrgenommen. Auch die Strategie «Lebensraum WaldWild 2021» der Bündner Regierung stimmt zuversichtlich. Beweisen muss sich diese jedoch in einer erfolgreichen Umsetzung.

3. Welche Faktoren oder Entwicklungen stimmen dich zuversichtlich, dass sich die Wald-Wild-Situation in absehbarer Zeit verbessern wird oder in heutigen Konfliktgebieten entspannt? Der positive Einfluss der Grossraubtiere Luchs und Wolf auf den Wald ist zunehmend spürbar. Es ist zu hoffen, dass dieser Einfluss von den Politikern erkannt wird und ein entsprechender Umgang mit

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1. Wie sieht Ihre Einschätzung zur aktuellen Wald-Wild-Situation bezogen auf Graubünden, die Schweiz oder weitere angrenzende Gebiete aus? Der Wildeinfluss auf den Wald stellt sich sehr heterogen dar, was eine differenzierte Betrachtung erfordert. Aus meiner Sicht liegt der Fokus oft auf Problemgebieten und etwas weniger auf Standorten mit guter Naturverjüngung. Letztlich sind Wald-Wildtier-Interaktionen ökologisch sehr komplex und abhängig von zahlreichen Standortfaktoren; mit eindimensionalen Vorstellungen zur Waldverjüngung oder Huftierregulation werden wir dieser Komplexität nicht gerecht. Wichtig scheint mir auch, pflanzenfressende Wildtiere als integralen Bestandteil von Waldökosystemen zu betrachten. 2. Aufgrund welcher Faktoren denken Sie, dass sich die Wald-Wild-Situation nicht in eine positive Richtung entwickelt oder sich die Situation der Waldverjüngung gar verschlechtert? Meines Erachtens hängt das zu einem grossen Teil mit unseren Vorstellungen zusammen. So erwarten einige Forstleute eine kontinuierliche Waldverjüngung und viele Jagdleute möglichst stabile und eher hohe Wildhuftierbestände. Dabei wird die teilweise grosse Dynamik, welche natürlichen Systemen immer wieder zugrunde liegt, ignoriert. Solch dynamische Naturprozesse bilden im Hinblick auf nicht-kontinuierliche Verjüngungsschübe aus meiner Sicht ein noch zu wenig beachtetes Potenzial in der ganzen Wald-Wild-Thematik. 3. Welche Faktoren oder Entwicklungen stimmen Sie zuversichtlich, dass sich die Wald-Wild-Situation in absehbarer Zeit verbessern wird oder in heutigen Konfliktgebieten entspannt? Auf Wald- wie auf Wildseite werden immer wieder neue Ansätze ausprobiert und verbesserte Methoden eingesetzt. Vielfach wird erkannt, dass gute Kommunikation und gegenseitiges Verständnis zentral sind in der Wald-Wild-Thematik. Ich bin auch der Überzeugung, dass unsere einheimischen

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Dr. Claudio Signer, Dozent Forschungsgruppe Wildtier­ management, ZHAW Wädenswil.

(Bild: zVg)

Grossraubtiere einen Beitrag leisten können zur Lösung regionaler Wald-Wild-Probleme – sofern ihre Bestände ausreichend hoch sind, ihr Einfluss langfristig genug wirken kann und sie sich möglichst konfliktarm in unsere Kulturlandschaft einbetten lassen.


1. Wie sieht Ihre Einschätzung zur aktuellen Wald-Wild-Situation bezogen auf Graubünden, die Schweiz oder weitere angrenzende Gebiete aus? Der Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft (KWL) sind die Fachkonferenzen der Kantonsförster (KOK) und der Jagd- und Fischereiverwalterinnen (JFK) angeschlossen. Im Positionspapier Wald und Klimawandel der KWL wurde bereits 2019 darauf hingewiesen, dass bei einem klimabedingten Baumartenwechsel, mittels selektiver Pflege der Naturverjüngung oder mittels Pflanzungen, der Schutz der Jungpflanzen unter anderem vor Verbiss besonders beachtet werden muss. Im Bericht «Anpassung des Waldes an den Klimawandel» vom 2. Dezember 2022, welchen die KWL mit dem BAFU in der Verbundaufgabe Wald erstellt hat, wurde der Regulation der Wildbestände ein eigenes Handlungsfeld gewidmet. In der aktuell durch BAFU und KWL erarbeitenden Integralen Waldund Holzstrategie 2050 ist die Wald-Wild-Thematik erneut ein wichtiges Handlungsfeld.

Thomas Abt, Generalsekretär der KWL (Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft).

