3 minute read

Destillaria Daguot, eine spannende Geschichte

«Daguot» steht im Rätoromanischen für «Tropfen». «In pign daguot da cletg», ein kleines «Tröpfchen Glück», das wollten sich die beiden Freunde und Jäger nach der Pensionierung gönnen. Und nun brennen sie in der eigenen Destillaria Daguot in Ilanz/Glion.

J. Simeon-Cathomas

Advertisement

Robert Cathomas und Beni Simeon vor dem Herzstück der Destillerie, der Holstein-Anlage. (Foto: Destillaria Daguot)

Unscheinbar zwischen Häuserfronten eingebettet, strömen sonderliche Aromen und Geräusche aus der kleinen Destillerie an der unteren Rheinstrasse in Ilanz. Es riecht nach Apfelschnaps, nassem Boden und herben Waldkräutern. Ein rhythmisches Geräusch durchdringt die Luft. Die Tür ist offen. Robert Cathomas (65) und Beni Simeon (68) brennen heute Alpenkräuter. Die zwei jungen Pensionäre sind in ihrer Freizeit 40 Jahre zusammen auf die Jagd gegangen und wollten nicht einfach in den Ruhestand gehen, sondern durch eine neue Herausforderung die gewonnene Zeit nutzen. Vor sechs Jahren schrieben sich die zwei Jäger am Landwirtschaftlichen Bildungszentrum in Cham (ZG) ein und absolvierten mit Erfolg die einjährige Ausbildung zum Brennmeister. Der Ruhestand wurde zwar etwas unruhig, aber mit Herzblut und Leidenschaft lässt sich auch diese Unruhe gut ertragen.

Kreativität aus dem Brennkessel

Der vor einer Woche frisch gebrannte Apfelschnaps brodelt zusammen mit einer Mischung aus Alpen- und Waldkräutern in der funkelnden Apparatur aus Kupfer und Edelstahl. Die genaue Rezeptur ist ein wohlgehütetes Geheimnis der zwei Brenner. Die Wasserbad-Brennereianlage von Holenstein ist das Herzstück der Destillerie. Zähler bewegen sich, es trommelt gegen die kupferne Brennblase. Das Rührwerk wälzt die kostbare brodelnde Mischung um.

Es duftet nach Wald

Die Temperaturzeiger steigen weiter. Es lodert und brodelt. Langsam steigt der Dampf über den birnenförmigen Hut, der giftige Blausäure aufnimmt, in das Geistrohr. Von unten nach oben treibt es ihn durch die mittlere Verstärkerkolonne samt Dephlegmator. Gestapelte Böden trennen die unterschiedlichen Inhaltsstoffe der Mischung. Aromen entfalten sich. Von oben nach unten gelangt der Dampf in den Kühler und destilliert Alkohol. Nun sind die Brenner gespannt und erwartungsvoll. Sie eilen mit Bechern zum winzigen Ausgang der wuchtigen Anlage. Es zischt und dampft. «As kunnt!», ruft einer. Der Vorlauf beginnt. Es riecht stechend. Ein Teil fliesstin den grossen Becher. Beide warten auf den kostbaren Mittellauf, den Alpenbitter. Beide riechen, kosten. «Ussa eisi bien!» Der Eimer aus Edelstahl wird zügig darunter gerückt. Die Kräuter haben den Apfelschnaps veredelt. Es duftet nach Bergwiesen, Wald und Fichten. Da sind Fingerspitzengefühl und eine gute Nase für feinste Aromaunterschiede gefragt. Eine gute Abtrennung führt zu deutlich höherer Qualität, aber auch kleineren Mengen. Darum ist jeder Tropfen wertvoll. Für die zwei Brenner steht Qualität vor Quantität. Der Alpenbitter hat jetzt um die 83 Volumenprozente und wird erst später herabgesetzt. Der Nachlauf hat eingesetzt. «Es höselet!»

Duft- und Geschmackswelten

In der Brennerei ist ein Kommen und Gehen, und natürlich mögen es die Einheimischen und die Touristen, wenn ihnen die Brenner von diesem oder jenem ein Schlückchen zum Probieren geben. Da eröffnen sich Duft- und Geschmackswelten, wie sich doch ein Apfel von einer Quitte unterscheidet, wie der Ausbau im Holzfass den Geschmack verändert und was Zutaten von Kräutern und Honig zu bewirken vermögen. Eine wahre Freude! Die Brennerei unter dem Spital verwendet ausschliesslich heimische Zutaten für ihre Produkte. Dies scheint ein Teil des Erfolgs der beiden Brenner zu sein, denn Regionales liegt im Trend. Eine weitere sehr wichtige Zutat ist die Leidenschaft und das Herzblut. Der Weg von der Ernte der Früchte und Beeren bis hin zur Abfüllung des fertigen Destillats in Flaschen ist lang und arbeitsreich. Ein wichtiger Gradmesser der Qualität sind die Prämierungen des Branchenverbands Distisuisse, und dieser zeichnete Beni und Robert 2017 als Brenner des Jahres aus. Zudem gab es für die Brände und Liköre der Destillaria Daguot schon diverse Gold- und Silbermedaillen. Das ist pure Motivation!

Der Name ist Programm: Daguot – guter Tropfen

Daguot steht für naturbelassene und handverlesene Früchte und Beeren aus der Region, viel Sorgfalt in der Herstellung und den Anspruch, nur das Beste mit den Besuchern zu teilen. Das Handwerk ist immer mit Kreativität verbunden, mit Ausprobieren und Tüfteln, namentlich was die Farbe der Brände oder deren Alkoholgehalt betrifft. Ein guter Tropfen braucht seine Zeit, viel Geduld, Fingerspitzengefühl und vor allem viel Passion.

Die vielfältige Produktpalette der Destillaria Daguot

(Foto: Destillaria Daguot)

This article is from: