BIG BUSINESS 2/09

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Das Magazin der Bundesimmobiliengesellschaft | Nr. 6 | Dezember 2009 | www.big.at

Neuerscheinung

Mehr Raum für Leser. Die Bibliothek Innsbruck wurde massiv erweitert.

Grüne Lunge der BIG

Der Wiener Prater steht fast zur Hälfte im Eigentum der BIG. Ein Lokalaugenschein.

Moderne Haft

Die Justizanstalt Leoben im Vergleich mit „alten“ Raumkonzepten.



Editorial Nicht aus dem Hut gezaubert

A

uch wenn es Interessenvertreter vermutlich anders sehen: Der Konjunkturmotor im Baugewerbe scheint zu laufen – nach wie vor. Die Auftragsbücher sind offensichtlich voll. Spuren der Krise? Nicht erkennbar – zumindest nicht im Hochbau. Im Gegenteil: Viele Firmen dürften ausgelastet sein. Wie es sonst möglich wäre, dass bei Ausschreibungen von Bauleistungen in mehrfacher Millionen-Euro-Höhe oft nur eine Handvoll Unternehmen einreichen. Dazu kommen unüblich lange Lieferzeiten bei Fenstern, Türen & Co. Ein aus volkswirtschaftlicher Betrachtung mehr als wünschenswerter Zustand. Aus Sicht der Anbieter könnte der Wettbewerb durchaus ein wenig mehr an Schärfe vertragen. Natürlich nur solange sich Angebot und Nachfrage in einem gesunden Ausmaß bewegen. Im Sinne der Gesamtheit dürfen wir darauf hoffen. Die BIG trägt zumindest indirekt einen kleinen Teil zu dieser im Vergleich zu anderen Branchen fast schon rosigen Situation bei. Während wir nämlich im Durchschnitt der vergangenen Jahre rund 360 Mio. Euro in den Immobilienbestand investiert haben, werden es voraussichtlich heuer an die 500 Mio. Euro sein. Der Planungsstand für 2010 lässt eine weitere massive Steigerung erwarten. Zur richtigen Zeit. Spätestens dann ist nämlich der Auftragsrückgang für die Bauwirtschaft tatsächlich zu erwarten. Alleine mit dem Neubau der Wirtschaftsuniversität Wien wurde ein Bauvorhaben mit einem Investitionsvolumen von rund 492 Millionen Euro auf den Weg gebracht. Und das in Windeseile. Generell ist auch irrelevant, welche Beifügungen die Projekte zieren. Egal ob vorgezogen, beschleunigt oder, wie es auch vorkommen mag, längst überfällig. Jedenfalls bestellen die zuständigen Ressorts so viel wie nie zuvor in der Geschichte der BIG. Selbstverständlich wurden in der kurzen Zeit keine Projekte erfunden oder gar aus dem Hut gezaubert. Alle Bauvorhaben, die jetzt sukzessive in Umsetzung gebracht werden, waren bereits in der Pipeline.

BIG-Geschäftsführer, Mitte: Christoph Stadlhuber (l.) und Wolfgang Gleissner (r.)

Auch läuft nicht in sämtlichen Bereichen alles ganz rund. So liegt in der thermischen Sanierung sicher noch Potenzial. Wir arbeiten daher mit Hochdruck an der Entwicklung neuer Finanzierungsmodelle, um diese Projekte für unsere Geschäftspartner attraktiv zu gestalten. Unabhängig davon – Fakten kann niemand negieren: Unter dem Strich steht ein ungeheurer Investitionsschub für die Bauwirtschaft. Nicht selbstverständlich dabei ist: Das Geld wird kontrolliert in den Immobilienbestand investiert. Damit erreichen wir vor allem eines: die nachhaltige Wertsteigerung der Gebäudesubstanz. Und das macht uns im Vergleich zu etwas Besonderem. Denn wir verwalten nicht und versuchen nicht, verbissen den Status quo zu bewahren! Unsere Kernkompetenz liegt in der kontinuierlichen Hebung der uns anvertrauten Werte. Dazu bedarf es auch konsequenter Arbeit an uns selbst und laufender Veränderung … Auch bei Gegenwind.

Christoph Stadlhuber

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Editorial

Wolfgang Gleissner

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48 Impressum BIG Business erscheint in Kooperation mit „Die Presse“.

Ausgabe: Nr. 6/2009 Herausgeber: Bundesimmobiliengesellschaft mbH, Hintere Zollamts­straße 1, 1031 Wien, T 050244-0, F 050244-1199, office@big.at, www.big.at Geschäftsführung: Wolfgang Gleissner, Christoph Stadlhuber Chefredaktion: Ernst Eichinger Produktion und Artdirektion: Nofrontiere Design GmbH, Belvedereg. 26, 1040 Wien Druck: Ferdinand Berger & Söhne GmbH, 3580 Horn


Inhalt 1 Editorial 4 Rückblick: Juni 2009 bis November 2009 19 Ausblick: Jänner 2010 bis Juli 2010 20 Thema: Verwaltungshorror im Flüchtlingsparadies Macondo, die Flüchtlingssiedlung am Simmeringer Stadtrand, ist nicht nur oft Mittelpunkt integrationspolitischer Debatten, sondern vor allem auch eine Herausforderung für Hausverwalter.

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26 Thema: Himmel und Hölle Die vor wenigen Jahren fertiggestellte Justizanstalt in Leoben zieht einen radikalen Schlussstrich unter verstaubte Vorstellungen eines „Häfens“. In Eisenstadt findet sich noch die „alte Welt“ – wobei der Schritt ins nächste Justiz-Zeitalter auch dort kurz bevorsteht.

32 Highlight: Luxus-Papiersammelstelle. Die Tiroler „Schatzkammer“ Der virtuelle Raum verdrängt auch im 21. Jahrhundert keine Bücher. Im Gegenteil: Zellulose verteidigt beharrlich ihre Position. So auch an der Universitätsbibliothek Innsbruck.

38 Thema: Superlative Architektur

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Die neue Wirtschaftsuniversität im Wiener Prater erfüllt alle Voraussetzungen, um für neue Dimensionen im heimischen Wissenschaftsbetrieb zu sorgen.

43 Thema: Buntes Treiben im grünen Prater Der Wiener Prater steht zu einem großen Teil im Eigentum der BIG. Ein kleiner Reiseführer durch die Highlights des grünen BIG-Reichs.

48 Thema: Der lange Schatten der Nymphe Unter dem Titel „Der Muse reicht’s“ wirft die Statue der Nymphe Kastalia im Arkadenhof der Uni Wien einen überdimensionierten Schatten. Ein Statement gegen Männerdominanz.

56 Thema: Vorschrift ist Vorschrift

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Der Energieausweis stellt große Gebäudeeigentümer vor Herausforderungen und finanzielle Belastungen. Für Nutzer ist das Dokument oft ein Buch mit sieben Siegeln.

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Inhalt

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Rückblick

Juni 2009 bis November 2009

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Zubau für Landesgericht St. Pölten  S. 18 In dem 2.600 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche großen neuen Gebäude werden bis Ende 2010 Arbeitsräume für die Staatsanwaltschaft, Erweiterungsflächen für das Landesgericht und gemeinsame Räume für alle Dienststellen des Gerichtsgebäudekomplexes untergebracht. Außerdem wird eine neue Tiefgarage errichtet und der Vorplatz neu gestaltet. Insgesamt investiert die BIG rund 8 Mio. Euro.

Science Park – Neubau geht in die nächste Runde  S. 18 Während Bauteil 1, das Mechatronik-Gebäude, des Science Parks im Oktober bereits Eröffnung feiert, fand am 14. Juli bereits der Spatenstich für die Bauteile 2 und 3 und die Vergrößerung des Juridicums statt. Das bedeutet mehr Platz für Forschung und Lehre und die Errichtung der modernsten juridischen Bibliothek Österreichs. Insgesamt werden mehr als 60 Mio. Euro investiert.

Baustart beim Bundesrechenzentrum  Die rund 18.000 Quadratmeter große Fassade des Bundesrechenzentrums in Wien-Landstraße wird erneuert und thermisch saniert. Gleichzeitig wird das Gebäude den neuesten Erdbebennormen angepasst. Das rund 33,5 Mio. Euro (Nettoerrichtungskosten) teure Bauvorhaben soll im Sommer 2011 fertig gestellt sein.

Spatenstich in „Beethovens Garten“  S. 9 Auf dem 6.000 Quadratmeter großen Grundstück an der Zahnradbahnstraße in Wien Nussdorf errichten Seeste und BIG E & V bis Ende 2010 sieben Stadtvillen mit 49 Eigentumswohnungen.

Welser Gymnasien werden erweitert und saniert  Die Baumaßnahmen am Schulgebäude des BG/BRG Anton-Bruckner-Straße und des BRG Wallererstraße werden vom Linzer Architekten Jörg Stögmüller geplant, der sich im Architekturwettbewerb gegen 35 Konkurrenten durchsetzen konnte. Insgesamt umfasst die Erweiterung an beiden Gymnasien 18 Stammklassen. Gleichzeitig wird der Bestand saniert. Mit dem 14-Millionen-Euro-Projekt wird 2011 gestartet.

Wettbewerb entschieden: Architektur- und Baufakultät Innsbruck werden saniert  Im EU-weiten zweistufigen Realisierungswettbewerb setzte sich die ATP-Planungs GmbH mit Architekt Christoph Achammer durch. Sie wird nun die Sanierung der beiden bestehenden Fakultätsgebäude planen. Besonderer Wert wird auf die Aspekte Bauphysik, Brandschutz, Arbeitnehmerschutz und Energieoptimierung gelegt. Die Investitionen (Nettobaukosten) sind mit rund 24 Mio. Euro veranschlagt.

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Weitere Auszeichnung für Justizzentrum Leoben  Das Vorzeigejustizzentrum wurde Ende Juni vom ULI (Urban Land Institute) mit dem „ULI 2009 Award for Excellence“ ausgezeichnet.

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Architekturwettbewerb für HTL Hallstatt abgeschlossen  Den EU-weiten Realisierungswettbewerb zur Erweiterung des bestehenden Schulgebäudes entschieden die Innsbrucker Planer riccione architekten-Bortolotti Cede für sich. Die HTL wird um vier Klassen und ein Werkstättengebäude erweitert. Der Baubeginn für das 5,5 Mio. Euro teure Bauvorhaben ist für 2010 geplant.


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Wettbewerb für BG Dornbirn entschieden  Das Bundesgymnasium Realschulstraße 3 in Dornbirn wird erweitert. Im Architekturwettbewerb ging das Architekturbüro WimmerArmellini aus Bregenz als Sieger hervor. Die Schule wird um vier Klassenzimmer, Räumlichkeiten für die Nachmittagsbetreuung und einen unterirdisch gelegenen Turnsaal inklusive Nebenräume erweitert. Nach einer intensiven Planungsphase sollen im Herbst 2010 die Bagger auffahren. Gut ein Jahr später ist die Fertigstellung des 2,4-MillionenEuro-Projektes geplant.

Schlüssel zum Science Park  S. 16 Am 9. Oktober wurde das Mechatronik-Gebäude des Science Park Linz mit der symbolischen Schlüsselübergabe von BIG-Geschäftsführer Wolfgang Gleissner an Rektor Richard Hagelauer eröffnet. Der erste Bauabschnitt wurde in einer Bauzeit von zweieinhalb Jahren um 30 Mio. Euro errichtet.

Eröffnung Hörsaalgebäude Montanuniversität Leoben  S. 17 Nach der 7,1 Mio- Euro (Errichtungskosten) teuren Generalsanierung erstrahlt das Hörsaalgebäude wieder in neuem Glanz. Nun stehen den Studenten ein neuer Hörsaal mit 195 Sitzplätzen, zwei neue Seminarräume im Erdgeschoß und die beiden neu gestalteten Hörsäle im ersten Stock zur Verfügung. Auch die Mensa wurde neu gestaltet.

Spatenstich Justizzentrum Korneuburg  S. 16 Bis Ende 2011 entsteht in Korneuburg um rund 77 Mio. Euro ein neues Justizzentrum bestehend aus Landes- und Bezirksgericht, Staatsanwaltschaft sowie einer Justizanstalt auf rund 25.000 Quadratmetern Nutzfläche. Die Justizanstalt wird von dem Gerichtsgebäude baulich klar getrennt, jedoch unter­ irdisch verbunden und ist für 255 Haftplätze konzipiert. „Taten statt Worte“  S. 18 Die BIG ist das familien- und frauenfreundlichste Unternehmen Wiens im öffentlichen Bereich. Die Auszeichnung, am 16. September 2009 verliehen, stammt von der Initiative „Taten statt Worte“. Neue Sporthallen für das USI  S. 14 Am 1. September wurden die Sporthallen und der Sportplatz für das Universitätssportinstitut der Uni Wien eröffnet. Im Rahmen der Projektgesellschaft Wohngarten Sen­sengasse hat die BIG E & V in Kooperation mit Wiener Heim fünf unterirdische Hallen und darüber einen Sportplatz errichtet. Von Dezember 2007 bis Mai 2009 wurden 3.300 Quadratmeter Nettogrundfläche um rund 8 Mio. Euro (Nettoerrichtungskosten) geschaffen.

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HTBLA Hallein eröffnet  S. 9 Mit dem Neubau des Theorietraktes der Höheren Technischen Bundeslehranstalt in der Davisstraße wurden 30 Klassen, Sonder­ unterrichtsräume und Verwaltung neu errichtet. Das bestehende Werkstättengebäude wurde erweitert. Insgesamt wurden rund 1.500 Quadratmeter zusätzliche Nutzfläche geschaffen. Die Nettoerrichtungskosten betragen 12,2 Mio. Euro. Spatenstich am Campus WU  S. 38 Mit dem offiziellen Spatenstich am 23. Oktober wurde der Neubau der neuen Wirtschaftsuniversität eingeläutet. Bis 2013 entstehen zwischen Messe und Prater fünf Gebäudekomplexe mit insgesamt rund 100.000 Quadratmeter Nutzfläche.

Grundsteinlegung am BSZ Tulln  S. 11 Das Bundesschulzentrum Tulln, bestehend aus einer HLW und einem BG/BRG, wird erweitert und saniert. Am 11. November legte Unterrichtsministerin Claudia Schmied den Grundstein für das 22-Millionen-Euro-Projekt. Die Fertigstellung ist für März 2012 geplant. Der Muse reicht’s  S. 48 Das ist der Titel des neuesten Projekts von BIG Kunst & Bau Projektes an der Universität Wien. Der Schatten einer Frau soll auf die Leistungen von Wissenschafterinnen aufmerksam machen. Präsentiert wurde es offiziell am 16. November.

Tirol: Neue Universitäts- und ­Landes­bibliothek  S. 32 Mit der Erweiterung der bestehenden Bibliothek an der Universität Innsbruck wurde ein rund 4.000 Quadratmeter großer neuer Freihandbereich geschaffen. Er bietet 300 Lese- und Arbeitsplätze. Über eine Buchförderanlage ist der Freihandbereich mit dem Magazin verbunden.

Eröffnung HTBLA Kapfenberg  S. 18 Die Höhere Technische Bundeslehranstalt in Kapfenberg wurde zwischen Juli und Oktober 2009 saniert und erweitert. Im Zuge der Sanierung wurden Räume neu aufgeteilt, Sanitärräume sowie Fassaden erneuert und drei Lifte eingebaut. Durch die Aufstockung wurde die Schule um drei Unterrichtsräume, Pausenflächen und Sozialräume erweitert – Kostenpunkt: 4,5 Mio. Euro.

Dachgleiche bei Päd. HS und BG Feldkirch  Die Pädagogische Hochschule und das Bundesgymnasium in Feldkirch werden mit einer Aufstockung der bestehenden Gebäude erweitert. Im Oktober wurde Dachgleiche gefeiert, die Fertigstellung ist für Sommer 2010 geplant.

BIG Az W – Immer schön artig sein  Die Kooperation von BIG und Architekturzentrum Wien ging am 11. November in die nächste Runde. Thema des Abends waren die bekanntesten Kunstprojekte der BIG. Junge Künstlerinnen und Künstler präsentierten außerdem die Publikation zum Projekt „Die Zelle“.

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„Das UFO ist gelandet“

Der erste Teil des Science Park ist fertiggestellt: Mechatronik-Gebäude als neues Prunkstück der JKU

Am 9. Oktober wurde nach zweieinhalb Jahren Bauzeit der erste Bauabschnitt des Science Park an der Johannes-Kepler-Universität in Linz feierlich eröffnet. Das 143 Meter lange und rund 30 Millionen Euro teure Mechatronik-Gebäude gilt als das „neue Prunkstück am Campus“, wie die Universität stolz verkündete. Das neue Gebäude hat die Form eines geknickten Körpers und eines Tragwerks, das wie eine Brückenkonstruktion ausgeführt ist. Auf einer Bruttogeschoßfläche von fast 20.000 Qua­ drat­metern soll rund 250 Bediensteten die Möglichkeit geboten werden, Forschung und Lehre auf höchstem Niveau zu betreiben. Das Gebäude beherbergt die zuvor im Gelände der Voest-Alpine angesiedelten Mechatronik-Institute, zahlreiche Labors und Seminarräume. Durch die zusätzliche Einmietung externer Forschungseinrichtungen (wie des „Austrian Center of Competence in Mechatronics“) sollen sich optimale Synergieeffekte ergeben.

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Die Eröffnung erfolgte mit einer symbo­li­schen Schlüsselübergabe von BIG-Geschäftsführer Wolfgang Gleissner an Rektor Richard Hagelauer. Unter den Festgästen befanden sich unter anderem der Wissenschafts­minister ­Johannes Hahn, Oberösterreichs Landeshaupt­ mann Josef Pühringer und der Linzer Bürgermeister Franz Dobusch. „Mit der Eröffnung des ersten Bauabschnitts ist der erste große Schritt gesetzt, um die Johannes-Kepler-Universität weiter zu einer international renommierten Universität mit hoher Bedeutung für Wirtschaft und Industrie auszubauen und vor allem auch die Anforderungen eines modernen Industriestandorts Oberösterreich zu erfüllen“, freute sich Hagelauer und rückte auch die wirtschaftliche Bedeutung in den Vordergrund: „Mit bis zu 1.000 modernsten High-Tech-Arbeitsplätzen im Vollausbau wird sich der Science Park zum dynamischen Zentrum für Forschung und

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Entwicklung in Oberösterreich entwickeln“, betonte er. „Wir stärken mit der Mechatronik ein wichtiges Zukunftsfeld“, erklärte Wissenschaftsminister Hahn. Gleissner wiederum lobte die geglückte architektonische Lösung: „Wir wollen bei unseren Bauten die wirtschaftliche und die architektonische Qualität in Einklang bringen.“ Dies sei im Inneren des Science Park hervorragend gelungen: mit großzügig verglasten Innen­atrien, die die Stockwerke miteinander verbinden, Licht bis in die unteren Ebenen durchlassen und somit ein kommunikatives Arbeitsklima ermöglichen. Für die Anrainer gab es gleich einen Tag der offenen Tür: Höhepunkt war die Leistungsschau der Mechatroniker, die wegen ihrer breiten Ausbildung in den Bereichen Maschinenbau,­ Elektrotechnik und Informatik gern als „Zehnkämpfer“ unter den Technikern bezeich-


net werden. An mehr als 20 Stationen werden Forschungsarbeiten vorgestellt und Einblicke in die Welt der Mechatronik geboten – vom Labor im Scheckkartenformat über Motorenprüfstände und Aerodynamik im Windkanal bis hin zum sechsbeinigen Roboter oder einem Radarsystem für zukünftige Kraftfahrzeuge. Mit dem Neubau für die Mechatronik wurde nun der erste Abschnitt des Science Park abgeschlossen. Im Sommer 2009 ist bereits der Spatenstich für die Bauteile zwei und drei erfolgt.

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Schließlich soll das zweite Objekt laut BIG schon im Herbst 2011 endgültig an die Uni übergeben werden. Im Bauteil zwei sollen auf ebenfalls 14.000 Quadratmetern neben den Kunststofftechnik-Instituten auch das Radon-Institut der Österreichischen Aka­de­ mie der Wissenschaften und die Industrieinformatik ihren Platz finden. Das kleinere dritte Bauobjekt (9.000 Quadratmeter) wird 2012 fertiggestellt und beherbergt dann Werk­ stätten, Hörsäle sowie die Institute der Informatik, Mathematik und Statistik.

