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Das Magazin der Bundesimmobiliengesellschaft | Nr. 3 | Juni 2008 | www.big.at

Amtsgebäude im Rampenlicht Konzepterstellung für Verkauf von Anteilen eines Portfolios

Grenzenlos

Nach Schengen werden viele Grenzstationen überflüssig

„Heiße Luft“

Thermische Sanierung intakter Fassaden unwirtschaftlich – neue Ideen gefragt



Editorial Eine Frage der Kondition

E

s bleibt spannend. Wirtschaftsforscher revidieren laufend ihre Prognosen. Konstant halten sich Schlagzeilen in den Medien, in denen Banken einen hohen Abschreibungsbedarf wegen der US-Kreditkrise bekannt geben. Kurz: Die Liquidität fehlt. Das Umfeld war schon erfreulicher. Unter diesen konjunk­turel­len Rahmen­ bedingungen zählen wiederum Werte wie Stabilität oder Nach­haltig­ keit – klassische Eigenschaften der Bundes­immo­bi­lien­gesell­schaft. Trotzdem geht die globale Finanzlage nicht spurlos an uns vorüber. Langfristige Finanzierungen sind selbst für uns der­zeit nicht gerade einfach. Aber die BIG genießt am Finanz- und Kapital­markt einen hervorragenden Ruf. Deshalb bereitet uns die Re­finanzierung der Anleihen kein besonderes Kopfzer­brechen. Wer­muts­tropfen sind zweifellos die schlechteren Finan­zierungs­­konditio­nen im Ver­gleich zu vergangenen Jahren. Hier sind das Geschick und die Ver­hand­lungs­ stärke unserer Finanzabteilung gefragt. Ins­ge­samt gilt es in diesem Jahr noch rund 500 Millionen Euro zu refinanzieren. Nervenstärke zählt auch bei der Realisierung des Universitäts­gene­ ral­sanierungspakets. Nach intensiven Planungen und Mietvertrags­ verhandlungen wird heuer definitiv mit dem Bau vieler Großprojekte begonnen. Die neuen Chemiegebäude am Wiener Getreidemarkt oder an der TU Graz, die Universität Nonntal in Salzburg oder die Theoretische Chemie/Pharmazie in Innsbruck stehen exemplarisch für die Bauoffensive an österreichischen Hochschulen. Neben den Universitäten beschäftigt uns noch eine andere elementare Thematik. Bereits im Frühjahr wurden wir seitens des Aufsichtsrates mit der Erstellung eines Konzeptes „zur Ausgliederung eines Liegenschafts­

Wolfgang Gleissner

BIG BUSINESS

Editorial

BIG-Geschäftsführer, v. l. n. r.: Wolfgang Gleissner, Christoph Stadlhuber und Wolfgang Hammerer

paketes in eine Tochtergesellschaft unter Hereinnahme eines oder mehrerer Minderheitspartner“ beauftragt. Am Tag des Erscheinens dieses Magazins wird dieses Konzept den Eigentümervertretern präsen­tiert. Selbstverständlich informieren wir, konkrete Entschei­ dungen vorausgesetzt, Geschäftspartner und Nutzer rechtzeitig über potenzielle strukturelle Veränderungen. Denn Ziel all dieser Über­ legun­gen ist, die Bundesimmobiliengesellschaft zur Zufrieden­heit von Mietern und Eigentümern wettbewerbsfähig zu halten und sämtliche Abläufe weiter zu optimieren.

Wolfgang Hammerer

Christoph Stadlhuber

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30 Impressum BIG Business erscheint in Kooperation mit der Wiener Zeitung.

Ausgabe: Nr. 3/2008 Herausgeber: Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Hintere Zollamts­straße 1, 1030 Wien, T 050244-0, F 050244-1199, office@big.at, www.big.at Geschäftsführung: Wolfgang Gleissner, Wolfgang Hammerer, Christoph Stadlhuber Chefredaktion: Ernst Eichinger Produktion und Artdirektion: Nofrontiere Design GmbH, Zinckgasse 20–22, 1150 Wien Druck: „agensketterl“ Druckerei GmbH, Kreuzbrunn 19, 3001 Mauerbach


Inhalt 1 Editorial 4 Rückblick: Dezember 2007 bis Mai 2008 18 Ausblick: Juli 2008 bis Jänner 2009 19 Thema: Kassasturz im Finanzamt Finanzstandorte in Wien werden zugunsten einer Zentrale aufgegeben.

24 Thema: Denn sie wissen nicht, was sie (damit) tun …

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Nach Schengen sind viele Grenzstationen überflüssig geworden.

30 Highlight: Das Provisorium hat ein Ende Der Schulstandort in Wieselburg wird schrittweise auf Vordermann gebracht.

40 Round Table: „Schwer manövrierbare Tanker“ Universitätsrektoren sollen zum Teil unternehmensorientiert denken und arbeiten. Oft stoßen sie dabei an die Grenzen des Systems.

46 Thema: Heiße Luft als Einsparpotenzial Thermische Sanierung und das Thema Nachhaltigkeit sind derzeit in aller Munde. Allerdings wird oft mit zweierlei Maß gemessen.

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52 Thema: Legoland in Donaustadt Das ehemalige Flugfeld in Wien-Aspern wird seit geraumer Zeit von Projektentwicklern beackert. Jetzt wird es langsam konkret.

54 Portrait: Die im Schatten sieht man nicht Die Facility-Services-Truppe der BIG sorgt an der Technischen Universität für ein reibungsloses Funktionieren der Immobilie. Eine Reportage.

59 Thema: Stellungskrieg bei Kasernenverkauf Eine Tochter der BIG, die SIVBEG, verwertet seit rund zwei Jahren die vom Bundesheer nicht mehr benötigten Liegenschaften. Eine Zwischenbilanz.

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64 Galerie

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Inhalt

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Rückblick

Dezember 2007 bis Mai 2008

12/07

01/08

02/08

Wettbewerb Bruck a. d. Mur entschieden

Spatenstichfeier Unipark Nonntal

Gleichenfeier in Feldkirch

Bei Schule und Internat der Höheren Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft wird nach den Entwürfen des Architektenbüros Hussa-Kassarnig ZT-GmbH zugebaut.

In Salzburg entsteht im Auftrag des Ministe­ riums für Wissenschaft und Forschung ein neues Gebäude für die Kultur- und Gesell­ schaftswissenschaftliche Fakultät der Uni­ver­ sität Salzburg.

Der Neubau der Bundeshandelsakademie und -handelsschule in Tirol schreitet voran. Am 19. Februar wurde Dachgleiche gefeiert.

Ausschreibung WU Wien Am 10. Dezember wurde der Architektur­ wett­bewerb für den Neubau der Wirt­schafts­ universität Wien europaweit ausgeschrieben. Neue Schule für den 22. Wiener Bezirk Das Architekturbüro Atelier Heiss ZT GmbH konnte die Jury beim Architekturwettbewerb überzeugen. Sie verleihen dem Gymnasium am Contiweg ein Gesicht. Der Baubeginn ist für Anfang 2009 geplant.

Eröffnung HBLFA Francisco Josephinum

Schwechater Gymnasium wird saniert Als Gewinner des Architekturwettbewerbs ging der deutsche Planer Peter Schwinde hervor. Trollmann-Kaserne verkauft Käufer der 58.200 m2 großen Liegenschaft ist die S Holding Immobilien Entwicklung GmbH mit Sitz in Kufstein. Die Steyrer Kaserne wechselte um 7,75 Mio. Euro den Besitzer.

Wettbewerbsentscheidung BG Neusiedl Für die Erweiterung und Sanierung des Bundesgymnasiums Neusiedl am See wurde die ARGE solid architecture – K2architektur.at als Planer beauftragt. Umzug der Wiener „Graphischen“ Nach der Sanierung von vier Trakten er­ strahlt die Höhere Graphische Bundes-, Lehrund Versuchsanstalt in der Leyserstraße in neuem Glanz. Im Februar durften die Schüler vom Ausweichquartier Schellinggasse wieder zurück in ihr angestammtes Gebäude. Auslandsliegenschaften verkauft Die ehemaligen Unterkünfte der Militär­ attachés in Bratislava, Budapest und Prag sowie ein Grundstück in Berlin haben bereits neue Eigentümer. Der Gesamterlös beträgt rund 3 Mio. Euro.

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Nr. 3 | 2008 | www.big.at


03/08

04/08

05/08

Neue Gemäldegalerie für die „Bildende“

Grundsteinlegung Sporthalle Sensengasse

Wettbewerb WU Wien entschieden

Am 5. März wurden die Pläne zur Errichtung einer neu konzipierten Ausstellungsetage für die Gemäldegalerie, das Kupferstichkabinett und die zeitgenössische Kunst der Akademie der bildenden Künste Wien präsentiert.

Am 3. April wurde der Grundstein für die Vierfachsporthalle in der Sensengasse im 9. Wiener Gemeindebezirk gelegt. Die rund 3.300 Quadratmeter große „unterirdische“ Halle wird vom Univer­sitätssportinstitut Wien und vom Wiener Stadtschulrat genutzt werden.

Die Architektin Laura Spinadel (BUSarchi­tek­ tur) erhielt von der Jury nach Ab­schluss des einstufigen, EU-weiten Rea­lisierungs­wett­ bewerbs den Planungsauftrag.

Spatenstich an der TU Graz Anlässlich des Neubaus des Chemie­ersatz­ ge­bäudes an der Technischen Universität Graz wurde Anfang März der Spaten geschwungen. Wettbewerb Justizzentrum Wien Baumgasse Die ARGE Hohensinn-Neumann-Werner Consult entschied den europaweit aus­ge­ schriebenen Wettbewerb für sich und plant nun den Neubau. Eröffnung Gymnasium Vöcklabruck Am 28. März eröffnete Claudia Schmied, Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, offiziell das Bundesgymnasium in Vöcklabruck. Wettbewerb Justizzentrum Eisenstadt Die zum Sieger des Architekturwettbewerbs gewählten Architekten Markus Bösch und Bernd Scheffknecht (YF architekten) präsentierten das Modell zur Erweiterung und Generalsanierung des Justizzentrums. Ausschreibung Verkauf Straubkaserne in Hall in Tirol

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Eröffnung HLF/HAK/HASCH Krems Die mit rund 13 Mio. Euro erweiterte und funktionssanierte Tourismusschule sowie Handelsakademie und Handelsschule in Krems ist seit 7. April offiziell eröffnet. Über 1.400 Schüler werden dort von 140 Lehrern unterrichtet.

Real Vienna 2008 Vom 27. bis 29. Mai präsentierte sich die BIG Entwicklungs- und Verwertungs GmbH auf der Immobilienmesse. Städtetag Innsbruck Zum zweiten Mal präsentierte sich die BIG am Städtetag. Heuer wurden in Innsbruck die Kontakte zu den Bürgermeistern gepflegt.

Eröffnung „Akademisches“ Innsbruck Nach gut einem Jahr Bauzeit wurde das um rund 10,4 Mio. Euro funktionsadaptierte Gymnasium in der Angerzellgasse eröffnet. Zwei neue Gebäude an der TU Graz Am 18. April wurden das Bautechnik­zen­trum und das Zentrum für Ver­brennungs­kraft­ maschinen der Technischen Universität Graz eröffnet. Bilanzpressekonferenz Am 28. April präsentierten die BIG-Geschäfts­ führer Wolfgang Gleissner, Wolfgang Hammerer und Christoph Stadlhuber das Geschäfts­jahr 2007. Ausschreibung Verkauf Garnisions­ übungsplatz Vorderfager (Salzburg)

Rückblick: Dezember 2007 bis Mai 2008

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„Keine Spekulation“ 79,3 Millionen Euro Jahresgewinn – erstmals Bilanzierung nach IFRS

teln und auszuweisen. Demzufolge ist das ge- Euro an den Finanzminister abgeführt. Einen Die im April erstmals nach dem internasamte Portfolio der BIG über 8 Mrd. Euro wert. deutlichen Rückgang von rund 50 Mio. Euro tionalen Rechnungslegungsstandard IFRS gab es im vergangenen Jahr bei den NeubauDie BIG wird auch für das vergangene Jahr vorgelegten Bilanzzahlen der Bundesimund Generalsanierungsinvestitionen. BIGkeine Dividende zahlen und hofft, angesichts mobiliengesellschaft zeigen einen leicht Geschäftsführer Wolfgang Gleissner führte des knappen Eigenkapitals von 16,8 Prozent auf 735 Mio. Euro gestiegenen Umsatz. Das dies auf die Verzögerung mehrerer Universidies auch in Zukunft nicht tun zu müssen. Im Vorsteuerergebnis erreichte 2007 114,5 Mio. tätsprojekte zurück. vergangenen Jahr wurden um 43,3 Mio. Euro Euro, nach 159,7 Mio. Euro im vergangenen Jahr. Der Rückgang um rund 50 Mio. Mitte Juni legt das Management der Euro entstand hauptsächlich durch Bundesimmobiliengesellschaft dem die Stichtagsbewertung der FinanzinAufsichtsrat ein detailliertes Konzept strumente. „Es handelt sich dabei um vor, um die von ihr gehaltenen Amtskeine Spekulation“, so der für Finanzen gebäude sowie Entwicklungsprojekte zuständige BIG-Manager Wolfgang in eine eigene Tochtergesellschaft Hammerer. Jedem Sicherungsgeschäft auszugliedern und in diese einen oder liege ein Basisgeschäft zugrunde. Der mehrere private Minderheitspartner Hintergrund: Die BIG finanziert sich hereinzu­nehmen. Nicht angetastet hauptsächlich über Anleihen. Hauswerden sollen Schul- und Universimarkt ist die Schweiz. Um das Wähtätsgebäude, die rund zwei Drittel der rungsrisiko auszuschalten, wird jede Flächen ausmachen. in Schweizer Franken aufgenommene Anleihe sofort in Euro „geswapt“, also „Schulen und Universitäten sind sakgetauscht, und ein fixer Wechselkurs rosankt, an ihnen wird es keine privafür das Ende der Laufzeit vereinbart. te Beteiligung geben“, sagte Christoph Diese Sicherungsgeschäfte müssen Der Rückgang an Investitionen im Bereich Neubau und General­sanie­ Stadlhuber, einer der drei Geschäftsebenso wie die Anleihe selbst stich­ rungen geht hauptsächlich auf Verzögerungen bei der Umsetzung führer der Bundesimmobilien­gesell­ tagsbezogen bewertet werden. Insge- des General­sa­nie­rungs­paketes der Universitäten zurück. Im BIld: schaft. Ein Börsegang der BIG selbst samt wurde 2007 ein Jahresgewinn Zahnmedizinische Klinik Wien. sei nicht diskutiert worden und komvon rund 79,4 Mio. Euro (nach 119,7 me auch in Zukunft nicht in Frage. In Mio. im Vorjahr) erwirtschaftet. Gebäude verkauft, unter anderem die frühere die künftige Tochtergesellschaft würde ein Immobilienvermögen von rund 1 Mrd. Euro Villa des Bundespräsidenten (8,1 Mio. Euro Aufgrund der Umstellung von UGB auf IFRS eingebracht werden, Private könnten mit bis war es ebenfalls notwendig, die Verkehrswer- Erlös). Aus einer Nachbesserungsvereinbazu 49 Prozent einsteigen. rung mit der Republik wurden etwa 23 Mio. te (fair values) der Liegenschaften zu ermit-

BIG-Geschäftsführer Wolfgang Hammerer

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BIG-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber

Nr. 3 | 2008 | www.big.at

BIG-Geschäftsführer Wolfgang Gleissner


Investitionen Überblick

Konzernergebnis nach IFRS

Mio. EUR

Mio. EUR

250

280

269

268

240 200

200

160

160

120

150

120

115

80 100

80 0

40

2004

2005

2006

2007

Planen & Bauen

189

227

239

187*

Instandhaltung

143

124

132

125

Gesamt

332

351

371

312

* Rückgang resultierend aus Verzögerung im Uni-Paket

2006

2007

EBIT EGT KONZERNERGEBNIS

in Mio. EUR

Neubau & Generalsanierungen

Schwerpunkte Instandhaltung

50 Bauvorhaben fertiggestellt 49 Bauvorhaben begonnen 51 Projekte in Planung

Bauliche Sicherheitsmaßnahmen Brandschutz Werthaltungsmaßnahmen

2007

0

DIVIDENDE

2007

Neues Justizzentrum Eisenstadt

YF architekten als Sieger des Wettbewerbes – Rund 20 Millionen Euro Investitionen

In Eisenstadt entsteht bis zum Jahr 2011 ein neues Justizzentrum. Die Gesamtkosten für das Projekt belaufen sich auf knapp über 20 Mio. Euro. Neben der Generalsanierung des bestehenden Gerichtsgebäudes entstehen auf dem derzeitigen Gelände des Autohauses Nemeth zwei neue Objekte. Im nordseitigen wird im Erd- und Untergeschoß das Bezirksgericht untergebracht, im ersten und zweiten Stock die Staatsanwaltschaft einziehen. Wesentlich sei auch die Erweiterung der Parkplätze gewesen: Geplant ist nun eine Tiefgarage mit 45 Stellplätzen und weitere rund 190 im Außenbereich. Lediglich generalsaniert wird das heutige Landesgericht. Das neue südseitige Gebäude ist die Erweiterung der Justizanstalt. Zwar solle die Haftplatzkapazität mit 163 gleich bleiben, jedoch werden etwa mehr Werkstätten für die Insassen angeboten, erklärte Günther Wolf, Leiter der Justizanstalt Eisenstadt. Derzeit sind 165 Häftlinge untergebracht, es seien jedoch auch schon 200 gewesen, machte Wolf auf die Platzsituation aufmerksam. In den Zellen sollen künftig nur noch ein bis zwei Gefangene untergebracht werden, derzeit seien es fünf bis sechs. Umgesetzt wird das Projekt vom Wiener Architekturbüro YF architekten zt gmbh.

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Rückblick: Dezember 2007 bis Mai 2008

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Adrenalinkick gegen hormonfreie Tätigkeit Über drei Millionen Buchungszeilen repräsentieren den Geschäftsverlauf der Bundesimmobiliengesellschaft während eines Jahres. Veronika Poinstingl, Leiterin der BIG-Finanzabteilung, im Gespräch mit Ernst Eichinger über erlaubte Kreativprozesse und die Bedeutung von Vertrauen.

BIG Business: Vor mehr als einem Jahr haben Sie als Leiterin der Finanzen und des Rechnungswesens in der Bundesimmobiliengesellschaft angefangen. Worin haben Sie bei der BIG das größte Delta zwischen Soll und Haben identifiziert? Poinstingl: Ich wurde in der Finanzabteilung sehr herzlich aufgenommen, wobei für Arbeitsplatzromantik sehr wenig Zeit war. Denn inhaltlich ging es gleich zur Sache. Innerhalb kürzester Zeit wurde die Finanzierungsstrategie beschlossen. Wir haben im letzten Jahr eine große Anleihe begeben und die Bilanzierung von HGB (Handelsgesetzbuch) auf IFRS (International Financial Reporting Standards) umgestellt. BIG Business: Gab es nicht vielleicht doch etwas, das ein bisschen abschreckend gewirkt hat? Poinstingl: Es galt, sich so schnell wie möglich in die Struktur der BIG hineinzudenken und rasch Entscheidungen zu treffen. Die größten Herausforderungen lagen aber in den knapp bemessenen Ressourcen, also darin, ein Mammutprogramm mit wenigen Mitarbeitern erledigen zu müssen. BIG Business: Ein Mammutprogramm? Poinstingl: Ein kleines 25-köpfiges Team ist damit beschäftigt, auf Papier und in rechnerischer Form dar­zu­stellen, was die BIG das ganze Jahr über so treibt. Das schlägt sich in rund drei Mio. Buchungs­ zeilen pro Jahr nieder. Zudem müssen wir laufend fast 4.000 Objektstammdaten aktualisieren. Dazu kommen noch 18 Projektgesellschaften. Die BIG hat fast 20.000 Kreditoren (Gläubiger) und 4.800 Debi­ toren (Schuldner). BIG Business: Ein straffes Personalmanagement ist ja nicht negativ. Damit werden die Ressourcen offen­ sichtlich optimal genutzt … Poinstingl: … Derzeit sind wir schon sehr sportlich unterwegs. BIG Business: Sport soll ja gesund sein … Aber worin besteht die Hauptaufgabe der Abteilungen, vor allem im Hinblick auf die von Ihnen zuvor angesprochenen Besonderheiten? Poinstingl: Zunächst gibt es das klassische Rechnungswesen. Eine Besonderheit der BIG liegt im Bereich Rechnungswesen – Hausverwaltung. Dort werden Verwaltung, Abrechnung, Management aller Mietverträge bzw. der für das Rechnungswesen relevanten Tatbestände gemanagt und verbucht. Dann gibt es noch unsere Spezialisten im „Treasury“.

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Die erledigen, salopp formuliert, alles was mit Geld und dessen Disposition zu tun hat. Also Bankbewegungen, Cash-Management, optimale Finanzierung, Kapitalmarktgeschäfte und Liquiditätsplanung. BIG Business: Wahrscheinlich ein Vorurteil, aber gene­ rell haben Buchhalter nicht gerade den Ruf, Adrenalin­ junkies zu sein. Wo finde ich in der Finanzabteilung den Kick? Poinstingl: Das Rechnungswesen ist tatsächlich prinzipiell eine relativ hormonfreie Tätigkeit. Einen Kick kann man sich im „Treasury“ holen – dementsprechende Veranlagung vorausgesetzt. Da sind Märkte, Aufregung und sich laufend verändernde Kurse. Beispiel für verstärkte Aufregung ist sicher nach wie vor die Unsicherheit in der globalen Immobilienwirtschaft. Da muss man einfach ruhig bleiben. Aber auch die klassische Buchhaltung hat sich in der Vergangenheit sehr stark geändert. Neue Buchhaltungsmethoden und Bilanzierungsregeln stellen uns laufend vor neue Herausforderungen. BIG Business: Den Kick haben sicher auch Menschen wie Jérôme Kerviel von der Société Générale gesucht und sich dabei ein bisschen verspekuliert? Poinstingl: Das hat mit uns nicht das Geringste zu tun. Wir haben in der BIG absolut transparente Abläufe und ein fest verankertes Controlling. Bei uns gibt es ein durchgängiges Vier-Augen-Prinzip, laufende Reportings an die Geschäftsführung und laufende Kontrolle durch Wirtschaftsprüfer und Revision. BIG Business: Alleine im letzten Jahr sind Anleihen im Wert von rund 750 Mio. Franken oder mehr begeben worden. Wie geht es weiter? Wie sieht Ihre Zukunfts­ prognose aus? Derzeit geht am Markt ja relativ wenig … Poinstingl: Die BIG hat ein „Triple-A Rating“, finanziert sich also zu günstigsten Konditionen am Kapitalmarkt. Alleine dafür werden wir Jahr für Jahr von Moody’s auf Herz und Nieren geprüft. Die BIG hat saubere Bücher, ein geordnetes Unternehmensbild und vernünftige Zahlen. Die BIG gilt als verlässlicher Partner. BIG Business: Klingt ja nett, aber wenn die Finanz­ märkte down sind, bekommt auch die BIG kein Geld … Poinstingl: Wir haben erstklassige Mieter mit sehr hoher Bonität. Das wissen auch die Märkte, in denen wir uns bewegen. Für unsere zukünftigen Refinan­ zie­rungen mache ich mir daher überhaupt keine Sorgen. Denn die Liquidität ist definitiv am Markt vorhanden.

