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FSC in der Diskussion

Im «Bündner Wald» 1/2016 wurde der FSC umfassend dargestellt. In der Zwischenzeit hat sich einiges getan. So wurde die Waldzertifizierung neu organisiert, der neue FSC-Waldstandard wurde verabschiedet, der Vorstand von FSC Schweiz wurde zu einem grossen Teil neu besetzt. Aktuelle Themen sind die Legitimation der Holznutzung in einer zunehmend urbanisierten Gesellschaft, die Anwendung von Pestiziden im Wald, das Verhältnis FSC und Label Schweizer Holz, FSC im Bausektor und FSC im Klimaschutz.

Hubertus Schmidtke

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Waldzertifizierungsgruppe Artus

2018 haben sich sieben von acht Zertifizierung - gruppen zu einer einzigen in Gestalt des Vereins Artus zusammengeschlossen. Dies brachte diverse Einsparungen. Die regionalen Ansprechpartner blieben dabei erhalten. Artus organisiert auch die PEFC-Zertifizierung, wenn gewünscht. Derzeit sind mit 545 000ha die Hälfte des produktiven Waldes der Schweiz FSC-zertifiziert, wo 70% der Holznutzung herkommen. Ca. 200000ha davon sind zusätzlich nach PEFC zertifiziert, dies vor allem in der Westschweiz wegen der Nachfrage aus Frankreich. Die grossen Umweltverbände unterstützen nur FSC.

Neuer FSC-Waldstandard

2019 wurde der neue FSC-Waldstandard angenommen. Es wurden die bisherigen bewährten Indikatoren beibehalten. Die Hauptunterschiede des neuen Standards zum bisherigen liegen in der Dokumentationspflicht von Beschwerden, in der Zusammenfassung der Managementplanung, in der Gleichbehandlung von Frauen und Männern und im Schützen der national prioritären Arten gemäss Biodiversitätsziel des BAFU. Jede Zertifizierung - einheit (RMU) muss mindestens 10% der Waldfl - che in einen naturnäheren Zustand überführen und dies in der Managementplanung festhalten. Es braucht Massnahmen gegen invasive Neophyten. Der neue Waldstandard findet sich auf der Webseite von FSC Schweiz. Für die Einführung des neuen Standards wurde eine Begleitgruppe gebildet, um eine einheitliche Interpretation und Umsetzung zu erreichen. Erste Audits nach dem neuen Standard ergaben keine grösseren Probleme. Der Waldstandard entwickelt sich weiter. Die FSC-Ausnahmebewilligung zur Anwendung von Pestiziden in der Schweiz läuft im August 2020 aus. Danach gibt es eine Übergangszeit der Pestizidanwendung aufgrund einer Umweltrisikoabschätzung, bis die Regelung innerhalb des Standards möglich wird. Bald steht die Integration von Indikatoren im Bereich der Arbeitnehmerrechte und Arbeitssicherheit an. Sie basieren auf den Vorgaben der International Labour Organisation ILO. Für die Schweiz dürften diese Anforderungen leicht zu erfüllen sein.

Neuer Vorstand FSC Schweiz

An der Mitgliederversammlung 2019 von FSC Schweiz wurden vier der neun Vorstandssitze neu vergeben. Im Vorstand sind nun: Reto Müller (Präsident, Swissprinters), Guido Fuchs (Coop), Olivier Schneider (Forstverein), Evelyn Coleman (Einzelmitglied), Patrick Hofer (Forstpersonalverband),

Patrik Fouvy (Einzelmitglied), Elena Strozzi (Pro Natura), Jörg Rüetschi (WWF). Damit ist der Vorstand wieder komplett und breit abgestützt.

Das Legitimationsproblem der Holznutzung

Wird im Raum Zürich eine Motorsäge angeworfen, gibt es Telefonanrufe bei den städtischen Behörden, bei der Polizei, bei Umweltorganisationen oder beim FSC. Kritik an einem Holzschlag landet auch schnell in der Presse. In der Agglomeration wie auch zunehmend in Tourismusregionen gerät die Holznutzung in die Defensive und muss sich rechtfertigen. Die Urbanisierung der Gesellschaft schreitet voran und verstärkt diese kritische Haltung der Öffentlichkeit zur Holznutzung. Hier hilft die FSC-Zertifizierung. Die externe FSC-Prüfung kann den Betriebsleitern gegenüber Waldchefs der Gemeinden oder Korporationen, die in der Regel nicht vom Fach sind, helfen, die Richtigkeit ihrer Massnahmen zu bestätigen. Auch hört man die Meinung von Betriebsleitern, dass die FSC-Bürokratie ihnen helfe, Ordnung im Betrieb zu halten. Das Image, den höchsten internationalen Waldstandard zu erfüllen, könnte im Tourismus-Marketing noch mehr genutzt werden.

