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Das Magazin der Bundesimmobiliengesellschaft
Ausgabe Nr. 8 • Dezember 2010
BIG im Spannungsfeld
Seit rund einer Dekade vermietet die BIG als Eigentümer ihre Liegenschaften – allerdings nicht immer friktionsfrei.
Die unbekannte Größe
In der Republik schlummert ein unermesslicher Schatz. Niemand hat aber den genauen Überblick.
Editorial
« Das aktuelle Modell ist deutlich effizienter als die frühere Baufinanzierung aus dem Bundesbudget. Denn die BIG agiert als Unternehmen mit privatwirtschaftlicher Ausrichtung.»
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ie Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) feiert einen runden Geburtstag. Zehn Jahre sind vergangen, seit im Parlament das Gesetz zum Kauf der Bundes-Liegenschaften beschlossen wurde. Der damit eingeschlagene Weg hat sich bewährt. So ist das aktuelle Modell deutlich effizienter als die frühere Baufinanzierung aus dem Bundesbudget. Denn die BIG agiert als Unternehmen mit privatwirtschaftlicher Ausrichtung. Sie kann daher schneller entscheiden, woraus wiederum kürzere Bauzeiten, geringere Kosten bei Neubauten und Generalsanierungen sowie eine langfristig optimierte Instandhaltung resultieren. Über allem steht das Thema Bewusstseinsbildung als entscheidender Faktor. Mittlerweile ist nämlich allen Nutzern klar: Raum kostet Geld. Dementsprechend sensibel wird mit der Ressource Immobilie umgegangen. Und die Dimensionen sind enorm. Über 300 Schulstandorte, 21 Universitäten und viele Ämter – insgesamt 6,8 Millionen Quadratmeter Gebäudeflächen – befinden sich im Eigentum der zum Wirtschaftsministerium ressortierenden BIG. Täglich bewegen sich weit mehr als 500.000 Menschen in den öffentlichen BIG-Gebäuden. Dazu kommt, dass das Unternehmen als einer der bedeutendsten Auftraggeber im Hochbau auch eine große volkswirtschaftliche Bedeutung hat. Bis zu 10.000 Arbeitsplätze sind durch Projekte der BIG dauerhaft abgesichert. Jährlich werden mehrere hundert Millionen Euro in Neubauten, Generalsanierungen und Instandhaltungen investiert. Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Foto: BMWFJ
„Krisensichere Impulse“
Zusätzlich wurden in den vergangenen zwei Jahren z ahlreiche Projekte wegen der Finanz- und Wirtschafts krise vorgezogen, um weitere Impulse zu setzen. Das Konjunkturpaket hat die Bauwirtschaft und ihre Neben gewerbe in einer schwierigen Phase gezielt unterstützt. Die Investitionen wirken nachhaltig, weshalb die von der BIG bauwirksam umgesetzten Mittel sogar in den Jahren 2011 und 2012 um mindestens 30 Prozent über dem Durchschnitt der J ahre vor 2008 liegen werden. Im Sinne eines effizienteren Umgangs mit Energie und des Klimaschutzes steht die thermische Sanierung von Gebäuden weit oben auf der Prioritätenliste der Bundes immobiliengesellschaft. Das hilft nicht nur den Mietern Betriebskosten einzusparen, sondern unterstützt auch Betriebe in ganz Österreich mit zahlreichen Aufträgen. Zusätzlich habe ich veranlasst, dass der BIG-Bilanzgewinn im Wert von 47,7 Millionen Euro für die thermische Sanierung von Bundesgebäuden zweckgewidmet wird. Dank des Investitionsbonus steigt die Nachfrage nach Sanierungsprojekten. Das zeigt, dass unser Angebot ankommt. In den kommenden Jahrzehnten wollen wir diesen Erfolgsweg weitergehen.
Dr. Reinhold Mitterlehner, Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend
BIG Business
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Inhalt
BIG Business Inhalt
Impressum
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04 Zeitraffer
Spatenstiche, Gleichenfeiern, Eröffnungen oder sonstige Ereignisse, die die BIG im vergangenen halben Jahr bewegt hat.
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Der lange Weg
Eine Dekade ist mittlerweile vergangen, seit die BIG in ihrer heutigen Form das Licht der Welt erblickt hat. Mittlerweile findet das anfangs – naturgemäß – von den Mietern durchschnittlich beliebte Kind aber sogar über die Landesgrenzen hinweg Anerkennung.
28 Wer hat Angst vorm Bauherrenpreis …
Nicht immer entsprechen prämierte Immobilien den hohen Idealen der auslobenden Institution. Sind Preisverleihungen Anerkennung für innovative Konzepte oder autoerotische ArchitekturRandgruppenfolklore? Eine Diskussionsrunde sucht Antworten …
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Stark verwurzelt und doch in Bewegung
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Chemie beim Bauen in der „Oberliga“
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Die unbekannte Größe
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BIG Cocktail Reception 2010
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Neuer Bildungs-Continent in Donaustadt
In Wien 22 steht seit Kurzem eine Schule der neuesten Generation. Das Haus ist aber auch ein pädagogisches Vorzeigeprojekt. Am Contiweg wird die neue Mittelschule gelebt.
Vor bald 200 Jahren wurde die TU Wien am Karlsplatz gegründet. Nach langen Diskussionen haben sich die Gremien entschlossen, ihre zentralen Standorte zu optimieren. Noch fehlt aber das Geld, um alle Projekte des Vorhabens „Univercity 2015“ umzusetzen.
Mit der Eröffnung der Neuen Chemie der Technischen Universität Graz im Oktober ist ein langgehegter Traum der Alma Mater in Erfüllung gegangen. Nun sitzen Wissenschaftler aller chemischen Institute ebenso wie die Studenten in einem nagelneuen Haus.
Immobilien der öffentlichen Hand repräsentieren einen beachtlichen Wert. Genau kann den allerdings niemand beziffern. Ein Versuch, das Zusammenspiel von Bund, Ländern, Gemeinden, Landesbanken oder ausgegliederten Unternehmen zu analysieren.
Anfang September feierten die österreichische Immobilienbranche und Mieter der BIG bei der bereits vierten „Cocktail Reception“ im Wiener Arsenal. Die Turbinenhalle im Objekt 221 wurde in buntes Licht getaucht.
Impressum Ausgabe: Nr. 8/2010 Herausgeber: Bundesimmobiliengesellschaft mbH, Hintere Zollamtsstraße 1, 1031 Wien, T 05 02 44-0, F 05 02 44-1199, office@big.at, www.big.at Geschäftsführung: Wolfgang Gleissner, Christoph Stadlhuber Chefredaktion: Ernst Eichinger Redaktion: Clemens Rosenkranz, Christian Mayr Produktion und Artdirektion: Martin Jandrisevits, Hans Ljung Lektorat: Nicole Tintera Fotos Titelblatt, U4: Hertha Hurnaus Fotos U2: Andrew Phelps, Robert Frankl, Günter Kresser, Harald A. Jahn, Manfred Seidl, Lachlan Blair, Günter R. Wett, Josef Pausch, Pez Hejduk Druck: „agensketterl“ Druckerei GmbH, 3001 Mauerbach
BIG Business
Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Editorial
Foto: Stephan Huger
« Wir sind stolz darauf, die Umstellung von einer staatlichen Verwaltung hin zu einem modernen Dienstleistungsbetrieb vollzogen zu haben.»
„Zeugnisverteilung“
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ie alle drei Jahre haben wir eine Befragung unserer Kunden in Auftrag gegeben, um einen groben Überblick zu haben, wie unsere Geschäftspartner die Leistungen der BIG einschätzen. Diese Rückmeldungen sind wichtig, um uns daran orientieren und weiterentwickeln zu können. Daher zunächst einmal ein Dank an alle, die sich die Zeit genommen haben, um mit den Mitarbeitern des Umfrageinstituts zu sprechen. Die Marktforscher stellen uns ein gutes Zeugnis aus: „Die Zufriedenheit mit der BIG insgesamt ist weiterhin auf unverändert hohem Niveau, wie die Vergleichsdaten der vorigen Erhebungen zeigen. Die BIG wird als sympathisch, partnerschaftlich und zuverlässig gesehen.“ Auch abseits der Image-Werte wird unser täglicher Einsatz honoriert. Denn sowohl mit dem Objektmanagement als auch der Abteilung „Neubau/Generalsanierung“, also unserem Kerngeschäft, zeigten sich die Kunden ausge sprochen zufrieden. Alles in allem sind unsere Leistungen also sehr gut beurteilt worden. Das bestätigt den eingeschlagenen Weg. Jedenfalls arbeiten wir unermüdlich daran weiter, besser zu werden. Allerdings sind nicht alle Ergebnisse so erfreulich. Gerade die Kritik der Befragten, unsere Reaktionszeiten wären nicht immer die schnellsten, hat uns getroffen. Wir geloben hier Besserung. Denn rasche Abläufe und „unbürokratische“ Abwicklung stehen definitiv auf unserer Liste der notwendigen Optimierungen. Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Beim BIG Business haben wir uns zu einer grafischen rneuerung entschlossen. Bei der mittlerweile achten AusE gabe ist ein bisschen frischer Wind in der Gestaltung durchaus angebracht. Zugleich sind inhaltlich Teile dieser Nummer auf ein kleines Jubiläum abgestimmt. Denn die BIG in ihrer heutigen Form feiert ihren ersten runden Geburtstag. Zehn Jahre sind seit Beschluss des BI-Gesetzes im Jahr 2000 vergangen. Bis heute wurden zuerst die Flächen genau erhoben, der Bestand bereinigt, das Portfolio klar strukturiert, die interne Organisation umgestellt. Vor allem sind wir stolz darauf, die Umstellung von einer staatlichen Verwaltung hin zu einem modernen Dienstleistungs betrieb vollzogen zu haben. Wir bedanken uns daher zum einen bei unseren Mitarbeitern, aber selbstverständlich auch bei unseren Geschäftspartnern, die diesen Weg mit uns gegangen sind. Nicht immer war selbiger frei von Hindernissen, aber wir konnten durch konstruktive Zusammenarbeit bis dato immer alle Steine aus dem Weg räumen. Daher freuen wir uns auf weitere gemeinsame, erfolgreiche Jahre!
Wolfgang Gleissner
Christoph Stadlhuber
BIG Business
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Zeitraffer Johannes Kepler Universität
Fotos: JKU
Die neue Bibliothek der Johannes Kepler Universität Linz ist architektonisch nicht gerade auffällig, aber die Qualität stimmt.
BIG-Chef Christoph Stadlhuber übergibt den Schlüssel an Rektor Richard Hagelauer.
Moderne Bibliothek Juridicum der Kepler Universität um acht Millionen Euro erweitert. Recherche ab jetzt fast rund um die Uhr möglich.
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Eine große Auswahl wissenschaftlicher Abhandlungen und Rechtstexte stehen zur Verfügung.
Die Eröffnungsfeier stand ganz im Zeichen des Paragrafen.
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BIG Business
ie Linzer Johannes Kepler Universität (JKU) hat nun die modernste rechtswissenschaftliche Bibliothek Österreichs. Nach einem Jahr Bauzeit wurde am Mittwoch das um knapp acht Millionen Euro erweiterte Juridicum eröffnet. 150.000 Bände Gesamtbestand, davon 20.000 Zeitschriftenbände, 370 Fachzeitschriften-Abonnements in Print, mehr als 300 lizenzierte und 1.400 freie juristische E-Journals, Zugang zu rund 200 juristischen Datenbanken, 100 Arbeitsplätze für die Besucher und vier Selbstverbuchungsgeräte beherbergt das Juridicum neu. Es ist für Studierende und die fachinteressierte Öffentlichkeit wochentags von 8.30 bis 24.00 Uhr und an Wochenenden von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Das wissenschaftliche Personal hat rund um die Uhr Zutritt. Im Internet kann der Gesamtbestand weltweit rund um die Uhr über den Online-Katalog im Internet recherchiert werden. Fernzugriff auf Datenbankinhalte und E-Journals ist für berechtigte Benutzer ebenso möglich. Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Fotos: Riegler Riewe Architekten
Med Campus
Noch bewegen sich körperlose Scheinwesen durch den virtuellen Campus. Schon bald sollen aber die Planungen konkreter werden.
Alle unter einem Dach
In der steirischen Landeshauptstadt Graz soll die zweitgrößte Baustelle der BIG entstehen. Die Medizin-Uni, bisher an mehreren Standorten, wird dort zentral ihre neue Heimat finden.
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schaftlicher Forschung an der Med Uni Graz und deren wirtschaftliche Umsetzung gemeinsam mit Unternehmen ermöglichen wird. Hier ist Raum und Infrastruktur für universitäre Unternehmensausgründungen, sogenannten Spin-offs, sowie für nationale und internationale Unternehmensansiedlungen aus dem Fachbereich der Medizin, Biomedizin und Life Sciences. Das Projekt Med Campus wird in zwei Modulen errichtet. Baubeginn ist 2012. Als erster Bauabschnitt wird das ZWT bis Herbst 2013 realisiert. Die Inbetriebnahme des Med Campus ist schrittweise ab dem Jahr 2014 vorgesehen.
Foto: Med Campus Graz
it dem Neubau Med Campus in Graz-Ries entsteht der vierte Universitätsstandort in Graz. „Es ist eine Sternstunde für die Medizin-Uni“, erklärte Rektor Josef Smolle. Zugleich ist es –nach der WirtschaftsUni Wien – das zweitgrößte Uni-Projekt in Österreich und wohl auch das größte Hochbauprojekt der Steiermark für ein Jahrzehnt. Die bisher auf die Stadt verteilten universi tärmedizinischen Einrichtungen kommen nun unweit des LKH-Universitäts-Klinikums Graz unter ein Dach. 2004 wurde die Gründung der Medizinischen Universität Graz organisatorisch vollzogen. Mit dem Bau des Med Campus bekommt sie nun auch die entsprechende räumliche Gestalt. Die Stadt Graz erhält damit ihren vierten Universitätsstandort. In den Gebäuden, die auf dem rund 4,3 Hektar großen Grundstück entstehen, sind Lehrflächen für 1.200 Studierende der Human-, Zahnmedizin- und Gesundheits- und Pflegewissenschaft vorgesehen. Der Veranstaltungsraum sowie die Kommunikations- und Freiflächen bieten 4.300 Studierenden Platz. Auf dem Med Campus werden 840 Mitarbeiter und 250 Wirtschaftstreibende ihren Arbeitsplatz finden. Im Med Campus integriert ist zudem das Zentrum für Wissens- und Technologietransfer in der Medizin (ZWT), das die zielgerichtete Kooperation zwischen wissen-
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Vor Bundesministerin Beatrix Karl, flankiert vom Bürgermeister-Duo Siegfried Nagl und Lisa Rücker, stellten Projektleiter Hellmut Samonigg und Rektor Josef Smolle das gewaltige Projekt vor: 320 Millionen Euro werden in den nächsten acht Jahren in die neuen Campus-Gebäude der Medizin-Uni zwischen LKH und Rieshang investiert.
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Zeitraffer Geothermie | Borg Salzburg
BIG-Chef Christoph Stadlhuber und Rektor Heinrich Schmiedinger testweise am Bohrgerät .
Erdwärme für Universität Salzburg Das erste Geothermieprojekt in dieser Größe soll die Hälfte des Unipark-Energiebedarfs decken.
Fotos: Andreas Kolarik
■ Die Universität Salzburg setzt auf Geothermie. Die technische Anlage soll nach Fertigstellung des Unipark Nonntal rund die Hälfte des erforderlichen Energiebedarfs liefern. Für diese Anlage werden 56 mit einem Wasser-Glykolgemisch gefüllte Erdsonden 200 Meter tief in die Erde „vergraben“. Die anderen 50 Prozent des Energiebedarfs werden durch Fernwärme und eine Kälteanlage abgedeckt. Insgesamt betragen die Kosten für die Geothermieanlage rund 700.000 Euro. Das Projekt soll sich innerhalb von 15 Jahren amortisieren. Läuft alles nach Plan, wird der Unipark im nächsten Sommer seiner Bestimmung übergeben.
