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Der Forstbetrieb Ilanz/Glion stellt sich den Herausforderungen
Die Folgen von Gemeindefusionen auf die Forstreviere und deren Organisation.
M.Casanova
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Entstehung Forstrevier Ilanz/Glion
Das Forstrevier Ilanz/Glion ist aus dem Zusammenschluss von 13 politischen Gemeinden (ab 1. Januar 2014) mit damals 4 Forstrevieren entstanden. In den ehemaligen 4 Forstrevieren waren auch politische Gemeinden beteiligt, welche nicht Teil der nachmaligen Grossgemeinde Ilanz/Glion geworden sind. So sind die Waldungen der Gemeinden Schluein und Falera aus dem ehemaligen Forstrevier Ladir per 1. Januar 2014 weggefallen. Deren forstamtliche Betreuung erfolgt nun über das Revierforstamt Sagogn-Laax. Zum Forstrevier Ilanz/Glion sind jedoch die Wälder der ehemaligen Gemeinde Duvin, welche früher vom Forstrevier Ausserlugnez betreut wurden, hinzugekommen. Die Wälder der ehemaligen Gemeinde Mundaun wurden früher durch das ehemalige Forstrevier Ilanz betreut. Ab dem 1. Januar 2014 wurden diese Wälder per Leistungsvereinbarung vom Forstbetrieb Ilanz/Glion im Auftrag der Gemeinde Mundaun beaufsichtigt. Dieser Auftrag ist mit der Gemeindefusion Obersaxen/Mundaun per 1. Januar 2016 entfallen. Ebenfalls wurden die Waldungen der ehemaligen Gemeinden Waltensburg und Andiast per Leistungsvereinbarung in deren Auftrag beaufsichtigt und gepflegt.Diese Waldungen gehören seit dem 1. Januar 2018 zur jungen Gemeinde Breil/Brigels und werden nun von deren Forstbetrieb betreut. Nach den benannten umfangreichen Veränderungen und Anpassungen der letzten Jahre sind nun mittel- und wohl auch langfristig keine Veränderungen zum Zuständigkeitsgebiet zu erwarten.
Übersicht Gemeindegebiet Ilanz/Glion mit Standort Forststützpunkt in Rueun (roter Punkt). (Foto: M. Casanova)
Waldungen Ilanz/Glion
Heute darf der Gemeindeforstbetrieb Ilanz/Glion eine Waldflächevon rund 4600 ha beaufsichtigen und betreuen. Das Einsatzgebiet ist nun identisch mit dem Gemeindegebiet und es bestehen keine Beförsterungsaufträge ausserhalb des Gemeindeterritoriums. Im Eigentum der Gemeinde Ilanz/Glion ist eine Waldflächevon knapp 4200 ha, wovon 3400 ha als produktiv klassiert werden. Gut 120 ha sind im Eigentum des Kantons Graubünden. Weitere 270 ha Waldflächesind im Besitz von 320 privaten Eigentümern. Mehr als die Hälfte der Waldungen werden als nicht stabil beurteilt. Der Hauptgrund liegt in der
ungenügenden Struktur beziehungsweise Textur des Bestands. Viele Bestände sind einschichtig aufgebaut, die Bäume haben einen schlechten Stand und sind schlecht verankert. Lediglich auf einem Viertel der Waldflächewird die Verjüngung als nicht ausreichend beurteilt. Der Grund für das Defizitliegt hierbei in 85 Prozent der mangelhaften Bestände im Licht- und Wärmemangel sowie in der üppigen Bodenvegetation. Dank der Schwerpunktbejagung in den nördlichen Revierlagen (Südhänge) und der konsequenten Erfüllung der Abschusspläne sind kaum mehr wildbedingte Problemflächen zu belegen. Seit dem Jahre 2008 wurden die Abschusspläne immer erreicht und meistens sogar um einige weibliche Tiere überschossen. Seit nun bereits bald 20 Jahren werden die Wälder rund um Ilanz von einzelnen Wölfen aufgesucht. Im Jahre 2019 darf erwähnt werden, dass wohl sämtliche Waldungen der Gemeinde Ilanz/Glion im Einflussbeeich und Streifgebiet von gleich drei Wolfsrudeln gestanden sind. Diese Tatsache darf neben der konsequenten Schalenwildbejagung wohl als positives Ereignis in Bezug auf den Schalenwildeinflussauf den Jungwald bezeichnet werden. Mit über 85 Prozent Anteil am Vorrat ist die Fichte am stärksten vertreten. Einen bedeutenden Anteil hat nur noch die Lärche mit gut 2 Prozent. Weitere Nadelbaumarten sind Weisstanne, Waldföhre, Bergföhre, Arve, Douglasie und Eibe. Bei den Laubbaumarten sind die Buche, die Esche und der Bergahorn am stärksten vertreten. Sie stocken mehrheitlich in den tieferen Lagen. Als bedeutungsvoll sind die Eichenwälder an den Südhängen unterhalb von Ruschein und Siat zu benennen. Die Waldungen der Gemeinde Ilanz/Glion sind grossmehrheitlich gut erschlossen. Defizitebestehen vor allem im Gebiet Riein–Signina, wo keine effiziente aldpflegeleistung möglich ist Der Vorrat beträgt 313 Tfm/ha. Der jährliche Hiebsatz liegt bei 12 250 Tfm.