Rückblick: Juni 2009 bis November 2009

Raiffeisen-Oberösterreich-Chef Ludwig Scharinger, Wissenschaftsminister Johannes Hahn, der stolze Rektor Richard Hagelauer, BIG-Boss Wolfgang Gleissner und Landeshauptmann Josef Pühringer bei der Schlüsselübergabe

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Wirbel um Zieselkolonie Abriss zu laut: Tierschützer schlagen Alarm

Auf dem Gelände der Universität für Bodenkultur in Groß-Enzersdorf befindet sich nach unbestätigten Angaben von Umweltschützern die größte Zieselkolonie Wiens. Die BIG als Eigentümer der Liegenschaft muss allerdings ein nicht mehr benötigtes Gebäude abreißen. „Selbstverständlich haben wir das in enger Abstimmung mit der MA 22 (Natur­schutzbehörde) durchgeführt“, so Franz Schwendemann, Chef des verantwortlichen Hausverwaltungsteams. Der Abbruchtermin im Herbst wurde bewusst gewählt, um beim Abbruch der Bodenplatte­, der selbstverständlich lärm- und erschütterungsarm durchgeführt wird, die putzigen Tierchen am wenigsten zu stören.

Die BIG ist das familien- und frauenfreundlichste Unternehmen Wiens im öffentlichen Bereich. Die Auszeichnung, am 16. September 2009 verliehen, stammt von der Initiative „Taten statt Worte“, in deren Gremien neben der Gründerin und Abgeordneten zum Nationalrat Ridi Steibl oder der ehemaligen Umweltministerin Maria Rauch-Kallat auch prominente männliche Politiker wie Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl und der langjährige Wirtschaftsminister Martin Bartenstein zu finden sind.

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Erweiterung für Praktiker

Neue Werkstätten und Klassen in der HTBLA Hallein

Die umfangreichen Bauarbeiten zur Erweiterung und Adaptierung der Höheren Technischen Bundeslehranstalt (HTBLA) in der Davisstraße 5 und 6 in Hallein, Salzburg, sind abgeschlossen. Im Zuge des Bauvorhabens wurden der Neubau eines Theorietraktes und die Erweiterung und Adaptierung des Werkstättengebäudes realisiert. Insgesamt wurde auf rund 10.000 Quadratmetern neu gebaut oder adaptiert. Im Zuge der Erweiterung wurden knapp 1.500 Quadratmeter Nutzfläche neu geschaffen. Dadurch konnten einerseits zwei weitere Klassen aufgenommen werden, andererseits wurde mehr Platz für zusätzliche Werkstätten- sowie Pausen- und Verkehrsflächen geschaffen. Dadurch hat sich die Fluchtwegsituation entscheidend verbessert. Das 12,2 Mio. Euro (Nettoerrichtungskosten) teure Projekt, geplant von der ARGE Mack + Sorg, wurde in der geplanten Bauzeit von knapp zwei Jahren fertig­ gestellt. Die HTBLA beherbergt 137 Lehrer und 1.027 Schüler unter der Führung von Direktor Franz Kurz.

Umstechen in „Beethovens Garten“ Luxuswohnbau auf ehemaligem Zahnradbahngelände in Wien-Döbling

Auf einem bislang unbebauten Grundstück mit 6.000 Quadratmetern entstehen an der Zahnradbahnstraße in Wien-Nussdorf anstelle einer Schule bis Ende 2010 sieben hochwertige Stadtvillen mit 49 Eigentumswohnungen unter dem klingenden Namen „Beethovens Garten“. Nach den Plänen des Architekturbüros Neumann & Partner werden seit vergangenem Herbst insgesamt 49 zwischen von 50 und 151 Quadratmeter große Wohnungen mit Freiflächen wie Eigengärten, Terrassen oder Balkonen gebaut. Die Preise liegen zwischen 4.000 und 6.000 Euro pro Quadratmeter. „Die Bewohner werden die Exklusivität dieser Lage zu schätzen wissen“, ist sich Michael Möstl, Vorstandsvorsitzender der Seeste Bau AG, sicher.

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Sicherung in Gusen abgeschlossen

Bauarbeiten an größtem Stollensystem aus dem 2. Weltkrieg beendet

Das Projekt zur Sicherung der Stollenanlage St. Georgen an der Gusen ist seit Mitte Novem­ber des Jahres abgeschlossen. Insgesamt wurden damit in den fünf Bauphasen seit 2002 rund 12 Mio. Euro investiert. ­ Das System diente während der NS-Zeit als Rüstungsbetrieb. In den Stollen verloren mehr als 10.000 Zwangsarbeiter des Konzentra­

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tions­­­lagers Gusen ihr Leben. Nach dem 2. Weltkrieg sprengten sowje­tische Soldaten die unterirdische Anlage. Die BIG, seit dem Jahr 2000 Ei­gen­tümer der einsturzgefährdeten Immobilie, musste die Arbeiten aus Haftungs­gründen durchführen. Ab sofort wird das Stollensystem einmal pro Jahr genau­estens auf etwaige Verbrüche oder Schäden geprüft.

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Marodes Gymnasium wird endlich ausgebaut

Klassisches Bauwerk aus den 1970er-Jahren wird generalsaniert, erweitert und wärmegedämmt

Bislang konnte das Lernen im Gymnasium Neusiedl ganz schön schweißtreibend sein. Aber nicht etwa weil der Stoff so schwer ist. Geschwitzt habe man im Sommer wegen des fehlenden Sonnen­schutzes und im Winter, weil sich die Heizung nicht regeln ließ, ist Marlis Brettl­ ecker, Vorsitzende des Elternbeirates, nun froh, dass Bewegung in den Schulalltag kommt. Denn im Februar fällt der Startschuss für den notwendigen Um- und Ausbau des maroden Schulgebäudes. Nicht nur das Dach, die Fenster und die Fassade sollen saniert werden, auch eine neue Heizanlage mit zeitgemäßer Klimatechnik wird es geben. Ebenfalls erneuert werden die Sanitäranlagen. Zudem wird der Schulkom-

plex im Obergeschoss durch Verbindungsgänge neu erschlossen. Für die Nachmittagsbetreuung ist ein Anbau für einen Speiseraum mit integrierter Küche vorgesehen. Bis zum Ende der Bauarbeiten 2011 müssen die Schüler allerdings in Container aussiedeln. „Mit dem Ziel vor Augen, dass unser 40 Jahre alter Plattenbau endlich saniert wird, hat die Container-Situation durchaus etwas von einer Aufbruchstimmung“, übt sich Schulleiter Walter Roth in positivem Denken. Derzeit besuchen rund 900 Schüler das Gymnasium. Sie werden von 90 Lehrern unterrichtet. Die Kosten des Umbaus sind mit 9,4 Mio. Euro veranschlagt. Abgewickelt wird er von der BIG.

BSZ Tulln wird für 22 Millionen Euro erweitert Generalsanierung des Bestandes – Fertigstellung bis März 2012

Um den räumlichen Zusatzbedarf zu decken, wird das Bundesschulzentrum Tulln erweitert und zugleich saniert. Die Bauarbeiten haben im Oktober begonnen und werden bis März 2012 dauern. Die Kosten betragen 22 Mio. Euro. Nach Fertigstellung sollen in 53 Klassen insgesamt 1.255 Schüler von 125 Lehrern unterrichtet werden. Die aus einer HLW (Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe) und einem Bundes- bzw. Bundesrealgymnasium bestehen­de Einrichtung wird durch ein zweigeschoßiges Gebäude mit 14 Unterrichtsräumen ergänzt. Zudem wird eine neue 2.500

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Quadrat­meter große Dreifachsporthalle, die sowohl für Schul- als auch für Wettkampfsport nutzbar sein soll, gebaut. Zwischen den beiden neuen Gebäudeteilen soll ein Eingangsplatz für die Schulanlage entstehen. Nach Installierung eines Hochwasserschutzes sei es nun möglich, das Untergeschoß des bestehenden Gebäudes für den Unterricht zu adaptieren. Dadurch könne eine „räumlich eindeutige Zuordnung der beiden Schulen erfolgen“, heißt es. Gemeinsam genutzte Bereiche wie Aula und Mehrzwecksaal, sowie die Verwaltung der beiden Schulen werden zentral im Erdgeschoß angeordnet.

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Kollateralschäden

Studentenproteste halten auch BIG-Hausverwalter auf Trab

Umbauen bei vollem Betrieb ist zweifelsohne die Königsdisziplin der Bauwirtschaft. Derzeit laufen die Arbeiten an der Umsetzung eines neuen Brandschutzkonzeptes an der Universität Wien auf Hochtouren. Im Zuge dessen werden im Laufe der kommenden Jahre unter anderem sämtliche Brandschutztüren ausgetauscht, Doppelböden für die Installationen eingebaut oder die Technik erneuert. Das Gesamt­investitionsvolumen beträgt rund 20 Mio. Euro.

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Nicht gerade erleichtert wurde die Umsetzung durch die wochenlange Besetzung des 2006 sanierten Auditorium maximum. Zwischenzeitlich, wenn auch nur kurz, mussten die Arbeiten eingestellt werden. Vor allem sind die Hausverwalter im Dauereinsatz. Alle Schäden müssen lückenlos dokumentiert werden. Erste Schätzungen der Gesamtschäden für Universität und BIG belaufen sich auf rund eine halbe Million Euro.

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Tauwetter in der Schmidgasse

Rückgabe der ehemaligen amerikanischen Botschaft an Anspruchsberechtigte kommt in die Gänge

In die seit dreieinhalb Jahren auf Eis liegende Restitution des noblen Gründerzeitbaus in der Schmidgasse 14 im achten Wiener Gemeinde­ bezirk kommt Bewegung. Der neue Kaufinteressent für das Objekt kann nämlich seinen ersten Teilerfolg verbuchen: Ein Erbe aus den USA hat seinen Anteil schon ins Grundbuch eintragen lassen und in der Folge bereits verkauft, sein Bruder (ebenfalls US-Bürger) wird das heuer auch noch tun. Auch wenn der Kaufinteressent dann nur 2/96 des Hauses sein Eigen nennen kann: Das Damoklesschwert einer Teilungsklage trägt dazu bei, dass die insgesamt 96 Eigentümer schneller zu einer gemeinsamen Lösung finden, glaubt der bei der BIG für Restitutionsfragen zuständige Martin Hübner. „Selbst wenn nur ein Millionstelanteil im Grundbuch steht, riskieren nämlich alle anderen, dass dieser Minimiteigentümer eine Teilungsklage anstrengt. Eine solche Klage kann jeder Miteigentümer mit dem Argument einbringen, dass sich die Eigentümergemeinschaft nicht darauf einigen kann, wie eine gemeinsame Sache zu verwalten oder zu verwenden ist“, erläutert Hübner von der BIG. Dieser würde die mögliche Teilungsklage in der Causa Schmidgasse zugestellt, weil die BIG trotz abgeschlossener Restitution noch immer offiziell der Besitzer ist, da die übrigen Erben des Objekts seit Mai 2006 in der Frage, ob und zu welchen Bedingungen sie verkaufen wollen, auf keinen grünen Zweig kommen.

Überspitzt formuliert: Die Erben waren sich bis jetzt nur einig, dass sie absolut nicht einig sind. Kenner der Materie hörten gar von Klagsdrohungen bestimmter Erbengruppen gegeneinander. Damit dürfte es wohl nun vorbei sein, der Coup des neuen Kaufinteressenten (und 2/96-Besitzers der Schmidgasse) dürfte nun auch bei jener Erbin, die bis dato zu keinerlei Kompromiss bereit war, die Glocken läuten lassen, denn eine Teilungsklage würde besonders den Wert ihres Anteils schmälern. Schließlich ist Frau T. mit einem Zwölftel die größte Anteilsinhaberin. Eine Teilungsklage kennt nur Verlierer, ist also nur der letzte Ausweg: Erstens wird ein Objekt, weil es den Regeln der exekutiven Zwangsversteigerung nach öffentlich versteigert wird, im Normalfall unterpreisig verkauft, und zweitens ist das Verfahren wegen einer Unzahl gerichtlicher Eingaben im Zuge dieser Klage sehr kostspielig. Grund dafür, dass der Erlös aus einer Teilungsklage unter dem wahren Wert liegt: Es wird nur ein Schätzgutachten erstellt. Was eine Teilungsklage bedeutet, kann sich sicherlich auch Frau T. ausrechnen. Wird das Objekt Schmidgasse anstelle von, angenommen, zehn Millionen Euro nur um sieben verkauft, bekäme sie um rund 30 Prozent weniger für ihren Anteil und müsste davon noch 1/12 der auflaufenden Kosten für Gutachten, Rechtsanwälte und Gericht abziehen. Der bisher letzte Verkaufsinteressent soll vor zwei Jahren angeblich zehn Millionen geboten haben.


Neue Sporthallen

Neben dem „Wohngarten Sensengasse“ neue Bewegungsmöglichkeiten für das USI

Sowohl die Sporthallen als auch der Sportplatz wurden im Rahmen der Projektgesellschaft „Wohngarten Sensengasse“ Bauträger GmbH von der BIG E & V in Kooperation mit Wiener Heim (Mischek) e ­ rrichtet. Die ursprünglich oberirdisch platzierten Sportanlagen wurden aufgrund der Projektentwicklung an dem zwischen Josefstadt und Alsergrund eingebetteten attraktiven Standort in neuer, größerer und vor allem modernerer Form unterirdisch errichtet. Konkret wurden vier Einzelhallen, ein Gymnastiksaal sowie die notwendigen Nebenflächen speziell für die Bedürfnisse des USI (Universitätssportinstituts) konzipiert. Der Sportplatz wurde in Anlehnung an die Ausgangssituation über den Sporthallen gebaut und stellt einen attraktiven Grünbereich für die angrenzenden neuen Wohn- bzw. Bürobauten dar.

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Facts & Figures Baubeginn

Dezember 2007

Fertigstellung

Mai 2009

NGF

3.300 m2

BGF

3.800 m2

Errichtungskosten

ca. 8 Mio. Euro


Wagenplatz-Nomaden Überraschende Besetzung – schneller Abzug

Mitte August bekam die Bundesimmobiliengesellschaft mehr oder weniger unliebsamen Besuch: Jene seit rund drei Jahren existierende und seit Längerem auf Standortsuche befindliche Wagenplatz-Gruppe okkupierte einen Teil der sogenannten Aspang-Gründe in Wien-Landstraße – ein Grundstück der BIG. Die rund 1.000 Quadratmeter große, derzeit brachliegende Fläche wurde mit insgesamt acht Fahrzeugen bezogen. Zunächst ließ die Gruppe des alternativen Wohnstils offen, wie lange sie an dem Ort bleiben wolle. Man werde jedenfalls so lange auf dem Areal ausharren, „bis jemand offiziell sagt, dass wir wegmüssen“, ließ eine Sprecherin in Richtung BIG ausrichten. Man sei auch bereit, einen „angemessenen“ Preis zu zahlen. Die BIG ließ freilich nicht lange mit sich verhandeln und kün­dig­te umgehend an, das Vorgehen der WagenplatzGruppe nicht zu dulden. Bereits einer entsprechenden Anfrage der „Wagenplatzler“ vor rund zwei Monaten habe man den Umzug auf die Liegenschaft verwehrt. „Nun das Gebiet zu okku­pieren und dann das Gespräch zu suchen, halten wir für einen mäßigen Stil“, erklärte die BIG in Medienberichten. Schließlich handle es sich hier um einen Fall von Besitz­ störung­, weshalb auch die Polizei konsultiert wurde. Schließlich kam es jedoch zu keiner gewaltsamen Räumung des Areals:­Die urbanen Camper zogen auch in diesem Fall friedlich und freiwillig nach rund 24 Stunden ab und besetzten kurzfristig einen Lkw-Parkplatz unter der Südosttangente. Erst im Herbst kam es insofern zu einer Lösung, als von der städtischen Wien-Holding ein Winterquartier zur Verfügung gestellt wurde – und zwar auf einem Baugrundstück in der Ausstellungsstraße (2. Bezirk). Doch auch dort gibt es vorläufig nur einen befristeten Vertrag bis März 2010.

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Entlastung für Korneuburgs Justizwache Neues Justizzentrum im Norden Wiens – Investitionsvolumen 77 Mio. Euro

BIG-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber gut gelaunt mit Justizministerin Bandion-Ortner beim Spatenstich, in der Mitte: Anton Sumerauer (Präsident Oberlandesgericht Wien)

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Kaum ein Neubau wird derzeit so dringend herbeigesehnt wie jener des Justizzentrums Korneuburg, das Ende 2011 fertiggestellt werden soll. Denn die alte Justizanstalt in Korneu­burg platzt aus allen Nähten: 174 Haftplätze gibt es, 179 Häftlinge sind derzeit dort untergebracht. Im neuen Gebäude werden 255 Haftplätze zur Verfügung stehen. Das ist aber nicht der einzige Grund für den Neubau. Das derzeit genutzte Gebäude am Hauptplatz ist nicht nur in die Jahre gekommen und in ei­ nem­ entsprechenden Zustand, sondern auch extrem verwinkelt. Den Richtern und Staatsanwälten wird die Übersiedlung an den neuen Standort beim Wirtschaftspark also vermutlich wie der Umzug ins Paradies vorkommen. Ganze 25.000 Quadratmeter werden dem Gericht und der Haftanstalt im künftigen Justizzentrum zur Verfügung stehen, und zwar in zwei getrennten Gebäudekomplexen, die ein unterirdischer Gang verbindet. Die öffentliche Anbindung wird laut Justizministerium

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genauso gut sein wie bisher. Und mit dem Verkehrsministerium wird derzeit über einen eigenen Autobahnanschluss verhandelt. Was die beiden neuen Gebäude selbst betrifft,­ so handelt es sich um ein energetisches Vor­zeige­projekt. Dank Elementen wie Passiv­haus­wänden, Erdwärmepumpe, Wärmerück­ge­winnungs­lüftung oder Grundwasserbrunnen geht die Anlage weit über die gängigen An­for­derungen für Niedrigenergiehäuser hinaus. Und mit 255 Haftplätzen wird die Justiz­anstalt auch weitaus geräumiger als bisher. 77 Mio. Euro nimmt die BIG dafür in die Hand. Als Errichter wird sie das Gebäude nach der Fertigstellung an das Justiz­minis­terium vermieten. Die BIG ist übrigens auch Eigen­ tümer des alten Justizgebäudes im Zentrum von Korneuburg. Dieses soll nach dem Auszug der Belegschaft gemischt genutzt werden: als Büro- und Wohngebäude sowie für den Handel.


Erzherzog Johann an Montanuni Leoben Frisch saniertes und erweitertes Hörsaalgebäude wiedereröffnet

Der steirische Habsburger Erzherzog Johann (1782–1859) ist seit Kurzem an der Montanuniversität Leoben gebührend verewigt: Das Hörsaalgebäude wurde nämlich generalsaniert und zum Erzherzog-Johann-Auditorium erweitert. Neben den beiden neu gestalteten Hörsälen im ersten Stock stehen nun ein neuer Hörsaal mit rund 200 Sitzplätzen, neue Seminarräume und eine Mensa im Erdgeschoß zur Verfügung. Eröffnet wurde das um 7,1 Mio. Euro sanierte und erweiterte Gebäude nach 15-monatiger Bauzeit am 4. November im Beisein von hoher Prominenz, darunter Landeshauptmann Franz Voves, Bischof Egon Kapellari und Universitätsrat Hannes Androsch. Insgesamt nehmen die Hörsäle nunmehr um ein Drittel mehr Studierende auf, erklärte Gabi Leitner von der BIG anlässlich der Er-

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öffnung. Laut Rektor Wolfhard Wegscheider werden die Veranstaltungsräume auch als großzügiges Tagungszentrum dienen. Errichtet wurde das Hörsaalgebäude in den frühen 70er-Jahren; nach mehr als 35 Jahren Nutzung entsprach es nicht mehr den Anforderungen. Die Sanierung wurde von Architekt Hans Gangoly geplant. Laut Rektor Wegscheider sei die Kapazitätserweiterung dringend nötig gewesen: „Wir haben die Zahl der Studierenden seit 2002 um 55 Prozent erhöhen können, die Zahl der Studienanfänger auf mehr als 400 pro Jahr verdoppelt und die Zahl der Absolventen von etwa 200 auf 300 pro Jahr gesteigert.“ Im kommenden Jahr wird zudem die neue Kunststofftechnik bezogen, der Startschuss für das neue Impulszentrum für Rohstoffe soll dann 2011 erfolgen: „Jeder Quadratmeter wird dringend benötigt“, betonte Wegscheider.