FSC und Schweizer Holz

FSC begrüsst die Verwendung von Schweizer Holz. Die Schweizer Waldgesetzgebung gilt als hochstehend, aber es gibt auch da Defizite. So gibt es keine gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung von Waldreservaten oder zum Erhalt von Totholz oder von Biotopbäumen. Im Bereich der Arbeitssicherheit sind es die FSC-Auditoren, die die Einhaltung der SUVA-Vorschriften überprüfen. FSC hat also auch in der Schweiz einen Mehrwert gegenüber der Bewirtschaftung alleine nach den gesetzlichen Vorschriften. FSC selbst macht keine Angaben zur Herkunft des Holzes. Als globales Label will man nicht einzelne Länder bevorzugen. Das Label Schweizer Holz ist daher die ideale Ergänzung zu FSC.

Bündner Scheitholz mit FSC-Label und Label Schweizer Holz

(Bild: zVg. FSC Schweiz)

FSC hilft dem Schweizer Holz

FSC und Label Schweizer Holz ergänzen sich nicht nur, FSC hilft auch dem Schweizer Holz. Generell auf FSC zu setzen bedeutet, diese Hürde auch dem Importholz aufzuerlegen. In den Nachbarländern, wo das meiste Importholz herkommt, ist der FSC-Zertifizierungsgrad im Wald deutlich niedriger. Da 70% der Schweizer Holznutzung sowieso FSC-zertifiziert sind und auch alle grösseren Sägereien, kann diese Anforderung im Prinzip leicht erfüllt werden. Setzt man nur auf Schweizer Holz, dann fällt die Hürde FSC für das Importholz weg. Damit aus Italien importierte Produkte aus ursprünglich Schweizer Holz das FSC-Label behalten können, müssten die italienischen Sägereien sich allerdings zertifizie en lassen.

Exkursion im Wald der Bürgergemeinde Solothurn mit Förster Alain Imoberdorf.

(Bild: FSC Schweiz)

FSC im Bausektor

FSC ist stark im Papier- und Drucksektor. Der Verpackungssektor boomt. Im Bausektor ist FSC bisher schwach vertreten, doch gibt es hier deutliche Tendenzen hin zu vermehrter Verwendung von FSC-Holz. So wurde vor einem Jahr Blumer-Lehmann Holzbau AG FSC-zertifiziert. Schon länger sind es grosse Baufirmen wie Renggli und Zulieferer wie Kuratli. Eine Fensterbaufirma und isoflo kamen letztes Jahr dazu. Die Signale aus dem Bausektor sind sehr pro Holz und pro FSC. Internationale Baustandards wie LEED verlangen FSC.

FSC im Klimaschutz

FSC spielt bei der Vermarktung von Klimaschutzzertifikaten aus Waldprojekten eine wichtige Rolle. Kunden im Bereich des freiwilligen Klimaschutzes wollen heutzutage nicht nur Zertifikate zu einem möglichst günstigen Preis kaufen, egal woher sie stammen. Vielmehr ist ein starker Trend festzustellen nach mehr inländischen Projekten und Qualitätszertifikaten. Dabei sind Waldprojekte attraktiv und Zusatzeigenschaften wie FSC spielen eine wichtige Rolle. Der hohe FSC-Zertifizierungsgrad des Schweizer Waldes ist somit eine Stärke gegenüber den Nachbarländern, wo dieser deutlich niedriger ist. Der hohe Zertifizierungsgrad bringt mittelfristig Vorteile im Bausektor und im Klimaschutz sowie in der Akzeptanz der Holznutzung in einer zunehmend urbanisierten Gesellschaft.

Hubertus Schmidtke ist seit sechs Jahren Geschäftsführer von FSC Schweiz.

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