Unbestritten eindrucksvoll ist der Blick vom neuen Unipark auf die Festung der Stadt Salzburg. Insgesamt ist der Bau in der Endphase.
Erweiterung der Akademiestraße 21
Der Zubau im Innenhof entschärft die Platzproblematik.
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■ Das Sport-Realgymnasium (RG), Musische RG und Schulsportmodell (SSM) in der Akademiestraße 21 in Salzburg wird nach den Plänen des Architektur büros kmt/n-o-m-a-d saniert und erweitert. Nach dem Spatenstich im Sommer wird bereits intensiv gearbeitet. Der neu zu errichtende Gebäudeteil umfasst knapp 1.000 Quadratmeter neue Fläche für vier Klassen- und zwei Sonderunterrichtsräume, Garderoben- und Foyerbereich sowie einen Multifunktionsraum. Zusätzlich wird der Turnsaaltrakt um drei Klassen erweitert. Nach Fertigstellung der insgesamt 10,2 Millionen Euro teuren Baumaßnahmen im Sommer 2012 bietet die Schule
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20 Klassen Platz. Drei bereits in Containern untergebrachte Klassen können dann in den Neubau einziehen. Insgesamt werden derzeit an dem Standort rund 500 Schüler von 60 Lehrern unterrichtet.
Foto: BIG
Foto: Michael Lisner/Virtual DynamiX
Ein Schulneubau in Salzburg soll für mehr Platz sorgen. Spätestens im Sommer 2012 können die bisher in „Containern“ untergebrachten Schüler dann übersiedeln.
Bereits vor dem Aushub wurde anlässlich des Spatenstichs ordentlich Material bewegt.
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Foto: Robert Frankl
Mozartgasse
Fotos: Christian Jungwirth
Das Zentrum für molekulare Biowissenschaften (ZMB rechts hinten) wurde bereits vor mehreren Jahren neu errichtet. Mit der Sanierung der Mozartgasse ist der Standort perfekt.
Ehemaliges Kinderspital saniert Die Karl-Franzens-Universität Graz baut weiter kräftig aus und um. Das denkmalgeschützte Institutsgebäude in der Mozartgasse 14 ist jetzt wieder eine Perle im Bestand.
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Foto: Christian Jungwirth
Foto: Robert Frankl
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as Institutsgebäude der Karl-Franzens-Universität Graz in der Mozartgasse 14 wurde vom Keller bis zum Dach erneuert. Im Zuge der Sanierung des im Jahre 1877 erbauten ehemaligen Anna Kinderspitals wurden die historischen Deckenmalereien erst in vollem Ausmaß erkennbar. In Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt konnten die Schablonenmalereien, die an den Wänden im Stiegenhaus gemalten Steinplatten und die steinähnliche Oberfläche der Architekturteile im Vestibül (Haupteingang) rekonstruiert werden. Bundesministerin Beatrix Karl zeigt sich über die Generalsanierung sehr erfreut: „Die Sanierung des Gebäudes Mozartgasse ist ein weiteres kleines Mosaiksteinchen im Gesamtbild eines der größten Unicampus Mitteleuropas. Nicht nur Neubauten, auch gelungene Generalsanierungen historischer Objekte, die dadurch den Bedürfnissen eines modernen Hochschulbetriebs gerecht werden, tragen zu attraktiven Studien- und Arbeitsbedingungen bei.“
Wolfgang Gleissner (BIG), Wissenschaftsministerin Beatrix Karl und Rektor Alfred Gutschelhofer beim offiziellen Foto.
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Zeitraffer Campus WU
Wie Schwammerln aus dem Boden …
… wachsen von nun an die sechs Gebäude komplexe am Campus WU. In knapp drei Jahren wird der neue Campus WU fertig sein. In rund 90 Hörsälen und Semi narräumen wird dann gelehrt und gelernt. Rund 3.000 Arbeitsplätze für Studierende und 4.500 Lehrplätze werden geschaffen.
Auch das Innenleben des neuen Learning and Library Center wird zukunftsweisend. Fotos: Zaha Hadid Architects
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Campus WU
Die größte Baustelle der BIG: Im Prater entsteht die neue Wirtschafts universität Wien.
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uf der derzeit größten Baustelle der BIG – dem Campus WU – werden mittlerweile Nägel mit Köp fen gemacht. Denn auch für einen Laien ist nun zu erkennen: Hier tut sich etwas. Der Bodenaushub ist bereits abgeschlossen und rund 260.000 Kubikmeter Erdmaterial wurden abtransportiert. In der Endphase und noch vor Weihnachten abgeschlossen sind auch die Rütteldruck verdichtung zur Bodenverbesserung und die Bohrpfahler stellung. Insgesamt werden rund 1.800 Bohrpfähle in den Boden abgeteuft (betoniert).
Erstes Baufeld in Arbeit
Mitte November wurde bereits mit den Rohbauarbeiten am ersten Baufeld begonnen. Das Library and Learning Center (LLC) wird als erstes von sechs Baufeldern errichtet. Im Frühjahr 2011 fällt der Startschuss für die Rohbau arbeiten an den östlichen Gebäuden, dem O1 und O2. Die übrigen drei Gebäudekomplexe – das W1D, W1E und W2 – werden ab Sommer 2011 errichtet. Ab diesem Zeitpunkt wird also auf der gesamten, rund 90.000 Quadratmeter großen Baustelle in die Höhe gebaut. Bis zu 15 Kräne auf einmal werden am Praterhorizont zu erkennen sein. Während die großen Baumaschinen von Weitem zu se hen sind, fehlte bis dato der Blick ins „innere“ der Baustelle. Für Interessierte wurde aber auch dieses Problem gelöst. Denn um das Geschehen beobachten und den Arbeitern genau auf die Finger schauen zu können, wurde zentral – gegenüber des LLC-Bauplatzes – eine Aussichtsplattform mit Infopoint errichtet. Von 7 Uhr früh bis 20 Uhr abends können Interessierte täglich den Baufortschritt hautnah miterleben und mit Ferngläsern beobachten. Im Infopoint selbst findet der Besucher Pläne und Beschreibungen über den gesamten Campus; Baufortschritt und Geschichte des Bauplatzes werden hier dokumentiert.
Die Einladung „take a close look“ gilt für alle, die am Geschehen auf großen Baustellen interessiert sind.
Die Baustelle ist in insgesamt sechs Baufelder aufgeteilt. Bis dato verläuft alles nach Plan.
Auch online kann der Bau via Live-Cam mitverfolgt wer den. Auf www.campuswu.at finden zukünftige Studenten, Lektoren und Anrainer ebenfalls sämtliche Projekt informationen genauso wie eine Vielzahl an Fotos und Visualisierungen. Eine Animation macht es möglich, sich schon virtuell ein Bild vor Ort zu machen. An verschiede nen Punkten des Campus werden einem aus der Ich-Pers pektive Einblicke in die Zukunft geboten, als würden die Gebäude bereits direkt vor einem stehen. Verläuft alles nach Plan ist dies im Sommer 2013 Realität. Nach Einrichtung der Gebäude durch den Nutzer, die WU Wien, kann der Betrieb mit Wintersemester 2013/14 aufge nommen werden. Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Fotos: boanet.at
Live-Schaltung
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Zeitraffer Fürstenallee | TU Graz
Wohnen am historischen Gestüt
Der denkmal geschützte Reitstall wird verkauft. Am restlichen Gelände enstehen Wohungen.
Foto: Flöckner/Schnöll
Wettbewerb abgeschlossen. Planungsbeginn für Projekt in Salzburger Fürstenallee.
■ Im Salzburger Nonntal soll ab voraussichtlich Mitte 2012 ein weiteres Großprojekt verwirklicht werden. Das 6.650 Quadratmeter große Grundstück an der Fürstenallee wird bebaut. Das ehemalige Gestüt, auf dem nun Wohnungen entstehen, befindet sich im Eigentum der Bundesimmobilien-
gesellschaft (BIG). Entwickelt wird das Projekt in Kooperation mit der Raiffeisen evolution. Der ehemalige Bauhof der Republik Österreich soll komplett umgebaut werden, mehrere Objekte werden abgerissen. Nur ein denkmalgeschützter ehemaliger Reitstall bleibt bestehen. Dieses Gebäude wird verkauft. Konkrete Verhandlungen mit einem Interessenten laufen. Vor Kurzem wurde der Architekturwettbewerb entschieden. Gewonnen haben die Salzburger Architekten Maria Flöckner und Hermann Schnöll. An der Fürstenallee sollen rund 30 Wohnungen entstehen.
Neues Produktionstechnik zentrum der TU Graz
Die virtuelle Darstellung des PTZ soll bald Wirklichkeit werden.
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■ Die TU Graz wächst kontinuierlich. Am TU Campus in der Grazer Inffeldgasse werden drei neue Forschungsund Institutsgebäude für die Institute der Elektrotechnik, Maschinenbau, Informatik, technische Chemie und Verfahrenstechnik errichtet. Insgesamt entstehen rund 14.650 Quadratmeter Nettogrundrissfläche. Verläuft alles nach Plan, ist das „Produktionstechnikzentrum“ im Sommer 2012 fertig. Zusätzlich wird ein Haus zur Betreuung des Technik-Nachwuchses gebaut. Geplant sind Kindergarten, flexible Kinderbetreuung und eine Kinderkrippe. Das Flachdach des zweistöckigen Gebäudes kann als Garten genutzt werden. Das Haus wird zusätzlich von Gartenspielflächen umgeben.
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Alle Gebäude werden mit innovativer und nachhaltiger Technik aus gerüstet. Rund 100 Sonden der Geothermieanlage, die je 120 Meter tief in die Erde reichen, liefern die erforderliche Energie zum Heizen oder Kühlen. Das Projektvolumen beträgt ca. 46 Millionen Euro. Nach Fertigstellung im Sommer 2012 wird das Gebäude an die TU Graz übergeben.
Foto: Robert Frankl
Foto: Hans Mesnaritsch
Die technische Universität baut kräftig aus. Insgesamt vier Gebäude kommen neu dazu.
TU-Rektor Hans Sünkel, Wissenschaftsmi nisterin Beatrix Karl, Stadtrat Detlev EiselEiselsberg, BIG-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber, Landtagsabgeordneter Klaus Zenz und Franz-Georg Spannberger vom Architekturbüro Mesnaritsch.
Kurz notiert Rustikaler 70er-Charme Der Umbau und die Erweiterung im ge meinsamen Haus der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg und Gymnasium Schillerstraße (Feldkirch) sind abgeschlos sen. In drei Bauphasen – von Juli 2008 bis September 2010 – wurden die zur Verfü gung stehenden Flächen der beiden Bil dungseinheiten um fast 4.000 Quadrat meter erweitert und entsprechend adap tiert. „Der Zuwachs wurde gleichmäßig auf die Baukörper verteilt, um das harmo nische städtebauliche Gefüge beizube halten“, sagt Architekt Igor Mätzler. Dazugekommen sind eingeschoßige Auf stockungen, die den jeweiligen Schulen zugeordnet wurden. Die Erschließung er folgte durch Weiterführung vorhandener Treppenhäuser. „Während vor zehn Jahren unsere Schule als reines Oberstufengym nasium nur 21 Klassen umfasste, sind es durch den zusätzlichen Aufbau einer gym nasialen Langform nun 37 Klassen gewor den“, so Georg Konzett, Direktor des Gym nasiums Schillerstraße. Insgesamt betra gen die Investitionen rund 7,7 Millionen Euro.
Neuer Trakt für Naturwissenschaft Das BRG Judenburg wird seit Som mer 2010 nach den Plänen des Büros Zinterl Architekten ZT saniert. Zusätz lich wird die Schule aufgestockt und damit um rund 750 Quadratmeter erweitert. Geplanter Fertigstellungs termin ist Beginn des Schuljahres 2011/12. Insgesamt werden rund fünf Millionen Euro investiert. Die neuen Flächen dienen vor allem der Natur wissenschaft (Chemie, Physik und Biologie). Im Zuge des Projektes wer den außerdem die sanitären Anlagen und Umkleideräumlichkeiten im Bereich der Turnsäle zur Gänze erneu ert. Zusätzlich erhält die Schule auch eine Aufwärmküche, um den Anfor derungen einer Ganztagesbetreuung gerecht zu werden. Nach Fertigstel lung bietet der Bestand 32 Klassen Platz. Insgesamt werden derzeit an dem Standort rund 800 Schüler von ca. 70 Lehrern unterrichtet.
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Galerie
Foto: BIG
Gemälde
Bis vor Kurzem wurde am Dach der Akademie intensiv an der Sanierung der Terracotten gearbeitet .
Die alten Meister haben eine neue Heimat. Die neuen Flächen bieten dem Besucher ansprechendes Ambiente.
Rückkehr der alten Meister Neue Sicherheitsstandards und renovierte Ausstel lungsflächen geben in der Akademie der bildenden Künste den Werken berühmter Maler das entspre chende Umfeld, um voll zur Geltung zu kommen.
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Das denkmal geschützte Haus der Akademie der bildenden Künste wird bald einer Generalsanierung unterzogen.
Fotos: Gisela Erlacher
ach fast zweijähriger Schließung zeigt die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien wieder ihre weltberühmten Schätze – darunter außerordentlichen Werke wie das „Jüngste Gericht“ von Hieronymus Bosch und Gemälde von Botticelli, Tizian, Rubens und Rembrandt – in renovierten Räumen und mit zeitgemäßen Sicherheitsstandards. 27 Jahre nach der letzten umfassenden Renovierung der Galerie sei damit „ein Meilenstein“ gelungen, sagte Rektor Stephan Schmidt-Wulffen. Wie zuvor betragen die Schauräume der Gemäldegalerie 900 Quadratmeter, auf ihnen werden rund 170 Spitzen werke der ein Vielfaches umfassenden Sammlung gezeigt. Die Baumaßnahmen, geplant von Georg Töpfer, haben rund 3,5 Millionen Euro gekostet und wurden von der Universität und der BIG getragen.
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Zeitraffer Bezirksgericht Salzburg
Kurz notiert Lehartrakt Fast zehn Jahre lang waren die Chemieinstitute der Technischen Universität Wien nach Abriss des alten „Lehartrakts“ in der Lehargasse, Ecke Getreidemarkt, im angrenzenden „Chemie-Hochhaus“ am Getreidemarkt und an der Veterinärmedizinischen Universität provisorisch untergebracht. Nun steht den rund 100 Wissenschaftern und 700 Studierenden der Technischen Chemie laut TU „eines der modernsten Laborgebäude der Stadt“, so Rektor Peter Saklicky, zur Verfügung. Das von der ARGE Hiesmayr, Gallister, Kratochwil geplante siebengeschoßige Haus (davon zwei Untergeschoße) bietet eine Nutzfläche von rund 6.115 Quadratmeter.
Nunmehr schreiten Delinquenten durch hochglanzpolierte Gänge in die Verhandlungssäle.
