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Spielend lernen – mit Holz
Vor allem seit ich selbst Kinder habe, ist mir die Firma Pastorini ein Begriff. Bestimmt stellen auch verschiedene Schreinereien Holzspielsachen her. Wenn man sich aber in der Schweiz auf dem Spielwarenmarkt nach grösseren Geschäften mit einer ansprechenden Auswahl an Holzspielsachen umsieht, stösst man schnell auf Pastorini. Gleich nach der Weihnachtszeit führte ich mit dem Geschäftsführer André Nyffeler ein Telefongespräch zu diesem Thema.
Interview von Jörg Clavadetscher
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Herr Nyffeler, herzlichen Dank, dass Sie sich Zeit nehmen für dieses Gespräch. Ich nehme an, dass die Vorweihnachtszeit für Ihr Geschäft so wichtig ist, wie es die Altjahrswoche für die Bergbahnen ist. Welche Holzarten werden für Ihre Spielwaren verarbeitet?
Nun, da treffen wir natürlich die gängigen Holzarten wie Buche, Ahorn, Fichte und Linde. Im Bereich der etwas edleren Hölzer treten dann vor allem die Esche, Erle und Kirsche auf. Für gewisse Aufbauten oder Grundplatten wird auch gerne Sperrholz verarbeitet. Etwas seltener kommen dann auch Multiplex- und MDF-Produkte zum Einsatz.
Nach welchen Kriterien werden die unterschiedlichen Holzarten ausgewählt?
Schön sind natürlich Kombinationen aus verschiedenen Holzarten. Diese hauchen den Pro
«Wenn hinter der Produktion keine Liebe, kein Herzblut steht, dann sieht man dies dem Produkt sehr bald an.»
dukten mehr leben ein, was speziell bei Tierfiguren sehr willkommen ist. Vor allem sind es aber auch die technischen Eigenschaften, die zum Tragen kommen. So ist die Fichte dank ihres geringen spezifischen Gewichts bei grösseren Elementen wie Ställen und Puppenstuben gut vertreten. Die Buche ist recht einfach zu beschaffen und ist beliebt, weil sie sehr stabil ist und nicht splittert oder ausschiefert. Ahorn kann dank der hellen Farbe gut eingefärbt werden. Lindenholz ist beim Schnitzen sehr angenehm und eignet sich daher gut für Figuren. Die Esche lässt sich gut biegen und ist sehr witterungsbeständig. Deshalb ist beispielsweise ein guter Davoser Schlitten immer aus Eschenholz gefertigt. Billige Imitate sind dann eher aus Buche und anderem günstigen Holz. Bei Kontakt mit Nässe quillt die Buche aber stark und der Schlitten verliert seine Spurtreue.
Sie erwähnten die unterschiedlichen optischen Eigenschaften der verschiedenen Holzarten. Sind ihre Holzspielsachen nicht bemalt oder lackiert?
Wir sind überzeugt davon, dass es wichtig ist, das Kind mit dem Holz in direkten Kontakt zu
bringen. Nur so lernt es, dass sich verschiedene Holzarten unterschiedlich anfühlen. Wir finde es sehr schade, wenn das Holz lackiert ist und die Poren somit versiegelt sind. Man fühlt dann die Wärme nicht mehr und sieht auch keine Struktur mehr. Wenn schon Farbe, dann sehen wir lieber eine Lasur, welche die Holzstruktur doch noch erkennen lässt.
Gibt es auch Schweizer Firmen, die im etwas grösseren Stil Spielwaren aus Holz herstellen und ist Schweizer Holz ein Thema?
Ja, es gibt da schon noch ein paar wenige Schweizer Betriebe, vor allem auch soziale Institutionen in verschiedensten Kantonen, die aus einheimischem Holz Spielsachen herstellen. Fichte und Buche sind hierzulande recht einfach zu beschaffen und werden entsprechend häufig verarbeitet. Wenn wir uns dann im obersten Preissegment umsehen, treffen wir oft auf das edle Holz der Kirsche. Dieses einheimische Holz wird in der Schweiz ebenfalls gerne verarbeitet. Bei Importprodukten aus dem EU-Raum ist die genaue Herkunft des Holzes meist schwieriger
«Unser Herz schlägt für Holzspielzeug.»
zu bestimmen. Es handelt sich bei den Anbietern in unseren Nachbarländern meist um grös sere Hersteller, die die einzelnen Komponenten dann aus verschiedenen EU-Ländern beziehen.