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BIG Business: Aber wenn die Liquidität im Markt vorhanden ist, warum pumpen die Nationalbanken laufend Milliarden Euro in die Märkte? Poinstingl: Unter Banken ist das Vertrauen nach wie vor eher gering, da mit dem Thema Trans­pa­renz nicht optimal umgegangen wurde. Dieses Miss­ trauen führte dazu, dass sich Banken unter­einan­­der kein Geld mehr geliehen haben. Und das hat sich mittlerweile auch bei der Kreditvergabe für Unter­ nehmen ausgewirkt. BIG Business: Das heißt, Sie behaupten, die BIG sei über jeden Zweifel erhaben und alle reißen sich ­darum, der BIG Geld zu borgen? Poinstingl: Das ist vielleicht ein wenig übertrieben. Aber die BIG hat aufgrund ihrer soliden Vergangenheit, aufgrund ihres glücklicherweise weitgehend risikofreien Geschäftes einen soliden Ruf. Daher werden wir auch in Zukunft unsere Finanzierungen platzieren. Vertrauen ist dabei das Zauberwort. Und das haben wir uns erarbeitet. Wir werden heuer eine weitere große Anleihe refinanzieren. Darin sehe ich kein Problem. Das ist alles nur eine Frage der Konditionen. BIG Business: Die Finanzabteilung nimmt eine zentrale Rolle ein. Sie wissen alles über das Unternehmen, da ja nahezu alles über Ihre Abteilung läuft. Es existiert also eine gewisse Machtposition... Poinstingl: … Die sehe ich nicht wirklich. Primär besteht die Aufgabe darin, reale Vorgänge rechne­ risch und richtig darzustellen. BIG Business: Hört sich eher langweilig an. Poinstingl: Überhaupt nicht. Denn es macht enorm Spaß, Vorgänge optimiert unter Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen darstellen zu können. BIG Business: Das Beschreiten kreativer Prozesse ist aber eher ein Grenzgang in Ihrem Job, oder? Poinstingl: Da sind Sie jetzt ein bisschen auf dem Holzweg. Was ich zu sagen versucht habe, ist, dass man sich innerhalb der gesetzlichen Vorschriften und der Vorgaben des Wirtschaftsprüfers den Kopf zerbrechen kann, wie man Vorgänge optimiert und Abläufe so einsetzt, dass sie das gewünschte Ergebnis in effizienter Form bringen. Kreative Buchhaltung mag vielleicht kurzfristig lustig sein, endet aber jedenfalls langfristig in der Katastrophe. BIG Business: Vielen Dank für das Gespräch.


Alle Jahre wieder Für große Aufregung sorgt eine Entenfamilie im Amtsgebäude in der Radetzkystraße. Nicht zum ersten Mal. Denn bereits zum vierten Mal hat das Federvieh just das auch von Beamten des Verkehrsministeriums bevölkerte Gebäude zum Brutplatz erkoren. Mit einem Effekt: Gegner der Enten haben zum fröhlichen Halali geblasen und die Jagd eröffnet. Befürworter und Tierschützer warfen sich für die Tiere in die Bresche. Eine klassische Patt­stellung also. Während das Verkehrsministerium für eine Verlegung der Enten war, riet ein Veterinär des Gesundheitsministeriums, die Tiere in Ruhe zu lassen und sie, wenn möglich, mit Futter und Wasser zu versorgen. Die salomonische Lösung nach langer hitziger Diskussion: Die Enten dürfen selbst entscheiden, ob sie bleiben oder das Weite suchen. Mittlerweile ist die Familie aber auf wundersame Weise wie vom Erdboden verschluckt. Manche vermuten Entenraub.

Anz_BigBusiness

21.05.2008

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Hauptbibliothek der Uni Wien wird erweitert Neue Entlehnstelle, Tiefspeicher und Roboter­buch­förderanlage – ab 2010 Zugang vom Ring

Im Zuge des Generalsanierungsplans für Universitäts­bauten wird nun die über 2,6 Mio. Bände umfassende Haupt­bibliothek der Universität Wien erweitert und erhält einen neuen Entlehnbereich. Im Herbst soll der Baubeginn für einen vollkommen neuen barriere­freien Benutzungsbereich mit Entlehnstelle, Fernleihe, Lehr­buch­­sammlung und Tiefspeicher für 450.000 Bände erfolgen. Rund 10,5 Mio. Euro werden von der BIG als Eigentümer der Liegen­ schaft in das Projekt gesteckt. Die Refinanzierung erfolgt über Mieten, die der Universität Wien vom Bund langfristig zugesagt sind. Bis Mitte 2010 sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein, die von der ARGE Kaufmann/Wanas mit Vasko + Partner geplant werden. Künftig wird der neue Benutzungsbereich barrierefrei über den linken Nebeneingang des Uni-Hauptgebäudes am Ring erreichbar sein. Der große denkmalgeschützte Lesesaal bleibt unverändert. Eine Robo­ter­ buchförderanlage soll den Transport der Druckwerke aus den Maga­ zinen in die Entlehnung wesentlich beschleunigen.

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Die neue Entlehnstelle der Universitätsbibliothek Wien soll in Zukunft direkt vom Ring aus erreichbar sein.


Spatenstich für neues Chemie-Gebäude Den Start zu einem Neubau-Großprojekt hat die Technische Universität Graz (TUG) mit dem Spatenstich für das 50 Mio. Euro teure, sogenannte Chemie-Ersatzgebäude in der Grazer Stremayergasse gefeiert. Das neue Gebäude an der Südseite der „Neuen Technik“ wird rund 8.000 Quadratmeter Nutzfläche bieten; dazu kommen 2.200 Quadratmeter für ein modernes Hörsaalzentrum, studentische Kommunikationsbereiche und Studierendenlabors. Im Neubau sollen mehrere bisher in der Stremayergasse 16, der Technikerstraße 4, der Rechbauerstraße 12 und der Mandellstraße 15 verstreut liegende chemische Institute untergebracht werden.

V.l.n.r.: Architekt Thomas Zinterl, TU-Rektor Hans Sünkel, BIG-Geschäftsführer Wolfgang Gleissner

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Rückblick: Dezember 2007 bis Mai 2008

Mit dem Neubau soll die bestehende U-Form der „Neuen Technik“ zu einem geschlossenen Komplex umgestaltet werden. Der südseitig gelegene Eingangsbereich öffnet sich in Richtung eines „Beserlparks“ (Ecke Münzgrabenstraße/Steyrergasse), der zu einer attraktiven Freizone werden soll. Nach der Fertigstellung startet die Sanierung des alten Chemiegebäudes, die wiederum Anfang 2013 abgeschlossen sein soll. Das „Center of Biomedical Engineering“, das Disziplinen an der Schnittstelle von Medizin und Technik umfasst, soll dann in diesen Komplex einziehen. Untergebracht werden sollen dort weiters eine naturwissenschaftliche Bibliothek, Internet-Arbeitsplätze sowie ein Gastronomiebetrieb im fünften Stock.

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Funktionssanierung und Umbau der „Graphischen“ abgeschlossen Bundesheer half bei Übersiedlung – 7 Millionen Euro Investitionen

Bei der Höheren Graphischen Bundes-, Lehrund Versuchsanstalt (HGBLVA) in der Leyserstraße 6 im 14. Wiener Bezirk sind vier der insgesamt fünf Trakte saniert und erstrahlen in neuem Glanz. Nach drei Semestern, von Juli 2006 bis Februar 2008, dürfen die 1.040 Schüler und 160 Lehrer der Graphischen nun wieder zurück in ihre Schule. Während der Bauzeit wurde im Ausweichquartier Schellinggasse 13 in der Wiener Innenstadt unterrichtet. Mittlerweile ist die Übersiedlung nahezu abgeschlossen, wobei die Schule tatkräftig von Rekruten des österreichischen Bundesheeres unterstützt wurde. Nach dem Auszug wird die HTL Spengergasse, deren Gebäude saniert und erweitert wird, für rund drei Jahre in die Schellinggasse ziehen. Das Bundesheer hat mit der Wiener „Graphischen“ ein dankbares Trainings­ feld für seine Logistikübungen gefunden: eine Win-Win-Situation.

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Insgesamt wurden in den Umbau der HGBLVA Leyserstraße vom Eigentümer des Gebäudes, der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), über sieben Mio. Euro (Errichtungskosten

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netto) investiert. Mieter der Liegenschaft ist das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur. Nach der Sanierung haben Schüler und Lehrer zwar nicht mehr Platz zur Verfügung, der vorhandene ist aber deutlich besser strukturiert. So hat man beispielsweise der Theoriebereich innerhalb der bestehenden Kubatur von 24 auf 30 Stammklassen er­weitert, EDV- und Son­der­unterrichtsräume einge­richtet, ein Lern- und Informationszentrum gebaut und die Abteilungen für GrafikDesign, Fotografie und audiovisuelle Medien, Multimedia, Druck- und Medientechnik mit Druck- und Me­dien­zentrum sowie Labors und die Ver­suchs­­anstalt neu gestaltet. Zusätzlich wur­den die Fassaden thermisch saniert und die Hei­­zungs- und Lüftungsanlagen erneuert. Beson­derer Wert wurde bei der Sanierung auf die EDV-technische Infrastruktur (Serverraum, Stockwerkverteiler, Vernetzung) gelegt.


BIG-Geschäftsführer Wolfgang Gleissner, Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Johannes Hahn und Rektor der TU Graz Hans Sünkel bei der Eröffnung.

Eröffnung im Doppelpack an der TU Graz

Neues Bautechnikzentrum und Labor für Verbrennungskraftmaschinen erweitern Infrastrukturangebot

Gleich zwei neue Bauten sind im Frühjahr an der Technischen Universität Graz eröffnet worden: Mit der Fertigstellung der zweiten Bauphase des Labors für Verbrennungskraftmaschinen bekommt die Forschungseinrichtung für Motoren- und Emissionsforschung ein neues Dach. Der Zubau des Bautechnikzentrums beherbergt verschiedene Einheiten der Bauingenieurwissenschaften. Insgesamt wurden rund 15,5 Mio. Euro investiert. Das Institut und die Versuchsanstalt für Materialprüfung und Baustofftechnologie sind bereits im Oktober 2007 in den rund 3.400 Quadratmeter umfassenden Zubau am „Campus Inffeld“ in der Inffeldgasse eingezogen. Der neue Trakt schließt an die bestehende Prüfhalle an. „Mit dem Bautechnikzentrum bekommen verschiedene Kompetenzen des Bauingenieurwesens ein gemeinsames Dach, wo universitäre Lehre und Forschung unter besten Bedingungen stattfinden können“, freut sich TU-Rektor Hans Sünkel.

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Rückblick: Dezember 2007 bis Mai 2008

Neben dem Institut für Materialprüfung und Baustofftechnologie beherbergt der zweigeschoßige Zubau ein Labor des Instituts für Eisenbahnwesen und Verkehrswirtschaft. Im Erdgeschoß sind Labors und Prüfräume untergebracht. Im Obergeschoß finden sich Räumlichkeiten wie Sekretariate, Büros, Besprechungsräume und Archive sowie ein Seminarraum und eine Bibliothek. Ebenfalls in der Inffeldgasse ist als Zubau des Kompetenzzentrums für Großmotoren ein neuer Labortrakt für Verbrennungskraftmaschinen entstanden. In diesem Zentrum werden laut TU Graz die weltweit modernsten Motorenprüfstände errichtet. Zusätzlich sind im Gebäude mit einer Bruttogrundfläche von rund 2.000 Quadratmetern ein Werkstättenbereich, Komponentenprüfeinrichtungen und ein Umweltmesstechniklabor angesiedelt. Im Obergeschoß befinden sich Büro-, Messtechnik- und Sozialräume.

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Campuskonzept überzeugt Masterplan beauftragt – Weitere Wettbewerbe folgen

Das Wiener Büro BUSarchitektur mit Architektin Laura Spinadel hat den Wettbewerb für den Neubau der Wirtschaftsuniversität an der Südportalstraße gewonnen. Nun wird ein Masterplan erstellt. Danach werden weitere Wettbe­werbe für einzelne Bauabschnitte durchgeführt. Baubeginn soll 2010 sein, zwei Jahre später wird die WU übersiedeln. Aus­­schlag­gebend für die Entscheidung der Jury unter Vorsitz von Wolf D. Prix und Dietmar Eberle war die „überzeugende Interpretation des klas­ si­schen Campus­konzeptes als Bindeglied zwischen Stadt und grünem Prater“. Der Master­plan sieht vor, dass sich die neue WU um ein „Library & Learning Center“ gruppiert, das Services für Studierende und For­ schungs­bibliotheken unter einem Dach vereint. In einem „Hörsaalzentrum“ sollen Großhörsäle und viele kleinere Hör­ säle angesiedelt werden. Bestimmendes Ele­ment in der Planung sei der in un­mit­tel­­barer Nachbarschaft liegende grüne Prater: Durch Lücken in der Bebauung und durch die Abstufung der Gebäudehöhen stellt das Konzept von BUS­architektur wechselnde Sichtbeziehungen zur an­gren­ zenden Grünfläche her. Insgesamt haben 24 Architekturbüros an dem Wettbewerb teilgenom­ men. In der letzten Runde des Verfahrens wurden von der Jury drei Pro­­jek­te zur Über­arbeitung empfohlen. Der zweite Platz ging ex aequo an die Ar­chi­tekturbüros Berger + Parkkinen und ARGE Zeytinoglu/Flatz. Die dem Wett­bewerb zugrunde liegende Investitionssumme betrug 250 Mio. Euro.

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Nr. 3 | 2008 | www.big.at

Die neue Wirtschaftsuniversität wird südlich der Messe Wien gebaut. Voraussichtlich muss die Halle 10 abgerissen werden.


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Lernzentrum in Signalfarben Nach knapp zwei Jahren Bauzeit wurde der neue „alte“ Schulstandort der Handelsakademie/Tourismusschule in Krems Anfang April von Bundesministerin für Unter­­richt, Kunst und Kultur Claudia Schmied und BIG­Geschäftsführer Wolfgang Gleissner eröffnet. Die Netto­ errich­tungs­kosten des gesamten Bauvorhabens betragen rund 13 Mio. Euro bei einer Nettogrundrissfläche von rund 16.000 Quadratmetern. Die Flächen wurden zwischen den beiden Schulen komplett neu aufgeteilt, wodurch sich eine klare Trennung erzielen ließ. Der Schulund Verwaltungstrakt des Bestandes wurde aufgestockt. Diese Erweiterung bietet nun der Tourismusschule auf 1.810 Quadratmetern Nettogrundrissfläche Raum für 16 Klassen (ca. 400 Schüler) sowie die komplette Verwaltung. Dadurch eroberte die HAK/HASCH neue Räume im „alten“ funktionssanierten Gebäudeteil. Das im Verwaltungstrakt neu errichtete Lern- und Informationszentrum mit zentraler Bibliothek wird von beiden Schultypen genutzt, erstreckt sich über zwei Geschoße und ist auf drei Ebenen aufgeteilt. Die alte Zweifachturnhalle wich einer neuen Dreifachturnhalle, und die Sportaußenanlage wurde erneuert. An dem niederösterreichischen Schulstandort Langenloiser Straße 22 unterrichten 140 Lehrer und lernen 1.405 Schüler.

BIG BUSINESS

Rückblick: Dezember 2007 bis Mai 2008

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Sanierung mit Fingerspitzen Die Funktionsadaptierung und Erweiterung des Akademischen Gymna­ siums in der Innsbrucker Angerzellgasse 14 ist abgeschlossen. Das bestehende denk­malgeschützte Gebäude wurde mit viel Fingerspitzengefühl einer Funktionsadaptierung unterzogen. Die bestehende Innenhoffassade wurde durch eine neue Glasfassade ersetzt. Im ausgebauten Dachgeschoß finden nun die Sonderunterrichtsräume für bildnerische Erziehung, Werkerziehung sowie zwei EDV-Räume Platz. Für den rund 1.500 Quadratmeter großen Zubau wurde ein bestehendes Stöckelgebäude abgebrochen und neu errichtet. Der Zubau beherbergt die Sonderunterrichtsräume für Physik und Chemie sowie drei Klassenräume. Im Kellergeschoß befinden sich nun ein Mehrzwecksaal sowie zwei Musikräume. Im Inns­ brucker Gymnasium unterrichten 100 Lehrer und lernen 900 Schüler.

Wettbewerb Justizzentrum Baumgasse entschieden Neues Gericht und Justizanstalt mit 450 Haftplätzen entlang der Tangente

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Der EU-weite Architekturwettbewerb für das Justiz­zentrum Wien Baumgasse ist ent­­ schieden. Das Projekt der ARGE Hohen­sinn-­ Neu­mann-Werner Consult ist aus elf Ein­­rei­ chun­gen von der Jury als das ge­eig­­net­ste aus­gewählt worden. In dem geplanten Bau­­ kom­plex im dritten Wiener Gemein­de­bezirk soll bis zum Jahr 2010 das neue Gericht plus Justiz­anstalt für Jugend­liche, Frauen sowie Gefan­gene mit psychischen Problemen unter­ge­bracht wer­den. Der Baubeginn ist für Sommer 2009 angesetzt.

schirmt, die mit der Fassade des Haupt­­ge­bäu­ des eine Einheit bildet, wie Archi­tekt Josef Hohensinn bei der Präsen­ta­tion des Modells erläuterte. Alle Eingänge sind von der Baum­ gasse aus zu erreichen. Ein Steg führt vom Baukomplex zum angrenzenden Ein­­kaufs­­­ zentrum und damit zur U3-Station Erdberg.

Der Gebäudekomplex besteht aus fünf Teilen. Entlang der Baumgasse sind die Verwaltung sowie Schulungsräume unterbracht. Daran an­gren­zend, jedoch baulich klar abge­trennt, be­findet sich das trapezförmige Ge­richts­ge­ bäu­de. Drei weitere Häuser sind für die Straf­ an­stalt vorgesehen. Das Bau­werk ist gegen die an­gren­zende Wiener Südost­tan­gen­te mit einer teils verglasten Schall­mauer abge­­

Das Gerichtsgebäude wird eine Nutz­fläche von 7.200 Quadratmetern haben. Die Justiz­ anstalt ist für 450 Haftplätze auf rund 25.000 m2 Nutzfläche kon­zi­piert. Neben 230 jugend­ lichen Häft­lin­gen sollen dort 90 Frauen und 100 Sträflinge mit psychischen Problemen untergebracht wer­den. Außerdem ist eine psychologische Begutachtungsstation mit 30 Haftplätzen vorgesehen.

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77 Mio. Euro netto wurden als Bau­kos­ten für das Projekt veranschlagt. Er­rich­tet wird das Justizzentrum von einer gemein­samen Gesellschaft von Porr Solutions und BIG.


Perspektiven mit Zukunft www.big-ev.at Wir bieten Ihnen außergewöhnliche und einzigartige Objekte und Flächen in ganz Österreich in Top-Lagen und sind Ihr kompetenter Partner bei der Entwicklung und Realisierung neuer Projekte. Vertrauen Sie auf unser professionelles Know-How. Als eigenständiges Unternehmen innerhalb des BIG-Konzerns können wir auf eine fundierte, stabile und langjährige Basis aufbauen.

V.l.n.r.: Monika Knofler, Renate Trnek, Stephan Schmidt-Wulffen und Christoph Stadlhuber

Neukonzeption der Gemäldegalerie-Etage Der die Gemäldegalerie beherbergende erste Stock der Akademie der bildenden Künste Wien wird neu konzipiert. Künftig sollen die Sammlung der Gemäldegalerie, die Bestände des rückgeführten Kupferstichkabinetts und die zeitgenössische Kunst auf einer Ebene präsentiert werden. Als „orchestriertes Zusammenspiel“ dieser Elemente bezeichnete Rektor Stephan Schmidt-Wulffen das Projekt, das ab Herbst 2009 verstärkt Ausstellung, Lehre und Forschung unter einem Dach vereinen soll. Beginnen sollen die Umbauarbeiten nach den Plänen des Architekten Töpfer, der bereits für die Neugestaltung des Palais Epstein verantwortlich zeichnete, im Juli. Töpfer hatte sich im Ideenwettbewerb auch gegen Heinz Tesar und Matthias Willmann durchsetzen können. Die Kosten für das Gesamtprojekt belaufen sich auf rund zwei Mio. Euro, ein Drittel davon übernimmt die Bundesimmobiliengesellschaft. Der Rest soll vom Bund und privaten Geldgebern bereitgestellt werden.

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t | Nr. 3 | Juni 2008 | www.big.at Das Magazin der Bundesimmobiliengesellschaf

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| Nr. 2 |

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ber 2007

Amtsgebäude im Rampenlicht Konzepterstellung für Verkauf von Anteilen eines Portfolios

Grenzenlos

Nach Schengen werden viele Grenzstationen überflüssig

„Heiße Luft“

Thermische Sanierung intakter Fassaden unwirtschaftlich – neue Ideen gefragt

Neue Hülle

BIG BUSINESS

Rückblick: Dezember 2007 bis Mai 2008

Die nächste Ausgabe von „BIG Business“ erscheint am 12.12.2008.

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Ausblick

Wettbewerbsausschreibung – Zu- und Umbau Bezirksgericht Bruck a. d. Mur – Neuerrichtung Verwaltungsgebäude Justizanstalt Graz Jakomini Wettbewerbsentscheidung – Erweiterung und bereichsweise funktionelle Neuordnung des Bundesgymnasiums (BG) und Bundes­realgymnasiums (BRG) Klosterneuburg (Abgabe 23.6.) Baubeginn – Erweiterung Höhere Technische Bundeslehr- und Versuchsanstalt Spengergasse, Wien – Neubau und Zubau Schulzentrum Bernoullistraße, Wien – Zubau Peraugymnasium Villach – Neubau Bürogebäude AVL-List, Graz

Einreichung – Neubau AHS Contiweg, Wien Start Planersuche – Generalsanierung Büro- und Geschäftsgebäude Wollzeile 1-3, Wien Baubeginn – Höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Gartenbau Grünbergstraße, Wien

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Juli 2008 bis Jänner 2009

Wettbewerbsausschreibung – Neubau Besucherbereich Justizanstalt Graz Karlau Baubeginn – Fassadensanierung Bundes rechenzentrum Wien Fertigstellung – Erweiterung Polizeisportverein Dampfschiffhaufen, Wien

Generalsanierung – Zahngebäude TU Graz Fertigstellung – Haus für Musik und Musiktheater (Mumuth) Graz – Höhere Bundeslehr- und Forschungs­anstalt für Gartenbau Jägerhausgasse, Wien – AHS Glasergasse, Wien Eröffnung – Landesgericht für Strafsachen Graz

Erscheinungstermin BIG Business 4: Dezember 08

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Ausblick: Juli 2008 bis Jänner 2009


Thema

Kassasturz im Finanzamt Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Finanz in Wien viele Standorte aufgeben. Geplant ist die Konzentration der Flächen in Wien-Mitte bei einem privaten Anbieter. Damit steht die BIG vor der Herausforderung, zum Teil bedingt attraktive Liegenschaften neu zu vermieten, zu entwickeln oder zu verkaufen. Text: Christian Mayr

E

in Montagmorgen in Kagran: Frau Margarete steht in einer langen Schlange Wartender, eine dicke Map­pe in der Hand, in der sich jede Menge Zettel mit E-Nummern darauf befinden. „­Warum ich so lange anstehe? Na, weil ich dem Staat sicher nichts schenke. Jeden Cent will ich mir zurückholen.“ Frau Margarete geht noch gerne selbst zum Finanzamt, um ihre Unterlagen für den Jahresausgleich abzugeben – und gleich jenen für ihren Mann und den Sohn auch. Früher, erzählt die Pensionistin, sei sie noch in das ehemalige Amt in die Brigittenauer Traisengasse gefahren und dort ihrem persönlichen Betreuer gegenübergetreten. Jetzt, am neuen Finanzamt für die Bezirke 2, 20, 21 und 22 am Dr.-Adolf-SchärfPlatz, sei „leider“ vieles anders. Nun muss sie ihre Unterlagen schon im Foyer beim sogenannten „Info-Center“ abgeben – und dann auf den Steuerbescheid warten. „Die Traisengasse war sicher nicht so schön eingerichtet. Aber man konnte noch mit den Beamten reden“, klagt Frau Margarete. Nun wisse man auch gar nicht mehr, welcher Beamte genau für einen zuständig sei. „Aber da werde ich mich schon durchtelefonieren. Ich will ja wissen, ob eh alles richtig ausgefüllt ist und die Unterlagen passen“, sagt sie. Das lange Warten und der Papierkram

