Bündnerwald Februar 2024

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Bündner Wald

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Inhalt

Die Fichte – ein morphologisches Baumporträt

Die Fichte – Brotbaum mit unsicherer Zukunft

Bäume als Sensoren zur Überwachung von Rutschungen nutzen 18

Vom Wald zum Wohntraum: Die Vielseitigkeit der Fichte im regionalen Holzbau 22

Holz ist meine Materie, die Kettensäge mein Werkzeug 26 Für Klangholz ist Fichte die erste Wahl

Holzschindeln – wiederentdecktes Kulturgut 34

Unser Nutzholz verlässt den Kanton Graubünden 38

Graubünden Holz – 83 Mitglieder nach einem Jahr!

41 Jahrestreffen der Branchenvorstände 44

Die besten Bündner Objekte sind gefragt 46

Mykorrhizapilze – die unterirdischen Verbündeten der Fichte 48 Fichtenkreuzschnabel und Fichte – eine einseitige Liebe 52 Auszeichnung «Unfallfreie Lehrzeit» 57

Zum Thema

Holzgruass aus Fichte 59 Für Ihre Agenda 2024 60

Geschätzte Leserinnen und Leser 61

Vorschau «Bündner Wald» April 2024 63

Titelbild:

Winterwald. (Bild: Cristina Fisler)

Strukturreicher subalpiner Fichtenwald mit Vorverjüngung. Zur Erhöhung der Resilienz wäre eine grössere Baumartenvielfalt in der Verjüngung und Oberschicht anzustreben. (Bild: A. Rigling)

Editorial

Die Gewöhnliche Fichte (Picea abies) ist die vorherrschende Baumart im Bündner Schutzwald wie überhaupt in den Wäldern der Schweiz. Sie liefert auch das wichtigste Bau- und Konstruktionsholz und ist damit bis heute die wichtigste Wirtschaftsbaumart der Schweiz. Landesweit gibt es rund 175 Millionen Fichten mit einem Brusthöhen-Durchmesser von über 12 cm, das entspricht 36 % aller Bäume und 42 % des Holzvorrats im Schweizer Wald. In Graubünden ist sie sogar noch dominanter, sie steht auf zwei Dritteln unserer Waldfläche und bildet 65 % des Bündner Holzvorrats. Wie sie ihren Siegeszug antrat und vor gut 7000 Jahren auch in Graubünden zu wurzeln begann, ist in dieser Ausgabe zu lesen. Auf dem Weg in die Zukunft steht die Fichte vor grossen klimatischen Problemen, was wiederum Herausforderungen für die Waldbewirtschaftung mit sich bringt.

Ihre Überlebensstrategien sind legendär, sie ist zäh und kreativ darin, wie sie mit Verletzungen und Verbiss umgeht, sich je nach geologischen, Umwelt- und klimatischen Einflüssen oder genetischen Konstellationen entwickelt und die alte Försterweisheit bestätigt: «Jede Ficht’ hat ihr Gesicht». Picea abies ist von allen (ca. 35) Fichtenarten die variabelste. Und eine Vertreterin ihrer Art gilt auch als ältester «Baum» Europas, ein ca. 9500 Jahre alter Fichtenklon an der Baumgrenze in Nordschweden. Wer das Baumporträt von Prof. Ottmar Holdenrieder liest, kann nicht anders als tiefe Ehrfurcht für die Meisterleistungen der Evolution zu empfinden. Ein Beispiel aus dem Abschnitt «Benadelung»: Mit 5–10, maximal gar 50 Millionen Nadeln regelt eine ausgewachsene Fichte ihre Wasserverdunstung und die Aufnahme von Kohlendioxid. Raffinierte «Ingenieurskunst» der Natur! Fichtenholz wird vielfältig verwendet und geschätzt, für Grosses wie den Neubau des Fachhochschulzentrums Graubünden in Chur, aber auch für Grossartiges im Kleinformat wie Schindeln, Musikinstrumente oder Holzskulpturen. Wie vielseitig die Fichte den regionalen Holzbau prägt, liest man im Beitrag über

die ruwa holzbau ag. Und wie sich Graubünden Holz für die einheimische Wertschöpfung und eine durchgehende Holzkette im Kanton starkmacht, ist ebenfalls Thema dieser Ausgabe. Am Bildungszentrum Wald in Maienfeld beschäftigt man sich mit der Fichte ebenso wie in den Laboren der WSL. Wir freuen uns, der Fichte die verdiente Referenz zu erweisen.

(Bild: Jürg Hassler, Amt für Wald und Naturgefahren)

Redaktorin Susi Schildknecht

Die Fichte – ein morphologisches Baumporträt

Die Gewöhnliche Fichte (Picea abies), auch bekannt als Rottanne oder Pechtanne, ist der häufigste Waldbaum Graubündens (ca. 2⁄3 der Waldfläche ist damit bestockt; 65 % des Holzvorrats) und die einzige in Mitteleuropa natürlich vorkommende Art dieser Gattung.

Sie gilt als wichtigster «Brotbaum» der Forstwirtschaft, gerät aber aufgrund des Klimawandels zunehmend unter Druck, da sie an kühl-feuchte Umweltbedingungen angepasst ist. Im Tiefland, wo sie sehr häufig angepflanzt wurde, gilt sie deshalb als Auslaufmodell. In höheren Lagen der Gebirge und in Nordeuropa ist die Fichte jedoch auch zukünftig eine unverzichtbare Komponente des Waldökosystems.

Verzweigung und Kronenform

Die Fichte ist ein grosser, langlebiger, immergrüner Nadelbaum mit einem geraden, durchgehenden Stamm und einer meist spitzkegeligen Krone, die –im Unterschied zur Tanne (Abies alba) – auch im Alter ihre Form behält. Sie erreicht Höhen von 30-50 (max. 60) m mit bis 1,5 (−2) m Stammdurchmesser und wird maximal bis ca. 500 Jahre alt. Gelegentlich können sich auf dem Boden aufliegende Äste be-

Abb. 1: Beispiele für Kronenformen der Fichte. a: Kammfichte, b: Plattenfichte, c: Säulenfichte mit hängenden Ästen, d: vom Weidevieh verbissene «Geissentanneli» (im Vordergrund), e: kegelige Kronen und ein Exemplar mit extremer Säulenform. (Bilder: a/c: J. Hassler; e: U. Bühler; b/d: O. Holdenrieder)

wurzeln, zu eigenständigen Individuen heranwachsen und sogenannte «Fichtenfamilien» (genetisch einheitliche Klone) bilden, die immer weiter wachsen können. Im subalpinen Fichtenwald ist dies eine wichtige Überlebensstrategie (vgl. dazu den Beitrag von J. Hassler im «Bündner Wald» 1/21). Der älteste «Baum» Europas ist ein ca. 9500 Jahre alter Fichtenklon an der Baumgrenze in Nordschweden. Der Gipfeltrieb ist bei der Fichte normalerweise die einzige stets aufrecht wachsende Achse, die Äste sind mehr oder weniger horizontal orientiert. Nach Verletzung des Gipfeltriebs richten sich jedoch die oberen Äste auf und es entstehen Zwiesel- oder mehrstämmige Kandelaberfichten. Auch bei schräg gestellten Stämmen können sich Seitenzweige an

der Oberseite aufrichten und eine «Harfenfichte» bilden. Bei wiederholtem Verbiss junger Bäume entstehen halbkugelige strauchartige Formen («Geissentanneli», Abb. 1d).

Die diesjährigen Triebe sind in der Regel unverzweigt. Die neuen Triebe sind in der Knospe vorgebildet (gebundenes Wachstum, vgl. Abb. 2a). An jüngeren Bäumen kann bei günstiger Witterung die Spitzenknospe des neu gebildeten Triebes, nach einer kurzen Ruheperiode, bereits im Spätsommer austreiben und weiterwachsen (Johannistrieb, Prolepsis). Gelegentlich geschieht das auch ohne Ruhephase (Syllepsis). Da sich mehrere, direkt unterhalb der Gipfelknospe des Haupttriebes befindliche Seitenknospen im Folgejahr zu kräftigen Seitentrie-

Abb.2: Verzweigung und Benadelung der Fichte. a: Längsschnitt durch die Gipfelknospe im Winter (im Zentrum ist der vorgebildete Trieb des Folgejahres erkennbar), b: Austrieb von schlafenden Knospen auf der Astoberseite (Proventivtriebbildung), c: teilweise entnadelter Zweig mit Nadelstielchen, d: hängender Zweig in der Schattenkrone, e: Zweig in der Lichtkrone, f: Nadeloberfläche mit Stomata. (Bilder: b: G. Aas; alle weiteren: O. Holdenrieder)

ben entwickeln und später zu Hauptästen werden, entsteht die vor allem für junge Bäume typische etagenartige Kronenarchitektur.

Bei oberflächlicher Betrachtung sehen alle Fichten ähnlich aus. Doch «jede Ficht hat ein andres Gsicht» (Abb.1a–e). Als Grundtypen lassen sich im höheren Alter folgende Kronenformen unterscheiden: Die Plattenfichte mit horizontalen Ästen und Zweigen, die Kammfichte mit horizontalen Ästen und hängenden Zweigen, die Bürstenfichte mit kurzen, bürstenartig verzweigten Ästen. Zwischen diesen Typen gibt es jedoch Übergänge, sodass eine eindeutige Zuordnung nicht immer möglich ist. Kronen mit besonders schmaler und langer Krone (Spitz- oder Säulenfichten) kommen häufiger im Gebirge vor und werden meist als Anpassung an hohe Schneelasten bzw. Eisanhang interpretiert. Sie können dadurch entstehen, dass die Äste entweder stark verkürzt sind («Walzenfichte») oder herabhängen («Spindelfichte»). Bei der «Schlangenfichte» handelt es sich um eine sehr seltene Mutation, bei welcher die Seitenzweige (bei einzelnen Exemplaren auch die Äste) überwiegend an der Spitze wachsen, sich nur wenig verzweigen und herabhängen.

Die verschiedenen Kronenformen sind sehr wahrscheinlich genetisch bedingt, können aber durch Umwelteinflüsse, welche das Absterben von Trieben bzw. den Austrieb schlafender Knospen bewirken, im Lauf der Entwicklung des Baumes verändert werden. Solche Proventivknospen befinden sich bei der Fichte nur an den Oberseiten von dickeren Ästen. Sie ermöglichen dem Baum den Ersatz verlorener Kronenteile (Abb. 2b).

Auch das Erscheinungsbild des Fichtenstammes variiert deutlich: In der Jugend ist die Rindenoberfläche glatt und rotbraun, später bildet sich eine Borke, die sehr unterschiedlich strukturiert sein kann (z. B. «Schuppenfichte», «Lärchenfichte») und die im Alter auch eine «tannenähnliche» helle Farbe annehmen kann. Hellrindige Fichten haben oft auch eine hellgraue Wachsschicht auf den Nadeln («aviez

selvadi – Wilde Weisstanne» im Unterschied zu «pign – Gewöhnliche Fichte»). Diese Form wurde in Graubünden als «Alpenfichte» (var. alpestris) beschrieben, geriet aber weitgehend in Vergessenheit. Bei der im Gebirge öfter vorkommenden «Zitzenfichte» sind die Astbasen stark verdickt (der Begriff wird aber auch für eine sehr seltene Form mit ausgeprägten Korkwarzen verwendet). Gelegentlich entwickeln sich im unteren Stammbereich auffällige Holzknollen («Maserknollen» oder «Kröpfe»), die für künstlerische Holzarbeiten sehr gesucht sind. Die Ursache dieser Stammdeformation bei der Fichte ist unbekannt.

Die Haselfichte ist eine Form mit besonders langfaserigem, elastischem und zähem Holz («Hagelholz»), das für den Instrumentenbau sehr gesucht ist. Sie kommt in Höhen ab 1000 m (selten ab 700 m) vor. Am stehenden Baum ist die Haselfichte schwer erkennbar (Hinweise geben können eine ungewöhnlich dicke, längsrissige Borke und Unterschiede in der Brüchigkeit der Zweige). Eindeutige Merkmale sind bis etwa 25 cm lange, 0,5–2 mm tiefe Rillen im Holz unter der Rinde, die sich auch kreuzen können («glismetes Holz») und die im Querschnitt wellig verlaufenden Jahrringe. Die Holzveränderung tritt erst ab einem Alter von ca. 35–40 Jahren auf und ihre Ausdehnung innerhalb des Stammes ist sehr variabel. Die Ursache für diese Anomalie ist unbekannt, neuerdings wird eine Pilzinfektion als Auslöser vermutet.

Zusätzlich zu den beschriebenen Varianten gibt es über 100 «gärtnerische» Sorten (Mutanten) von P. abies, die vegetativ vermehrt werden und im Wald keine Verwendung finden. Die Fichte ist eine morphologisch ausserordentlich variable Baumart.

Benadelung

Koniferennadeln sind ein Meisterstück der Evolution: Sie sind langlebig, klein und schwer verdaulich. Sie funktionieren das ganze Jahr über, sie welken nicht und ermöglichen der Pflanze das Überleben in trockener Luft. Eine ausgewachsene Fichte be-

sitzt etwa 5–10 (maximal 50) Mio. Nadeln. Davon werden alljährlich mindestens 10 % ersetzt. Ungefähr 1500–3000 kg Nadeln fallen in einem Fichtenwald jedes Jahr pro Hektar zu Boden. Das sind bis zu über 40 00 0 Nadeln pro m². Fichtennadeln leben je nach Umweltbedingungen unterschiedlich lange (im Mittelland meist 6–7, im Gebirge bis maximal 20 Jahre). Die Nadelmasse kann je nach Umweltbedingungen stark schwanken, denn der Baum reagiert auf Stress mit Nadelverlusten. Er kann verlorene Nadeln aber gut ersetzen, wenn sich die Situation verbessert. Die 10–25 mm langen, meist glänzend dunkelgrünen (gelegentlich auch graugrünen) Nadeln (Abb. 2d–f) stehen einzeln und spiralig am Trieb, abhängig von der Belichtung orientieren sie sich aufrecht bis mehr oder weniger horizontal. Sie sitzen auf

kleinen Stielchen, die nach dem Abfallen der Nadel am Trieb stehen bleiben (Abb. 2c). Dies ist ein Merkmal aller Fichtenarten (im Unterschied zu Tannen). Ein spezielles Trenngewebe zwischen Stielchen und Basis ermöglicht bei Bedarf (z. B. Wassermangel) ein rasches Abwerfen der Nadel. Fichtennadeln sind im Querschnitt mehr oder weniger rautenförmig und sehen auf allen Seiten gleich aus (äquifaziale Blätter). Wenn man die Nadeloberfläche mit der Lupe betrachtet, sieht man auf jeder Seite mehrere Reihen kleiner weisser Pünktchen (Abb. 2f). Das sind die Spaltöffnungen (Stomata). Sie haben im Zentrum zwei lippenförmige Zellen, mit denen ein winziges spaltförmiges Loch je nach Bedarf geöffnet oder verschlossen werden kann. Jede Spaltöffnung liegt am Grunde von einem kleinen Grübchen, das ca. 10–20 Tau-

Abb. 3: Blüten der Fichte. a: Zweig mit Blüten, b: weibliche Blütenzäpfchen, c: männliche, noch geschlossene Blüten, d: voll entwickelte männliche Blüten. (Bilder: G. Aas)

4: Wurzelsystem der Fichte. a: Wurzelanlauf eines alten Baumes mit zahlreichen Horizontalwurzeln, b: Stelzenfichte, c: Wurzelteller einer Fichte auf staunassem Standort, d: Adventivwurzelbildung aus dem Stamm nach Überschüttung.

(Bilder: d: J. Hassler; a–c: O. Holdenrieder)

sendstel mm tief ist. Das Grübchen ist mit einem porösen Wachspropf verschlossen, der hell erscheint. Diese Wachspropfen funktionieren als Minischnorchel: Sie verhindern, dass sich auf der Nadeloberfläche ein geschlossener Wasserfilm bilden kann, welcher den Gasaustausch behindern würde. Es gibt bis zu etwa 1000 solche Spaltöffnungen pro Fichtennadel, ihre Fläche macht aber weniger als 1 % der Nadeloberfläche aus. Damit regelt der Baum seine Wasserverdunstung und die Aufnahme von Kohlendioxid.