Trotz hoher Wildbestände kann die Fichte, wo es die Licht- und Wärmebedingungen zulassen, sehr gut aufkommen.
(Foto: M. Casanova)
Dank guten Beziehungen zu den lokalen Holzhändlern
wird das Rundholz laufend abgeführt. (Foto: M. Casanova)
Trotz historisch schlechter Holzpreise hat sich die Gemeinde Ilanz/Glion entschieden, die vorratsreichen Wälder konsequent weiterzupflegenund zu verjüngen.
Revierorganisation
Die forstlichen Belange sind der Abteilung Infrastruktur unterstellt, welche von einem Geschäftsleitungsmitglied geführt wird. Das weitläufigeForstrevier Ilanz/Glion ist in drei «Unterreviere» aufgeteilt: Revier West, Nord und Ost. Jeder Sektor ist einem Revierförster unterstellt. Der Revierförster ist für die Bevölkerung in seinem Sektor die erste Ansprechperson in forstlichen Fragen. Weiter ist der örtliche Revierförster für die waldbauliche Planung und sämtliche forstpolizeilichen Aufgaben in seinem Revier verantwortlich. Alle weiteren Pflichtendes Forstreviers werden als Spezialaufgabe von je einem der Förster über das gesamte Gemeindegebiet abgewickelt. Das Försterpensum beträgt gemäss den Berechnungen des Amts für Wald und Naturgefahren 250 Stellenprozente. Weitere Stellenprozente werden durch zusätzliche Aufgaben im Forst- und Werkbereich sowie durch ausgelagerte Gesellschaften erbracht. Die Gemeinde Ilanz/Glion beschäftigt zurzeit drei Förster.
Forstbetrieb Ilanz/Glion
Der Forstbetrieb Ilanz/Glion wird als Forstbetrieb mit Diversifikationdefiniert.So werden die Waldpfleg leistungen in der Produktionsstufe 2, das heisst die Ernten, zu fast 90 Prozent an Drittfirmen vegeben. Ein Anteil von gut 10 Prozent an der Holzernte und sämtliche Leistungen in der Produktionsstufe 1, der Jungwaldpflege, werden von der Forstgruppe Ilanz/Glion ausgeführt. Die eigene Regiegruppe wird in der Holzernte prioritär im Bodenzugbereich eingesetzt. Wenn es die Voraussetzungen erlauben, werden auch Seilschläge von der Regiegruppe gerüstet und die Holzbringung in Zusammenarbeit mit Drittfirmen duchgeführt. Im Nebenbetrieb wird der Verkauf von gespaltenem Brennholz angeboten. Weiter führt die Regiegruppe die übrigen Forsttätigkeiten und diverse Arbeiten für kommunale Bereiche gemäss Leistungsauftrag aus. Die Arbeitsleistungen für übrige kommunale Bereiche
Leiter Forstbetrieb Revier West
Revierförster
Revier Ost
Revierförster
Revier Nord
Forstwart Forstwart
Forstwart
Lernender Forstwart 2Lj.
Lernender Forstwart 1Lj.
(Lehrbeginn 2020)
Forstwerkhof Rueun.