Foto: Gebhard Sengmüller
Kosten: 40 Mio. Euro Fassadenfläche: 7.000 m2 Verkabelung: 339.000 m Lüftungskanäle: 30.000 m
„Haus Sensengasse“ eröffnet
Bezirksgericht frisch saniert Das Salzburger Bezirksgericht barrierefrei erschlossen, sicherheitstechnisch adaptiert und auf modernsten Stand gebracht. ■ Nach zwei Jahren Bauzeit ist die rund 9,4 Millionen Euro teure Funkti onssanierung und Adaptierung der ehemaligen Polizeikaserne am Ru dolfsplatz 3 für das Salzburger Bezirks gericht abgeschlossen. Bereits im Sep tember hat das Gericht seinen Betrieb im „neuen“ Haus aufgenommen. Im Innenhof der in den Jahren 1927 bis 1931 errichteten Polizeikaserne wurde eine zweigeschoßige gläserne Halle errichtet. Sie bildet den zentra len Eingangsbereich mit Sicherheits kontrolle und Service Center. Zur optimalen Erschließung des rund 3.000 Quadratmeter (Nutzfläche) gro ßen Gebäudes stehen ein neues Stie genhaus und ein neuer Personenauf zug zur Verfügung. Insgesamt zehn
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BIG Business
Verhandlungssäle mit Warteberei chen, Spielzimmer, Archive, Neben räume und ca. 90 Büroräume für rund 130 Mitarbeiter finden in dem fünf geschoßigen Gebäude Platz. Selbstverständlich wurde das in die Jahre gekommene Gebäude brand schutztechnisch auf den neuesten Stand der Sicherheitsstandards ge bracht. Im Zuge der Adaptierung wur de das Amtsgebäude auch barrierefrei erschlossen. Ein rollstuhlgerechter Lift, Handläufe mit taktilen Orientie rungs- und Türschildern und eine induktive Höranlage machen auch behinderten oder älteren Personen, aber auch Verletzten und Frauen mit Kindern eine problemlose Abwick lung ihrer Amtswege möglich.
Die Universität Wien konzentriert ihre zahlreichen über die Stadt verteilten Standorte im innerstädtischen Bereich. Als weiterer Schritt zu diesem Ziel wurde im Oktober der neue Standort „Haus Sensengasse 3a“ in Wien-Alsergrund eröffnet, wo die Institute für Bildungswissenschaft, Sprachwissenschaft und Vergleichende Literaturwissenschaft untergebracht werden. In dem neuen Gebäude sind auf rund 5.500 Quadratmetern an die 100 Arbeitsplätze, zehn Lehr- bzw. Seminarräume, mehrere Besprechungseinheiten und ein medienpädagogisches Labor untergebracht. Zudem ist dort ein Teil der Universitätsbibliothek inklusive Rechercheplätze angesiedelt. Das rund 11,5 Millionen Euro teure Institutsgebäude wurde von Architekt Josef Weichenberger gemeinsam mit Room8 Architects geplant. Bauherr und Eigentümer des Gebäudes ist eine gemeinsame Projektgesellschaft von „Wiener Heim“ Wohnbaugesellschaft mbH und der BIG.
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Schule
Fotos: Roland Halbe
Tourismus
Tourismus jenseits der Donau In Wien Donaustadt hat die BIG eine neue höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe und Tourismus errichtet. Punktgenau zu Semesterbeginn wurde das neue Gebäude bezogen.
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n nicht einmal zwei Jahren Bauzeit wurde in Wien Donaustadt nach den Plänen des deutschen Architekturbüros AMP Architekten die Tourismusschule am neu ernannten Firnbergplatz errichtet. Gemeinsam mit dem bestehenden und erst vor Kurzem erweiterten Gymnasium Bernoullistraße ist ein moderner Schulcampus entstanden. 600 Schüler und 100 Lehrer haben die Schule im September besiedelt. Eine dreigeschoßige, transparente Aula, die mehr einer luxuriösen Hotellobby gleicht, bildet den Eingang zur Schule und bietet gleichzeitig genug Platz für Veranstaltungen. Auch Rezeptions- und Barunterricht finden hier statt. Auf 10.270 Quadratmetern Nutzfläche, verteilt auf drei Geschoße, finden 31 Stammklassen, Sonderunterrichtsräume, ein Lehrküchentrakt, ein Mehrzwecksaal und drei Sporthallen Platz. Der Lehrküchentrakt bietet den Schülern nicht nur die Möglichkeit Kochkünste zu erlernen, sondern auch in Lehrrestaurants zu servieren. Zur „Erholung“ der Schüler dienen unter anderen die Pausenflächen auf den Dach terrassen des Gebäudes. Auch Direktorin Marlies Ettl findet großen Gefallen an ihrer neuen Schule: „Die Transparenz ermöglicht Einsicht und Ausblick. Die Terrassen und Höfe erlauben Kommunikation und Muße. Die Großzügigkeit des Hauses lässt Platz für Kreativität und zukünftige Entwicklungen.“ Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Nördlich der Donau sind in der jüngsten Vergangenheit mehrere Bildungsbauten entstanden. Neben dem Contiweg ist jetzt auch die Bernoullistraße fertig.
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Jubiläum
Foto: Manfred Seidl
Zehn Jahre BIG
Der lange Weg Eine Dekade ist mittlerweile vergangen, seit die BIG in ihrer heutigen Form das Licht der Welt erblickt hat. Nicht immer hat sie in ihrer neuen Familie sofort Freunde gefunden. Mittlerweile findet das anfangs – naturgemäß – von den Mietern durchschnittlich beliebte Kind aber sogar über die Landesgrenzen hinweg Anerkennung. Die BIG ist damit eine Erfolgsgeschichte der Republik Österreich. 14
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jahre big
Foto: Pez Hejduk
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BIG Business
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Jubiläum
Foto: Robert Frankl
ZEHN JAHRE BIG
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BIG Business
Foto: Pez Hejduk
Foto: Pez Hejduk
Foto: Robert Frankl
Das Haus für Musik und Musiktheater in Graz hat 2010 groß „abgeräumt“. Es wurde mit dem Fischer-von-Erlach-Preis und dem Urban Land Institute Award ausgezeichnet. Errichtet wurde das von Ben van Berkel geplante Mumuth zwischen 2006 und 2008. Die Investitionen betrugen rund 19 Millionen Euro.
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Fotos: Manfred Seidl / Lachlan Blair
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Kurz nach Fertigstellung wurde das Justizzentrum Leoben bereits mit dem Architekturpreis des Landes Steiermark (2004) ausgezeichnet. Es folgten das Geramb Dankzeichen für Gutes Bauen (2006) und der Urban Land Institute Award (2009).
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ir haben einfach überlegt, wie man Geld verdienen und das Vermögen der Republik Österreich besser verzinsen kann“, sagt Kurt Eder, langjähriger Bautensprecher im Nationalrat der SPÖ. Die Gespräche dazu hätten bereits 1996 begonnen. „Grundidee war ein Modell zu entwickeln, das sich langfristig selber trägt und der jährlichen Budgetverhandlung entzogen ist. Miete und Betriebskosten sind so außer Frage gestellt. Die gelten. Damit sind diese Dinge letztlich auch einer Beliebigkeit beziehungsweise politischer oder populistischen Zuordnung entzogen“, so der ehemalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) über die Gründung und spätere Entwicklung der BIG. Aber eben nur letztlich. Denn plötzlich auftauchende Begehrlichkeiten, wie etwa die Stundung von Mieten, illustrieren gelegentlich dann doch die real vorherrschenden Rahmenbedingungen. Unisono stehen die beiden „Gründerväter“ solchen Ideen auch entsprechend reserviert gegenüber. Eine Stundung ändere an der Höhe der Verbindlichkeiten nichts. Lediglich die Fälligkeit würde um teures Geld verschoben. „Einer fängt an, dann kommen logischerweise alle und das System ist nicht mehr tragfähig. Wenn es Finanzbedarf eines Ressorts gibt, muss das mit dem Finanzministerium ausgemacht werden“, so Schüssel. Das politische Spannungsfeld, in dem sich die BIG bewegt, ist also durchaus geladen.
Raum kostet Geld
Vom Beginn der Überlegungen im Jahr 1996 bis zur Absegnung der legistischen Grundlage im Parlament sind daher auch weitere vier Jahre vergangen. „Es gab eine massive Durchsetzungsproblematik. Das war nicht so einfach“, erinnert sich Eder – zeigt sich aber mit der Geburt zufrieden: „Ich glaube, uns ist da etwas Vernünftiges gelungen. Gera- › Nr. 8 | 2010 | www.big.at
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Jubiläum
Fotos: Günter Kresser
Zehn Jahre BIG
Ein Projekt der „BIG alt“ noch vor dem BI-Gesetz zur Jahrtausendwende. Die 30 Millionen Euro teure SoWi Innsbruck hat 1999 den Bauherrenpreis gewonnen. Die Architektur stammt von Henke Schreieck und Johann Obermoser.
de im Bildungsbereich ist dank der BIG sehr viel passiert. Zahlreiche Schulneubauten wären sonst nicht gekommen.“ Darüber hinaus sollte mit der Gründung der BIG ein bereits vorhandenes Problem beseitigt werden. Hartwig Chromy, damals Geschäftsführer der BIG, bestätigt: „Ich hatte den Ehrgeiz zu zeigen, dass auch im staatlichen Bereich privatwirtschaftliche Grundsätze umsetzbar sind. Auch hat es bis heute nicht einen Korruptionsfall in der BIG gegeben. Darauf bin ich stolz.“ Mittlerweile sind bereits rund zehn Jahre vergangen, seitdem das BI-Gesetz (Bundesimmobilien-Gesetz) im Jahr 2000 beschlossen wurde und die BIG damit vom Frucht genussrechtnehmer (seit 1992) zum Eigentümer mutierte.
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BIG Business
Das hat naturgemäß nicht jedem geschmeckt. Denn ab diesem Zeitpunkt mussten alle Ressorts Miete für die von ihnen genutzten Flächen zahlen. Geschenkt wurde der BIG aber nichts. Insgesamt 2,4 Milliarden Euro mussten am Kapitalmarkt aufgenommen werden, um den Kaufpreis an die Republik überweisen zu können. Spätestens ab der ersten Vorschreibung war dann auch allen klar: „Raum kostet Geld“, so Chromy: „Und nur wenn etwas kostet, dann hat es auch einen Wert.“ Dementsprechend seien in den darauffolgenden Jahren Gebäudeflächen zurückgegeben worden. Trotz des sauren Beigeschmacks wäre das Verständnis der Nutzer, auf einmal zahlen zu müssen, aber durchaus vorhanden gewesen. Der Grund dafür – zur JahrtausendwenNr. 8 | 2010 | www.big.at
Zehn
jahre big
Das Mozarteum ist mittlerweile ein Touristenziel geworden. Im Herbst 2006 wurde es seiner Bestimmung übergeben. Drei Jahre später mit dem Bauherrenpreis ausgezeichnet. Geplant wurde das Haus von Robert Rechenauer.
de gab es zwei dominante Faktoren: Einen „dramatischen Instandhaltungsrückstau“ und gähnend leere Kassen. Den meisten Nutzern war also eine Änderung des Status quo willkommen, zumal „wir am Anfang auch versucht haben, eine gewisse Großzügigkeit zu wahren, da viele Jahre an den Objekten nichts gemacht wurde“, so Chromy.
„Wer bestellt, muss bezahlen“
Bezahlt hat früher immer das Wirtschaftsministerium. „Die Baufinanzierung hatte einen dramatischen Fehler. Man konnte munter drauf losbauen. Wenn kein Geld mehr vorhanden war, wurde der Bau gestoppt. Die Projekte wurden aus dem Hochbaubudget finanziert – das wiederum ein nie enden wollendes Gesamtstück war“, so Schüssel. „Mich hat immer gestört, dass jeder – egal ob Schulen, Unis oder Ämter – auf Teufel komm heraus weit überzogene Kubaturen fordern konnte. Das hat sie ja nichts gekostet. Wer bestellt, muss auch dafür letztlich zahlen“, begründet der ehemalige Bundeskanzler seine damaligen Intentionen. Nachdem aber selten jemand freiwillig zahlt, rief die Ausgliederung neben Verständnis auch Kritik hervor. Die
« Es gibt bis heute nicht einen Korruptionsfall in der BIG. Darauf bin ich stolz.»
Hartwig Chromy, ehemaliger Geschäftsführer der BIG
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Fotos: Andrew Phelps
Rektorenkonferenz beispielsweise verfasste eine Erklärung, in der sich die Uni-Chefs nicht gerade als Fans deklarierten: „Ein solcher Schritt würde die derzeit in Diskussion stehende Verselbstständigung der Universitäten, die auch eine Übertragung der Liegenschaften in das Eigentum der Unis umfassen soll, konterkarieren“, heißt es in einer vom erweiterten Präsidium der Österreichischen Rektorenkonferenz (ÖRK) verabschiedeten Erklärung Ende August 2000. Nicht nur auf Nutzerseite waren aber die Begeisterungsstürme enden wollend, sondern auch bei den Auftragnehmern. „Die Unternehmen haben damals wesentlich strengere Verträge bekommen. Allerdings wurde das zähneknirschend akzeptiert, da die Firmen auf der anderen Seite die Sicherheit hatten, ihr Geld nach erbrachter Leistung auch wirklich zeitgerecht zu bekommen“, sagt Chromy. Die reservierte Grundhaltung von Mietern und Geschäftspartnern ist mittlerweile einer breiten Zustimmung gewichen. „Allgemein ist die Zufriedenheit mit der BIG auf ›
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Jubiläum Zehn Jahre BIG
Fotos: Harald A. Jahn
Im Zuge der Projekte werden jährlich 6.500 Tonnen Stahl und 85.000 Kubikmeter Beton (ca. 12.000 Mischwagen) von durchschnittlich 2.000 Bauarbeitern verarbeitet.
Eines der ersten realisierten Projekte im Jahr 1995 ist das Semper Depot in Wien. Damals hatte die BIG lediglich das Fruchtgenussrecht an den Liegenschaften. Jedenfalls wurde eindrucksvoll bewiesen, wie gut die BIG mit historischer Substanz umzugehen weiß. Dafür gab es den ersten Bauherrenpreis im Jahr 1997.
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BIG Business
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Zehn
jahre big
Fotos: Robert Frankl
Im gleichen Jahr wie das Semper Depot wurde das nahezu 90 Millionen Euro teure ReSoWi-Zentrum in Graz mit dem Bauherrenpreis ausgezeichnet.
unverändert hohem Niveau“, sagt Robert Neuberger, Geschäftsführer von Neuberger Research, der regelmäßig im Auftrag der BIG Kunden befragt. Das Unternehmen wird als sympathisch, partnerschaftlich und zuverlässig angesehen. Trotzdem wird das System regelmäßig angegriffen. Oft wiederkehrendes Element: Die Mieten wären zu hoch. Da bei wird allerdings geflissentlich die Tatsache unter den Tisch fallen gelassen, dass die Gelder für die Mieten den Ressorts auf „Heller und Pfennig“ vom Finanzministerium via Budgetverhandlungen „mitgegeben“ werden. Manch mal wird die Diskussion aber auch abseits rationaler Argu mente geführt. Der Geschäftsführer der BIG, Christoph Stadlhuber, räumt daher mit vielfach artikulierten Irrtümern auf: „Als Vermieter der Immobilien sind wir in den meisten Bereichen streng an das österreichische Miet rechtsgesetz gebunden. Damit können wir niemanden rauswerfen oder einfach so Mieten anheben beziehungs weise sonstige Willkürakte setzen“, sagt Stadlhuber und bekräftigt: „Wir wollen zufriedene Mieter und positionie ren uns als der Dienstleister der Republik Österreich in al len Fragen rund um die Immobilie.“ Nicht mehr zur Erfüllung der neuen Aufgaben benötigte Flächen werden verkauft. Insgesamt ist die BIG so in den Jahren 2002 bis 2004 über 10.000 Wohnungen los gewor den. Sie passten nicht ins Kerngeschäft. Das seit dem Jahr 2000 unverändert gebliebene Gesetz gibt diesbezüglich Nr. 8 | 2010 | www.big.at
« Im Bildungsbereich ist dank der BIG sehr viel passiert. Zahlreiche Schulneubauten wären sonst nicht gekommen.» Kurt Eder, Abgeordneter zum Nationalrat 1987 bis 2007 (SPÖ)
den Weg vor. „Die BIG hat zu marktkonformen Bedingun gen (…) den Raumbedarf des Bundes zu befriedigen.“ Das größte Paket mit über 3.500 Wohneinheiten, inklusive Arsenal in Wien, ging um 145 Millionen Euro an ein Konsor tium. Mittlerweile wurden Vorwürfe erhoben, es wäre ver schleudert worden. Das einfache Gegenargument, warum bei insgesamt vier völlig verschiedenen Bietergruppen dann niemand mehr geboten habe, konnte allerdings noch keiner der Kritiker erklären. Auch der Rechnungshof hatte in einer Prüfung nichts zu beanstanden.