Blüte und Samen

Die Fichte blüht im Freistand ab einem Alter von 20–40 Jahren, im Bestand jedoch erst ab ca. 50–60 Jahren. Die Geschlechter sind voneinander getrennt,

befinden sich jedoch am gleichen Baum (Einhäusigkeit, Abb. 3a). Die kätzchenartigen männlichen Blüten sind anfangs eiförmig und rot, später zylindrisch und gelb (Abb. 3c–d). Sie entstehen in den Achseln von Nadeln an vorjährigen Trieben und sind über die ganze Krone verteilt. Die weiblichen, grünlichen bis purpurroten Blütenzäpfchen sitzen an den Zweigspitzen gehäuft im oberen Kronenbereich (Abb. 3 a–b). Sie stehen anfangs aufrecht, orientier en sich jedoch nach der Befruchtung nach unten und hängen dann herab, sodass die reifen Samen herausfallen können. Die Blüte erfolgt unregelmässig im Abstand von 2–4 Jahren. In grösseren Abständen (etwa alle 10 Jahre) kommt es zu einer Massenblüte, in Försterkreisen als Vollmast bezeichnet, die mit einem «Schwefelregen» (gelbe Pollenwolken) ein-

Abb.
a c b d

hergeht. Der Fichtenpollen fliegt mehrere Kilometer weit. Er löst keine Allergie bei Menschen aus. Eine Selbstbefruchtung wird dadurch stark reduziert, dass weibliche und männliche Blüten am gleichen Baum meistens nacheinander blühen (Dichogamie). Zudem befinden sich die weiblichen Blütenstände überwiegend im oberen Kronenbereich, was die Wahrscheinlichkeit einer Fremdbestäubung erhöht. Die Zapfen wachsen im Lauf des Jahres zu einer Länge von bis zu 20 cm heran, sind während des Sommers grün oder – vor allem in Hochlagen – rot und verfärben sich im Herbst braun. Von aussen sind nur die Samenschuppen sichtbar (die Tragblätter oder Deckschuppen sind winzig klein). Die Form der Zapfenschuppen ist sehr variabel. Die Zapfen reifen von September bis November. Sie öffnen sich bei niedriger Luftfeuchte (unter 18 %) und überlassen die geflügelten Samen dem Wind. Dies ist meist im Spätwinter der Fall. Die (ohne Flügel) ca. 2–4 mm grossen Samen sind ausserordentlich resistent gegen Kälte und Austrocknung. Man kann sie bis ca. 30 Jahre lang lagern, ohne dass sie ihre Keimfähigkeit verlieren. Ein grosser Baum bildet in einem Mastjahr bis zu ca. 600 Zapfen (dies entspricht etwa 100 0 00 Samen).

Wurzelsystem

Das Wurzelsystem der Fichte ist tellerförmig und sehr ausgedehnt und erreicht bei alten Bäumen meist einen Durchmesser von ca. 9–12 m (Abb. 4).

Die Hauptwurzelmasse befindet sich in den oberen Bodenschichten bis ca. 1 m Tiefe. Auf staunassen, luftarmen oder kalten Böden reichen Wurzeln oft nur in bis zu ca. 50 cm Bodentiefe (Abb. 4c). Auf besser durchlüfteten und tiefgründiger durchwärmten Böden bilden sich an flachstreichenden, dickeren Seitenwurzeln vertikal bis über 2 m tief nach unten wachsende Senkerwurzeln, die sich weiter verzweigen. Nach Überschüttung können sich auch sprossbürtige Wurzeln aus dem Stamm bilden (Abb. 4d).

Vor allem in Hochlagen wachsen Sämlinge oft auf Totholz (Moderholzverjüngung). Im Lauf der Jahre

wird das Totholz abgebaut und der aus dem Sämling entstandene Baum steht dann auf Stelzwurzeln («Stelzenfichte», Abb. 4 b).

Schlussbemerkung

Picea abies ist von allen (ca. 35) Fichtenarten die variabelste. Dies äussert sich nicht nur in der Gestalt, sondern auch im ökologischen Verhalten und ihrer genetischen Vielfalt. Die Gewöhnliche Fichte ist in der Zeit von ca. 6000–5000 Jahren v. Chr. von Osten nach Westen in die Schweiz eingewandert und hat sich im Lauf der Zeit an lokale Standortbedingungen genetisch angepasst. Dies gilt insbesondere für Populationen in Hochlagen. Die schmalkronigen Gebirgsfichten lassen sich heute mit neu entwickelten Genmarkern gut von den Tieflandformen unterscheiden. Inzwischen wurde das gesamte Genom mehrerer Fichtenarten entziffert und man dürfte in Zukunft einen wesentlich verfeinerten Einblick in die genetische Differenzierung von P. abies erhalten. Diese Befunde tragen zum Verständnis der biologischen Bedeutung der morphologischen Variation bei und sind wichtig für die Erhaltung der Fichte im Klimawandel, z. B. wenn es um die Entscheidung geht, ob man ihr bei der Anpassung an zukünftige Umweltbedingungen durch das Einbringen zusätzlicher Genvarianten helfen soll oder nicht.

Für wertvolle Hinweise, Abbildungen und Korrekturen danke ich Gregor Aas, Jürg Hassler, Reinhard Gschwind, Thomas Ludwig und Lioba Paul.

Literaturangaben sind beim Verfasser via E­Mail ottmar.holdenrieder@gmx.ch erhältlich.

Ottmar Holdenrieder leitete von 1990 bis 2016 die Professur für Forstschutz und Dendrologie an der ETH Zürich. Sein Forschungsschwerpunkt waren Baumkrankheiten und ihre Erreger. Heute geniesst er den Ruhestand und erfreut sich auch an gesunden Bäumen.

Die Fichte – Brotbaum mit unsicherer Zukunft

Die Fichte entwickelte sich im 19. Jahrhundert zum eigentlichen Brotbaum der zentraleuropäischen Forstwirtschaft. In ihrem natürlichen Kerngebiet, in der hochmontanen und subalpinen Stufe, bildet sie ausgedehnte Schutzwälder. Stürme, Trockenheit und Borkenkäferbefall führen zunehmend zu Fichtensterben und stellen ihre zukünftige Entwicklung und Bewirtschaftung im Klimawandel in Frage.

Dr. Andreas Rigling, Dr. Alessandra Bottero, Dr. Matthias Bürgi

Geschichte der Fichte

Nach dem Höhepunkt der letzten Eiszeit, vor ca. 22 00 0 Jahren, zogen sich die Gletscher wieder aus dem Tiefland zurück und die Pflanzen, die in den wärmeren Rückzugsgebieten die Kaltzeit überdauert hatten, begannen sich Richtung Norden auszubreiten. Ausgehend vom Rückzugsgebiet in den Südostalpen Sloweniens erreichte die Fichte (Picea abies Karst.) vor rund 7000 Jahren den Kanton Graubünden (Lang 1994).

Der Schwerpunkt des natürlichen Verbreitungsgebietes der Fichte liegt heute im borealen Nadelwald, in kontinentalen Klimagebieten. Ihr natürliches Vorkommen in Mitteleuropa ist hauptsächlich in der hochmontanen und subalpinen Stufe und entsprechend ist sie in vielen Gebirgen Mittel- und Südosteuropas anzutreffen, wo sie teilweise die obere Baumgrenze bildet. Bestandesbildend ist sie in tieferen Lagen nur auf Sonderstandorten, wie Kaltluftlagen, und nährstoffarmen oder staunassen Böden (Aas 2017), jedoch ist sie als Kulturfolgerin auch in vielen Laubmischwäldern anzutreffen (Küchli 2000).

Aufgrund des breiten Standortspektrums, ihrer guten Wuchsleistung und des hohen Anteiles an wertvollem und gut zu bearbeitendem Nutzholz, der Eignung für Aufforstungen, der verhältnismässig geringen Anfälligkeit gegen Wildverbiss und insgesamt einfachen waldbaulichen Steuerung entwickelte sich die Fichte im Verlaufe des 19. Jahrhunderts zum eigentlichen Brotbaum der zentraleuropäischen

Forstwirtschaft, wo sie bis heute grossflächig und ausserhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes angebaut wird.

Fichtenholz ist aufgrund seiner mechanischen Eigenschaften das wichtigste Bau- und Konstruktionsholz und bis heute die wichtigste Wirtschaftsbaumart der Schweiz. Im Deutschland des 19. Jahrhunderts galt die gerade und in «Reih und Glied» wachsende Fichte als Baum der Preussen, als ein Zeichen guter und fürsorglicher Waldpflege (Schmidt 2017). Die Fichte hat aber auch eine weitzurückreichende soziokulturelle Bedeutung, z. B. in der Volksmedizin aufgrund der heilenden Wirkung ihrer harzreichen Gewebe. Die Rinde wurde aufgrund des hohen Gehaltes an Gerbstoffen lange in der vegetabilen Gerbung eingesetzt. Aufgrund der ausserordentlichen Klangeigenschaften des langsam gewachsenen Fichtenholzes mit engen und regelmässigen Jahrringen wird es seit Jahrhunderten als wertvolles Klangholz für Musikinstrumente eingesetzt. Das Fichtenklangholz aus den Bündner Bergen hat diesbezüglich einen hervorragenden Ruf und entsprechend sind die genauen Wachstumsgebiete dieser wertvollen Stämme wohlgehütete Geheimnisse.

Neben der Holzproduktion ist im Kanton Graubünden, wie auch in anderen Gebirgsgegenden, der Schutz der Bevölkerung und der Infrastruktur vor Naturgefahren die wichtigste Aufgabe des Waldes. Im 19. Jahrhundert konnten viele Gebirgswälder, aufgrund von zu intensiver Holznutzung und über-

mässiger Beweidung diese Schutzfunktion nicht mehr gewährleisten. Nach Inkrafttreten des ersten Schweizer Forstgesetzes im Jahre 1876 mussten die darniederliegenden Fichtenwälder vielerorts wieder aufgeforstet werden (Küchli 2000).

Die Fichte heute

Heute wachsen in der Schweiz rund 175 Mio. Fichten mit einem Durchmesser auf Brusthöhe > 12 cm. 36 % aller Bäume sind also Fichten und ihr Holzvorrat macht 42 % des gesamten Holzvorrats (415

Mio. m³) im Schweizer Wald aus. Die Verbreitungsschwerpunkte der Fichte liegen in den Voralpen (27 %) und Alpen (14 %), während im Mittelland nur 13 % des Fichtenholzvorrates steht (Abegg et al. 2023).

Trotz ihrer Bedeutung in der Forstwirtschaft stehen die Fichtenwälder vor grossen Herausforderungen durch den Klimawandel: Die vergangenen Jahrzehnte waren geprägt durch klimatische Extreme wie dem Sturm Lothar (1999), dem Hitze­ und Trockensommer 2003 und den darauf folgenden

Abb. 1: Entwicklung des Derbholz-Vorrates der Fichte in den letzten ca. 30 Jahren (Abegg et al. 2023).

Abb. 2: Szenarien der zukünftigen Entwicklung der Fichte, modelliert für gute Böden, unter zwei Klimaszenarien, RCP 2.6 und RCP 8.5: Erhöhung der Jahresdurchschnittstemperaturen um 2°C bzw. 4,8°C, begleitet von Sommer-Niederschlagsabnahme und Winter-Niederschlagszunahme (nach Huber et al. 2021, modifiziert).

massiven Borkenkäferkalamitäten (2001–2006), der Frühjahrstrockenheiten 2011 und 2015, gefolgt vom Spätfrost 2017, den Stürmen Vaia und Burglind 2018, den Hitzewellen und Sommertrockenheiten 2018, 2019, 2022 und 2023 und letztlich den daraus resultierenden grossflächigen Borkenkäferkalamitäten, welche Fichtenwälder in ganz Zentraleuropa grossflächig zerstörten (Hlásny et al. 2021). Die Kumulation dieser Extremereignisse haben zu erheblichen Schäden geführt, insbesondere im Mittelland, wo der Fichtenholzvorrat in den letzten drei Jahrzehnten um mehr als 40 % abnahm! Obwohl zunehmend auch höher gelegene Fichtenwälder vom Borkenkäferbefall betroffen sind, zeigt sich in den Alpen und auf der Alpensüdseite nach wie vor eine Zunahme des Fichtenvorrates. Dies im Gegensatz zum Kanton Graubünden, wo der Fichtenvorrat in den letzten 10 Jahren stagnierte (Abb. 1).

Zukunftsaussichten der Fichte?

Für Graubünden, als Gebirgskanton mit ausgedehnten Fichtenschutzwäldern und einer auf die Fichte ausgerichteten Holzverarbeitungskette, ist die Frage nach der Zukunft der Fichte im Klimawandel von entscheidender Bedeutung. Die Erwärmung dürfte weiter gehen, Sommerniederschläge abnehmen, Winterniederschläge zunehmen und extreme Hitzeund Trockenperioden häufiger auftreten (CH2018). Seidl et al. (2017) gehen in ihrer globalen Analyse davon aus, dass auch Störungen wie Stürme, Waldbrände und Kalamitäten durch Insekten und Pilzkrankheiten in Europa massiv zunehmen werden. Die letzten Jahre zeigen, dass diese Szenarien realistisch sind, denn in den Hitze- und Trockensommern 2018 und 2022 litten auch die subalpinen Wälder unter Trockenstress (Trotsiuk et al. 2020). In der Folge verzeichnete die Fichte auch im Gebirge vermehrt Borkenkäferbefall (Dubach et al. 2022).

Zusätzlich zu diesen Extremereignissen zeigen Modellierungen der zukünftigen Standortseignung für verschiedene Klimaszenarien eine zu erwartende Verschiebung der Baumartenpalette auf. Auch wenn die Veränderungen in den tieferen Lagen ausgeprägter sind, so muss auch für die hochmontane und subalpine Stufe mit gravierenden Baumartenverschiebungen gerechnet werden, welche die zukünftige Waldbewirtschaftung vor grosse Herausforderungen stellen wird (Abb. 2).

Aufgrund der Erfahrungen aus den oft wenig strukturierten und einförmigen Fichtenbeständen in den Tieflagen, wo teilweise ganze Bestände zusammenbrachen, sollte in Gebirgswäldern frühzeitig eine vielfältige Vorverjüngung und eine erhöhte Baumartenvielfalt angestrebt werden, um die Waldleistungen auch in Zukunft zu gewährleisten – dabei gilt es die gebietsweise hohen Wildbestände und die naturgemäss geringe Vielfalt an alternativen Baumarten zu Beimischung und Erhöhung der Resilienz der Fichtenwälder zu berücksichtigen. Angesichts vermehrten Baumsterbens auch in den Gebirgswäldern, sollte anfallendes Totholz in die Schutzwaldbewirtschaftungskonzepte integriert werden. Neueste Untersuchungen (Bebi et al. 2023) zeigen, dass stehendes oder liegendes Totholz die Restschutzwirkung gegen Lawinen und Steinschlag für Jahrzehnte erhöhen und langfristig zu besserer Waldverjüngung und strukturierteren Beständen führen kann.

Dr. Andreas Rigling ist Professor an der ETH Zürich/WSL und untersucht den Einfluss des Umweltwandels auf unsere Wälder und wie die Waldbewirtschaftung mit Blick in die Zukunft angepasst werden soll.

Dr. Alessandra Bottero ist Wissenschaftlerin am SLF/CERC in Davos und erforscht natürliche Störungen und Management von Gebirgswäldern.

Dr. Matthias Bürgi ist Umweltnaturwissenschafter ETH. Er leitet die Forschungseinheit Landschaftsdynamik an der WSL und ist Professor an der Universität Bern.

Literaturliste

Aas G (2017) Die Fichte (Picea abies): Verwandtschaft, Morphologie und Ökologie. In: LWF Wissen 80: Beiträge zur Fichte. Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (Hrsg), 148 S. Abegg M et al. (2023) Swiss national forest inventory NFI. Result tables and maps of the NFI surveys 1983–2022 (NFI1, NFI2, NFI3, NFI4, NFI5.1–5) on the internet.

Bebi P et al. (2023) Schutzwirkung und Resilienz von Gebirgswäldern nach natürlichen Störungen. Forum für Wissen 2023: 41–48.

CH2018 (2018), CH2018 – Climate Scenarios for Switzerland, Technical Report, National Centre for Climate Services, Zurich, 271 pp. Dubach V et al. (2023) Waldschutzüberblick 2022. WSL­Berichte 135. Birmensdorf: Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL. 77 S. Hlasny T et al. (2021) Bark Beetle Outbreaks in Europe: State of Knowledge and Ways Forward for Management. Current Forestry Reports, 7: 138–165.

Huber N et al. (2021) Stand­scale climate change impacts on forests over large areas: transient responses and projection uncertainties. Ecological Applications: https://doi.org/10.1002/eap.2313 Küchli C (2000). Auf den Eichen wachsen die besten Schinken.

Lang G (1994). Quartäre Vegetationsgeschichte Europas: Methoden und Ergebnisse. Gustav Fischer Verlag Jena, Stuttgart, New York. 402 S. Schmidt UE (2017). Die Fichte in der Wald­ und Forstgeschichte – eine soziokulturelle Betrachtung. In: LWF Wissen 80: Beiträge zur Fichte. Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (Hrsg), 148 S.

Seidl R et al. (2017). Forest disturbances under climate change. Nature Climate Change, 7: 395–402. Trotsiuk V et al. (2020). Assessing the response of forest productivity to climate extremes in Switzerland using model­data fusion. Global Change Biology, 26:2463–2476.