werden anlässlich einer wöchentlichen Koordinationssitzung der bereichsleitenden Personen besprochen und koordiniert. Durch den geringeren Einsatz in der Holzernte ergeben sich neue Kapazitäten für übrige kommunale Bereiche. Dadurch ergeben sich gute Ausweichmöglichkeiten bei Schlechtwetter und die unproduktiven Stunden werden reduziert. So kann die Werkgruppe mit ihrem vielfältigen Aufgabenbereich entlastet werden. Dank dieser Zusammenarbeit wird der Teamgeist ForstWerk gepflegtund gestärkt. Dies kommt der Gemeinde in Notsituationen zugute, wo in kurzer Zeit viel und gebietskundiges Personal benötigt wird. Der Forstbetrieb Ilanz/Glion beschäftigt zurzeit drei Forstwarte und ein bis zwei Forstwartlernende. Gesteuert und betrieben werden sämtliche forstlichen Aufgaben vom zentral gelegenen Forststützpunkt in Rueun aus. Dank des modern eingerichteten Werkhofs, welcher das Bedürfnis des Betriebs sowie des Personals vollumfänglich erfüllt, ist die Basis für einen gut funktionierenden Dienstleis-
(Foto: M. Casanova)
tungsbetrieb gegeben. Im gleichen Gebäudekomplex ist ebenfalls ein Teil des Werkbereichs und des Werkpersonals stationiert. Die Betriebsleitung sowie die Revierförster sind ebenfalls am Forststützpunkt Rueun untergebracht. Dies stellt die einwandfreie Kommunikation zwischen den Playern sicher. Dank der Beteiligung der Gemeinde Ilanz/Glion an der Forstmaschinengemeinschaft Foppa kann der Forstbetrieb Ilanz/Glion ständig auf modernste Forstmaschinen zurückgreifen. Mit ständiger kritischer Selbstbetrachtung und kritischer Auseinandersetzung der sich laufend ergebenen Innovationen und Möglichkeiten ist der Forstbetrieb Ilanz/Glion auch in Zukunft ein berechtigter und nicht zu unterschätzender Teil der komplexen Gemeindeinfrastruktur zur Sicherstellung des funktionierenden Gemeindealltags.
Marco Casanova ist Betriebsleiter beim Forstbetrieb Ilanz/Glion
Forstunternehmer im Wandel der Zeit
Die Rahmenbedingungen für die Forstunternehmen haben sich deutlich verändert. In diesem spannenden Beitrag gibt es erst eine Analyse der Vergangenheit und des heutigen Zustands, auf welcher auch eine mögliche Prognose für die Zukunft gebaut wird.
M.Candinas
…so wars!
Die Situation in der Forstwirtschaft Anfang der Neunzigerjahre sah für uns Forstunternehmer in etwa wie folgt aus: Der Betrieb lief mehr oder weniger saisonal und dies vor allem mit ausländischen Arbeitskräften. Die Arbeiten wurden grösstenteils im Akkord vergeben und motormanuell ausgeführt. Diese Forstarbeiter waren nicht bereit, im Stunden- oder Monatslohn zu arbeiten, der Lohn war somit abhängig von der Leistung. Der Lohnaufwand war im Verhältnis zum Maschinenaufwand hoch und der ganze Arbeitsprozess benötigte, weil handarbeitsintensiver, viel mehr Zeit. Die Sicherheitsausrüstung beschränkte sich im Normalfall auf den Helm. Der Vorteil für den Forstunternehmer lag darin, dass sein Risiko auf der ganzen Linie viel geringer und das Problem der Winterarbeit grösstenteils
Langstreckenseilkran, motormanuelle Aufarbeitung (1994).
(Foto: M. Candinas) nicht vorhanden war. Die zu tätigenden Investitionen waren, verglichen mit der heutigen Situation, klein. Das Holz wurde grösstenteils nach Italien verkauft, die Holzvermarktung unterlag jedoch schon damals den ständig fallenden Holzpreisen. Die Qualitätsansprüche an das Nutzholz gemäss Holzhandelsgebräuche waren weniger streng als heute. Das Nutzholz wurde vom jeweilig zuständigen Förster eingemessen. Der Waldbesitzer hatte noch einen Nettoerlös vom Holz aus seinem Wald!
...so ists
Der technische Fortschritt erfordert enorme Investitionen. Es ist notwendig den ganzen Prozess vom Baum im Wald bis zum Sägewerk abzudecken, um möglichst produktiv und flexibelarbeiten zu können. Die hohen Anforderungen an die Marktteilnehmer haben zu einer Konzentration auf einige wenige Firmen geführt. Aufgrund der umfangreichen Investitionen sollten die Geräte, wenn immer möglich, während des ganzen Jahres im Einsatz stehen. Die Anforderungen an die Mitarbeiter sind gestiegen und die Spezialausbildung auf diesen Maschinen erfolgt zulasten des Forstunternehmers. Der Lohnkostenanteil hat sich im Verhältnis zu den Maschinenkosten stark verringert, das mit dem grossen Vorteil, dass die Arbeit mit dem grössten «Mannverschleiss» und das Gefahrenpotenzial stark reduziert werden konnte. Die Sicherheitsvorschriften der Suva sind richtigerweise streng, doch davon ausgenommen sind ausländische Unternehmungen, auf die die Suva keinen Einflusshat. Akkordarbeit ist kaum mehr
Mobilseilkran, vollmechanisierte Aufarbeitung, Rundholztransport.