Hohe Ausschüttungen
Generell war der Verkaufsdruck aus dem Finanzministe rium nach der Jahrtausendwende hoch. Abzulesen ist das anhand der Tabellen mit Gewinn und Dividendezahlungen an die Republik (siehe Chart I Seite 23). Demzufolge hat die BIG in den Jahren 2002 bis 2004 sogar mehr ausbezahlt als Gewinn eingefahren. Insgesamt „erwirtschaftete“ der Bund auf diesem Weg inklusive Verkaufspreis in den ver ›
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JUBILÄUM ZEHN JAHRE BIG
Meinungen Forschung und Wissenschaft brauchen kontemplative Räume zur Entwicklung innovativer Ideen, Konzepte und Visionen. Dabei war und ist die BIG ein in sämtlichen Planungsphasen, grundsätzlichen Überlegungen zur langfristigen Nutzung und Instandhaltung von Gebäuden sowie der Entwicklung effizienter Raumstrukturen ein wertvoller Partner.
Hans Sünkel, Rektor TU Graz, Präsident Österreichische Universitätenkonferenz
Die BIG bringt durch spezialisiertes Know-how und langjährige Erfahrung in der Verwirklichung von komplexen Bauvorhaben und in der bautechnischen Betreuung der Schulliegenschaften hohe Planungs- und Architekturkompetenz ein. Sie legt Wert auf eine gute Einbindung aller betroffenen Stellen, so besteht eine enge Vernetzung mit dem Landesschulrat und den Schulen vom Planungsbeginn über die Projektsteuerung bis zum begleitenden Controlling.
Siegi Stemer, Amtsführender Präsident Landesschulrat Vorarlberg
Auf der einen Seite die „kleine Kunstuniversität“, auf der anderen Seite – „BIG“. Und dennoch hat sich im Laufe der letzten Jahre eine partnerschaftliche Zusammenarbeit entwickelt. Das Erhalten und Verwalten von historischen Universitätsbauwerken braucht mehr als kaufmännische Berechnung von Miete oder Rücklagen. Verständnis für die besonderen Bedürfnisse der universitären Nutzung, Kompetenz und Sensibilität im Umgang mit historischer Bausubstanz – in all diesen Belangen hat sich die BIG als verlässliche Partnerin der Akademie gezeigt.
Anna Steiger, Vizerektorin Akademie der bildenden Künste
Hinter dem einfachen Aufgabenprofil, das der Gesetzgeber der BIG mit auf den Weg gegeben hat, stehen in der Praxis komplexe Problemstellungen und hohe fachliche Anforderungen. Für die Bundesschulen in Wien gibt es eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Mieter und Vermieter, um mit den vorhandenen Ressourcen die baulichen Änderungen für die schulische Tagesbetreuung und neuer Unterrichtsformen umzusetzen!
Susanne Brandsteidl, Präsidentin des Wiener Stadtschulrates
Als gleichberechtigte Partnerin beim Campus WU erfahren wir die BIG als innovatives und modernes Unternehmen. Da nicht nur die Errichtung, sondern auch der Betrieb des Campus WU Gegenstand der Kooperation ist, sehen wir einer langjährigen Zusammenarbeit mit Zuversicht entgegen.
Christoph Badelt, Rektor Wirtschaftsuniversität Wien
In diesen Jahren ist viel an strukturellen Optimierungen der Bundesschulen passiert. Wir leben heute in einer Zeit, in der immer öfter das Schulobjekt als quasi dritter Pädagoge gesehen wird, weil eben Schule ganz essenziell von der baulichen Struktur abhängt. Es geht nicht um institutionelle Befindlichkeiten, sondern um die Zukunft der jungen Menschen in Salzburg.
Fotos: beigestellt
Herbert Gimpl, Amtsführender Präsident Landesschulrat Salzburg
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Die BIG ist ein Fixum am österreichischen Immobilienmarkt und ein sehr wichtiger Player in unserer Branche. Wir hatten mehrfach käuferseitig mit ihr zu tun und waren stets angetan von der hohen Professionalität der Prozesse.
Ernst Vejdovszky, Sparkassen Immobilien AG
BIG BUSINESS
Eine Erfolgsstory, wie auch andere Ausgliederungen aus der Bundesverwaltung. Durch die Schaffung und laufende Arbeit der BIG erfolgt nun auch die Entwicklung und Bewirtschaftung ehemaliger Bundesliegenschaften nach privatwirtschaftlichen Kriterien, was jeden Bürger dieses Landes freuen sollte.
Robert Wegerer, Rustler Gruppe
Die BIG ist einer der wesentlichen Player am österreichischen Immobilienmarkt, der mit einem umfassenden Netzwerk von Standorten von Vorarlberg bis Wien wichtige regionale Impulse setzt. Neben den wirtschaftlichen Effekten ist es der BIG auch gelungen, gestalterische und städtebaulich beachtete Akzente zu setzen. Für viele, auch schwächere Regionen ist das professionelle Vorgehen der BIG eine wichtige Bereicherung.
Bernhard Ölz, Vorstand PRISMA Holding AG
Die Bundesimmobiliengesellschaft ist von enormer Bedeutung, da sie überwiegend für den öffentlichen Sektor entwickelt, baut und verwaltet. Für mich ist die BIG Mitbewerber, aber in erster Linie möglicher Partner bei Projektentwicklungen.
Markus Neurauter, Sprecher der Geschäftsführung, Raiffeisen evolution
BIG ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und trägt in schwierigen Zeiten durch ihre Stabilität zur Belebung bei. Ariel Muzicant, Colliers International
Die BIG schafft seit Jahren erfolgreich den schwierigen Spagat zwischen budgetpolitischen und meist ausschüttungsorientierten Anforderungen des Eigentümers auf der einen und einer professionellen und nachhaltigen Immobilienbewirtschaftung auf der anderen Seite. Sogar für viele Marktteilnehmer (umso mehr für Dritte) ist es schwer vorstellbar, wie komplex die Errichtung und die Bewirtschaftung so vielfältiger Gebäudearten wie Schulen, Gerichte oder sogar Strafanstalten ist. Die BIG zeichnet aus meiner Sicht weiters aus, sehr früh objektive und transparente Verkaufsverfahren etabliert zu haben, an denen sich bis heute zahlreiche Verkaufsprozesse orientieren.
Stefan Brezovich, ÖRAG Österreichische Realitäten AG
Schon aufgrund ihres schier unerschöpflichen Portfolios ist die BIG der wichtigste Player am heimischen Immobilienmarkt. Es fällt positiv auf, dass man in der Hinteren Zollamtstraße nicht den Monopolisten hervorkehrt, sondern immer wieder Partner in Immobilienentwicklungen hereinnimmt. Die Entwicklung von der Bundesgebäudeverwaltung zur heutigen Bundesimmobiliengesellschaft war zwar ein langer Weg, aber ein gelungenes Beispiel für die Verwaltungsreform. Vor allem im Wettbewerb um die Bundesmieter hat man sich entgegen anfänglichen Kassandrarufen wirklich gut behaupten können. Als Mitbewerber sage ich es mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Was die Vermietung an öffentliche Nutzer betrifft, konnte sich die BIG voll gegen die privaten Entwickler durchsetzen.
Karl Bier, CEO UBM Realitätenentwicklung AG
Die BIG ist ein Erfolgsmodell. Viele europäische Länder haben den österreichischen Weg der Ausgliederung der Immobilienwirtschaft für die öffentliche Verwaltung kopiert. Als Geschäftsführer der Österreich-Tochter eines international tätigen Bauunternehmens möchte ich das professionelle Vergabewesen herausstreichen. Die BIG-Geschäftsführung hat früh den Stellenwert von nachhaltigem Bauen erkannt, auch in architektonischer Hinsicht. Es ist gut, dass es sich die BIG auf die Fahnen geschrieben hat, den öffentlichen Raum mit hoher Qualität zu gestalten.
Richard Metzenbauer, Geschäftsführer Bilfinger Berger Baugesellschaft mbH
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Zehn
Chart I
Jahresüberschuss/Dividende in den Jahren 2001 bis 2009
Jahresüberschuss
Dividende
79
61
60
46
58
55
49
53
48
0
100
60
28
5
14
0
0
0
Die BIG erwirtschaftet im langjährigen Schnitt rund 56 Millionen Euro Gewinn. Ab dem Jahr 2007 wurde keine Dividende mehr an den Eigentümer gezahlt.
gangenen zehn Jahren mehr als drei Milliarden Euro. „Primärer Fokus war aber, den Gebäudebestand zu bereinigen“, sagt Chromy. Und das ist gelungen. „Wir haben klare Strukturen, ein akkurat definiertes Kerngeschäft, das Portfolio ist bis auf Restposten wie zum Beispiel Stollen oder Kirchen sauber und besteht aus Unis, Schulen und Amtsgebäuden. Die BIG steht damit nachhaltig stabil da und ist in den meisten Bereichen kapitalmarkt- und wettbewerbs fähig“, sagt der seit 2003 amtierende BIG-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber: „Natürlich arbeiten wir laufend an der Optimierung unserer Abläufe, um notwendige Prozesse schneller und effizienter abwickeln zu können.“ Das sei wichtig, da die BIG im Wettbewerb mit privaten Bauträgern oder Projektentwicklern stehe.
Promiskuitives Bauen
Ähnlich wiederkehrend wie die zu hohen Mieten steht die BIG nämlich beim Vorwurf „die bauen ja viel zu teuer“ im Kreuzfeuer. Helmut Moser, Leiter der Präsidialsektion im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, sucht daher nicht selten alternative Modelle zur Errichtung neuer Schulen mit anderen Partnern. Laut Wolfgang Schüssel absolut legitim: „Natürlich hat ein Ressort das Recht kri-
« Die architektonische Qualität ist gegenüber den Bundeshochbauzeiten sichtbar gestiegen.» Peter Ehrenberger, Leiter Planen und Bauen BIG
tisch zu hinterfragen, ob die BIG gute Qualität liefert oder der Preis stimmt, das ist völlig logisch. So wie jeder Mieter und jeder Nutzer das Recht hat, sich mit seinem Hauseigentümer auseinanderzusetzen und kritische Fragen zu stellen.“ Regelrecht auf die Barrikaden gehen dagegen bei dem Thema – klarerweise – viele hochrangige, lang gediente Mitarbeiter und schießen zurück. Ihr schlagendes Argument: Qualität! Peter Ehrenberger, ehemaliger AbteilungsNr. 8 | 2010 | www.big.at
jahre big
leiter zu Bundeshochbauzeiten und nunmehr einer der beiden Chefs der Abteilung Planen und Bauen, formuliert klar: „Die BIG baut keine ,schiachn‘ Häuser mehr. Die architektonische Qualität und baukünstlerische Ausführung ist gegenüber den Bundeshochbauzeiten deutlich sichtbar gestiegen, was sich auch in einer Vielzahl von Architekturpreisen und Anerkennungen zeigt.“ „Urgestein“ Fritz Seda, ursprünglich Landesdirektor Wien, jetzt eigentlich Leiter der CAD-Abteilung, aber nebenbei auch noch Generalwaffe für fast alles in der BIG, sekundiert. „Wir versuchen im Sinne des späteren Mieters nachhaltig und gehaltvoll zu bauen.“ Heruntergebrochen auf ein konkretes einfaches Beispiel hieße das: „Weil wir aus Erfahrung wissen, dass Schüler nicht immer maßvoll mit Türen umgehen, verwenden wir halt nicht zwei, sondern drei Bänder. Das kostet einfach. Dafür werden sie aber auch nicht so schnell kaputt“, meint Seda. Indirekt wird diese Leistung daher von einer breiten Kundenschicht honoriert. So hat die Befragung der Kunden ergeben, dass sich sowohl Serviceleistung und Bauzeit
« Wer bestellt, muss auch dafür zahlen.» Wolfgang Schüssel, Bundeskanzler a. D. (2000 bis 2007)
i nnerhalb der zehn Jahre laufend verbessert hätten. Direkt manifestiert sich das in neuen Aufträgen. Denn bei Neubauten besteht keine „Notwendigkeit“ diese Projekte mit der BIG zu realisieren. Schon gar nicht auf fremdem Grund, der von der BIG erst gekauft werden muss. Umso mehr freue das Bekenntnis vieler Geschäftspartner, große Neubauprojekte, wie etwa die Wirtschaftsuniversität Wien oder den Med Uni Campus in Graz, gemeinsam mit der BIG zu realisieren, so BIG-Chef Wolfgang Gleissner. „Als gleichberechtigte Partnerin beim Campus WU erfahren wir die BIG als innovatives und modernes Unternehmen. Da nicht nur die Errichtung, sondern auch der Betrieb des Campus WU Gegenstand der Kooperation ist, sehen wir einer langjährigen Zusammenarbeit mit Zuversicht entgegen“, sagt etwa WU-Rektor Christoph Badelt dazu.
Zwangsehe
Im Bestand ist „letztendlich diese Beziehung natürlich trotzdem bis zu einem gewissen Grad eine Zwangspartnerschaft“, analysiert Chromy. Die Universität Wien beispielsweise werde wohl kaum freiwillig aus dem Haus am Dr.Karl-Renner-Ring in Wien ausziehen. Und der Bestand ist groß, daher auch die Zahl unfreiwilliger Liaisonen Legion. Denn insgesamt die Hälfte der rund 820 Mitarbeiter der BIG ist mit der Verwaltung von rund 2.800 Häusern beschäftigt. Und die haben alle Hände voll zu tun. So verlassen alleine 6.700 Mietzinsvorschreibungen pro Monat die BIG. Im Zuge der „regulären“ Instandhaltung oder der Schadensbehebung werden pro Jahr rund 3.000 Fenster getauscht, über 250 Dächer repariert und zirka 1.300 Aufzüge ›
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Jubiläum Zehn Jahre BIG
im Jahr gewartet. Weiters werden rund 3.500 Kilometer Ka bel neu verlegt oder getauscht. Rund 12.500 Mal pro Jahr rü cken Firmen im Auftrag der BIG zur Störungsbehebung aus. „Wir wollen unsere Kunden optimal servicieren und sehen uns als Dienstleister ganz im Sinne unseres gesetz lichen Auftrags privatwirtschaftlich zu agieren“, so Stadl huber. Man müsse diesen Gedanken aber auch leben. „Un sere Mitarbeiter sind generell sehr gut unterwegs“, streut Stadlhuber seinen Leuten Rosen. Mittlerweile seien auch die Teams gut durchmischt. Wobei der Aktionsradius in puncto Sanktionspotenzial – egal ob positiv oder negativ – seitens der Geschäftsführung immer noch limitiert ist. Waren es im Jahr 2000 von 843 Mitarbeitern 755 öffent lich Bedienstete aus Bund und Ländern, ist das Verhältnis jetzt ungefähr 50 zu 50 (siehe Chart II Seite 25). „Zwölf ver schiedene Dienstrechte gestalten die Unternehmensfüh rung allerdings nicht einfacher“, sagt Gleissner. Und auch sonst habe man einige legislative Hürden in den Mühen der alltäglichen Ebene zu nehmen. „Wir sollen superschnell sein und am besten über Nacht ein riesiges Haus bauen, unterliegen aber dem Vergaberecht. Das passt nicht zu sammen“, meint Seda. Die BIG muss also bei nahezu jedem Bauvorhaben nicht nur einen Architekturwettbewerb
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BIG Business
Fotos: Harald A. Jahn
Die Architekten Henke Schreieck sind planerisch neben der SoWi Innsbruck auch für den Bauherren preis der Heustadelgasse mitverantwortlich. Er wurde im Jahr 2002 verliehen. Seit damals lernen hier auch die Schüler.