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sind ihr aber doch lästig – daher überlegt sie, nächstes Jahr den Steuerausgleich vielleicht via Internet vom Schreibtisch abzuwickeln: „Ein bisschen kenn ich mich ja aus. Und wenn man sowieso nicht mehr zu seinem Betreuer kommt, kann ich’s gleich von zu Hause aus machen“, erzählt sie. Die heimischen Finanzämter haben sich in den vergangenen Jahren grundlegend verändert – mit der Einführung der Online­Abwicklung und der Einrichtung der InfoCenter in allen Ämtern kam es gleichsam zu einem Kassasturz in der Finanz. Die baulichen Maßnahmen für Letztere kosteten mit rund 17 Millionen Euro auch einiges an Geld, das teils vom Finanzministerium und teils von der Bundesimmobiliengesellschaft investiert wurde. Dafür verfügen nun alle Finanzämter Österreichs – von Mürzzuschlag über Horn bis Wien-Josefstadt – über moderne Entrees mit hoher technischer Ausstattung sowie einer klaren Zugangssituation. Hauptgrund für die vor allem bauliche Neu­ ord­nung der Besucherströme war, die Finanz­ ämter kundenfreundlicher zu gestalten, wie das Finanzministerium erklärt; auch eine inter­natio­nale Betriebs­beratung habe vor Jahren diesen Schritt empfohlen. Dass die Kun­den

Thema: Kassasturz im Finanzamt

durch dieses „One-Stop-Shop“-Prinzip tatsächlich auch Vorteile haben, davon ist die Finanz überzeugt: „Es gibt jetzt klare und eindeutige Anlauf- und Auskunftsstellen und kein ,Umherirren‘ mehr von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter quer durch das Gebäude. Außerdem wurden eine hohe Kompetenz und einheitliche Qualitätsstandards bei der Auskunft sowie der Bearbeitung geschaffen“, heißt es. Auch die Mitarbeiter in den Ämtern hätten vom Info-Center-Prinzip profitiert – es gebe nun, so das Ministerium, ein „zeit­ge­mäßes, offenes und transparentes Arbeits­umfeld“. „Die Info-Center sind eine Visiten­karte und ein Aus­hänge­schild des Finanz­minis­teriums sowie ein Motivationsfaktor des Dienst­ge­ bers für die Mitarbeiter.“ Dazu komme ein nicht un­wesent­licher Nebeneffekt – in Form einer Effi­zienz­steigerung: Zwar würden laut Finanz keine harten Zahlen vorliegen, Fakt sei jedoch, dass trotz generellen Personalabbaus in der Verwaltung die Service­qualität verbessert werden konnte. „Die Er­ledigun­gen sind schneller geworden, und in der Regel gibt es nur noch einen einmaligen Kunden­kontakt für alle Leistungen der Finanz.“ Frau Margarete zum Trotz, die vielleicht ein Einzelfall ist, sei der Umbau der Ämter also

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In den vergangenen Jahren wurden in ganz Österreich Info-Center eingebaut. Die Idee dahinter: Möglichst viele Fragen sollen bereits in diesem kundenfreundlich orientierten Bereich beantwortet werden. Die Zukunft der Serviceflächen ist aufgrund der Umzugspläne zumindest in Wien noch ungewiss.

sehr gut angekommen. Weil man es jedoch ganz genau wissen will, ist noch für heuer eine umfassende Studie zu den Auswirkungen geplant. Laut Ministerium gebe es aber einen Beweis für die hohe Kundenzufriedenheit: „Wir haben ein Beschwerdemanagement installiert – und es liegen bislang keine Beschwerden vor.“ Ein Sonderfall bei den neuen Finanzämtern ist dabei jenes in Kagran: „Es war das Pilotprojekt für die Standortkonzentration“, erklärt Peter Höflechner, Prokurist der BIG. Mit der Fusionierung der vormals getrennten Finanzämter 2/20 und 21/22 wurde das ge­ samte Gebäude umgekrempelt und umgestaltet – und letztlich blieb den Mitarbeitern auch nichts anderes übrig, als zusammenzurücken: „Wenn Beamte in geräumigen Einzelzimmern mit einer Größe von 25 Quadratmetern sitzen, dann war das dem früheren Finanzminister ein Dorn im Auge“, erklärt Höflechner. Mit dem Umbau in Kagran mussten nun viele ihre angeblich wohlerworbenen Rechte abgeben: „Nun müssen sich im Durchschnitt zwei Mitarbeiter rund 20 Quadratmeter teilen. Aber die Infrastruktur ist deutlich besser: Gebäudekühlung, moderne Möbel und deutlich mehr Komfort – halt auf einer geringeren Fläche. Durch die höhere

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Qualität konnte aber auch die Gewerkschaft überzeugt werden“, so Höflechner. Beton wurde von Glas abgelöst, dunkle Räume durch helle ersetzt, vielfach wurden Wände aufgelöst. Ebenso neu geschaffen wurden eine elektronische Zutrittsteuerung sowie ein barrierefreier Zugang. Mehr Licht in den Arbeitsräumen bedeutet aber auch, dass mehr Leute von den Gängen durch die Glaswände Einblicke erhaschen können. Das behagt, wie schon beim neuen Finanzministerium in Wien-Landstraße, nicht allen Beamten, berichtet Friedrich Sogl vom Finanzamt 2/20/21/22: „Die Glastüren gefallen wegen der Durchsicht nicht allen. Aber generell ist die Zufriedenheit unter den 300 Mitarbeitern sehr groß.“ Etwas s­ chärfer formuliert es Herbert Bayer, der für die Finanz­dienststellen der Region Wien zuständige Personalvertreter. „Die transparenten Glaswände sind leider nicht von bester Qualität“, sagt er. Generell sieht er die Zusammenlegung der beiden Ämter nicht so positiv: „Es gibt in Kagran leider ein Platzproblem. Die Beamten sind überwiegend in Dreier- oder Viererzimmern untergebracht, wo auch viele Telefonate mit Kunden geführt werden – sie aber für ihre komplexe Arbeit mehr Ruhe benötigen würden.“ Auch jene Lösung mit den

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Raucherplätzen in den Sozialräumen habe „nicht funktioniert“, berichtet der Gewerkschaftsvertreter. Bayer kann auch die Mitarbeiterfreude über die Info-Center nicht teilen – diese hätten für einige zu Verschlechterungen bei den Arbeitsbedingungen geführt: „Die Mitarbeiter, die dort arbeiten, sind extrem belastet und großem Stress ausgesetzt. Gerade im ersten Quartal eines Jahres, wenn die meisten Steuererklärungen abgegeben werden, bilden sich immer lange Schlangen. Das ist unvorstellbar!“ Gleichzeitig gesteht er aber ein, dass dadurch andere vom Kundenkontakt zumindest teilweise entlastet würden, weil „der erste Schwung“ eben bei den Info-Centern abgefangen werde. Der große Umsturz in der Finanzverwaltung der Ostregion steht aber erst bevor – als magisches Datum gilt das Jahr 2011. Sobald das kürzlich gestartete Überbauungsprojekt Bahnhof Wien-Mitte vollendet ist, werden sich 2.000 Finanzbeamte auf die Reise machen und ihre Aktenordner einpacken. Denn alle Wiener Finanzämter – ausgenommen ist nur jenes in Kagran – plus jene aus WienUmgebung (Schwechat/Gerasdorf, Klosterneuburg, Purkersdorf) sollen in dem neuen


Manfred Seidl

Das Finanzamt in der Wiener Erdberger Straße ist das große Sorgenkind der BIG. Über 30.000 Quadratmeter werden in diesem Gebäude im Jahr 2011 frei und harren einer guten Idee für eine Verwertung. Bereits jetzt ist ein Team der BIG mit der Evaluierung befasst.

Bürokomplex zusammengefasst werden. Die Idee hinter dem Großprojekt ist, in WienMitte das gesamte Back-Office zu installieren, gleichzeitig aber an den bisherigen Standorten das Front-Office als Anlaufstelle für die Bürger weiter zu betreiben. Die bisherigen Ämter sollen formal als eigenständige Behörde erhalten bleiben. Das Finanzministerium spricht vom neuen Standort ausschließlich in Superlativen – dieser sei „einzigartig, unvergleichbar und unverwechselbar“: Wien-Mitte sei nicht nur zukunftsorientiert gewählt worden, sondern „zugleich die nachhaltig kostengünstigste Unterbringungslösung am Finanzverwaltungsstandort Wien“. Wo sich die künftigen Anlaufstellen in den Bezirken befinden werden, ist noch unklar – kolportiert werden Lösungen in den jeweiligen magistratischen Bezirksämtern. So gibt es derzeit schon im 20. Bezirk eine Anlaufstelle für Bewohner, die nicht nach Kagran fahren wollen. Versprochen wird vom Ministerium jedenfalls, dass das Leistungsspektrum „umfassend angeboten“ werden soll. Doch derzeit sind es weniger die ­künftigen Kun­den, die Kritik an der Neuordnung der ­Finanz üben, sondern vor allem die

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Thema: Kassasturz im Finanzamt

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Das Finanzministerium in der Hinteren Zollamtsstraße, Wien-Landstraße, könnte bald zumindest zum Teil einem privaten Eigentümer gehören.

­ itarbeiter, die ihre angestammten Orte M auf­geben und mit weniger Raumangebot aus­kommen sollen. Personalvertreter Bayer ist höchst skeptisch: „2.000 Beamte auf 35.000 Quadrat­metern – das scheint mir zu wenig Platz zu sein.“ Auch gebe es am geplanten neuen Standort wenige Parkplätze, was insofern ein Problem sei, als Pendler und Außen­dienstmitarbeiter auf das Auto angewiesen sind. Bayer: „Was die Standortwahl betrifft, hat die Personalvertretung kein unmittelbares Mitwirkungsrecht. Wir verlangen aber, dass mitarbeiterfreundliche Arbeits­bedingungen geschaffen werden. Es sind noch viele Fragen offen, über die derzeit verhandelt wird.“ Vor allem ein Vergleich lässt vielen Beamten die Haare zu Berge stehen: In Wien-Mitte sollen es auf 35.000 Quadratmetern 2.000 Beamte sein – während im nahe gelegenen neu gestalteten Finanzministerium in der Hinteren Zollamtsstraße auf derselben Fläche nur etwas mehr als 800 Mitarbeiter tätig sind. Im Finanzministerium legt man freilich Wert auf die Feststellung, dass – abzüglich Garage, Druckerei, Bibliothek usw. – die Nettonutzfläche im neuen Ministeriumsgebäude nur 16.000 Quadratmeter betrage. Dennoch sind Experten sicher, dass den Beamten in Wien-

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Mitte „netto“ deutlich weniger Platz zuteil wird als den Ministeriums­bediensteten. Schließlich stünden den 2.000 Personen der­ zeit auch 90.000 Quadratmeter an Fläche zur Verfügung; künftig seien es weniger als die Hälfte. „Platzängsten“ wollen die Verantwortlichen aber vorbeugen, indem Mitwirkungsmöglichkeiten der einzelnen Ämter an Umzugsplanungen angeboten werden. Natürlich soll mit dem ausgezeichnet erschlossenen Verkehrsknotenpunkt (U4, U3, S-Bahnen) sowie topmoderner Büroausstattung geworben werden – schließlich seien die Altgebäude laut Finanzministerium „stark sanierungs­ bedürftig“. Diese wurden in den vergangenen Jahren von der BIG in Schuss gehalten, die nun auf einen Schlag einen Großmieter verliert und rund 90.000 Quadratmeter Fläche neu anbringen muss. Für die Republik bedeutet dies, dass das Geld aus Mieten und Vermieten auch den innerstaatlichen Kreislauf verlässt, da Wien-Mitte von einem privaten Investor gebaut wird. Über die Miete, die der Staat an die Bank-Austria-Tochter BAI künftig zahlen wird, gibt es nur Spekulationen – kolportiert werden Quadratmeterpreise von bis

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zu 20 Euro pro Monat, was monatlich rund 600.000 Euro wären (bei einem auf 20 Jahre geschlossenen Vertrag). Dies wäre in etwa jene Summe, die derzeit an die BIG bezahlt wird – allerdings für eine ungleich größere Fläche; zudem floss das Geld wieder in die Staatskasse. Michael Zöchling, Geschäftsführer des Wien-Mitte-Maklers BAR, will keine Preise nennen – außer dass er sich für den Bürostandort an sich 19 Euro pro Quadratmeter erwartet, was jedoch nicht für die Finanz gelte: „Das betrifft die Restflächen, die mit den Finanzflächen nichts zu tun haben. Die Finanzämter werden im Flachbau konzentriert, der Turm ist noch für andere Mieter frei“, so Zöchling. „Bei der Finanz gibt es eine ganz andere Preislage.“

Neues Wiesenthal Center Bei der Nachnutzung der Finanzamtsflächen in Wien gibt es bis dato erst eine fixe Entscheidung: In jenem für die Bezirke 8/16/17 in der Josefstädter Straße 39 wird nach einer Einigung in der Bundesregierung das Simon Wiesenthal Center eingerichtet. Mit seinen zwei Innenhöfen inklusive begrüntem Garten ist das 1702 errichtete Palais jedenfalls die Perle unter den derzeitigen Finanzämtern –


und hätte laut Experten sicherlich auf dem freien Markt einen potenten Käufer gefunden. Ungleich schwieriger ist die Situation bei den anderen frei werdenden Objekten: Die Seidengasse 20 bzw. Schottenfeldgasse 34 ­(Finanzamt für die Bezirke 6/7/15) sowie die Ullmannstraße 54 (Bezirke 12/13/14/Purkersdorf) könnten aufgrund der Lage zu Wohnhäusern umfunktioniert werden, erklärt BIG-Prokurist Höflechner. Eine unproblematische Zukunft sehen Immobilienexperten für das Objekt in der Vorderen Zollamtsstraße (Finanzamt für Gebühren/Großbetriebsprüfung), da es über eine große zusammen­ hängende Fläche verfügt und in einer Toplage angesiedelt sei. Schwieriger werde es hingegen für die Erdbergstraße 192–196 (Bezirk 3/11/Schwechat/Gerasdorf), das mit 14.300 Quadratmetern eines der größten

Finanzämter ist. „Durch die große Konkurrenz von Büroimmobilien an dem Standort wird das nicht so leicht“, meint Höflechner. Hinzukommen könnte auch noch der Auszug der Finanzakademie, die ebenfalls in der Erdbergstraße rund 21.000 Quadratmeter Fläche angemietet hat. Laut Höflechner würden derzeit Konzepte erarbeitet – die auch einen Verkauf einzelner Häuser vorsehen könnten. Auf die Frage, wie sinnvoll es war, in die alten Ämter noch moderne Info-Center einzubauen, die ja künftig nicht mehr benötigt werden, antwortet der BIG-Experte diplomatisch: „Bezahlt wurde diese Summe – nämlich drei Millionen Euro – bereits vom Finanzministerium. Wie sinnvoll ein Auszug volkswirtschaftlich gesehen ist, wäre natürlich zu hinterfragen.“ Eine Neuordnung der Finanzämter-Landschaft geht auch in Linz über die Bühne: Dort

übersiedeln die Beamten in den privat finanzierten Terminal-Tower am Hauptbahnhof. Auch diese Entscheidung verteidigt das Finanzministerium mit dem Argument von Kundenvorteilen aufgrund bester Verkehrsanbindung sowie dem modernen Verwaltungs- und Behördenzentrum im Umfeld. Außerdem würden auch in Linz bisher ge­ trennte Behörden – konkret das Finanzamt für Linz sowie jenes für Freistadt/­Rohrbach/ Urfahr – an einem Standort zusammen­ gefasst. Für die BIG heißt es auch hier, sich nach Nachmietern bzw. Neu­nutzun­gen für frei werdende 22.000 Quadratmeter umzu­sehen. Das Brückenkopfgebäude am Haupt­platz könnte von der benachbarten Kunst­universität genutzt werden; für die Kaar­straße 21 wird eine bundesinterne Lösung überlegt. „Die Gespräche laufen sehr gut“, so Höflechner.

Finanzstandorte zur Kündigung avisiert Adresse der Mieteinheit 1030 Wien, Vordere Zollamtsstr. 3 1030 Wien, Radetzkystr. 2

Fläche 9.715 m2 12.600 m2

1030 Wien, Vordere Zollamtsstr. 5

8.318 m2

1030 Wien, Erdbergstr. 182/Obj. 3

953 m2

1030 Wien, Erdbergstr. 186–196/Obj. 1 1050 Wien, Kriehubergasse 24–26

30.997 m2 4.731 m2

1070 Wien, Seidengasse 20

1.772 m2

1070 Wien, Schottenfeldgasse 34

1.732 m2

1080 Wien, Josefstädter Str. 39

4.329 m2

1090 Wien, Nußdorfer Str. 90

8.090 m2

1150 Wien, Ullmannstr. 54

5.666 m2

Das Finanzamt in der Josefstädter Straße soll nach Plänen der Bundesregierung zum neuen Simon Wiesenthal Center umgebaut werden. Für die Bundes­im­mo­biliengesellschaft würde sich dadurch nichts ändern, da das Bundes­ministerium für Finanzen der Mieter bliebe.

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Thema: Kassasturz im Finanzamt

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Thema

Denn sie wissen nicht, was sie (damit) tun … Seit der Schengen-Erweiterung Anfang des Jahres gibt es keine Grenzkontrollen mehr. Durch diese freie Art des Reisens sind viele Kontrollstellen überflüssig geworden. Der betriebswirtschaftliche Schönheitsfehler: Viele Liegenschaften gehören der Bundesimmobiliengesellschaft. Voraussichtlich werden einige auch im Bestand bleiben – aber eher „unvermietet“. Text: Ernst Eichinger

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reiheit“ ist nicht erst seit großen Denkern wie John Locke, Voltaire oder Imma­nuel Kant ein schickes Thema. Nicht immer präsentiert sich das Thema aber richtig greifbar. Abstrakt, teil­weise ab­ge­ hoben sind die virtuellen Freiheits­kon­struk­ te der Philosophen. Spürbar ist die Frei­heit, zu­mindest für österreichische Staats­bürger, an den mittlerweile völlig un­schein­baren Grenzen der Republik. Besonders bei einem Lokal­augen­schein: Steier­mark, Mitte März, (sau-)kalt. Der Himmel grau und bedeckt. Leichtes Nieseln. Kurz: das Wetter zeigt sich nicht gerade von seiner freund­lichen Seite. Feucht glänzt die Straße. Die Bäume tragen noch keine Blätter. Links und rechts der Land­straße liegen breite Felder in der Endphase ihres Winterschlafs. Eine eher trost­lose Gegend – wobei diese sub­jek­tive Ein­schät­zung sicher auch aus der gefühls­ beton­ten Melange von Wetter, Jahres­zeit und einer für Stadt­bewohner ungewohnten Weite des Landes resultiert. Ich fahre durch Mureck. Eine kleine Ortschaft. Alles sehr über­schaubar. Vor mir eine Ab­zwei­gung. Nach links geht es laut Wegweiser Richtung Staatsgrenze. Wohin die Straße geradeaus weiterläuft, weiß nur das Navigationssystem. Ich bewege mich auf eine Brücke zu. Sie führt über den Fluss Mur. Dahinter erhebt sich ein Berg mit einer Festung. Als Ortsunkundiger habe ich keine Ahnung, aber die Vermutung drängt sich auf, es könne sich bereits um die slowenische Seite handeln. Der Verdacht bestätigt sich. Denn nun bin ich an der Brücke an­ge­kommen. Kein Polizist – der Balken gehoben – die Fens­ter des neu wirkenden Grenz­ge­bäu­des sind ver­dunkelt – Passieren also un­ge­hin­dert möglich. Überhaupt: Hier ist nie­mand. Ich könn­te also problemlos auf die andere Seite fahren. Angesichts der Geschich­ te Euro­pas im 20. Jahrhundert schon ein

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span­nen­des Gefühl. Kein schwer Bewaffneter beäugt einen grimmig, als hätte man gerade dem Leben von zehn Jungfamilien ein Ende bereitet. Nie­mand will ein amtliches Doku­ ment sehen. Einfach fahren. In ein Land, das vor noch nicht allzu langer Zeit unter Tito an seinen Grenzen schwer bewacht war. Freiheit wird immer als Kontrapunkt zu Ein­schrän­kung genannt. Vielleicht sind wir, vor allem die Jüngeren, in Österreich zu ver­wöhnt, um Freiheit entsprechend zu wür­di­gen? Ist Ein­schränkung in unserem Sprach­ge­brauch nicht mittlerweile fest mit Kon­sum­welt ver­bunden? Bedeutet Einschrän­ kung wirklich, sich einen Sportwagen nicht leis­ten zu können oder auf einen Urlaub zu ver­zich­ten? Vermutlich muss diese Fragen jeder für sich selbst beantworten.

GREKOS und GÜPS Auf einer übergeordneten Ebene, abseits eher sinnlos anmutender Regulative wie „Breite der Traktorsitze“ oder „Gurkenverordnung“ ist gerade diese „Freiheit“ Basis der Euro­päi­ schen Union. Nicht umsonst fußt ein Großteil der europäischen Gesetzgebung auf den sogenannten „vier Grundfreiheiten“. Eine davon ist der freie Personenverkehr. Dieser grenzenlose Raum ist für Öster­rei­ cher zumindest in Bezug auf alle Nachbar­ staaten kurz vor Weihnachten 2007 Realität ge­wor­den. Seit 20. Dezember 24 Uhr, der Er­wei­te­rung des Schengen-Raumes um neun EU-Mit­glied­staaten, gilt für ins­ge­samt rund 400 Millionen Europäer freie Fahrt. Die nach Osten ver­scho­bene, besonders ge­sicher­te Schengen-Außen­grenze verläuft nun entlang Russland, Weiß­russland, der

Thema: Denn sie wissen nicht, was sie (damit) tun …

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Linz

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St. Pölten

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Salzburg

NIEDERÖSTERREICH

OBERÖSTERREICH

Eisenstadt

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Bregenz

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VORARLBERG TIROL

Innsbruck

BURGENLAND

SALZBURG

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STEIERMARK Graz

KÄRNTEN 16

Klagenfurt

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Grenzübergänge der BIG

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Burgenland 1 Zollamt Bonisdorf, Neuhaus am Klausenbach 2 Zollamt Deutschkreutz 3 Zollamt Heiligenkreuz im Lafnitztal 4 Grenzübergang Kalch 5 Grenzübergang Kittsee 6 Grenzübergang Klingenbach 7 Grenzübergang Mörbisch am See 8 Zollamt Nickelsdorf 9 Grenzübergang Rattersdorf 10 Grenzübergang Schachendorf 11 Grenzübergang Tauka Kärnten 12 Grenzstelle Seebergsattel, Bad Eisenkappel 13 Zollamt Bleiburg/Grablach 14 Grenzstelle Rabenstein-Lavamünd 15 Grenzstelle Bach-Leifling, Neuhaus 16 Grenzstelle Wurzenpass, Riegersdorf 17 Grenzstelle Loiblpass

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Oberösterreich 18 Zollamt Bad Leonfelden/Weigetschlag 19 Grenzstelle Leopoldschlag/Wullowitz

Niederösterreich 20 Zollgebäude Drosendorf 21 Grenzzollamtsgebäude, Abfertigungskiosk Gmünd 22 Grenzzollamts- und Wohngebäude Litschau 23 Zollamt Nagelberg 24 Wohngebäude, Abfertigungskiosk, Garage, Amtsgebäude Waldkirchen/Th. Steiermark 25 Zollamt Mureck/Misselsdorf 26 Zollamt Bad Radkersburg 27 Grenzübergangsstelle Zelting-Cankova, Klöch 28 Zollamt Sicheldorf, Bad Radkersburg 29 Zollamt Spielfeld 30 Zollamt Radlpass, Eibiswald 31 Zollamt Langegg/Leutschach

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Ukraine, Rumänien und Kroatien. Ge­sichert wird die EU-Außengrenze von den balti­schen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie Polen, der Slowakei, Un­garn, Slowenien und Malta. Innerhalb des Schengen-Raumes, dem nunmehr 22 der 27 EU-Staaten sowie die skandinavischen EFTA-Staa­ten Nor­ wegen und Island angehören, gibt es keine Personenkontrollen an den Staats­gren­ zen mehr. Für Österreich gilt das im Jahr 1985 im Luxemburger Weinort Schen­gen unterzeichnete Abkommen seit dem EU-Bei­ tritt 1995. Die Grenzkontrollen zu Öster­reichs damaligen EU-Nachbarländern Deutsch­land und Italien fielen jedoch erst im April 1998. Knapp drei Jahre später, 2001, kaufte die Bundesimmobiliengesellschaft nahezu alle Liegenschaften aus dem Besitz der Republik um 2,4 Milliarden Euro. In diesem Paket be­ fanden sich allerdings nicht nur schmucke Palais, altehrwürdige Universitäten und ar­ chi­tektonisch wertvolle Bürohäuser, son­dern eben auch neben Kirchen, Flak­tür­men oder Stol­len eine ganze Menge an Grenz­kon­troll­ stel­len, kurz GREKOS, oder Grenz­über­wa­ chungs­posten, sogenannte GÜPS.