(Foto: M. Candinas)
möglich. Das notwendige Arbeitsvolumen für einen rentablen Einsatz der einzelnen Spezialmaschinen ist gestiegen und somit auch das geografischeWirkungsgebiet. Das gesamte finanziell Risiko liegt nun beim Unternehmer. Forstunternehmer bilden heute auch Lehrlinge aus und geben angehenden Forstingenieuren die Möglichkeit, das erforderliche Praktikum bei uns zu absolvieren. Weiterhin benötigen wir gut ausgebildete Forstwarte mit der Bereitschaft, sich weiterzubilden. Die Tatsache, oftmals ausserhalb des eigenen Wohngebiets tätig zu sein, fordert von den Mitarbeitern eine gewisse Flexibilität, was eine relativ grosse Fluktuation bei der Belegschaft zur Folge hat. Der Holzmarkt spielt heute weltweit. Naturereignisse schlagen sich sofort auf den Holzpreis durch und dies bei bereits historisch tiefen Rundholzpreisen. Vertraglich festgesetzte Verkaufsmengen (Holzkontingente) bei einigen Kunden sind ein Muss, auch um das Holz in einem «Ausnahmezustand» verkaufen zu können. Als systemrelevanter Rundholzlieferant erhält der Forstunternehmer von der Holzindustrie die notwendige Sicherheit, dass er immer produzieren und somit seine Mitarbeiter beschäftigen kann. Die Qualitätsansprüche
sind gestiegen und das Holz wird im Werk vermessen, wofür eine gute Vertrauensbasis vorhanden sein muss. Eine konsequente Rundholzsortierung ist absolut wichtig – falsche Stämme am falschen Ort sind «weggeworfenes» Geld. Zudem ist es wichtig, während des ganzen Jahres kontinuierlich Holz liefern zu können. Die Forstunternehmer mit ihren Mitarbeitern sind heute ein fester Bestandteil und ein strategisch wichtiger Partner in der Sicherstellung der Waldfunktionen. Dank der sinnvollen finanziellenHilfe im Schutzwald ist eine Bewirtschaftung überhaupt noch möglich, dies sogar bei Einsatz der effizienteste und modernsten Mitarbeiter- und Maschinenressourcen.
…so könnte es werden
Auch mit einer eventuellen weiteren Optimierung wie beispielsweise der Digitalisierung der Arbeitsprozesse bleibt die Tatsache bestehen, dass auch künftig im nicht fahrbaren Gelände der Forstwart
Das gemeinsame Ziel ist, gesunde und stabile Wälder
zu haben. (Foto: M. Casanova) bei der Holzernte unersetzlich ist, da die technische Entwicklung immer mehr an ihre Grenzen stösst. Die Nachfrage nach Holz ist weiterhin vorhanden, wir müssen nur unser nahestehendes Schweizer Holz auch wollen. Eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Betrieben und Waldbesitzern einerseits und den Forstunternehmungen andererseits ist erstrebenswert und sinnvoll, um den kostenintensiven Maschinenpark und die spezialisierten Arbeitskräfte bestmöglich einzusetzen. Um die Wintermonate überbrücken zu können, sollte auch in dieser Jahreszeit ein gewisses Arbeitspotenzial angeboten werden. Die langfristige Sicherstellung der Waldpflegewird vermehrt in Zusammenarbeit mit den Forstunternehmungen erfolgen. Bei einer verbindlichen und fairen Zusammenarbeit zwischen Forstbetrieb und Forstunternehmer hat der Förster jederzeit Zugriff auf Mitarbeiter mit grosser Erfahrung, auf Maschinen und Geräte mit einer grossen Kapazität und den verschiedenen Verfahren. Dies ist auch in Ausnahmesituationen, die sich künftig häufigerwiederholen könnten, von grossem Vorteil. Für den Forstbetrieb fallen nur Kosten an, wenn der Förster die Dienstleistungen des Unternehmers beansprucht. Das betriebliche Risiko und die Sorgen bleiben beim Forstunternehmer. Die Erfahrungen der bestehenden Zusammenarbeitsmodelle in dieser Form sind Erfolg versprechend und zeigen, dass alle Parteien in der Umsetzung ihrer Aufgaben gestärkt werden. Gegenseitiges Vertrauen ist die Voraussetzung für den gemeinsamen Erfolg. Es ist zu hoffen, dass sich alle der zunehmenden Wichtigkeit des Schutzwaldes für den Menschen und seine Lebensqualität bewusst werden. Dass die Pflegedes Waldes zur Sicherung seiner vielseitigen Leistungen auch etwas kosten darf, sollte somit selbstverständlich sein!