« Unser Konjunkturpaket hat die Bauwirtschaft und ihre Nebengewerbe in einer schwierigen Phase gezielt unterstützt. Diese Investitionen wirken nachhaltig.»
Reinhold Mitterlehner, Bundesminister für Wirtschaft, Familie & Jugend
durchführen, sondern auch die diversen Einzelleistungen öffentlich ausschreiben. Während es ein offenes, klares Bekenntnis zu den Wett bewerben gibt, ist die Liebe der BIG-Projektleiter zu dem Bundesvergabegesetz enden wollend. Jeder Ärger darüber ist aber verloren, da es einem Kampf gegen Realitäten gleicht. Und so ziehen gelegentlich zwischen Spatenstich und tatsächlichem Baubeginn dann oft mehrere Monate ins Land. Nichtsdestotrotz bewegt die BIG früher oder später ir gendwann doch im Neubau oder bei Generalsanierungen Massen. So werden im Laufe eines Jahres rund 200.000 Ku Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Zehn
jahre big
Chart II
Entwicklung der Mitarbeiterzahl in den letzten zehn Jahren
Privat
öffentlich Bedienstete *Mitarbeiter Konzern Gesamt **Forecast 2010
Zur Jahrtausendwende waren noch neun von zehn Mitarbeitern öffentlich Bedienstete. Zehn Jahre später ist das Verhältnis ausgeglichen. Chart III
Fotos: Josef Pausch
Das Bundesschulzentrum Kirchdorf wurde im Jahr 2003 mit dem Bauherrenpreis ausgezeichnet. Die Investitionen des von Riepl Riepl Architekten geplanten Gebäudes betrugen rund 14 Millionen Euro. Es wurde im Februar 2003 seiner Bestimmung übergeben.
bikmeter Erdmaterial ausgehoben. Das entspricht 25 Fußballfeldern, die zwei Meter tief sind. Würde man 16.500 Lkw mit diesem Aushub beladen, entstünde ein Konvoi von St. Pölten bis Innsbruck. Im Zuge der Projekte werden jährlich 6.500 Tonnen Stahl (etwa die Baumasse des Eiffelturms) und 85.000 Kubikmeter Beton (ca. 12.000 Mischwagen) von durchschnittlich 2.000 Bauarbeitern verarbeitet.
Gesicherte Arbeitsplätze
Und auch die Investitionsvolumina sind beeindruckend. Waren es im Jahresdurchschnitt 2001 bis 2008 „nur“ rund 360 Millionen Euro (siehe Chart III), so rechnete die BIG im Jahr 2009 rund 520 Millionen Euro an Bauleistungen ab. „Für 2010 sind, dank zahlreicher Aufträge der Ressorts und unserer eigenen Instandhaltung, Investitionen von weit über 600 Millionen Euro zu erwarten“, so Gleissner. Dementsprechend zufrieden zeigt sich Reinhold Mitterlehner, Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend. Als Eigentümervertreter und damit oberste Instanz der zum BMWFJ ressortierenden BIG gibt er den Kurs vor: „Unser Konjunkturpaket hat die Bauwirtschaft und ihre Nebengewerbe in einer schwierigen Phase gezielt unterstützt. Die Investitionen wirken nachhaltig, weshalb die von der Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Investitionen in Neubauten/Generalsanierungen und Instandhaltung
Instandhaltung Neubau & Gene ralsanierungen Gesamt
121
165 183
143 135 116
125
183
225 2531)2) 1953) 1703)
214
178 206
189 206 243
187
229
297 4101) 4853) 3703)
335
342 388
332 341 359 312 412 522 6631) 6803) 5403) 1) Forecast 2)inkl. Mieterinvestitionen 3)Planwert
BIG bauwirksam umgesetzten Mittel auch in den Jahren 2011 und 2012 um mindestens 30 Prozent über dem Durchschnitt der Jahre vor 2008 liegen werden“, sagt der Wirtschaftsminister. Insgesamt werden mit den Investitionen der BIG dauerhaft rund 10.000 Arbeitsplätze gesichert.
Ziele
Das vom Aufsichtsrat der BIG im Jahr 2005 abgesegnete Langfrist-Ziel war die Kapitalmarktfähigkeit. „Grund sätzlich sind wir wettbewerbsfähig und gut aufgestellt. Alles andere ist Sache des Eigentümers“, sagt Christoph Stadlhuber knapp. Schon kurz nach der Gründung spekulierte der damalige Neo-Finanzminister Karl-Heinz Grasser erstmals über einen potenziellen Börsengang. Der Austria Presse Agentur diktierte er im Mai 2001, er könne sich vorstellen, dass eine Beteiligung an der BIG mit ihren zahlreichen Immobilien in erstklassiger Lage auf großes Interesse in der Bevölkerung stoßen werde, so Grasser. Seit damals ist auch das Thema Kapitalmarkt ein, zumindest medial, immer wiederkehrendes Element. Theoretisch könnten sich Interessierte sogar jetzt an der Luxemburger Börse BIG-Wertpapiere kaufen. Allerdings „nur“ Anleihen. ›
BIG Business
Die BIG hat in den Jahren 2001 bis 2008 im Durchschnitt rund 360 Millionen Euro pro Jahr investiert. Ab dem Jahr 2009 geht es steil bergauf und derzeit fließt so viel Geld in Bauprojekte, wie nie zuvor in der Geschichte der BIG.
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Jubiläum Zehn Jahre BIG
« Wir wollen vor allem die thermische Sanierung forcieren. Daher wurde der BIGBilanzgewinn aus dem Jahr 2009 nicht ausgeschüttet, sondern zweckgewidmet.»
Fotos: Harald A. Jahn
Foto: Gisela Erlacher
Das Francisco J osephinum in Wieselburg ist im Land unter der Enns in puncto Architekturpreise der Renner. 2008 wurde es mit dem Holzbaupreis Niederösterreich (NÖ) ausgezeichnet. 2009 folgte die Anerkennung für vorbildliche Bauten in Niederösterreich.
Foto: Gisela Erlacher
Fotos: Harald A. Jahn
Reinhold Mitterlehner, Bundesminister für Wirtschaft, Familie & Jugend
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BIG Business
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Zehn
jahre big
Ausgezeichnete BIG-Projekte
Österreichische Architekturpreise
ZV Bauherrenpreis Aluminium-Architektur-Preis Anerkennung für vorbildliche Bauten in NÖ (fertige Hochbauten oder Ingenieurbauten) Holzbaupreis Niederösterreich Landeskulturpreis für Architektur mit Prädikat Bauwerk des Jahres Architekturpreis des Landes Steiermark Gerambrose bzw. Geramb Dankzeichen für Gutes Bauen Fischer-von-Erlach-Preis Preis der ZV Österreichs für besonderes Engagement im Hinblick auf qualitätsvolle Abwicklung öffentlicher Bauvorhaben BTV Bauherrenpreis für Tirol
1997 Semper Depot, Wien 1997 ReSoWi-Zentrum, Graz 1999 Institut für Sozialpädagogik, Baden 1999 SoWi Innsbruck 2002 AHS Heustadelgasse, Wien 2003 Bundesschulzentrum Kirchdorf 2009 Mozarteum Salzburg 2010 Universitätsbibliothek Innsbruck 2004 Biokatalyse TU Graz
best architects Urban Land Institute Award Award of Merit in Structural Engineering
2006 Biokatalyse TU Graz 2009 Justizzentrum Leoben 2010 MUMUTH Graz 2002 Österreichisches Kulturforum New York (Arch. Raimund Abraham)
Internationale Architekturpreise
Die sind dafür bestens, bei geringen Umsätzen und kaum Volatilität, mit einem Triple A von der Ratingagentur Moody‘s ausgestattet. Damit ist aber jedenfalls auch ohne Kundenbefragung klar: Der Kapitalmarkt vertraut der BIG. Noch! Denn das mediale Geplänkel, ob Mieten überwiesen werden oder nicht, wie unlängst bei den Universitäten, kommt dort nur bedingt gut an. Letztendlich ist die Kreditwürdigkeit der BIG nämlich mit der Bonität ihrer Mieter untrennbar verbunden. International ist die BIG definitiv ein Vorzeigemodell und der Entwicklung vergleichbarer Systeme weit voraus. Während sich die meisten europäischen Länder immer noch mit Erhebung und Verwaltung der Flächen plagen, ist die BIG mitten im aktiven Management der Immobilien. „Wir sind in der Führung von Ländern, Nationen noch immer im 19. Jahrhundert stecken geblieben. Da hat jedes Unternehmen eine Einnahmen/Ausgaben-Rechnung gemacht, und das war‘s. Das macht heute kein Betrieb mehr. Im aktuellen Budget – großer Fortschritt – planen wir zumindest einmal für die nächsten drei Jahre vorausschauend. Aber was an Verpflichtungen für die Zukunft eingegangen wurde, ist nicht beantwortet. Alleine das Pensionssystem: Was heißt das in einer alternden Gesellschaft, die letztlich langsam zurückgehen wird in der Zahl, aber gleichzeitig die Verpflichtungen weiter ansteigen. Ich glaube, die BIG ist in einem bescheidenen, aber wichtigen, überschaubaren Bereich das erste Mal so ein Modell, wo man wirklich langfristig und nachhaltig weiß: Das Immobilienmanagement ist ordentlich geregelt, da gibt es mehrfache Kontrolle und es kann nichts passieren. Das müssten wir Nr. 8 | 2010 | www.big.at
2009 HBLFA Francisco Josephinum Wieselburg 2008 HBLFA Francisco Josephinum Wieselburg (Architekt) 2004 Bundesschulzentrum Kirchdorf 2004 Justizzentrum Leoben 2006 Justizzentrum Leoben 2010 MUMUTH Graz 2008 OM Team Kärnten/Osttirol und PB ST, K 2010 ULB Innsbruck
auch in anderen Bereichen zusammenbringen“, sagt der langjährige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Eventuellen Privatisierungsvisionen steht Schüssel wie auch sein ehemaliges „rotes“ Gegenüber bei der BIG-Werdung, Kurt Eder, in großkoalitionärer Einigkeit reserviert gegenüber. Zuerst müsse das System stabilisiert, dann Doppelgleisigkeiten abgeschafft werden und erst danach könne man vielleicht in Teilbereichen darüber nachdenken.
BIG Bauboom
In der BIG sind die Ressourcen, um die ferne Zukunft genau zu planen, derzeit sowieso eher limitiert. Zu nahe sind aktuelle Herausforderungen. Gegenwärtig wird nämlich ein enormes Bauvolumen abgearbeitet (siehe Chart III auf Seite 25). Und noch ist kein Ende des „BIG-Baubooms“ in Sicht. Viele Projekte wurden wegen der Wirtschaftskrise gestartet und „budgetär“ losgeeist. Nachdem die meisten Bauvorhaben eine entsprechend große Dimension haben, werden sie über mehrere Jahre abgewickelt. Irgendwann wird aber auch die BIG in ihren „Alltag“ zurückkehren und das Investitionsvolumen wird sich wieder auf dem langjährigen Durchschnittsniveau vor dem Konjunkturpaket einpendeln. An zukünftigen Herausforderungen mangelt es aber nicht. So steht beispielsweise ein Thema auf der Prioritätenliste ganz oben: „Trotz knapper werdender Budgets der Ministerien wollen wir vor allem die thermische Sanierung forcieren. Daher wurde beispielsweise der BIG-Bilanzgewinn aus dem Jahr 2009 nicht ausgeschüttet, sondern zweckgewidmet“, so Reinhold Mitterlehner. ‹
BIG Business
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Diskussion Baukultur
Bettina Götz,
Architektin, Vorsitzende des Beirates für Baukultur des Bundeskanzleramtes seit 2009
Hans-Günter Gruber, Sektionschef BMLFUW
Inge Schneider,
Sepp-Dieter Hannreich, Abteilungsleiter BMWF
Marta Schreieck,
Präsidentin der ZV der Architekten Österreichs
Christoph Stadlhuber, Geschäftsführer BIG
Fotos: Michael Hetzmannseder
Direktorin AHS Heustadelgasse
Wer hat Angst vorm Bauherrenpreis …? Baukultur versucht ästhetische, funktionelle, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte zu berücksichtigen. Diese höchste Form des Bauens soll mit diversen Architekturpreisen ausgezeichnet werden. Nicht immer entsprechen aber prämierte Immobilien diesen hohen Idealen. Sind Preisverleihungen Anerkennung für mutige, innovative Konzepte oder autoerotische Architektur-Randgruppenfolklore? Wie viel Spielraum hat ein Bauherr Neues auszuprobieren? Eine hochkarätige Diskussionsrunde versucht Antworten zu geben …
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BIG Business
Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Foto: Margherita Spiluttini
Baukultur
Die SoWi Innsbruck hat im Jahr 1999 einen Bauherrenpreis abgeräumt.