Geteiltes Leid

­ Die BIG ist dabei nicht allein. Den anderen Teil der grenzwertigen Liegenschaften ver­ wal­tet die Autobahn- und Straßenfinanzie­ rungs­gesellschaft ASFINAG. Die immobilen Kron­juwe­len der Republik haben damit aller­dings beide Unternehmen nicht geerbt. „Bei den Grenzanlagen handelt es sich nicht gerade um Bauten von herausragender archi­­tek­­to­ni­scher Schönheit, die es aus ästheti­schen Gründen zu erhalten gälte. Im Gegen­teil, die meisten sind von einer be­zeich­­nen­den Hässlichkeit, auch wenn

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Thema: Denn sie wissen nicht, was sie (damit) tun …

mit­unter zag­hafte Ansätze zu künstlerischer Ver­­schönerung erkennbar sind. Bezeichnend ist die Häss­lich­keit insofern, als die Gebäude bei all ihrer nüchternen Funktionalität eine re­präsen­­tative Wirkung hatten und haben sollten. Sie waren Symbole für die Staats­ gewalt, die innerhalb der Grenzen herrschte. Es sind keine schönen Gebäude. Eher schei­ nen Eternit, Resopal und Wellpappe eine Ab­­schrec­kungs­­funktion zu erfüllen“, schreibt Christian Jostmann, der sich fotografisch mit den dahin­­vegetierenden Grenzen zwischen Österreich und Deutschland auseinander­ gesetzt hat, in der „Süddeutschen Zeitung“. Diese Meinung teilt der Kärntner BIG-Objekt­ manager Herwig Kircher nicht un­­ein­­ge­­ schränkt: „Das sind sicher nicht un­sere High­lights im Portfolio. Aber wir haben viele Lie­gen­schaften im Bestand, die wirk­ lich gut in Schuss sind. Am Seeberg­sattel in Kärn­ten haben wir sogar ein Mosaik eines be­kann­ten Künst­lers“. Die Häuser seien aufwändig, mit teuren Ma­te­ria­lien er­richtet worden. Sämt­liche Grenz­kon­trollstellen zwischen Kärn­ten und Slowe­nien seien ent­weder general­saniert oder „Neubauten“ aus den 90er-Jahren. „Damals, vor rund zehn Jahren, wusste noch kei­ner, dass die Schen­ gen-­Erwei­te­rung in diesem Tempo vor­an­ geht“, so Kircher prä­ven­tiv, um der Frage nach Geld­verschwen­dung zuvorzu­kommen. Die In­stand­hal­tungs­­ausgaben seien jeden­ falls auf ein Mini­mum reduziert, um keinen „verlorenen Bauauf­wand“ zu produzieren. Derzeit sind die meisten Grenzkontrollstellen noch an das Bundesministerium für Inneres (BMI) vermietet. Ein Ende, spätestens nach der Fußball-Europameisterschaft, ist allerdings absehbar. Die offizielle Sprach­ regelung im BMI: „Die weitere Verwendung dieser Gebäude steht noch nicht fest, sondern

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wird nach der Evaluierung im Herbst ent­­ schie­den“, sagt Michael Girardi, Leiter der Öffent­lich­keitsarbeit im BMI. Theore­tisch be­­stünde eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Danach wird es, ausgehend von einer Vertragsauflösung, für die BIG-Verant­wort­ lichen spannend.

Happy End an der Grenze Die Stimmung bei der von allen betroffenen Objektmanagern gestellten Gretchenfrage eine potenzielle Nachnutzung betreffend offenbart die Härte der Aufgabe. Kleinere Zollstationen stellen nicht das große Problem in der Ver­wertung dar. In vielen Fällen han­ delt es sich um Superädifikate, also Bauten auf fremdem Grund. Daraus ergibt sich der logisch erste Weg zum Eigentümer des Bodens, auf dem sie stehen. „Viele kaufen die Hütten um einen symbolischen Betrag“, so die Er­fah­rung des steirischen Objekt­mana­ gers Wolfgang Sturm. So wurde nach der EU-Erweiterung 2004 bereits ein Schwung an Grenz­ge­bäuden verkauft. Zudem bestätigen ihn die Erfahrungen von der Salzburger und Tiroler Grenze zu Deutschland. Auch dort konnten viele der kleinen Häuser an den Mann gebracht werden. Die Nutzungsarten sind nicht besonders aus­­ ge­­fallen. Einige wurden zu Jausen­sta­­tio­­nen,

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in manchen befindet sich ein Kiosk. Man­ cher­­orts werden darüber hinaus Reisende in Mas­sa­gesalons, zumindest temporär, glücklich gemacht. Ein allgemeiner Trend zur „Verrotlichtung“ an ehemaligen staatli­ chen Berührungspunkten ist aber nicht zu er­kennen. Zudem sind die Kreati­vitäts­po­ten­ ziale nahezu erschöpft. Über­raschun­gen nicht ausgeschlossen. „Wir haben auf der Petzen in Kärnten eine Almhütte des Zolls ver­kauft. Geschätzt war die Liegenschaft auf 6.000 bis 7.000 Euro. Dann haben zwei Bieter lizitiert. Verkauft haben wir sie dann um 150.000 Euro“, erzählt Kircher nicht ohne Stolz. Aus­ nahmen bestätigen allerdings nach einem Sprichwort die Regel. Oft sei man froh, den Preis aus den Gutachten zu bekommen, so Sturm. Neben den ehemaligen Zollhütten haben noch die nicht direkt an der Grenze liegenden GÜPS gute Chancen, erworben zu werden. Zielgruppe Nummer eins: die jeweiligen Gemeinden. Im Regelfall sind die GÜPS ganz normale Bürogebäude, die auch mit vertretbarem Mitteleinsatz zu Wohnungen umfunktioniert werden können. Das echte Problem, vermutlich selbst von den gewieftesten Marketingexperten nicht schön zu reden, sind die großen Grenzübergänge. „In Klingenbach gehören uns Teile des Flug­ dachs und große Bürogebäude mit mehreren

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hundert Quadratmetern. Wenn das BMI dort rausgeht, wissen wir nicht, was wir damit tun. Abgesehen von der Lage, die maximal mit ‚guter Infrastruktur‘ angepriesen werden könnte, gibt es bei uns im Burgenland schlicht keinen Markt für so viel Bürofläche“, klagt Objektmanager Franz Kainz. „In Deutsch­kreuz ist die Situation ähnlich. Dort stehen die Gebäude bereits leer. Wir haben uns wirklich bemüht, aber es ist chancenlos“, so Kainz resignierend. Investiert wird in diese Liegenschaften nichts mehr. „Personen dürfen nicht zu Schaden kommen, und die Fenster dürfen nicht rausfallen“, erläutert Kainz die Instandhaltungsprämissen.

Die Hoffnung stirbt zuletzt Gelegentlich gäbe es aber doch Anfragen. ­ „In Kittsee haben wir Interessenten für einen Wirtschaftspark“, so Kainz hoffnungsvoll. Eine ähnliche Erfahrung hat Wolfgang Sturm aus der Steiermark allerdings schon hinter sich: „In Spielfeld gab es auch diese Pläne. ASFINAG, Land Steiermark und BIG in Koope­ ration: Das braucht Zeit. Das Ergebnis: Auf der einen Seite wird noch verhandelt. Auf der anderen Seite wurde bereits gebaut.“ Die Exitstrategien fehlen. An Abbruch wird aber auch nicht gedacht. Tenor: Das kostet auch sehr viel Geld, da müssen wir vorher wirklich alles probiert haben.


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Highlight

Das Provisorium hat ein Ende Das Francisco Josephinum Wieselburg wurde ausgebaut. Wo bis vor zwei Jahren Sport betrieben wurde, stehen jetzt ein Biomasseheizwerk, ein Lebens­mittel­technik­zentrum, 26 neue Klassenräume und 150 weitere Doppelzimmer für das Internat der HBLFA. Eine neue Sportstätte ist bereits geplant. Text: Mathias Ziegler

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as war mein Büro“, sagt Gerald Kauf­mann und zeigt auf einen Bau­ containerblock, der etwas abseits vom neuen Internatsgebäude der HBLFA Francisco Josephinum in Wieselburg steht. „Da haben wir zwanzig Monate lang im Som­mer geschwitzt und im Winter gefroren“, schmun­zelt der BIG-Projektleiter. Im Nach­ hinein hat er natürlich gut lachen, denn der Zubau von 150 Internatsdoppelzimmern, einem Mikrobiologielabor und einem lebens­mittel­technologischen Zentrum ist eben­so gelungen wie die Errichtung eines Bio­masse­heizwerkes, das nun die Beheizung und Warm­wasserversorgung des gesamten Gebäude­komp­lexes sicherstellt. Somit ist die land­wirt­schaftliche Berufsschule mit derzeit 23 Klassen zumindest wärmetechnisch autark. Dass der Zeitplan eingehalten und

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das 17-Millionen-Euro-Projekt Ende Februar eingeweiht werden konnte, freut auch Direktor Alois Rosenberger. Es war näm­ lich bereits höchste Zeit, die Raumnot am Josephinum zu beenden. Und so geht es in den kommenden Monaten munter weiter. Nach den Neubauten auf dem ehe­maligen Sportplatz – von dem die 400-Meter-Laufbahn verblieben ist – nehmen die Bau­herren als Nächstes das alte Schloss Weinzierl auf dem Areal in Angriff. Dort soll nach der Sa­nierung die Verwaltung ein­zie­hen, die der­zeit ebenfalls in Containern un­ter­ge­ bracht ist. Als Ersatz für den Sport­platz, der den Neu­bauten weichen musste, soll nach Abriss des alten, nicht mehr be­nutzten Inter­ nats­ge­bäudes spätestens im Früh­jahr 2009 ein zweiter Turnsaal errichtet werden.

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Gerald Kaufmann, Projektleiter der BIG in Wieselburg, hat viel Zeit in seinem „Büro“ – dem Container im Hintergrund – verbracht.

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Die Landwirtschaftsschule in Wieselburg hat die unterschiedlichsten Immobilien zu bieten. Neben dem „alten“ Hauptgebäude sind jetzt am ehemaligen Sportplatz das Schülerheim (1), ein Biomasseheizwerk (3) und das lebens­mittel­technologische Zentrum inklusive Mikro­bio­logie­­labor (2) sowie Ge­bäude mit neuen Klassen er­rich­ tet worden. Das Schloss (4) wartet nach wie vor auf seine Sanierung. Die Zeichen stehen aber gut, dass das Projekt in abseh­ barer Zeit in Angriff ge­nommen wird. Danach soll dort die Verwal­­tung des Schul­ stand­ortes unter­ge­bracht werden.

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Im Erweiterungsbau waren expli­zit Farben erwünscht, die den Schul­ all­tag auflockern. Transparenz ist ein Thema, das sich durchzieht. Die Gemeinschaftsküchen bieten viel Platz für soziale Annäherung.

Geschichte des Francisco Josephinums 1869

Gründung des Francisco Josephinums in Mödling als Privatschule

1903

Gründung des Absolventenverbandes

1934

Standortverlegung nach Schloss Weinzierl (Wieselburg)

1956

Gründung der Abteilung Landtechnik (fünfjährige Ausbildung)

1982

Gründung der Abteilung Milchwirtschaft und Technologie tierischer Produkte

1992

Gründung des dreijährigen Aufbaulehrganges (für Absolventen landwirtschaftlicher Fachschulen)

2005

Zusammenführung der Bundesanstalt für Landtechnik, des Lebensmitteltechnologiezentrums und des Francisco Josephi­nums zur „Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft, Landtechnik und Lebensmitteltechnologie Francisco Josephinum Wieselburg“

Alles an einem Standort Für die Schüler ist die wichtigste Verän­de­ rung, dass nun alles an einem Standort zu­ sam­men­geführt werden konnte: Das Lebens­ mittel­tech­nik­zentrum war nämlich vorher ebenso in Wolfpassing untergebracht wie ein Groß­teil der Internatschüler, die nun allesamt in den Zweierzimmern im neuen Trakt wohnen. Insgesamt besuchen das Francisco Josephinum Wieselburg 722 Schüler. Den Löwen­anteil unter den 23 Klassen machen die jeweils vier Parallelklassen im fünfjährigen berufs­bilden­den Oberstufenlehrgang (mit

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15- bis 19-Jährigen in drei Abteilungen) aus; jeweils ein Jahrgang (von 18- bis 20-Jährigen) besucht den dreijährigen Aufbaulehrgang. Von den rund 400 Jugendlichen, die nun am Schul­stand­ort schlafen, teilen sich je zwei ein 20-Quadrat­meter-Zimmer. Je zwei Zimmer haben ein gemeinsames Bad und WC. Bei der offi­ziel­len Eröffnung waren schon fast alle Schlaf­räume belegt – ein Beweis dafür, wie sehr die HBLFA unter Zugzwang stand, die Unterbringung ihrer Schüler zu verbessern. Neben dem Internat wurde auch das Klassen­ raum­angebot enorm erweitert. „Zuerst haben

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wir ein zwei­gescho­ßiges Schul­ge­bäude mit zwanzig Klassen gebaut. Im weiteren Verlauf ist dann der Wunsch nach sechs weiteren Räumen auf­ge­­taucht. Insge­samt haben wir rund 12.000 Quadrat­meter zusätzliche Nutz­ fläche geschaffen“, erzählt BIG-Projekt­leiter Kaufmann. In Summe wurden also 26 neue Klassen­ zimmer er­richtet, die in den Ferien als Semi­ nar­räume genutzt werden können. Auch die Internats­zimmer sollen gemeinsam mit der Groß­küche im Sommer als Hotel für die Teil­ nehmer diverser externer Kurse dienen.

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„Die Schüler haben hier ihren Lebensmittelpunkt“ Direktor Alois Rosenberger im Interview BIG Business: Es gibt insgesamt 26 neue Klassen­zimmer. Was bedeutet das für das Angebot des Francisco Josephinums? Gibt es jetzt auch neue Studien­richtungen? Rosenberger: Das Bildungsangebot ist gleich ge­blieben. Vor allem sind wir aus einem Provisorium ausge­zo­gen und können nun auf ein adäquates Raum­an­gebot zurückgreifen. Vor dem Ausbau muss­ten wir zum Teil in gar nicht dafür konzipierten Räumen unterrichten. Es musste also überhaupt erst einmal der Grundbedarf gedeckt werden. BIG Business: Wie ging es Schülern und Lehrern während der Bauarbeiten? Rosenberger: Die Belastung war eigentlich minimal. Die Bau­ stelle war ja zum Glück von den restlichen Ge­bäuden so räum­ lich getrennt, dass kaum Lärm und Staub herüber­ge­kommen sind. Nur bei der münd­li­chen Matura 2006 gab es eine leichte Lärm­be­ein­träch­tigung. Aber auch das haben wir gut über­ stan­den. Die BIG ist während des ganzen Projekts auf un­sere Bedürfnisse eingegangen – wir konnten uns auch noch in der Endfertigungsphase einbringen. Auch wenn nicht alle unsere Wünsche finanzierbar waren. BIG Business: Wie war die Situation Schülerheim vor dem Aus­ bau des Schülerheims? Gab es auch schon vorher Schlaf­plätze am Schulstandort? Ist das Internat jetzt für die Schüler billiger? Rosenberger: Vorher hatten wir Exposituren in Scheibbs und im Schloss Wolfpassing, wo die Zimmer zum Teil sehr schlecht aus­ge­stattet waren. Hier in Wieselburg gab es vorher etwa 100 Schlaf­plätze, jetzt sind es 400. Was die Kosten betrifft, ist der Inter­natsbeitrag vom Gesetzgeber fixiert – da hat sich also nichts verändert. BIG Business: Wie streng geht es im Internat zu? Rosenberger: Natürlich ist der Tagesablauf geregelt, bei den jüngeren Jahrgängen mehr als bei den älteren. In der Freizeit werden Lernhilfen angeboten. Vor allem soll die Verquickung von Freizeit und Studium den Schülern, die hier ihren momen­ta­ nen Lebensmittelpunkt haben, auch Spaß machen. Was sie hier erleben, ist eine große Gemeinschaft, in der sie sich aneinander reiben können und auch fürs Leben viel mitbe­kommen. BIG Business: Wenn Sie Ihre Schüler im Lauf der Jahre betrachten: Hat sich das Verhalten der Jugendlichen in den letzten 20 Jahren verändert? Sind Komasaufen und Gewalt auch hier in Wieselburg ein Problem? Rosenberger: Ich bin seit 1990 im Erzieherdienst tätig – und ich sehe keine großen Unterschiede zwischen damals und heute. Natürlich werden auch wir nicht vor manchen Aus­wüchsen der Gesellschaft verschont, aber mitunter sprechen mich Matura­vor­ sitzende auf das positive Verhalten unserer Schüler an. BIG Business: Lässt sich das mit dem elitären Status des Francisco Josephinums erklären? Rosenberger: Ich höre den Begriff der Eliteschule nicht gern. Natürlich haben wir ein recht hohes Niveau hier. Aber man muss bei so etwas aufpassen, dass Schüler und Lehrer nicht die Bodenhaftung verlieren. BIG Business: Vielen Dank für das Gespräch.

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Moderne Energietechnologien selbst erleben Landwirtschaftsminister Josef Pröll im Interview Pröll: Zum einen gibt es neben der Photovoltaik ja auch das Biomasseheizwerk. Zum anderen muss man bedenken, dass die Schule zwar im Sommer ge­schlossen ist, das Internat wird aber als Hotel ge­nutzt und ist gut ausgelastet. In Summe rechnet es sich also. Abgesehen davon sollen die Schüler vor allem diese neuen Technologien erleben und viel­leicht auch selbst später auf ihrem Hof einsetzen kön­nen. Diese Anlagen sind sozusagen auch ein Demonstra­tions­objekt. BIG Business: Apropos Schüler: Schon Cicero hat über die Verrohung der Jugend geklagt. Auch heute sind Komatrinken und Gewalttätigkeiten ein großes Thema. Agiert die Jugend tatsächlich anders als früher?

BIG Business: Herr Minister, wie war Ihre Schulzeit aus heutiger Sicht? Pröll: Meine Erinnerungen sind eigentlich typisch öster­reichisch: Natürlich war ich froh, als ich die Ma­ tu­ra in Hollabrunn hinter mir hatte. Aber ich möch­te auch keinen Tag vermissen. Ich denke, insge­samt hatte ich eine tolle Schulzeit. BIG Business: Wir sind hier im Francisco Josephinum Wieselburg, wo beim Ausbau die Architektur eine wichtige Rolle gespielt hat. Macht es tatsächlich Sinn, beim Schul­bau namhafte Architekten einzusetzen? Oder ist eine Schule nicht in Wahrheit nur ein Zweckbau? Pröll: Architektur ist unverzichtbar – auch bei einem Zweck­bau. Das hat gerade das Beispiel Wieselburg sehr schön gezeigt: Die Schüler mussten es während des Umbaus fast zwei Jahre in Zweckbauten aushal­ ten – nämlich in den sterilen, kalten Containern, aus denen das Ausweichquartier bestand. Jetzt, im neuen Haus, haben sie dank der gelungenen Archi­ tek­tur ein Raumklima zum Wohlfühlen. BIG Business: Die Photovoltaik als Vorzeigeprojekt wurde auch hier in Wieselburg eingesetzt. Ist diese Art der Energiegewinnung bei einer Schule wirklich ökonomisch? Schließlich sind ja während der sonnigsten Zeit Ferien …

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Pröll: In meiner Jugendzeit in den 80er-Jahren waren vor allem Drogen und Drogenprävention ein Thema, heute sind es Komasaufen und Gewalt. Die Bilder und Probleme ändern sich zwar, aber jede Gene­ ra­tion steht vor der Frage, wie sie mit ihrer Jugend um­gehen soll. Und man darf nicht ver­allge­meinern. Bei meinen drei Kindern (18, 14 und 7 Jahre alt), von denen zwei eine öffent­liche AHS besuchen, erlebe ich ein sehr posi­ti­ves Schulklima. Natürlich gibt es auch hin und wieder Vorfälle, die eben passieren. Aber die öffent­lich breitgetretenen Extrembeispiele sind sicher nicht die Norm. BIG Business: Muss moderner Schulbau nicht auch ver­änderten Bedürfnissen der Jugendlichen Rechnung tragen? Pröll: Natürlich, und das tut er auch. Nehmen wir nur das Beispiel Wieselburg: Die moderne Infor­mations­ technologie hat enorme Auswirkungen, auch auf den Schulalltag. Zum Beispiel wird hier das, was der Lehrer in der Stunde vorne aufschreibt, digitalisiert und kann am Abend dann von den Schülern abge­ rufen werden. Neben den höheren Ansprüchen an die EDV muss man natürlich auch dafür sorgen, dass die Schüler genügend Bewegungsfreiheit haben. BIG Business: Der Sportplatz wurde aber beim Umbau in Wieselburg eliminiert … Pröll: Ja, weil sonst der Ausbau der Schule nicht mög­ lich gewesen wäre. Aber es laufen bereits Gesprä­che, wo man eine neue Sportstätte errichten kann. Das halte ich auch für sehr wichtig. BIG Business: Vielen Dank für das Gespräch.

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In Wieselburg soll sich auf einer kleinen abgegrenzten Fläche, nach dem Wunsch eines Künstlers, die Natur ihr eigenes Reich schaffen.

Ausdruck der Naturverbundenheit Bis dahin könnte sich auch schon in der Instal­­la­tion des Künstlers Herbert Meus­bur­ger etwas getan haben. Im Pausenhof hat der aus Bizau, Vorarlberg, stammende Bild­hauer nämlich „Zehn Quadrat­meter un­be­rührte Natur“ freigehalten, begrenzt durch eine Steinreling. „Dort darf alles so wachsen, wie es kommt, da wird nichts kultiviert“, erklärt der Künstler. Die Idee dahinter: Man bilde hier nicht nur Landschaftsgestalter aus, son­ dern müsse auch „die Natur vor dem Land­­ wirt schützen“. Insofern sieht Meus­bur­ger seine Installation als eine Art Mani­fest in der Landwirtschaftsschule. Und was pas­siert,

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wenn die zehn Quadrat­meter Erde im Lauf der Zeit zur Müllkippe werden und statt Blu­ men Coladosen dort wachsen? „Das glaube ich eigentlich nicht – wie­­wohl auch das ein Ausdruck unserer Zeit wäre.“ Naturverbundenheit ist übrigens auch vom zuständigen Architekten großgeschrieben worden. Das sieht man dem JosephinumNeu­bau an: Karl Brodl hat sich vom aktuellen Trend zu Holzfassaden leiten lassen und über das Stahl­betonskelett Dreischichtenplatten aus ge­­öltem Lärchenholz gelegt: „Das ist durch seinen hohen Harzanteil extrem witte­­­rungs­­­be­ständig.“ Die Dach­elemente sind ebenso wie die Wände in Holzfertig­teil­ bau­­weise entstanden, und durch die Holz-

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Alu-Fenster blickt man auf Holz­böden in den Klassen­­­zimmern. „Brodl hat eines geschafft“, scherzt Direktor Rosenberger, „was meiner Frau bisher nicht gelungen ist: mich in ein Fliesen­fach­ge­schäft zu schleppen.“ Als Schul­ leiter durfte er nämlich sogar bei diesem Thema mit­reden: „Über­haupt ist die BIG auf sehr viele unserer Wünsche eingegangen.“ Man denke nur an die sechs zusätzlichen Klassen­zimmer. Für Rosenberger bedeuten die Bauarbeiten von April 2006 bis Februar 2008 allerdings nur eine Etappe im ständigen Wandel des Francisco Josephinums: „Eigentlich gibt es hier seit 50 Jahren eine Konstante: Es wird gebaut.“

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Round Table

„Schwer manövrierbare Tanker“ Rektoren werden ihre Ziele vom Eigentümer der Universitäten, der Repub­lik Österreich, vertreten durch den Minister, vorgegeben. Die Durch­setzung der Ziele ist aber nicht immer ganz einfach. Der Frage, welche Rolle Hochschulen in Zukunft spielen und wie privat sie agieren sollen, widmeten sich prominente Vertreter aus Politik, Wirtschaft und univer­sitärem Bereich. Text: Ernst Eichinger

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Johann Marihart Vorstand der Agrana

Ada Pellert Vize-Rektorin der Donau-Universität Krems

Christoph Badelt Rektor der WU Wien

Johannes Hahn Bundesminister für Wissenschaft und Forschung

Christoph Stadlhuber Geschäftsführer der BIG

Gerfried Sperl Moderator

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Wie weit können oder dürfen sich Universi­ täten unternehmerisch bewegen? Badelt: Für mich sind die Universitäten im Allgemeinen Nonprofitunternehmen, also Un­ter­nehmen, die Ziele im Bereich der Bil­ dung, Forschung und des wissen­schaft­lichen Nach­wuchses zu erreichen haben. In kleinen Sub­bereichen können sie auch kom­mer­ziell tätig sein. Ich ver­stehe unter­­nehme­ri­sches Verhalten in erster Linie als eine positive Hal­ tung gegenüber Innovationen, Wett­be­werb und Ergebnis­orien­tierung. Wobei klar ist, dass die Ergeb­nis­­orien­tierung an einer Uni­versi­tät viel kom­plexer ist als beispielsweise in einer Möbel­­fabrik. Das Universitäts­­gesetz 2002 gibt den Universi­täten viel mehr Handlungs­ freiheiten und daher die Möglich­keit, in diesem Sinn unternehme­risch zu agieren. Ihrer Definition gemäß ist es also unerheblich, ob Universitäten ihre Gebäude selbst besitzen oder nur anmieten? Badelt: Es gibt genug Unternehmen, die keine Immobilien besitzen. Natürlich hat ein Unter­ nehmen mit Vermögen mehr Hand­lungs­op­ tio­nen. Überlegen Sie: Theoretisch kann eine Universität Kredite auf­nehmen. Nur: Welche

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Besicherungen wollen Sie einsetzen? Da wä­ ren die Immobilien im Eigentum schon will­ kom­men. Gleich­zeitig sind damit aber auch mehr Sorgen ver­bunden. Ließe mir das Gesetz die Wahl, Eigentum an meinem Haus zu haben, würde ich mir das sehr gut überlegen.

