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Drohnengestützte Seilkranprojektierung

Drohnen können Planung und Absteckung von Seillinien vereinfachen. Das Orthophotomosaik ermöglicht die Festlegung positiver Kardinalpunkte aufgrund des aktuellen Bestandes. Werden die Daten mit einem Einzelbaumerkennungsprogramm und einem Programm zur Seillinienplanung weiterverarbeitet, kann die Seillinienplanung digital erfolgen. In einer Praxisüberprüfung konnten sieben von neun Seillinien wie geplant ausgeführt werden. Die nicht realisierbaren Seillinien mussten wegen schlechter Verankerung resp. Rotfäule eines Stützenbaumes seitlich verschoben werden.

Patrick Dietsch

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Einleitung

Rund ²∕³ der bewirtschafteten Fläche im Kanton Graubünden liegen im Seilkrangelände (Frutig et al. 2020). Bedingt durch die steilen Hanglagen ist die Holzqualität oft gering und die Holzerlöse sind niedrig. Die ökonomischen Ausgangsbedingungen in der Seilbringung sind somit ungünstig und Potenziale zur Effizienzsteigerung, wie bspw. durch den Einsatz neuer Technologien, sollten in Betracht gezogen werden. Im WHFF-Projekt 2015.15 wurde der Nutzen von mit Drohnen gewonnenen Luftbilddaten zur Erkennung von Infrastrukturbäumen (Stützen-, Endmast- und Ankerbäume) untersucht. Dazu müssen die Stammfusskoordinaten dieser Bäume und deren Brusthöhendurchmesser (BHD) möglichst genau ermittelt werden können. Die Genauigkeitsanalyse auf Basis von zwei Marteloskopen ergab Koordinatenabweichungen von im Durchschnitt weniger als 1,4 m zwischen den terrestrisch bzw. mit Drohnendaten ermittelten Stammfusskoordinaten (Dietsch et al. 2020). Herrschende und vorherrschende Bäume konnten noch genauer lokalisiert werden. Bäume mit ausreichendem Durchmesser in einer Distanz von 0,8 m bis 2 m Entfernung seitlich zur Seillinie eignen sich gemäss Nemestóthy et al. (2014) für den Bau von Stützen, wobei in der Praxis diese Werte bis auf 3 m bei Vorziehstützen und 4 m bei vorgeneigten Stützen ausgedehnt werden. Der BHD liess sich im Durchschnitt auf 5 cm genau bestimmen (Dietsch et al. 2020). Aufgrund dieser Resultate wurde die Methode als ausreichend genau beurteilt und an 9 Seillinien getestet. Ziel dieser Praxistests war zu überprüfen, ob die Bäume mit geringem Aufwand im Gelände lokalisiert werden können. Diese Resultate sollen nachfolgend vorgestellt werden.

Material und Methodik

In Abbildung 1 ist der Workflow für die Nutzung der Drohnendaten zur Erkennung von Infrastrukturbäumen stark vereinfacht dargestellt. Nach der Befliegung werden die einzelnen Drohnenbilder zu einem Orthophotomosaik zusammengesetzt. Anschliessend wird daraus das digitale Oberflächenmodell (DOM) erstellt. Durch Abzug des digitalen Geländemodells (DGM) wird das normalisierte Oberflächenmodell (nDOM) generiert. Mit einer Einzelbaumerkennungssoftware können nun die Baumspitzen, die im Wald den lokalen Maxima entsprechen, bestimmt werden. Die Ableitung des BHD erfolgt mit einer Funktion, die den Zusammenhang zwischen BHD und Baumhöhe beschreibt. Mit einem Seillinienprojektierungsprogramm wird mit den geeigneten Bäumen anschliessend die Projektierung vorgenommen. Für die Versuche wurde eine Drohne von senseFly (eBee Classic) verwendet, die mit einer Akkuladung und einer Flughöhe von 180 m eine Befliegung von etwa 30 ha erlaubt. Die verwendete Kamera mit ei-

Einzelbaumerkennungssoftware

1. Befliegung 2. Orthophotomosaik und DOM erstellen 3. Berechnung DOM (DOM – DGM, wobei DGM = swisstopo oder kantonale Daten)

4. Stammfusskoordinaten und BHD ableiten, Verifizierung anhand Stichprobe ob realistisch

Abb.1: Vereinfachter Workflow zur Seillinienplanung mit Drohnendaten.