2. Aufgrund welcher Faktoren denken Sie, dass sich die Wald-Wild-Situation nicht in eine positive Richtung entwickelt oder sich die Situation der Waldverjüngung gar verschlechtert? Das Positionspapier Wald und Wild der KWL von 2018 und die Ergebnisse der Rotwildtagung von 2020 zeigen, dass ein Schlüsselfaktor beim politischen Willen innerhalb der Kantone für eine Zusammenarbeit zwischen Wald und Jagd auf allen Ebenen liegt. Wenn die gegenseitige Akzeptanz vorhanden ist und die Zusammenarbeit gut funktioniert, lassen sich Lösungen erzielen. Ebenfalls sind die Jagdberechtigten und die Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer transparent miteinzubeziehen. Einerseits braucht es den politischen Willen, die kantonale Jagdplanung ausschliesslich aufgrund wildtierbiologischer Überlegungen umzusetzen. Andererseits sind die waldbaulichen und die jagdlichen Planungen zu koordinieren, und bei wildtierbedingten Verjüngungsproblemen im

(Bild: zVg)

Schutzwald sind die öffentlichen Interessen vor private Interessen zu stellen. 3. Welche Faktoren oder Entwicklungen stimmen Sie zuversichtlich, dass sich die Wald-Wild-Situation in absehbarer Zeit verbessern wird oder in heutigen Konfliktgebieten entspannt? Das Postulat 23.3129 Reichmuth «Zukunftsfähige Wälder sind nur mit gesetzeskonformem Wildverbiss möglich!» verlangt vom Bundesrat die Nennung konkreter Massnahmen, mit welchen der Wildeinfluss auf die Waldverjüngung innert weniger Jahren flächendeckend auf ein gesetzeskonformes Mass reduziert werden kann. Die KWL wird an der Erarbeitung des Postulatsberichts in der Verbundaufgabe Wald mitwirken können, und es wird sich zeigen, welche Rolle der Bund in Zukunft einnehmen möchte, um den entsprechenden Gesetzesauftrag aus dem Wald- und Jagdgesetz zu erfüllen.

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1. Wie sieht Ihre Einschätzung zur aktuellen Wald-Wild-Situation bezogen auf Graubünden, die Schweiz oder weitere angrenzende Gebiete aus? In vielen Hirschregionen des Kantons verschärft die unbefriedigende Wald-Wild-Situation sehr stark die Konsequenzen des Klimawandels auf die Wälder im Wallis. Da stehen wir vor sehr grossen Herausforderungen in der Waldbewirtschaftung, besonders in der Sicherstellung der Schutzfunktion des Waldes (90 % unserer Wälder) sowie beim Wildmanagement. 2. Aufgrund welcher Faktoren denken Sie, dass sich die Wald-Wild-Situation nicht in eine positive Richtung entwickelt oder sich die Situation der Waldverjüngung gar verschlechtert? Dem Wald und besonders der Verjüngung fehlt die Zeit. Die Prozesse im Wald, die vom Klimawandel verursacht werden, laufen viel schneller als die Verjüngung. Dies erleben wir seit Mitte der 90er-Jahre in den Föhrenwäldern des Rhonetals und wir sind sehr besorgt über die weitere Entwicklung der Fichte (40 % aller Baumarten im Wallis). 3. Welche Faktoren oder Entwicklungen stimmen Sie zuversichtlich, dass sich die Wald-Wild-Situation in absehbarer Zeit verbessern wird oder in heutigen Konfliktgebieten entspannt? Allgemein ist zu vermerken, dass wir im Wallis seit 2008 über einen Viertel der Schutzwaldfläche behandelt haben (26 000 ha). Wir handeln also sehr stark und konsequent (336 Millionen für die Massnahmen im Schutzwald seit 2008). Ab Dorénaz bis Montana (rechte Seite des Rhonetals) haben wir eine Hirschdichte um die zwei Tiere pro 100 ha, was sogar die natürliche ungeschützte Weisstannenverjüngung erlaubt. Im Mittelwallis konnten wir in drei Hirschregionen ebenfalls eine positive Entwicklung feststellen. Dies dank sehr mutiger Jagdplanung und Durchführung während mehrerer Jahre, in denen wir über 40 % bis sogar über 50 % der im Frühling gezählten Hirsche während

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Jean-Christophe Clivaz, Dienstchef der Dienststelle für Wald, Natur und Landschaft des Kantons Wallis. (Bild: zVg)

der folgenden Jagd im Herbst erlegt haben. Dies ist der einzige gangbare Weg, um die Zukunft der Wälder im Klimawandel zu sichern.