Bei unternehmerischem Denken geht es darum, Probleme zu lösen und die Qualität der Aus­bil­dung zu verbessern. Johann Marihart

Herr Marihart, wie sehen Sie als Vorstand eines großen Unternehmens und als Universitätsrat das Unternehmerische einer Universität, und wie ist Ihre Haltung zur Grund­lagen­wissen­ schaft? Marihart: Wir sind in erster Linie an Ab­sol­ ven­ten interessiert, die wir dringend für unsere Expansion brauchen. Not­wendig ist eine breite For­schungs­basis an den Uni­ ver­sitäten. Je mehr Drittmittel geworben werden, desto eher besteht die Mög­lich­keit, mehr Forscher an Instituten zu halten. Bei

Round Table: „Schwer manövrierbare Tanker“

unter­neh­me­rischem Denken geht es darum, Pro­bleme zu lösen, die Qualität der Aus­bil­ dung zu verbessern oder die Ab­sol­ven­ten­ zahlen zu steigern. Da haben wir ja einen ge­wissen Nach­hol­bedarf. Aber wir haben es an Universitäten mit Indi­vi­dua­lis­ten zu tun, die nicht einfach zu führen sind. Wie meinen Sie das? Marihart: Viele der hoch spezialisierten Professoren sind nicht einfach einer gemeinsamen Idee unterzuordnen. Trotz­dem gibt es Zentral­funktionen mit einer not­wen­digen Ver­waltungs­effi­zienz. Dort kann man sehr viel Geld sparen. Diver­gie­rende Kräfte müssen ein­gefangen werden. Es können nicht jeden Tag neue Ideen geboren oder Marsch­ rich­tungen erfunden werden. Wenn eine Uni Fokus gewinnen will, dann muss sie hier ge­ wisse Be­schränkun­gen vor­neh­men. Uni­versi­ täten nutzen die Bun­des­be­schaffungs­ge­sell­ schaft viel zu wenig. Ein weiteres Thema ist die Nut­zung von For­schungs­ein­richtungen. Jeder will sein eigenes Labor haben. Hier kann man sicher einiges an Effizienz bewirken. Die Donau-Universität Krems ist in einer Sondersituation, bewegt sich außer­halb des

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Kanons der traditionellen Uni­ver­si­täten. Sie finanziert sich etwas anders.

Als Expertin glaube ich daran, dass die Welt mein Wissen braucht. Ada Pellert

Pellert: Krems finanziert sich zu 75 Prozent selbst. Wobei die Immobilie ein Geschenk des Landes war. Nur der laufende Betrieb wird zwischen Bund und Land geteilt. Prinzi­piell ist der Auftrag Weiter­bildung sehr nach­frage­ getrieben. Krems lebt daher von Ko­opera­tio­ nen mit Unternehmen. Dadurch ist der Zu­ gang jedenfalls unter­neh­merisch: Wir waren von Beginn an ge­zwun­gen, Instru­men­te wie strate­gisches Controlling oder Mar­ke­ting ein­zu­setzen, die an den anderen Unis erst in den letzten Jahren stärker ein­ge­führt worden sind. Die Frage ist jetzt: Was unter­scheidet diese Orga­nisation von einem klassi­schen Wirt­schafts­betrieb? Unsere Univer­si­tät ist eine Experten­orga­nisa­tion und wurde von Men­schen aufgebaut, die viele Jahre in ihre Exper­tise investiert haben. Wenn diese In­ves­

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ti­tion bedroht scheint, dann werden sie zu Recht grantig. Das heißt aber auch, dass ich sie nicht so leicht hin und her schieben kann. Es besteht eine sehr lose Kopplung. Ich kann es mir theore­tisch erlauben, ein exzellen­tes In­sti­tut für Chemie zu haben und daneben ein sehr mittel­mäßiges für Geografie. Sie be­hin­dern einan­der nicht. Das wird erst dann ein Problem, wenn man sagt: Verhalte dich als Ge­samt­orga­nisa­tion, werde strategie­ fähig, zeig, wo deine Mission hingeht – das ist aber eine neue Anfor­de­rung, die, so erlebe ich es, überhaupt erst strategie­fähig werden muss. Marihart: Das ist ja der Punkt: Ich kann an der Universität auch nicht einfach sagen: Wenn ein Institut nicht funktioniert, wechsle ich zwei Köpfe aus. Pellert: Schwierig … Expertenorganisationen neigen dazu, angebotsorientiert zu sein. Als Expertin glaube ich daran, dass die Welt mein Wissen braucht. Begriffe wie Kunden oder Ziele sind – so ist mein Gefühl – immer unter Anführungszeichen zu verwenden. Wir müs­ sen zunächst einmal überlegen: Was ist unser Produkt? Auch die Währung ist nicht mone­ tärer Umsatz, sondern gleichsam Reputation.

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Die BIG hat den grundlegenden Zweck, Geld zu verdienen. Theoretisch könnte sie eine Universität auch absiedeln. Das Hauptgebäude der Universität Wien wäre vielleicht eine lukrative Geschichte für ein Riesenhotel, das sich eine sehr reiche Figur aus den Golfstaaten einverleiben könnte … Stadlhuber: Zu allererst: Immobilien als Eigen­­ tum können auch eine Last sein. Sie binden Kapital, schmälern also die Liqui­di­tät. Die Si­tuation, in der wir sind, ist geerbt. Eine Art Zwangs­ehe mit Universitäten oder mit den öffent­lichen Dienst­stellen. Vor acht Jahren hat die BIG die Immo­bilien von der Re­pu­b­lik ge­kauft, und die Republik hat die Ob­jek­te zurück­­­gemietet. Die Minis­terien zahlen bei uns Miete und haben dadurch das Recht, or­dent­­li­chen Raum zur Ver­fügung gestellt zu bekommen. Was ist das für ein Geschäft? Wieso verkauft man etwas, damit man es wieder mietet? Stadlhuber: Das nennt sich „sale and lease back“. Der wesentliche Effekt ist – und der ist eingetreten: wenn Raum Geld kostet, wird er etwas wert. Unser Gesamt­bestand über alle Port­folio­seg­mente bewegt sich bei rund


sieben Millionen Quadrat­metern Nutz­­fläche. Aufgrund der Tat­sache, dass jetzt Miete gezahlt werden muss, wurden bis dato locker 200.000 Quadrat­meter zurück­gegeben … Aber zurück zum Hotel am Ring. Das geht nicht. Allein aufgrund des Mieter­schut­zes. Die Si­tua­tion ist umgekehrt. Die Uni­ver­sität kann inner­halb einer Jahres­frist vom Ring abziehen. Was machen wir dann mit die­sem riesigen Haus? Es klingt immer so ein­fach wie im Mär­chen: Dann kommt der rei­che Onkel aus Russ­land oder ein arabi­scher Scheich. Leider ist das in der Realität großteils nicht so. Wie verhalten sich die Universitäten als Mieter? Stadlhuber: Die Universitäten denken, seit sie in der Autonomie sind, spürbar unter­neh­me­ risch. Das merken wir in zwei Punkten. Wir bekommen von den Uni­ver­si­täten stolze 190 Millionen Euro Miete pro Jahr. Da müssen auch alle dahinter­lie­gen­den Pro­zesse stim­ men. Seit die Universitäten autonom sind, funktioniert bei­spiels­weise das For­de­rungs­ manage­ment deutlich besser als vorher mit dem Minis­terium. Der Grund liegt auch darin, dass die Uni­ver­si­täten analog zu Unter­neh­ men Bilanzen er­stellen müssen. Darin sind For­de­rungen in Form von Mieten ent­halten.

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Die Zahlungs­moral ist mittler­weile die beste unter allen Bun­des­dienst­stellen. Der zweite Punkt ist: Wenn Unter­nehmen sich selbst Ziele geben können, mündet das in eine räum­li­che Mas­ter­planung. Ein gutes Beispiel dafür ist die Wirt­schaft­uni­versität Wien. In­sofern ist das Verhältnis zu den Uni­versi­täten eine Win-WinSituation. Wir ent­lasten die Uni­ver­sitä­ten im Management der Im­mo­bilie. Auf der anderen Seite haben sie durch die Mietzahlungen Rechtsanspruch auf ordentliche Immobilien. Ist das dann die normale Aus­ei­nan­dersetzung zwischen Mietern und Ver­mietern, die ja auch gelegentlich in der Öf­fent­lichkeit über die Medien ausgetragen wird? Stadlhuber: Ich würde es mir jetzt leicht machen, würde ich sagen, es handle sich um ein klassisches Mieter-Vermieter-Verhältnis. Es gilt natürlich Altlasten aufzuarbeiten. Wir ha­ben von der Republik teilweise desolate Ge­bäude über­nommen. Es gibt erheblichen Be­darf, was Sicherheit, Brandschutz, Flucht­ we­ge und Ähnliches betrifft. Das müssen wir lösen. Herr Minister: Es sieht jetzt so aus, als würde man da in Bezug auf das Thema Universitäten

Round Table: „Schwer manövrierbare Tanker“

als Unternehmen nichts mehr ändern müssen, man könnte alles so laufen lassen. Gibt es einen Änderungsbedarf vonseiten des Ministers?

Universitäten sind bis zu einem gewissen Grad schwer manövrier­ bare Tanker, die von ver­schie­denen Ent­wick­lungen über­holt werden. Johannes Hahn

Hahn: Universitäten sind Einrichtungen sui generis. Zu glauben, sie müssten wie profit­orien­tierte Unternehmen geführt werden, ist falsch. Denn sie sind Orte der Frei­heit von Forschung und Lehre und vor allem der Grundlagenforschung. In einem Industrie­unter­nehmen existiert implizit eine starke Ergebnisorientierung. Wenn nicht innerhalb eines Zeitraums Ergeb­nisse sicht­bar sind, wird diskutiert, ob die For­ schung weitergeführt oder eingestellt wird. An der Universität gelten andere Spiel­­ regeln. Was nichts daran ändert, dass wir uns bemühen sollten. Unternehmen heißt,

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etwas unternehmen zu wollen, In­no­va­tion zu fördern, ergebnis­orientiert zu arbeiten und Ent­­schei­dungen herbei­zu­führen. Univer­sitä­ ten stellen keine Enklave mehr dar, in der abge­­schottet vor sich hin geforscht, gelehrt und nach­gedacht wird. Sie sind vielmehr Teil der Gesell­schaft, die auch Anforderungen stellt. Etwa an Lehre und Ausbildung.

Rektor in die paradoxe Situa­tion getrieben, sich manchmal vor einem erfolg­reichen Produkt fürchten zu müssen. Das versuchen Sie einmal einem Unternehmer zu erklären. Ein Beispiel: Wir haben eine wun­der­bare Idee für ein neues Studium – in unserem Fall war das Wirt­schafts­recht – und ich frage mich: Kann ich mir das erlauben? Das Studium könnte so gut angenommen werden, dass ich mir die Finanzierung nicht leisten kann.

Als Rektor muss ich ein Ziel entgegen­nehmen, habe aber inner­halb der Organisation nicht die tradi­­tionellen Mittel der Durchsetzung. Christoph Badelt

Hahn: Auch ein erfolgreiches Wirtschafts­un­ ter­nehmen lebt von Experten. Dort herrscht ja auch kein Diktator. Ein erfolg­reiches Un­ ter­nehmen lebt davon, dass die Mit­­ar­bei­ter hinreichend motiviert sind und von sich aus aktiv werden. Die Heraus­for­de­rung an das Management ist, mit Experten an einem Strang zu ziehen. Des­wegen glaube ich auch, dass sich ein Markt für Universitäts­manager, für Rektoren heraus­bilden wird.

Badelt: Das Unternehmerische im Uni­ver­si­ täts­gesetz 2002 besteht ja unter anderem in Zielvereinbarungen zwischen dem Minis­ te­rium und der staatlichen Universität. Das steht aber in einem Widerspruch zur unter­ nehmerischen Freiheit. Als Rektor muss ich ein Ziel entgegennehmen, habe aber innerhalb der Organisation nicht die tradi­ tionellen Mittel der Durchsetzung. Da kann es ganz schön bröseln. Zudem wird man als

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Herr Stadlhuber: Wenn Ihnen jetzt ein progressiver Unimanager sein Gebäude abkaufen will, was sagen Sie ihm? Stadlhuber: Streng vom Gesetz her dürfen wir nicht direkt verkaufen. Wenn wir ver­kaufen, dann liefe das über öffentliche Aus­schrei­bun­

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gen. Damit wäre also über­haupt nicht sicher, dass die Universität den Zuschlag erhält. Theo­retisch könnte das auch ein russischer Oligarch sein … Abseits allen Konjunktivs: Ist ein Verkauf prinzipiell vorstellbar? Stadlhuber: Wenn der Preis stimmt, werde ich als ordentlicher Kaufmann irgend­ wann Ja sagen müssen. Irgendwo muss das Geld aber auch herkommen, wenn jemand die Uni­ver­sitäten von uns kaufen will. Diese Lie­gen­­­schaften re­präsen­tieren einen ­Ge­­samt­­wert von 2,7 Milliarden Euro. Es gibt andere Möglich­keiten. Mit der Wirtschafts­ uni­­­ver­­sität gehen wir beispielsweise einen voll­kom­­men neuen Weg. Der folgt der Idee, eine neue Universität zu errichten und diese dann die fol­genden Jahrzehnte gemeinsam zu betreiben. Hahn: Es ist ja keine Exklusivität zwischen der Bundesimmobiliengesellschaft und Universitäten gegeben. Die Uni­ver­sitäten können sich jederzeit andere Ge­schäfts­ partner suchen und tun das zum Teil auch. Aber natürlich ist in Gestalt der BIG ein spezialisierter Dienstleister da.


Das neue Universitätsgesetz hat es mit sich gebracht, dass bei Universitäten Unter­ nehmens­­berater und Werbefirmen lukrative Aufträge bekommen haben. Gehört das dazu? Badelt: Ich sehe das undramatisch. Wenn sie sich positionieren wollen, müssen sie auch eine entsprechende Kommunikations­ strategie entwickeln.

Immobilien als Eigentum können auch eine Last sein. Christoph Stadlhuber

Hahn: Uns wird ja ständig vorgeworfen, zu wenige Menschen wären daran interessiert, Wissenschafter zu werden, insbesondere natur­­wissen­schaftlich-technische Fächer zu belegen. Mit einer Kampagne wie der „Langen Nacht der Forschung“ versuchen wir dafür Stimmung zu machen. Dazu brauche ich entsprechende Mittel. Pellert: Vor ein paar Jahren gab es ordent­liche Konflikte zwischen Beratern und Uni­ver­ si­tä­ten. Viele Berater haben sich unter der

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Begründung zurückgezogen, mit be­ra­tungs­ resistenten Einrichtungen nichts mehr zu tun haben zu wollen. Die Uni­versi­täten wie­­de­ r­um vertraten die Meinung, Berater hät­ten keine Ahnung von ihrem Geschäft. Das hat beide Seiten viel Nerven und Geld ge­kostet. Aber langsam entkrampft sich das Verhältnis. Wie sieht das Verhältnis zwischen Studenten und Universität aus? In diesem Be­reich kracht es auch immer wieder. Sind Stu­den­ten Kunden, die es zufriedenzustellen gilt? Badelt: Studierende sind Angehörige der Universität. Aber: Die Universität hat die Verpflichtung, insbesondere hinsichtlich der Lehrorganisation oder Administration, Studierende wie Kunden zu behandeln. Der Student würde massiv reduziert, wenn wir ihn bloß als Kunden sehen. Hinter der immer wieder artikulierten Kundendebatte stehen andere Probleme, wie beispielsweise am Boden eines Hörsaals sitzende Studenten. Wir haben keine Studienplatzfinanzierung, jedoch gleichzeitig freien Hochschulzugang. Dadurch bin ich mit 6.000 Studienanfängern konfrontiert, habe aber nur Kapazitäten für 1.500. Irgendwann einmal hört sich auch die Fähigkeit des besten Managers auf.

Round Table: „Schwer manövrierbare Tanker“

Hahn: Es gilt zwei Dinge aus­einander­zu­ halten. In puncto Lehre muss das Angebot State of the Art sein. Wir sind eine kleine, aber hoch entwickelte Volks­wirt­schaft. Daher müssen wir uns eine maximale Breite der Stu­dien­möglichkeiten leisten. Auf der anderen Seite sind Universitäten bis zu einem gewissen Grad schwer manövrier­bare Tanker, die von ver­schie­denen Ent­wick­lungen über­holt werden können. Veränderungen in diesem Bereich brauchen einfach Zeit. So sollte man in einem modernen Rechts­ staat nicht rück­wirkend in bestehende Ver­träge ein­greifen. Zu­dem müssen wir die Information an höheren Schulen inten­si­ vieren. Mit Sicher­heit wissen die wenigsten, dass es an die 400 verschiedene Studien­ mög­lich­keiten gibt. Damit wäre auch die Verteilung besser. In­fra­struktu­relle und personelle Mög­lich­keiten sollten das ganze Jahr genutzt werden. Ehrlich gesagt ist es paradox, dass dort, wo es Engpässe gibt, gleichzeitig die Infrastruktur einige Monate leer steht. Das ist nicht son­der­lich effizient. Abschließend möchte ich betonen, dass ich bei meiner Ansage bleibe: Der Erst­zugang zu den Universitäten soll frei bleiben. Vielen Dank für das Gespräch.

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Thema

Heiße Luft als Einsparpotenzial Nachhaltigkeit steht mittler­weile für vieles. In der Immobilien­wirt­ schaft bedeutet es kurz gefasst: möglichst hohe Qualität von Ge­bäu­de­­substanz und Tech­nik bei geringem Ener­gie­ver­brauch im Betrieb. Richtig durchgesetzt haben sich diese Maximen in der Bau- und Sanie­rungs­kultur allerdings noch nicht. Text: Mathias Ziegler, Ernst Eichinger

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er heutzutage ein neues Haus baut oder ein altes saniert, kommt um eine Frage nicht mehr herum: Wie und wo ist eine energieeffiziente Vor­ gehens­weise möglich – sprich: was kann ich tun, um den Energieverbrauch (und damit auch die Betriebskosten) zu senken? Das gilt schon lange nicht mehr nur für den priva­­ten Häuslbauer. Das Thema erfasst auch zu­neh­ mend den Bereich gewerb­licher Immo­bilien. Eine Vorreiterrolle auf diesem Gebiet, im Fach­jargon mit dem Begriff Nach­haltig­keit umrissen, will die Bundes­immo­bilien­gesell­ schaft einnehmen. „Unser Portfolio besteht aus rund 3.000 Objekten mit ins­ge­samt rund sieben Millionen Quadrat­metern Nutz­fläche. Natürlich sind wir da besonders am Thema Energie­effizienz interessiert. Das beginnt bei der Konzeption eines Hauses und reicht bis zum Heizen mit alterna­ti­ven Energieträgern“, sagt BIG-Geschäfts­führer Wolfgang Gleissner. Hauptsächlich wird mit System gespart: „Contracting“ lautet das Zauberwort. Da­hin­ ter ver­birgt sich die Auslagerung eigener Auf­­gab­en. Ein plakatives Beispiel: Ein exter­ ner Dienst­leister verpflichtet sich, in den nächsten zehn Jahren in einem Gebäude Ener­­gie einzusparen. Die Kosten müssen, je nach Vertrag, rund 20 Prozent gesenkt wer­ den. Meist passiert das über Investitionen

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Thema: Heiße Luft als Einsparpotenzial

in die Steuerung technischer Anlagen. Die Ein­­­spa­­rungen teilen sich Dienstleister und Nut­zer. Die BIG profitiert nach Ende der Vertragsdauer von neuer Heiz­tech­nik & Co. Unter dem Strich also theo­­re­tisch eine TripleWin-Situation. Neben­bei pro­fi­tiert auch die Um­welt. „Insge­samt werden durch dieses Pro­gramm 16.500 Tonnen weniger CO2 pro Jahr aus­ge­stoßen“, so Projekt­­leiter Manfred Lucker­bauer von der BIG. An­ge­sichts eines öster­reich­weiten Gesamt­aus­­stoßes allein durch Klein­ab­neh­mer (Stich­wort: Hausbrand) von rund 14 Millio­­nen Ton­nen CO2 erscheint diese Größen­­ord­nung eher gering. „Wir müssen uns daran mes­sen, welchen Beitrag wir zur Er­rei­chung des Kyoto-Zieles leisten können. Alles an­dere liegt nur sehr bedingt in unse­rem Ein­fluss­be­reich“, so Luckerbauer. Der Pla­fond ist noch längst nicht erreicht. „Ins­gesamt wollen wir um 46.000 Tonnen CO2 redu­zie­ren“, kün­digt Lucker­bauer an, um gleich zu relati­vieren: „Ob das tat­säch­lich umsetzbar ist, wird man sehen.“ Insgesamt ist die BIG gemeinsam mit der Stadt Berlin der europaweit größte Contrac­t­ ing-Partner. Bisher wurden über 200 Liegen­ schaften (2,2 Millionen Quadratmeter) in das Programm aufgenommen. Die meisten davon sind in einzelnen „Pools“ zusammengefasste Schulen. Einer der größten Contractors, also

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Trotz steigender Ölpreise sind fossile Brennstoffe scheinbar nach wie vor zu billig. Alternative Energie setzt sich nur sehr bedingt durch. Auch die CO2-Debatte wird auf einer Ebene der anderen Art geführt. Die BIG versucht durch ihr Contracting-Programm Energie zu sparen. Das Ergebnis: rund 17.000 Tonnen weniger pro Jahr. Das temporär eingeführte Licht am Tag dagegen hat Schätzungen zufolge einen Mehrausstoß von rund 200.000 bis 300.000 Tonnen CO2 verursacht.