Bäume als Sensoren zur Überwachung von Rutschungen nutzen

In alpinen Gebieten sind Rutschungen weit verbreitet und setzen Menschen und Infrastrukturen einer potenziellen Gefährdung durch katastrophale Ereignisse aus (z. B. Brienz/Brinzauls). Die Überwachung von Oberflächenbewegungen mit an Hängen installierten Sensoren oder mit Fernerkundungsdaten ist eine der wirksamsten Methoden, um deren Entwicklung zu verstehen. Allerdings sind diese Informationen nur für ein begrenztes Zeitfenster verfügbar. Die Struktur der Jahrringe wurde untersucht, um Anzeichen von Hanginstabilität und Rutschungsbewegungen zu erkennen. Wir haben uns dabei auf das Seehorn in Davos Dorf konzentriert, um zu verstehen, ob dem Felssturz im Jahr 2020 Veränderungen im Baumwachstum vorausgegangen sind und ob solche Veränderungen mit tiefgreifenden Verformungen am gesamten Hang in Verbindung gebracht werden können.

Tiefsitzende gravitative Instabilitäten betreffen ganze alpine Hänge und führen zu Oberflächenverschiebungen in der Grössenordnung von einigen mm/Jahr. Plötzliche Beschleunigungen von Teilen dieser Hänge können zu katastrophalen Zusammenbrüchen führen, wie kürzlich im Fall von Brienz/ Brinzauls zu beobachten war. Daher ist es sehr wichtig, die Entwicklung dieser Hänge in Richtung eines möglichen Versagens im Voraus zu erkennen, um katastrophale Folgen zu verhindern. Die derzeitigen Überwachungsmethoden sind jedoch nicht immer in der Lage, langfristige historische Entwicklungen an bewaldeten Hängen zu erfassen. Die Suche nach innovativen Methoden zur Erfassung qualitativer und/ oder quantitativer Daten über Hangverformungen könnte daher entscheidend sein, um potenziell gefährliche Hänge frühzeitig zu identifizieren. Das Seehorn (Abb. 1 A & B) erhebt sich markant östlich des Davoser Sees in Davos Dorf. Im Jahr 2020 ereignete sich ein Felssturz, bei dem ca. 50 00 0 m³ Fels von der Südwestseite herabstürzten. Dieses Ereignis weckte das Interesse, zu klären, ob am Seehorn eine anhaltende Deformation stattfindet. Leider sind keine Daten zur Hangüberwachung aus der Zeit vor diesem Ereignis verfügbar.

In Abwesenheit direkter Messungen der Oberflächenverformung besteht die Möglichkeit, die Ent-

wicklung der Bäume in der betreffenden Region zu untersuchen. Bei der Analyse von Jahrringabschnitten zeigt sich, dass diese möglicherweise nicht perfekt kreisförmig sind und Anzeichen von «Exzentrizität» aufweisen, d. h. der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Ringen ist in eine bestimmte Richtung grösser. Dieses unterschiedliche Wachstumsverhalten könnte mit veränderten klimatischen Bedingungen zusammenhängen, es kann aber auch eine Reaktion auf die Hangneigung oder Hangverformung sein (Abb. 2). Frühere Studien haben die Entwicklung von Massenbewegungen, die zu katastrophalen Versagensereignissen führen, mit saisonaler Genauigkeit rekonstruiert. Jedoch wurde dieser Ansatz bisher nicht auf die Rekonstruktion von langsamen Rutschungen angewendet.

Erkennung von langsamen Rutschprozessen anhand von Jahrringen

Zur Unterscheidung zwischen Wachstumsstrukturen, die auf Bodenverformungen zurückzuführen sind, und solchen, die sich aus den klimatischen Bedingungen ergeben, haben wir einen nahegelegenen Hang ausgewählt (d. h. ein Kontrollhang). Der Kontrollhang, repräsentiert durch den Äbiwald (Abb. 1A), wurde so ausgewählt, dass er das Seehorn-Untersuchungsgebiet in Bezug auf Grös-

Riccardo Pedrelli, Dr. Alessandra Bottero, Dr. Andrea Manconi

Abb. 1: Übersicht über das Untersuchungsgebiet. (A): Lage des Seehorns und des Kontrollhangs. (B): Das Seehorn, fotografiert von Davos Dorf. Foto: R. Pedrelli, 2023. (C): Geologische Karte des Geländes, mit Lage der beprobten Bäume.

se, Hanglage und Hangneigung möglichst genau widerspiegelt. Trotz dieser Ähnlichkeiten wies der Äbiwald keine Anzeichen von Instabilitäten auf. Für den Vergleich der beiden Regionen wurde die Fichte (Picea abies) ausgewählt, da diese Baumart in beiden Gebieten weit verbreitet ist. Es wurden Bäume von ähnlicher Grösse und damit vermutlich ähnlichem Alter ausgewählt. Im Untersuchungsgebiet wurden Bäume beprobt, die ohne offensichtliche Ursachen gekippt waren, während am Kontrollhang keine gekippten Bäume gefunden wurden. Zusätzlich haben wir die Lithologie und den Standort der beprobten Bäume auf dem Seehorn erfasst. Mit einem Zuwachsbohrer wurden zwei Bohrkerne pro Baum entnommen, einer bergauf und einer bergab. Insgesamt wurden 32 Bohrkerne (16 Bäume) aus dem Untersuchungsgebiet und 20 Bohrkerne (10 Bäume) aus dem Kontrollhang entnommen.

Die Proben wurden dann nach Standardverfahren aufbereitet und vermessen.

Die Exzentrizität Ex [mm] wurde für jeden Baum und jedes Jahr nach der in Wistuba et al. (2013) beschriebenen Methode bestimmt:

Ex [mm] =Ux –Dx

Dabei steht U für die Jahrringbreite im hangaufwärts gelegenen Teil des Baumstamms, D für die Breite des hangabwärts gelegenen Teils des Baumstamms, und x bezeichnet das Jahr. Um die Daten vergleichen zu können, wird anschliessend der Exzentrizitätsindex Ei [%] berechnet:

wenn Ex [mm] > 0: Ei [%] = (Ex/Dx) * 100 > 0

wenn Ex [mm] = 0: Ei [%] = Ex = 0

wenn Ex [mm] < 0: Ei [%] = (Ex /Ux ) * 100 < 0

Um die Gegenüberstellung von Bäumen mit unterschiedlicher Neigungsrichtung zu vermeiden, wurde das Ei von Bäumen mit Hangneigung invertiert, indem es mit –1 multipliziert wurde. Anschliessend wurden die Mittelwerte von Ei für beide Standorte berechnet und mit einem 5-Jahre gleitenden Mittelwert geglättet.

Ergebnisse der Studie am Seehorn

Diese Studie ergab einige interessante Ergebnisse (Abb. 3A). Der Seehorn- und der Kontrollhang wiesen für den grössten Teil der Zeitreihe ähnliche Exzentrizitätswerte (Ei) und Trends auf, was bedeutet, dass sich die beiden Standorte ähnlich entwickelten. Im Jahr 2015 wichen sie jedoch voneinander ab und zeigten eine deutliche Diskrepanz: Die Exzentrizitätswerte der Seehornbäume begannen zu sinken, was zu einer Zunahme der Neigung

Abb. 2: Einige gekippte Bäume im Untersuchungsgebiet, hangaufwärts (links) und hangabwärts (rechts) gekippt. Die weissen Pfeile signalisieren die Hangrichtung.

führte. Ein solches Verhalten wurde am Kontrollhang nicht beobachtet.

Betrachtet man die Exzentrizitätstrends nach Lithologie (Abb. 3B), so zeigt sich, dass bei Bäumen, die auf Felsen wachsen, bereits 1990 ein negativer Exzentrizitätstrend einsetzte, der bis heute anhält. Auf Steinschlagablagerungen hingegen wurde dieses Verhalten erst nach 2015 beobachtet.

Ausblick

Die Studie hat einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Wachstum der Bäume und der Bodenverformung am Seehorn aufgezeigt, der zu dem Ereignis im Jahr 2020 geführt haben könnte. Die Instabilität scheint um 1990 begonnen zu haben und 2015 in eine neue Phase übergegangen zu sein. Aufgrund des Fehlens von Daten zur Bodenverformung ist derzeit eine abschlies-

sende Bestätigung dieser Beobachtungen nicht möglich.

Künftige Forschungsarbeiten werden sich vorrangig mit der Bestätigung dieser Korrelation befassen. Eine solche Validierung könnte die Analyse von Rutschungen durch die Einführung einer wirtschaftlichen und schnellen Methode zum Verständnis der jüngsten Hangentwicklung erheblich voranbringen. Gleichzeitig würde sie es ermöglichen, die Ursachen solcher neu auftretenden Deformationsereignisse weiter zu erforschen, die in Zukunft aufgrund der Klimaerwärmung zunehmen könnten.

Danksagungen

Wir danken dem Forstbetrieb der Gemeinde Davos für die Unterstützung. Ebenso möchten wir uns bei den Privatwaldbesitzenden bedanken, die uns erlaubt haben, auf ihren Grundstücken am Seehorn

Abb. 3: Ergebnis der Studie. (A): Mittelwerte der Exzentrizität (Ei) des Seehorns und des Kontrollhangs. Es ist ein deutlicher Trendunterschied ab 2015 zu erkennen. (B): Vergleich des Kontrollhangs und der verschiedenen Seehornabschnitte anhand der Lithologie, über der die Bäume wachsen.

Proben zu nehmen. Schliesslich danken wir Theresa Banzer für die sprachliche Überarbeitung.

Riccardo Pedrelli ist Masterstudent der Ingenieurgeologie an der ETH Zürich und spezialisiert sich auf Massenbewegungen in verschiedenen Bereichen.

Dr. Alessandra Bottero ist Wissenschaftlerin am SLF/CERC in Davos und erforscht natürliche Störungen und Management von Gebirgswäldern.

Dr. Andrea Manconi ist Wissenschaftler am SLF/CERC in Davos und erforscht alpine Massenbewegungen.

Literatur

Wistuba, M., Malik, I., Gärtner, H., Kojs, P., Owczarek, P., 2013. Application of eccentric growth of trees as a tool for landslide analyses: The example of Picea abies Karst. in the Carpathian and Sudeten Mountains (Central Europe). CATENA 111, 41–55. https://doi.org/10.1016/j.catena.2013.06.027

Vom Wald zum Wohntraum: Die Vielseitigkeit der Fichte im regionalen Holzbau

Die ruwa holzbau ag verarbeitet das in den Wäldern des Prättigaus gewachsene Holz direkt vor Ort in Küblis. Der Familienbetrieb deckt die gesamte Holzkette von der Sägerei bis zur Zimmerei und Schreinerei ab und setzt ihren Fokus auf mehr Energieeffizienz und Nachhaltigkeit beim Bauen und Sanieren. Die Fichte spielt für das Traditionsunternehmen eine zentrale Rolle.

Die Wälder des Prättigaus sind für die ruwa holzbau ag seit jeher die wichtigste Rohstoffquelle. Was Rudolf Walli 1932 mit dem Aufsägen von Stämmen für sein eigenes Wohnhaus begonnen hat, ist heute ein Unternehmen in dritter Generation mit über 40 Mitarbeitenden. Die moderne Holzbaufirma verarbeitet dank eigener Sägerei, Architekturplanung, Zimmerei und Schreinerei das einheimische Holz –vom Baumstamm bis zum fertigen Endprodukt – an einem Ort.

Walli

ruwa sägt, plant und baut – mit Fichte

Die Fichte spielt in der regionalen Holzkette des Familienbetriebs eine zentrale Rolle. Zum einen ist sie wichtiger Bestandteil der Schutzwälder im Prättigau. Zusammen mit anderen Baumarten bildet sie eine abwechslungsreiche Waldstruktur, die zum Erholen und Energie tanken einlädt. Auf der anderen Seite ist die Fichte für den Holzbau attraktiv. Sie ist ein richtiger Allrounder und wird deshalb gerne als «Brotbaum» der Bündner Holzindustrie bezeichnet.

Forstarbeiter bei winterlichen Fällarbeiten.

(Bilder: Marietta Kobald im Auftrag der ruwa holzbau ag)

Einblick in einen Holzschlag im Prättigau.

Die Fichte wächst oft gleichmässig und bietet optimale Voraussetzungen für einen vielseitigen Einsatz. Das Holz ist robust, verfügt über eine hohe Belastbarkeit und ist gleichzeitig attraktiv in der Farbe und Maserung. Die perfekte Basis für den modernen Holzbau.

Vom Wald direkt in die Sägerei

In enger Zusammenarbeit mit lokalen Förstern wird die Fichte im Winter zwischen Ende Oktober und Ende März geschlagen. Nach dem kurzen Transportweg werden die ausgewählten Bäume in der eigenen Sägerei zu Balken und Brettern verarbeitet. Eine speditive Verarbeitung ist empfohlen, um die Qualität und helle Farbe des Fichtenholzes zu erhalten.

Nach dem Aufsägen der Stämme erfolgt die Trocknung in den betriebsinternen Trocknungskammern. Durch moderne Technologien werden den Balken und Brettern schonend Feuchtigkeit entzogen, damit sie die innere Spannung verlieren, nicht aber ihre natürliche Elastizität. In der Hoblerei wird das Holz anschliessend profiliert und es erhält die finale Breite, Dicke und Oberfläche. Das Tüpfchen auf dem i ist das Finieren der Holzoberfläche, welche ideal für die Verwendung im Innenausbau ist.

Nachhaltiges Bauen mit Holz

Die Balken und Bretter aus der Sägerei verarbeitet ruwa zu einem Grossteil in der eigenen Zimmerei und Schreinerei. Das Bauen mit einheimischem Holz war schon immer die Grundlage unseres

Die Säge bei der Weiterverarbeitung eines Stamms.

Schaffens. Heute gewinnt dieses Argument immer mehr an Relevanz. Damit steigt auch die Nachfrage nach einheimischem Holz. Energieeffizienz und Nachhaltigkeit sind für ruwa seit jeher wichtige Schwerpunkte beim Neubau oder der Sanierung eines Gebäudes. Die Fichte liefert dafür den idealen Rohstoff, da sie nicht nur die ökologische, sondern auch die ökonomische und soziale Entwicklung der Region positiv beeinflusst.

Innovativer Elementbau

Das Bauen mit Holz ermöglicht unglaublich viele Variationen. Die Fichte nutzen wir sowohl als Bauholz, insbesondere für den Strickbau, als auch für den Innenausbau. In der Zimmerei setzen wir auf moderne und automatisierte Produktionstechni-

ken, die eine effiziente Fertigung ermöglichen. Mithilfe der CNC-Maschinen sind unsere spezialisierten Zimmerleute in der Lage, Werkstücke mit hoher Präzision automatisch herzustellen sowie Gebäude exakt massstäblich nachzubilden. In der Zimmerei werden beispielsweise einzelne Balken und Bohlen direkt aus der Sägerei/Hoblerei für den Strickbau maschinell vorfabriziert, um sie dann vor Ort zusammenzufügen. Im Systembau erfolgt die Vormontage der funktionalen Einheiten wie Tragwerk, Gebäudehülle, Geschossdecken und Innenwände im Elementwerk, welches der Zimmerei angegliedert ist. Traditionelles Handwerk und moderne Technologie gehen dabei Hand in Hand, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.

Einblick in die Werkstatt der ruwa holzbau ag an ihrem Standort in Küblis.

Baustelle.

Von Anfang an gut geplant

Mit Burga und Peter Schoch hat ruwa eine erfahrene Planerin/Bauleiterin und einen qualifizierten Planer/Leiter Sägerei im eigenen Haus. Über die Jahrzehnte haben sie zahlreiche sowohl traditionelle als auch moderne Haustypen entwickelt. Ihr Spezialgebiet: Strickbauten aus Massivholz. Die Bauprojekte werden jeweils den individuellen Bedürfnissen entsprechend angepasst, geplant und gebaut – alles aus einer Hand. Gleichzeitig schätzen wir auch die Zusammenarbeit mit innovativen Architekten, bei der wir unser Wissen und unsere Erfahrungen teilen und gegenseitig weiterentwickeln können. Dies betrifft sowohl den Holzbau als auch den Innenausbau. In der Schreinerei planen und fertigen wir nicht nur hochwertige Küchen, sondern auch Möbel, Garderoben und weitere Elemente des Innenausbaus. Immer abgestimmt auf die individuellen Wünsche und Anforderungen der Kundinnen und Kunden.

Holz für Individualität und Wohnambiente Mit der langjährigen Erfahrung und dem Fachwissen unserer Mitarbeitenden entstehen in der Schreinerei individuelle, von Hand gefertigte Möbel mit

Ruwa-Mitarbeiterinnen bei der Montage von Fenstern.

eigenem Charakter und Geschichte. Die Ideen und Entwürfe setzen wir aus qualitativ hochwertigem Massivholz und Plattenmaterialien sorgfältig um. Im Innenausbau hat sich die Fichte insbesondere für Wand- und Deckenverkleidungen durchgesetzt. Gerade im modernen Holzbau sorgen auch gradlinige Küchen- oder Einbauschränke sowie Möbel oder Treppen aus Fichte für ein warmes Wohnklima.

Als moderne Holzbaufirma setzen wir bewusst auf einheimisches und damit nachhaltiges Fichtenholz, beim Bauen und Sanieren, aussen wie auch innen.

Andres Walli führt die ruwa holzbau ag in dritter Generation zusammen mit seiner Schwester Burga Schoch-Walli und seinem Bruder Rudolf Walli. Mit handwerklichem Geschick, Fachwissen, Erfahrung und fortschrittlicher technischer Infrastruktur haben sie gemeinsam innovative Verfahren für den zeitgemässen Holzbau entwickelt.