Rückblick: Juni 2009 bis November 2009

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KURZ NOTIERT

Mehr Platz für Spitzenforschung Schlag auf Schlag am Science Park: Start für Bauteil zwei

An der Johannes-Kepler-Universität in Linz wird fleißig gebaut. Während der erste Bauteil des Science Park, das sogenannte Mechatronik-Gebäude, bereits bezogen wurde (siehe Seite 6 und 7), wird jetzt an Teil zwei gebaut: Ab Sommer 2011 werden auch die Kunststofftechnik-Institute eine neue Heimat haben. Insgesamt wurden für Bauteil zwei bereits 75.000 Kubikmeter Erdreich ausgehoben, sodass nun knapp 40 Arbeiter rund 22.000 Tonnen Stahl und 15.000 Kubikmeter Beton verbauen können. Demnächst erfolgt auch der Spatenstich für den dritten Bauteil mit Informatik- und Mathematik-Instituten – Fertigstellung im ersten Quartal 2012. Im Vollausbau sollen im Science Park mit 60.650 Quadratmetern Grundfläche bis zu 1.000 neue High-Tech-Arbeitsplätze entstehen. Mit insgesamt 60 Mio. Euro ist es nicht nur das größte derzeit laufende Projekt der BIG, sondern auch ein wichtiger Impuls für den Standort Oberösterreich. Die Industrie in unmittelbarer Umgebung hat ja schon lange gefordert, die Uni Linz zu einer vollwertigen Technischen Universität zu erweitern. Die Vorteile hat auch die Stadt erkannt, die das Ihre dazu beitrug, die Realisierung des Spitzenforschungsstandortes zu beschleunigen. Und so liegt man derzeit sogar unter dem ursprünglichen Zeitplan. Die nächste Einweihungsfeier gibt es übrigens bei den Juristen: Das Linzer Juridicum wird ausgebaut und bekommt im Herbst 2010 eine der größten und modernsten Fachbibliotheken Österreichs.

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Erweiterung Das Landesgericht St. Pölten erhält einen Zubau und eine neue Tiefgarage. Seit September wird intensiv gearbeitet. Rund 17 Monate dauert das Bauvorhaben. In dem neuen Gebäude sollen Arbeitsräume für die Staatsanwaltschaft, Erweiterungsflächen für das Landesgericht St. Pölten und gemeinsame Räume für weitere Dienststellen untergebracht werden. Weiters wird der Vorplatz des Hauptgebäudes am SchießstattRing im Zuge der Tiefgaragenplanung neu gestaltet. Die Tiefgarage hat eine Kapazität von 60 Stellplätzen. Die Nettobaukosten aller Maßnahmen belaufen sich insgesamt auf rund 8 Mio. Euro. Ausverkauft Mit dem 58 Wohnungen fassenden Passivwohnhaus Jungstraße 14 in Wien-Leopoldstadt wurde nach etwas mehr als einem Jahr Bauzeit das größte und erstmals frei finanzierte derartige Projekt in Österreich fertiggestellt. „Alle Wohnungen haben bereits einen Abnehmer gefunden“, freut sich Alois Aigner, Chef der BIG-Projektentwicklung. „Wir wollten gemeinsam mit unserem Partner Raiffeisen evolution ein Zeichen für nachhaltiges und umweltschonendes Bauen setzen“, so Aigner. Funktionssanierung Die HTL Kapfenberg wurde zwischen Juli 2006 und Oktober 2009 vom Dach bis in den Keller erneuert. Zug um Zug wurden einzelne Trakte der Schule in ihrer Funktion saniert und Räume neu aufgeteilt. Die Werkstättenfassade wurde komplett neu errichtet. Ein Neubau mit rund 450 Quadratmetern wurde auf das bestehende Erdgeschoss des Werkstättenverbindungstraktes aufgesetzt. Insgesamt wurden 4,5 Mio. Euro in die Schule investiert.


Ausblick

Wettbewerbsausschreibung – Sanierung und Erweiterung BSZ Feldbach – Sanierung und Erweiterung BG/BRG Seebachergymnasium Graz – Sanierung und Erweiterung BG Krems – Sanierung und Erweiterung BG St. Pölten Wettbewerbsentscheidung – Erweiterung Bundesgymnasium Seekirchen – Neubau Landespolizeikommando Graz – Erweiterung BG/BORG St. Johann in Tirol – Sanierung und Erweiterung AHS Eisenstadt – Sanierung und Erweiterung BG Gmünd Baubeginn – Aushubarbeiten Neubau Wirtschaftuniversität Wien – Sanierung und Erweiterung BG Neusiedl – Sanierung und Erweiterung HTL Karlstein – Ausbau KFU Graz, Humboldtstraße 46 – Sanierung und Erweiterung BORG Salzburg – Neubau Theoriegebäude Uni Wien, Währinger Straße Gleichenfeier – Generalsanierung und Aufstockung TU Graz, Inffeldgasse 18 Fertigstellung – Sanierung und Erweiterung Bezirksgericht Salzburg – Neubau CeMM – Forschungszentrum für Molekulare Medizin 1090, Lazarettgasse Eröffnung – Generalsanierung KFU Graz, Mozartgasse 14

Wettbewerbsentscheidung – Neugestaltung Pädagogische Hochschule Baden – Erweiterung BG Wiener Neustadt Baubeginn – Neubau Institutsgebäude HTS Bruckneudorf – Neubau Science Park JKU Linz Bauteil 3 – Neubau Produktionstechnikzentrum TU Graz – Sanierung und Erweiterung HTBLA Salzburg – Erweiterung BG Klosterneuburg – Tiefgründungsarbeiten Neubau Wirtschaftsuniversität Wien – Erweiterung BG Gallusstraße Bregenz – Sanierung und Erweiterung Justizzentrum Eisenstadt – Sanierung und Erweiterung HTL Hallstatt – Sanierung und Erweiterung BG/BRG Villach St. Martin – Bestands- und Funktionssanierung Internatsgebäude BG/BRG Liebenau – Erweiterung und Funktionssanierung Justizanstalt Klagenfurt Fertigstellung – Neubau Turnsaal HTBLA Francisco Josephinum Wieselburg – Neubau Polizei Wienerstraße Graz – Neubautrakt HBLFA für Gartenbau Grünbergstraße – Sanierung und Erweiterung BHAK Braunau – Neubau Science Park JKU Bauteil 2 – Neubau Chemieersatzgebäude TU Graz – Sanierung und Erweiterung GEIWI Innsbruck – Sanierung und Erweiterung HAK/HASCH Innsbruck, 1. BA Gleichenfeier – Zu- und Umbau HBLF Bruck/Mur

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Ausblick: Jänner 2010 bis Juli 2010

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Jänner 2010 bis Juli 2010

Baubeginn – Erweiterung BG Schwechat – Sanierung und Erweiterung BHAK Wiener Neustadt – Sanierung und Erweiterung BG Gainfarn – Erweiterung und Funktionssanierung BG/BHAK für Slowenen Klagenfurt – Sanierung der naturwissenschaftlichen Bereiche BG/BRG Knittelfeld – Erweiterung und Funktionssanierung BG/BRG Judenburg – Sanierung und Erweiterung BG Bregenz – Sanierung und Erweiterung Gendarmerieposten Bludenz – Sanierung Amtsgebäude 1200, Pasettistraße 74 – Sanierung Amtsgebäude 1010, Himmelpfortgasse 9 Fertigstellung – Neubau HBLW/HBLT Wintzigerodestraße, 1220 Wien – Sanierung und Erweiterung Pädagogische Hochschule/BG Feldkirch

Erscheinungstermin BIG Business 7: Juni 2010 AHS = Allgemeinbildende höhere Schule BA = Bauabschnitt BG/BRG = Bundesgymnasium/Bundesrealgymnasium BHAK/BHASCH = Bundeshandelsakademie/Bundeshandelsschule BORG = Bundesoberstufenrealgymnasium BSZ = Bundesschulzentrum GEIWI = Institut für Geisteswissenschaften HBLF = Höhere Bundeslehranstalt für Forstwirtschaft HBLW/T = Höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe und Tourismus HTBLA = Höhere Technische Bundeslehranstalt HTL = Höhere Technische Lehranstalt HTS = Heerestruppenschule JKU = Johannes-Kepler-Universität KFU = Karl-Franzens-Universität TU = Technische Universität

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Thema

Verwaltungshorror im Flüchtlings­paradies Macondo, die Flüchtlingssiedlung am Simmeringer Stadtrand, ist nicht nur oft Mittelpunkt von integrationspolitischen Debatten und sozialromantischen Reportagen, sondern nüchtern betrachtet eine Liegenschaft, die es ordentlich zu verwalten gilt. Text: Christian Mayr

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acondo ist eigentlich ein fiktiver Ort in dem Roman „Hundert Jahre Einsamkeit“ von Gabriel García Márquez. ­Macondo ist aber auch ein real existierender Ort am Rande von Wien. Eine eigene kleine Welt zwischen Flughafen, Ostautobahn und Donau, wo hinter Wellblech- und Kasernenmauern 3.000 Flüchtlinge aus mehr als 20 Nationen leben und auf eine bessere Zukunft hoffen. Macondo ist drittens eine bloße Liegenschaft, die nüchtern betrachtet den Namen Wohnhausanlage Kaiserebersdorf mit der Adresse 11., Artillerieplatz 1, Zinnergasse 29–31, Margetinstraße 4–8 und Landwehrstraße 4 trägt und für den Eigentümer ein gehöriges Maß an Verwaltungsaufwand und Verantwortung mit sich bringt. Macondo steht nämlich großteils im Eigentum der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Neben Unis, Schulen und Amtsgebäuden wurde im Jahr 2000 auch diese Liegenschaft um 2,4 Mrd. Euro mitgekauft. Im Zusammenspiel mit anderen Institutionen wird die 100.000 Quadratmeter große Anlage betreut. Und das ist alles andere als einfach. Wir besuchen Macondo an einem spätsommerlichen Tag im September: Der Duft von zerbröseltem Laub liegt in der Simmeringer Luft, mächtige Hochspannungsleitungen durchkreuzen den Himmel, auf dem gerade ein Flugzeug laut donnernd zum Anflug auf Schwechat ansetzt. „Hier haben wir die 89 Kleingärten, für die jetzt eine solide Rechtsgrundlage geschaffen haben“, so Thomas Peneder, Leiter des zuständigen Objektmanagements. Es ist eine Mischung aus Urwald, Gstetten, Müllhalde und in manchen Bereichen durchaus gepflegtem Kleingarten-Idyll mit streng kurz geschnittenem Rasen und üppig wucherndem Gemüse, das sich in einem Teil von Macondo breitgemacht und der BIG lange Kopfzerbrechen bereitet hat. Denn die Bewohner der Flüchtlingssiedlung haben sich über die Jahre – die ersten Bewohner waren ungarische Flüchtlinge anno 1956 – die brachliegenden Außenbereiche angeeignet und zu Schrebergärten mit teils kleinen Hütten umfunktioniert. Rechtlich eine Parallelwelt, da eine entsprechende Widmung beziehungsweise Baugenehmigung fehlte. Vor einiger Zeit machte die Stadt Wien daher Druck, forderte ordentliche Zustände und

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Hinter der Blechwand beim HUMA-Einkaufszentrum in Wien Simmering verbirgt sich die Fl端chtlingssiedlung Macondo.

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Thema: Verwaltungshorror im Fl端chtlingsparadies

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Im Kardinal-König-Wohnheim dürfen Zuwanderer nur sehr kurz b ­ leiben. Nicht alle verhalten sich, wenn sie ausziehen, vorbildlich. Oft wird ­Hausrat einfach vor der Türe liegen gelassen. Das bedeutet zusätzlichen Verwaltungsaufwand.­

2–5 Bei mehreren Besuchen im September ging es in Macondo eher be­ schaulich zu.

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erließ 2006 eine Kleingartenwidmung; nun darf das Areal mit Häuschen (25 Quadratmeter Grundfläche) bestückt werden, mangels Strom, Kanal und Wasser ist ganzjähriges Wohnen jedoch nicht g ­ estattet. Und hier begann die Sisyphusarbeit der BIG: „Es war teilweise extrem mühsam herauszufinden, wer welche Fläche nutzt. Und es war ebenso schwierig, den Leuten begreifbar zu machen, nun für etwas zahlen zu müssen, das sie längere Zeit kostenfrei genutzt haben“, sagt Peneder. Die Reaktionen der Kleingärtner auf die neuen Pachtverträge waren ganz unterschiedlich: Die einen hätten sich gefreut, weil damit endlich rechtskonforme und verbindliche Zustände hergestellt würden; andere hätten es strikt abgelehnt, zu bezahlen, jedoch für die getätigten Investitionen sogar hohe Ablösen verlangt; wieder andere seien ungehalten und aggressiv geworden. „Hier gehe ich nie ohne männlichen Begleiter her“, erzählt die verantwortliche Hausverwalterin der BIG: „Viele sind auch anstandslos gegangen und haben gemeint, dass ihnen der Garten eh nicht so viel bedeutet hätte.“ Immerhin rund 49 der 89 Kleingartenparzellen (in Summe rund 20.000 Quadratmeter, davon bereits 12.707 Quadratmeter verpachtet) sind mittlerweile per Einzelvertrag vergeben. Die Nutzer lassen sich ihre Grünparadiese, die sie über Jahre gehegt und gepflegt haben, also doch etwas kosten – wenn auch nicht sehr viel, ist die Pacht doch mit im Durchschnitt einem Euro pro Quadratmeter und Jahr im leistbaren

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Bereich. Trotzdem steht mancher vor einer finanziellen Anstrengung. „Manche Flächen sind bis zu 600 Quadratmeter groß“, so Peneder, „aber teilweise haben wir auch aufgeteilt und neu parzelliert.“ Zugleich wüssten nun alle Pächter, dass die Verträge nur zehn bzw. fünf Jahre laufen und danach neu verhandelt werden müssen. Insgesamt existieren auch 27 Abrissbescheide für Gartenhütten in Macondo, die sich aber vornehmlich gegen die BIG richten. „Wir geben den Pächtern die Chance, nachträglich Baugenehmigungen einzuholen, denn auch der Abbruch kostet Geld“, so BIG-Juristin Christine Laggner. Die Erteilung selbiger sei aber Sache der Stadt Wien. Doch noch immer, nach mehr als drei Jahren intensiver Recherchetätigkeit der BIG, geben einzelne Gartennutzer Rätsel auf. Am Tag unseres Besuchs ist erneut eine Räumungsübergabe für den Vorgarten von einem der acht ehemaligen Kasernengebäude angekündigt. Die Causa ist mittels Zettel auf dem notdürftig zusammengeflickten Gartentürl angekündigt – dahinter wuchern Efeu und wilder Wein um eine hohe Silbertanne, in deren Schatten sich auch einiges an Müll sammelt. Der Nutzer ist weit und breit nicht zu sehen. Die Hausverwalterin wartet und wundert sich. In diesem Fall gebe es schon eine lange Korrespondenz, erzählt sie. Eine Zwangsräumung ist das letzte Mittel. „Wir setzen den ehemaligen Nutzern angemessene Fristen. In den meisten Fällen funktioniert das schon“, ist Peneder optimistisch. Insgesamt 20 Gärten wurden bereits nach solchen Terminen ­erfolgreich geräumt. Obwohl so viele unterschiedliche Nationalitäten in Macondo wohnen, sei die Kommunikation bei derartigen Verhandlungen übrigens nicht das Problem: „Wir haben nie einen Dolmetscher gebraucht. Meist sind Kinder dazugekommen, die dann übersetzt haben – auch wenn es zwei Stunden gedauert hat.“ Eine Tatsache habe die Verantwortlichen Objektmanager jedoch verwundert: „Wir haben versucht, mit alten Leuten zu sprechen, die schon länger da sind. Viele konnten aber kein oder kaum Deutsch.“ Dann gibt es freilich noch die üblichen alltäglichen Probleme, die sich im Miteinander von den bis zu 3.000 Bewohnern Macondos ergeben, z. B. beim Kardinal-König-Wohnheim etwa mit dem Müll. In einer Nische, wo normale Restmüllcontainer stehen, stapelt sich meterhoch Sperrmüll – alte Möbel, ein Hometrainer, Einkaufswagerln, ein zerfetzter Lattenrost. Der Asphalt schwarz befleckt vor lauter Öl. Dass dieser Punkt von Kameras überwacht wird, ist übrigens praktisch nutzlos, da die Müllsünder stets in der Nacht kommen. „Viele glauben, dass das in Ordnung ist. Die wissen gar nichts vom Verbot, hier Sperrmüll abzustellen“, berichtet Hausmeister Dragan. Und nicht zuletzt sind es meist die frisch Angekommenen, die die Gepflogenheiten nicht so gut kennen. „Kaum hat man den Leuten beigebracht, dass sie nichts wegschmeißen sollen, ziehen sie wieder weg. Nur die, die länger da sind, wissen, was sich gehört“, sagt ein Begleiter. Fließend Wasser oder Sanitäranlagen bieten die Kleingärten nicht. Dafür ist Elektrizität mehr als hochrangig vorhanden. Viele der Kleingärten sind auch bereits wieder verpachtet.

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Thema: Verwaltungshorror im Flüchtlingsparadies

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Zuletzt gab es auch zwei Brände am Areal: Wahrscheinlich haben Kinder einen Baum angezündet, berichtet Peneder. Kopfzerbrechen bereitet auch der 18.000 Quadratmeter große Wald am Rand der Anlage, der auf viele eine magische Anziehung hat und quasi als großer Abenteuerspielplatz dient, jedoch alles andere als gesichert ist. Denn der alte Auwald-Rest kann von der BIG aufgrund fehlender Einnahmen aus der Liegenschaft nicht entsprechend gepflegt werden. „Wir haften für alles, was dort passiert. Daher überlegen wir abzusperren“, kündigt BIG‑Pressesprecher Ernst Eichinger an. 1

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Ein Kunstprojekt stellte die Integration in den Mittelpunkt. Durch gemeinsame Aktivitäten sollte die Zusammengehörigkeit verstärkt werden.

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Das Gelbe Haus der BUWOG wird gerade ­saniert. Für Schlagzeilen sorgte die Ankündigung, das Haus schließen zu wollen.

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Neben Basketball wird in Macondo auch intensiv Fußball gespielt.

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Nach dem Einkauf wird oft vergessen, die Wagerln zurückzubringen.