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aukultur ist ein eher nebuloser Begriff. Vor allem versteht jeder etwas anderes darunter. Wie definieren Sie das als Architektin und Vorsitzende des Baukulturbeirates der Bundesregierung? Götz: Die Definition von Baukultur ist sehr schwierig, denn sie lässt große Spielräume offen. Roland Gnaiger, der in Vorarlberg und an der Kunstuni Linz unterrichtet, hat es so formuliert: Baukultur ist die Verringerung des Abstands zwischen Alltag und Architektur, also alles, was das Leben wirklich verbessert. Sie umfasst auch Bereiche, über die man vordergründig gar nicht nachdenkt. Baukultur ist et was Ganzheitliches, das sich nicht an bestimmten Themen festmachen lässt. Bleiben wir gleich bei diesem Ansatz. Gelingt es der BIG bei ihren Projekten, diesen Abstand zwischen Alltag und Architektur zu verringern? Gruber: Als Vertreter des Umweltministeriums gehen mir die Veränderungen in der Baukultur in Richtung Energie effizienz und Umwelt zu zäh und zu langsam. Gerade des wegen möchte ich Baukultur nicht als Abstand zwischen der Vorstellungswelt der Gesellschaft und jener der Archi tekten definieren. Denn dann hätten die Architekten ein Monopol darauf, wie diese Diskrepanz aussieht. Unser Ziel ist es, im Sinne einer Vorbildwirkung die höchsten Levels für die Umwelt einzufordern und zu realisieren. Hannreich: Im ersten Zugang sind die Vorstellungen von Baukultur sehr diffus und betreffen viele Aspekte des Bau ens. Bei näherer Betrachtung umfasst Baukultur sämtliche architektonischen, städtebaulichen, wirtschaftlichen und Nr. 8 | 2010 | www.big.at
ökologischen Kriterien eines Projekts. Im Prinzip wird in den Wettbewerben der BIG das abgebildet, was letztlich auch die Baukultur ausmacht. Frau Direktor, welchen Stellenwert hat Baukultur für Sie oder steht nur die Funktionalität des Gebäudes im Vordergrund? Schneider: Nein, ganz im Gegenteil. Ich glaube, dass ein Gebäude immer sehr viel an Atmosphäre und an Lebens gefühl vermittelt, und durchaus auch Symbolkraft haben kann. Es geht bei Baukultur um das Setzen von Landmarks, was bei uns in Aspern sehr gut gelungen ist. Hier wurde ein Gebäude geschaffen, das ein Spannungsfeld zu dem erzeugt, was es sonst in der Umgebung gibt. Stadlhuber: Wir leben in Sachen Baukultur in einem enormen Spannungsfeld. Wir haben Funktionalitäten zu erfüllen, das ist unser oberstes Prinzip. Weiters gibt es die Themen der Wirtschaftlichkeit, der Ökologie und Energie effizienz, der Architektur und darüber hinaus der Land mark-Bildung. All diese Aspekte zu vereinen ist durchaus eine Herausforderung. Einen Königsweg gibt es nicht – man braucht viel Erfahrung im Umgang mit Architekten. Primär ist es eine lange und intensive Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen des Nutzers und des Mieters. Zu gleich sollen die Vorstellungen des Architekten umgesetzt werden. Da ist oft viel Übersetzungs- und Überzeugungs arbeit notwendig. Dieses berühmte Zusammenspiel zwischen architektonischer Qualität, Wirtschaftlichkeit und Funktionalität hat aber schon auch etwas von Architekturromantik. Kann das überhaupt funktionieren? ›
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« Wir treten ja auch an, um Baukultur für kommende Generationen zu gestalten. Da können wir keine Kompromisse brauchen, die schon vor 100 Jahren langweilig waren.» Bettina Götz
Gruber: Warum nicht? Aber höchste Priorität, um überhaupt in diese Nähe zu kommen, liegt darin, wenigstens in den eigenen Reihen eine halbwegs übereinstimmende Definition der Funktionalitäten zu bekommen. Da sehe ich es als unsere Mission, so viel wie möglich an Nachhaltigkeit, Langlebigkeit und neuen Umweltstandards in ein Haus hineinzupacken. Erst dann kommt die architektonische Außengestaltung, wobei auch hier Nachhaltigkeit und Umweltaspekte im Vordergrund stehen. Baukultur kann zeitlos sein. Betrachtet man die öffentlichen Bauten aus den 70er-Jahren, so haben diese schon deutlich ihre Lebenszeit überschritten. Die alte Universität Wien, die vor mehr als 120 Jahren errichtet wurde, steht nach wie vor majestätisch da, sie hat Würde und ist vorzügliche Bau kultur. Für mich hat Bauen nur teilweise etwas mit Architektur zu tun. Ich meine, dass ein Bau eine gewisse Prägung braucht, und diese definiert sich aus dem Zeitgeist und aus dem Individualnutzer, egal ob bei Privatbauten oder bei öffentlichen. Dass sich die Betrachtungsweise und die Kultur ändern, und damit ein Gebäude irgendwann nicht mehr so schön erscheint, muss man in Kauf nehmen, man baut ja nicht für unendliche Zeiten. Hannreich: Wenn wir in einen Wettbewerb mit der BIG gehen, dann haben wir die Anforderungen schon präzisiert und in dicke Ausschreibungsunterlagen verpackt. Man ist gut beraten, erst einmal die Projekte auf sich wirken zu lassen und sich nicht vorschnell auf etwas zu versteifen. Aber bei den Jurys, die ja ein gruppendynamischer Prozess sind, kommt es schon darauf an, wer sich durchsetzt. Denn natürlich sind Architektur und Städtebau sehr gut vertreten und können mit Sprachgewandtheit und Fachausdrücken Juroren beeindrucken, während die Beurteilung von Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit in einem Wettbewerb diffuser ist. In meiner früheren Tätigkeit im Schulbau in
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den 70ern und 80ern habe ich erlebt, dass sich damals die Nutzer gegen Architekten durchgesetzt haben. Ich habe das Gefühl, dieses Verhältnis hat sich heute stabilisiert. Die Gegensätze Nutzer – Architekten gibt es ja auf mehreren Seiten. Beispielsweise bei Verleihungen von Bauherren preisen. Was wird dort prämiert: Die spektakulärste Architektur oder ein funktionierendes Haus, in dem sich die Nutzer wohlfühlen? Schreieck: Preise werden an diejenigen Projekte vergeben, die die komplexe Aufgabenstellung Architektur in ein schlüssiges Konzept bringen und über die Bauaufgabe hinaus einen Mehrwert liefern. Dass preisgekrönte Architektur weniger funktional wäre, halte ich für ein Vorurteil, das ich zurückweisen muss. Denn bei der Vergabe gibt es sehr kompetente Jurys, die einen Bau von allen Aspekten betrachten und sehr seriös und mit viel Aufwand am Werk sind. Wenn ich mir die Liste der preisgekrönten Immobilien der BIG anschaue und dann die Zeitungsarchive bemühe, finde ich Wirbel um herunterfallende Glasdächer, aufgeheizte Klassenzimmer etc. … Zufall? Stadlhuber: Auch ich erlebe bei Eröffnungsfeierlichkeiten, selbst von wirklich herausragenden Objekten, dass sofort Kritik da ist, was alles nicht passt. In Wirklichkeit entzündet sich die Kritik daran, dass sich etwas verändert hat. Da geht es um Dinge wie den neuen Standort oder weil jemand nicht das Wunsch-Büro hat. Aber die Kritik an der echten Funktionalität ebbt meist sehr rasch ab. Grundsätzlich ist das Erfüllen der divergierenden Funk tionen eines Neubaus eine komplexe Aufgabe, dazu muss man manchmal von sehr strengen Raumvorgaben abweichen. Es ist überhaupt ein Grundsatzthema, ob diese Vor gaben für die Wettbewerbe sehr rigid sein sollen oder man den Architekten Freiheit lässt. Gerade im Schulbau gibt es ein Spannungsfeld zwischen neuen pädagogischen KonNr. 8 | 2010 | www.big.at
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« Für mich hat Bauen nur teilweise etwas mit Architektur zu tun.» Hans-Günter Gruber
zepten und den alten Raumprogrammen aus den 70er- und 80er-Jahren. Da wird sich etwas verändern müssen. Götz: Innovative Projekte können schon Startschwierig keiten haben, weil man ja etwas entwickeln muss, aber wenn wir immer nur das machen, was wir können, dann treten wir immer auf der Stelle. Wir treten ja auch an, um Baukultur für kommende Generationen zu gestalten. Da können wir keine Kompromisse brauchen, die schon vor 100 Jahren langweilig waren. Aber es wird nie ohne Kompromisse gehen. Denn beide Seiten haben ihre Standpunkte. Wie sollte das Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Architekten idealerweise sein? Gruber: Ich wehre mich dezidiert gegen diesen architektonischen Kompetenzcluster unter dem Motto: Wir sind die Architekten und ihr habt zu akzeptieren, was wir machen. Meine Erfahrung ist, dass Nachhaltigkeit, Energiesparsamkeit, Verwendung umweltschonender Materialien äußerst schwer durchsetzbar sind. Sie glauben gar nicht, mit welcher Brechstange man da fallweise vorgehen muss, wenn es heißt: „Das ist für die architektonische Gestaltung unbedingt erforderlich.“ Götz: Es ist absolut nötig, dass Auftraggeber und Architekt das Projekt gemeinsam entwickeln. Das setzt voraus, dass beide auf Augenhöhe miteinander diskutieren können. Das ist sehr oft eben nicht der Fall und kann zum Problem werden, denn 50 Prozent der Entscheidungen muss der Auftraggeber treffen, und zwar kompetent. Er muss klarerweise auch Standards und Qualität bewerten und welche Kosten er akzeptieren kann. Schreieck: Es braucht das beste Einvernehmen beider Seiten, denn wenn der Bauherr nicht im Boot sitzt, entsteht keine Architektur. Dieser gegenseitige Respekt und das Verstehen der Bedürfnisse sind extrem wichtig. Beim Thema Nachhaltigkeit muss ich anmerken, dass einfach nicht Nr. 8 | 2010 | www.big.at
die Budgets zur Verfügung stehen, um Nachhaltigkeit seriös abhandeln zu können. Bei Wettbewerben stellen wir immer wieder fest, dass mit den vorgegebenen Kostenrahmen solche Überlegungen schlichtweg nicht umsetzbar sind. Gruber: Es wird oft argumentiert, dass das Geld für Nachhaltigkeit nicht vorhanden ist, aber in Wirklichkeit kommt das gar nicht viel teurer und es ist die Begabung des Architekten, dem Auftraggeber klarzumachen, wo in Zukunft die Prioritäten beim Bauen liegen. Es ist ja nicht so, dass ich bestimmte Baukosten habe und dann wird die Nachhaltigkeit aufgepfropft, sondern es ist im « Ich wehre mich Wesentlichen eine Frage der Priodezidiert gegen diesen ritäten. Wenn man statt einer architektonischen konventionellen Fassade eine Fotovoltaik-Fassade einbaut, ist dies Kompetenzcluster unter natürlich teurer, aber langfristig dem Motto: Wir sind die kostengünstiger, weil man wesentlich niedrigere Betriebskosten Architekten und ihr habt zu hat. Beim Bauen fallen diese auf akzeptieren, was wir machen.» Dauer viel stärker ins Gewicht als Hans-Günter Gruber die reinen Errichtungskosten. Schneider: Wenn man bereit ist, großartige Architektur umzuset zen, dann ist es auch wichtig, nicht an der falschen Stelle zu sparen. Da braucht es auch die Bereitschaft in einem Haus, in dem sich so viele Menschen in so kleinen Räumen aufhalten, ein Klima und eine passende Raumtemperatur zu gewährleisten. Genau dieser Aspekt ist bei aller Liebe zu meiner Schule in der Heustadelgasse vernachlässigt worden. Bei Bildungsbauten bin ich nicht sicher, ob Architekten die Möglichkeit haben, alternative Raumnutzungskonzepte zu planen. Ich würde mir wünschen, dass die Vorstellungen ›
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« Das Grundkonzept von Schule ist schon lange nicht mehr zeitgemäß. In solchen Häusern ist das, was von Bildungseinrichtungen gefordert wird, nicht umsetzbar.» Inge Schneider
der Architekten über ein Haus des Lernens so umgesetzt werden. Also offene Räume, wo Lernen in einer flexiblen Weise passieren kann. Das kann ein Schulhaus heute nicht. Zurück in die Realität der Schule Heustadelgasse. Ist das Gesamtkonzept trotz kleiner Fehler stimmig oder sind die Schwächen doch deutlicher als Sie gewünscht hätten? Schneider: Schwierig so zu beantworten. Das Grundkon zept von Schule ist schon lange nicht mehr zeitgemäß. In solchen Häusern ist das, was von Bildungseinrichtungen gefordert wird, nicht umsetzbar. Es geht also um das Grundkonzept von Schule. Das ist aber doch eine Frage der Schulverwaltung und hat nichts damit zu tun, ob es in den Räumen im Sommer zu heiß ist. Schneider: Da gebe ich Ihnen recht. In meiner ehemaligen Schule in der Radetzkystraße wird es im Sommer wahr scheinlich nicht weniger heiß als in manchen Klassen in der Heustadelgasse. Allerdings haben wir dort das Prob lem, dass die Außenjalousien durch den häufigen Südwind gera « Wenn man bereit ist, de im Sommer, wenn es heiß wird, hochfahren oder kaputt sind. Da großartige Architektur her sind dann die großen transpa umzusetzen, dann ist es renten Glasflächen der direkten Sonne ausgesetzt. auch wichtig, nicht an der Vielleicht hat es wirklich mit der falschen Stelle zu sparen.» Architektur zu tun und man hätte Inge Schneider andere Dinge finden können, die mehr gekostet hätten, um die Hit zeproblematik vorab kompetent zu lösen. Ich glaube, dass es wichtig ist, alles mitzubedenken, was auf den Nutzer zukommt, wie bei uns die Frage, wer die Fassadenreinigung zahlt. Klar ist, der Architekt wird sich bei der Planung sicher nicht über legen, wer hinterher die Fassaden reinigt.