1. Wie sieht Ihre Einschätzung zur aktuellen Wald-Wild-Situation bezogen auf Graubünden, die Schweiz oder weitere angrenzende Gebiete aus? Dass Wildtiere die Entwicklung und Artenzusammensetzung der Bäume im Wald beeinflussen, ist ein natürlicher Vorgang. Durch die intensive Nutzung der Landschaft durch den Menschen (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Freizeit und Tourismus) sowie den Klimawandel entsteht aus forstwirtschaftlicher Sicht ein Ungleichgewicht. In diesem Spannungsfeld ist es schwierig, die aktuellen forstwirtschaftlichen Ziele zu erreichen. Dieses Problem betrifft nicht nur den Kanton Graubünden. 2. Aufgrund welcher Faktoren denken Sie, dass sich die Wald-Wild-Situation nicht in eine positive Richtung entwickelt oder sich die Situation der Waldverjüngung gar verschlechtert? Entwicklungen in der Natur sind nur dann zu werten, wenn sie vom Menschen beeinflusst werden. Beim Wald ist dies der Fall, aus diesem Grund müssen wir uns selber an der Nase nehmen. Die hohen menschlichen Stickstoffeinträge aus der Atmosphäre lassen die Rothirsch- und Rehbestände wachsen und beeinflussen den Baumbestand. Hier muss eingegriffen werden. Zudem sind die vielen menschlichen Störungen keine grosse Hilfe. Sich einzig auf die Reduktion der «schadensstiftenden Arten» zu beschränken, greift zu kurz.

Dr. Flurin Filli, Leiter Naturschutz und Naturraummanagement, Schweizerischer Nationalpark.

(Bild: zVg)

nannte «Wald-Wild-Problem» werden sie jedoch nicht lösen, dies zeigen aktuelle wissenschaftliche Studien aus den Vereinigten Staaten und Europa.

3. Welche Faktoren oder Entwicklungen stimmen Sie zuversichtlich, dass sich die Wald-Wild-Situation in absehbarer Zeit verbessern wird oder in heutigen Konfliktgebieten entspannt? Kurzfristig eigentlich keine, denn die Ursachen werden nicht angegangen. Es wird immer Brennpunkte geben, aber auch Orte, an denen sich die Situation entspannt. Dies ist ganz natürlich. Die Entwicklung der Wolfsbestände lehrt uns, gelassener mit unserer Umwelt zu leben, in der wir nicht alles bestimmen können. Die Wölfe bringen eine natürliche Dynamik in die Landschaft. Das soge-

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Jagdschein als Teil der Försterausbildung?

Im Editorial des «Zürcher Wald» 1/24 wurden die Försterschulen aufgefordert, die Jagdausbildung als wichtigen Teil der Försterausbildung aufzunehmen und nicht so stiefmütterlich zu behandeln, wie das aktuell der Fall sei. Weil man als Leiter einer Försterschule immer wieder mit dieser Forderung konfrontiert wird, habe ich mir erlaubt, im angefügten Leserbrief dazu Stellung zu nehmen. Ich hoffe, damit einen klärenden Beitrag zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Förstern und Jägern zu leisten. Die Verantwortlichen für die Försterlehrgänge werden immer wieder mit der Forderung konfrontiert, dass jeder Förster und jede Försterin nach der Försterschule den Jagdschein in den Händen halten sollte. Dass dem nicht so sei, zeige, dass das Thema Jagd in der Ausbildung stiefmütterlich behandelt werde. Jagdausbildung müsste besonders in den Försterschulen ein wichtiger Bestandteil des Unterrichts sein. Bei allem Respekt möchte ich hier darlegen, wieso ich als Leiter des Bildungszentrums Wald Maienfeld diese Ansicht nicht teile. Als ich, im fortgeschrittenen Alter selbst noch Jägerkandidat, kürzlich den Kurs für Jungjäger im Kanton Graubünden besuchte, entschuldigte sich der unterrichtende Wildhüter dafür, dass in Graubünden so viele Hirsche geschossen werden müssten. Das sei «im Fall» nicht die Idee des Amts für Jagd, sondern von der Bündner Regierung nur auf Druck der Förster so entschieden worden. Man kann sich vorstellen, dass dies nicht unbeantwortet blieb. Es blieb bei diesem «Ausrutscher», nachdem der Referent wusste, dass es Forstleute im Publikum hat. Mich hat dieser Vorfall nachdenklich gestimmt, weil er einmal mehr zeigte, dass selbst Vertreter der kantonalen Jagdbehörde die Anliegen der Förster nicht ernst nehmen. Der Grund dafür ist kaum, dass Förster zu wenig von der Jagd verstehen. Das Problem ist viel eher, dass in Jagdkreisen und in der Politik die Tragweite der teils verheerenden Verbissbelastung in unseren Wäldern nicht klar ist. Es geht also nicht