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In Summe ist das Areal nämlich ein Verlustgeschäft für die BIG, weshalb auch kaum Geld für Investitionen zur Verfügung steht. Allein die Baumschnitt-Kosten bei den Kleingärten hätten sich zuletzt auf 100.000 Euro belaufen. Keine Einnahmen gibt es auch aus den acht Kasernengebäuden entlang Zinnergasse, Artillerieplatz und Margetinstraße, die der BIG gehören, aber aufgrund alter Verträge von der BUWOG verwaltet werden; letztere decke durch die Mieterlöse lediglich ihre eigenen Kredite ab. Bei den anderen beiden großen Gebäuden im Herzen der Anlage bestehen Baurechtsverträge mit der Wohnbauvereinigung der Gewerkschaft der Privatangestellten (WBV-GPA) und der BUWOG, die ihrerseits wiederum beide Mietverträge mit dem Integrationsfonds im Innenministerium unterhalten. Die WBV-GPA ist für das Kardinal-König-Wohnheim zuständig, die BUWOG für das sogenannte Gelbe Haus. Für die BIG-Bauten unter Verwaltung der BUWOG wurde kürzlich das Zuweisungsrecht mit dem BMI (untergeordnet der Integrationsfonds) neu geregelt. Somit besteht nun für die BIG erstmals die Möglichkeit – falls der Integrationsfonds innerhalb einer Frist von 2 Monaten nicht zuweist –, selbst am freien Markt einen Mieter zu finden. „Wir haben nun auch schon Wohnungen an Österreicher vergeben.“ Obwohl teils ohne Heizung, würden die Wohnungen durchaus rasch vermittelt werden. „Eine 40-Quadratmeter-Einheit kostet rund 220 Euro brutto“, so Peneder. Die Kasernengebäude sind sozusagen die höhere Klasse, wo sich Flüchtlinge aus den beiden betreuten Einheiten einquartieren, wenn sie in Macondo bleiben wollen. Für Hausverwalter gilt es dort freilich auch eigene Gesetze zu beachten – Beispiel Wasserkosten. „Zuletzt gab es eine Überprüfung der Zähler, weil man sich den extrem hohen Verbrauch nicht erklären konnte. Letztlich stellte sich heraus, dass dort, wo nur 130 Personen leben sollten, 600 wohnten“, berichtet der Hausverwalter. Wie sieht er rückblickend seine Arbeit in Macondo? „Es ist keine einfache Liegenschaft“, die sehr viel Zeitaufwand erfordert. Ein mögliches neues Projekt ist ein Gemeinschaftsgarten mit mehr als 1.000 Quadratmetern. Er soll dort entstehen, wo jetzt eine selbst gebaute Bühne für sommerliche Veranstaltungen errichtet ist. Ein Kunstprojekt der Gruppe „Cabula 6“ in Form eines zerschnittenen Containers, der gleichsam die Zerrissenheit des Flüchtlingsdorfes symbolisiert: angemalt mit paradiesisch-bunten Bildern, Sternen, Vögeln, einer großen Sonne; direkt dahinter breitet sich eine Müllhalde aus – Reifenstapel und allerlei anderer Dreck. Es gibt also noch viel zu tun im Flüchtlingsdorf. Leichter dürfte die Sache aufgrund der neuesten Pläne aber nicht werden. Denn per Ende September wurde das Gelbe Haus vom Innen­ ministerium geschlossen, um es bis Jahresende zu sanieren – jene rund 50 Familien und Einzelpersonen, die dort aufgrund ihres positiven Asylbescheids bis zu eineinhalb Jahre wohnen durften, mussten ausziehen. Stattdessen soll das Haus künftig für jene Personen eine Herberge bieten, die aufgrund negativer Asylbescheide kurz vor der


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Mittlerweile ist auch der Leerstand in den von der BUWOG verwalteten Häusern gegen null geschrumpft.

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Viele pflegen ihre Kleingärten mit Liebe.

3–4 Die BIG haftet für sämtliche „Unfälle“ in dem zur Liegenschaft gehörenden Waldstück. Aus diesem Grund wird überlegt, es einzuzäunen, zumal das Wäldchen auch als Mistplatz (Bild 3) missbraucht wird.

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Abschiebung stehen. Eine endgültige Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, betonte das Innenministerium, jedenfalls werde aber ­definitiv kein Schubhaftzentrum entstehen. Die zuvor vorhandene ständige ­Betreuung der Bewohner durch Sozialarbeiter gäbe es dann nicht mehr – künftig werde eine mobile Betreuung installiert. Das freilich sorgt bei Sozialarbeitern wie der Caritas für Kritik: „Ich bin zutiefst besorgt und warne vor ethnischen Konflikten, die hier entstehen könnten“, meinte etwa Direktor Michael Landau. „Macondo kann zum Ghetto werden. Es wäre ein riesiger Rückschritt in der Integration“, erklärte der frühere Betreuer Reinhard Steurer im ORF-Fernsehen. Doch für die Hausverwalter ist eine andere Nutzung nicht per se schlecht: „Wir sehen es zwar nicht nüchtern, aber da wir ausschließlich für Verwaltung und Instandhaltung zuständig sind, verunsichert uns eine neue Nutzung nicht. Die Verantwortlichen wissen, was sie tun“, heißt es etwa bei der WBV-GPA. Für diese ist das Engagement in ­Macondo nicht zufällig gewählt, denn aufgrund der Gemeinnützigkeit sei man damals für diese Aufgabe vom Ministerium ausgewählt worden – und Profit dürfte die WBV-GPA ja auch keinen machen. „Verwaltungstechnisch ist die Immobilie allerdings mit hohem Aufwand verbunden, weil die Mietverträge auf maximal fünf Jahre befristet sind, aber viele Verträge früher beendet werden. Also haben wir eine unheimlich hohe Fluktuation.“ Zudem gebe es viel bürokratischen Aufwand sowie besondere Herausforderungen betreffend Instandhaltung, Betriebskosten und Entrümpelung. Um eines müssen sich die Hausverwalter im Flüchtlingsheim glücklicherweise aber nicht kümmern: „Wenn jemand die Miete nicht bezahlen kann, dann muss der Integrationsfonds dafür geradestehen“, so die WBV-GPA.  Christian Mayr ist Redakteur der Wiener Zeitung.

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Thema: Verwaltungshorror im Flüchtlingsparadies

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Thema

Himmel und Hölle Viel Licht, freundliche Farben, freie Sicht nach außen: Die vor wenigen Jahren ­fertiggestellte Justizanstalt in Leoben zieht einen radikalen Schlussstrich unter­ verstaubte Vorstellungen eines „Häfens“. In Eisenstadt findet sich noch die „alte Welt“ – wobei der Schritt ins nächste Justiz-Zeitalter auch dort kurz bevorsteht. Text: Clemens Rosenkranz

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Wenn wo ein ganz modernes Spital für Krebs­behandlungen eröffnet wird, wünscht sich ja auch niemand Krebs, nur damit er die Vorzüge dieses modernen Krankenhauses genießen kann. Manfred Giessauf

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ir leben zwar in einem goldenen Käfig, aber es bleibt ein Käfig“, zitiert ein Häftling den Leiter der Justizanstalt ­Leoben Manfred Gießauf. Das Blattgold, das Insassen und Justizwachebeamten das zwangsweise Miteinander im Alltag erleichtert, bringt allerdings das sprichwörtliche „gesunde Volksempfinden“ gelegentlich auf die Palme. Denn bei der Ausführung des ersten Neubaus einer Justizanstalt seit über hundert Jahren scheiden sich gehörig die Geister. Schon die damalige Justizministerin Karin Gastinger bemerkte bei der Eröffnung im Jahr 2005 beiläufig: „Mein Studentenheim war nicht so schön.“ Leoben teilt die Meinung zum Strafvollzug in zwei Lager: Befürworter wollen im Wesentlichen „den Gefangenen Mensch bleiben lassen“, so Gießauf. Gegner sind für harte Bestrafung nach US-Vorbild. Am besten in ungeheizten Kellerverliesen mit einer Eisenkugel am Fuß und Ratten als Gesellschaft. Gießauf hat ein weiteres Argument für die Kritiker des architektonisch zu wenig strafenden Charakters des Hauses. „Wenn wo ein ganz modernes Spital für Krebsbehandlungen eröffnet wird, wünscht sich ja auch niemand Krebs, nur damit er die Vorzüge dieses modernen Krankenhauses genießen kann.“

des gelockerten Vollzugs genießen sie aber nicht. Untersuchungshäftlinge sitzen in klassischen Zellen. Wer nicht arbeiten kann oder will, bleibt 23 Stunden hinter schwedischen Gardinen. Die einzige Freiheit ist, sich ungeachtet von Rauchverboten – wie sie für die Justizbeamten in deren Amtsräumen gelten – jederzeit eine Zigarette anzünden zu können. Einem Besucher, der vom Anstaltsleiter durch das Haus geführt wird, kommt nach zwei Stunden Rundgang bei jeder zugesperrten Türe das unangenehme Gefühl hoch, nicht frei zu sein. Selbst wenn man nur als Gast – von den Gefangenen ein bisschen wie ein Bewohner von einem anderen Stern betrachtet – durch die Justizanstalt geht, wirkt die Atmosphäre beklemmend. Und das trotz der sehr freundlichen offenen Architektur. Auch wenn gerade keine Gitter zu sehen sind, ist klar, wo man sich gerade befindet. Darüber helfen weder freundlich helle Zimmer und Gänge, die Verwendung von viel Glas und farbenfrohen Designermöbeln mit dem Charme von Ikea, Kika oder Lutz noch der Ausblick auf die liebliche Landschaft hinweg. Im Gefängnis sitzen heißt komplett fremdbestimmt sein, außer vielleicht bei der Wahl des Fernsehprogramms, sofern man die Zelle mit niemandem teilen muss. Keine ei-

Zusätzlich sei bei Beurteilung des „Luxusknasts“ auch zu bedenken, dass dort keine harten Jungs sitzen, sondern nur Straftäter, die weniger als 18 Monate ausgefasst haben. Dafür reicht es schon, betrunken mit der Polizei in eine Rauferei geraten zu sein oder einen Unfall unter Alkoholeinfluss mit Fahrerflucht begangen zu haben. Keine Kleinigkeiten, aber die Taten von Schwerverbrechern erreichen im Normalfall andere Dimensionen. Generell soll das Ambiente der Anstalt den Straftätern helfen, sich nach der Haft wieder in die Gesellschaft wieder zu integrieren. Neben den Strafgefangenen sind aber auch Untersuchungshäftlinge in Leoben untergebracht: Harte und weiche Jungs und Mädels bunt gemischt, denn der Gerichtssprengel reicht vom Semmering bis zum Dachstein, und jeder, der dort straffällig wird und in U-Haft kommt, bekommt das Justizzentrum Leoben von innen zu sehen. Den Vorzug

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Thema: Himmel und Hölle

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Trotz beeindruckender Architektur bleibt das über der Stadt Leoben thronende Justizzentrum immer noch ein Symbol für staatliche Hoheit.

genen Entscheidungen treffen, nicht spontan Bedürfnisse ausleben. Es ist die totale Entmündigung, wenn diese in Leoben auch dank innovativer Raum- und Sicherheitskonzepte weniger schwer wiegt. „Das sollten all jene bedenken, die mit Prädikaten wie Designerhäfen, Architektenknast und Fünfsternehotel um sich werfen“, sagt Manfred Gießauf.

Anstaltsleitung mit ganz neuem Denken an das Projekt herangehen. Das bot aber auch die Chance, die neuesten Vollzugsmethoden durch Architektur lebbar zu machen. Ziel des Konzepts des Musterknasts: Bauliche Qualität im Inneren soll Menschen den Freiheitsentzug mit Würde und Anstand ertragen lassen.

Denn rechtlich sei die Sache ziemlich klar: Das Ziel der Haft ist nicht, Menschen zu brechen und an ihnen Rache zu üben, sondern, dass die Gefangenen den per Gerichtsurteil auferlegten Freiheitsentzug mit Würde und Anstand ertragen können und nicht mehr zurückkommen. Außen an der aus unbehandeltem Beton errichteten Gefängnismauer ist dazu ein Schlüsselsatz aus dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte eingemeißelt: „Jeder, dem seine Freiheit entzogen ist, muss menschlich und mit Achtung vor der dem Menschen innewohnenden Würde behandelt werden.“ Darüber an der Mauerkante winden sich zwei Stacheldrahtrollen, dazu kommen zahlreiche Überwachungskameras.

Oft ist auch Kritik an der künstlerischen Ausgestaltung, die die Häftlinge nicht verdient hätten, daran also, dass die Kunst quasi verschwendet werde, zu vernehmen. Manche Einfälle der Architekten stoßen wiederum „innen“ nicht unbedingt auf Gegen­liebe. So sind die Glaswände eines mächtigen und luftigen dreistöckigen Gebäudeteils in Leoben – im zweiten Stock quasi schwebend die Bücherei – nur mit einer Hebebühne zu reinigen, und der Tausch einzelner defekter Beleuchtungskörper ein so großer Aufwand, dass Anstaltsleiter Manfred Gießauf anmerkt, man werde erst dann tauschen, wenn genügend kaputte Lampen zusammenkommen. Auch andere architektonische oder künstlerische Ideen sieht der Oberst aus praktischen und instandhalterischen Gründen als suboptimal an. Teilweise erkennt man das mit freiem Auge. Die Humanismus einmahnende Aufschrift auf der Außenmauer ist schon ziemlich verwaschen, schließlich ist der Beton schon fünf Jahre der Witterung ausgesetzt. Ein anderes Manko wurde schon behoben: Am Dach, wo der Hofgang stattfindet, wurde roter Asphalt verlegt, der so stark abgefärbt hat, dass dauernd die Stiegen gewaschen werden mussten. Er wurde durch konventionellen grauen Asphalt ersetzt, nur die Abtritte aus Stahlgitter sind nach wie vor rosarot gefärbt.

In vielen Anstalten schüchtert alleine die Architektur ein. Ob es das mit 1.500 Insassen völlig überfüllte Gefängnis in Wien-Josefstadt oder das umgebaute Jagdschloss eines Herzogs von Innerösterreich in GrazKarlau ist: Diese Anstalten sind zum Teil ihrer Aufgabe entsprechend gewachsen, Menschen, die gegen das Gesetz verstoßen haben, hinter Mauern von der Welt fernzuhalten. Für die Zeit danach werden die Gefangenen dort – schon aus baulichen Gründen – aber nicht vorbereitet. Da können sich rührige Anstaltsleiter, Justizwachebeamte oder Psychologen noch so bemühen. Gebaut wurden nahezu alle Häuser bereits vor der Broda‘schen (Anm. d. Red.: Justizminister Christian Broda; 1960– 1966 und 1970–1983) Strafvollzugsnovelle in den 70er-Jahren. In Leoben mussten Architekten, verantwortlicher Planer Josef Hohensinn und

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Generell bietet aber der neue „Häfen“ auch für die Justizwachebeamten, von denen sich einige im Scherz als Freigänger bezeichnen, wesentlich bessere Arbeitsbedingungen. Helle Büros mit funktionalen


Möbeln und Platz für Teambesprechungen sind nach außen sichtbare Vorzüge. „Wir sind von der Hölle in den Himmel gekommen“, so ein Justizwachebeamter, der gerade hinter den Monitoren die Tischbesuche überwacht. Er hat schon im alten Häfen von Leoben Dienst geschoben. Das Betriebsklima sei im neuen Haus wesentlich besser und stressfreier;­ dabei helfe auch die moderne Technik, die die Überwachung und die Kontrolle viel leichter macht. So können die Türen in den großzügig gestalteten Besucherbereich mit Tischen – er wirkt wie eine Mensa auf der Uni – per Mausklick geöffnet und geschlossen werden, Mitgehen der Aufpasser ist damit passé. So kommen die Trakte für die Untersuchungshäftlinge – insgesamt 120 an der Zahl – mit drei Beamten für fünf Etagen aus. Statt dicker Schlüsselbunde gibt es Transponder in der Größe eines kleinen flachen Schlüsselanhängers, der alle Türen sperrt, zumindest für Oberst Gießauf. Nur den Hof für den Ausgang, der am Dach ist, kann er nicht öffnen, dazu muss er mit dem Dect-Telefon bei der Leitzentrale anrufen. Mit diesen Geräten können die Beamten auch Alarm auslösen, und wird ein elektronischer Schlüssel entwendet oder geht ein Schlüssel verloren, kann er in Sekundenschnelle einfach entwertet werden. Diese Sicher­heitsmaßnahmen erlauben bei aller Abschottung nach außen im Inneren mehr Bewegungsfreiheit. Dabei kommt das Erziehungsprinzip Zuckerbrot und Peitsche zur Anwendung: Wer nach den Regeln spielt, bekommt Erleichterungen. So wird schon am Anfang Freigang in Aussicht gestellt, um eine Perspektive zu bieten und zu regelkonformem Verhalten zu motivieren. Strafgefangene, die psychisch gesund sind und keine Gefahr für andere darstellen, können vom geschlossenen in einen gelockerten Vollzug wechseln. „Bei guter Führung, persönlicher Eignung und wenn keine anderen Sicherheitsbedenken dagegensprechen, besteht die Möglichkeit, immer um eine weitere Stufe aufzurücken, d. h. in den halboffenen Bereich und auch in den offenen Wohngruppenbereich zu gelangen“, berichtet Oberst Gießauf. Dort ist das Gefühl, in einem Gefängnis zu sein, am schwächsten ausgeprägt, auch wenn der gesamte Bereich mit einer Sicherheitstür verschlossen und die Zimmer (keine Zellen) vergittert sind. Aber innerhalb dieser kleinen Welt können sich die Häftlinge gemeinsam mit 14 anderen Wohnkollegen frei bewegen. Insgesamt gibt es vier solcher Gruppenunterbringungstrakte, die das soziale Lernen fördern sollen. Denn laut Gießauf haben viele Häftlinge Persönlichkeitsdefizite vor allem im Bereich Konfliktbewältigung, die vielfach auch der Grund für die Haft sind.

Nicht nur der künstlerisch gestaltete Innenhof, sondern auch die Hafträume gestalten das Leben in Gefangenschaft doch deutlich erträglicher

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Thema: Himmel und Hölle

Die Insassen der Wohngruppen können sich in ihrem Zimmer einsperren, wenn sie keine Lust auf diese Zwangsgemeinschaft haben. Zu den Gemeinschaftsbereichen innerhalb einer solchen „Riesenzelle“ gehören eine großzügige Wohnküche, ein Wohnzimmer mit bequemen Sitzgelegenheiten, Fernsehern und Tischfußballspiel. Um nicht immer nur gesiebte Luft atmen zu müssen, gibt es Loggien mit Blick auf die grünen steirischen Hügel, allerdings sind diese ebenfalls vergittert. Aber auch die normalen Zellen sind anständig eingerichtet: Neben einem Bett, einem kleinen Kasten und einem WC mit Dusche finden sich auch ein Fernseher und ein Eiskasten.­ Letzte aus praktischen Gründen, denn früher haben Häftlinge, um Lebensmittel kühl zu halten, diese den ganzen Tag ins Fließwasser gestellt. Anders als in herkömmlichen Zellen sind die Gitterstäbe weiter auseinandergesetzt, das Fenster reicht bis zum Boden. Manchen ist das zu viel Sicht – die stellen dann die Bettzeugladen davor, um die Fensterfläche zu verkleinern, schildert Oberst Gießauf. Notgedrungen hat die Anstaltsleitung den Hahn der medialen Berichterstattung zugedreht, auch wenn man eigentlich darauf sehr stolz ist, dass der modernste „Häfen“ der Welt

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Die Hafträume in Eisenstadt sind deutlich spartanischer als die in Leoben.

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Platz ist in Eisenstadt Mangelware. So werden viele Räume kurzerhand umfunktioniert. Im Bild die Werkstatt.

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Die „Kommandozentrale“ der Justizanstalt Eisenstadt

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Nicht nur die Situation in den Eisenstädter Hafträumen ist unerfreulich. Auch die Büros sind sehr eng.

gerade in der grünen Mark steht. Der Ruf eines Mustergefängnisses ist bis nach Japan gedrungen, und am Balkan und am Kaukasus ist die Justizanstalt Leoben sogar angepriesen worden, quasi als Erholungsheim. Auch die im Volksmund als „Kuschelzellen“ bezeichneten Langzeitbesucherräume werden oft herangezogen, um sich zu der Behauptung zu versteigen, dass es den Insassen besser gehe als Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen draußen. Aber: Ein Käfig bleibt ein Käfig. Der landläufigen Meinung, wie ein Gefängnis auszusehen hat, sehr viel näher kommt jenes in Eisenstadt, auch wenn dort niemand in düsteren Kasematten dahinvegetieren muss und in Eisen liegt. Das Haus feiert heuer seinen 50. Geburtstag, und dieses Alter – auf einen Menschen umgelegt – merkt man an den vielen Falten und kleinen und größeren Wehwehchen. Die These, dass Architektur Menschen (in dem Fall Häftlinge und Aufsichtspersonal) und deren Verhalten beeinflusst, könnte im Vergleich der beiden Gefängnisse durchaus untermauert werden: Denn während in Eisenstadt der Umgangston bei der Visite des Anstaltsleiters Günther Wolf bis auf wenige Ausnahmen eher formal ausfällt und die Justizbeamten streng Bericht erstatten („Keine besonderen Vorkommnisse!“), ist der Ton bei dem Kollegen Gießauf eher locker. Der lockerere Umgangston in Leoben könnte im Vergleich auch aus der besseren Raumsituation für die Justizbeamten erklärt werden. Denn ganz anders sieht es in Eisenstadt aus. Dort müssen oft Justizbedienstete zu dritt in Büros mit ein paar Quadratmetern Dienst schieben. Das erzeugt Stress und lässt die Arbeitszufriedenheit leiden. Die baulichen Mängel der alten Gemäuer drücken nicht nur die Stimmung, sondern machen auch eine zeitgemäße Unterbringung der Gefangenen schwer möglich. Allein die Tatsache, dass bei Feiern Ehrengäste auf dem Weg in den Festsaal durch den gesamten Gefangenentrakt geschleust werden müssen, spricht Bände.

