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Nachhaltigkeitsnachweise werden in Zukunft immer wichtiger

«Nachhaltigkeitsnachweise werden in Zukunft immer wichtiger»

PEFC ist das Nachhaltigkeitslabel der Waldbesitzer. Trotzdem ist es in der Schweiz wenig bekannt. Anders als in den umliegenden Ländern sind bei uns gerade mal 17 Prozent der Waldfläche PEFC-zertifiziert. Diese Wälder liegen grossmehrheitlich in der Romandie und in den Regionen Basel bis Schwyz sowie vereinzelt in den Kantonen Luzern und Bern –nicht in Graubünden. Warum?

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Rahel Plüss

«Unsere Waldbewirtschaftung ist sowieso nachhaltig. Wir haben eines der strengsten Waldgesetze der Welt.» So wird oft argumentiert, wenn in der Schweiz über Wald- und Holzlabels diskutiert wird. Das war auch vor über 20 Jahren nicht anders, als Umweltverbände angesichts der schrumpfenden Waldflächen in den Tropen und des Raubbaus in Russland oder Osteuropa 1997 mit dem Label FSC ein Nachweissystem für Produkte aus

Europäische Waldbesitzer demonstrieren 1997 vor der Zentrale des Axel-Springer-Verlags in Hamburg gegen eine Bevorzugung von FSC-zertifiziertem Holz. Das war der Auslöser für die spätere Gründung von PEFC im Jahr 1999.

(Bild: Archiv PEFC Deutschland) nachhaltiger Forstwirtschaft gründeten. Die mitteleuropäischen Waldbesitzer schüttelten zunächst den Kopf und vertraten dezidiert die Meinung, diese Labelgeschichte ginge sie nichts an. Schliesslich seien ihre nationalen Waldgesetze streng und grosse Kahlschläge sowieso verboten. Doch es sollte anders kommen: Gewichtige Unternehmen wie der Springer-Verlag oder Grossverteiler wie OBI-Markt oder Otto-Versand in Deutschland verlangten plötzlich, dass für ihre Produkte nur Holz mit dem neu entstandenen Label verwendet würde. Das einheimische Holz hatte das Nachsehen. Die mitteleuropäischen Waldbesitzer gingen auf die Strasse. Mehr noch, sie taten sich zusammen und beschlossen, ihr eigenes Zertifizi - rungssystem zu schaffen – eins, das den regionalen Waldeigentümerverhältnissen in Europa besser Rechnung trug. So wurde 1999 das Pan European Forest Certification Council PEFC (Gesamteuropäischer Waldzertifizierungsrat) gegründet. Bereits wenige Jahre später wurde PEFC über Europa hinaus ausgeweitet. Heute sind weltweit über 300 Millionen Hektaren Wald in 49 Ländern nach PEFC-Grundsätzen bewirtschaftet. 2003 wurde der Name deshalb in «Programme for the Endorsement of Forest Certifications Schemes» (Zertifizi - rungssystem für nachhaltige Waldbewirtschaftung) geändert.

Solidarität und verbesserter Marktzugang

Die Schweiz war bei der PEFC-Gründung an vorderster Front mit dabei. Zwar war die Situation für die Waldeigentümer in der Schweiz weniger prekär als für die in den umliegenden Ländern, da Investitionsgüter weniger unter Druck waren als Konsumgüter wie etwa Papier. Dennoch zeigte man sich solidarisch und unterstütze das Vorhaben, wie sich Urs Amstutz, der damalige Direktor des Schweizer Waldwirtschaftsverbands (heute WaldSchweiz) und PEFC-Gründungsmitglied erinnert: «Das zuvor bereits auf nationaler Ebene entwickelte und an den ISO-Standards orientierte Label Q-Swiss Quality liess sich mit PEFC sinnvoll international einbetten.» Solidarität mit anderen Waldeigentümern auf der ganzen Welt und Marktzugang sind noch heute die Hauptargumente für eine Zertifizierung. So sei ein PEFC-Label oft eine Kaufbedingung, wie Didier Wuarchoz, Direktor von La Forestière, der Marketingorganisation für öffentliche und private Waldeigentümer im Kanton Waadt, sagt. «La Forestière unterhält enge Geschäftsbeziehungen zu einem Kundenkreis von Sägewerken in der Schweiz, aber auch in Frankreich und Norditalien.» Darum sind 92 Prozent der öffentlichen Waldflächen im Kanton Waadt PEFC-zertifiziert. Für holzverarbeitende Unternehmen, die im Export tätig sind wie die Swiss Krono AG in Menznau sei es unabdingbar, das PEFC- und das FSC-Label zu führen, betonte Dieter Kaspar von der Swiss Krono AG neulich während eines PEFC-Stakeholderanlasses in Stans. Darum sei man auch bereit, für zertifiziertes Holz mehr zu bezahlen.