Holz ist meine Materie, die Kettensäge mein Werkzeug

Luzi Scherrer (47), gelernter Forstwart, arbeitet als Säger, Rundholzbauer, Bergführer und gut zwei Monate pro Jahr als Holzbildhauer. Mondholz ist ein Teil der verdienten Wertschätzung für einheimisches Holz, und er sieht sich keinesfalls als Koryphäe auf dem Gebiet, sondern einfach als ein Mensch mit grosser Achtung vor der Natur. Ein Augenschein in seiner Werkstätte in Trimmis.

Aufgezeichnet von Susi Schildknecht

Auf die Frage, wie er seinen Beruf als Säger und die Passion als Holzbildhauer vereint, antwortet Luzi Scherrer: «Das geht nicht zusammen. Es ist zwar beides Handwerk, aber beim Sägen oder Bauen habe ich etwas Konkretes herzustellen. Meine Kunst sehe ich als Freiraum, da arbeite ich in der Regel nicht auf Auftrag, sondern freischaffend im eigentlichen Sinne des Wortes. Das braucht Zeit, Musse und Inspiration. Dafür nehme ich mir jährlich rund zwei Monate Zeit.» Wenn er eine Fichte zu Brettern sägt, gilt es im Sinne des Kunden, das Maximum aus dem Stamm herauszuholen. Da sind Vorstellungsvermögen und Konzentration gefragt, ganz besonders angesichts der einfachen Säge, mit der er im offenen Raum der Werkstätte in Trimmis arbeitet. Moderne Sägereien verfügen über einen Scanner, und diese bestimmen das optimale Vorgehen. Hier schmunzelt Luzi Scherrer: «Ich muss, oder besser gesagt darf bei meiner Arbeit noch selbst überlegen, das heisst, ich bin ganz im Hier und Jetzt. Da habe ich keine Kapazität für spirituelle Eingebungen oder Ideen für die Holzbildhauerei.»

Anfang der 90er-Jahre interessierte sich der junge Forstwart kaum für Mondholz, obwohl das Thema in der Schule behandelt wurde. Nach einigen Anstellungen bei Unternehmern und ausgiebigen Reisen kehrte er zurück in die Heimat. Seine Aufenthalte in Alaska hatten ihn zum Blockbau mit Fichten inspiriert. Er begann, sich mit dem Thema Mondholz zu befassen: «Der Aspekt Mondholz ist sehr aufwendig, man muss sich wirklich einlassen

wollen. Nur wer 100 % überzeugt ist, kann Mondholz entsprechend verkaufen.»

Im Alltag arbeitet Luzi Scherrer nicht nur mit Mondholz. Zurzeit (Januar 2024) sägt er Balken ein, welche für die in Chur entstehende Fachhochschule verwendet werden. Die Mengen, die dort benötigt werden, sind realistischerweise kaum als Mondholz beschaffbar. Die geschnittenen Balken lagert Luzi

Luzi Scherrer in Aktion. (Bild: Andrea Badrutt)

Scherrer bis im kommenden Herbst im Freien bei seiner Werkstatt, damit auch die Restfeuchtigkeit langsam abtrocknen kann. Der Föhn hilft da mit, das Resultat sind «lufttrockene Balken». Gegen Regen ist das Holz mit einem kleinen Dach geschützt, mehr brauche es nicht. Trocknen im Ofen erachtet er als sinnvoll, wenn das Holz «schreinertrocken» gebraucht wird, etwa für die Herstellung von Möbeln. Das lufttrockene Holz wird nochmals gemessen, bevor es abgeholt, je nach Verwendung in einem Ofen weiter getrocknet und schliesslich gehobelt wird. Dann ist das Holz bereit, verbaut zu werden.

Mondholz schafft Verbundenheit

Ein Teil des am Churer Grossprojekt verarbeiteten Holzes wird wohl Mondholz sein – ob bewusst zum richtigen Zeitpunkt geschlagen oder zufällig sei dahingestellt. Luzi Scherrer sieht einem Brett oder einem Balken an einem Bauwerk jedenfalls nicht an, ob es aus Mondholz besteht oder nicht. Was macht denn den Unterschied? Auf diese Frage hin kommt Luzi Scherrer ins Sinnieren: «Mondholz ist ein Teil eines grösseren Ganzen. Wenn ich einen Stamm

während der Mondholzphase fälle, ist er quasi unbefleckt. Doch kann dem Stamm noch vieles widerfahren, bis sein Holz fertig verbaut ist. Da können etwa Holzfehler vorhanden sein, er kann Drehwuchs aufweisen oder nicht entrindet worden sein. Es sind verschiedene Faktoren mit im Spiel. Der Zeitpunkt des Fällens ist das eine, drei bis vier Tage vor

Rundholzbau aus einheimischem Holz.
(Bild: Luzi Scherrer)
Gemütliches Ambiente. (Bild: Andrea Badrutt)

dem Leermond sei ideal. Doch Achtung: Ich gebe nur weiter, was ich gelesen oder gehört habe.»

«Nach dem Fällen verdient der Stamm weiterhin maximale Zuwendung, indem man ihn zwei bis drei Monate im Winterwald liegen lässt, in abschüssigem Gelänge mit der Krone nach unten. Damit kann auch der letzte Saft noch durch die Äste austreten, der Baum macht quasi einen letzten Angstschub! Erst dann entastet man den Stamm und holt ihn aus dem Wald. Wenn eine mobile Entrindungsanlage zum Einsatz kommt, kann das Rindenmaterial vor Ort bleiben. In der Sägerei wird er im Idealfall eingeschnitten, bevor die Vegetation beginnt.»

Noch einmal kommt Luzi Scherrer auf die Zuneigung zurück, welche der Mondholzstamm geniesst. Er sei kein Esoteriker, aber trotzdem überzeugt: «Bäume wie Menschen bestehen zu einem grossen Teil aus Wasser und sind vom Kosmos beeinflusst. Ich bin sicher, dass Zuneigung das Fällen oder den Tod überdauert und als Energie dableibt, respektive sich einspeichert. Denken wir nur an ein gutes Möbelstück, welches über Generationen in der Familie weitergegeben wird. Niemand mag dieses weggeben, man hegt einen gewissen Respekt vor ihm. Genauso sehe ich das mit Mondholz, welches etwa in ein Haus verbaut werden soll. Es ist der Ursprung, und wir haben die Chance, hier eine positive Anfangsenergie einzubringen.» Für Luzi Scherrer ist es wichtig, einem Prozess wieder seinen Wert angedeihen zu lassen: «Das muss wieder gelehrt und gelernt werden! Da müssen wir alle daran arbeiten.» Die von ihm gefertigten Blockbauten sind etwa Maiensässe, manchmal Ferienhäuser, hin und wieder auch Einfamilienhäuser von Einheimischen. Eines haben alle Bauherrschaften gemeinsam: Die «Chemie» zwischen ihnen und Luzi Scherrer muss stimmen, Vorstellungen müssen übereinstimmen. Nur wenn die Wertschätzung fürs Echte und Charaktervolle im Holz und am Werk vorhanden ist, kommt es zur Zusammenarbeit. Wer bei Luzi Scherrer ein Blockhaus bestellt, kann auf Wunsch den ganzen Prozess miterleben.

Also mit ihm im Wald die Stämme an ihrem Ursprungsort und später in der Weiterverarbeitung sehen. Das baue schon eine erste Verbundenheit auf, gegenüber dem Baum, gegenüber dem Blockbauer und überhaupt … die Geschichte beginnt also schon lange bevor das Holz verbaut wird. Wie wohnt es sich denn im Blockhaus? Was braucht es für eine stimmige Isolation? Luzi Scherrer erklärt: «Der Wandaufbau wird ganz normal gestaltet, wobei die Fichtenstämme im Durchschnitt etwa 40 Zentimeter Durchmesser aufweisen. Dort, wo die Stämme aufeinandertreffen – also an der isolationstechnisch schwächsten Stelle – wird ein Hohlkörper mit gewaschener und kardierter Schafwolle isoliert. Früher wurde dazu meist Moos verwendet, die Schafwolle war ein wertvoller Rohstoff und wurde grösstenteils anderweitig benötigt. Heute sind Naturprodukte wie eben Schafwolle wieder im Aufwärtstrend, wohl im Zuge einer derzeitigen grünen «Welle». Zurück zum Thema Mondholz, Respekt vor der Natur und Ehrlichkeit: Für Luzi Scherrer gehört zwingend dazu, dass Bauherren auch im Innenausbau da und dort Äste zulassen, ein paar Fugen tolerieren oder eine natürliche Verfärbung akzeptieren: «Holz muss so verwendet werden können, wie es eben ist: natürlich! Das macht es aus, und nur so wirkt man der weitverbreiteten Eintönigkeit entgegen!» Nebst dem Fälltermin sei für ihn auch der Umgang mit dem Holz bis zum fertigen Verbau wichtig. Da diese dank Mondholz aufgebaute Verbundenheit zum bestellten Bauwerk einen Mehrwert darstellt, hat sie auch einen Mehrpreis. Dieser ist zum grössten Teil im höheren Aufwand und im Abwarten des richtigen Zeitpunkts und somit in klar geringerer Effizienz begründet. Ob das fertiggestellte Bauwerk aus Mondholz dereinst länger besteht als aus «normalem» Holz, diese Frage kann oder will Luzi Scherrer nicht beantworten, dafür lebe er nicht lange genug. Schliesslich weiss man, dass ein Block- oder Strickbau aus einheimischem Holz 300 bis 400 Jahre lang hält. Er empfiehlt die

Bücher des renommierten österreichischen Mondholzforschers Dr. Erwin Thoma, welcher auch auf eine Mondholz-Studie des ETH-Forschers Prof. Dr. Ernst Zürcher eingeht. www.rundholzer.ch

Kunst aus Holz

Luzi Scherrer ist viel gereist, so auch nach Hawaii, wo er vor über 20 Jahren für seine Kunst inspiriert wurde. Schon als junger Forstwart war er fasziniert davon, was sich mit der Kettensäge machen lässt. Und immer schon wollte er kreativ sein: «Kunstschaffen gibt mir eine Auszeit, dann habe ich Zeit, mich zu langweilen. Meine Kreativität entsteht aus dem Tun, zu viel Überlegen ist da eher hinderlich. Nach zwei oder drei Monaten konzentrierten Sägens muss ich mich umstellen und den für die Kunst notwendigen meditativen Zustand zuerst wieder suchen und finden.»

Wenn er etwas Figürliches erschaffen will, hat er meist eine Vorstellung vom gewünschten Resultat. Dies können kleine und grössere Skulpturen sein, meist Köpfe oder Menschen aus Fichtenholz, alle mit der Motorsäge herausgearbeitet. Gewisse Arbeiten mit Formen jedoch gibt ein Baum ihm auch vor. Und manchmal ist es auch nur ein ganz spezieller Punkt im Holz, der ihn fasziniert. Und dann macht er daraus etwas. «Eine Idee arbeitet sich durchs Holz und gewinnt Form.» Diesen und andere Gedanken führt der Holzbildhauer auf seiner Website auf. Zurzeit bereitet Luzi Scherrer eine Ausstellung vor. Seine Werke werden zusammen mit Arbeiten des befreundeten Holzbildhauers Gubert Georg Luck im Herbst 2024 in zwei Galerie-Räumen über seiner Werkstätte in Trimmis zu sehen und zu kaufen sein. www.luzischerrer.ch

«Eine Idee arbeitet sich durchs Holz und gewinnt Form.»
(Bilder: Andrea Badrutt)

Für Klangholz ist Fichte die erste Wahl

Klangholz ist ein exklusives Produkt der Wälder und technisch noch anspruchsvoller als Holzschindeln, Furnierhölzer oder für die Aeronautik bestimmte Holzarten. Dank ihrem

Prestige sind die «Musikbäume» für die regionale Wirtschaft von Bedeutung. Sie bilden eine interessante

Einkommensquelle, vorausgesetzt, diese hochwertigen Hölzer werden erkannt und entsprechend vermarktet.

Eugen Carisch

Klangholz, Resonanzholz oder Tonholz sind Bezeichnungen für eine besondere Holzqualität, die in der Instrumentenherstellung zur Fertigung klangverstärkender Resonanzdecken oder Ähnlichem verwendet wird. Meist ist es Fichtenholz mit fehlerfreiem Wuchs, dichten und gleichmässigen Jahresringen und absoluter Astfreiheit. Diese sogenannte Klangholzqualität entsteht nur an relativ wenigen Standorten in der hochmontanen bis subalpinen Stufe.

Klangholz – Anforderungen

Wenn wir dem Klang einer Geige oder einer Gitarre lauschen, so hören wir nicht die Saiten, sondern die Resonanzdecke aus Fichtenholz respektive die Schwingungen, die diese wie ein vibrierendes Trommelfell in die Luft überträgt, welche schliesslich unser Ohr erreichen. Die Resonanzdecke muss bei geringem Kraftaufwand leicht in Schwingung geraten und gleichzeitig dem Druck des Instrumentenstegs widerstehen. Dazu bedarf es eines Holzes, das über teilweise widersprüchliche Eigenschaften verfügt, wie zum Beispiel Elastizität und Widerstandskraft. Von allen Arten vereint das Fichtenholz diese Merkmale am besten. Bis zum heutigen Tag gibt es weder ein anderes Holz noch ein synthetisches Produkt, das die Fichte beim Bau von qualitativ hochwertigen Instrumenten ersetzen könnte.

Nicht nur beim Klang der Violine oder der Gitarre ist die Fichte «tonangebend», auch bei anderen

Instrumenten mit Resonanzkörper ist sie das Holz erster Wahl: Klavier, Cembalo, Bratsche, Cello, Kontrabass, Cymbal, Harfe, Zither sowie bestimmte Orgelpfeifen. Fügt man dieser Liste noch alle anderen Instrumente aus Laubhölzern an, wird schnell klar, dass der Wald die wichtigste Rohstoffquelle der Musik ist!

Klangholz muss eine Vielzahl von Kriterien erfüllen:

– möglichst leicht

– möglichst biegefest

– grosse Elastizität

– hohe Schallleitfähigkeit

– gerade, feinjährige und gleichmässige Holzstruktur

– frei von Ästen und Harzgallen

Qualitätsansprüche

Gutes Klangholz kann am stehenden Baum noch nicht vollumfänglich erkannt werden, dennoch ist es möglich, eine erste Einschätzung vorzunehmen, die dann am gefällten Baum bestätigt wird.

Eine Qualitätsbeurteilung kann auf folgende Weise vorgenommen werden:

– direkt am stehenden Baum im Wald (Förster, Klangholzhändler, seltener Instrumentenbauer)

– an den Stämmen im Wald oder in der Schreinerei (dieselben Interessenten)

– am halbfertigen Produkt, an den Brettchen verschiedener Ausmasse (Klangholzhändler, Instrumentenbauer)

Sichtbare Hauptkriterien am Baum (Stamm) sind:

Eine eventuelle Klangfichte im Wald. Starker, vertikaler Stamm, rund, ohne sichtbare Äste am Bodenstück.

(Bilder: Florinett AG)

– symmetrische, schmale, den Stamm umhüllende Krone aus feinen Ästen

– mindestens 5 Meter ohne sichtbare Astnarben

– ein möglichst gleichmässiger Zylinder

– rund, gerade, vertikal

– ohne Verletzungen, ohne Fäulnis

– Durchmesser: mindestens 55 cm resp. 45 cm für bestimmte kleine Erzeugnisse

Zusätzliche sichtbare Kriterien am aufgeschnittenen Stamm:

– regelmässiges Wachstum (resp. regelmässige Verengung der Jahrringe über die Zeit, ohne abrupte Veränderungen)

– gerader Faserverlauf (kein Drehwuchs)

– Tiefer Spätholzanteil; weniger als 20–30 % des gesamten Jahrringes. Verleiht dem Resonanzholz eine helle Farbe.

– Holz homogen und spannungsfrei (kein Druckholz)

– gleichmässige Jahrringstruktur

– feine (schmale) Jahrringe

Extrem feinjähriges Holz klingt «hell», stark grobjähriges Holz bewirkt einen «dunkleren» Ton. Bei den Streichinstrumenten geht man für das Resonanzholz von folgenden Jahrringabständen aus:

Gitarren und Violinen max. 2,0 Millimeter

Bratschen (Altgeigen) max. 3,0 Millimeter

Cello max. 3,5 Millimeter

Kontrabass max. 5,0 Millimeter

Vorkommen

Das seit Jahrhunderten traditionell verwendete Fichtenholz stammt aus den Gebirgswäldern Zentralund Westeuropas. In der Schweiz kommt Klangholz im westlichen Jura, am gesamten Alpennordhang, in Graubünden (etwa in Klosters) und stellenweise im Tessin und Wallis vor. Eine vertiefte Analyse zeigt unter anderem, dass Klangholz hauptsächlich an Nordhängen wächst.