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Aber die Abhilfe ist nur eine Frage der Zeit, bis 2011 sollen Sanierung und Erweiterung des Justizzentrums (inklusive des über einen Gang verbundenen Landesgerichts) unter Dach und Fach sein. Die Modernisierung wurde mit rund 36 Millionen Euro veranschlagt. Zwar bleibe die Haftplatzkapazität mit 163 gleich, jedoch werden etwas mehr Werkstätten für die Insassen angeboten, erklärte Wolf. Derzeit sind 165 Häftlinge in Eisenstadt untergebracht, es seien jedoch auch schon 200 gewesen, macht der Leiter der Anstalt im Burgenland auf die beengte Platzsituation aufmerksam. In den Zellen sollen künftig nur noch ein bis zwei Gefangene (dafür gibt es standardisierte Raumvorgaben) untergebracht werden, derzeit seien es fünf bis sechs. Allgemein seien neben den allgemeinen Sicher­heitsaufgaben Kreativität und Flexibilität gefragt, um trotz der baulichen Situation das Beste herauszuholen. Wolf vergleicht die Leitung der Justizanstalt mit der Führung eines Unternehmens. So sollen vor allem seine Mitarbeiter optimal eingesetzt und die Gefangenen beschäftigt werden – wenn es geht, sogar gewinnbringend. Vor Längerem habe sich beispielsweise einer seiner Mitarbeiter im konventionellen Wach- und Schließdienst nicht wohl gefühlt. Daraufhin wurde er mit der Leitung einer Werkstätte betraut, in der bis zu acht Häftlinge verschiedenste Holzarbeiten wie lebensgroße Weihnachtsengel, Stamperlhalter (in Form von Mehrfachsteckdosen) und Weihnachtskrippen basteln, die auf Adventmärkten im Burgenland reißenden Absatz finden. Auch die Wäscherei sei gut ausgelastet. Neben Dressen von regionalen Fußballteams werden auch Tischtücher und -wäsche für verschiedene Auftraggeber gereinigt und gebügelt, weil diese (sie sind rund) nicht maschinell geplättet­ werden können. Eine zusätzliche Einnahmequelle bzw. Beschäftigung für die Häftlinge hat Anstaltsleiter Wolf gegen den Widerstand im eigenen Haus er-


Hinter den Sportplätzen wird in Eisenstadt Gemüse angebaut. Mit der Ruhe ist es ab kommendem Frühjahr aber vorbei. Dann wird grundlegend saniert.

Jetzt ernten wir auf 800 Quadrat­ metern im Jahr 2,8 Tonnen zertifiziertes Biogemüse. Damit können wir ein Viertel unseres Eigenbedarfs (vorrangig von Insassen und Bediensteten) decken. Günther Wolf

es eine immer stärker steigende Anzahl Drogenabhängiger im ­Vollzug gebe, die man alleine aus Selbstschutz nicht hinter Maschinen setzen könne. Diese Klientel wird durch andere­Therapieformen betreut. Ganz andere Probleme hat Leoben: Dort kann die Haftanstalt nicht einmal mit den unschlagbar niedrigen Personalkosten ihrer „Mitarbeiter“ punkten, denn die Obersteiermark ist eine wirtschaftliche Krisen­ region. „Wir haben uns bei den Firmen die Finger blutig geklopft“, beschreibt Gießauf den Einsatz, aber auch die Schwierigkeiten, Aufträge an Land zu ziehen. Auch hier sei die fehlende Qualifikation die größte Hürde, denn Häftlinge brauchten für die gleiche Arbeit die doppelte Zeit, weil der Anteil an Ausschuss deutlich höher ist.

schlossen. Der vorher brachliegende Rasenstreifen zwischen dem Gebäude und der Mauer wurde umgegraben und zum Gemüsefeld verwan­delt. „Jetzt ernten wir auf 800 Quadratmetern im Jahr 2,8 Tonnen zertifiziertes Biogemüse. Damit können wir ein Viertel unseres Eigenbedarfs (vorrangig von Insassen und Bediensteten) decken“, freut sich der Anstaltschef über den Lohn seiner Beharrlichkeit in Sachen Landwirtschaft.

Komplizierter wird der Alltag im Bau auch durch die Multinationalität der Insassen, in Eisenstadt sind es zwischen 15 und 23 Nationalitäten. Der Anteil von Nichtösterreichern an der Gesamtzahl beträgt je nach Einlieferung in die U-Haft zwischen 40 und 78 Prozent. In Leoben liegt der Anteil ebenfalls bei 40 Prozent. In Eisenstadt hat man daher sechs fix angestellte Dolmetscher, die natürlich nicht alle Sprachen von Usbekisch bis Georgisch am Kasten haben. In Leoben ist die Situation etwas weniger­kompliziert.

Einem Ausbau der wirtschaftlichen Aktivitäten stehen aber in beiden Anstalten kaum überwindbare Hürden entgegen. Das größte ­Problem dabei ist, dass es kaum noch Insassen gibt, die handwerkliche oder über­haupt eine Ausbildung haben, berichtet der Wirtschafts­leiter Klaus Faymann: „Wir könnten schon oft mehr Aufträge in die Anstalt holen, sie aber nicht abarbeiten, weil wir die dafür benötigten Häftlinge mit entsprechendem Know-How einfach nicht haben.“ Und ­bei einer Haftdauer von weniger als 18 Monaten (oft nur einigen­­Monaten) würde eine Einschulung einfach keinen Sinn machen. Dazu käme, dass

Auf die Nationalität wird an beiden Standorten schon bei der Belegung der Hafträume Rücksicht genommen, schließlich will man nicht, dass Menschen aus Ländern, die miteinander in Konflikten oder kriegerischen Auseinandersetzungen stehen, diese in der Zelle weiter austragen. Auch beim Kochen wird Rücksicht auf die Religion genommen. Neben Normalkost steht auch muslimische und vegetarische auf dem Speiseplan. Aber selbst wenn das Essen schmeckt, gegessen wird im „Käfig“, was auf den Tisch kommt. Denn Freiheitsentzug geht auch durch den Magen.

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Highlight Luxus-Papier­sammelstelle: Die Tiroler „Schatzkammer“ Der virtuelle Raum verdrängt auch im 21. Jahrhundert keine Bücher. Im Gegenteil: Zellulose verteidigt beharrlich ihre Position und behauptet den akademischen Anspruch. So auch an der Universitätsbibliothek Innsbruck, die gerade für 20 Mio. Euro umgebaut und erweitert wurde. Text: Rainer Hammerle

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underte orange Luftballons und einige Dutzend Studenten bewacht von mindestens ebenso vielen Exekutivbeamten erwarteten die Festgäste zur feierlichen Eröffnung von Österreichs modernster Bibliothek Ende Oktober an der Universität Innsbruck. Wären die zukünftigen Nutzer der Bildungseinrichtung nicht aus ganz anderen Motiven anwesend gewesen, hätte man schlichtweg vermuten können, sie würden dem neuen Bau mit über 3,5 Mio. Bänden ihre Reverenz erweisen. Die Ballons in den Farben des Gebäudeeigentümers, der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), entpuppten sich jedoch als Protestmaßnahme der Österreichischen Hochschülerschaft, die dasselbe Farbdesign ihrer Corporate Identity für medienwirksame Proteste mit Sitzblockaden und Transparententhüllungen nutzten. Da der gewünschte Adressat, Wissenschaftsminister und Neokommissar Johannes Hahn, aber ohnehin nicht erschien, rückte die Bibliotheks­ eröffnung doch in den Mittelpunkt des Festaktes. Ungestört von den friedlichen Studenten vor der Bibliothek, die ohnehin durch Legionen von Polizisten in Schach gehalten wurden, holten verschiedenste Redner weit aus. Die Geschichte im Schnelldurchlauf: „Bibliotheken gelten und galten seit der Zeit Alexanders des Großen als Wissens- und damit verbundene Machtzentren. Mit der Verleihung des Dekretes durch Maria Theresia Mitte des 18. Jahrhunderts erhielt auch Tirol erstmals sein säkulares Bildungszentrum.“ Rektor Karlheinz Töchterle prosaisch: „Bibliotheken sind die Schatzkammern von Universitäten. Man kann ihre Schätze heben und sich daran bereichern, ohne dass jene ärmer werden.“ Mit der Zahl der Studierenden wuchsen im Laufe der Jahre aber auch das Aufgabengebiet und damit der Umfang der Bestände der Universitätsbibliothek (UB). Die Schätze hatten also keinen Platz mehr. Vor rund zehn Jahren begannen daher unter dem ehemaligen Rektor Manfried Gantner die Planungen zum Neubau. Bibliotheksdirektor Martin Wieser, als Leiter der UB verantwortlich für 170 Mitarbeiter und acht Standorte: „Bereits vor der offiziellen Ausschreibung des Architektenwettbewerbs 2005 startete die Planung der logistischen Abläufe. Eines der wesentlichen Ziele galt der Reduktion der Standorte.“ Ein erfolgreiches Vorhaben.

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Highlight: Luxus-Papiersammelstelle. Die Tiroler „Schatzkammer“

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Unter dem künstlerisch gestalteten Vorplatz der Universität Innsbruck schlummern rund 200.000 Bände im Speicher der „neuen“ Bibliothek. Im Hintergrund thront die Nordkette.

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Insgesamt 13 Institutsbibliotheken und drei Fachbibliotheken von Geisteswissenschaft und Naturwissenschaft fanden ihre neue Heimat in der erweiterten UB. Derzeit werden die freien Räumlichkeiten renoviert und ihrer neuen Bestimmung als Seminar- und Lehrveranstaltungsräume zugeführt. Wieser: „Über 700.000 Bücher mussten manuell transferiert werden. Die Neuausrichtung der UB ermöglicht uns generell eine ­Optimierung aller Arbeitsabläufe.“ Nichtsdestotrotz: Auch im 21. Jahrhundert entspricht die Aufteilung der Bibliothek dem klassischen Ideal des 17. Jahrhunderts. Die Architekten Eck, Reiter und Rossmann formierten drei Einheiten: Lesesaal, Magazin und Arbeitsräume.

Ort des Lebens Strahlt der klinikseitig gelegene Altbau noch den Charme eines k.u.k. Amtsgebäudes aus, so entstand mit dem Erweiterungsobjekt eine architektonische und benutzerfreundliche Lösung für das 21. Jahrhundert. Arnold Klotz, Vizerektor für Infrastruktur der Universität Innsbruck: „Das Projekt integriert den bestehenden Altbau und zeichnet sich sowohl durch städtebauliche und architektonische als auch durch funktionale Qualitäten aus.“ Konkret bedeutet dies Folgendes: Das gesamte Tiefparterre des Bruno-Sander-Hauses wurde entkernt und der vorgelagerte, abgesenkte Platz zwischen Inn und Universitätskreuzung als Erweiterung verbaut. Rund 4.000 Quadratmeter neue Fläche konnten so hinzugewonnen und mit dem südseitigen, überaus einladenden und breiten Eingang ein markantes Eintrittszeichen geschaffen werden. Christoph Stadlhuber, Geschäftsführer der BIG: „Der Neubau punktet durch mehr Licht, Transparenz und Benutzerorientierung sowie durch zwei Kunstprojekte der Künstler Georgia Creimer und Clegg & Guttmann, die eigens für diese Architektur geschaffen wurden.“ Licht strömt nun durch die Öffnungen der Lichtschächte der großen breiten Platte, die verbunden mit einem Stiegenaufgang straßenseitig die Universität mit der Stadt verbindet. Diese Freifläche mündet direkt im neu verglasten Erdgeschoss des Bruno-Sander-Hauses, das nun einen direkten Blick auf den Innenhof des GEIWI-Vorplatzes ermöglicht und zahllose Anreize als öffentlicher Erholungsraum für Studierende bietet. Architekt Peter Reiter: „Die Höfe verbinden Innen- und Außenraum. Als Reaktion auf die topografischen Gegebenheiten vor Ort wird das Dach der Bibliothek zum neuen Zugang der Universität.“ Die ehemaligen Hörsäle auf dieser Ebene wurden durch eine Cafeteria sowie weitere Aufenthaltsräume ersetzt und erfreuen sich bereits hoher ­Frequentierung.

Wissenschaft für alle Bereits mit der Gründung unter Maria Theresia erfüllte die Universitätsbibliothek auch die Funktion einer Tiroler Landesbibliothek. Das gesammelte Wissen des Landes wanderte in die Archive und wurde für Wissenschaft wie Öffentlichkeit zur Nutzung bereitgestellt. Mit dem Um- und Neubau der UB zwischen 2007 und 2009 stellten Land Tirol, Stadt Innsbruck und Universität Innsbruck diese Aufgabe auch auf rechtlich solide Beine. Im Gegenzug für großzügige finanzielle Unterstützung besiegelte die UB nun auch vertraglich ihre Aufgabe als Landesbibliothek und garantiert damit auch allen nicht universitären Mitgliedern den Zugang zu ihren „Schätzen“.

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Eine breite Glasfront empfängt den Besucher einen Stock tiefer am Eingang und lenkt den Blick auf die großzügigen Ablage- und Entlehnplätze der Bibliothek. Im Zentrum steht Benutzerfreundlichkeit: Sie zeigt sich in der Einführung eines neuen, unbürokratischen Ausleihsystems sowie verlängerter Öffnungszeiten bis Mitternacht und an den Wochenenden. Eine neue Buchförderanlage sorgt für Tempo. Die metallenen Wägelchen muten auf ihrem Schienensystem wie aus einem Science-Fiction-Roman an, ermöglichen aber die rasche Lieferung sämtlicher erwünschter Bücher aus den sechs Stöcken des Magazins der alten Universitätsbibliothek direkt in den Entlehnbereich. Wer den langen Gängen in Richtung der innseitig gelegenen Panoramafenster folgt, trifft auf mehrere von Lichtschächten unterteilte Sitzeinheiten. Bibliotheksdirektor Wieser: „Wir bieten unseren Nutzern rund 300 Lese- und Arbeitsplätze mit hervorragender Infrastruktur wie beispielsweise WLAN an.“ Die tonnenschweren Findlinge inmitten der Lichtschächte gelten unter den Studierenden bereits als Orientierungshilfe und Treffpunkt. Georgia Creimer hatte wohl mit den Tiroler Steinen eine identitätsstiftende Rolle im Sinn, wenn Sie auf Ihre „zentrale Idee einer Verbindung zwischen dem unterirdischen Innenraum der Bibliothek und dem auch für Passanten und Stadtbewohner sichtbaren öffentlichen Außenraum“ hinweist. Ob die weißen Ringe tatsächlich alle Studierenden zu höherer Konzentration anregen, bleibt dahingestellt. Sicher ist, dass dieser öffentliche Raum bereits hervorragend ­angenommen und regelmäßig komplett bevölkert wird. Mit den ­Büchern aus dem Freihandbereich und dem Laptop am eigenen Arbeitsplatz bestehen so optimale Bedingungen für verschiedenste wissenschaftliche Tätigkeiten.

Der kurz vor der Eröffnung noch geschlossene ­Lesesaal ist mittlerweile stark frequentiert.

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Das Kunstprojekt, tonnenschwere Findlingssteine, soll als eine Art Z ­ en-Garten eine Atmosphäre der ­Ruhe und Meditation verbreiten.

Baufahrplan UNI Innsbruck Der Umbau der UB bildet einen kleinen Teilbereich eines ­ehrgeizigeren Vorhabens der Neuausrichtung der Universität Innsbruck. ­Vizerektor Klotz: „Nach Fertigstellung der Räumlichkeiten der GEIWI und des Bruno-­ Sander-Hauses stehen die Sanierung der Bereiche Architektur und Bauingenieurswesen ab 2011 und die Umsetzung der Schutzeinrichtungen für ­Arbeitnehmer und der Barrierefreiheit in den ­Erziehungswissenschaften auf dem Programm.“ Nach Fertigstellung der Chemie, Pharmazie und theoretischen Medizin wird die Alte Chemie ebenfalls 2011 ihrer Nach­ nutzung zugeführt. Zwischen 2013 und 2015 entsteht an der Technik das Haus der Physik. Klotz: „Mittelfristig ist es unser Ziel, alle Institute auf die 3 Bereiche Innrain, Campus Technik/USI und SOWI/Theologie ­zusammenzuführen.“

Primär konzentriert sich die BIG als einer der größten Immobilieneigentümer Österreichs bei großen Bauvorhaben eher auf das optimale Zusammenspiel von Wirtschaftlichkeit, Architekturqualität und Funktionalität. Dennoch ist Platz für spielerische Details wie das drehbare Lesepult von Clegg & Guttmann sowie die Textzitate aus Christoph Ransmayrs Roman „Der fliegende Berg“, in dessen Handschrift an den Glasbrüstungen der Atrien perfekt umgesetzt. Details, die zum Denken und Staunen anregen, die aber wohl den demonstrierenden Studierenden in ihrer Aufregung letztlich noch verborgen blieben.

Historisch: Das „neue“ alte drehbare Lesepult

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Thema

Superlative Architektur Die neue Wirtschaftsuniversität im Wiener Prater erfüllt alle Voraussetzungen, um neue Dimensionen im heimischen Wissenschaftsbetrieb zu gewährleisten. Aber wird es auch gelingen, auf dem riesengroßen Areal für studentische Urbanität und Leben zu sorgen?  Text: Christian Mayr

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chon beim symbolischen Baustart Ende Oktober schwang viel Prominenz den Spaten, um ihn anschließend synchron in die Leopoldstädter Erde zu rammen: Die Minister Reinhold Mitter­ lehner und Johannes Hahn, Bürgermeister Michael Häupl, sein Planungs­stadtrat Rudolf Schicker, Wirtschaftskammer-Chefin Britte Jank, WU-Rektor Christoph Badelt, der zuständige Vizerektor Michael Holou­bek sowie die BIG-Geschäftsführer Wolfgang Gleissner und Christoph Stadlhuber. Darüber hinaus noch alle beteiligten Architekten. Schließlich wird nicht alle Tage eine neue Wirtschaftsuniversität zu bauen begonnen, die noch dazu den Anspruch erhebt, die Universität des 21. Jahr­hunderts zu werden. So jedenfalls sieht es Rektor Badelt, der extra darauf hinwies, dass der Neubau weder selbstverständlich sei, noch eben ein bloßes Gebäude errichtet werde. „Der neue Campus­ wird der WU jene räumliche Identität geben, die zum Ziel passt, einen Spitzenplatz im Feld der europäischen Wirtschaftsuniversitäten einzunehmen. Unsere Universität wird durch ihren neuen Campus sowohl als Ausbildungs- als auch als Forschungsstätte noch attraktiver.“ Oder wie es Stadlhuber ausdrückte: „Bilbao hat ein Guggen­heim-Museum, Hamburg die Elbphilharmonie, Wien bekommt einen WU-Campus.“ Tatsächlich konnten für den aus sechs Bauteilen bestehenden Campus international anerkannte Spitzenarchitekten gewonnen werden, die sich jedoch aufgrund der Ausschreibungskriterien erst in einem Wettbewerb durchsetzen mussten. Herzstück des Universitätsareals soll das Bibliotheks- und Lernzentrum werden, das mit seiner weit nach vorne überragenden Fassade der neuen WU wohl sein prägendes Gesicht geben wird – es wird von der irakischen Architektin Zaha Hadid geplant. Das Eingangsgebäude bei der U2-Station Messe wurde von dem spanischen Architekten Eduardo Arroyo entworfen und soll die ­„Executive Academy“ der WU (Postgraduale Weiterbildung) beherbergen. Das Gebäude W2, in dem unter anderem Forschung und Verwaltung einziehen werden, stammt aus der Feder des Briten Peter Cook, der schon das spektakuläre Kunsthaus Graz gebaut hat. Der gegenüberliegende W1-Komplex (u. a. Finanz- und Volkswirtschaft) stammt von Carme Pinós (Spanien). Die Departmentgebäude im Osten (O2) wurden von Hitoshi Abe (Japan) bzw. BUSarchitektur (O1) entworfen. BUSarchitektur zeichnet auch für den Masterplan und die Anordnung der einzelnen Komplexe verantwortlich.