Auf­trag­neh­mer, ist die Firma Siemens. „Wir haben bis­her rund sechs Millionen Euro in tech­nische Anlagen investiert. Aber ein gro­ßer Brocken Einsparungspotenzial liegt auch im Verhalten des Nutzers“, so Oskar Böck, Leiter der Abteilung Energy and Environ­mental Solutions bei Siemens. Dabei ist Krea­ti­vität ge­fragt. So würden Schulungen ver­an­stal­tet, wie man richtig lüftet oder heizt. Zudem gebe es die eigens entwickelte Inter­net­platt­ form www.enoa.at, auf der Schüler ihre Ideen präsentieren können, wie am besten ein­ge­ spart werden könnte.

Wegweisende Programmlinie Die Programmlinie „Haus der Zukunft“ baut auf den beiden wichtigsten Ent­wick­lun­gen im Bereich des solaren und ener­gie­effi­zien­ten Bauens auf: der solaren Niedrig­ener­gie­bau­ weise und der Passivhaus­bau­weise. Für die Programmlinie „Haus der Zukunft“ sollen diese „energiezentrierten“ Innovationen um ökologische, ökonomische und soziale An­for­ derungen erweitert werden. Generell heißt es bei der Nachhaltigkeit: „under construction“. „Da stehen wir noch ziemlich am Anfang“, so Wolfgang Gleiss­ ner, „sind aber gleichzeitig vielen Bau­­her­ren schon um Längen voraus. Das be­weist, dass insgesamt das Bewusstsein für das The­ma noch ein wenig fehlt.“ Ein Pilot­pro­jekt der BIG ist das „Haus der Forschung“ (1090 Wien, Sensengasse 1), das im Septem­ber 2006 – nach nur zweieinhalb Jahren Pla­nungs- und Bau­zeit – eröffnet wurde. 13,5 Mil­lio­nen Euro hat das Bauwerk (7.500 Quad­rat­meter Nutz­fläche), das als Haupt­quar­tier der öster­ reichi­schen For­schungs­för­de­rung konzipiert ist, ge­kostet. „Das ist eine aus­ge­zeich­nete Bi­ lanz“, meint der Archi­tekt Christian Mascha. Ent­ge­gen seinem Namen ist es aller­dings kein For­schungs­haus, son­dern ein Büro- und Kon­fe­renz­gebäude. Echte For­schungs­arbeit leistet nur ein Mieter des Hau­ses: das Institut für Tech­no­logie- und Re­gio­nal­politik der stei­ ri­schen For­schungs­ge­sell­schaft Joanneum Research mit 17 Mitar­bei­tern. Wesentlich war, dass der „Wille zur Form“, wie es Mascha formuliert, zur Geltung kam: Die Vor­stellungen des Architekten wurden mit den Anforderungen der Energieeffizienz ab­ge­glichen. „Eine durchgehende Glasfassade kam nicht in Frage“, so Mascha, der bei der Frage der Wärmedämmung zunächst bei einer Lochfassadenform (Massivwand mit klar ab­ge­grenzten Fenster- und Tür­öff­nun­

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gen) landete, sich aber letztlich für eine Band­ fassade aus aneinandergereihten Fenster­ ele­men­ten entschied. Außerdem wurden die Gebäudeecken nicht kantig gestaltet, sondern rund. „Das braucht nicht nur um ein Zehntel weniger Raum, sondern reduziert gleichzeitig die Oberfläche“, erklärt Mascha. Somit fließt die Fassade richtiggehend um das Bauwerk. Wichtig war dem Architekten auch eine ent­sprechende Belüftung – und damit eine an­ge­nehmeres Raumklima. „Wenn das Raum­ klima 22 Grad übersteigt, gibt es nach­weis­ bare Produktivitätseinbußen von bis zu 30 Prozent – und abgesehen davon war für uns ent­scheidend, dass sich die Menschen in den Büros wohlfühlen.“ Wie notwendig ein gutes Raumklima ist, unterstrich Günter Lang, Geschäftsführer der IG Passivhaus, im Rahmen einer Po­diums­ dis­kussion mit einem drastischen Ver­gleich: „Die Schadstoffbelastung in einem geschlos­ se­nen Raum mit vielen Menschen ist nach kurzer Zeit höher als neben einer stark be­fah­re­nen Straße.“ Hier setzt das Konzept des Passiv­hauses an, „bei dem Sie direkt an der Glasscheibe lehnen können und nicht einmal merken, dass es draußen minus zehn Grad hat“. Hingegen sei die Luftqualität in herkömmlichen Schulräumen etwa selbst bei offenen Fenstern in der Pause schon zwanzig Minuten später wieder so schlecht, „dass es kein Wunder ist, dass unsere Schüler bei Pisa nicht gut abgeschnitten haben: in einem Passivhaus würden sie Pisa II sicher schaffen“.

Nonkonformistische Bauten Gelernt hat in den vergangenen acht Jahren auch Theodor Zillner vom Bundes­minis­te­ rium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT): etwa dass Architektur und Energie­ effizienz nicht immer Hand in Hand gehen müssen. So wäre das Versuchsobjekt Passiv­ haus-Kindergarten Ziersdorf beinahe ge­schei­ tert, „weil sich die Architekten einen Holzofen eingebildet haben, als Erlebnis für die Kinder. Die Betreuerinnen mussten dafür aber eine Stunde früher kommen, um vorzuheizen, und eine Stunde länger bleiben, um die Asche zu ent­fernen.“ Die Folge war ein handfester Streit, der erst durch eine intensive Schu­lung über effizientes Heizen beigelegt wer­den konnte. „Immerhin“, meint Zillner, „funk­tio­ niert es jetzt.“ Aber es gebe noch immer Ver­ bes­se­rungsbedarf: „Wir hatten eine Sitzung im Mai, bei der laut Anzeige gleichzeitig ge­heizt und gekühlt wurde.“


Derartige Rückschläge bestärken DI Zillner aber nur darin, den eingeschlagenen Weg weiter­zu­ver­fol­gen: „Bei diesem Thema gibt es noch viel For­schungs­bedarf.“ Vor allem des­ halb, weil Ge­bäude am welt­weiten Ge­samt­­ energie­ver­brauch einen An­teil von 50 Prozent haben, ergänzt Brian Cody vom In­stitut für Gebäude und Energie der TU Graz. Man dürfe nicht den Fehler ma­chen und einige grund­legende Faktoren außer Acht lassen, warnt Cody: „Wenn wir von Ener­gie­ ver­brauch reden, meinen wir meis­tens den Heiz­auf­wand – dabei sind heute Küh­lung und Be­leuchtung fast wesent­li­cher.“ Häu­fig passiere es auch, dass zwar der Ver­brauch bei Be­trieb, aber nicht die Her­stel­lungs­ener­gie des ener­gie­sparen­den Gebäu­des be­rech­net werde. „Unter diesen Prä­mis­sen zeigt sich leider, dass man­che Ener­gie­spar­kon­zepte gar nichts bringen“, stellt Cody fest. Bei­spiels­ weise sei mitunter die klas­si­sche Fens­ter­ lüf­tung eben doch effi­zien­ter als ein me­cha­ ni­sches Lüf­tungs­system. In der Praxis gebe

Derzeit „klebt“ nur ein kleines Stück der neuen Fassade am Bundes­rechen­zentrum. Ab Herbst soll die neue „Haut“ des Amts­gebäudes flächen­deckend aufgebracht werden.

Musterprojekte wie der Passivhauskindergarten in Ziersdorf sind immer noch Mangelware. Zumal sich auch die eine oder andere Herausforderung stellt, bevor der Betreib reibungslos läuft.

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Derzeit wird der Rechnungshof in Wien-Landstraße saniert. Hier herrscht, trotz Kritik von den Grünen, eine klare Priorität. In erster Linie werden Maßnahmen mit geringem Kapitaleinsatz bei gleichzeitig großer Wirkung durchgeführt. Die Fassade ist intakt. Daher sind bauliche Eingriffe wirtschaftlich nicht vertretbar.

es beim energie­sparen­den Bauen jeden­falls noch enor­men Nach­hol­be­darf, meint auch Cody. Derzeit bedeute es näm­lich noch zu oft „einen Verlust bei der Bau­quali­tät“. Und man müsse sich von man­chen neuen Kon­zepten auch wieder recht­zei­tig ver­ab­schieden. Als kon­kre­tes Bei­spiel führt er die mittler­weile weit ver­brei­tete Dop­pel­fassade an: „Ganz­ heit­lich betrachtet ist es erst nach etwa 25 Jahren so weit, dass die be­nö­tig­te Her­stel­ lungs­ener­gie wieder ein­ge­spart ist – nur ist zu diesem Zeit­punkt die Fas­sade meis­tens schon wieder erneue­rungs­be­dürf­tig.“

Schwierige Überzeugungsarbeit Die einfache Rechnung ist oft auch ein Hemm­schuh für energiesparende Sanie­ rungen. Günter Sokol, Leiter der Ab­teilung Planen & Bauen in der BIG, kann davon ein Lied singen: „Die meisten Kunden denken in Fünf-Jahresschritten, aber unsere Amor­ti­ sa­tions­zeiten sind meistens deutlich zwei­ stellig. Mit einem Angebot über 15 Jahre braucht man niemandem zu kommen. Wenn wir dann einmal beispielsweise nur acht Jahre für die Amortisierung ver­spre­chen,

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glaubt uns das dann wieder keiner.“ Die größte Herausforderung besteht also darin, die Nutzer zu überzeugen. In der Praxis tritt die BIG aktiv an Mieter mit dem Angebot heran, thermisch zu sanieren. Die Antwort, so die Erfahrung Sokols, sei in den meisten Fällen ähnlich: „Prinzipiell interessant, aber nur im Zuge umfangreicher Maßnahmen.“ Der alleinige Wunsch nach Verbesserung der Energiebilanz ist äußerst selten. Das bestätigt auch BIG-Projektmanager Manfred Lucker­ bauer – und führt als Beispiel die Schweiz an: „Dort hat man gesehen, dass Freiwillig­keit limitiert ist. Jetzt führt man entsprechende Gesetze ein.“ „Ohne einen Schulterschluss mit dem Kunden geht es nicht“, weiß Sokol. Dazu braucht es starke Ar­gumente. Ein solches liefert eine Techno­lo­gie, die derzeit noch in den Kinder­ schuhen steckt: Fernkälte, die vom Prinzip her genauso verteilt wird wie Fern­wärme. „Wir ersparen uns damit bei Raum- und EDV-Kühlung Apparaturen und Wartungs­ auf­wand.“ Derzeit gibt es zwar erst ein paar Pilot­projek­te, in Zukunft könnte die Fernkälte aber zu einer durchaus konkurrenzfähigen Techno­lo­gie werden.

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Auch die Förderungssituation hat sich mittler­weile verbessert. „Wir bekommen jetzt auch vermehrt Geld für einzelne Spezial­ projekte“, erzählt Sokol. Die Höhe des Betrags ist auch vom jeweiligen PR-Wert des Projekts abhängig: „Wenn sich etwas gut vermarkten lässt, ist es natürlich wertvoller. Ich hoffe nur, dass der Geldhahn nicht bald wieder zu­ge­ dreht wird.“ Jedenfalls aber sind die nächsten Vorzeigeprojekte bereits in Bau oder in Planung. So soll im Zug der General­sa­­nie­rung der Höheren Bundes­lehr- und For­­schungs­ anstalt Francisco Josephinum Wiesel­burg (NÖ) eine „Photovol­taik­anlage von 400 Qua­drat­metern Gesamt­fläche mit ver­schie­ denen Mo­dularten, Himmels­rich­tungen und Neigungs­winkeln“ betrie­ben werden. Bei der Uni­versität Nonntal in Salzburg wiederum er­folgt nach Fertig­stellung die Behei­zung durch 65 Erdsonden mit einer Gesamt­länge von 11.000 Metern. Lediglich für Spitzen­las­ ten und Hoch­tempera­tur­verbraucher wird noch ein Fern­wärme­anschluss benötigt. „Das Wichtigste ist, jedes dieser Projekte genauestens zu verfolgen und Schlüsse aus den gewonnenen Daten für die Zukunft zu ziehen“, so Wolfgang Gleissner.


Metallbau heute: Visionen werden Wirklichkeit Metallbau und Architektur sind heute untrennbar miteinander verbunden. Lichtdurchflutete Aluminium-Glas-Fassaden sind zu einem fixen Bestandteil der modernen Architektur geworden. Der Metallbau trägt wesentlich zu Erscheinungsbild, Funktion, Raumklima und Kosteneffizienz eines Gebäudes bei. Mit Metallbautechnik kann die Vision „Architektur ohne Grenzen“ Wirklichkeit werden.

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Der Metallbauer muss für die Planung einer Gebäudehülle über ein umfangreiches Fachwissen verfügen.

Umfassendes Know-how in jeder Fassade

Fertigung und Montage nach Qualitätsrichtlinien Die hochqualitative Fertigung der Elemente im modernen Metallbaubetrieb erfolgt größtenteils maschinell und unter Berücksichtigung der Verarbeitungs- und Montagerichtlinien der Systemanbieter. Gut geschultes Personal sorgt für die rationelle und sichere Umsetzung der Produktionsvorgaben. Um dem Stand der Technik bei Fenstern und Fassaden zu entsprechen, müssen darüber hinaus die „Richtlinien Metallbautechnik“ eingehalten werden. Diese unterstützen Architekten und Bauherren bei der Erstellung von Ausschreibungen und Leistungsverzeichnissen. Ihre Einhaltung stellt ein wesentliches Qualitätsmerkmal dar.

Metallbau – wichtige Schnittstelle am Bau

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Promotion

ALU-FENSTER – Zeichen für erstklassige Qualität Das ALU-FENSTER-Zeichen symbolisiert das Zusammenspiel von Metallbautechnik und Aluminium-Profilsystemen. Es ist die Gemeinschaftsmarke von Metallbaubetrieben, Systemanbietern und Oberflächenveredlern in Österreich. Das Zeichen repräsentiert hochwertigen Metallbau bei Fenstern, Wintergärten, Türen, Toren, Portalen und Fassaden. Damit steht es für planerisch, technisch, ökonomisch und ökologisch einwandfreie Leistungen und geprüfte Qualität.

Metallbauer haben das ursprüngliche Berufsbild des Schlossers längst hinter sich gelassen. Sie sind zunehmend planende Techniker mit einem umfangreichen Fachwissen. In ihrer Kompetenz liegt – neben Präzisionsplanung, Fertigung, Montage und Wartung – die Abstimmung mit allen Schlüsselgewerken am Bau. Der Metallbauer muss somit hohen logistischen Ansprü-

Damit eine Fassade – ob für einen Bürotower oder ein Einfamilienhaus – nach den kreativen Vorstellungen des Architekten und den Wünschen des Bauherrn realisiert werden kann, ist das Wissen und Können des Metallbauers gefragt. Er ist in der Lage, die Planung der Gebäudehülle zu übernehmen und dabei seine Kenntnisse über Bauordnungen, Normen und Richtlinien sowie Bauphysik und Statik einfließen zu lassen. Fassaden, die heute errichtet werden, müssen auch den Anforderungen der Zukunft gerecht werden, um Wertbeständigkeit und Nachhaltigkeit sicherzustellen. Der Metallbauer weiß die Anforderungen an die Konstruktion optimal umzusetzen. Wärmeund Schallschutz werden von ihm ebenso in der Planung berücksichtigt wie Sicherheitsaspekte. Das Angebotsspektrum reicht von PfostenRiegel- über Vorhangfassaden bis zu energiegewinnenden und vorgefertigten Elementfassaden.

chen gerecht werden; mit seiner professionellen Auftragsabwicklung trägt er wesentlich zu Kosten- und Zeiteinsparungen bei. Dies führt zu Vorteilen für Bauherren und Metallbauer. Der Metallbau ist daher in der obersten Planungsebene der Projektabwicklung anzusiedeln.

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Als wichtige Schnittstelle am Bau muss der Metallbauer hohen logistischen Ansprüchen gerecht werden.

Visionen mit starken Partnern verwirklichen

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Im modernen Metallbaubetrieb erfolgt die Fertigung größtenteils maschinell und unter Berücksichtigung der Verarbeitungs- und Montagerichtlinien der Systemanbieter.

Mit diesen hervorragenden Leistungen von Metallbaubetrieben kann offene, lichtdurchflutete Architektur verwirklicht werden. Durch umfassendes Fachwissen und handwerkliches Können – von der Planung bis zur Wartung – sind Metallbauer starke Partner für Bauherren, die attraktive und effiziente Lösungen wünschen, und für Architekten, die ihrer Kreativität keine Grenzen setzen.

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Thema

Legoland in Donau­stadt Wo früher Peripherie war, soll eine neue Mitte aus dem Baukasten entstehen: Derzeit toben sich am Flugfeld Aspern die Stadtplaner und Marketingspezialisten aus, um der „Gstättn“ ein hübsches Gesicht zu verleihen, in das sich möglichst viele Investoren verlieben. Text: Norbert Phillip

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b Tourist oder Geschäftsmann – in einer neuen Stadt, so auch in Wien, stellt fast jeder die Frage: „Wie komme ich ins Zentrum?“ Zum Glück gibt es zahlreiche Schilder und Pfeile. Und fast ebenso viele nette Wiener, die einem gern die – höchstens mit einem kleinen Umweg verbundene – Rich­tung weisen. Doch in ein paar Jahren schon könnte das schwieriger sein. Und der Fragende mit einer Gegenfrage konfrontiert werden. Wie etwa: „In welches Zentrum wollen Sie denn?“

Interessierte können sich an einem eigens dafür eingerichteten Infopoint einen Überblick verschaffen. So futuristisch wie die neuesten Visualisierungen (Bild oben und rechts unten) wird die Realität vermutlich nicht.

Bei einer zukünftigen Alternative zum his­ to­ri­schen Kern würde man heute noch kein Zentrum vermuten: Im nordöstlichen Winkel der Wiener Peripherie, wo heute Gras und Büsche wuchern, soll ein neuer Stadtteil gepflanzt werden. Die Idee keimte schon lange: Dort, auf dem ehemaligen Flugfeld Aspern, sagt heute eine schlichte Infotafel ganz un­prä­­ten­tiös eine blühende Zukunft voraus. Der­zeit befindet sich das Gelände im Eigentum des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds (WWFF) und der Bundesimmobiliengesellschaft, die gleichzeitig Eigentümer der Ent­wick­lungsgesellschaft „wien 3420 aspern development AG“ sind. Der erste Schritt ist schon längst getan. Im Stadtentwicklungskonzept „STEP 05“ wurde noch einmal klargestellt, wohin: über die Donaubrücken Richtung Norden (ein bisher vor allem als Wohngegend genutzter Teil der Stadt).

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Die Wiese am Flugfeld ist derzeit noch ganz leer. Voll hingegen sind die Tische der Entwickler und Stadtplaner. Masterplan, Brandanalyse, Marketingkonzepte, Verkehrsstrategien stapeln sich dort. Kein Wunder: 240 Hektar Spielwiese stehen bereit, beackert zu werden. 20.000 Jobs sollen sich hier ins­ gesamt ansiedeln, 20.000 Menschen den Stadtteil bewohnen und beleben.

Größe beweisen „Die Größe“, sagt Christof Schremmer, Obmann des Österreichischen Instituts für Raumplanung, sei das „besondere Charakteristikum des Projekts“. Natürlich würden Raumplaner und Stadtvisionäre das Terrain am liebsten mit allem bespielen, was urbane Zukunftsvisionen hergeben: mit Gebäuden, die kaum Energie verbrauchen, Straßen ohne Staus, öffentlichem Raum, den alle harmonisch nutzen, neuen Wohn- und Büroformen, in denen sich alle wohlfühlen. Die Realität wird vermutlich ein wenig bescheidener ausfallen. Bislang kannte die Entwicklungsdynamik von Wien hauptsächlich eine Richtung: ­Süden. Dorthin wuchs der Speckgürtel der Stadt. Doch dort wird es inzwischen auch eng, die Angebote an Flächen und Liegenschaften sind rar und daher dementsprechend teuer. Die logische Folge war der Trend in die Gegenrichtung.


Gute Seite, schlechte Seite – das ist schwer aus den Köpfen zu bekommen. Leichter war es da mit einer anderen Dichotomie: Zentrum – Peripherie, das traditionelle Stadtmodell hat bald ausgedient. Ein Perspek­tiven­ wechsel – der sich auch in der Fachliteratur abzeichnet. Das Zentrum, die Kernstadt, hat längst vieles abgeben müssen – den Handel und andere Funktionen. „Die Veränderung der Wahrnehmung ist wichtig. Man darf die Aufmerksamkeit nicht nur auf die Kernstadt konzentrieren, sondern muss sie auch auf die Peripherie lenken“, forderte die Architektin Christa Kamleithner in ihrem Vortrag „Wien dezentralisieren“.

Punktlandung Am Flugfeld Aspern sind schon früher viele gelandet: Doppeldecker, Sportflugzeuge, Zeppeline, Militärmaschinen der Deutschen und der Russen. Einer der größten Flugplätze Europas war das Gebiet einst. Nach dem Krieg heulten noch eine Zeitlang die Motoren, zuletzt bei den Autorennen in den 70er-Jahren. Dann ist es still geworden. Doch mit Motoren ist Aspern noch immer verbunden. Hier steht seit den 80er-Jahren eine Produktionsstätte von General Motors. Doch sonst? „Gstättn“ würden es die Wiener nennen. Dennoch: Das Naherholungsgebiet Lobau liegt in direkter Nachbarschaft. Der „Regionenring“ der Autobahnen streift das Areal. Die U-Bahn fährt, geht es nach Plan, in einigen Jahren nicht nur hin, sondern auch direkt hinein. Und: Man steht in der Mitte. 22 Minuten ins Zentrum von Wien. Und 28 Minuten Richtung Osten in die City von ­Bratislava – U-Bahn v ­ orausgesetzt.

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Für den Masterplan des Areals griff das schwe­di­sche Planungsbüro rund um den Archi­tekten Johannes Tovatt in den modernen „Stadtbaukasten“: ein Puzzle aus urbanen Teilen, das sich um einen zentralen See anordnet. Drumherum gibt es reichlich Grünund Erholungsflächen. Die Straßen laufen radial auseinander, und umklammert werden sie von einer Ringstraße. Und dazwischen großzügiger öffentlicher Raum mit einem Anteil „von 50 Prozent“. Doch so leicht lässt sich kein Stadtteil her­ bei­­zaubern. Es gibt Dutzende Details, die bedacht werden müssen: Wo sollen sich die Menschen aufhalten, worauf sollen sie sitzen? Wo und wie sollen sie miteinander kommunizieren? Wo sich erholen? Und wo einkaufen? Zumindest diese Frage ist beantwortet: „Wir wollen die Leute hinaus in den öffentlichen Raum holen“ sagt Claudia Nutz, Vorstand der Asperner Entwicklungsgesellschaft. Damit werde es kein Einkaufszentrum geben, so wie in den vergangenen Jahren modern, sondern eine Einkaufsstraße. Platz genug wird jedenfalls sein. Außerdem seien ein Wissenschafts- und ein Bildungsquartier geplant. Die Wirtschafts­ universität und die Tech­nische Uni­versität – das waren die Wunsch­kandidaten für einen groß­flächigen Forschungscampus. Nur: Beide woll­ten nicht. Auch deshalb, weil „die Stadt Wien schon einmal dieses und jenes versprochen hat, ohne es zu halten“, wie Christof Schremmer vermutet. Eine Frage des Ver­ trauens also. Das weiß auch Claudia Nutz: „Für das Vertrauen der Investoren muss es klare Zeichen geben“, sagt sie. Derzeit werde über einen Wirtschaftsforschungs- und

Thema: Legoland in Donaustadt

Entwicklungspark verhandelt, der einzelne Institute in Aspern ansiedeln soll. „Diese Leitinvestitionen sind besonders wichtig“, erklärt Schremmer. Nicht zuletzt um die Auf­ merksamkeit der Menschen und Investoren auf Aspern zu lenken. Doch bevor alles in einem Musterprojekt enden kann, muss es erst einmal richtig beginnen. Die Umwelt­ verträglichkeitsprüfung läuft.