Fragt Ihre Kundschaft nach der Holzherkunft?
Bestimmt, die Herkunft ist ein allgegenwärtiges Thema, welches auch bei uns in der Beratung immer wieder auftritt. Allerdings geraten immer wieder Kunden ins Wanken, wenn sie den Preisunterschied zwischen dem Schweizer Produkt und dem Importprodukt sehen, welches eben auch nachgefragt wird und wir im Angebot haben.
Heben sich die Schweizer Produkte irgendwie von anderen ab?
Ja, das ist so. Die Präzision in der Fertigung und auch die Holzqualität ist höher einzustufen. Die Qualität steht meistens in Zusammen-
André Nyffeler mit einer seiner Lieblingsfiguren, umgeben von Spielsachen aus Holz.
(Bilder: zVg. Pastorini Spielzeug)
«Holzspielsachen erwärmen die Herzen und werden oft gut behütet und für spätere Generationen archiviert.»
hang mit der guten Lagerung und Trocknung. Bei unzureichender Trocknung entstehen bald Verformungen oder Risse.
Gerne erinnere ich mich noch an mein Vieh aus Fichtenholz, welches in meinem Stall stand. Gibt es diese Tiere aus Fichtenholz noch?
Wir führen nach wie vor geschnitzte Holztiere. Glücklicherweise werden sie heute aus verschiedenen Holzarten hergestellt. So sehen die Tiere nebst den Bemalungen unterschiedlich aus und diese Tierwelt erhält dadurch viel mehr Leben.
Als Bündner ist für mich natürlich die Arve der Stolz unserer Wälder. Führen Sie auch Spielwaren aus Arvenholz?
Ohne Zweifel eine sehr edle Holzart, gerade im Alpenraum. Bei uns ist sie aber nicht einfach zu beschaffen und die Verfügbarkeit ist sehr beschränkt. Schade, aber daher wird die Arve bei Spielwaren leider kaum mehr eingesetzt, obschon daraus wunderbare Produkte hergestellt werden können.
Fragt Ihre Kundschaft auch nach unbehandeltem Holz?
Es gibt viele Kunden, die reine Naturprodukte suchen. Die Sache hat aber einen kleinen Haken. Auf Dauer verändert sich das Holz im Sonnenlicht farblich und erhält einen mehr oder weniger starken Gelbton. Sehen die Kunden dann im Verkaufsregal nebenan bunte Holzspielsachen, so erscheinen die Naturprodukte schon fast etwas nostalgisch und setzen sich im Verkauf weniger gut ab.
Welche Entwicklung ist bei Spielwaren aus Holz zu beobachten? Was macht sie heute noch attraktiv?
Sujets aus Disney und Science-Fiction, welche entsprechend beworben werden, sind bestimmt attraktiv. Jedoch können wir aber auch beobachten, dass die ganz klassischen Spiel sachen in ihrem Grundsatz attraktiv bleiben und beliebt sind. Dies hängt bestimmt auch damit zusammen, dass sich die Grundbedürfnisse des Kindes bei seinen ersten Spielerfahrungen nicht fundamental ändern.
Wo können Kinder mit Holzspielsachen besonders gut gefördert werden? Weshalb sollen Kinder Zugang zu Holzspielwaren haben?
Vieles ist Erziehungssache und muss für die Eltern, die Familie stimmig sein. Grundsätzlich bin ich der Ansicht, dass es sehr wichtig ist, den Kindern die Möglichkeit zu geben, mit verschiedenen Materialien in Kontakt zu kommen. Holz ist nicht einfach gleich Holz. Jede Holzart hat andere Eigenschaften. Eine andere Struktur, eine andere Beschaffenheit der Oberfläche, natürlicherweise eine andere Farbe, eine andere Optik. Der Rohstoff Holz strahlt Wärme aus und bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Erfahrungen zu machen, die unser Unterbewusstsein abspeichert. Auch deshalb sind Holzspielsachen pädagogisch sehr wertvoll.