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Library & Learning Center, Zaha Hadid Architects

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Thema: Superlative Architektur

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1–2 Departments und Aula Hörsaalzentrum, BUSarchitektur 3

Departments und Spezialbibliotheken, CRABstudio

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Executive Academy, NO.MAD Arquitectos

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Departments und sozialwissenschaftliche Spezialbibliothek, Estudio Carme Pinós

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Auch rein bautechnisch sorgt das Großprojekt auf dem rund zehn Fußballfelder großen Areal der ehemaligen Messehallen für Superlative: Nach dem Abbau der bestehenden Hallen arbeiten 20 Bagger am Aushub von rund 260.000 Kubikmeter Erdmaterial, die von rund 180 Lkw pro Tag weggeführt werden. Im Frühsommer 2010 ist die sieben Meter tiefe Baugrube fertig, danach beginnen ab Herbst 2010 die Rohbauarbeiten – angefangen mit dem Hadid-Komplex. Insgesamt werden dabei von im Durchschnitt 500 Arbeitern 15.000 Tonnen Bewehrung und 150.000 Kubikmeter Beton verarbeitet. Verläuft alles nach Plan, werden ab dem Wintersemester 2013/14 mehr als 20.000 Studierende den Campus mit insgesamt 50 Seminarräumen und fünf Großhörsälen nutzen. Bis zur Eröffnung sollen insgesamt 3.000 qualitativ hoch­wer­ tige Arbeitsplätze für Studierende und 4.800 Lehrplätze geschaffen werden. Die Gesamtkosten sollen 490 Millionen Euro betragen (zuzüglich 46 Millionen Euro Einrichtungskosten), wobei sich Minister Mitterlehner überzeugt zeigte, dass diese Kostendecke auch eingehalten werden wird.­ Übrigens verdankt die neue WU es ausgerechnet der Wirtschaftskrise,­ dass derart zügig gebaut werden kann. Denn laut Badelt rutschte das Projekt in das vorgezogene Konjunkturpaket des Bundes, weshalb plötzlich die Finanzierung gegeben war, nachdem zuvor noch ein großes Loch klaffte. „Der Neubau der WU ist derzeit das größte Bauvorhaben des Bundes. Ab sofort werden zahlreiche österreichische Unter-

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nehmen in der Wirtschaftskrise mit wichtigen Aufträgen unterstützt. Das schafft und sichert Arbeitsplätze“, formulierte es Mitterlehner. Im September schließlich wurden die mit dem Finanzministerium akkordierten Verträge zwischen der gemeinsamen Projektgesellschaft von BIG und WU mit dem Wissenschaftsministerium fixiert. Zugleich musste aber zuvor der Sparstift angesetzt und das Projekt gegenüber den ersten Plänen um rund zehn Prozent redimensioniert werden, berichtet BIG-Projektleiter Maximilian Pammer: „Dabei handelt es sich vorwiegend um optionale Flächen. Falls die Universität im Zuge von Umstrukturierungen oder überdurchschnittlichem Wachstum über das derzeitig vorgesehene Maß wachsen sollte, kann rasch dazugebaut werden, weil die Widmung für diese Erweiterungsflächen bereits besteht und in der Planung berücksichtigt wird.“ Aber auch innerhalb der einzelnen Komplexe sei bereits eine Universität mit Optimierungsspielraum eingeplant: „Es gibt Verdichtungsmöglichkeiten, die eine weitere Reserve darstellen, etwa die Zusammenlegung von Einzelbüros“, so Pammer. Gespart wurde auch beim spektakulären Hadid-Gebäude, wo die Schrägstellung leicht zurückgenommen wurde und nun entsprechend kostengünstiger kommt: „Anfangs waren es 45 Grad, jetzt sind es bis zu 35 Grad. Jeder einzelne Grad bringt hier Einsparung ein“, sagt Pammer, der auf das Einverständnis des berühmten Architekturbüros verweist. Es sei – anderes als etwa bei Hadids letztlich missglücktem Wohnbau in Wien-Spittelau – alles akkordiert worden.

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Aber kann ein derart großes neues Wissenszentrum, das mitten in der Leopoldstadt aus dem Boden gestampft wird, auch städtisches Flair und Urbanität vermitteln? Oder droht vielmehr ein autarkes Stadtzentrum, wo nachts die Lichter ausgehen? Diesem Aspekt gelte hohe Priorität, versichert Pammer: „Wir wollen mit verschiedensten Maßnahmen die Öffentlichkeit auf das Areal ziehen.“ So werde es auf dem Campus viele neue Grünflächen und einen Grüngürtel aus Ginkgobäumen geben, eine Sequenz gemütlicher Plätze, dazu öffentlich zugängliche Bereiche in den Erdgeschoßzonen in Form von Lokalen, Bäckereien und einem Nahversorger. Ziel sei es, die Studenten ganztags an den Campus zu holen. Ganz wichtig seien auch die geplanten Radwege, die rund um das Areal sowie auch zu den jeweiligen Gebäudekörpern führen. Letztlich solle das WU-Areal mit dem benachbarten grünen Prater mit seinen vielen Erholungssuchenden verschmelzen.

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20.11.2009

12:37 Uhr

Wertvolle Synergien erwartet man sich auch durch die Nähe zum nördlichen Nachbarn, der neuen Messe. „Der größte Hörsaal, das Audimax, wird rund 650 Plätze bieten. Einzelne größere Vorlesungen oder Eingangsprüfungen können in den Messehallen stattfinden“, erklärt Pammer. Umgekehrt wird die WU bei Messen ihre Bereiche – wie etwa die Aula der Bibliothek – zur Verfügung stellen. In Diskussion ist, wie zwischen den beiden Zonen ein adäquater Übergang geschaffen werden kann. Eine der großen alten Messehallen wird übrigens nicht demoliert, sondern eins zu eins von der zuständigen Abbruchfirma in Oberösterreich als Lagerhalle wiederaufgebaut. Ein Punkt, der wie viele andere Maßnahmen in der Bauphase dazu beitragen soll, dass die neue WU mit dem Green-Building-Gütesiegel für nachhaltiges Bauen ausgezeichnet werden kann. Konkret sollen zumindest 50 Prozent des Wärme- und Kältebedarfs durch Geothermie abgedeckt und der Warmwasserbedarf der Küchen (etwa der Mensa) sowie der Sanitärräume im Sportbereich mittels Solarkollektoren erzeugt werden. Vorgesehen ist auch, dass campusweit die Serverräume auf sogenannte Green IT umgestellt werden; die Abwärme wird über Wärmerückgewinnung wieder in das Energienetz eingespeist. Nachhaltig genutzt soll auch die alte WU in der Spittelau werden – wie genau, ist aber noch offen. Aktuell werde mit der Universität Wien über eine Nachnutzung verhandelt, nach einer bestandsfreien Sanierung wäre der frühest mögliche Bezugstermin 2015.  Christian Mayr ist Redakteur der „Wiener Zeitung“.

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WAS WÜRDEN SIE GERNE WISSEN UND ERFORSCHEN >

Eine erstklassige Ausbildung ist Basis für ein erfolgreiches Berufsleben. Wissen und Qualifikationen helfen, auch Krisen am Arbeitsmarkt zu bewältigen. Wer ein Studium abschließt, verringert das Risiko arbeitslos zu werden im Vergleich zum Pflichtschulabschluss um das Sechsfache. Ein Bachelor Studium ermöglicht einen akademischen Abschluß bereits nach 3 Jahren. Der Bachelor ist ein international anerkannter Titel. Das Studium widmet sich von Beginn an auch der Vorbereitung auf die Arbeitswelt. Ganz so, wie sich das 90% aller Studierenden in Österreich erwarten. Mehr darüber erfahren Sie auf www.bmwf.gv.at. BM Johannes Hahn

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Wissen schafft > Arbeit.

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Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung


Thema

Buntes Treiben im grünen Prater Die neue Wirtschaftsuniversität Wien wird dem Prater zusätzlichen Aufschwung verleihen. Das Zusammenspiel von Büros, Lehre und Forschung mit Freizeit, Naherholung und Sport soll zwischen Lusthaus und Stuwerviertel eine ganze Region befruchten.  Text: Clemens Rosenkranz

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Thema: Buntes Treiben im grünen Prater

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ie Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) expandiert im Wiener Prater. Bis dato standen im Norden der Hauptallee nur die „Bildhauerateliers des Bundes“ im Eigentum der BIG. Mit Errichtung der neuen Wirtschaftsuniversität bei der Wiener Messe hat das Immobilienunternehmen nun klar die bisherige Demarkations­ linie überschritten. Dagegen sind zumindest laut Grundbuch die Verhältnisse südlich der kastaniengesäumten Prachtstraße und ihrer gedachten Verlängerung hinter dem Lusthaus seit Langem klar: Stolze 3,6 Millionen Quadratmeter gehören der BIG. Die Mieterlöse sind überschaubar. Dafür haben aber auch andere die Arbeit. Nämlich die Spezialisten der Wiener Magis­tratsabteilung 42. Gemäß einem seit Jahrzehnten geltenden Vertrag ist das Stadtgartenamt für Pflege und Erhaltung des Geländes zuständig. Die BIG hat beim Sprung über die Grenze keine gärtnerischen, sondern städtebauliche Motive. So soll die neue Wirtschaftsuniversität Wien (WU) südlich der Messe zu einer weiteren Transformation des gesamten Ostteils des zweiten Wiener Gemeindebezirks Leopoldstadt führen. Nach Fertigstellung im Jahr 2013 wird die BIG dafür insgesamt 490 Millionen investiert haben. Die neue Universität ist der totale Kontrapunkt zu dem, was sich an einem Spätsommertag im September am Territorium der BIG zwischen Prater­stern und Flughafenautobahn im Prater besichtigen lässt: So befin­det sich mitten im grünen Reich der Steg des Bootsverleihs am Heustadlwasser. Im milden Licht – unmittelbar südlich der Haupt-

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Wenn auch punkto Mieterlöse nicht gerade aufregend, so ist doch die Bootsvermietung eine idyllisch liegende Perle im Portfolio der BIG.


allee, Kreu­zung Meiereistraße – liegen malerisch bunt gestrichene Ruder­boote an einer aus Holzbrettern gezimmerten Reede. Neben einem hölzernen einstöckigen Wirtshaus steht ein altes, in angegrautes Kaisergelb ge­hülltes zweistöckiges Gebäude, in dem der Pächter des Bootsverleihs wohnt. Weiter Richtung Süden, entlang der Rustenschacherallee, haben Sportvereine ihr Zuhause. Dazwischen stehen kleine hölzerne Kioske, an denen Imbisse und Getränke feilgeboten werden. Wo im Sommer wohl immer etwas los ist, herrscht an einem Spätseptember-Vormittag gähnende Leere. Die meisten Kioske sind noch nicht offen. Offenbar ist es den vormittäglichen Spritzer-, Krügel- und Würstelgenießern schon zu kalt. Unmittelbar neben der Flughafenautobahn erstreckt sich in Gestalt der Pferderennbahn Freudenau eine Welt, die trotz augenscheinlich längst vergangener Blüte immer noch Noblesse ausstrahlt. An einem eisernen Tor ist allerdings Schluss. Denn eine Besichtigung der Anlage ist – aufgrund fehlender Absprache mit dem Pächter – nicht möglich. Die Rennbahn ist über einen Baurechtsvertrag an eine Gesellschaft vergeben. Das gesamte parkartige Areal umfasst 100 Hektar. Ein paar Pferde traben geführt von ihren Reitern oder Stallburschen vorbei. Aus einer Garage am Gelände rollt gemächlich ein Fiaker in Richtung Innenstadt. Weil kein Renntag ist, liegt die Anlage im Dornröschenschlaf. Auf der Hinterseite der kaisergelben Tribünengebäude, deren Dienstboten- und Pferdeeingang nur über eine sehr rustikale, enge Straße mitten durch ein Wäldchen zu erreichen ist, blättert der schöne Schein. Die wohl schon 100 Jahre alten hölzernen pavillionartigen Wettannahmestellen sind vom Zahn der Zeit arg angenagt. Wettfieber lässt das verfallende Ambiente nicht aufkommen.

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Thema: Buntes Treiben im grünen Prater

Die unter Denkmalschutz stehende Freudenau wurde über ein fast hundert Jahre dauerndes Baurecht „aus der Hand“ gegeben.

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Die Rettungshundestaffel trainiert im Normalfall unter Ausschluss der Öffentlichkeit direkt hinter der Flughafenautobahn A4.

2–3 Die BIG ist auch stolzer Besitzer von über tausend Kleingartenparzellen im Prater

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Ebenfalls auf BIG-Gebiet liegt die – abgesehen von ein paar Hundebesitzern – verwaiste Jesuitenwiese. Die 112.000 Quadratmeter baumgeschmückte Naturparkanlage zwischen Rotunden- und Rustenschacherallee wurde nach der Aufhebung des Ordens 1773 vom Staat eingezogen und als Exerziergelände für die Infanterie verwendet. Heute ist die Jesuitenwiese der größte Spiel-, Grill- und Freizeitplatz der Bundeshauptstadt. Am Rande des Geländes nahe der Straße ragt ein Rodel- und Rutschhügel auf, der nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Schutt zerbombter Häuser aufgehäuft wurde.

Gartenzwerge Am ganz anderen Ende des Spektrums, sowohl räumlich als auch thematisch, liegt hinter sauber geschnittenen Hecken von Kleingartenvereinen am Kanalwächterhausweg – die BIG ist auch stolzer Eigentümer von 1.213 Kleingartenparzellen im gesamten Prater – ein gut eingezäuntes Areal. Dort hat seit fünf Jahren die Rettungshundestaffel der Wiener Feuerwehr ihr Ausbildungszentrum. Insgesamt 15 gut trainierte Vierbeiner sind in gemauerten und offenen Boxen untergebracht. Stolz präsentiert Peter Schüler von der Wiener Feuerwehr seinen schwarzen mächtigen Riesenschnauzer Flint, der bei allen Leistungstests glänzt und eben Österreich-Champion wurde. Dieser zeigt auch gleich ein Probe seines Könnens und sucht in den drei am Ende des Gartens eingerichteten Verstecken in einem­ Chaos von zertrümmerten Betonplatten und herausragenden spitzen Stahlträgern seinen Hundeführer. Ob Indien, Türkei und Iran – und jetzt eben in Sumatra: Nach allen großen Erdbeben schlägt die Stunde des Riesenschnauzers und seiner Kollegen.

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Nicht mit Katastrophen, aber mit den Tücken der Natur kommen die Gärtnerteams von der MA 42 in Berührung. Für sie ist der grüne Prater ein luftiger Arbeitsplatz, der sie stark fordert. Schließlich sind sie für die Betreuung von rund sechs Millionen Quadratmetern Wald- und Wiesenfläche zuständig. Und diese in Schuss zu halten ist besonders in der schneefreien Zeit eine Aufgabe ohne Ende. „Nur im Prater haben wir permanent 30 bis 35 Leute im Einsatz“, schildert Stadtgartenbezirksleiter Klaus Gamber von der MA 42. „Am meisten zu tun haben die Gärtner mit den Wiesen und den Alleebäumen, die sie intensiv pflegen müssen. Denn ein Drittel der Fläche des Praters, also rund zwei Millionen Quadratmeter, besteht aus Grasflächen, die regelmäßig gemäht werden müssen.“ Nur extensiv müssen sich die Stadtgärtner dagegen um die ausgedehnten Waldflächen östlich der Meierei kümmern. Diese Gegend ist Naturschutzgebiet. Eingriffe erfolgen nur, um die Sicherheit der Spaziergänger und Sportler zu gewährleisten. Das Haupteinsatzgebiet der Baumpfleger ist aber die über vier Kilometer lange Hauptallee vom Praterstern zum Lusthaus, die von bis zu sieben Baumreihen gesäumt wird. Dafür hat Gamber eine eigene Baumschneidepartie zur Verfügung, die sich um einige tausend Bäume, darunter viele Kastanien, zu kümmern hat. Konkrete Zahlen gibt es zwar nicht, aber im gesamten Rayon, der den 2. und 20. Gemeindebezirk umfasst, stehen rund 12.000 Alleebäume. Städteplaner geraten aber nicht nur im Frühling angesichts des blühenden Praters ins Schwärmen. So meint Thomas Madreiter, Chef der für Stadtentwicklung und Stadtplanung zuständigen Magistratsabteilung: „Der Prater ist für einen Stadtplaner in Wien das Attraktivste, was man sich vorstellen kann.“


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Im November wurde bereits die Halle 10 am Messegelände demontiert. Sie muss der neuen WU weichen.

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BIG-Grund für Leistung: das Sport- und Seminar­zentrum

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Ein weiteres BIG-Kleinod: das Knusperhaus

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Die Praterateliers für „Nachwuchskünstler“

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Thema: Buntes Treiben im grünen Prater

Aber wo Licht, da auch Schattenplätze wie das Stuwerviertel: ein Gebiet zwischen Praterstern, Mexikoplatz (bzw. der Donau) sowie dem Wurstl­ prater, begrenzt von Lassallestraße, Handelskai und Ausstellungsstraße. Neben Substandardwohnungen ist das Viertel über die Grenzen des Bezirks für seine endemische Straßenprostitution nicht gerade unbekannt. Allerdings seien mit dem neuen Stadtteil Viertel Zwei, der U-Bahn und dem Messegelände in der Umgebung schon klare Impulse in Richtung Aufwertung gesetzt worden. Der Neubau der Wirtschaftsuniversität mit ihren 1.500 Mitarbeitern und 25.000 Studenten könnte damit zum Katalysator für eine Neupositionierung werden. Denn diese Gegend biete noch erschwingliche Wohnungen für Studenten, und ein starker Zuzug könnte den Charakter des Viertels klar beeinflussen. Zusätzlich biete eine Stätte für Lehre und Forschung die perfekte Ergänzung zu der schon vorhandenen (Freizeit-)Infrastruktur. Allerdings berge die Entwicklung auch Risiken, denn Einrichtungen wie eine Uni hätten leider eine inhärente Tendenz, sich abzuschotten. Aus Haftungsgründen würden die rechtlich Verantwortlichen blitzschnell Zäune, Tore oder Zugangsbeschränkungen hochziehen. „Das müssen wir mit Argusaugen beobachten, denn die konzeptionell unbestrittene Öffnung der WU zum Umfeld und zum Bezirk muss erhalten bleiben“, sagt Madreiter. „Es ist eine ganz wichtige Aufgabe der Planer, die Wegeführung, die Beleuchtung und Erschließungskonzepte in Hinblick auf Sicherheit und Vermeidung sogenannter Angsträume zu optimieren. Eine bauliche Abgrenzung des Campus durch Mauern kommt nicht infrage“, so BIG-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber. Im Gegenteil: „Universität und Prater werden einander befruchten, wodurch die gesamte Gegend profitieren wird“, zeigt sich der BIG-Chef und gelernte Raumplaner vom breiten Erfolg des Projekts überzeugt.

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Thema

Der lange Schatten der Nymphe Seit Anfang November gibt es an der Uni Wien ein neues Kunstobjekt: Unter dem Titel „Der Muse reicht’s“ wirft die Statue der Nymphe Kastalia im Arkadenhof einen überdimensionierten Schatten. Es ist ein Statement gegen die Männerdominanz bei den Ehrenbüsten. Text: Mathias Ziegler

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chatten, welcher Schatten? Es scheint doch gar keine Sonne …“ Die 23-jährige Publizistikstudentin Elisabeth wirkt irritiert. Sie soll ihre Meinung zum Schattenwurf der Kastalia abgeben. Nur: Den „Schatten“ aus dunklem Granit, den die Künstlerin Iris Andraschek die Muse werfen lässt, erkennt man im Hof unten nicht wirklich. Die wenigen Studenten, die sich Anfang November zwischen den Arkaden tummeln, glauben eher an „ausgebesserte Stellen im Asphalt“. Umso imposanter ist der Schattenwurf dafür, wenn man aus dem zweiten Stock des Universitätsgebäudes hinunter in den Hof blickt. Da erstreckt sich plötzlich eine dunkle, groß gewachsene, breitbeinig dastehende Frauensilhouette über die helle Kalksteinpflasterung. Bei der Gestaltung des Umrisses ließ sich die Künstlerin von verschiedenen Vorlagen inspirieren. Da wäre einerseits das berühmte „Riot Girl“ der 1990er-Jahre, die virtuelle Cyberheldin Lara Croft, die „Freiheit“ von Eugène Delacroix, und auch aus der Uni selbst kamen jede Menge Vorlagen. Andraschek ließ nämlich zahlreiche Frauen aus dem Lehrbetrieb vor der Kamera posieren. Aus all diesen Motiven konzipierte sie dann ihre Figur. Dass diese die Faust ballt und lange Hosen und Schuhe mit Absätzen trägt (vor allem Letzteres finden einige Studentinnen „nicht unbedingt emanzipatorisch“), war also nicht die originäre Idee der Künstlerin, sondern ist sozusagen der kleinste gemeinsame Nenner aller Vorlagen. „Deshalb hat meine Muse auch keinen Rock an – weil die meisten Frauen Hosen anhatten“, erläutert Andraschek. Und auch die Bobfrisur kam auf diese Art zustande. Wer weiß, vielleicht erkennt sich ja die eine oder andere Uni-Mitarbeiterin in dem Objekt wieder.

