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Bündner Holzkette im Fokus

Für den Kanton Graubünden hat der Wald seit jeher eine existenzielle Bedeutung – als prägendes Landschaftsbild, als Schutz vor Naturgefahren aber auch als Holzlieferant. Der natürliche und nachwachsende Rohstoff steht am Anfang einer bedeutenden Wertschöpfungskette.

Christian Felix

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Bündner Holz wird als Bau-, Werk- oder Brennstoff verwendet, ist die Existenzgrundlage für das holzverarbeitende Gewerbe und leistet einen wichtigen Beitrag an die Volkswirtschaft. Etwa 2100 Beschäftigte leben von der lokalen Holzindustrie und Forstarbeit. Rund 1500 Säger, Zimmerleute, Schreiner, Holzhändler und Transporteure sind in der Bündner Holzindustrie tätig. Zudem sorgen etwa 600 Forstingenieure, Förster , Forstwarte, Waldarbeiter und Lehrlinge im ganzen Kanton für eine professionelle Pflege des Waldes.

«Bündner Spezialitäten» Die Forstwirtschaft Graubündens hat in vielerlei Hinsicht eine Sonderstellung im Schweizer Vergleich. Mit einer Waldfläche von etwa 200 000 Hektaren ist Graubünden der grösste Waldkanton der Schweiz. In den letzten fünf Jahren wurden in Graubünden durchschnittlich rund 400000 Kubikmeter Holz pro Jahr genutzt. Knapp drei Viertel der Gesamtnutzung ist Stammholz für die Sägeindustrie, der Rest dient als Energieholz. Nur ein kleiner Teil geht in die Verwertung als Industrieholz zur Papier- und Spanplattenherstellung. Trotz schweizweit sinkenden Nutzungszahlen während der letzten Jahre sind die Nutzungsmengen in Graubünden konstant hoch geblieben. Dies hängt klar damit zusammen, dass Stammrundholz ein eigentliches Koppelprodukt von Waldpflegemassnahmen wie der Schutzwaldpflege ist. Das nachhaltig verfügbare Potenzial an Rundholz wird aber dennoch nicht ausgeschöpft – im Wald wächst somit mehr Holz nach, als genutzt wird, sprich der Holzvorrat nimmt laufend zu.

Bündner Bäume «gehen fremd» Bedauerlicherweise werden derzeit nur rund 10 Prozent des sägefähigen Stammholzes in Bünd ner Sägereien eingeschnitten. Die Bündner Sägereibranche ist geprägt von einer ausserordentlichen Kleinstrukturiertheit. Die kleinen Sägereien kämpfen mit hohen Produktionskosten und können im internationalen wie im nationalen Vergleich mit grösseren Sägereien nicht mithalten. In den letzten Jahren kam es deshalb zu zahlreichen Schliessungen von Bündner Sägereien. Der Rohholzabsatz in Graubünden ist somit stark vom Export abhängig. Fast 75 Prozent des Rundholzes reist zur Verarbeitung ins Ausland: Zwei Drittel der Ausfuhren nach Österreich und ein Drittel nach Italien. Die restlichen 25 Prozent werden vor allem in anderen Kantonen der Schweiz, aber auch im Kanton Graubünden selbst, verarbeitet. «Die Bündner Bäume gehen fremd» und werden auswärts weiterverarbeitet, um nachher teilweise als veredeltes, teures Bau-, Klang- und Furnierholz sowie als Schreinerware nach Graubünden zurückzukehren. So fliesst nicht nur Wertschöpfung aus dem Kanton Graubünden ab, es schafft auch ökologisch schwer verständliche Sachzwänge. Graubünden fehlt es an

Ein geschlossener Kreislauf entlang der Holzkette – auch Kaskadennutzung genannt.

(Grafik: Pro Holz Tirol)

einer leistungsfähigen Holzverarbeitungsindustrie. Zwischen Wald und Zimmereien und Schreinereien klafft in der Bündner Holzkette eine grosse Lücke. Zwar ist die erste Verarbeitungsstufe, zu welcher die Sägereien gehören, marginal vorhanden. Die zweite Verarbeitungsstufe mit Parkettfabrikation, Hobel- und Imprägnierwerken, Brettschichtholzfabrikanten und der Herstellung von weiteren Halbfabrikaten fehlt in Graubünden allerdings gänzlich.