Der Stadtteil als Marke „Wir gestalten einen offenen Planungs­pro­ zess“, sagt Rainer Holzer, Vorstand der wien 3420 aspern development AG, „um vielerlei In­teres­sen­gruppen mit einzubeziehen und zu integrieren: Städtebauer, Architekten, Künst­ ler, Agenturen, Wissenschafter.“ Zur Ver­marktung brauchen die 240 Hektar ein Profil, das nicht nur aus einer Silhouette aus Büschen, Zweigen und Gräsern besteht. Zu diesem Zweck hat die Wiener BrandingAgentur Buero 16 verschiedene Markenprototypen ausgearbeitet. Drei sind in der engeren Aus­wahl. „Die Öffnung der Entwicklungs­achse in Richtung CEE-Länder wird bei der Mar­­ken­ positio­nierung eine Rolle spielen“, so Rainer Holzer. Eine der „künstlichen“ Iden­­ti­täten, die für Aspern in Frage kommt: der Schmelz­ tiegel. Oder auf Neudeutsch: „Cosmo­polis“ – das wäre der Deckname für einen Stadtteil, der so international ist wie Wien zur ersten Grün­der­zeit Ende des 19. Jahr­hunderts. Ein anderes Profil klingt nach dem, was man sich von der Zukunft erhofft: „Work-Life-Balance“ oder „Balance your life“. Ob sich künftige „Leit­investoren“ davon beeindrucken lassen, wird die Zukunft zeigen.

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Portrait

Die im Schatten sieht man nicht Völlig dezent im Hintergrund sorgt an der Technischen Universität Wien jeden Tag eine über vierzig Mann starke Truppe für den reibungslosen Betrieb. Dabei sind neben handwerklichem Geschick vor allem Kreativität, Schnelligkeit und eine hohe Problemlösungskompetenz gefragt. Clemens Rosenkranz hat den Facility-Services-Mitarbeitern der BIG einen Tag über die Schulter geschaut.

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Uhr an einem schönen Morgen im April: Während vor und in den Gängen des Freihauses der Technischen Universität Wien (des Gebäudes mit der großen sandsteingelben Eule am Karlsplatz) noch gähnende Leere herrscht, läuft im ersten Stock des grünen Gebäudeturms in der großzügig bemessenen Küche die Espresso­ maschine schon auf Hochtouren. Rund um den ovalen Tisch sitzt eine Handvoll Männer und tratscht aufgeweckt: Denn beim Facility­Services-Team der BIG ist nach einer ruhigen Nacht ohne gröbere Störungen gerade Dienstübergabe. Ruhig heißt für die Techniker und Handwerker der Nachtschicht aber nicht, dass sie es sich auf einem Diwan hätten bequem machen können. Erstens gibt es den in der Abteilung gar nicht, und zweitens finden gerade in der Nacht jene Wartungsarbeiten an Anlagen und Systemen statt, die man während des Studienbetriebs tagsüber nicht durchführen kann. Keine akute Störung, das ist schon was, meinen die Männer an der TU fürs Grobe, aber auch Feine: Schließlich hat es geregnet, und mehrere Tage Regen können durchaus Schäden am Dach zu Tage fördern. Die wiederum müssen sofort behoben werden, um Computerschäden oder gar Kurzschlüssen vorzubeugen. Weil das Freihaus voll elektronisch läuft, klimatisiert ist und alle tech­ nischen Systeme über PC gesteuert werden müssen, ist der Bereich Strom­versorgung ein Kernelement der Wartungs- und Repara­tur­ arbeiten, der keinen Aufschub duldet. „Denn ohne Strom können wir alle nach Hause gehen“, sind sich alle einig. Besonders un­beliebt sind

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Durch die Nähe zum Karlsplatz sind die Mitarbeiter auch mit Herausforderungen besonderer Art kon­fron­tiert. Blaues Licht in den Toiletten soll dafür sorgen, dass Drogenabhängige ihre Venen nicht finden.

Brandalarme, auch wenn die allermeisten zum Glück nur Fehl­alarme sind. Im Freihaus sind 1.200 Brandschutzklappen eingebaut, die nach einem Alarm wieder händisch quittiert werden müssen, sprich: fast 1.200 Hebel müssen wieder in Normalstellung gebracht werden. Das dauert einen ganzen Tag, müssen doch oft Zwischen­decken geöffnet werden, da diese Schalter auch in den Lüftungsschächten angebracht sind. Dann heißt es manchmal turnen. Die TU Wien ist der mit Abstand größte zu betreuende Gebäudekomplex der BIG-Facility-Services-Sparte. Allein der Stromverbrauch des Freihauses entspricht jenem einer Stadt mit 25.000 Einwohnern. Die zu betreuende Nutzfläche beträgt 65.000 m2, der gesamte TUKomplex hat 270.000 m2. Viel zu tun also. Drei Viertel der Einsatzzeit bekommen es die Mitarbeiter der BIG vor Ort mit Störungen und Reparaturen zu tun, der Rest sind Routinewartungsarbeiten, die aber im Zweifelsfall zurückstehen müssen. Gegen 8.30 Uhr – die Uni wacht gerade auf – geht es in den Keller in den Kühlwassertankraum zu einem monatlichen Ritual, dem Auswechseln der Wasserfilter: Der Weg führt durch eine niedrige Halle mit einem Gewirr von Leitungen und Maschinen, dahinter ein großer Raum mit fünf Kühltanks. Franz Müller turnt auf den 5.000-LiterPlastiktank, um dort drei große rote Ventilhähne zu schließen, die Umgehungsleitung zu öffnen und so die rund einen Meter langen durchbrochenen Stahlzylinder (die Filter) ausbauen zu können. Nach dem Öffnen der 32er-Schrauben ergießt sich ein Wasserschwall auf den Betonboden. Um keinen Alarm auszulösen, muss der am Kabel

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befestigte Warnsensor vom Boden entfernt werden. Während Müller zwei weitere Filter ausbaut, schneidet sein deutlich jüngerer Kollege Christoph Baier aus hellblauem Fleece Matten aus, die mit Draht an den Stahlzylinder befestigt werden. Eine eigene Erfindung, sagen beide Männer nicht ohne Stolz, denn die Standardfilter sind zu grob, um die Rückstände im Wasser optimal filtern zu können. Denn, so überraschend das auch klingen mag, mitten unter dem Freihaus gibt es einen zur Wasserversorgung in 280 Meter Tiefe geschlagenen artesischen Brunnen, dessen Wasser viele Schwebstoffe enthält. Später besichtigen wir das Brunnenhaus im dritten Untergeschoß, wo ebenfalls Filter zu tauschen sind und Filtersalz nachgefüllt werden muss. Beide Männer schleppen je zwei 50-Kilo-Säcke mit Salz heran und füllen damit einen rund einen Meter hohen Behälter an. Gut eine Stunde dauert der Einsatz in den technischen Eingeweiden eines der Türme des Freihauses. Das Zentralgebäude, so wird der Komplex intern genannt, ist das größte und technisch komplizierteste Gebäude in Österreich, sagt Johann Kreuzer von den Facility-Services. Er ist sichtlich stolz über die Größe der Aufgabe und der Verantwortung, welche die Männer zu bewältigen haben: Umso mehr Technik in einem Haus verpackt ist, desto größer sind auch die Probleme. Insgesamt ist das Team für acht Gebäudekomplexe zwischen Taubstummengasse (4. Bezirk) und Gumpendorfer Straße (6. Bezirk) zuständig, die reine Gehzeit zwischen diesen Teilen der Technischen Universität beträgt rund 25 Minuten. Das sieht aber Baier nicht nur negativ, schließlich kommt man ab und zu wenigstens an die frische Luft und sieht mehr als nur


Insgesamt arbeiten in der Abteilung Facility-Services der BIG rund 90 Personen. Ein Viertel davon ist für eine der größten Liegenschaften im Eigentum der BIG verantwortlich – nämlich für die Technische Universität Wien mit ihrem Hauptgebäude am Karlsplatz (im Bild das Freihaus).

die grauen Wände der Keller des Freihauses. Von dem Haus mit der großen Eule schwärmen die Serviceteams, normalerweise in Zweierbesetzung, allmorgendlich zu ihren Standorten aus. Insgesamt sind 23 Männer und eine Frau (die Sekretärin) für das Wohl des technischen Teils der TU zuständig. Die Männer von der BIG haben einen undankbaren, aber sehr verantwortungsvollen Job. Anerkennung ist selten, und von ihrem Wirken merkt man erst, wenn etwas nicht funktioniert. Laufen alle Anlagen nach Plan, werden die in orange-graue Arbeitsoveralls gekleideten Service- und Reparaturteams gar nicht richtig wahrgenommen, auch wenn sie in den Gängen zwischen Studierenden und Lehrenden gerade Lampen austauschen. Nur wenn es Probleme gibt, fällt den Geistesarbeitern ein, wer ran muss, um wieder alles ins Lot zu bringen. Die Facility-Services-Truppe ist aber auch für alle Wünsche der Professoren zuständig, die ebenso wie Störungsmeldungen elektronisch einlangen. Gegen 10 Uhr vormittags kommt ein Ticket (so heißen im internen Gebrauch die Meldungen, die beim Chefeinteiler hinter dem PC hereinrauschen) eines TU-Professors, der offenbar sehr auf Sauberkeit bedacht ist. Er wünscht sich eine Halterung für Papierhandtücher, damit er seine kreidebefleckten Finger wieder reinigen kann und dafür selbst keine Taschentücher mehr mitbringen muss. Dieser Wunsch wird so bald wie möglich erfüllt, da der Zahler ja die TU ist. Allerdings werden die Anliegen mit unterschiedlichen Prioritäten belegt: Am wichtigsten ist die Stromversorgung, gefolgt vom reibungslosen

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Funktionieren der Kältemaschinen, da nicht nur der EDV-Bereich im­ mer Kühlung braucht, sondern auch die Labors. Das ist dringlicher als die Klimaanlage. Und ein Rollenhalter steht am Ende der Wichtigkeits­ skala; wenn irgendwo das Wasser tropft, hat das deutlich Vorrang. Gefährlich kann es auch gelegentlich werden, schließlich betreuen die Mannen der BIG eine Uni, auf der ätzende, giftige und äußerst ­gefährliche Substanzen zum akademischen Arbeitsalltag gehören. Und wenn bei den Chemikern am Standort Getreidemarkt/Gumpen­ dorfer Straße irgendwelche Störfälle auftreten, ist in 90 Prozent der Fälle ein Schutzanzug Pflicht. Das sehen die BIG-Männer aber als berechenbare Situation an, anders als die durch die Drogenszene am nahen Karlsplatz ausgehenden Risiken. Um sich vor den aus den Zwischendecken herausfallenden benutzten Spritzen der Fixer zu schützen, hat das Team tief ins Schraubenlager gegriffen und die eingehängten Deckenelemente festgeschraubt, zumindest in den ersten drei öffentlich zugänglichen Stockwerken. Damit bleiben allerdings auch Schätze wie dort versteckte Geldbörsen, Schlüsselbunde oder Pornohefte für immer verschlossen. Um die Anlage für Drogensüchtige so unattraktiv wie möglich zu machen, sind die WC-Anlagen spacig mit blauen Lampen beleuchtet. Diese Maßnahme soll den Süchtigen das Finden der Venen erschweren. Im Verein mit der erhöhten Wachsamkeit der Portiere und den polizeilichen Aktivitäten am Karlsplatz konnte das Drogenproblem im Freihaus entschärft werden, ist Teamleiter Gerhard Zeller erleichtert. Fast schon mit heiterer Gelassenheit nimmt das Facility-Team hin, auf

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schlafende Obdachlose oder Männer zu treffen, die sich in der Unterhose am WC waschen. Viel schlimmer sei der Vandalismus der Studenten, beklagt Zeller. Immer wieder würden Steckdosen und andere Einrichtungen zertrümmert; ein besonders beliebtes Vergnügen manches Studenten sei es, die WCs durch mit Steinen beschwerte Klopapierrollen zu verstopfen oder die Wasserstopper zu entfernen. Dies führt beides zu Überschwemmungen, die so rasch wie möglich behoben werden müssen. Das zieht Personal von anderen wichtigen Service- und Reparaturarbeiten ab. Wir brauchen schon fast einen eigenen Mann für Vandalismusschäden, beklagt Zeller. Auch wenn die TU-Studenten von den BIG-Männern als „eh noch brav“ charakterisiert werden, als Motiv für die Zerstörungswut orten sie Rache wegen schlechter Noten. Daneben gibt es aber auch Bastler, die sich bei Thermostaten, Heizungsverteilern oder anderen Installationen für zu Hause bedienen und diese Anlagen abmontieren. Die Männer von der BIG haben trotz dieser kleinen Ärgernisse einen sehr spannenden Job, lassen sie immer wieder durchblicken. Bei Dienstbeginn ist nämlich absolut nicht vorhersehbar, was an diesem Tag ausbrechen wird. Manchmal gibt es ruhige Tage, und dann plötzlich ist auf einmal so viel zu tun, dass sich die Tagschicht am liebsten verdoppeln würde, um mit den anfallenden Reparaturen zurande zu kommen. Viele Tätigkeiten und Tricks, die sich die BIG-Männer angeeignet haben, stehen in keinem Handbuch, sondern resultieren aus Geschick und Erfahrung. So werden zum Trockenblasen der Schaltkästen nach einem Wassereinbruch Haarföhns verwendet. Dass Unvorhergesehenes jederzeit eintreten kann und dafür rasch eine Lösung gefunden werden muss, ist für Müller, der im Schichtdienst arbeitet, eine der spannenden Herausforderungen. Deshalb ist er dem Facility-Team und damit der TU schon fast 20 Jahre lang treu. Obwohl Schicht­dienst nicht jedermanns Sache ist, gefallen ihm die flexible Zeitgestaltung und die Tatsache, dass er selbstständig Entscheidungen treffen kann und muss. Es reizt Müller offenbar besonders, sein eigener Chef zu sein. Seinen drei Tagdiensten von 7 bis 19 Uhr im Zug der Wechselschicht für vier Mann folgen drei Nachtdienste von 19 bis 7 Uhr; dann hat er drei Tage frei. Fadesse kommt in der Nacht nur selten auf, denn der Nachtdienst muss einen sechsstündigen Rundgang durch alle technischen Zentralen im Freihaus – die anderen Gebäude werden nur bei Notfällen betreten – absolvieren und daneben eine ganze Latte von Wartungsund Routinearbeiten erledigen, die tagsüber nicht machbar sind. Unverhofft kommt oft – so das heimliche Motto der BIG-Männer: Als Beispiel nennt Müller eine Nacht, in der bei einem Laborkühlwasserverteiler die Dichtung zerfetzt wurde und ein Schaltschrank komplett abbrannte. Da musste ein Provisorium gebastelt werden, um die Kühlanlage über Nacht betreiben zu können. Da ist Improvisieren alles, um Rat fragen kann man niemanden. „Da müssen wir uns schon was einfallen lassen“, sagt er mit stolzem Understatement. Know-how kommt nach zehn Jahren; Leute, die schon 15, 16 Jahre hier sind, haben sich Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet, die ein Frischling angesichts der Komplexität des Systems TU Wien gar nicht mitbringen kann. Um die Flexibilität zu erhalten und Routinefehler

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zu vermeiden, wechseln die Mitarbeiter regelmäßig zwischen den einzelnen Standorten: Jeder soll sich überall auskennen, so die Philosophie Zellers. Nichtsdestotrotz sei man bemüht, die Leute sinnvoll einzusetzen und Spezialisten tendenziell mehr in ihren angestammten Gebieten (Kühlung, Lüftung usw.) arbeiten zu lassen. Um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein, gehört sogar ein Tischler zum Team. Für den gibt es an diesem Tag zwar nichts Spezifisches zu tun, dennoch leistet er unverzichtbare Dienste. Man weiß ja nicht, was kommt.

Neben technischen Fähigkeiten muss vor allem auch die körperliche Fitness gegeben sein. Denn nicht selten sind auch schwere Lasten zu heben.


Thema

Stellungskrieg bei Kasernenverkauf Die Republik Österreich verkauft einen Teil der Liegenschaften des Bundesheeres. Die Zwischenbilanz: Über 50 Liegenschaften wurden um mehr als 70 Millionen Euro an den Mann gebracht. Einfach ist das nicht. Eine zentrale Rolle in dem Prozess spielen aufgrund ihrer Widmungshoheit die Bürgermeister der jeweiligen Gemeinden. Viele sind sehr kooperativ, einige wenige eher nicht. Dazu kommen noch Denkmalschutz, Kontamination & Co, die den Verkäufern das Leben erschweren. Eine Reportage von Clemens Rosenkranz

Ü

Auf vielen Truppenübungsplätzen rollen keine Panzer mehr. Nicht selten hat die Natur ihren Raum bereits wieder zurückerobert, und es bricht eine Naturschutzdebatte aus.

ber Klosterneuburg hängen schwere graue Wolken, ein Frühlingsregen liegt in der Luft. In der MagdeburgKaserne des Bundesheeres, die südlich der Eisenbahnlinie und der Bundesstraße am Rande eines Gewerbegebietes liegt, hat sich unge­wöhnlicher Besuch angesagt. Der junge Wachsoldat mit umgehängtem Sturmgewehr lässt sich aber nicht aus der Ruhe bringen und weist den dunklen Minivan auf den ­Park­platz. Dort wartet anstelle von Offizieren in feld­grünen Uniformen mit bunten Kragen­ spiegeln ein kleiner Trupp von Männern in dunklen Businessanzügen mit modischen Kra­watten noch auf den Fotografen, der sich verfahren hat, denn angrenzend an Klos­ter­­ neuburg – unmittelbar an der Donau im 19. Be­zirk gelegen – befindet sich eine weitere Ka­ser­ne. Diese steht ebenfalls auf der Ver­ kaufs­liste, allerdings nicht für 2008. Verkauft wird peu à peu, auf den lokalen Immo­bilien­ markt muss schließ­lich Rücksicht genommen werden. Fix ist, dass beide Kasernen samt Grund ver­ kauft werden sollen. Investoren, aber auch die Gemeinde oder im Fall Klosterneuburgs das Stift sind herzlich eingeladen, Angebote

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In Salzburg wurde mit dem Verkauf der Struber-Kaserne der höchste Erlös erzielt. Die Liegenschaft wechselte um insgesamt 15,8 Millionen Euro den Besitzer. Neuer Eigentümer ist ein Immobilienunter­nehmen in Holland.

zu legen. Im ersten Schritt muss das ent­ spre­chen­de Objekt besichtigt und bewertet wer­den, um sich ein realistisches Bild über den zu erzielenden Preis machen zu können. Ver­­käu­fer wie Käufer sind stets um extrem gutes Ein­ver­nehmen mit dem örtlichen Bürger­­meister bemüht, denn dieser ist für die Um­­wid­­­mung eines ehemaligen Kasernen­­ gelän­­des zuständig und kann mit seinem Veto noch so hochfliegende Entwicklungs­ pläne eines potenziellen Investors an der har­­ten Rea­­li­tät der Lokalpolitik zum Scheitern bringen. Zuständig für die Mission Possible ist die SIVBEG, die Strategische Immobi­lien Ver­wer­tungs-, Beratungs-, und Entwicklungs­ gmbH, ein Gemeinschaftsunternehmen der Bun­des­immobiliengesellschaft (BIG) und des Bundesministeriums für Landes­ver­teidi­­ gung. Das Unternehmen mit dem leicht sper­ri­gen Namen war im Jahr 2005 eigens zur Ver­wertung der Immobilien ge­gründet worden, für welche die Armee keine Ver­ wen­dung mehr hat. Im Rahmen der Bundes­ heer­reform wurde der Ver­kauf von knapp 40 Prozent des Immobilien­be­stan­des der hei­mi­schen Streitkräfte fest­gelegt. Das sind unter dem Strich rund 90 Lie­gen­schaf­ten und bis zu 50 Teil­liegen­schaf­ten, die sich auf ganz Österreich verteilen. Die daraus lukrierten Mittel sollen unter anderem in die Sanierung und Adaptierung jener Objekte fließen, die auch nach der Umsetzung der Reform weiter von den Streitkräften genutzt werden. Laut Vorgaben des Heeres kommen jedes Jahr 20 bis 30 Liegenschaften unter den Hammer, bis das gesamte Verkaufsportfolio abgearbeitet ist. Einen konkreten Zeitplan gibt es wegen der örtlichen Tücken der Objekte aber nicht. Ob das geplante Ziel bis 2012 zu erreichen ist, sei nicht fix, aber auch nicht Priorität Nr. 1, sagt SIVBEG-Chef Stephan Weninger.

Sein erster Weg im Verkaufsprozess führt also jedenfalls zum Bürgermeister. In einer Vorbesprechung wird abgeklärt, welche Widmung sich die Gemeinde vorstellen kann, und ausgelotet, ob die Kommune schon Ideen für eine Nachnutzung des Heeres­ge­län­­des hat. In manchen Fällen weiß die Gemeinde genau, was sie will, in anderen wie­de­rum ist sie sehr an Anregungen und Vor­schlägen der SIVBEG interessiert. Zudem müs­sen recht­ liche Probleme einer Liegen­schaft wie Dienst­ barkeiten, also beispiels­weise Wege­rech­te, genau unter die Lupe genommen werden. Aus der Summe aller Einzel­infor­mationen wird das Objekt bewertet und ein konkretes Verkaufsangebot destilliert. Dieses wird über Inserate in Tageszeitungen öffentlich gemacht. Die Frist beträgt zwei Monate. Aller­ dings plant die SIVBEG vom Zeitpunkt der Auf­be­reitung bis zum tatsächlichen Verkauf einen Zeitraum von vier bis sechs Mona­ten ein, was bei Sonder­immo­bilien branchen­ üblich sei. Ein Beispiel dafür, dass das Tempo manchmal deutlich langsamer ist als geplant, ist der Verkauf der Marc-Aurel-Kaserne in Hain­burg. Sie wurde Anfang April für kolpor­tierte 1,7 Millionen Euro an eine Wiener Immobilien­ firma verkauft, nachdem zweieinhalb Jahre ein Käufer gesucht worden war. Ein Problem habe sich aus der Tatsache ergeben, meint Bürgermeister Karl Kindl, dass der auf dem Gelände der Marc-Aurel-Kaserne befind­liche Exerzier­platz (immerhin 40.000 Quadrat­ meter) als Grünland erhalten bleiben musste, weil ihn die Gemeinde als Veranstaltungsort benötige. Noch stehe nicht konkret fest, was aus dem verkauften Gelände werden soll. Dem Bürgermeister wäre eine berufsbildende Schule, aber auch ein Hotel recht.

Internationaler Sachverständiger und Neoprofessor Alfons Metzger besichtigt gemeinsam mit dem SIVBEG-Geschäftsführer Stephan Weninger die noch benützte Kaserne in Klosterneuburg.

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In aufgelassenen Kasernen staut sich oft das Material aus vielen Jahren.