Die günstigsten Lagen für Klangholz – befinden sich im Gebirge (reduzierte Wachstumsgeschwindigkeit und geringer Spätholzanteil), in den Alpen zwischen 1000 und 1900 m. In diesen Höhenlagen ist die Luft frischer als im Tiefland, und Trockenjahre wirken sich weniger aus, sodass die Bäume trotzdem regelmässige Jahrringe bilden.

– gewährleisten eine regelmässige Wasserzufuhr während der Vegetationszeit (regelmässiges Wachstum).

Gespaltene Fichtenviertel für Gitarren.

– sind mehr oder weniger windgeschützt (kein Druckholz, keine Risse oder Harztaschen).

– in wenig steilem Gelände (kein Druckholz), auf kleinen Hochebenen oder lokalen Flachlagen.

Produktion / Ernte

Die Produktion von Klanghölzern benötigt dieselben forstwirtschaftlichen Arbeiten wie alle anderen hochwertigen Holzarten. Empfohlen werden naturnahe Bewirtschaftungsmethoden mit besonderem Augenmerk auf Qualität. Das heisst: natürliche Verjüngung, gute Stabilität des Bestandes, regelmässiges, sanftes Auslichten, weitmögliches Verhindern von Wild- und Holzernteschäden.

Durch eine Pflege solcher Bestände vergrössert sich die Wahrscheinlichkeit, dass Tonholzqualität erreicht wird.

Da es sich nur um kleine Mengen handelt, ist nicht der einzelne finanzielle Gewinn am wichtigsten, sondern die Auswirkungen einer gewissenhaften

Sortierung des Holzes, seiner Vermarktung und der Kommunikation. Der Waldbesitzer/Förster sollte potenzielles Holz bereits während der Anzeichnung vormerken und vor dem Verkauf sorgfältig sortieren. Die möglichen Klanghölzer können bei mangelnder Erfahrung bereits stehend mit einem möglichen Resonanzholz-Käufer angesprochen werden.

Der zusätzliche Aufwand für die Suche nach Qualitätsholz ist für das ganze Unternehmen ein Vorteil, weil dadurch alles Holz besser sortiert wird und folgedessen höhere Erlöse erzielt werden. Auch erhöht sich so die Chance auf eine optimale Nutzung der Ressource Holz und darauf, die Wertschöpfung des Rohstoffes regional zu behalten.

Im Gegenzug zu den teilweise stattlichen Rundholzpreisen verlangen die Käufer jedoch Rücksichtnahme auf das Holz, und dass der Einschlag zum richtigen Zeitpunkt erfolgt. Früher – und zum Teil auch heute noch – achteten die Instrumentenbauer stark auf die Konstellation der Himmelsgestirne; diese sollen den Baum, sein Holz und nicht zuletzt die Farbe und Qualität des Klanges beeinflussen. Beim Fällen ist der richtige Zeitpunkt besonders wichtig; dieser liegt vor Neumond in der kalten Jahreszeit. Eine wichtige Rolle bei der Bestimmung des Hiebzeitpunkts spielt auch der Wassergehalt. Vor allem der Januar ist eine bevorzugte Zeit für das Fällen von Tonholzbäumen. Dies deshalb, weil dann das Holz den geringsten Wassergehalt aufweist (etwa 20 Prozent) und sich daher bei der Trocknung weniger heikel verhält (Trocknungsrisse).

Wichtig ist im Sinne der Nachhaltigkeit und kontinuierlichen Angebotsmöglichkeit, bei einer Hiebdurchführung nicht alle schönen Bäume einer Parzelle auf einmal zu ernten, sondern nur wenige, dafür mit einer gewissen Regelmässigkeit.

Wertschöpfungs-/Verkaufspotenzial Klangholzhändler (Schweiz, Deutschland, Italien, Frankreich) kaufen ihre Produkte vorwiegend bei den Schreinereien, aber auch direkt bei den Förstern ein. Der von einem Klangholzhändler für einen

Klassieren.

hochwertigen Fichtenstamm bezahlte Preis variiert zwischen Fr. 250.– bis 350.–/m³. In Ausnahmefällen bis zu Fr. 500.–/m³ für herausragende Qualität und Durchmesser von mehr als 60 cm, etwa für den Bau von «Gitarre» oder «Cello».

Vermarktung

Die Bergforstbetriebe der Schweiz sind prädestiniert, hochwertiges Klangholz zu produzieren. Die Produktion von Klangholz bietet eine Chance nicht nur wegen der privilegierten geografischen Lage, auch die Möglichkeit, gegenüber der kostenintensiven Arbeitskraft Produkte mit hohem Mehrwert auf den Markt zu bringen.

Als Richtwert (Stand 2021) können folgende Preise angenommen werden:

Qualitativ einwandfreies Holz

Qualität einseitig erfüllt

Fr. 350.–/m³

Fr. 220.–/m³

Qualität erfüllt, Flecken oder Rotfäule mit begrenzter Ausdehnung

Fr. 170.–/m³

Auf Resonanzholz spezialisierte professionelle Einkäufer/Vermarkter sind in der Schweiz nicht üppig vertreten. Ein Unternehmen, das sich in den letzten Jahren vertieft mit Resonanzholz auseinandergesetzt hat und punkto Kompetenz und Ansehen internationalen Stellenwert gewonnen hat, ist die Firma Florinett AG, Tonewood Switzerland, 7482 Bergün, www.tonewood.ch.

Man beachte auch die Erläuterungen zur «Haselfichte» im Beitrag von Prof. Ottmar Holdenrieder (ab Seite 8) in diesem Heft.

Eugen Carisch ist Förster und Fachlehrer an der ibW Bildungszentrum Wald in Maienfeld. Der Artikel ist ein Auszug aus seinem Unterrichts-Script von 2021 zu «Klangholz», mit welchem er angehenden Förster:innen zusammen mit einem Besuch bei Andrea Florinett in Bergün dieses interessante Thema vermittelt.

Holzschindeln – wiederentdecktes Kulturgut

Jahrtausendelang bildeten sie eine schützende Haut für Häuser und Ställe: Schindeln aus lokalem Holz. Nach einer Zeit des Verbots sind sie auch in Graubünden wieder im Aufwind. Nicht zuletzt dank Patrik Stäger aus Untervaz und Eva Gredig aus dem Safiental, die das alte Schindelmacher-Handwerk pflegen. Beide haben zuerst den Schreinerberuf erlernt und sind dann in die Fussstapfen ihrer Grossväter getreten.

Bis ins 19. Jahrhundert waren Holzschindeln als Baumaterial für Dächer und Fassaden auch in Graubünden allgegenwärtig. Verheerende Dorfbrände, zu denen die schindelgedeckten Holzdächer wie Zunder beitrugen, führten ab 1872 zu einem Verbot bei Neubauten. Seit 1972 dürfen in Graubünden Schindeln wieder verbaut werden, vorausgesetzt natürlich die Baubewilligung wird erteilt. Der Kreis der Schindelmacher und Schindelmacherinnen ist in der Schweiz und erst recht in Graubünden überschaubar. Es sind nur wenige, aber sehr passionierte Menschen, die dieses alte Handwerk am Leben erhalten und weiterentwickeln. Patrik Stäger aus Untervaz gehört dazu, Eva Gredig im Safiental ebenso. Beide haben das «Schindler-Gen» von ihren Grossvätern geerbt, haben sie diesen doch schon als Knirpse beim Schindeln zugeschaut. Patrik Stäger ist gelernter Schreiner und Schindelmacher in fünfter Generation. Spätestens seit der englische Stararchitekt Lord Norman Foster im 2004 seine Chesa Futura in St. Moritz von ihm in ein 250 00 0-teiliges Schindelkleid aus Lärchenholz hüllen liess, ist er quasi ein Promi in der Gilde der Schindelmacher. Doch er ist bodenständig geblieben. Gerne erinnert er sich an seinen Grossvater Lorenz Krättli, der ihn aufs Dach mitnahm, sobald er «aus den Windeln» war. Daran erinnert er sich schmunzelnd. Die grossväterliche Philosophie von den Grund- oder Naturgesetzen, die ein Schindelmacher zu befolgen hat, hält er bei seiner Arbeit

tagtäglich hoch. Und auch eine Mahnung hat er zutiefst verinnerlicht: «Vergesst bitte nicht, dass die Natur entweder mitbaut oder aber unbestechlich verhindert.»

Die Naturgesetze für Schindelmacher

Hier ein Auszug aus dem Dokument «Ein Holzwurm erzählt…» von Grossvater Lorenz Krättli. Im Original aus dem Jahre 1993 heisst es:

Drei Grundgesetze stehen am Anfang jeder Schindelmacherei: 1. Das rechte Holz, 2. vom rechten Ort, 3. zur rechten Zeit. Freilich kommt da auch noch die rechte Verarbeitung dazu.

Eva Gredig beim Herstellen von Fichtenschindeln. (BIld: Annina Hänny)

1. Das rechte Holz: In unserer Gegend wachsen zwei Holzarten, die sich für Schindeln eignen: Lärchen und Fichten. Nur ausgesuchte Stämme können dazu verwendet werden. Eine massgebende Rolle spielen Feinjährigkeit, Gradgehigkeit, Spältigkeit und wenige Äste. Feinjährige Bäume wachsen am ehesten in höheren Lagen. Der karge Boden ergibt wenig Nahrung, der lange Winter eine kurze Aufnahmezeit. Die lichten Bestände in der Alpenregion ermöglichen den Wuchs von starken Ästen, war für die Lebenskraft der Bäume spricht, dem Schindelmacher bedeutet es mehr Abfall. Gradgehendes Holz wächst am ehesten an einer ruhigen muldenartigen Lage, wo es jederzeit genügend Platz und Sonne hat. Bedrängte Bäume suchen die Sonne, was Drehwuchs zur Folge hat. Gut spältiges Holz ist am stehenden Baum schwer auszumachen. Die grösste Sicherheit verspricht die Spaltprobe an einem gefällten Baum. Deshalb wird heute meistens in einem bereits getätigten Schlag aussortiert.

2. Vom rechten Ort: Der Wald und damit jeder Baum hat sich an das örtliche Klima angepasst. Die gleiche Regel wie beim Wein, gilt auch beim Holz, nämlich, dass es sich dort, wo es gewachsen ist, am besten verhält. Holz, das in einem Tobel, an einem Sumpf, auf humusreichem Boden gewachsen ist und deshalb weite Jahrringe aufweist, wird in der trockenen Alpenluft derart «schwina», dass kein «ghaabes» Dach zu erstellen ist. Umgekehrt wird Holz von der oberen Waldgrenze, ca. 1800 bis 2000 Meter über Meer, im Tal auf einer Höhe von 400 bis 700 Meter derart viel Feuchtigkeit aufnehmen, dass es innert nützlicher Frist nicht austrocknen kann und deshalb zu faulen beginnt. Es ist ein Naturgesetz: Der grösste Feind von Holz ist die Nässe.

3. Zur rechten Zeit: Es ist eine Binsenweisheit, das Holz nur in jenen Monaten geschlagen werden darf, die ein R am Schluss haben. Von September bis Februar ist das Wachstum stillgelegt. Die Bäume richten sich auf den Winter ein. Der Saftfluss ist abgestellt. Der Frost kann ihm nichts anhaben. Jede Wunde vernarbt, die einem Baum zur Winterszeit geschlagen

traditionsgemäss

wird. Hingegen wird ein Schaden, der im Frühling oder Sommer geschlagen, solange bluten, bis das Holz anfängt zu faulen. Holz, das im Sommer gefällt wird und als Werkstück dem Wetter ausgesetzt wird, trägt den Keim des Zerfalls von Anfang an in sich. Die Erfahrung bestätigt immer wieder, dass solche Dächer eine Lebensdauer von knapp 20 Jahren haben. Das wären zwar ideale Voraussetzungen für den Schindelmacher, eine Garantie, dass ihm die Arbeit nie ausgehen würde. Das entspricht auch dem Zeitgeist, der modernen Auffassung vom Bauen, nicht aber der Einstellung eines verantwortungsbewussten Handwerkers. Ist nun das Holz nach den vorhin beschriebenen Prinzipien und Erfahrungen ausgesucht und auf das Lager geführt, kann mit dem eigentlichen Schindelmachen begonnen werden. Vorausgegangen sind ebenfalls die Verhandlungen mit Bauherr, Architekt, evtl. Denkmalpflege und Hei-

Die Schindeldächer im Safiental sind
aus Fichtenholz. (Bild: Eva Gredig)

matschutz über Holzart – Lärche oder Fichte – Bedeckungsart, ob Schwar-, Fugen- oder Federdach. Patrik Stäger ist es ein Anliegen, zusätzlich noch die rechte Verarbeitung zu erwähnen. Das heisst für ihn ausschliesslich von Hand mit dem Beil oder dem Schindelmesser spalten und behauen, ohne sägen und ohne hobeln.

Schindeln werden heute im ganzen Kanton vor allem wieder auf sakralen Gebäuden, auf Maiensässund Alphütten, auf Holzbrücken sowie auf und an Neubauten verwendet. Dass Patrik Stäger grösstenteils Lärchenschindeln herstellt und verbaut, ergibt sich aus den Aufträgen (und dem Naturgesetz Nummer 1). Ein Schindeldach aus Lärche hält 60 bis 100 Jahre, eines aus Fichtenholz je nach Standort deutlich weniger lange.

Fichtenschindeln für Safier Ställe

Ganz anders im Safiental. Hier arbeiteten die frühesten Bewohner, die Walser, traditionsgemäss immer schon mit den Materialien, die sie vor Ort antrafen. Und das waren und sind beim Holz nun mal Fichten. Die Bergbauern bauten ihre Häuser und Ställe schlicht und funktional, für Schnörkel fehlte im harten Alltag die Zeit. Um die Jahrtausendwende

Kirchenturm Farden, Donat.

drohten immer mehr dieser landschaftsprägenden Walser Streusiedlungen mit ihren Holzschindeldächern zu zerfallen. Oder es wurde Blech fürs Dach verwendet. Das rief engagierte Einheimische und Zugezogene auf den Plan, die 2004 den Verein «Safier Ställe» gründeten. Die Safier Ökonomiegebäude sollten gerettet werden und zwar in ihrer ursprünglichen Form mit Holzschindeldächern. Da kam die aus dem Prättigau zugezogene gelernte Schreinerin Eva Gredig gerade recht. Sie liess sich vom Safier Pöstler Jakob Gartmann im Schindelmachen unterweisen und holte sich bei Stägers in Untervaz den letzten Schliff. Auch Eva Gredig erinnert sich an ihren «Eni» (Grossvater) in Fiders, wie dieser mit allergrösster Ruhe und Musse seine Schindeln fertigte. Und wie er hat sie die Liebe zum Holz im Blut.

Heute arbeitet Eva Gredig in zwei Werkstätten im Safiental: Ganzjährig in einem ungeheizten «Gäde-

Alte Seewiser Säge bei der Schesaplana-Hütte, montiert mit dem Verein Alte Säge Seewis. (Bilder: Patrik Stäger)

li», wo sie Fichten-Schindeln für die «Safier Ställe»-Projekte (vor-)produziert und zuhause in Thalkirch, wo sie im Auftrag von Patrik Stäger auf Termin Schindeln macht. Und welches Holz bevorzugt sie zum Schindeln? Eva Gredig muss nicht lange überlegen, es ist klar das Fichtenholz. Dieses sei etwas weicher als Lärche und wird nur radial gespalten, also im Kreis rund um das Mark herum.

Safier Fichtenschindeln in Zahlen und Fakten Holz von 150- bis 200-jährigen Fichten wird vom Förster geliefert.

Nur die untersten 3 bis 10 Meter des Stammes sind verwendbar.

Der entrindete Stamm wird in 57 cm lange Burren geschnitten, die Wuchsrichtung ist markiert und wird bis zur fertigen Schindel auf dem Dach berücksichtigt (oben bleibt oben).

Patrik Stäger liebt sein Handwerk.

(Bild: www.schindelmacher.ch)

Die Burren werden mit Schlägel und Keil in «tortenstückähnliche» Spälte gespalten.

Die Spälte werden in 12 bis 15 mm dicke Schindeln gespalten, ohne die Fasern zu verletzen.

Mit dem Schnitzerbeil werden die Schindeln auf 5 bis 20 cm Breite behauen.

25 bis 28 Stück werden zu einem Bund geschnürt.

Ein Bund reicht für ½ m² Dach, dabei werden die Schindeln in drei Lagen übereinander genagelt. Kunden müssen Schindeln mindestens ein Jahr im Voraus bestellen, denn das Holz wird nur im Winter geschlagen.

Im Safiental auf gut 1700 m ü. M. hält ein Dach aus Fichtenschindeln 5 0 bis 60 Jahre, vorausgesetzt es ist mit dem richtigen, das heisst im Winter geschlagenen und von Hand gespaltenen Holz, verlegt.

Zum Reinschauen www.schindelmacher.ch

Patrik Stäger mit Kurt Aeschbacher auf dem Schindeldach: Best-of «Aeschbachers Sommerjob» Patrik Stäger, Schindelmacher – Play SRF.

Eva Gredig im Video: Die Schindelmacherin | HORNBACH MACHER.

Gartenhaus Hotel Walserhuus, Sertig.