PEFC-Zertifikat für Aufträge in Österreich

Auch im Kanton Graubünden gibt es PEFC-zertifizierte Unternehmen – wenn auch nicht viele. Dies, weil sie etwa Rundholz nach Österreich oder Deutschland exportieren wie die Brunner Forst AG in Valendas respektive Bonaduz oder weil sie auch Aufträge in Österreich ausführen wie Cla Duri Ja

PEFC wurde 1999 von den europäischen Waldbesitzern als Antwort auf FSC gegründet. (Bild: PEFC)

nett Impraisa Forestala in Strada. «Die Mehrkosten für die zusätzliche PEFC-Zertifizierung sind gering», sagt Cla Duri Janett, «darum behalten wir die Doppelzertifizierung bei. Das vereinfacht es uns, in Österreich Aufträge anzunehmen.» In Österreich ist das PEFC-Label viel stärker vertreten als FSC-Label, im Kanton Graubünden ist es genau andersrum. Auch Beni Brunner, Inhaber und Geschäftsführer der Brunner Forst AG, führt beide Labels. «Wenn wir Sägereien beliefern, die international tätig sind, müssen wir da mitmachen», sagt er. Ihm wäre es aber lieber, das Herkunftszeichen Schweizer Holz hätte auch über die Landesgrenzen hinaus Gültigkeit. «Meiner Meinung nach ist dem Konsumenten zu wenig bewusst, dass PEFC- oder FSC-zertifiziertes Holz zum Beispiel aus fernen Ländern mit tieferen Produktionsstandards weniger ökologisch produziert wird als unser heimisches Holz, wo die Betriebe von Gesetzes wegen schon streng kontrolliert werden.» Diesbezüglich wünscht er sich mehr Aufklärungsarbeit. Die kurze Recherche im Kanton Graubünden zeigt, Zertifizierung ist für viele ein notwendiges Übel oder wird als Konkurrenz zum Label Schweizer Holz gesehen. «Diese Sichtweise greift zu kurz, schliess

Mitgliedsländer PEFC und zertifizierter Waldanteil [%]

Belgien Dänemark Estland Lettland Luxembourg Niederlande 44% 46% 56% 51% 41% 1%

61% 57%

81%

50%

48%

66% 76%

67% 100%

Datenquelle Waldfläch

der Länder: Joint Forest Europe/UNECE/FAO Questionnaire on Pan-European Indicators for Sustainable Forest, Stand 2015

Quelle PEFC-zertifiziert

Waldfläche: Global Statistics, March 2019

Quelle Europakarte:

verändert nach www.DataMaps.eu

9% 13% 47% 17% 78%

9% 23% 63%

Vergleicht man den Anteil PEFC-zertifizierter Wälder an der gesamten Waldfläche zwischen den europäischen Ländern, liegt die Schweiz mit 17% PEFC-zertifizierter Waldfläche auf Platz 19. In Österreich sind 78% der Waldfläche PEFC-zertifiziert, in Deutschland 66%, in Frankreich 47%.

(Grafik: PEFC Global Statistics, März 2019

lich ist PEFC als international anerkanntes Label in der Schweiz eine wertvolle Ergänzung zum Herkunftszeichen Schweizer Holz», sagt Olin Bartlome. Er ist seit einem Jahr neuer Geschäftsführer von PEFC Schweiz und hat sich auf die Fahne geschrieben, das PEFC-Label in der Schweiz zu stärken. Er ist überzeugt: «Nachhaltigkeit wird in Zukunft immer zentraler und damit die Bedeutung der international anerkannten Labels, die diese über die Landesgrenzen hinaus verbriefen, immer wichtiger. Zudem fragen auch in der Schweiz tätige Baumärkte oder andere Grossverteiler in erster Linie nach solchen Labels, auch weil die Kundschaft etwa PEFC von Alltagsprodukten aus Papier kennt.»

Rahel Plüss ist seit 2018 beim nationalen Verband der Waldeigentümer, WaldSchweiz und neu auch beim Verein PEFC Schweiz für den Bereich Kommunikation zuständig.

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