Weil man schon vorab möglichen Problemen auf den Grund gehen will, besichtigt die SIVBEG auch potenzielle Verkaufsobjekte wie die Klosterneuburger Magdeburg-Kaserne. Diese kann erst dann auf den Markt gebracht werden, wenn die neue Pionierschule in Bruck­neudorf fertig ist. In Klosterneuburg kommt noch ein Sonderfaktor dazu: Das Kaser­­­nen­­gelände ist von Gründen im Besitz des Stifts eingeschlossen, und das Bundes­­ heer hat nur ein Nutzungsrecht für die Zu­ fahrt (eine Privat­straße). Da das Stift selbst Inte­­res­se an dem Grundstück hat, könnte es sämt­liche Interessenten durch das Ver­­wei­­­ gern der Errichtung einer Zufahrts­straße aus dem Rennen werfen. Da muss die SIVBEG wohl noch öfter zum Abt pilgern. Vor 2009 steht der Verkauf aber ohnedies nicht auf der Tages­­ordnung. Weil Besichti­gungen und die Information von Journalisten Chef­sache sind, hat Weninger, der schon jetzt in der Magde­ burg-Kaserne nach dem Rechten sehen will, den Weg in die altehr­­würdige Klos­ter­stadt gefunden, ihm zur Seite Alfons Metzger. Der alte Fuchs der Immobilien­bran­che ist Chef und Eigentümer der gleich­namigen Reali­tä­ ten­gruppe und Spezialist für die Bewertung von Immobilien aller Art. Was es zu sehen gibt, löst aber weder bei Weninger noch bei Metzger Begeisterung aus, was kaum am tristen Wetter liegen kann. Das 72.000 Quadratmeter große Areal ist mit Gebäuden in sehr unterschiedlichem Erhaltungszustand übersät und wirkt eher wie ein Sammelsurium der jüngeren öster­ reichi­schen Militärgeschichte. Die Hallen sind teilweise noch gut in Schuss und könnten von einem potenziellen Investor, der Lager­ fläche braucht, durchaus ohne gröbere Auf­ wen­dungen weiterverwendet werden. Hinter einem Lagergebäude befindet sich eine große betonierte Fläche mit Garagen und einer eigenen Heerestankstelle, am nörd­ lichen Ende des Platzes stehen Fahrzeuge der Pioniere in Reih und Glied geparkt. Nach gut

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eineinhalb Stunden ist die Besichtigungstour zu Ende. Die Bilanz ist ziemlich ernüchternd: „Das sind riesige Areale, für die ein Investor sehr viel Geld in die Hand nehmen muss, wo­bei der Kaufpreis im Vergleich zu den ge­ sam­ten Projektentwicklungskosten nur einen Teil der Gesamtsumme ausmacht“, er­läutert SIVBEG-Chef Weninger. Kleinere Objekte seien viel leichter zu ver­ kau­fen, weil der Kreis der potenziellen Käufer wesent­lich größer sei. Einen kleinen Übungs­ platz mit einem Gebäude könne sich auch der sprich­wörtliche Bauer von nebenan leisten. Anders bei den großflächigen Kaser­nen, die nur für große Investoren interessant seien, da man dort eine umfang­reiche Projekt­ent­ wicklung in Angriff nehmen müsse. Dazu bedürfe es nicht nur kreativer Ideen, sondern auch einer genauen Prüfung hinsichtlich der Markt­verträglichkeit des Projekts, die sich wiederum konkret im Preis niederschlage. Metzger verweist auf das Beispiel der bereits verkauf­ten Prinz-Eugen-Kaserne in Stockerau. Auf der Nutzungsfläche von 25.000 Qua­drat­ metern könne man im Extremfall 300 Woh­ nun­gen bauen, was sich für den Bau­träger nicht rechnen würde, weil er keine För­de­ rungen bekomme. „Weil der jährliche Neuzu­ zug bei 90 Personen liegt, hätte es 15 Jahre gedauert, die Flächen aufzusaugen, was auch Aus­wir­kungen auf den Kaufpreis gehabt hätte“, so Metzger. Dazu komme, dass die Kom­mu­ne für diese große Zahl neuer Woh­ nun­gen auch die dafür erforderliche Infra­ struk­tur hätte auf die Beine stellen müssen. Die SIVBEG muss nicht nur Kasernen an den Mann bringen, sondern auch Wälder, Berg­ hütten, Seilbahnen, unbebaute Grund­stücke und Truppenübungsplätze. Auch teil­weise skurrile Liegenschaften hat bzw. hatte die SIVBEG zu verhökern, wie zum Bei­spiel einen Tunnel in der Region Hallein, der vom Bun­ des­­heer als Materiallager ge­nutzt wurde. Die als Grünland gewidmete Fläche von rund 2.200 Quadratmetern wurde um 1.500 Euro

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angeboten und ist um 6.100 Euro an den Mann gegangen. Durch die Neu­trassie­rung und Verbreiterung der Wiestal-Land­straße hat der Tunnel jede Bedeutung verloren. Nun wurde er von einem Anwohner erworben. In der jetzt schon drei Jahre alten Bundes­ heer-Verkaufsgeschichte gibt es auch Beispiele für Objekte, die weggehen wie die warmen Semmeln und für die kein Knowhow in Sachen Entwicklung vonnöten ist. Dies trifft besonders auf die Seegrundstücke zu, die das Bundesheer in Lagen hatte, um die es jeder Private beneiden würde. Daher lassen sich für diese Grundstücke Preise erzielen, die ein X-faches des Ausrufungspreises be­tragen. Dies gilt besonders für den ehe­ mali­gen Wasserübungsplatz in Dellach am Wörther­see. Die Liegenschaft (rund 15 Kilo­ meter von Klagenfurt und zehn Kilo­meter von Velden entfernt) zeichnet sich durch eine touristische Toplage im Bezirk Kla­gen­ furt aus und ist über die Wörthersee-Süd­ ufer­straße erreichbar. Sie besteht aus einem 180 m langen Seeufergrundstück im Grün­ land-Erholungsgebiet und einer Liege­wiese sowie den Grundstücken südlich der Straße. Die rund 14.000 Quadratmeter wurden um 320.000 Euro ausgeschrieben, die 16 Inte­res­ senten haben den Preis im Zuge der Er­mitt­ lung des Bestangebots auf 1,8 Millionen Euro hinaufgetrieben; den Zuschlag erhielt schließlich die Milliardärs­witwe Ingrid Flick, die damit ihr Anwesen arrondieren konnte. Das Preisbildungsverfahren ist transparent. Ein Objekt wird zu einem Mindestpreis ­aus­geschrieben, dann kann jeder Interessent sein Anbot legen. Wenn alle Offerte ein­ge­ langt sind, dürfen alle Bieter noch einmal nach­bessern. Wer am Ende bereit ist, am meis­ten auf den Tisch zu legen, be­kommt den Zu­schlag. Nachnutzung oder Erschließungs­ pläne spielen beim Zuschlag eigentlich keine Rolle – wichtig ist nur, dass der Euro stimmt. Eines müssen die Investoren allerdings ein­­hal­­ten, nämlich die Anforderungen

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Burgenland

Steiermark

FMA StP Eisenberg – Burg – 5.000 Euro

WÜPl Bachsdorf – Lebring – 16.000 Euro

Berger-Kaserne Neusiedl – Neusiedl am See – 8.600.000 Euro See-Kaserne Oggau – Oggau – 695.000 Euro Montecuccoli-Kaserne (Teilfläche) – Güssing

Lager Uchatius (Teilgrundstück) – Kaisersteinbruch Sporck-Kaserne – Oberwart GÜPl Oberwart – Oberwart

UKFT Gebäude Klostermarienberg – Klostermarienberg GÜPl & SPl Pinkafeld – Pinkafeld

Ehem. Kaserne Leoben – Mühltal – 5.320.000 Euro GÜPl Gralla – Obergralla / Haslach – 100.000 Euro

Spl u. LWL Wagna – Aflenz / Wagna – 252.000 Euro TÜPL Lavantegg – Lavantegg – 985.000 Euro

Ausbildungs & Erholungsheim Bad Mitterndorf – Bad Mitterndorf Hummel-Kaserne – Graz

Betriebsstätte Liezen – Liezen Kirchner-Kaserne – Graz

MunL Kaltwasser – Stadl

Turba-Kaserne – Pinkafeld

Mil. Liegenschaft Thalerhof Ost – Thalerhof

Kärnten

FlH Nittner am Thalerhof/Kalsdorf – Thalerhof

Ehem. Lager Aichenburg – Labia – Klagenfurt – 3.600.000 Euro

Hadik-Kaserne – Fehring

GÜPl Auen – Auen – Verkauft für 498.000 Euro

HMunA Graz, Kalsdorf – Graz

GÜPl Brixner Forst/Autobahn – Lieserhofen – 140.718,87 Euro

AG Pappenheimgasse – Graz

Aichelburg-Kaserne – Wolfsberg

Salzburg

WÜPl Dellach – Maria Wörth – 1.810.000 Euro

Wkst Liezen – Liezen

Alp-Biwak Nockberge – Winkel/Reichenau – 130.000 Euro

GÜPl Fehring – Fehring

GÜPl Brixner Forst/Teilflächen – Lieserhofen – 150.000 Euro

Mickl-Kaserne – Bad Radkersburg

Lager Klagenfurt – Klagenfurt – 981.000 Euro BG Brauhausgasse – Villach

SpMatL Wiesentaltunnel – Adnet II – 6.100 Euro

Waisenhaus-Kaserne – Klagenfurt

WÜPl Liefering – Liefering – 1.500 Euro

HMunA Klagenfurt – Klagenfurt

AlpStP Mühlbach-Hochkönig – Mühlbach – 290.000 Euro

TÜPl Glainach (Teilfläche) – Glainach

SpMatL Stegenwald – Obergäu – 500 Euro

Rohr-Kaserne – Villach

AG Klessheimer Allee – Maxglan – 15.629.080,17 Wkst Mörtelsdorf – Mörtelsdorf

Niederösterreich

Rainer-Kaserne – Elsbethen

BG Klosterneuburg – Klosterneuburg – 276.000 Euro

Anschlussbahn Schwarzenberg-Kaserne – Salzburg

GÜPl Senningerlager – STOCKERAU – 340.000 Euro

KdoGeb Riedenburg – Salzburg

Ehem. Liegenschaft GÜPl Freischling – Freischling – 10.500 Euro

GÜPl Vorderfager – Elsbethen

ehem. MunL Gollarn – (Einsiedl), Gollarn – 240.000 Euro

TÜPl Aualm (Teilflächen) – Lammertal

Ehem. SPl Hainburg – Hainburg/Donau – 29.500 Euro

Schwarzenberg-Kaserne (Teile Sportplatz) – Salzburg

HBA Brunn am Gebirge, Teilfläche – Brunn am Gebirge – 570.000 Euro

Tirol

GÜPl Hainburg (am Röhrengraben) – Hainburg/Donau – 1.300.000 Euro Prinz Eugen-Kaserne Stockerau – Stockerau – 6.250.000 Euro BG Stockerau – Stockerau – 975.000 Euro

Flugplatz Völtendorf – Spratzern – 455.000 Euro

Magdeburg-Kaserne TFl 3/4 „Schömer“ GSt. – Klosterneuburg – 297.000 Euro Smola-Kaserne – Großenzersdorf – 3.500.000 Euro

Ehem. WÜPl Hainburg – Hainburg/Donau – 33.000 Euro

Marc-Aurel-Kaserne – Hainburg/Donau – 1.700.000 Euro Kopal-Kaserne – St. Pölten

MobLager Kufstein – Kufstein – 200.000 Euro

WÜPl Achensee/ Teilfläche Gemeinde – Achental – 30.000 Euro WÜPl Achensee/ Teilfläche Haus – Achental – 140.000 Euro BG Wörgl – Wörgl-Kufstein – 310.000 Euro

Franz-Josef-Kaserne, 2. Teilfläche – Lienz – 250.000 Euro Enrich-Kaserne – Kufstein

BG St. Pölten – St. Pölten

Bechtoldsheim Kaserne – Wr. Neustadt GÜPl Kottingbrunn – Kottingbrunn

Magdeburg-Kaserne – Klosterneuburg Martinek-Kaserne – Baden

Franz-Joseph-Kaserne – Lienz Straub-Kaserne – Hall i. Tirol GÜPl Kosten – Kosten

MobL Nassereith – Nassereith

Eugen-Kaserne, Teilfläche – Innsbruck

BG Felixdorf – Felixdorf

GÜPl & WÜPl Korneuburg – Korneuburg

Wohnhausanlage Münchendorf – Münchendorf Maximilien-Kaserne (Teilfläche) – Wr. Neustadt ehem. MunL Gradnitz – Gradnitz

Vorarlberg

Jäger-Kaserne Galina, Restfläche – Nenzing Wien

Babenberger-Kaserne – Wöllersdorf

KdoGeb General Körner (Teilflächen ohne Bebauung) Schulungsgebäude Maroltingergasse 2 c

Oberösterreich

WÜPl Enghagen – Enns – 21.000 Euro

Ehem. FMA Station Plochwald – Windhaag/Freistadt – 50.000 Euro WÜPl SpMatL Stadlhofteich – Pernau – 800.000 Euro GÜPl Hochholz – Renetsham – 40.000 Euro BG Freistadt – Freistadt – 108.000 Euro

Hessen-Kaserne, Teilfläche Rotax – Pernau – 1.642.050 Euro Trollmann-Kaserne – Steyr – 7.750.000 Euro BG Wels – Wels

Marinekaserne Tegetthoff AG Vorgartenstraße AG Straußengasse Ausland

Berlin – 810.000 Euro

Bratislava – 580.000 Euro Prag – 1.040.000 Euro

Budapest – 600.000 Euro

AG Garnisonstraße (Teilfläche) – Linz

Athen, Residenz

Kremstal-Kaserne – Kirchdorf/Krems

Laibach, Residenz

PiL Kirchdorf – Kirchdorf/Krems BG Pernau (Teilung) – Pernau

BIG BUSINESS

Franz-Josef-Kaserne, Teilfläche – Lienz – 220.000 Euro

AusbStP St. Jakob im Defreggen – St. Jakob im Defreggen – 90.000 Euro

GÜPl Völtendorf – St. Pölten

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Eugen-Kaserne, Teilfläche – Pradl (Innsbruck) – 1.910.000 Euro

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Legende AG Alp-Biwak AlpStP AusbStP BG FlH FMA GSt GÜPL HBA HMunA KdoGeb LWL MobL MunL PiL SPl SpMatL StP TFl TÜPL Ukft Wkst WÜPL

Amtsgebäude Alpin-Biwak Alpinstützpunkt Ausbildungsstützpunkt Bürogebäude Fliegerhorst Fernmeldeanstalt Grundstück Garnisionsübungsplatz Heeresbekleidungsanstalt Heeresmunitionsanstalt Kommandogebäude Landwehrlager Mobiles Lager Munitionslager Pionierlager Schiessplatz Sperrmateriallager Stützpunkt Teilfläche Truppenübungsplatz Unterkunft Werkstätte Wasserübungsplatz

Orange: bereits verkaufte Liegenschaften Grau: Liegenschaften kurz vor Verkauf


Im Vergleich zu dem ausgeschriebenen Mindest­ver­kaufs­preis erzielte der Wasser­übungs­platz in Dellach am Wörther­see ein Viel­faches des ur­sprüng­lich ge­for­der­ten. Ge­kauft hat das Grundstück die Milliar­därin Ingrid Flick.

des Denk­­­mal­­schutzes. Auf vielen Arealen mit ­Ka­ser­nen, die in Zeiten der Monarchie angelegt wur­den, finden sich zumindest ein bis zwei Ge­bäude, die unter Denk­mal­schutz stehen, auch wenn sie so nichts­sagend und banal sind wie jenes zwei­stöckige lang gezo­ gene Gebäude auf dem Ge­lände der Magde­ burg-Kaserne, das den Charme einer Wohn­­ haus­anlage aus der Nach­kriegs­zeit aus­strahlt. Insofern ist es doch wieder ein Denk­mal. Der Denk­mal­schutz ist in Öster­reich sehr streng. Prinzipiell unter­liegen alle Bau­werke, die der Bund besitzt, per Gesetz den ent­spre­chen­ den Schutz­bestim­mun­gen. Auch wenn sie auf­ge­hoben werden – an vielen Ka­ser­nen­ standorten bleiben Gebäude unter Denk­ mal­schutz, was die Nachnutzung natür­lich er­schwert. Bei manchem Verkauf ergeben sich unerwar­ te­te Hürden: Ein Beispiel, das den SIVBEGVerantwortlichen wohl schon die eine oder andere unruhige Minute bereitet hat, ist der angepeilte Verkauf der Kaserne in Wolfsberg in Oberkärnten. Seit Ende 2006, nachdem die letzten Soldaten die Stellung in der Aichel­ burg-Kaserne geräumt haben, steht das Areal leer. Die Fronten sind verhärtet, ein Ende des Stellungskrieges ist nicht absehbar, Streit­ punkt ist das liebe Geld. Die SIVBEG hat die Liegenschaft nach einer Bewertung mit 3,55 Millionen Euro ausgeschrieben, doch der

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bisher einzige Interessent, nämlich die Ge­ mein­de Wolfsberg, hat ein Gegen­gut­achten ein­ge­holt, das den Wert der Liegen­schaft mit nur 2,2 Millionen Euro taxiert. Das Gebot hält die SIVBEG für zu niedrig. Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist derzeit nicht zu er­ken­ nen, und eines ist klar: je länger das Areal leer steht, desto weiter verfällt das mitten im Orts­zentrum gelegene Objekt. Bürger­meis­ter Gerhard Seifried sieht einen funda­men­ta­len Interessenkonflikt zwischen Käufer (Kom­ mune) und Verkäufer (SIVBEG). Der Preis sei bloß aus der Wiener Perspektive so hoch an­zu­setzen gewesen, man habe den lokalen Markt extrem überbewertet. Dabei gehe es aber nicht um die Quadratmeter, sondern um das ge­samte Paket. Für Seifried spielt die SIVBEG auf Zeit, aber die hat nach außen hin keine Eile. Im Poker haben beide Seiten ein Ass im Ärmel: Die SIVBEG verkauft nur, wenn der Mindest­preis geboten wird, die Ge­meinde wie­derum als Widmungsinstanz kann jedem potenziellen Käufer die Suppe komplett ver­ salzen. Offen ist, welche Karte besser sticht. Trotz dieses lokalen Stellungskrieges hat die SIVBEG bis dato schon 53 Liegenschaften an den Mann gebracht, was annähernd 72 Mil­ lio­nen Euro in die Kassa des Verteidi­gungs­ ministeriums gespült hat. Den bis dato höchsten Einzelerlös hat sie mit der Struber-Kaserne in Salz­burg erzielt. Die

Thema: Stellungskrieg bei Kasernenverkauf

annähernd 70.000 Quadratmeter wechselten für 15,6 Mil­lio­nen Euro den Besitzer, das zweithöchste Gebot (8,6 Millionen Euro) gab es für die Berger-Kaserne in Neusiedl am See. Was einer breiten Öffentlichkeit ohne den Verkaufs­prozess wahrscheinlich nie bekannt geworden wäre, ist die Tatsache, dass die Streitkräfte auch im Ausland Immobilien­ besitz haben bzw. hatten. So wurden vier von sechs Villen im Ausland, in denen bisher rot-weiß-rote Militärattachés residierten, um satte drei Millionen Euro verkauft. Die Villen in Bratislava, Budapest und Prag sowie ein Grundstück in Berlin haben bereits neue Eigen­tümer. Ein besonderes Filet­stück war das rund 1.400 Quadratmeter große Ge­­lände in der deutschen Hauptstadt. Das Grund­­stück befindet sich mitten im nob­len Grunewald und hat einen eigenen See­zu­­gang. Noch zu haben sind eine Villa in Athen und ein re­­präsen­tatives Wohnhaus in Lai­bach. Ins­gesamt ist also viel Dynamik in dem Ver­kaufs­prozess. Zudem könnte dem Bun­ des­heer schon bald ein „Kasernen-Paket“ abge­kauft wer­den. Die BIG hat ihre Pläne bei der Re­publik de­po­niert, die größten ver­blie­ be­nen Lie­gen­schaften zu erwerben. Danach würden diese Flächen entwickelt und wieder ver­kauft, womit ein maximaler Erlös garan­ tiert wäre. Derzeit wird verhandelt.

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Galerie 1

Gesiebte Luft Die BIG lud Branchengrößen in eine Immobilie der anderen Art. Nach Besichtigung des Justizzentrums Leoben, einer der modernsten Strafanstalten Europas, wurde am Pogusch diniert. V.l.n.r. Ingrid Fitzek (BIG), Stefan Brezovich (ÖRAG), Christoph Stadlhuber (BIG), Andreas Gnesda (Facicon), Stefan Hödl (GIP), Georg Spiegelfeld (Spiegelfeld), Bernd Rießland (WWFF), Günther Hofmann (Raiffeisen).

Töchtertag Auch die BIG beteiligte sich an der Initiative der Wirtschaftskammer, Töchtern von Mitarbeiter(inne)n das Unternehmen ihrer Eltern zu präsentieren und einen Einblick in die scheinbar erwachsene Welt zu geben.

Europanetzwerk Ausgehend von einer Initialveranstaltung im vergangenen Herbst in Rom haben sich die europäischen Immobiliengesell­ schaften in staatlichem Besitz mittlerweile zu einem Netzwerk zusammen­geschlossen. Eine ausgewählte Runde der fort­ schrittlichsten Unternehmen traf sich Ende April in Wien.

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Nr. 3 | 2008 | www.big.at


Bildercredits Cover und Innenseite vorne: Gisela Erlacher (Finanzministerium, Hintere Zollamtsstraße 2b, 1030 Wien) – Innenseite hinten: Michael Hetzmannseder (Finanz­ministe­ rium, Hintere Zollamtsstraße 2b, 1030 Wien) – Editoral (S. 1): BIG (Geschäftsführung der BIG) – Inhaltsverzeichnis (S. 2–3): Gisela Erlacher (Wieselburg), BIG (Fassade Rechnungshof Wien), Michael Hetzmannseder (Facility Service Mitarbeiter), Bundesheer (Lagerraum mit Panzern) – Rückblick (S. 4–17): BIG (Baustelle Zahnmedizinische Klinik Wien S. 6, BIG-Geschäftsführer S. 6, Spatenstich neues Chemie Gebäude S. 11, Übersiedelung der „Graphischen“ S. 12, Bauplatz neue Wirtschaftsuni S. 14, Bauplatz Justizzentrum Baumgasse S. 16, Pressekonferenz Gemäldegalerie S. 17), YF architekten (Renderings Justizzentrum Eisenstadt S. 7), Michael Hetzmannseder (Portrait Veronika Poinstingl S. 8), Christian Pichler (Entenfamilie S. 9), kaufmannwanas.com architekten (Renderings Hauptbibliothek der Uni Wien S. 10), Robert Frankl (Eröffnung TU Graz S. 13), Pez Hejduk (Modellfoto neue Wirtschaftsuni S. 14), BUSarchitektur (Plan neue Wirtschaftsuni S. 14), Dietmar Tollerian (HAK/HASCH Krems S. 15), Günter R. Wett (Gymnasium Angerzellgasse Innsbruck S. 16), Martin Frühwirth (Visualisierung Justizzentrum Baumgasse S. 16) – Thema: Kassasturz im Finanzamt (S. 19–23): BIG (Infocenter S. 20, Standorte S. 23), Michael Hetzmannseder (Finanzamt Erdberger Straße S. 21, Finanzministerium Hintere Zollamtsstraße S. 22) – Thema: Denn sie wissen nicht, was sie (damit) tun ... (S. 24–29): Robert Frankl (Grenzübergang Brücke und Details S. 24, S. 25, S. 28 rechts oben, S. 29), BIG (Grenzübergänge S. 26–27, Maschendrahtzaun S. 28) – Highlight: Das Provisorium hat ein Ende (S. 30–39): Gisela Erlacher (Architekturfotos S. 30, Bild 1, 2 und 4 auf S. 32–33, S. 34, Klassenzimmer S. 35, S. 37, S. 39), BIG (Baustellenfoto mit Gerald Kaufmann S. 35, Bild 3 auf S. 36, Interview mit Alois Rosenberger S. 36, Standortbilder S. 36, Innenaufnahmen S. 38), Christian Marchart (Blick in Mensa und Roter Lichtschacht S. 35), Herbert Pfarrhofer (Portrait Josef Pröll S. 38) – Round Table: „Schwer manövrierbare Tanker“ (S. 40–45): Michael Hetzmannseder – Thema: Heiße Luft als Einsparpotenzial (S. 46–50): Michael Hetzmannseder (Haus der Forschung S. 46), Elena Elisseeva (Licht bei Tag S. 48), BIG (Fassade Bundesrechenzentrum S. 49, Rechnungshof Fassade und Gerüst S. 50), AH3 Architekten ZT GmbH (Passivhauskindergarten Ziersdorf) – Thema: Legoland in Donaustadt (S. 52–53): NOA2 Will Alsop (Visualisierungen S. 52, S. 53), wien 3420 aspern development AG (Infopoint S. 52) – Portrait: Die im Schatten sieht man nicht (S. 54–58): BIG (TU Freihaus S. 54, Blaue Toiletten S. 56, Freihaus Front S. 57), Michael Hetzmannseder (Facility Service Mitarbeiter bei der Arbeit S. 55, S. 56, S. 58) – Thema: Stellungskrieg bei Kasernenkauf (S. 59–63): A. Schafler (Panzer S. 59), Michael Hetzmannseder (Lagerhallen S. 60, Stephan Weninger und Alfons Metzger S. 60, Rekruten S. 60), SIVBEG (Struberkaserne Salzburg S. 61), Bundesheer (Luftbild WÜPL Dellach S. 63) – Galerie (S. 64): BIG


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Nr. 3 | Juni 2008 | www.big.at


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