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Gitarrenmanufaktur in Andeer
Klein, aber fein, so könnte man das Atelier Schär in Andeer auch bezeichnen. Hier erfährt man den Beweis, dass kleine Unternehmen auch in der heutigen Zeit nicht immer nur von Glasfaser und 5G abhängig sind. Der Handwerkskunst sei es verdankt.
Oskar Hugentobler
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Werner Schär mit der neuesten von ihm hergestellten Bündner Gitarre im Andeerer Atelier. Für den Gitarrenboden und die Zargen (Seitenwände) verwendete Werner Schär hier Andeerer Zwetschgenholz, für den Gitarrenhals Weisserlenholz aus dem Andeerer Auenwald
Seit bald zehn Jahren wohnt die Familie Schär in Andeer. Sie hatte vorher ihre Werkstätte in Chur und Tamins. Das Dorf Andeer, dessen Umgebung wie auch der Bezug der Schamser Bevölkerung zur Musik bewegten Werner und Cecilia Schär am Dorfrand ein eigenes Minergie Haus aus Schamser Holz mit einem Atelier zur Herstellung von Musikinstrumenten und einer Gitarrenbauschule zu bauen. Die Leitung von verschiedenen Musiklagern im Gemeindehaus von Andeer und die dabei entstandenen Beziehungen zum Dorf, zum Schams und zur Andeerer Bevölkerung spielten dabei eine grosse Rolle. Für diesen Entscheid war ausserdem die Tatsache wichtig, dass in der Talschaft und deren Umgebung Hölzer wachsen, die für den Bau von Instrumenten geeignet sind. Bei den von Werner Schär regelmässig ausgeschriebenen Gitarrenbaukursen wird den Instrumentenfreunden die Möglichkeit geboten, unter fachkundiger Leitung das eigene Musikinstrument selbst herzustellen. Dem Wunsch der Kursbesucher, Holz aus der Gegend der Manufaktur verwenden zu können, trägt Werner Schär mit Begeisterung Rechnung. Für die Herstellung einer Gitarre müssen Kursteilnehmer etwa 80 Arbeitsstunden einrechnen. Für die Erstellung eines Meisterwerks sind bis zu 300 Stunden erforderlich. Werner und Cecilia Schär wirken mit ihren drei Söhnen im Instrumentenbauatelier zusammen. Cecilia erteilt Gitarren- und Ukulele-Unterricht. Claudio, welcher den Betrieb später übernehmen
Die Kopfplatte wurde aus Churer Eibenholz gefertigt.
wird, befasst sich mit dem Bau von verschiedenen Instrumenten. Gelegentlich ist auch Sandro mit dem Instrumentenbau beschäftigt. Armando unterstützt den Familienbetrieb mit administrativen Arbeiten. Mandolinen, Ukulele, E-Gitarren und Westerngitarren werden ebenfalls im Andeerer Atelier produziert. Bei jedem Instrument muss der Klang stimmen. Deshalb ist die Wahl des besten Klangholzes besonders wichtig. Ein gutes Beispiel für die Philosophie der Familie Schär sind die in Andeer produzierten Bündner Gitarren. Acht verschiedene Hölzer werden in einem Meisterwerk vereint. Für Griffbrett und Steg wurde von der ETH entwickeltes Fichten-Sono-Wood verwendet. Dabei handelt es sich um komprimiertes Fichtenholz. Dieses harte Holz ersetzt das früher verwendete Tropenhartholz resp. Ebenholz. Damit kann ein Beitrag zur Verwendung von einheimischem Holz anstelle von Tropenholz geleistet werden. Die Verschönerung des Instruments mit Randverzierungen aus Goldregenholz von Chur und Stegverzierungen mit 5000-jährigem Moor eichenholz aus dem Vorderrhein bei Ilanz (das Alter dieses
Die Instrumentendecke besteht aus Fichten-Mondholz aus Sufers, für die Schalllochverzierungen kamen Weisserlenholz aus dem Andeerer Auenwald und Schamser Birnenholz zum Einsatz.
Steg aus Fichten-Sono-Wood, das bei der ETH entwickelt wurde.
Holzes wurde in Bern geprüft), macht die Bündner Gitarre vollends zu einem wohltönenden Kunstwerk. Es ist erfreulich, dass es möglich ist, in einem Bündner Bergdorf mit verschiedenen einheimischen Hölzern wertvolle Instrumente herzustellen. Mit Claudio Schär ist der Fortbestand der Firma gesichert. Wir wünschen der Firma Schärgitarren eine erfolgreiche Zukunft.
Oskar Hugentobler ist pensionierter Forstingenieur und leitete während vieler Jahre die forstlichen Geschicke des Forstkreises 14. Heute ist er vor allem in seinem Hausgarten und bei historischen Projekten der Region aktiv.
Werner Schär am Fertigen einer Mandoline. Für die Decke des Instruments verwendet er feinjähriges Fichtenholz aus der Umgebung von Andeer, für den Boden Bündner Ahornholz. (Bilder: O. Hugentobler)