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Thema: Der lange Schatten der Nymphe

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153 Männerbüsten – und eine Tafel für eine Frau Aber warum eigentlich „Der Muse reicht’s“? Was steht hinter dem Titel? Nun, es geht um ein Zeichen, das gesetzt werden soll, gegen die ungerechte Bewertung von männlichen und weiblichen Leistungen in der Wissenschaft. Nach wie vor werden in der beruflichen Karriere deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern sichtbar. Es gibt immer noch so etwas wie Sollbruchstellen, an denen Frauen unweigerlich scheitern – man denke nur an Österreichs einzige Rektorin, Ingela Bruner, die nach nur einem Jahr an der Spitze der BOKU wieder aufgegeben hat. Auch in der universitären Ehrungspolitik wurden Frauen jahrzehntelang mehr oder weniger ignoriert. Und an kaum einem anderen Ort wird dies dem Betrachter deutlicher vor Augen geführt als eben im Arkadenhof der Universität Wien: Mit 154 ­Denkmälern hat man hier herausragende Persönlichkeiten gewürdigt – darunter findet sich eine einzige Frau: die Ehrendoktorin Marie von Ebner-Eschenbach. Und diese hat nicht einmal eine Büste, sondern bloß eine schlichte Gedenktafel. Höchste Zeit also, diesen Missstand auch auf künstlerische Art aufzuzeigen. Und da die Statue der Muse Kastalia – jener Nymphe, die sich auf der Flucht vor dem zudringlichen Apollon bei Delphi in eine Quelle stürzte – mitten im Hof steht, bot es sich förmlich an, sie mit einzubeziehen. Zumal sie vor genau hundert Jahren, nämlich 1909, von Edmund Hellmer (von ihm stammen auch der ­Frontgiebel des Parlamentsgebäudes, das Goethe-Denkmal am Ring und das ­Johann-Strauss-Denkmal im Wiener Stadtpark) gestaltet wurde. So ist es zugleich eine Jubiläumsehrung für die Nymphenfigur. Realisiert wurde das Kunstprojekt von der BIG als Gebäudeerhalter. „Das Projekt von Iris Andraschek thematisiert nichts Geringeres als das Stillschweigen über die wissenschaftlichen Leistungen von Frauen in der Vergangenheit“, erklärt BIG-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber. Bei „Der Muse reicht’s“ hat die BIG eng mit der Universität zusammengearbeitet. Und einmal mehr wurde jenes Wettbewerbssystem umgesetzt, das die BIG bei ihren Kunstaktivitäten vor rund fünf Jahren eingeführt hat. „Es sollen keine Direktbeauftragungen an Künstler erfolgen“, erläutert Stadlhuber. Vielmehr sollen die Benutzer der Gebäude, in denen die BIG Kunst schaffen lässt, aktiv in die Auswahl

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der Projekte eingebunden werden. Der Jury gehören auch erfahrene Künstler und Architekten an. Im Fall von Iris Andrascheks Siegerprojekt wurde der Kunst-und-Bau-Wettbewerb von Katharina Blaas (Leiterin von „Kunst im öffentlichen Raum NÖ“), Mona Hahn (Künstlerin), Paul Katzberger (Architekt), Johann Jurenitsch ­(Vizerektor Uni Wien) und Susanne Holler-Mündl (BIG) d ­ urchgeführt.

„Die Zukunft der Universität wird weiblicher“ Voll und ganz hinter dem Kunstwettbewerb steht auch Rektor Georg Winckler, der in Sachen Ehrungen „ein zentrales Versäumnis der Universität“ ortet. „Dies wurde nun künstlerisch aufgearbeitet.“ Besonders erfreulich ist für ihn, dass dadurch auch der wissenschaftliche und institutionelle Diskurs zu den bestehenden und den zu er­reichenden Geschlechterverhältnissen angeregt wurde. Winckler verspricht: „Die Zukunft der Universität wird viel stärker von Frauen gestaltet werden. In absehbarer Zeit sicher auch von der obersten Führungsebene aus. In den letzten 645 Jahren war die Uni männlich dominiert – die nächsten 645 Jahre sollen anders aussehen.“ An der Männerdominanz im Arkadenhof wird sich allerdings nichts ändern. Dass weibliche Büsten dazukommen, ist eher unwahrscheinlich, nicht zuletzt aus Denkmalschutzgründen. Seit dem Zweiten Weltkrieg wurden nur noch ganz wenige außergewöhnliche Personen geehrt (darunter Sir Karl Popper oder Sigmund Freud). „Die Ehrungen wurden auf ein Minimum beschränkt und sind quasi abgeschlossen.“ Es werde aber in Zukunft viel mehr Ehrungen für Frauen geben, verspricht der Rektor, wenngleich in anderer Form. Büsten entsprächen ohnehin nicht mehr ganz dem Zeitgeist. Konkretes will er zu diesem Zeitpunkt aber nicht verraten. „Das kann ich auch gar nicht. Die Form wird nämlich jetzt gleich in einem nächsten Schritt gemeinsam mit Künstlern erarbeitet“, sagt der Rektor. Eines steht jedenfalls fest: Den künftigen Elitewissenschafterinnen soll es auf jeden Fall besser ergehen als Marie von Ebner-Eschenbach. Deren schlichte ­Gedenktafel ist nämlich noch dazu so platziert, dass man sie selbst, wenn man weiß, dass sie da ist, nur schwer findet. Der Schatten der Muse kann also nur als erster Schritt in Sachen Gleichberechtigung gesehen w ­ erden.


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Thema: Der lange Schatten der Nymphe

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Interview mit Christoph Stadlhuber, Geschäftsführer der BIG

„Kunst muss nicht provozieren, aber sie darf“

BIG Business: Abseits der harten Kalkulationen des Baugeschäftes fördert die Bundesimmobiliengesellschaft auch die Kunst. Wie passen Kunst und Bau ­zusammen? Stadlhuber: Die Erklärung dafür ergibt sich aus der Geschichte dieser Projekte. Die ersten Gehversuche vor mehreren Jahren liefen noch unter dem Titel „Kunst am Bau“. Bereits nach kurzer Zeit haben wir die Projekte auf „Kunst und Bau“ geändert. Der Grund dafür ist die gleichwertige Koexistenz von künstlerischer Gestaltung und baulich technischer Ausführung. BIG Business: Basis der Kunst ist ja eine Art subjektive Wahrnehmung des Betrachters, und damit gefällt klarerweise nicht jedem alles. Wie suchen Sie die Projekte aus, und wer finanziert sie? Stadlhuber: Wir realisieren und drei bis fünf Projekte pro Jahr, die in einer Größenordnung von rund 100.000 Euro pro Projekt liegen. Finanziert werden sie aus den Konzernumsatzerlösen der BIG. Damit entstehen also dem einzelnen Mieter keine Mehrkosten. Die Projekte werden von einer professionellen Jury, die auch mit externen Kunstsachverständigen besetzt ist, ausgewählt. BIG Business: Kunst polarisiert bisweilen. Das wird auch die Muse. Was sagen Sie ­Kritikern auf die einfache Frage: Wozu das Ganze? Stadlhuber: Wir sehen Kunst als Teil einer gesellschaftspolitischen Verantwortung. Die öffentliche Hand hat den klaren Auftrag, Kunst zu fördern. Da wir als hundertprozentige Tochter der Republik Österreich auch mit Steuergeldern wirtschaften, sehen wir uns ebenfalls in dieser Pflicht. Zum Thema Kontroverse: Alle Projekte werden einstimmig beschlossen, und danach stehen wir auch in jeder daraus resultierenden Diskussion zu unserer Entscheidung, wobei Kunst nicht provozieren muss … aber darf.

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„Riot Girl“ aus Stein kippt Verhältnisse Ein neues Kunstobjekt an der Universität Wien als klares Statement für Frauen. Die Zeit für ein Zeichen gegen die ungerechte Würdigung von männlichen und weiblichen Leistungen in der Wissenschaft ist ge­ kommen. Zu diesem Schluss ­kom­men die Künstlerin Iris Andraschek, die Leiterin der Forschungsplattform „Neuverortung der Frauen- und Geschlechtergeschichte“ Edith Saurer und der Rektor der Universität Wien Georg Winckler anlässlich der Präsentation des neuen K ­ unstobjekts „Der Muse reicht’s“ im Arkadenhof der Universität Wien. Text: Sandra Holzinger

Iris Andraschek Künstlerin

Edith Saurer Leiterin der Forschungs­plattform „Neuver­ortung der Frauen- und Geschlech­ tergeschichte“

Georg Winckler Rektor der Universität Wien

Die Nymphe Kastalia wirft als Statement ge­ gen die Männerdominanz bei den Ehrenbüsten einen überdimensionierten Schatten. ­Männer dominieren nicht nur den Arkadenhof der Uni­ versität, sondern auch viele Positionen in Wis­ senschaft und Wirtschaft. Wie schwer tut frau sich heute nach wie vor in unserer Männer­ gesellschaft? Winckler: Gesellschaftlicher Wandel ist immer auch von symbolischen Veränderungen begleitet. Und der Arkadenhof mit 153 Männer-Denkmälern, aber nur einer Tafel für eine Frau, Marie von Ebner Eschenbach, bedurfte eben auch einer solchen. Wir wollen einfach darauf hinweisen: Es ist Zeit! Frauenförderung wird von der Universität Wien ernst genommen, allerdings gibt es verschiedenste gläserne Decken, die nicht so leicht zu durchstoßen sind. Tatsache ist, dass sich an der Uni Wien der Frauenanteil in den vergangenen sechs bis sieben Jahren von zehn auf rund 16 Prozent erhöht hat. Gemessen an einer Zahl von 40 Prozent Frauenquote ist das zwar noch gering, und man darf sich ausrechnen, wie lange es noch dauern wird, bis diese Quote erreicht wird. Dennoch sind wir mit diesem Tempo durchaus führend in Österreich. Saurer: Ich denke, dass die bisherige Rauminszenierung im Arkadenhof die Macht der

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Thema: Der lange Schatten der Nymphe

Tradition zur Genüge vor Augen führt. Man hat eine Raumaufteilung, welche die klassische Geschlechteraufteilung zeigt – einerseits die Männerköpfe aus Stein, wie in Antike und Renaissance üblich, die sozusagen die Wissenschaft vertreten, und andererseits in der Mitte die Kastalia, eine Nymphe – Allegorie für Weisheit, Dichtung und Erkenntnis. Das sind immer die Trennungen auf der symbolischen Ebene gewesen. Wieso dauert das so lange, dass Frauen mit Männern gleichziehen können? Die Macht der Tradition ist stark. Aber wieso hat sich diese Situation überhaupt verändert? Ich meine, durch die Frauen selbst, die begonnen haben, die Verhältnisse in der Wissenschaft zu beleuchten und die Geschichte der Frauen an der Universität zu schreiben. Was nun die Situation auf Seiten der Forschung betrifft, gibt es ganz wichtige Initiativen, die vom Wissenschaftsministerium ausgegangen sind, das ja in den 90er-Jahren unglaublich rege gewesen ist. Wenn Studentinnen sehen, dass Frauen in der Wissenschaft tätig sind, dann regt sie das selbst auch an. Diese Vorbildfunktion darf man nicht unterschätzen. Wenn man jetzt in Richtung Arbeitsmarkt blickt – es gibt nicht viele Frauen, die Führungs­ positionen einnehmen. Kann sich da in abseh­ barer Zeit etwas verändern?

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Saurer: Die norwegische Regierung beispielsweise hat diesbezüglich rigorose Maßnahmen ergriffen: Sie hat den Firmen, die in den Aufsichtsräten zu wenige Frauen hatten, mit hohen Strafen gedroht.

Ich denke, die heutige Situation liegt in der Macht der Tradition begründet.

stellt einen großen Wert dar. Sehr wichtig sind deshalb Kinderbetreuungsplätze, die genutzt werden können, damit diese Interessenkollisionen nicht zustande kommen. Die Situation in den skandinavischen Ländern ist tatsächlich anders. Wir nehmen gerade eine Evaluierung in Dänemark vor. Hier ist die Quote der Frauen in Unternehmen und an den Universitäten wesentlich höher als bei uns.

Edith Saurer

Ist das sinnvoll? Saurer: Ich glaube, es hängt von den Beweggründen ab. Es gibt sicherlich Selbstverständlichkeiten zwischen Männern, andere Männer in Positionen zu bringen, verschiedenste Netzwerke und Beziehungen, die sehr dominant sind. Das hat nichts mit Qualifikation zu tun. Vielleicht wollen Frauen auch gar nicht in den Kampf mit Männern eintreten? Winckler: Ich würde das auch noch unter einem anderen Aspekt sehen. Frauen kommen sehr häufig mit 30, 40 Jahren in bestimmte Interessenskonflikte: Familie zum Beispiel

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Tatsache ist, dass sich an der Uni Wien der Frauenanteil in den vergangenen sechs bis sieben Jahren von zehn auf rund 16 Prozent erhöht hat. Georg Winckler

Würde eine Quote auch in Österreich zu dem gewünschten Erfolg führen? Winckler: Wir neigen in Österreich dazu, aus einer manchmal sehr kurzen Analyse in Maßnahmen hineinzuspringen, ohne die Gesamtsituation zu betrachten. Und unter Umständen führen Maßnahmen wie Kinderbetreuung dazu, dass diese Quoten auch tatsächlich gelebt werden können.

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Andraschek: Das halte ich auch für einen sehr wichtigen Punkt. Das Problem hat sich in jüngster Vergangenheit noch einmal verschärft. Meiner Meinung nach führen unter anderem mangelnde Kinderbetreuungs­mög­ lichkeiten dazu, dass sich Frauen ab einem gewissen Zeitpunkt ausklinken, weil Beruf und Familie für sie unvereinbar werden. Winckler: Insofern ist es schon interessant, dass die skandinavische Debatte jetzt in Deutschland über die Familienministerin eingemahnt wird. Man sieht, dass das eben auch ein Stück Politik ist, das hier noch zu leisten ist. Das heißt mit anderen Worten, wir hier in ­Österreich werden noch lange warten müssen, bis sich wirklich etwas verändert? Winckler: Ich sage das jetzt als Sozialwissenschaftler: Man sieht, dass manchmal Verhältnisse lange Zeit resistent sind. Dann können sie plötzlich kippen. Man nennt das dann die Hysteresisschleife, und das ist zu hoffen. Saurer: Sie sind gekippt, und der Schatten von Frau Andraschek ist ein Beweis dafür. Ein gutes Stichwort für einen Schwenk hin zur Kunst. Die Muse trägt eine Hose und hat kurze Haare. Das ist doch Absicht?


Andraschek: Die Figur ist ja im Laufe von Monaten entwickelt worden, mithilfe der Frauen an der Universität. Für mich war wichtig, diese Frauen bzw. Wissenschaftlerinnen miteinzubeziehen, auch was den Sockeltext betrifft. Sie haben wesentlich mehr zu sagen, als ich es je formulieren könnte, da sie sich seit Jahrzehnten intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. Die Schattenfigur selbst ist daraus entstanden, dass ich Frauen der Uni gebeten habe, zu diesem Versäumnis, Frauen zu ehren, Stellung zu beziehen. Daraus hat sich eine Fotoserie ergeben. Aus vielen Umrissen ist dann diese eine Frau kreiert worden. Bei der Gestaltung der Figur waren auch revolutionäre Frauenbilder ein Vorbild, wie die „Freiheit“ von Delacroix oder Tomb Raider, die kämpferische Frauenfigur, Comicsheldinnen wie „Riot Girl“, das alles ist mit eingeflossen und ist zu der Figur geworden, die sie jetzt ist, auch vom Gestus her.

gen, dass das Kunstobjekt wahrgenommen und Gegenstand von Betrachtungen wird, die dazu führen, Bewusstseinsveränderungen in der Universität vorzunehmen.

Kunst im öffentlichen Raum – ist das Ver­ schwendung von Geldern oder Notwendigkeit zur Anregung des Diskurses?

Iris Andraschek

Winckler: Es war ein langer Nachdenkprozess, der wichtig war. Einfach auszuloten, was in diesem Raum geschehen soll, damit diese Veränderung spürbar wird. Letztlich führt dieses Kunstobjekt zu Diskussionen – also insofern war es bereits erfolgreich. Die Reaktionen zei-

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Vielen Dank für das Gespräch.

Saurer: Es war höchste Zeit, dass es in der Universität ein modernes Kunstwerk gibt. Eigentlich ist seit 1888 prominent nichts geschehen. Die Universität hat bis vor Kurzem auf der symbolischen Ebene im Historismus gelebt, und diese Ebene ist jetzt durchbrochen worden. Es galt, die Ehrung oder Erinnerung an Frauen in einer anderen Weise zu gestalten, als dies zuvor der Fall gewesen ist.

Mangelnde Kinderbetreuungsmöglichkeiten führen dazu, dass sich Frauen ab einem gewissen Zeitpunkt ausklinken.

Winckler: Es war ein Anliegen des Rektorats, den Eingangsbereich, die Aula freundlich wirken zu lassen und auch den Blick zur Kastalia freizuhalten. Jetzt sind wir im 21. Jahrhundert angekommen.