Bauen mit Holz Am Markt – und das ist nach dieser negativen Feststellung eine positive – wird immer mehr Holz nachgefragt. Die Verknappung fossiler Ressourcen wie auch die verlangte Reduktion von Treibhausgasen haben nachwachsende Rohstoffe wie das Holz verstärkt in den Fokus von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft gerückt. Es ist damit zu rechnen, dass die Holznachfrage massiv zunehmen und die Versorgung der Wirtschaft mit dem Baustoff Holz angesichts des Klimawandels und im Sinne der Energieeffizienz und der CO 2 -Reduktion weiter an Bedeutung gewinnen wird. Graubünden blickt auf eine reiche Holzbautradition zurück. Die Zimmerleute der vergangenen Zeiten waren oftmals Holzfäller, Säger und Konstrukteure zugleich. Diese Zeiten sind vorbei. Unser Holz ist längst nicht mehr nur ein Baustoff für rustikale und konservative Bauten. Seit Jahrtausenden verwendet und heute so aktuell wie nie zuvor. In den letzten Jahren hat sich der Baustoff Holz zu einem Hightechprodukt und zu einer echten modernen Grundlage für zeitgenössische Architektur und Ingenieurskunst entwickelt. Mit modernen Maschinen und Abbundanlagen sowie dem Know-how unterschiedlichster Fachleute werden heute Holzbauten realisiert, die noch vor ein paar Jahren undenkbar erschienen. Dank einer detaillierten Planung, einer industriellen Vorfertigung in wettergeschützten Produktions

hallen und modernster Maschinen gibt es heute kaum Bauaufgaben, die nicht wirtschaftlich und ökologisch in Holz realisiert werden können. Das Verständnis in Politik und Gesellschaft ist immer noch vorhanden, Holz nicht nur als Werkstoff zu verstehen, sondern es auch wieder als Pfeiler unserer Baukultur zu fördern. Die reale Präsenz des Roh- und Werkstoffs Holz im Bau und im Holzhandwerk hinkt in Graubünden der emotional zugeschriebenen Bedeutung aber immer noch hinterher.

Label «ein Stück graubündenHOLZ» Holz ist immer eine gute Wahl. Zertifiziert heimisches Holz die bessere. Denn wer sich dafür entscheidet, wählt einen nachhaltigen und wirtschaftlich gesunden Rohstoff. Die Ernte und Verarbeitung erfolgen energiearm und die sogenannte «graue Energie» des Produkts wird reduziert. Zum Beispiel, weil weite Transportwege wegfallen. Das schont die Umwelt und fördert gleichzeitig die lokale Ökonomie. Arbeitsplätze in der Wald- und Forstwirtschaft werden gesichert und die Wertschöpfung innerhalb der Holzkette wird gesteigert. Auch Konsumentinnen und Konsumenten legen zunehmend Wert auf Herkunftsdeklarationen. Deshalb hat Graubünden Holz, der Dachverband der Bündner Wald- und Holzwirtschaft, das Herkunftslabel «ein Stück graubündenHOLZ» eingeführt. Das Label steht allen Betrieben entlang der Wertschöpfungskette Wald/Holz offen und kommuniziert die mit Graubünden positiv verbundenen Werte in den Bereichen Produkteigenschaften, Herstellungsmethoden, Umwelt und allgemeine Rahmenbedingungen. Die ganze Holzkette ist aufgefordert, ihren Beitrag zu leisten, die möglichst weitgehende Verwendung von einheimischem Holz zu unterstützen und somit zu einer Stärkung der Bündner Wald- und Holzwirtschaft beizutragen.

Christian Felix ist Geschäftsführer von Graubünden Holz

Die heutigen Holzbausysteme sind so ausgeklügelt, dass mehrgeschossige, grossvolumige Bauten möglich sind. (Bild: Baumgartner Baurealisation AG)

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