5. Projektierung Seillinien anhand als geeignet beurteilter Bäume

(Quelle: HAFL)

ner Auflösung von 18,2 Megapixel ermöglichte eine Pixelauflösung von 6 bis 7 cm. Die Bilddaten wurden mit einem sehr genauen GPS mit RTK-Korrektursignal von swipos (swisstopo 2021a) verortet, um eine Genauigkeit von mindestens 3 cm in der Lage und 5 cm in der Höhe zu erreichen. Zur Flugplanung und -durchführung wurde die Software eMotion (senseFly 2021) verwendet. Das Zusammenfügen der Bilder zum Orthophotomosaik erfolgte mit der Photogrammetrie-Software Pix4Dmapper (pix4d 2021). Eine detaillierte Beschreibung des Workflows ist in Dietsch et al. (2020) enthalten. Mit dem Nachfolgermodell der Drohne (eBee X) lassen sich an einem Tag rund 100–150 ha Wald befliegen. Der limitierende Faktor ist dabei die Suche nach geeigneten Start- und Landeplätzen, welche die Überwachung der Drohne ermöglichen. Inklusive Datenbearbeitung können rund 100 ha Wald in zwei Tagen digitalisiert werden. Als Dienstleistung eingekauft entspricht dies rund 2000 CHF oder 2 CHF/ha Wald (Günter 2021).

Praxistauglichkeit der vorgestellten Methode

Alle Infrastrukturbäume der digital geplanten Seillinien konnten mit den Orthophotos und den Angaben aus der Seillinienprojektierung im Gelände bestimmt werden. Die mit der Einzelbaumerkennungssoftware FINT (vgl. Dorren 2017) ermittelten Koordinaten der Bäume waren ausreichend genau, um die Bäume für die forsttechnische Realisierung der Seillinien zu verwenden. Bei der Projektierung wurden nur die durchmesserstärksten Bäume verwendet, deswegen musste keine Absteckung wegen zu geringem BHD wiederholt werden. Die beiden nicht geeigneten Stützenbäume waren aufgrund aus der Luft nicht sichtbarer Parameter (ungünstige Verwurzelung, Rotfäule) ungeeignet. Schwierigkeiten bereitete das Bestimmen des exakten Maschinenstandorts, um von dort aus die Seillinie abzustecken. Es wird empfohlen, den Maschinenstandort zu markieren oder die Trassierung vom ersten Stützenbaum aus zu beginnen. Die in Abbildung 2 dargestellten Versuche mit unterschiedlichen Flughöhen haben gezeigt, dass die Sichtbarkeit einer Markierung (Durchmesser 1 m) nicht von der Flughöhe, sondern der Farbwahl der Markierung und den Lichtverhältnissen (Schattenwurf) abhängt. Die Qualität der Orthophotomosaike wurde durch die Flughöhe nur unwesentlich beeinflusst, so dass die Einzelbaumerkennung keine signifikanten Unterschiede ergab. Erwartungsgemäss war die Detaillierung der Bäume bei der niedrigsten Flughöhe am höchsten – allerdings ist die Sicherheitsmarge damit auch deutlich geringer.

Mehrwert der Drohnendaten

Die Genauigkeit der Drohnendaten bestimmt deren Einsatzmöglichkeiten. Bereits mit einer einfachen und verhältnismässig billigen Drohne (bspw. DJI FPV Combo) lässt sich ein Orthophotomosaik erstellen, das einen aktuellen Überblick über den Perimeter ermöglicht.

Abb.2: Sichtbarkeit des Maschinenstandorts (weisses Kreuz) bei verschiedenen Flughöhen (v.l.n.r.: 100m, 140m, 180m; orange=terrestrisch eingemessene Baumkoordinaten, andere Farben=mit FINT detektierte Bäume) in einem Ausschnitt der Marteloskopfläche Williwald (Massstab 1:500). (Quelle: HAFL)

Werden die Drohnendaten für die Seillinienplanung weiterverwendet, ist die genaue Position der Bäume erforderlich. Diese lässt sich nur durch RTK-Korrektursignale erreichen und erfordert den Einsatz von Drohnen, welche Vermessungsgenauigkeit aufweisen und eine automatische Flugplanung ermöglichen. Die Baumhöhen können im Einzelbaumerkennungsprogramm durch Verwendung des nDOM bestimmt werden. Um anhand der Baumhöhe den BHD abzuleiten, kann mit einer Standardfunktion (BHD=Baumhöhe1,25) oder einer an lokale Verhältnisse angepassten Funktion gearbeitet werden. Letztere Methode erfordert eine Stichprobe im Perimeter, bei welcher von Bäumen mit unterschiedlichen BHD die Baumhöhe erfasst wird oder die Verwendung lokaler Tarifwerte.

Wann eignet sich der Einsatz einer Drohne und welche Drohne ist geeignet?