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Ist da nicht die BIG sehr wohl gemeinsam mit dem Architek ten gefragt, ein stimmiges Gesamtkonzept zu entwickeln und da auch mitverantwortlich? Stadlhuber: Auf jeden Fall, das ist ein Thema, wo wir lang vorher einen Dialog einleiten müssen, und auch ganz un geschönt auf alle Probleme, die daraus entstehen könnten, hinweisen müssen. Zumindest ein Problem tritt heute kaum noch auf: Früher gab es ganz knappe Budgetmittel und die hat man sofort ausgereizt, und wenn man irgend wann zu bauen angefangen hat, hat man gewusst, es wird ohnehin alles teurer. Im alten System spielte das keine Rolle, denn es musste sowieso fertiggebaut werden, und irgendwo wurde dann am falschen Ort gespart. Heute ken nen wir die Kosten schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt, weil wir erst dann investieren, wenn wir einen Mietvertrag haben. Sie sind ja die Architektin der mit einem Bauherrenpreis ausgezeichneten Heustadelgasse. Ist da etwas schiefge laufen? Schreieck: Zum Thema Sonnenschutz muss ich einräumen – hatten wir anderes vor. Wegen des Windes haben wir bedruckte Schiebeläden vorgeschlagen, die waren jedoch zu teuer. Ich kann den Vorwurf aber nicht nachvollziehen, dass Hitzeprobleme ursächlich durch viel Glas entstehen. 65 Quadratmeter kleine Räume für 30 Kinder sind ohne mechanische Belüftung klimatisch nicht in den Griff zu be kommen, selbst wenn sie fensterlos wären. Davon abgese hen haben die Klassenzimmer in der Heustadelgasse nicht mehr Glasanteil als die meisten anderen Schulen auch. Sehr viel Glas haben wir, und dazu stehe ich auch, in den allgemeinen Erschließungszonen verwendet. Dadurch er reichen wir genau jene spezielle Raumatmosphäre, die wir uns für diese Schule vorgestellt haben. Offenheit, Transpa renz, helle, lichtdurchflutete Aufenthaltsbereiche und eine intensive Beziehung von innen und außen. Unser Ziel war Nr. 8 | 2010 | www.big.at
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« Dass preisgekrönte Architektur weniger funktional wäre, halte ich für ein Vorurteil.» Marta Schreieck
es, eine großzügige Raumwelt zu schaffen, ohne allzu viel Fläche zu verbauen. Zum Thema Pädagogik: Wir haben schon in der Planung dafür gekämpft, die sturen Vorgaben bezüglich der Klassenzimmer aufzubrechen. Das war damals aber absolut nicht möglich. Aber man könnte das trotzdem erreichen, denn die Schule ist als Stahlbetonskelettbau konzipiert. Sämtliche Querwände sind installationsfrei, man braucht diese nur zu entfernen und schafft so einen offenen Raum. Stehen ästhetische Aspekte und die Funktionalität in einem unvereinbaren Widerspruch? Sind Nutzer die Leidtragenden von prämierter Architektur? Hannreich: Überspitzt könnte man sagen: Glas alleine macht auch nicht glücklich. Die Frage ist: Muss sich die BIG Sorgen um ihre Mieter oder Nutzer machen, wenn sie Bauherrenpreise einheimst? Der Nutzer bleibt mit seinen Bedürfnissen aber auf der Strecke unter dem Motto: Je mehr Preise, desto mehr Probleme. Zumindest bei den Unis muss sich die BIG keine großen Sorgen machen, weil sie nur einen Bauherrenpreis verantwortet, nämlich das Mozarteum in Salzburg. Auf Nachfragen ist der Nutzer sehr zufrieden. Wenn ein Mieter bei der BIG ein Haus bestellt, dann hat er ganz bestimmte Vorstellungen, was es können soll. Ob da ein Bauherrenpreis herauskommt oder nicht, spielt zunächst keine Rolle. Der Bauherrenpreis hat natürlich gewisse Kriterien, die erfüllt werden sollen. Aber die Jurys sind doch sehr stark von Architekten dominiert. Schreieck: Nein, beim Bauherrenpreis stimmt das nicht, es sind auch Architekturkritiker dabei. Hannreich: Das ist ja dasselbe, aber es sind keine Nutzer dabei. Mich würde einmal interessieren, einen Nutzerpreis auszuloben. Schreieck: Wir sprechen beim Bauherrenpreis und bei den Besichtigungen der Projekte hauptsächlich mit dem Nutzer und nicht mit dem Architekten. Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Hannreich: Springender Punkt ist trotzdem, die Häuser haben ihre Bewährungsprobe noch vor sich. Man kann nicht nach zwei, drei Jahren sagen, dass das Haus funktioniert. Das ist zu früh. Wenn man einen halbwegs umfassenden Ansatz wählt, um ein Haus in seiner Gesamtfunktionalität beurteilen zu können, sind zehn Jahre das Mindeste. Wäre das ein Ansatz, den Bauherrenpreis erst nach fünfoder zehnjährigem Betrieb zu vergeben? Und welche Rolle spielen bei den Projekten denn die Nutzer? Hannreich: Man sollte auch den Nutzer in die Jury nehmen und ihn nicht nur fragen, was er davon hält. Allerdings können sie wiederum bei einer Universität nicht jeden fragen. Da gibt es den Rektor, der hat ganz « Speziell aufgehängte andere Vorstellungen als der Fassaden, die 15 Jahre später Haustechniker, und der hat wieder ganz andere als die anderen runterfallen, brauche ich Mitarbeiter. Nimmt man die Rückwirklich nicht. Solche meldungen der SoWi Innsbruck Innovationen sollen sie bitte her, ist es immer dasselbe. Im Winter ist es zu kalt und im Somwoanders ausprobieren.» mer ist es zu heiß, genau so wie in Christoph Stadlhuber der Heustadelgasse. Das jetzt den Architekten in die Schuhe zu schieben, unter dem Motto – das kommt davon, wenn man nur Glashäuser baut – ist zu billig. Wir haben damals Expertisen zum Raumklima erstellt. Grundvoraussetzung ist, dass der Nutzer die Anweisungen für Heizen und Lüften umsetzt. Und bei einer Universität ist es vielleicht auch eine Anmaßung, den Nutzern zu sagen, ihr habt keine Ahnung, was ihr braucht, wir werden schon das Richtige hinbauen. Mittels Wettbewerben haben wir das im Griff. Da kann niemand dominiert oder überfahren werden. Grundsätzlich ist aber die Verantwortung der Juroren eine andere als jene ›
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« Man kann nicht nach zwei, drei Jahren sagen, das Haus funktioniert. Das ist zu früh.» Sepp-Dieter Hannreich
der planenden und ausführenden Architekten. Letztere sind schon mehr gefordert, auch wenn wesentliche Ent scheidungen schon beim Wettbewerb gefallen sind. Diese kann man nicht mehr reparieren, man kann sie dann zwar adaptieren, aber nicht mehr umkehren. Gruber: Ich finde, die Diskussion läuft in die falsche Richtung. Wir sind dabei, Bummerln zu verteilen. Die Ar chitekten sagen reflexartig, wir sind es nicht, die BIG hat schon zugegeben, sie trifft ein bisschen Verantwortung. In Wirklichkeit kommt es darauf an, wie die Funktionen definiert werden. Meine Erfahrungen mit Schulbauten sind höchst unter schiedlich. Wir haben eine Schule mit 1.000 Schülern und einem Internat errichtet. Das war ein Bau, der im vorge sehenen Budget geblieben ist und wirklich kritiklos über geben wurde. Das war ein Idealzustand. Da kann man mit Recht sagen, das ist preiswürdig und preisträchtig, und wir haben auch zwei Preise bekom men (Anm. HBLA Wieselburg). Ganz « Glas alleine macht auch anders schaut es bei einer Schule in Wien aus, da haben wir Baukosten nicht glücklich.» überschreitungen von 30 Prozent Sepp-Dieter Hannreich und auch eine schwere Kommuni kation mit dem Architektenteam. Dort wurde ein Neubau mit einer Instandhaltung kombiniert. Nur mit Zwang konnten wir dabei unsere Grundsätze bei der Sanierung umsetzen, nämlich hochzuisolieren, eine Wärmepumpe und eine Fotovoltaik-Anlage einzubauen. Das war ein zäher Kampf. Die Frage ist noch offen: Was halten Sie davon, Bauherrenpreise erst nach fünf oder zehn Jahren zu vergeben? Schreieck: Grundsätzlich werden Bauherrenpreise schon lange nicht mehr nur für schöne Gebäude vergeben, son dern für Konzepte, die über das Objekt hinaus Potenziale anbieten und einen Beitrag zum Stadtraum und für das
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soziale Zusammenleben leisten. Bauherrenpreise gehen an jene Projekte, bei denen man die übliche Herangehens weise verlässt, offen ist für neue Konzepte, die man sich vorab vielleicht gar nicht vorstellen kann. Der Preis soll An sporn geben, das Gewohnte zu verlassen und neue Weg zu gehen und über den individuellen Bauwunsch hinaus Ver antwortung gegenüber der Gesellschaft und dem Umfeld zu übernehmen. Es geht einfach darum, die Architektur, die Baukultur weiterzuentwickeln, dafür werden diese Preise vergeben. Um das zu erkennen, braucht man keine fünf Jahre zu warten, das erschließt sich relativ schnell. Wie viel Innovation kann sich die BIG leisten, um nicht auf der Stelle zu treten, wie es zuvor angeklungen ist? Wer spielt Versuchskaninchen? Und sagt die BIG dann, wenn etwas nicht so funktioniert wie geplant: Huups, Entschuldigung, aber wir mussten das ja irgendwo ausprobieren? Stadlhuber: Noch kurz zur Frage Bauherrenpreis ein ganz klares Statement: Der Bauherrenpreis bleibt, wie er ist. Eher muss man Nachhaltigkeitspreise hinterfragen, die im ersten Betriebsjahr vergeben werden. Die kann man nach fünf oder zehn Jahren vergeben, denn nach einem Jahr weiß keiner, ob ein Gebäude wirklich nachhaltig ist. Zur Pädagogik will ich noch sagen, das Thema mit den starren Raumprogrammen ist virulent. Wir haben gerade den ersten Wettbewerb in der Kremszeile in Auslobung, wo wir von dieser Starrheit abweichen können und dürfen. Das wird sehr spannend. Allerdings werden wir am Ergebnis gemessen, ob es ein solches Konzept wert ist, es zu wieder holen. Grundsätzlich muss man bei Innovation sehr genau darauf achten, was das in der Praxis heißt. So sind wir zum Beispiel mit Gebäuden aus den 70er-Jahren konfrontiert, wo sich Techniker, Statiker und sonstige Professionisten spezielle Aufhängungen von Fassadenplatten überlegt haben. Das war eine Innovation, die brauche ich wirklich Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Baukultur
« Wie oft wir in der Planungsund Wettbewerbsphase umplanen müssen, nur weil sich Institutsleiter oder Rektoren ändern, kann auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein.» Christoph Stadlhuber
nicht. Denn wenn dann 15 Jahre später die Platten alle her unterfallen, und die Reaktion dann ist: oje, hat leider nicht funktioniert, dann sollen sie eine solche Innovation bitte woanders ausprobieren. Götz: Wirklich große Innovationen sind bei den Baupro grammen notwendig. Und das ist ein sehr großes Thema im Baukulturbeirat, warum die Schulbauten immer noch so aussehen wie vor 50 Jahren. Das besprechen wir dort intensiv auch mit dem Hintergrund, weil Bauprogramme die Entwicklung von Architektur fördern beziehungsweise überhaupt erst möglich machen. Stadlhuber: Der Schulbau ist ein sehr polarisiertes, weil auch politisches Thema. Das Grundthema haben wir aber überall: Es heißt Flexibilität. Zwischenwände ohne In stallationen brauchen wir im Bürobau ebenfalls, genauso bei den Universitäten. Denn keiner weiß, wie die Lebensund Arbeitswelt in zehn oder 15 Jahren aussehen wird. Bei den klassischen Amtsgebäuden hinkt die Entwicklung zwar nach, aber sie zieht genauso mit. Betrachtet man die heutigen Finanzämter, sehen die ganz anders aus als vor 20 Jahren, und das ist die Flexibilität, die wir brauchen. Schneider: Ich freue mich sehr, dass es jetzt offensichtlich auch ein Beispiel von einer offenen Schule geben wird, aber Innovation wäre ja auch möglich, indem die BIG ein be stehendes Schulgebäude, das diese Veränderungen zulässt, in diese Richtung adaptiert. Stadlhuber: Wir sind zwar Gebäude-Eigentümer, aber trotzdem können wir nur das machen, was die Nutzer wol len. Der Mieter ist das Unterrichtsministerium. Dort wird bestimmt, was verändert werden soll. Und diese flexiblen Raumkonzepte in der Kremszeile wurden sechs Jahre in tensiv mit dem Unterrichtsministerium diskutiert. Das ist eine Diskussion, die wir angezettelt haben. Götz: Komisch finde ich, dass der Vertreter vom Unter richtsministerium im Baukulturbeirat behauptet, dass Nr. 8 | 2010 | www.big.at
räumliche Konzepte und Abmessungen in keiner Weise vorgegeben sind. Das habe ich anders erlebt. Hannreich: Aber es gibt ja ein zweites Projekt, die HAK in Hetzendorf. Und auch die Stadt Wien entwickelt jetzt solche Konzepte. Diese geben im Prinzip ein Flächenpro gramm vor, aber kein Raumprogramm. Räume und Funk tionen werden von der Schule definiert, was in Hetzendorf ein langer Prozess ist, den das ÖISS (Österreichisches Insti tut für Schul- und Sportstättenbau) mit begleitet. Dort defi nieren Lehrer, Direktor, Stadtschulrat und Unterrichtsmi nisterium, aber besonders die Lehrer die Anforderungen, die sie von dem Haus erwarten. Die Anforderungen an ein Gebäude können nicht wirklich von den Architekten defi niert werden. Der Schulbau ist ja auf ganz bestimmte Bedürfnisse zugeschnitten … Stadlhuber: Ein ganz wichtiger Punkt: Es braucht eine kompetente Gruppe, die diese Veränderungen der Raum programme mitentwickelt. Es kann nicht der Direktor ent scheiden, wie die Schule ausschauen soll, das haben wir nämlich bei den Universitäten zum Teil. Wie oft wir in der Planungs- und Wettbewerbsphase umplanen müssen, nur weil sich Institutsleiter oder Rektoren ändern, kann auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Schreieck: Ich meine auch, dass eine Schule nie das Wohn zimmer oder der Privatbereich eines Direktors ist, aber natürlich muss man diese Personen mit einbeziehen. Da die Heustadelgasse eine Neugründung war, hat es vor der Eröffnung keinen Direktor gegeben, um ein Feedback zu bekommen. Das Konzept, wie die Schule bespielt werden soll, sollte schon klar sein, wenn man eine Schule plant. Ich glaube, das ist ein schönes Schlusswort, zumal ein schlüssiges Konzept wohl nicht nur für Schulen eine Grundvoraussetzung ist, sondern auch für alle anderen Gebäude. Vielen Dank für das Gespräch! ‹
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architektur AHS Contiweg
Fotos: Hertha Hurnaus
Neuer Bildungs- C
Foto: Michael Hetzmannseder
Weitläufige Freiflächen sind das Markenzeichen der neuen Schule. Für die Planung verantwortlich zeichnet Heiss Architekten. Die Böden (Bilder unten) von Inku werden aber vermutlich bald harten Belastungen ausgesetzt.
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AHS
Contiweg
- Continent in Donaustadt Am Contiweg in Wien 22 steht eine Schule der neuesten Generation: Die Architektur ist erfrischend modern, anstelle enger Gänge und Kammerln ist Großzügigkeit angesagt, viel Glas sorgt für Offenheit nach außen und innen. Das Haus ist aber auch ein pädagogisches Vorzeigeprojekt, am Contiweg wird die neue Mittelschule gelebt.
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architektur
Foto: Hertha Hurnaus
Fotos: Michael Hetzmannseder
AHS Contiweg
Frei zur subjektiven Interpretation: Linsen in die Freiheit oder Löcher wie ein Schweizer Käse. Jedenfalls prägt das „Vordach“ als unverkennbares architektonisches Element den Eingangsbereich der Bildungseinrichtung am Contiweg.
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ür rund 420 Wiener Schüler in Donaustadt hat das neue Schuljahr mit einer äußerst angeneh men Überraschung begonnen: Ihre Schule ist nagelneu, die Böden glänzen, die Wände sind blütenweiß, die Klassen sind hell und freundlich. Dass die AHS und Wiener Mittelschule am Contiweg im 22. Wiener Gemeindebezirk auch bei Ausstattung und Technik alle Stückerln spielt, versteht sich bei einem Neubau wohl von selbst. Noch ist ein Teil der Klassenzimmer und der Gänge verwaist, doch bald werden sie mit Leben erfüllt sein, ist doch die Schule auf insgesamt 900 Kinder ausgelegt. Sie will als neue Wiener Mittelschule mehr als nur eine Bildungsstätte sein. Gleiches gilt für die Nachmittagsbetreuung, die diesen Namen am Contiweg auch verdient und nicht nur eine Aufbewahrung darstellt. In der Tagesbetreuung Neu gibt es individuelle Lernzeiten und Lernbetreuung. Den Kindern steht je nach Bedürfnis und Neigung ein kreatives bzw. ein sportliches oder naturwissenschaftliches Angebot ergän zend zur Verfügung, erläutert Monika Auböck, die frisch gebackene Direktorin. Auch Wochen danach bekommt sie leuchtende Augen, wenn sie an ihren ersten Schultag denkt. „Von der Bibliothek im Dachgeschoß oder aus dem
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gläsernen Atrium hinauszuschauen, war ein wirklich sen sationeller Anblick. Der ganze Vorplatz war voll mit Eltern“, freut sich Auböck noch heute. Herzstück der Schule am Contiweg ist ein gläsernes südseitiges Atrium, das die beiden Seitenteile nach außen offen verbindet. Vom großzügigen Vorplatz sieht das mar kante Gebäude mit viel Glas eher wie ein neuer schicker Bahnhof oder ein modernes Bürogebäude aus. Statt eines nüchternen Zweckbaus wollte das Büro Atelier Heiss Archi tekten einen Ort schaffen, an den Schüler gerne kommen. Das dürfte den Planern gelungen sein – bei allen Vorbe halten, die Jugendliche gegen eine Bildungsanstalt haben müssen, um ur-cool zu sein. Fragt man die Kinder, fühlen sie sich in der Schule wohl; zumindest wenn die Direktorin in der Nähe steht.
Wohlfühl-Faktor
Aber bei Zweitklasslern ist die Freude über ihr neues „be rufliches“ Zuhause echt, sind sie doch aus den Containern in der Bernoullistraße in ein nagelneues Haus gekommen. Dort, folgt man den Schilderungen, waren die Verhältnisse eher optimierungsbedürftig: „Weil die Wasserleitungen einfroren, mussten wir ins Hauptgebäude aufs Klo gehen“, Nr. 8 | 2010 | www.big.at
AHS
Contiweg
erzählen Patricia, Victoria und der zurückhaltendere Unterstufensprecher Tobias unisono. „Weil es keine Waschbecken in den Containern gab, haben die Tafelschwämme grauslich gestunken“, ergänzt Victoria. Aber auch ohne den direkten Vergleich wurde am Contiweg auf den Wohlfühl-Faktor viel Wert gelegt, nicht nur vom Architekten, sondern jetzt auch von der Lehrerschaft. Auf den Fensterbrettern in so mancher Klasse stehen Zimmerpflanzen. Die in die Wand eingebauten Kästen bieten viel Stauraum. Bei Besuchern kommt fast ein bisschen Neid auf die heutigen Schüler hoch – angesichts ihrer Erinnerungen daran, wie armselig, vergammelt und unpraktisch das eigene Schulhaus in den 70er- und 80er-Jahren war. Damals waren zum Beispiel Duschen in den Umkleideräumen fürs Turnen gänzlich unvorstellbar. Heute ein Muss.
