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Gepflegte Langlebigkeit – Umnutzung des Eiskellers von Ilan
Gepflegte Langlebigkeit – Umnutzung des Eiskellers von Ilanz
Mit langlebigen Häusern würdigt man nicht nur die Tradition der Vergangenheit. Vielmehr zeigt man mit solchen Bauten Respekt für die kommende Generation.
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E.Aubry
Der Begriff Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft. Er beschreibt eine sorgfältige Bewirtschaftungsweise des Waldes, bei der immer nur so viel Holz entnommen wird, wie nachwachsen kann. Dieser Umgang gewährleistet eine Dauerhaftigkeit, die auch zukünftigen Generationen zugutekommt. Auch im Bauwesen bemühen sich viele Bauten um die Selbstauskunft, nachhaltig zu sein. Dem Aspekt der Langlebigkeit wird hingegen oft nicht entsprochen. Durch die Verwendung von künstlichen Baustoffen werden zwar die geforderten Energiewerte eingehalten, die Lebensdauer eines Hauses im Vergleich zu einer baubiologischen Ausführung jedoch nahezu halbiert und eine Umnutzung aufgrund qualitätsloser Bausubstanzen oft verunmöglicht. Je länger ein Gebäude hält, desto nachhaltiger sind seine Ressourcen eingesetzt. Umnutzungen bestehender Gebäude können – sorgfältig umgesetzt – zu einer ökologischen Baukultur beitragen. Ebenso bilden
Der Eiskeller vor dem Umbau. (Foto: Genossenschaft blokk) langlebige Gebäude, durch ihre generationenübergreifende Benutzung und Weiterentwicklung kulturelle Gemeinschaftswerke, die identitätsstiftende Geschichten und Wissen transportieren. Das Durchhaltevermögen eines Gebäudes hängt von seiner Beweglichkeit ab. Solange ein Gebäude seine Zukunft nicht durch qualitätslose Materialien, schnell überholte Haustechnik, kurzsichtige räumliche Organisation und Gestaltung verhindert, kann es nachhaltig wirken. Wie dem Wald nur so viel Holz entnommen wird, wie nachwachsen kann, sollte ein Gebäude nur mit konstruktiven, technischen und gestalterischen Elementen versehen sein, die über Generationen weitergenutzt und entwickelt werden können.
Der Eiskeller von Ilanz
Vor 137 Jahren, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wurde der Eiskeller auf der sogenannten «Muschna» oberhalb der Stadt Ilanz von der Brauerei Oswald erbaut. Aus Bruchsteinen, Kalk und Holz entstand ein stolzer zweiteiliger Stufenbau mit einem ausgeklügelten System einer natürlichen Kühlung. Die Lage am Nordhang im Bereich des Waldrandes begünstigte dieses Kühlsystem. In den Kellern mit schweren Tonnengewölben, die tief in das Erdreich dringen, wurde Eis über den Sommer aufbewahrt und Bier in Fässern gelagert. Das Eis, das man aus einem Teich rechts vor der Glennerbrücke gewann, wurde von der Brauerei ebenfalls an die Bierschankwirte zur Frischhaltung ihres Fassbieres abgegeben. Durch die Entwicklung elektrischer Kühlsysteme im 20. Jahrhundert verschwand der Bedarf eines natürlichen Kühlschranks. Der Eiskeller wurde fortan als Lagerhaus
und ab 1980 partiell als Steinbildhauerei genutzt und konnte im Zuge der Ilanzer Westumfahrung nur durch die Unterschutzstellung der Denkmalpflegevor einem Abriss bewahrt werden. Durch die neuerliche Umnutzung des historischen Gebäudes reift heute holzgebrannter Sumpfkalk unter den mächtigen Gewölben. Ein Geschoss darüber wird massives Holz aus nahen Wäldern verarbeitet und im Anbau an der Westseite finde einheimische Steine durch handwerkliche Bearbeitung neue Formen, die zuoberst im neu ausgebauten Dachstock entworfen werden.Der Handwerkbetrieb "Baukunst Graubünden GmbH" der den Eiskeller nutzt, konnte seine bisherige Tätigkeit in den Bereichen Stein und Kalk auf die Holzverarbeitung ausweiten.
Der Umbau
Um der Langlebigkeit als ökologische Strategie gerecht zu werden, wurde versucht, das Prinzip der Nachhaltigkeit möglichst umfassend umzusetzen. Angeknüpft an die alte Bautradition, wird durch die verwendeten Materialien Holz, Stein und Kalk eine Bauweise weitergeführt, die ohne besondere Pflegelange hält und würdevoll altern kann. Alterungsprozesse und Benutzerspuren, wie das Verwittern der unbehandelten Holzfassaden, werden zu Gestaltungselementen. Einem ganzheitlichen Gedanken folgt hierbei auch die Wärmeerzeugung, die als geschlossener Kreislauf betrachtet werden kann, so wird das in der Holzwerkstatt abfallende Sägemehl zu Briketts gepresst und als Brennstoff verwendet. Wiederverwendung fanden auch die zugunsten einer neuen Erschliessung gerodeten Bäume, die im Nachbardorf aufgesägt und als Konstruktionsholz verbaut wurden. «Es ist gut zu wissen, dass das hier verbaute Holz am gleichen Ort gewachsen ist», sagt Lukas Aubry, der die Holzwerkstatt betreibt. So stand denn auch die Treppe, die ins Atelier führt, einst in Form einer hochgewachsenen Lärche unweit auf dem Grundstück. Das Atelier ist wie die Holzwerkstatt offen
Umgebauter Eiskeller mit Erweiterung an der Westseite. Architektur: Genossenschaft blokk.
(Foto: Genossenschaft blokk)
Atelier im oberen Dachstock.
(Foto: Genossenschaft blokk)
organisiert und schlicht gestaltet. Diese flexibl Bauweise ermöglicht es, zukünftige Nutzungsänderungen mit geringem Aufwand umzusetzen. Die Umnutzung des Eiskellers als Handwerk- und Denkplatz sichert die Dauerhaftigkeit und somit die Nachhaltigkeit des Gebäudes.