Unser Nutzholz verlässt den Kanton Graubünden

Im Herbst ist die neue Holzflussstudie Graubünden für das Jahr 2022 erschienen und liefert interessante Einblicke in die Bündner Wald- und Holzwirtschaft. Unter anderem wurden repräsentative Betriebe nach ihren verarbeiteten Holzmengen befragt, um zu beleuchten, wo Handlungsbedarf zur Unterstützung der Branche besteht. Denn die gesunde Entwicklung der Wald-, Forstund Holzwirtschaft in Graubünden ist eng mit den Chancen und Gefahren des Holzflussdiagramms verbunden.

Holzfluss-Diagramm Graubünde

Holzfluss-Diagramm Graubünden 2022

Stammholz aus CH und Ausland: 0.001 Mm 3

Wald GR: 0.409 Mm 3

Forstbetriebe-/unternehmen und Holzvermarktungen: 0.372 Mm 3

Bleibt im Wald: 0.02 Mm 3

Eigengebrauch Wald: 0.02 Mm 3

Altholz aus GR: 0.036 Mm 3

Energieholz aus CH: 0.101 Mm 3

Energieholz aus Ausland: 0.017 Mm 3

Sägewe

Die Analyse der Holzmengen zeigt, dass im Kanton Graubünden 413 129 m³ Holz geerntet wurde. Rund 10 % betrug der Eigengebrauch, oder wurde liegen gelassen. Somit wurden 371 816 m³ Holz (90 %) aus dem Wald entnommen (gelber Balken).

Nachfolgend wird das Holzfluss-Diagramm 2022 stichwortartig erläutert:

– Total Nutzholz (sägefähiges Holz) 233 000 m³ ➞ 62 %. Ins Ausland 158 000 m³ und die Schweiz 45 000 m³ (kleine schwarze Balken).

– Sägewerke Graubünden 27 000 m³ (kleiner blauer Balken), davon 1000 m³ aus CH und Ausland.

n 2022

Stammholzverkauf ins Ausland: 0.158 Mm 3

Somit werden nur knapp 12 % vom sägefähigen Nutzholz in Graubünden eingeschnitten.

– Total Ener gieholz 13 000 m³ ➞ 38 %, davon 66 000 m³ an Axpo/EWZ und 73 000 m³ in übrige Verbrennungsanlagen (Hackschnitzelfeuerungen, Stückgut, Losholz, etc.)

– Total Axpo/EWZ 239 000 m³ (grosser roter Balken)

– Schnittwaren: aus Bündner Sägereien 16 000 m³, Schweiz 19 000 m³, Ausland 46 000 m³. Alle Bündner Holzbau- und Schreiner Firmen verarbeiteten insgesamt rund 80 000 m³ Schnittwaren und so-

Stammholzverkauf nach CH: 0.045 Mm 3

Energie- und Industrieholz nach CH: 0.003 Mm 3

rke GR: 0.028 Mm3

Endkundschaft CH: 0.007 Mm 3

Endkundschaft GR: 0.064 Mm 3

Holzbau und Schreiner: 0.08 Mm 3

Holzenergie (Axpo/EWZ): 0.239 Mm 3

Schnittholzimport aus CH: 0.019 Mm 3

Schnittholzimport aus Ausland: 0.046 Mm 3

Holzenergie (übrige): 0.073 Mm 3

mit ca. 15 000 m³ (ca. 20 %) mehr als im Jahre 2020. (grosser blauer Balken)

Der massive Abtransport von 88 % der Gesamtmenge an sägefähigem Holz ins Ausland und in die übrige Schweiz zeigt das enorme Potential auf, welches im Bündner Wald und Holz schlummert. Um dieses grosse Potenzial auszuschöpfen ist eine Neuausrichtung der Wald- und Holzwirtschaft in Graubünden nötig. Mit jedem Kubikmeter Nutzholz, welches unseren Kanton ohne weitere Wertschöpfung verlässt, wird auch über 80 00 0 m³ (= ca. 40 % Verschnitt) wertvolles Energieholz aus dem Kanton exportiert, welches dann als Pellets wieder mit viel grauer Energie und in einer hohen Abhängigkeit zurückgekauft werden muss.

Eine moderne und durchgehend automatisierte Holzverarbeitung ist in Graubünden am Entstehen. Alle Projektbeteiligten arbeiten am ehrgeizigen Ziel, das Holz aus der Region künftig vor Ort zu verarbeiten, zu veredeln und so die Wertschöpfung zurück in die Rand- und Waldgebiete zu holen. Der Start der Vision «resurses2025» ist mit dem Projekt der Resurses SA in der Gemeinde Surses erfolgt. Weitere Schritte müssen folgen.

Durch Investitionen in weitere Sägereien und in die industrielle Produktion von Halbfabrikaten, wie beispielsweise Holzwerkstoffplatten, innerhalb des Kantons, könnte die lokale Wertschöpfung um ein Vielfaches gesteigert werden. Damit wächst nicht nur der politische Einfluss der Akteure und Akteurinnen der Region und Branche. Eine starke regionale Wertschöpfungskette dient auch der Unabhängigkeit von globalen Trends, die sich wie jüngst in starken Preis-Fluktuationen auf dem Holzmarkt ausdrücken. Zudem kann auch die dritte Verarbeitungsstufe, also Holzbaubetriebe und Schreinereien, von der regionalen Produktion von Holzprodukten profitieren – der Kanton sowie die Gemeinden sind durch die Ressourcenpolitik Holz 2030 (Aktionsplan Holz 2021–2026) des Bundes dazu angehalten, in ihren Bauten vermehrt lokales Holz einzusetzen.

Was wollen wir mit einer Stärkung der Holzkette GR erreichen?

– höhere kantonale Wertschöpfung (vorhandene Ressourcen besser nutzen)

– weniger Abhängigkeit vom Ausland (Preis- und Devisenschwankungen, Verzollung, Subventions-Politik)

– eigenständige regionale Wertschöpfungskreisläufe (Regionalpolitik, Stärkung Waldpolitik, Imagepflege)

– Stabilität Rundholzpreise (mehr Planungssicherheit für Waldbesitzer, regelmässige Holzschläge)

– Beitrag zur Entwicklung Schweizer Holzbau mit Schweizer Holz (Verantwortung übernehmen)

– Umweltbeitrag (CO² Senke, weniger Schwerverkehr, Stärkung Waldpflege, Schutzprojekte)

Graubünden Holz will die durchgehende Holzkette in unserem Kanton stärken und weiterentwickeln. Das ist nur möglich, wenn auch das schwächste Glied der Kette, die lokale Sägewerk- und Holzindustrie, erneuert und kontinuierlich ausgebaut wird. Nutzen wir die Gelegenheit an den möglichen Standorten, um die Holzverarbeitung im Kanton auszubauen. Andernfalls wird die Wald- und Holzwirtschaft Graubünden das Wertschöpfungspotenzial weiterhin ans Ausland verlieren. Das können und wollen wir uns nicht mehr leisten.

Carole Gantert ist Projektmitarbeiterin und Sekretärin, Marcel Lerch ist Geschäftsführer von Graubünden Holz.

Graubünden Holz – 83 Mitglieder nach einem Jahr!

Graubünden Holz ist mit dem neuen Mitgliedschaftskonzept und der neuen Strategie «HOLZ futuro 2023+» erfolgreich gestartet. Als Dachverband der Bündner Wald- und Holzwirtschaft vereinen wir alle Akteurinnen und Akteure in einem Verein zur Stärkung der gesamten Bündner Holzkette. Kommunikation und das Vernetzen untereinander sind unsere Aufgaben, wofür wir verschiedene Anlässe organisieren.

Wir setzen uns mit viel Leidenschaft und Herzblut für die Wertschöpfung der Bündner Wald- und Holzwirtschaft im Kanton Graubünden ein. Möchten auch Sie Teil einer Gemeinschaft mit starken Wurzeln werden? Wir bieten Firmen- und Körperschaftsmitgliedschaften, Einzelmitgliedschaft und

Fördermitgliedschaften an. Die Details finden Sie auf graubuendenholz.ch. Im vergangenen Jahr 2023 durften wir verschiedene spannende Anlässe organisieren, und für 2024 stecken wir bereits in den Vorbereitungen für interessante Veranstaltungen.

«Hölzige Community» mit der symbolischen Arvenholzkette an der 1. Generalversammlung 2023. (Bilder: Dani Ammann Photography)

Jahrestreffen der Vorstandsmitglieder der Branchenverbände

Zahlreich erschienen Vorstandsmitglieder und Gäste zum Jahrestreffen am 24. Januar 2023 mit dem Thema Fachkräftemangel an der ibW Höhere Fachschule Südostschweiz in Chur. Spannende Vorträge von fundamensch GmbH und dem Bündner Gewerbeverband und der anschliessende Austausch haben uns dem Thema nähergebracht. Mit der abschliessenden Online-Fragerunde sind spannende Ansätze zusammengekommen, wie die Branchenverbände, aber auch die einzelnen Unternehmen den Fachkräftemangel angehen können. Der verdiente Apéro im Bistro wurde geschätzt und hat für einen runden Abschluss gesorgt.

Generalversammlung Graubünden Holz

Zur ersten Generalversammlung mit den neuen Mitgliedern hat Graubünden Holz am 12. Mai 2023

nach Laax eingeladen. Die Mitglieder und Gäste trafen sich zur Besichtigung des Baumwipfelpfads «Senda dil Dragun» mit einer interessanten Führung des Ingenieurs Clemens Arpagaus. Die ordentliche Generalversammlung fand im Anschluss in der Tegia d’uaul Salums Sura statt. Regierungsrätin Dr. Carmelia Maissen überbrachte Grussworte der Regierung. Bevor man zum wohlverdienten Apéro überging, ist das eindrückliche Foto der «Hölzigen Community» entstanden. Diese Generalversammlung ist ein denkwürdiges Ereignis für Graubünden Holz, und die Aufbruchstimmung der Branche ist spürbar und macht Freude.

«TOP HOLZ»-Veranstaltung – Betriebsbesichtigung Inkoh AG

Die «TOP HOLZ»-Veranstaltung fand am Freitag, 9. Juni 2023, bei der Inkoh AG in Maienfeld bei warmem Sommerwetter statt. Vor der Besichtigung der

«TOP HOLZ»-Veranstaltung bei der Inkoh AG in Maienfeld.

«TOP MENSCH»-Veranstaltung im Kulturhaus an der Bienenstrasse, Chur.

Pflanzenkohle-Produktionsanlage hat Gion Willi eine informative Präsentation zur Unternehmung und deren verschiedenen Produkten aus Pflanzenkohle gehalten. Die Pflanzenkohle wird aus Holz und Pflanzen unter gezieltem Einsatz von grosser Hitze unter Sauerstoffausschluss hergestellt. Das in der Biomasse enthaltene CO² wird dank diesem Verfahren dauerhaft eingeschlossen. Nach spannenden Einblicken stand für das gemeinsame Austauschen und Netzwerken ein kulinarisch hochstehender Apéro bereit.

«TOP MENSCH»-Veranstaltung

Im Rahmen der Berufsausstellung FIUTSCHER hat Graubünden Holz für die Ausbildner/-innen, Lehrmeister/-innen der Bündner Wald- und Holzberufe sowie die «Hölzige Community» die «TOP MENSCH»-Veranstaltung am Freitag, 17. November 2023, organisiert. Die aktuelle Situation zum Arbeitskräftemangel im Kanton Graubünden und den Generationen X und Y zeigte die fundamensch GmbH in ihrem informativen Referat auf. Anschliesse nd hat Matthias Mölleney von der peopleXpert gmbh ein spannendes Referat zu möglichen Massnahmen und Lösungsansätzen gehalten. Beim

Apéro wurden die interessanten Themen untereinander besprochen und der Abend genossen.

«TOP HOLZ»-Veranstaltung – Betriebsbesichtigung Resurses SA

Bei der Resurses SA in Tinizong fand am 21. November 2023 die zweite «TOP HOLZ»-Veranstaltung des Jahres statt. Die Mitglieder von Graubünden Holz aus den verschiedenen Branchen der Holzkette sind zahlreich erschienen, um spannende Eindrücke in der neuen Sägerei zu erhalten. Auf dem Betriebsrundgang durch die Resurses SA wurden an verschiedenen Stationen die vollautomatischen Betriebsabläufe gezeigt und erklärt, wie die Energiezentrale entsteht. Bei kühlem Novemberwetter wurde der grosszügige Netzwerk-Apéro vom Berghuus Radons zur Stärkung sehr geschätzt.

«TOP HOLZ»-Veranstaltung bei der Resurses SA.

Jahrestreffen der Branchenvorstände

Das diesjährige Jahrestreffen der Branchenvorstände der Bündner Wald- und Holzwirtschaft fand am 23. Januar 2024 mit knapp 70 Personen an der ibW Höhere Fachschule Südostschweiz in Chur statt. Als Thema diente das Strategieziel «Nachhaltigkeit und CO²» von Graubünden Holz, zu welchem drei Referate präsentiert wurden. Das anschliessende Podiumsgespräch mit den drei Referenten und Nationalrat Martin Candinas wurde von Susanne Lebrument moderiert, welche gekonnt durch die ganze Veranstaltung führte.

Nach der Begrüssung und einem Kurzinput von Graubünden Holz durch Präsident Peter Flütsch und Geschäftsführer Marcel Lerch begann die interessante Informationsveranstaltung. Dr. Cyril Brunner,

Dozent am Departement Umweltsystemwissenschaften an der ETH Zürich, referierte zu «Klimastrategien und CO² Entfernung. Als zweites Referat hörte das Publikum «Materialien und Technologien für eine klimaneutrale Schweiz» von Dr. Peter Richner, Stv. Direktor der Empa. Nach einer Kaffeepause ging es weiter mit dem dritten Referat «Der Weg der Wirtschaft zum Netto-Null-Ziel» von Prof. Dr. Ruedi Minsch, Stv. Vorsitzender der Geschäftsleitung von Economiesuisse. Das Podiumsgespräch diente der Vertiefung der einzelnen Aspekte aus den Referaten und der Verknüpfung mit der Situation in Graubünden. Die Teilnehmenden konnten sich zum Abschluss mit den Referenten beim Netzwerk-Apéro austauschen.

Podiumsgespräch zum Abschluss. (Bilder: Dani Ammann Photography)

Carole Gantert / Marcel Lerch

Doch wie weiter? Es gibt verschiedene Möglichkeiten und Ansätze, um unser Klima zu schützen, Emissionen zu verringern und trotzdem die Wirtschaftslage aufrechtzuhalten. Zusammenarbeiten und vorangehen, die verschiedenen Optionen testen und aus den Branchen gute Ideen bringen, damit auch die Politik unterstützend mitwirken kann.

Graubünden Holz bleibt am Thema dran und wird weiterhin Neuigkeiten verfolgen, um den so wichtigen Roh- und Werkstoff Holz bestmöglich im Kanton Graubünden zu nutzen.

Zum Jahrestreffen der Vorstandsmitglieder aller Wald- und Holz-Branchenverbände wurden neu auch alle Mitglieder von Graubünden Holz, die Mitglieder der Parlamentarischen Gruppe Wald und Holz, die Handelskammer Graubünden sowie ausgewählte Gäste eingeladen. Es freut uns zu sehen, dass dieser Anlass auf grosses Interesse gestos-

sen ist und die Teilnehmenden fleissig netzwerken konnten.

Fotos und Filme der Veranstaltung sowie die PDFDateien der Referate finden Sie unter www.graubuendenholz.ch.

Carole Gantert ist Projektmitarbeiterin und Sekretärin, Marcel Lerch ist Geschäftsführer von Graubünden Holz.

Susanne Lebrument moderiert die gesamte Veranstaltung.

Die besten Bündner Objekte sind gefragt

Im Rahmen vom Prix Lignum schreibt Graubünden Holz jeweils den kantonalen Sonderpreis für die Auszeichnung von bemerkenswerten Bündner Objekten aus.

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Mykorrhizapilze – die unterirdischen Verbündeten der Fichte

Wie alle Bäume unserer Wälder bildet die Fichte eine Lebensgemeinschaft mit einer Vielzahl von unterirdischen Helfern, den Mykorrhizapilzen. Mehr als 50 verschiedene Mykorrhizapilzarten kommen in reinen Fichtenbeständen vor mit vielfältigen Funktionen in der Wasser- und Nährstoffversorgung ihrer Baumpartnerin, die ihnen dafür Zucker als Energiequelle liefert. Hohe Stickstoffeinträge und Trockenheit reduzieren diese Vielfalt, was die Gefahr einer verminderten Stresstoleranz der Fichte birgt.

Die Fichte und ihre Mykorrhizapilzpartner Wen freut es nicht, beim Spaziergang durch den herbstlichen Fichtenwald auf einen Steinpilz oder farbenprächtigen Fliegenpilz zu stossen! Dabei sind die Fruchtkörper nur ein kleiner, für uns sichtbarer Teil der Pilze. Die feinen Pilzfäden bilden Myzelien im Boden und erschliessen Nährstoffe mit Hilfe von Enzymen. Einige Waldpilze sind Mykorrhizapilze, die eine Symbiose mit Baumwurzeln eingehen. Die Fichte bildet die sogenannte Ektomykorrhiza-Symbiose mit Schlauch- und Ständerpilzen aus, die dem Baum Nährstoffe im Austausch für Zucker aus der Photosynthese liefern (Abb. 1). Dabei umhüllen die Pilze jede einzelne der feinsten Wurzelspitzen mit einem dichten Hyphengeflecht und wachsen zwischen den Rindenzellen, wo der Stoffaustausch stattfindet. Die feinen Hyphen vergrössern die Wurzeloberfläche und verbessern die Nährstoffversorgung ihrer Baumpartner markant. Mykorrhizapilze stellen demnach die Schnittstelle für die Nährstoffaufnahme zwischen Baum und Boden dar und sind gleichzeitig wichtig als Kohlenstoffspeicher im Boden. Etwa 20 % des durch Photosynthese gewonnenen Kohlenstoffes gelangt in Form von Zucker über die Wurzeln in die Pilze. Dies ermöglicht es den Pilzen, sich im Boden zu vernetzen, neue Wurzeln zu besiedeln und Fruchtkörper zu bilden, die der Verbreitung über Sporen und der genetischen Anpassung dienen. Die Vielfalt der

Abb. 1. Feinwurzeln einer jungen Fichte besiedelt mit dem Dunkelscheibigen Fälbling (Hebeloma mesophaeum).

Der Mykorrhizapilz erhält Zucker aus der Photosynthese im Austausch für Nährstoffe und Wasser, die er mit seinen feinen, gelb-weisslichen Hyphen aus dem Boden aufnimmt und via die mykorrhizierten Feinwurzeln der Fichte abgibt. (Bild: S. Egli, WSL)

Abb. 2. Zwei verbreitete Mykorrhizapilzarten an den Wurzeln von Fichten. Sie bleiben oberirdisch oft unentdeckt, weil sie nur unscheinbare (z. B. der Fransige Wollrindenpilz, Amphinema byssoides, oben) oder keine oberirdischen Fruchtkörper, dafür unterirdische Dauerorgane (Cenococcum geophilum, unten) ausbilden (Massstab 1 mm).

(Bilder: WSL; A. byssoides Fruchtkörper J. Gilgen)

Mykorrhizapilze im Fichtenwald ist oft gross mit über 50 Pilzarten an den Wurzeln eines einzelnen Baumes. Die Mykorrhizapilzgemeinschaft an den Wurzeln besteht meist aus wenigen dominanten und vielen selteneren Arten. Unter den häufigen Pilzarten finden sich oft solche mit unscheinbaren Fruchtkörpern wie zum Beispiel der Fransige Wollrindenpilz (Amphinema byssoides), dessen Fruchtkörper resupinate «Myzelmatten» auf Holzstücken formen, oder Cenococcum geophilum, der keine Fruchtkörper, sondern kleine, widerstandsfähige Sklerotien im Boden bildet (Abb. 2). Erst molekulare Untersuchungen zeigten die Wichtigkeit dieser Pilze in Fichtenwäldern der Schweiz und ganz Europa (Peter et al. 2001b, van der Linde et al. 2018, Jörgensen et al. 2024). Bei den Grosspilzen sind die Schleierlinge (Cortinarius) und Täublinge (Russula) die artenreichsten und häufigsten Gattungen in unseren Fichtenwäldern. Die Zusammensetzung ist räumlich und zeitlich dynamisch und passt sich

den gegebenen Umweltbedingungen an. Eine hohe Vielfalt dieser Pilze gewährleistet eine optimale Ausschöpfung der Bodenressourcen und Anpassung an sich verändernde Umweltbedingungen und Störungen, da sich Mykorrhizapilzarten in ihren Funktionen ergänzen (Peter et al. 2013).

Stickstoffdeposition reduziert die Vielfalt der Mykorrhizapilze in Fichtenwäldern Studien haben gezeigt, dass sich ein erhöhter Stickstoff (N)-Eintrag aus Industrie, Landwirtschaft und Verkehr insbesondere in Nadelwäldern negativ auf die Vielfalt der Mykorrhizapilze auswirkt (Taylor et al. 2000, Peter et al. 2001a, van der Linde et al. 2018, Jörgensen et al. 2024). Wälder filtern N-Verbindungen effizient aus der Luft (Piot 2023), was zu einer Überdüngung und Versauerung des Bodens führt. In einem Langzeitdüngungsexperiment in einem subalpinen Fichtenbestand nahm die Fruchtkörperproduktion der Mykorrhizapilze bereits nach einem halben Jahr N-Düngung drastisch ab und erholte sich auch nach Jahren nicht (Peter et al. 2001a, Gillet et al. 2010). Dies wird damit begründet, dass Bäume bei Eintrag von mineralischem N weniger Kohlenstoff in ihr Netzwerk aus Wurzeln und Mykorrhizapilzen investieren, worunter die Pilzfruchtkörperproduktion als Erstes leidet. Im Laufe der Zeit verändert sich die Mykorrhizapilzgemeinschaft, wobei insbesondere auf Nadelbäume spezialisierte Pilze, die oft auch auf die Aufnahme von N aus organischen Quellen spezialisiert sind, stark reduziert wurden (van der Linde et al. 2018, Jörgensen et al. 2024). Unsere Studien zeigten, dass ein erhöhter N-Eintrag den Mykorrhizierungsgrad der Fichtenwurzeln nicht beeinflusst, aber die Zusammensetzung der Gemeinschaft verändert und die Vielfalt der Mykorrhizapilze reduziert (Abb. 3). Trotz der stark veränderten Mykorrhizapilzgemeinschaften nach N-Düngung blieben deren Funktionen qualitativ konstant. Dabei wurden Funktionen wie die Aktivität von Enzymen, die an der Freisetzung von Nährstoffen beteiligt

Abb. 3: Zusammensetzung und Aktivität der Mykorrhizapilze an Fichtenwurzeln eines 50-jährigen, subalpinen Fichtenbestandes mit und ohne Stickstoffdüngung (150kg N/ha/a) über zehn Jahre. Besser angepasste Mykorrhizapilze übernehmen die unterschiedlichen Funktionen der häufigsten zwei Pilzarten in den Kontrollflächen. Aktivität von acht am Abbau organischer Stoffe beteiligten Enzymen, die der Nährstoffversorgung der Fichte dienen. Xyl = Xylosidase, Glr = Glucuronidase, Nag = Chitinase, Cel = Cellobiohydrolase, Gls = Glukosidase, Pho = Phosphatase, Leu= Leucinaminopeptidase, Lac = Laccase. Die Werte bezeichnen Aktivitäten in log10 pmol/min/mm. (Quelle: Eigene Daten, nicht veröffentlicht)

sind (Abb. 3), von besser angepassten, nitrophilen Arten wie dem Pustel-Schneckling (Hygrophorus pustulatus) und dem Schwammigen Filzgewebe (Pseudotomentella mucidula) übernommen. Bei hohem N-Eintrag investierten die Bäume weniger Kohlenstoff in die Wurzeln, wodurch sowohl das Feinwurzel- als auch das Myzelwachstum längerfristig reduziert wurden. Diesen Verlust konnten auch die besser angepassten Pilze nicht ausgleichen, was zu einem Nährstoffungleichgewicht in den Bäumen führte (Hutter 2014, van der Linde et al. 2018, Jörgensen et al. 2024). Ebenso birgt die Reduktion der Pilzartenvielfalt die Gefahr, dass das Ökosystem gegenüber zusätzlichen Belastungen

wie Trockenheit anfälliger wird, da der Artenpool möglicherweise keine Anpassung mehr erlaubt.

Wiederholte Sommerdürren reduzieren die Diversität der Mykorrhizapilze an Fichten stärker als an Buchen

Auch der Klimawandel mit wiederholten, lang anhaltenden Trockenperioden bedroht insbesondere die an kühle und feuchte Standorte angepasste Fichte. Um herauszufinden, wie die Fichte auf Böden mit hoher Wasserspeicherkapazität auf häufige Sommertrockenheit reagiert, wurde im Kranzberger Forst bei München ein Experiment an ausgewachsenen Bäumen in Rein- und Mischbeständen mit Bu-

che durchgeführt (Abb. 4). Dafür wurden auf sechs von zwölf Versuchsflächen Dächer installiert, die fünf aufeinander folgende Sommer lang etwa 70 % des jährlichen Niederschlags ausschlossen. Danach wurden die Böden wieder bewässert, um zu sehen, wie schnell die Bäume reagieren und sich erholen können. Beide Baumarten konnten sich überraschend gut an extreme Trockenheit anpassen, sofern Borkenkäferbefall ausgeschlossen wurde. Die Fichte reduzierte ihr Wachstum ober- und unterirdisch stärker als die Buche und erholte sich auch nach der Wiederbewässerung weniger schnell (Motte et al. 2023). Die Abnahme der Feinwurzeln und die Veränderung der Mykorrhizapilzgemeinschaften waren bei der Fichte stärker als bei der Buche (Nickel et al. 2018). Trockenheitsresistentere Arten wie Cenococcum geophilum (Abb. 2) oder der Ockertäubling (Russula ochroleuca) traten vermehrt auf. Ähnlich wie unter N-Einträgen blieben die Funktionen (Enzymaktivitäten) unter Trockenheit qualitativ erhalten oder nahmen pro Mykorrhizaspitze sogar zu, konnten aber die quantitativen Verluste auf der Ebene des Ökosystems (Feinwurzeln pro m²) nicht ausgleichen. Interessanterweise hatte die Mischung der Baumarten einen positiven Effekt auf die Pilzdiversität beider Baumarten, möglicherweise da Nischen komplementär genutzt wurden. Dieser grössere Artenpool kann gerade in einer Erholungsphase sehr wichtig sein, um neu auswachsende Feinwurzeln optimal zu besiedeln. So investierten beide Baumarten nach der Wiederbewässerung sofort in die Feinwurzelproduktion und ihre verbündeten Pilze.

Fazit

Eine hohe Vielfalt an Mykorrhizapilzen sichert die optimale Ausnutzung der Ressourcen unter wechselnden Bedingungen. Ist diese reduziert, so leidet die Widerstandsfähigkeit der Fichte. Eine Reduktion der Stickstoffemissionen und die Förderung von Baumartenmischungen sind deshalb wichtige Massnahmen zur Unterstützung der Fichte und ihrer Mykorrhizapilze.

Abb. 4: Trockenstress-Experiment an ausgewachsenen Fichten und Buchen im Kranzberger Forst bei München. Die Dächer reduzierten über 5 Jahre (2014–2018) die jährliche Niederschlagsmenge um 70 %. Die Mykorrhizagemeinschaft der Fichte reagierte empfindlicher als jene der Buche, mit einer stark reduzierten Diversität nach zwei Jahren Trockenstress (rote Kurve) im Vergleich zur natürlich beregneten Kontrolle (blaue Kurve). Der Effekt ist im dritten Jahr weniger ausgeprägt an Fichten- und Buchenwurzeln, deren Wurzelraum überlappt (mix). Die Werte zeigen den Shannon-Diversitätsindex (Mittelwert ± Standardfehler von 6 Replikatsflächen) der Mykorrhizapilze an den Wurzeln im Oberboden. (Quelle: U. Nickel, 2018, Global Change Biology, modifiziert. Bild: K. Pritsch, HZM)

Dr. Martina Peter ist Leiterin der Gruppe Ökologische Genetik an der Eidg. Forschungsanstalt WSL und erforscht verschiedene Aspekte der Mykorrhizasymbiose im Wald. Dr. Karin Pritsch vom Helmholtz Zentrum München erforscht die Auswirkungen von Umweltstress auf Waldbäume und die mit ihnen vergesellschafteten Pilze.

Literaturverzeichnis auf www.buendnerwald.ch

Fichtenkreuzschnabel und Fichte –

eine einseitige Liebe

Wenn der Tannenhäher die Samen der Arve für seine Ernährung erntet, hilft er der Baumart bei deren Vermehrung. Nicht so bei Fichte und Fichtenkreuzschnabel: Die Samen, welche der Kreuzschnabel erntet, werden an Ort und Stelle vollständig verzehrt, der Vogel trägt also nichts zur Samenausbreitung bei. Während die Fichte also vom Fichtenkreuzschnabel nicht profitieren kann, ist dieser stark von der Fichte abhängig. Diese Bindung des Fichtenkreuzschnabels an den «Brotbaum» der Forstwirtschaft macht ihn zum Begleiter der im Wald arbeitenden Berufsleute. Es lohnt sich also, diese Vogelart etwas genauer anzuschauen, zumal sie sich in verschiedener Hinsicht von den meisten anderen Singvogelarten markant unterscheidet.

Die Charakteristika des Fichtenkreuzschnabels

Der Fichtenkreuzschnabel ist etwas grösser und vor allem kräftiger gebaut als ein Buchfink. Eine ganz besondere Eigenheit ist der nach oben ge-

krümmte Unterschnabel, der den nach unten gebogenen Oberschnabel kreuzt. Die Männchen sind rot, die Weibchen grün gefärbt. Besonders kräftig sind diese Farben auf Scheitel, Unterrücken und

Fichtenkreuzschnabel-Männchen verzehrt Lärchensamen. Bei je etwa der Hälfte der Vögel führt der Unterschnabel links oder rechts am Oberschnabel vorbei. (Bild: Christoph Meier-Zwicky)

Bürzel. Bei beiden Geschlechtern sind Flügel und Schwanz dunkelbraun. Die Jungvögel sind gräulich mit einem auch bei den jungen Männchen grünlichen Anflug; sie sind zudem auf der Unter- und Oberseite kräftig dunkel gestreift.

Die Kreuzschnäbel halten sich meist im oberen Teil der Baumkronen auf. Man wird auf sie am ehesten aufmerksam durch ihre auffälligen pügg – pügg –pügg Rufe, vor allem wenn sie in kleinen Gruppen über dem Wald fliegen.

Im Zentrum steht die Fichte Hauptnahrung des Fichtenkreuzschnabels sind Fichtensamen. Dahinter folgen Samen von Waldund Bergföhre sowie der Lärche. Der Fichtenkreuzschnabel weicht aber auch aus auf Samen von Weisstanne (erst bei deren Zerfall), und von nicht einheimischen Nadelbaumarten wie Douglasie, Zypressen, Thuya, Zedern etc. Es wurde sogar der Verzehr von Arven-Nüsschen beobachtet. Als Nahrung sind aber auch Samen von Buche, Ahorn- und Ulmen-Arten, Esche und Hainbuche, und er nutzt auch die Kerne aus den Früchten von Sorbus-Arten. Daneben frisst er auch Knospen von Nadelbaumarten und Samen von Distel- und weiteren Korbblütler-Arten. Regelmässig, aber in kleinen Mengen, wird nebst Sämereien auch tierische Nahrung aufgenommen, wobei Blatt- und Gallenläuse im Vordergrund stehen. Gelegentlich kann man Fichtenkreuzschnäbel auch an altem Mauerwerk oder offenen Bodenstellen knabbern sehen, wo sie Mineralstoffe aufnehmen, insbesondere um ihren Kalziumbedarf zu decken.

Um an Fichtensamen zu kommen, hebt der Fichtenkreuzschnabel mit seinem gekreuzten Schnabel die Zapfenschuppen an und stösst die Samen mit der Zungenspitze so an, dass sie ihm in den Schnabel fallen. Gefressen wird nur das von der Samenhülle befreite Samenkorn, die Samenflügel werden abgebissen und fallen zu Boden. Der Fichtenkreuzschnabel macht das oft kopfüber am Zapfen hängend. Er beisst aber auch Zapfen ab, die fast so schwer sind

Weibchen und ein vom Herausklauben der Samen zerzauster Fichtenzapfen. (Bild: Stefan Linder)

wie er selbst, und zieht diese auf den Ast, wo er sie mit einem Fuss fixiert und so bearbeitet. Diese Verhaltensweisen werden von verschiedenen Autoren als «papageienähnlich» beschrieben.