Ob sich der Einsatz einer Drohne eignet, ist situativ zu beurteilen. Drohnen bieten den Vorteil von tagesaktuellen Daten, die relativ kostengünstig erhoben werden können. Dies kann bspw. nach einem Sturmereignis einen raschen Überblick über Schadflächen liefern. Flächig verfügbare Geodaten wie bspw. das Orthophotomosaik SWISSIMAGE (swisstopo 2021b) sind in einer Auflösung von 25 cm (für einige Gebiete sogar 10 cm) verfügbar, werden jedoch nur periodisch (alle 3 Jahre) nachgeführt. In schwierig zugängigem Gelände bietet der Einsatz eines senkrecht startenden Kopters Vorteile. Starrflügler sind hingegen geeignet, wenn grössere Gebiete beflogen werden und ein Start- und Landeplatz zur Verfügung steht (30 m Radius). Günstige Drohnen weisen ggü. Drohnen mit Vermessungsgenauigkeit den Nachteil auf, dass sie keine RTK-Korrektursignale empfangen können. Die Verortungsgenauigkeit ist deswegen geringer (ca. 1–2 m ggü. ca. 10 cm mit RTK-Korrektur). Bei stereophotogrammetrischen Verfahren beeinflussen die Kameraauflösung und die Überlappung der Bilder die Detaillierung der Informationen und damit die Qualität der 3D-Ansicht, die sich erstellen lässt (Abbildung 3). Nochmal deutlich mehr Möglichkeiten ergeben sich durch den Einsatz eines LiDAR-Sensors. Dieser ermöglicht das Erstellen von DOM und DGM aus den Drohnendaten, weil auch Informationen unter dem Kronendach erfasst werden können. LiDAR-Sensoren wurden in den letzten Jahren deutlich kleiner und günstiger und können heute auch mit Drohnen eingesetzt werden.

Abb. 3: Vergleich von Orthophotos mit teurer Vermessungsdrohne eBee (Flughöhe 180m, links) und DJI Phantom 4 pro

(Flughöhe 100m, rechts) in Madulain (GR) (Massstab 1:500). (Quelle: HAFL)

Beim Einsatz von Drohnen zu beachten sind die rechtlichen Einschränkungen. Drohnen dürfen nur auf Sicht geflogen werden, um die Flugsicherheit und Signalverbindung zu gewährleisten. Bei Flugverbotszonen gilt ohne Ausnahmebewilligung das Einhalten eines 5 km Abstands.

Fazit

Bereits ein aktuelles Orthophoto, welches sich mit Drohnen kostengünstig erstellen lässt, kann die Seillinienplanung unterstützen. Wenn die Schnittstellen zwischen der verwendeten Software gegeben sind und eine Drohne mit Vermessungsgenauigkeit verwendet wird, weist das vorgestellte Verfahren das Potential auf, die Seillinienplanung zu vereinfachen. Eine Geländebegehung zur Beurteilung der Tauglichkeit der Bäume als Stützen / Anker ist weiterhin erforderlich.

Patrick Dietsch ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HAFL im Fachbereich Waldwissenschaften und in Projekten um die Verfahrenstechnik sowie in der Lehre tätig.

Literaturverzeichnis

Dietsch P, Condrau C, Günter M, Dorren L, Ziesak M, 2020. Seillinienplanung: Genauigkeit der Einzelbaumdetektion mit drohnengenerierten Luftbildern. Schweiz. Z Forstwes 171: 28–25. doi: 10.3188/ szf.2020.0028 Dorren L, 2017. FINT – Find Individual Trees. User manual. Geneva: ecorisQ, 5 S. Frutig F, Zimmermann S, Thees O, 2020. Bodenschutz bei der Holzernte. Bündner Wald 72, Ausgabe August, 20–26 Günter M, 2021. Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Drohnenspezialist an der HAFL, persönliche Mitteilung vom 10.04.21. Nemestóthy N, Sperrer S, Stampfer J, 2014. Holzernte im Seilgelände – methodische Arbeit. Wien: Kooperationsplattform Forst Holz Papier. 192 S. Pix4D, 2021. Webseite Pix4D – Pix4Dmapper, abgerufen am 14.04.2021, www.pix4d.com/de/ produkt/pix4dmapperphotogrammetriesoftware senseFly, 2021. Webseite – eMotion, abgerufen am 14.04.2021, www.sensefly.com/software/emotion Swisstopo, 2021a. Service swipos – GIS/GEO. Wabern, abgerufen am 14.04.2021, www.swisstopo. admin.ch/de/home/products/services/swipos/ swiposgisgeo.html Swisstopo, 2021b. SWISSIMAGE 10cm. Wabern, abgerufen am 14.04.2021, www.swisstopo.admin. ch/de/geodata/images/ortho/swissimage10.html #58_1569482136856

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