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darum, das Verständnis der Förster für die Jagd zu verbessern, sondern den Jägern und der Öffentlichkeit verständlich zu machen, dass überhöhte Wildbestände nicht ein Problem der Förster sind, sondern elementare Leistungen des Waldes gefährden, welche für die ganze Bevölkerung wichtig sind. Die eingangs beschriebenen Forderungen deuten an, was passieren kann, wenn aus Forstleuten passionierte Jäger werden. Es ist eindrücklich, wie bei so manchem Forstmann und so mancher Forstfrau der Schalter kippt, wenn der Jägerhut aufgesetzt wird. Ich habe selbst als junger Forstpraktikant erlebt, wie einem geschieht, wenn man plötzlich mit der Waffe in der Hand im Wald steht und Beute machen kann. Die Emotionen, welche dabei geweckt werden, sind wohl der Grund für die grosse Faszination der Jagd. Gleichzeitig sind sie auch eine Erklärung für die selektive Wahrnehmung der Betreffenden, welche seit Jahrzehnten die Wald-Wild-Diskussion so mühsam macht. Daher ziehe ich es vor, dass unsere Studierenden gründlich über die ökologischen und wildbiologischen Zusammenhänge sowie das Wildtiermanagement allgemein unterrichtet und nicht mit allen Facetten der Jägerei belastet werden. Das Bildungszentrum Wald Maienfeld setzt sich seit Jahren intensiv mit diesen Themen auseinander und bereitet angehende Förster und Försterinnen darauf vor, sich in der Wald-Wild-Diskussion fachkundig einzubringen. Jagd ist sicher wichtig, kann aber nur einen Teil zur Lösung unserer Wald-Wild-Problematik beitragen. Wenn wir wollen, dass sie diesen Teil besser erfüllt, sollten wir dafür sorgen, dass in der Jagdausbildung mehr Gewicht auf die waldökologischen und waldbaulichen Zusammenhänge gelegt wird. Erst wenn sich Förster und Jäger in der fachlichen Beurteilung der Problematik einig sind, können sie im eigenen Wirkungsfeld ihren Beitrag zu wirksamen Lösungen leisten. Maienfeld, 29. März 2024 Beat Philipp, Leiter ibW Bildungszentrum Wald Maienfeld


Vorschau «Bündner Wald» August 2024 Forstpersonal In den letzten Jahren machen sich starke Veränderungen in der Berufswelt bemerkbar. Diese sind auch in der Forstbranche wahrzunehmen. Das Wort Fachkräftemangel hört und liest man immer wieder und mancher hat dies bereits im eigenen Betrieb miterlebt. Ist es wirklich nur der Lohn, weshalb die jungen ausgebildeten Forstwart/innen die Branche wechseln, oder liegen die Gründe woanders? Aus verschiedenen Blickwinkeln thematisieren wir das Thema Forstpersonal. Redaktion: Laura Brunner

Vorschau auf die nächsten Nummern: Oktober 2024: Wald und Recht Redaktion: Susi Schildknecht Redaktionsschluss: 9. August 2024 Dezember 2024: Zertifizierter Wald Redaktion: Laura Brunner Redaktionsschluss: 11. Oktober 2024

Herausgegeben von Graubünden Wald und der SELVA | AWN-Ausgabe. Verlag: © Somedia Production AG, CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart, Telefon ­+ 41 (0) 81 300 22 44, buendnerwald @ selva-gr.ch Redaktion: Susi Schildknecht, susi.schildknecht@bluewin.ch, Laura Brunner, redaktion@buendnerwald.ch. Die Redaktion behvält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern. ­Herstellung: communicaziun.ch, 7130 Ilanz. Erscheint sechsmal jährlich. Auflage: 1400 Exem­­plare Inserate: Somedia Promotion AG, Telefon + 41 (0) 81 650 00 70, thusis @ somedia.ch Abonnements­ preise: CHF 60.– (inkl. MwSt. für Mitglieder Verein Graubünden Wald) Abonnemente/Adressände­rungen: Telefon 0844 226 226, abo @ somedia.ch, www.buendnerwald.ch Für Inseratetexte übernimmt die Redaktion keine Verantwortung, auch muss die Meinung der Beiträge nicht mit der Ansicht der Redaktion übereinstimmen. Schreibende, die zu oben stehenden Themen publizieren möchten, sind herzlich eingeladen, ihre Vorschläge der Redaktion einzureichen.

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