Die Spezialisierung des Fichtenkreuzschnabels auf die Fichte zeigt sich äusserlich an der Schnabelform, wie ein Vergleich mit anderen Kreuzschnabelarten zeigt. So verfügt der auf Föhrenarten spezialisierte nordische Kiefernkreuzschnabel entsprechend der Beschaffenheit der Föhrenzapfen über einen wesentlich kräftigeren Schnabel. Dies ist auch beim endemisch vorkommenden Schottischen Kreuzschnabel der Fall. Dagegen hat der ebenfalls im Norden beheimatete, mehr an die Lärche gebundene Bindenkreuzschnabel einen feineren Schnabel. Dank diesen spezifisch auf die jeweilige Baumart angepassten Schnabelformen können die Vögel bereits die noch nicht vollständig ausgereiften Zapfen jener Baumarten nutzen, auf die sie spezialisiert sind. Die weite Verbreitung der Fichte in der Schweiz macht es möglich, dass der Fichtenkreuzschnabel im ganzen Land vorkommt, mit einem Schwerpunkt in den Berglagen von Jura, Voralpen und Alpen. Je nach Samenangebot brüten hier 1 bis 4, im Extrem-

199920012003200520072009201120132015201720192021

Entwicklung des Brutbestandes des Fichtenkreuzschnabels (rote Linie) und des Angebots an Fichtensamen (grüne Fläche) zwischen 1999 und 2022 in der Schweiz. Dargestellt ist der Verlauf des Brutbestandsindex für den Fichtenkreuzschnabel in % gemäss Schweizerischer Vogelwarte (Moosmann et al. 2023, Sempach) und der Fichten-Samenmast gemäss Wohlgemuth et al. (2016) und aufbereiteten Daten aus «mastweb.wsl.ch» mit 0 = Fehlmast und 3 = Vollmast. Die Samentracht wird im Sommer anhand der Blüten bzw. der jungen Zapfen erhoben. Da die Fichten-Samen aber erst am Anfang des nächsten Jahres verfügbar sind, wurde zur besseren Vergleichbarkeit die Grafik zur Fichtenmast um ein Jahr nach rechts verschoben.

fall bis 9 Brutpaare/km². Weltweit erstreckt sich sein Verbreitungsgebiet über ganz Eurasien und Nordamerika. Dies ist nur möglich, weil ausserhalb des auf Mittel- und Nordeuropa beschränkten Verbreitungsgebiets der Fichte andere Nadelbaumarten mit ähnlichen Zapfenformen vorkommen. Aber auch in Europa selbst erstreckt sich das Verbreitungsgebiet des Fichtenkreuzschnabels etwas über jenes der Fichte hinaus. Im Mittelmeergebiet spielen verschiedene Föhrenarten eine wichtige Rolle als Nahrungsbaum.

Die Bindung zur Fichte erfordert Flexibilität

Das Samenangebot der Fichte schwankt bekanntlich sehr stark und unregelmässig mit grossen regionalen Unterschieden. Die Ergebnisse des MastWeb Projekts der WSL (mastweb.wsl.ch) zeigen z. B. für das Jahr 2015 eine Halb-Vollmast in tiefen Lagen

(< 800 m ü. M.) bei überwiegender Fehlmast in den höheren Lagen und eine umgekehrte Situation im Jahr 2016. Im Jahr 2020 war die Samenproduktion über die Höhenstufen hinweg recht ausgeglichen, sie war aber in der Westschweiz deutlich geringer als in den übrigen Landesteilen. Diese örtlich und zeitlich starken Schwankungen erfordern vom Fichtenkreuzschnabel viel Flexibilität. Er meistert diese Herausforderung indem er einerseits, trotz der Spezialisierung auf die Fichte, doch ein recht breites Spektrum an vegetarischer Kost nutzt. Anderseits ist er aber auch sehr mobil, und er kann seine Brutzeit dem Nahrungsangebot anpassen. Dem stark schwankenden Samenangebot der Fichte begegnet der Fichtenkreuzschnabel mit Wanderbewegungen. Weil auch das Samenangebot jener Baumarten schwankt, auf welche der Fichtenkreuzschnabel bei geringer Samentracht der

Fichte ausweicht, zeigt sich das Wanderverhalten recht unübersichtlich. Insgesamt gibt es aber doch Regelmässigkeiten im Wanderverhalten: Von Juli bis September, manchmal schon ab Mai, ist ein Zug Richtung Südwesten zu erkennen. In dieser Zeit erhält die Schweiz Zuzug aus Nordosteuropa, manchmal invasionsartig. Zugbewegungen in die umgekehrte Richtung finden schwerpunktmässig im Frühsommer und Spätherbst statt. Infolge regionaler Unterschiede im Nahrungsangebot kommt es auch zu kleinräumigem Umherstreifen. So kommt es auch zu Verschiebungen von Vögeln aus Bergwäldern in Mittellandwälder mit künstlich erhöhtem Fichtenanteil, die sonst vom Fichtenkreuzschnabel nur schwach besiedelt werden. Diese durch das Samenangebot der Fichte gelenkten Wanderungen führen zu erheblichen Schwankungen im Bestand des Fichtenkreuzschnabels. Für die Gesamtschweiz zeigt sich eine auffallende Parallelität von Angebot an Fichtensamen und der Brutbestandsentwicklung des Fichtenkreuzschnabels (Grafik).

Anpassung auch bei der Brut

Die Hauptbrutzeit des Fichtenkreuzschnabels sind die Monate Dezember bis Mai. So kann man denn singende Männchen auch im sonst stillen und verschneiten Winterwald hören, also deutlich ausserhalb der Gesangsperiode der allermeisten Singvögel. Die Brutzeit passt damit perfekt auf die Samenproduktion der Fichte, deren Samen Ende Oktober zu reifen beginnen und ab Mitte Februar aus den Zapfen fallen. Wo auch andere Nadelbäume, insbesondere Lärche, Wald- und Bergföhre Nahrung anbieten, erstreckt sich die Brutzeit über einen längeren Zeitraum. So fällt der Höhepunkt des Brutgeschäfts im Oberengadin, Bergell und Puschlav auf den Juni. Bruten sind aber in allen Monaten des Jahres möglich, womit die Art völlig aus dem Rahmen des sonst bei Vögeln Üblichen fällt.

Das stabile Nest mit seinem tiefen Napf wird in der oberen Kronenhälfte von Nadelbäumen angelegt. Auf Fichten ist es nahe beim Stamm platziert, auf

Um die Fichtensamen herauszuklauben, schlitzt der Fichtenkreuzschnabel manchmal die Zapfenschuppen in der Mitte der Länge nach auf. (Bild: Jürg Hassler/Ueli Bühler)

Föhren seitlich auf einem Ast in einer Astgabel. In der Regel werden 3–4 Eier gelegt. Der Bruterfolg ist stark abhängig davon, wie gut die Brut mit dem Samenangebot synchronisiert ist. Die Verteilung der Nester verschiedener Brutpaare sind oft geklumpt und gegenüber Artgenossen wird nur die engere Nestumgebung verteidigt.

Und was ist mit der Fichte?

Angaben darüber, wie viele Zapfen einer Fichte durch eine Fichtenkreuzschnabel-Population genutzt werden, habe ich in der Literatur keine gefunden. Angaben zur Anzahl Samen, die aus einem bearbeiteten Zapfen gewonnen werden reichen von 6 bis 70 %. Es ist anzunehmen, dass zumindest in Mastjahren die Frass-Tätigkeit des Fichtenkreuzschnabels die Fortpflanzung der Fichte nicht massgeblich limitiert. Neben dem Fichtenkreuzschnabel ist auch das Eichhörnchen ein bedeutender Vertilger von Fichtensamen. Vielleicht sind die starken und unregelmässigen Schwankungen der Samenproduktion eine Strategie der Fichte, die Vertilger ihrer Samen in Schranken zu halten.

Junger Fichtenkreuzschnabel an der Tränke. Die Jungen sind auf Rücken und Unterseite kräftig gestreift.

Dank

Ich danke Thomas Wolgemuth und Daniel Scherrer, WSL für das Aufbereiten und Zurverfügungstellen der Daten zur Fichtenmast und Samuel Wechsler, Vogelwarte Sempach für die Hilfe beim Datenbezug zum Brutbestandsindex des Fichtenkreuzschnabels.

Ueli Bühler leitete bis zu seiner Pensionierung den Bereich Waldökologie des Amts für Wald und Naturgefahren Graubünden und ist Freizeit-Ornithologe.

Quellen

– Christen, W. (1995): Zum Auftreten des Fichtenkreuzschnabels Loxia curvirostra nördlich von Solothurn 1980–1993. Orn. Beob. 92: 82–85

– Glutz von Blotzheim, U. N. (1997): Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Bd. 4.: Passeriformes, Wiesbaden.

– Keller, V., weitere (1920): European Breeding Bird Atlas 2; Distribution, Abundance and Change.

Lynx Edition Barcelona

– Knaus, P., S. Antoniazza, S. Wechsler, J. Guélat, M. Kéry, N. Strebel & T. Sattler (2018): Schweizer Brutvogelatlas 2013–2018. Verbreitung und Bestandsentwicklung der Vögel der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein, Schweizerische Vogelwarte, Sempach, 648 S.

– Maumary, L., L. Vallotton & P. Knaus (2007): Die Vögel der Schweiz. Schweizerische Vogelwarte, Sempach und Nos Oiseaux, Montmollin.

– Moosmann, M., N. Auchli, T. Kuzmenko, T. Sattler, H. Schmid, B. Volet, S. Wechsler & N. Strebel (2023): Zustand der Vogelwelt in der Schweiz: Bericht 2023. www.vogelwarte.ch/zustand. Schweizerische Vogelwarte, Sempach.

– Wohlgemuth, T., A. Nussbaumer, A. Burkart, M. Moritzi, U. Wasem & B. Moser (2016): Muster und treibende Kräfte der Samenproduktion bei Waldbäumen. Schweiz. Z. Forstwes. 167: 316–324)

(Bild: Stefan Linder)

Auszeichnung «Unfallfreie Lehrzeit»

Der erfolgreiche Abschluss der Lehrzeit ist für junge Forstwartinnen und Forstwarte ein wichtiger Schritt im Berufsleben. Die Suva setzt sich dafür ein, dass Lernende diesen nicht nur erfolgreich, sondern auch unfallfrei machen können.

Im Rahmen der Kampagne «Unfallfreie Lehrzeit» begleitet die Suva seit mehreren Jahren angehende Forstwartinnen und Forstwarte und macht mit gezielten Hilfsmitteln und Massnahmen während der gesamten Lehrzeit auf die Gefahren am Arbeitsplatz und in der Freizeit aufmerksam. Im Jahr 2023 haben 56 Lernende von gesamthaft 81, welche an der Kampagne der Suva teilgenommen haben, die Lehrzeit abgeschlossen, ohne dabei einen Berufsunfall zu erleiden.

Im ersten Lehrjahr werden die Lernenden im Rahmen der überbetrieblichen Kurse über die zehn lebenswichtigen Regeln instruiert.

Im zweiten Lehrjahr besuchen die Sicherheitsspezialisten der Suva die Lernenden in den Berufsfachschulen, erarbeiten und diskutieren dabei gemeinsam praktische Präventionsbeispiele.

Nach dem Abschluss des dritten und letzten Lehrjahrs können sich alle Lernenden, die in den vergangenen drei Jahren keinen Berufsunfall erlitten haben, für die Auszeichnung zur «Unfallfreie Lehrzeit» melden und erhalten ein eingraviertes Sackmesser. Ohne die wertvolle Unterstützung des Ausbildners, des Lehrmeisters, der Instruktoren der überbetrieblichen Kurse, der Fachlehrpersonen an den Berufsfachschulen und der Eltern wäre es nicht möglich diese Leistung zu erreichen. Arbeitssicherheit ist aber nicht nur für Lernende, sondern für alle Mitarbeitenden relevant. Die zehn lebenswichtigen Regeln für die Waldarbeit (www. suva.ch/84034.d) bilden seit mehreren Jahren ein solides Fundament für die Unfallverhütung im Forstbetrieb. Werden diese wenigen Regeln kon-

Prävention ist bei Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern besonders wichtig. (Bild: Suva)

sequent umgesetzt können viele, insbesondere schwere und tödliche Unfälle verhindert werden. Die Regeln zu kennen, reicht allein aber nicht aus. Alle Mitarbeitenden nicht zuletzt Lernende haben das Recht und die Pflicht Stopp zu sagen, wenn eine lebenswichtige Regel missachtet wird. Die Arbeit soll erst dann wieder aufgenommen werden, wenn die Gefahr behoben ist.

Situation 2023 in Graubünden

In Graubünden wurden insgesamt vier Lernende ausgezeichnet. Im Jahr 2023 ereigneten sich in Forstbetrieben im Kanton Graubünden 30 Berufsunfälle, bei denen Lernende involviert waren. Davon waren 15 Bagatellfälle. Todesfälle hat es glücklicherweise keine gegeben.

Zum Thema

Holzgruass aus Fichte

Aus Prättigauer Fichtenholz schafft Holzgruass eine einzigartige Alternative zu herkömmlichen Post- und Grusskarten – Holzkarten, die persönliche Verbindungen schaffen.

YES-Team Holzgruass

Hinter Holzgruass stecken wir, Moritz Döls, Giulia Caminada, Aline Egger und Matteo Biancu, vier Schülerinnen und Schüler der Evangelischen Mittelschule Schiers. Im Rahmen unserer Maturaarbeit haben wir im Herbst 2023 ein Miniunternehmen gegründet. Dieses läuft unter Company Programme von Young Enterprise Switzerland (YES). Dort sammeln Jugendliche während eines Jahres praxisorientierte Erfahrungen in der Wirtschaftswelt. Unsere Holzkarten entstehen durch eine Zusammenarbeit mit der Schreinerei Lötscher & Co. AG aus Schiers. Sie stellen in unserem Auftrag leere Holzkarten aus Fichtenholzresten bereit. Wir gravieren mithilfe unseres Lasers Motive in die Holzkarten ein: Diese werden von Fotografen und Kunstschaffenden aus der Region bereitgestellt. Nebst diesem Sortiment bieten wir auch individualisierbare Holzkarten an. Wir haben uns für Fichte entschieden, weil durch die Weichheit des Holzes nicht nur das Eingravieren erleichtert wird, sondern auch das Beschreiben der fertigen Holzkarte von Hand gut möglich ist. Zudem können wir das Fichtenholz regional aus dem Prättigau beziehen, wodurch wir der Umwelt zuliebe einen kurzen Transportweg haben. Auf unserer Webseite sind unsere Holzkarten direkt erhältlich. Dort können sowohl Motive aus unserem Sortiment als auch individualisierbare Holzkarten bestellt werden. Über Instagram und Facebook halten wir zudem unter @holzgruass unsere Kundschaft auf dem Laufenden und knüpfen neue Kontakte.

www.holzgruass.ch

Team Holzgruass (v.l.n.r.): Giulia, Matteo, Moritz und Aline, vier Schülerinnen und Schüler der Evangelischen Mittelschule Schiers. (Bilder: Holzgruass)

Ein Holzgruass für jede Gelegenheit.

Für Ihre Agenda 2024

Veranstaltungen von Graubünden Wald

Samstag, 24. Februar

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Freitag, 22. März

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Donnerstag/Freitag, 27./28. Juni

Mels (SG)

Tagung ARGE Alpenländische Forstvereine «Ideengeber Schutzwald»

Freitag, 28. Juni

Flims

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Herbst noch offen

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Anmeldungen siehe www.graubuendenwald.ch

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Donnerstag, 14. März

Cazis

Infoanlass «Drohnen im Wald»

Donnerstag, 4. April Maienfeld Anwenderkurs «QField App»

Freitag, 12. April Surses Generalversammlung SELVA

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Dienstag, 26. November Landquart

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Das sind die Schwerpunktthemen im 2024:

April: Versammlung Graubünden Wald (Redaktion abgeschlossen)

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August: Forstpersonal (Redaktionsschluss 14. Juni 2024)

Oktober: Wald & Recht (Redaktionsschluss 9. August 2024)

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Kontakt zu den Redaktorinnen:

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Vorschau «Bündner Wald» April 2024

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Juni 2024: Wald/Wild

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Redaktionsschluss: 12. April 2024

August 2024: Forstpersonal

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Versammlung Graubünden Wald in Obersaxen Mundaun

Am 25. Mai 2024 findet die Versammlung unseres Vereins Graubünden Wald in der Surselva statt. Auf einer Hochebene liegt die Gemeinde Obersaxen Mundaun, welche den Charakter einer typischen Walsersiedlung trägt. Bekannt als Feriendestination im Winter und Sommer. Die Zweisprachigkeit Deutsch/Rätoromanisch deutet auf eine spannende Geschichte hin und macht die Gemeinde besonders. Nicht zuletzt ist die Landschaft auf der Sonnenterrasse von bewaldeten Gebieten und landwirtschaftlichen Einflüssen geformt und geprägt. Wir sind gespannt, was uns die Gemeinde Obersaxen Mundaun noch so alles zu bieten hat.

Redaktion: Laura Brunner

Herausgegeben von Graubünden Wald und der SELVA

Verlag: © Somedia Production AG, CH-7007 Chur Sekretariat: SELVA, Bahnhofplatz 1, CH-7302 Landquart, Telefon + 41 (0) 81 300 22 44, buendnerwald @ selva-gr.ch Redaktion: Susi Schildknecht, susi.schildknecht@bluewin. ch, Laura Brunner, redaktion@buendnerwald.ch. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge in nicht verlangter Form ohne Rückfrage zu ändern. Herstellung: Viaduct AG, 7000 Chur. Erscheint sechsmal jährlich. Auflage: 1400 Exemplare Inserate: Somedia Promotion AG, Telefon + 41 (0) 81 650 00 70, thusis @ somedia.ch Abonnementspreise: CHF 60.– (inkl. MwSt. für Mitglieder Verein Graubünden Wald) Abonnemente/Adressänderungen: Telefon 0844 226 226, abo @ somedia.ch, www.buendnerwald.ch Für Inseratetexte übernimmt die Redaktion keine Verantwortung, auch muss die Meinung der Beiträge nicht mit der Ansicht der Redaktion übereinstimmen. Schreibende, die zu oben stehenden Themen publizieren möchten, sind herzlich eingeladen, ihre Vorschläge der Redaktion einzureichen.

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