Thema: Der lange Schatten der Nymphe

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Thema

Vorschrift ist ­Vorschrift Der Energieausweis stellt große Gebäudeeigentümer vor Herausforderungen und finanzielle Belastungen. Der Aushang ist verpflichtend. Auf Vollständigkeit oder Richtigkeit werden die Daten aber von niemandem überprüft. Für Nutzer ist das Dokument oft ein Buch mit sieben Siegeln. Text: Clemens Rosenkranz

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n dem außen bunten Amtsgebäude Radetzkystraße 2 fristet der neben dem Zugang zur Kantine angebrachte Anhang ein Mauerblümchendasein. Der Energieausweis hängt in dem Glaskasten gleich neben der Hausordnung. „Damit kann ich nichts anfangen. Das sieht aus wie ein Kühlschrankpickerl. Aber wir sind ja kein Eiskasten“, meint Monika F. in Anspielung auf das Klima im Gesundheitsministerium lachend. Dass der Ausweis etwas mit dem energetischen Zustand des Bundesamtsgebäudes zu tun hat, ist eher unklar. Und wenn doch, sind die Daten ein unüberwindbares Hindernis. „Wir sind eh im grünen Bereich. Aber was 37 Kilowattstunden (genau sind es 37,13 kwH, Red.) bedeuten, weiß ich nicht“, sagt Franz S. „Auf mich wirkt das wie eine technische Geschichte, die mit mir nichts zu tun hat. Ich schaue zu Hause ohnedies aufs Energiesparen, und hier im Bundesamtsgebäude kann ich dazu wenig beitragen“ meint Robert L. Genau in dieser Einstellung liege der Kardinalfehler. „Der größte Brocken punkto Energieeinsparung liegt im Nutzerverhalten. So viel Geld kann ich gar nicht in Sanierungsmaßnahmen investieren, dass ich damit die falsche Nutzung eines Gebäudes aus gleichen könnte“, so BIG-Geschäftsführer ­Wolfgang Gleissner. Rechtlich ist die Lage punkto Energieausweis eindeutig: In Österreich muss seit Jahresanfang für alle bestehenden Gebäude mit mehr als 1.000 Quadratmetern Gesamtnutzfläche ein diesbezügliches Dokument aufliegen oder aushängen. Im Neubau ist dies (unabhängig von der Größe) schon seit 2008 Vorschrift. Nun besteht auch für alle Hausherren größerer Altobjekte dringender Handlungsbedarf. Der Ausweis ist aber lediglich eine nackte Zustandsbeschreibung des energetischen Gebäudezustands. Praktische Auswirkungen hat die Ver­ordnung nicht. Zudem wird dabei mit zweierlei Maß gemessen. So gibt es einen markanten Unterschied zwischen privat und öffentlich genutzten Objekten: Bei privat genutzten Gebäuden muss dieses Papier nicht zwangsläufig ausgehängt werden. Dort ist es erlaubt, sich bei Vermietung oder Verkauf auf eine dem Alter und der Art des Gebäudes entsprechende Gesamtenergieeffizienz ­zu berufen. Diese rechtliche Hintertür bleibt

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für von der öffentlichen Hand genutzte Objekte verschlossen. Egal ob Amtsgebäude, Universitäten, Schulen oder Kindergärten – überall dort muss der Energieausweis öffentlich ausgehängt werden. Damit hat dieses heiße Thema auch die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) nicht kaltgelassen, war doch die Ausstellung neben zeitlichem und organisatorischem Aufwand auch mit erheblichen Kosten verbunden. Im Zuge des zweiten Halbjahres wurde der Aufforderung flächen­ deckend nachgekommen. Allerdings droht wieder Ungemach. Denn der neue Entwurf der EU-Richtlinie liegt schon auf dem Tisch. Derzeit sieht es danach aus, als würde die Aushangpflicht auf öffentliche Gebäude mit unter 1.000 Quadratmetern Gesamtnutzfläche ausgeweitet werden. Im Gespräch sind 250 Quadratmeter. Diese drohenden Änderungen bei der EU-Gebäuderichtlinie würden neben der BIG besonders ländliche Kommunen bei ihren Schulen, Gemeindeämtern und anderen öffentlichen Einrichtungen erheblich fordern, so Kenner der Verhältnisse. Dazu meint Friedrich Noszek, der Präsident des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes: „Ich erwarte einen sehr forschen Kurs der EU in dieser Sache, wegen der Themen Reduktion der Energieabhängigkeit und Schaffung von Arbeitsplätzen.“ Eines gilt jetzt schon: Das mit einer Effizienzskala und den Angaben der wesentlichen baulichen, energetischen und wärmetechnischen Daten versehene Dokument ist an einer für die Öffentlichkeit gut sichtbaren Stelle (im Bereich des Haupteinganges) auszuhängen. Ist der Ausweis nicht vorhanden oder nicht gut genug sichtbar, steht eine Anzeige ins Haus. Die Strafen sind allerdings Ländersache. Sie schwanken zwischen null und 36.000 Euro. Und verhängt werden sie nur, wenn das gerahmte Papier fehlt. Denn auch wenn der Energieausweis von einer befugten und qualifizierten Person ausgestellt werden muss, eine Prüfung, ob dieser der Realität entspricht oder plausibel ist, findet nicht statt – sie ist auch nicht vorgesehen. Und wie bei Gutachten über den Wert einer Immobilie gibt es auch bei der Berechnung des Energie-


Die Fassade der „alten Universität“ in der Wiener Postgasse wurde vor Kurzem saniert. Obwohl das Haus unter Denkmalschutz steht, wurde dafür ein Energieausweis erstellt. Überraschendes Ergebnis: Das Haus ist energetisch in einem durchaus guten Zustand.

Energieausweis Die zweiseitige Urkunde enthält auf Seite eins eine Effizienzskala, auf Seite zwei detaillierte Energie- und Gebäudedaten sowie im Anhang Sanierungsvorschläge. Ausgewiesen werden der spezifische Heizwärmebedarf und ein Vergleich zu Referenzwerten. Dazu kommt der Warmwasser-, Heiztechnik- und Endenergiebedarf. Bei Nichtwohngebäuden ist außerdem der Energiebedarf für haustechnische Anlagen, Kühlung und Belüftung ausgewiesen. Der Ausweis erinnert optisch an das Kühlschrankpickerl; die besten Objekte haben die Kategorie A oder A plus und sind in einem grünen Balken dargestellt, die Skala reicht bis G (besonders schlecht); der negative Bereich wird rot ausgewiesen. Allerdings beschreibt der Energieausweis nur den Energiebedarf bei einer genormten Betriebsweise. Der tatsächliche Verbrauch kann abhängig vom Nutzerverhalten extrem abweichen: Wenn man das Warmwasser einfach laufen lässt oder bei aufgedrehter Heizung im Winter die Fenster gekippt hält, kann die Aussagekraft des Ausweises gegen null tendieren.

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Thema: Vorschrift ist Vorschrift

ausweises viele kleine Stellrädchen, die bei Veränderung einen großen Unterschied im errechneten Ganzen ausmachen. So kenne man oft einfach schon den genauen Aufbau der Fassade nicht, wenn die Einreichpläne fehlen. Und das komme nicht nur bei der BIG vor, so Michael Schachinger, bei der BIG für das Thema Energieausweis zuständig. Denn gerade bei alten Gebäuden könne niemand sagen, ob nicht irgendwann ohne besondere „Formalismen“ umgebaut wurde. Dadurch fehlten dann sowieso jegliche Pläne. Theoretisch müsse man jeder „unbekannten“ Fassade mit einer Kernbohrung auf den Zahn fühlen. Unter dem Strich sind daher viele Berechnungen vermutlich eher im Reich der Hausnummern angesiedelt. Die BIG wollte es aber genau wissen, daher gab es seitens der Geschäftsführung die Order zur Überprüfung der Energieausweise. Das ist für Liegenschaftseigentümer allerdings prinzipiell keine leichte Übung. Denn die Hausverwalter bekommen die Energierechnungen ihrer Mieter normalerweise nicht zu Gesicht. Letztendlich wurde gemeinsam mit zehn Schulen der Vergleich zwischen „Ausweis“ und Istwerten gestartet. Das Ergebnis ist ziemlich eindeutig: Bei neun von zehn Schulen lagen die Werte klar auseinander. Nun wird Ursachenforschung betrieben. Ein möglicher Grund: Bei der Berechnung werden Annahmen wie durchschnittliche Heiztage pro Jahr getroffen. Die letzten drei Winter waren aber eher mild.

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Selbst ernannte Kontrollore haben den Aushang der Energieausweise überprüft und säumige Eigentümer angezeigt. Strafen wurden keine verhängt.

Abgesehen von der „richtigen“ Wertermittlung ist der Ausweis eine Kostenbelastung: Als Faustregel hört man immer wieder einen Preis von einem Euro pro Quadratmeter für die Erstellung. Umgerechnet auf die betroffenen Flächen der BIG ergibt sich aus dieser groben Schätzung ein Aufwand von 3,2 Mio. Euro für alle Objekte über dem Schwellenwert von 1.000 Quadratmetern. Kostendämpfend wirken zahlreiche Ausnahmen: Das betrifft neben allen denkmalgeschützten Gebäuden in Wien jene Objekte in Österreich, die in sogenannten Schutzzonen stehen. Generell und bundesweit ausgenommen sind Kirchen und unbeheizte Gebäude über 1.000 Quadratmeter. Insgesamt hat die BIG laut Datenbank annähernd 700 Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von jeweils mehr als 1.000 Quadratmetern. Rund die Hälfte der benötigten Ausweise wird durch externe Büros, beauftragt durch die Objektmanagement-Verantwortlichen, erstellt. Die andere Hälfte übernehmen die BIG-eigenen Facility Services in Eigenregie. Konkret sei die BIG österreichweit für die Ausstellung von Ausweisen

für 382 Schulen und Universitäten zuständig. Seitens der BIG sind insgesamt 17 Objektmanagement-Teams in Sachen Energieausweis im Einsatz. „Die Erstellung wurde in allen Bundesländern bis Jahresende abgeschlossen“, sagt BIG-Pressesprecher Ernst Eichinger und gesteht damit eine Verzögerung bei der Umsetzung ein. Warum also erst jetzt? Die Durchführung wurde allein durch die föderale Tatsache kompliziert, dass es beim Energieausweis neun Landesgesetze und ein Bundesgesetz gibt. Selbst die Regelungen, wer berechtigt ist, den Ausweis zu erstellen, sind in den Bundesländern unterschiedlich, berichtet die Österreichische Energieagentur. Es habe sogar anonyme Anzeigen wegen nicht aushängender Energieausweise gegeben. „Nach Gesprächen mit den Behörden hat sich die Aufregung wieder gelegt, wir haben konkrete Umsetzungstermine vereinbart, die wir auch eingehalten haben. Wir waren mit der Ausweiserstellung Mitte des Jahres fertig“, sagt der oberösterreichische Objektmanagement-Teamleiter Hannes Kellermaier. „Wir wollen als gutes Beispiel vo-

Unter Denkmalschutz stehende Immobilien, wie das Schloss Frohnwiesen in Salzburg, werden von der ­eigenen Wärmebildkamera genau auf energetische Schwachstellen durchleuchtet.

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rangehen“, sagt BIG-Geschäftsführer Wolfgang Gleissner, wohl anspielend darauf, dass nicht wenige dem neuen Ausweis mehr als zögerlich gegenüberstehen. „Er wird in großen Teilen vom Markt ignoriert, beim Bestand wirkt er nicht“, resümiert Thomas Malloth, der Chef der Immobilientreuhänder der ­Wirtschaftskammer.

Wert eines Objekts. Dies ist aber noch nicht bei sehr vielen Immobilienbesitzern und Mietern durchgedrungen, hier erfüllen die öffentlichen Gebäude notgedrungen (wegen der Aushangpflicht) eine Vorreiterrolle.

In eine andere Richtung geht die Kritik von Susanne Supper von der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT). „Es gibt eine ziemliche Unsicherheit, wer tatsächlich kompetent Energieausweise rechnen darf und wie verlässlich die Zahlen sind. Denn zwar ist die Erstellung auf befugte Personen beschränkt, allerdings ist keine zusätzliche Ausbildung dafür nötig.“ In der Praxis würden immer wieder Fehler bei der Berechnung passieren, wie die Verwechslung von Brutto- und Nettonutzfläche, also Bauteile so gerechnet werden, als ob sie Außenwände darstellten. „Wo der Ausweis einen Mehrwert kreiert wie bei der Sanierung, schaut es so aus, als ob genauer gerechnet würde“, sagt Supper. Denn das Erreichen einer bestimmten Energieklasse werde bei Sanierungsvorhaben für viele Auftraggeber wichtiger und finde auch bei Förderbestimmungen oder Ausschreibungen vermehrt Niederschlag.

Laut Experten ist der Energieausweis vorläufig ein bewusstseinsbildendes Instrument, er werde aber früher oder später zum Marktfaktor neben den Preisdeterminanten Lage und Größe werden. Dadurch ­würde die Schere zwischen dem billigen und dem teureren Segment am Immobilienmarkt weiter aufgehen, weil die energetische Qualität ja unmittelbar auf die Betriebskosten durchschlägt. „Mittelfristig werden sich am Markt Änderungen einstellen, derzeit orte ich aber noch deutliche Skepsis, auch wenn wir immer mehr Anfragen zum Thema Energieausweis bekommen“, sagt Anton Holzapfel, der Geschäftsführer des Österreichischen Verbands der Immobilientreuhänder (ÖVI). Noch positiver sieht es Günter Zowa von TÜV Austria Consult. Der Ausweis dringe immer tiefer ins öffentliche Bewusstsein ein; vor allem seitens von Maklern und Verwaltern größerer Immobilien bestehe derzeit eine extreme Nachfrage nach Energieausweisen, bei den Endkunden (Mietern) sei die Einstufung dagegen noch nicht flächendeckend bekannt.

Der größte Nutzen des Energieausweises für Immobilienbesitzer und Mieter ist die energetische Vergleichbarkeit von Gebäuden. „Er hilft auf hochpräzise Weise, gute von schlechten Gebäuden zu unterscheiden, was ja auch das Ziel des Energieausweises ist“, sagt Christian Pöhn, Leiter des Bauphysiklabors der Wiener Magistratsabteilung 39. Gleichzeitig soll ein Marktdruck auf energetisch schlechtere Gebäude zur Sanierung erzeugt werden, denn die energetische Verbesserung steigert den

Der nächste Schritt sei schon vorgezeichnet, nämlich der Übergang zu umfassenden Gebäudezertifikaten im Sinne der Nachhaltigkeit. „Es gibt schon erste empirische Hinweise, dass sogenannte Green Buildings am Markt insofern erfolgreicher sind, als sie tendenziell höhere Verkaufspreise erzielen. Bis vor Kurzem war das nur eine These“, sagt Walter Hüttler, Geschäftsführer des Energieberatungsunternehmens e7, ­visionär.


Galerie BIG Cocktail Reception Am Abend des 2. September 2009 feierte die österreichische Immobilienbranche bei der bereits dritten „Cocktail Reception“ der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) im Wiener A ­ rsenal.

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Die Turbinenhalle im Objekt 221 wurde in buntes Licht getaucht, DJ-­Musik und Cocktails sorgten für gute Stimmung und anregende Gespräche.

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Architekten: Wolf D. Prix, Heinz Neumann, Dietmar Eberle

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Wolfgang Gleissner (BIG), Hans-Günter Gruber (BMLFUW)

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Christoph Stadlhuber (BIG), Wissenschafts­ minister Gio Hahn

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Bernhard Ölz (Prisma), Alexander Szadeczky (Nofrontiere)

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Willibald Plesser (Freshfields)

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Nina Jäger (WED), Alexandra Ehrenberger (EHL), Claudia Wieser (WED)

Bernhard Futter (BMWF), Karl Dürhammer (BIG)

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Wolfgang Gleissner (BIG), Helmut Flögl ­(Donauuni Krems)

Statiker Helmuth Locher, Architekt Christian Mascha

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Birgit Wagner, Claus Stadler (beide ÖBB Immobilien)

Architekt Manfred Wehdorn, Friedrich Gruber (Porr Solutions)

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Ferdinand Lechner (AREV)

Franz Wurm (Uni Linz), Alexander Redlein ­ (TU Wien)

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Karl-Heinz Strauss (Strauss & Partner), Architekt Heinz Neumann, Markus Werner (Werner Consult), Friedrich Gruber (Porr Solutions)

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Susanne Brandsteidl (Stadtschulrat Wien), Dragana Lichtner

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Ingrid Hogl (Hogl & Hogl)

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Rechtsanwalt Axel Nepraunik, Ariel Muzicant (Colliers)

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Wolfgang Scheibenpflug (EHL), Anna Steiger (Akademie der bildenden Künste Wien)

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Wiener Stadtrat für Stadtentwicklung und Verkehr Rudi Schicker, Adolf Tiller (Bezirks­ vorsteher Döbling)

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Adolf Tiller (Bezirksvorsteher Döbling), Martin Gerzabek, Erich Seyer (beide BOKU)

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Rechtsanwältin Daniela Witt-Dörring, Alexandra Ehrenberger (EHL)

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Architekt Walter Stelzhammer, Architekt Michael Schluder, Fritz Hrusa (Vitra)

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Professor Alfons Metzger (MRG)

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Eugen Otto (Otto Immobilien), Alfons Metzger (MRG), Georg Edlauer (Edlauer Immobilien)

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Markus Werner (Werner Consult)

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Michael Möstl (Seeste), Manfred Trnka (Geschäftsführer Mischek)

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Andreas Trisko (Stadtplanung Wien), Alois Aigner (BIG)

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Architektin Marie-Therese Harnoncourt, Ronnie Mischek

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Margret Funk (Immobilien Funk), Heinz Muhr (Contec Immobilien), Michael Reinberg (Reinberg & Partner)

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Eva Haas (Redevco)

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Andreas Gnesda (Gnesda Real Estate)

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Immobiliengespräche in entspannter Atmosphäre

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Franz Hogl (REMAX), Gerhard Müller (Walter Business Park)

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Bettina Kölbl-Resl (BMWF)

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Jürgen Krieger (Nomura), Sandro Beffa (Credit Suisse)

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Stefan Hödl (GIP), Claudia Nutz (Aspern)

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Hans Pahr, Christian Schnattler (beide BMJ)

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Willibald Plesser (Freshfields), Katharina Kohlmaier (BIG)

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Hannes Hofer (BBG), Kurt Sumper (ÖBFA)

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Wolf D. Prix (Coop Himmelb(l)au)

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Hartwig Chromy, Detlev Gross

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Roman Kovacs (BIG), Georg Muzicant (Colliers)

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Architekt Leopold Dungl

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Andrea Reisinger, Bernd Wiltschek (beide BIG)

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Galerie Mechatronik-Eröffnung am Science Park Bei seiner Eröffnung wurde der 143 Meter lange „geknickte“ Neubau mit Farbfeuerwerk und akrobatischen Showeinlagen spektakulär in Szene gesetzt. Danach lud die Universität im Rahmen ihres OpenHouse-Events Festgäste, Interessierte und zukünftige Studenten zur Leistungsschau der Mechatronik-Institute ein.

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Bildcredits Cover und Innenseiten: Hertha Hurnaus – Editorial (S. 1): Stephan Huger – Inhaltsverzeichnis (S. 2–3): Hertha Hurnaus (S. 2), BIG (Macondo S. 3), Kaliba-Trieb (JZ ­Leoben S. 3), Günter Richard Wett (Universitätsbibliothek Innsbruck S. 3) – Rückblick (S. 4–19): Hertha Hurnaus (Science Park Linz S. 6, 7), JKU (Schlüsselübergabe S. 7), BIG (Abbruch­S. 8, HTBLA innen S. 9, Universität Wien S. 12, Wagenplatz S. 15, Spatenstich S. 16), Herbert Kratky (Ziesel S. 8), Florian Wieser (Taten statt Worte S. 8), ­Andrew Phelps (HTBLA Hallein, S. 9), JamJam (Beethovens Garten S. 9), Helga Loidold (Stollen S. 10), BIG (Baustelle S. 10), ARGE solid architecture/K2architektur.at (BRG Neusiedl S. 1), Peter Schwinde (BSZ Tulln S. 11), Lena Deinhardstein (S. 14), Dieter Mathoi Architekten und Architekturwerkstatt din A4 ZT GmbH (JZ Korneuburg S. 16), Paul Ott (S. 7), Caramel Architekten (S. 18) – Thema: „Verwaltungshorror im Flüchtlingsparadies“ (S. 20–25): BIG (Macondo S. 21, Bild 3 S. 22, Strommast und Garten S. 23, Bild 2 S. 4, Bild 2 S. 25), Martin Kitzler (Hausrat S. 22, Bild 1, 2, 4, 5 S. 22, Glashaus S. 23, Bild 1, 3, 4 S. 24, Bild 1, 3, 4 S. 25) – Thema: Himmel und Hölle (S. 26–31): KalibaTrieb (Ausblick JZ Leoben S. 26, Manfred Gießauf S. 27, Stacheldraht, Besuchsraum S. 28, Zelle, Aufseher, Aufenthaltsraum S. 29), Paul Ott (JZ Leoben S. 27, Gefängnis­hof S. 29), Seidl/Blair (BIG Kunst & Bau S. 27, Eingang JZ Leoben S. 28), Michael Hetzmannseder (JZ Eisenstadt S. 30–31) – Highlight: Luxus-Papiersammelstelle. Die Tiroler „Schatzkammer“ (S. 32–37): Günter Richard Wett (S. 33, S. 34, Bibliothek S. 36, Findlingssteine S. 37), Peter Mertz (Leser S. 36, drehbares Lesepult S. 37) – Thema: Superlative Architektur (S. 38–42): Heiland/Zaha Hadid (Library & Learning Center S. 39), boanet.at (Bild 1, 2 S. 40, Campus WU S. 42), CRABstudio (Bild 3 S. 40–41), NO.MAD Arquitectos (Bild 4 S. 41), Estudio Carme Pinós (Bild 5 S. 40) – Thema: Buntes Treiben im grünen Prater (S. 43–47): BIG (S. 43, S. 45, Bild 2 S. 46, Bild 1, 5 und Beine S. 47), Michael­ Hetzmannseder (S. 44, Bild 1, 3 S. 46, Bild 1, 3, 4 S. 47) – Thema: Der lange Schatten der Nymphe (S. 49–55): Hertha Hurnaus (S. 49–50, Schatten S. 51, S. 52), Michael­Hetzmannseder (Büsten/Statuen S. 51, S. 53–55), BIG (Christoph Stadlhuber S. 52) – Thema: Vorschrift ist Vorschrift (S. 56–59): BIG – Galerie (S. 60–64): Martina Draper, Michael Hetzmannseder, Wolfgang Fuchs, Birgit Mayer (Cocktail Reception S. 60–63), JKU (Eröffnung Science Park S. 64)

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