Fotos: Michael Hetzmannseder
Frei nach einer Anleihe aus Deutschland: Identifikation mit dem neuen Gebäude.
„Großzügig statt engstirnig“
Beim Buffet sind Wurstsemmel & Co zwar nicht verbannt, aber doch durch Obst und Gesundes ergänzt.
Auch wenn die Mittelschule schon Anfang September in Betrieb genommen wurde, sind noch immer Handwerker damit beschäftigt, den letzten Feinschliff, wie beim Terrassenrestaurant (mit Holzboden) im Hof zu machen. Andererseits ist der Schulwart schon mit ersten durch die Beanspruchung verursachten kleinen Defekten beschäftigt. Hier ein zu reparierender Wasserhahn, dort ein durch einen Schuss mit dem Ball beschädigter Lichtschalter. Eben Work in Progress. Zugleich sind noch Kinderkrankheiten zu kurieren – so bei der kontrollierten Raumbelüftung, wo die Temperatureinstellung noch nicht optimal ist –, räumt der Architekt ein. Nichtsdestotrotz ist er sichtlich stolz auf sein Werk, ist es doch sein erster Schulneubau. „Wir hatten den großen Vorteil, dass wir am Contiweg eine Tabula rasa vorgefunden haben“, meint Architekt Michael Thomas vom Büro Atelier Heiss Architekten. Großzügig statt engstirnig, lautete offenbar das Motto von Thomas. Breite Gänge, in denen nach hinten versetzte Sitzbänke in Nischen trotz aller Aufsichtspflichten der Lehrer private Rückzugsräume für die Schüler schaffen. „Wir Herzstück der Schule am Contiweg wollten größere Pausenräume mit viel Tageslicht schaffen ist ein gläsernes südseitiges Atrium, und zugleich ein Mehr an das die beiden Seitenteile nach Kommunikation ermöglichen“, berichtet Thomas. Bei den, außen offen verbindet. dank Außenfenstern, hellen Garderoben habe man eher das Gegenteil gemacht, sie wurden dezentralisiert, erläutert der Architekt. Somit gehörten die miefenden Keller der Vergangenheit an, auch gegen Mobbing unter den Schülern sollen diese auch von außen einsehbaren Spind-Blöcke Abhilfe schaffen. Um grundsätzlich die Übersichtlichkeit zu fördern, befinden sich alle Klassen außen und die Sonderräume wie Musik-, › Nr. 8 | 2010 | www.big.at
In den Gängen herrscht ein Kommen und Gehen. Viel Bewegung in den Pausen.
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Foto: Hertha Hurnaus
AHS Contiweg
Innenhöfe, die Schülerinnen und Schülern Raum bieten, um sich in den Pausen „auszutoben“, sind für konzentriertes Arbeiten in der Stunde unverzichtbar.
Chemie- oder Turnsäle innen. Auch wenn die Räume für die Nachmittagsbetreuung noch ein wenig provisorisch wirken, ist der Betrieb schon voll im Gange: Auf der einen Seite des Betreuungsraums sind Brettspiele aufgeschichtet, dazwischen klassische Schulbänke, hinten stehen ein grellblaues Sofa, um die Ecke ein hellbeiges Sitzmöbel und davor zwei hölzerne Couchtische. Für Entspannung ist ebenso in der Bibliothek im obersten Stockwerk gesorgt, auch wenn über den in einer Ausbuchtung am Ende des Raums drapierten rosa und roten Pölstern noch das Beamer-Kabel herunterhängt. Aber gut Ding braucht Weile. So stehen in der rund 200 Quadratmeter großen Bibliothek noch fast alle Regale leer. Sie ist erst im Aufbau und Buchspenden sind willkommen, meint die Schulleiterin. Dennoch, Auböck liegt die Bibliothek – auch als Deutsch professorin – als „Ort des W issens“ besonders am Herzen. Die als Vordach fungierende Bibliothek ist der räumlich und architektonisch bemerkenswerteste Bereich der gesamten Schule. Von außen sieht die metallverkleidete Bibliothek wie die Kommandobrücke vom Raumschiff Enterprise aus. Wenn man die Stiegen emporgestiegen ist, entdeckt man ein weiteres Geheimnis: Einen, intern „Dach-
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haus“ genannten, versteckten Garten auf dem Dach der Aula. Und von den 20 Arbeitsplätzen kann man durch in die Außenhaut eingeschnittene blattförmige Öffnungen auf den Vorplatz sehen. Jeder der vier Bullaugen hat dabei eine unterschiedliche Blickachse.
Stilelement
Diese linsenartigen Fenster in die Freiheit sind als durchgängiges Element des Gebäudes sein Markenzeichen. „Die blattförmigen Öffnungen umranken die gläserne Eingangsfassade und sorgen für den lichtdurchfluteten Eindruck im Inneren des Schulgebäudes“, so Architekt Thomas. Dieses Gestaltungselement zieht sich bis in die Inneneinrichtung hinein: In die Halle auf der Ausgangs ebene wird es in drei mehrere Meter lange, hölzerne blattbeziehungsweise linsenförmige Sitzbänke ohne Rückenlehnen weiter gezogen. Auf denen räkeln sich die drei Kinder aus der zweiten Klasse zu selbstverständlich, als dass sie dies nur wegen des Fotografen tun würden. „Dort sitze ich, wenn ich vor dem Nachhausgehen auf die Freundin warten muss oder wenn sie beim Buffet ansteht“, begründet Victoria. Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Contiweg
Foto: Michael Hetzmannseder
Foto: Hertha Hurnaus
Foto: Michael Hetzmannseder
Foto: Hertha Hurnaus
AHS
Architekt Michael Thomas und Direktorin Monika Auböck vor der Schule. So wie die Schülerinnen hier für die Kamera posieren, ist es auch wirklich gedacht. Zum Ausruhen.
Gleich dahinter ein weiteres Highlight, auf das die Kinder stolz sind, der Speisesaal. Dieser sieht aus wie eine Kantine in einem mittelgroßen Betrieb und weil alles noch so neu ist, blitzt das Chrom nur so. Auch das Buffet ist sehr gut ausgestattet und in den Pausen herrscht sehr viel Andrang und Gedränge (besonders die kleinen Pizzen gehen weg wie die warmen Semmeln). „Da müssen wir wie am Flughafen Abtrennungsbänder aufstellen, damit nicht die größeren Schüler die kleineren wegdrängen“, sagt Auböck.
Rückzugsraum für Lehrer
Auch für sie und das Kollegium hat das Architektenteam die Arbeit erleichtert: Die Lehrer haben modern eingerichtete PC-Arbeitsplätze und ihren eigenen Freiraum. Denn im Bereich, wo Administration und Lehrerzimmer in einem Block untergebracht sind, befinden sich keine Klassen. „Wir brauchen auch einen Rückzugsraum, wo nicht permanent Schüler präsent sind“, meint dazu Direktorin Auböck. Diese wiederum haben ebenfalls ihr eigenes Reich, wenn auch mit Aufsicht, nämlich den großzügigen mit noch zarten Jungbäumen bepflanzten Innenhof. Dieser ist von der Nr. 8 | 2010 | www.big.at
gläsernen Aula zu betreten, die die Schüler in die Klassentrakte verteilt. Der Hof selbst ist in verschiedene Bereiche gegliedert: Garten für das Buffet, ruhige Zonen und Spielflächen für die Nachmittagsbetreuung. Die Stiegen über den mittleren, abgesenkten Turnsaal zu den LeichtathletikAnlagen und Hartplätzen sind relativ schmal. Dominiert wird der Aufgang von steinernen Sitzbänken für den davor liegenden hölzernen Bühnenboden für Veranstaltung, Musik oder Theater. Das Equipment zum Bespielen gibt es schon, denn ein Musiksaal ist mobil. Auch wenn die Architektur sehr innovativ und markant ist: Die Kosten sind nicht höher als bei einer vergleichbaren Schule, die dem herkömmlichen Kistenmodell entspricht. Denn die beiden Seitenflügel, in denen die Klassen-, Verwaltungs- sowie die Sonderunterrichtsräume unter gebracht sind, haben als quasi standardisierte Räumlichkeiten keine Mehrkosten verursacht. Das ersparte Geld wurde in die Gestaltung der gläsernen Fassade gesteckt. Insgesamt betrugen die Nettoerrichtungskosten für das Gebäude mit 11.000 Quadratmetern Nettogrundfläche rund 23 Millionen Euro, es wurde in einer Rekordzeit von 18 Monaten hochgezogen. ‹
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Foto: TU Wien
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Stark verwurzelt und doch in Bewegung
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Sie sind gekommen, um zu bleiben. Vor bald 200 Jahren wurde die bedeutendste heimische Technologie- und Forschungsschmiede am Karlsplatz gegründet. Nach langen Diskussionen über einen etwaigen Neubau der Technischen Universität am Wiener Stadtrand haben sich die Gremien entschlossen, ihre zentralen Standorte zu optimieren. Noch fehlen jedoch die Finanzmittel, um alle Projekte des Vorhabens „Univercity 2015“ jubiläumsgerecht umzusetzen.
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TU Wien Foto: Hertha Hurnaus
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ir schreiben das Jahr 2006: Im April spricht sich der Rektor der Technischen Universität (TU) Wien, Peter Skalicky, „mit Nachdruck“ für eine Übersiedlung seiner gesamten Universität auf das künftige Stadtentwicklungsgebiet auf dem ehemaligen Flugfeld Aspern in Wien-Donaustadt aus – und zwar gemeinsam mit der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU). In den Medien werden bereits eifrig die Schlag zeilen eingetippt, von einer neuen „Super-Uni“ ist die Rede, von einem Forschungs- und Technologieaufbruch ins 21. Jahrhundert ebenso. Auch die Stadtpolitik freut sich bereits über einen Hochschulturbo für das brachliegende Flugfeld an der Wiener Peripherie, dem so das nötige Leben eingehaucht werde. Doch letztlich kommt alles ganz anders: Denn im Sommer 2006 schwenken die Führungsgremien der TU – insbesondere der Universitätsrat – um und entscheiden sich gegen einen Neubau zugunsten Nr. 8 | 2010 | www.big.at
iner „Verdichtungsvariante“ an den bestehenden zentral e gelegenen Standorten. Unter der sperrigen Formulierung „Verdichtung“ verbirgt sich nichts anderes als eine Zusammenlegung der rund 30 bestehenden großteils inner städtischen TU-Standorte, die baulich saniert, optimiert und erweitert werden sollen. Das Ganze soll sich mit 250 Millionen Euro an geschätzten Kosten zu Buche schlagen, hieß es zu der Zeit. Und auch die WU winkt ab, die mangels damals noch nicht fixierter U-Bahn-Anbindung in Aspern lieber einen innerstädtischen Standort für einen Neubau hätte.
Der Kuppelsaal im Hauptgebäude der TU Wien am Karlsplatz 13 wurde bereits generalsaniert.
Rund um den Naschmarkt
Medial ist es seither ruhig um die TU geworden: Während die WU unter großer Aufmerksamkeit ihren neuen, von Stararchitekten entworfenen Campus im Prater hochzieht, laufen die Planungen der TU anno 2010 eher im Verborge- ›
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nen, sind aber alles andere als eingeschlafen. Im Gegenteil: Ein Team aus Mitarbeitern der TU, externen Beratern und der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) arbeitet mit Hochdruck am Projekt „TU Univercity 2015“ – also einer neu formierten TU, die sich zur 200-Jahr-Feier ihres Bestehens (die TU wurde 1815 als k. k. polytechnisches Institut ge gründet) mit geänderten Strukturen und modernsten Forschungs- wie Studienbedingungen präsentieren will. Mit einer Fläche von rund 190.000 Quadratmetern ist die TU immerhin der größte Einzelmieter der BIG und damit auch bedeutender Auftraggeber bei großen Bauvorhaben. Als erster Baustein des Vorhabens „TU Univercity 2015“ wurde zu Beginn des Wintersemesters der neue Lehartrakt an der Ecke Getreidemarkt/Lehargasse in Wien-Mariahilf vollendet – er beherbergt die Institute der Fakultät für Technische Chemie (dazu noch später). Der nächste große Baustein, gleichsam das Herzstück für die TU-Neupositionierung, ist bereits in der finalen Planungsphase und betrifft die Erschließung des Wiener Arsenals in Form eines „Science Center“. Ganz profan ausgedrückt handelt es sich bei dem verheißungsvollen Titel vor allem um die Konzentrierung aller universitären Groß- und Sonderlabors wie Bauphysik, Fertigungstechnik, Wasserbau oder Verfahrenstechnik an einem neuen Standort. Jenseits des gro« Dann wäre der Gordische ßen Toyota Frey und der TennisKnoten zerschlagen und plätze des Wirtschaftsministerider erste große Wurf zur ums beginnt das Reich der BIG im Arsenal, das für die TU fix reserEntflechtung der TU viert ist. Die Backsteinbauten des geschaffen.» militärischen Gebäudekomplexes sieht man von hier aus im südliGerald Hodecek, TU Wien chen Teil des Areals nicht. Im Novembernebel ragt der nahe Richtfunkturm der Telekom 150 Meter in die Höhe. Im Wesentlichen sind es drei bestehende Gebäude aus ganz unterschiedlichen Epochen sowie ein noch zu planender Neubau, in die der neue heimische Forschergeist ziehen soll: das in den 1970er-Jahren errichtete Objekt 214, das bis vor Kurzem das Arsenal-Research beherbergte; das Objekt 221, vulgo Siemens-Halle, die zuletzt vorwiegend für Events wie den BIG-Cocktail-Empfang genützt wurde; und das Objekt 227, das in Fachkreisen unter dem Namen Panzerhalle firmiert.
Schmuckloser Zweckbau
In ersteres Objekt sollen die Physik und Chemie der Technischen Versuchs- und Forschungsanstalt der TU sowie der „Vienna Scientific Cluster“ – eine Kooperation von TU, Uni Wien und BOKU – einziehen: Für die Adaptierung plus Erweiterung des schmucklosen Zweckbaus (zu insgesamt 7.500 Quadratmeter Nettonutzfläche) sind zwölf Millionen Euro veranschlagt, inklusive thermische Sanierung und technische wie elektrische Hochrüstung. Die braucht es vor allem deshalb, weil das Gebäude für das künftig größte elektronische Hirn Österreichs, einen Supercomputer, um-
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gebaut wird. „Allein für die Kühlung der Server werden 800 Kilowatt Kälteleistung benötigt“, erklärt Gerald Hodecek, Abteilungsleiter Gebäude und Technik der TU Wien. Zum Vergleich: Ein Mensch hat 0,2 Kilowatt, handelsübliche Klimageräte schaffen ein bis zwei Kilowatt. Der Super-Rechner benötigt in etwa 150 Quadratmeter Fläche – doppelt so viel wie der derzeitige Groß-Computer im TU-Freihaus. Wo einst (Siemens-)Eisenbahnen auf ihre Tauglichkeit geprüft wurden und später dann Persönlichkeiten wie Friedensnobelpreisträger Al Gore (im Jahr 2007) Reden geschwungen haben, sollen künftig die Großversuche der TUFakultät für Maschinenwesen und Betriebswissenschaften mit dem Institut für Thermodynamik und Energiewandlung sowie dem Institut für Fertigungstechnik und Hochleistungslasertechnik stattfinden. Derzeit am Getreidemarkt untergebracht, würden sie in der neu adaptierten Siemenshalle die besten Bedingungen vorfinden, sagt Hodecek. 7.500 Quadratmeter Fläche sind in dem zehn Meter hohen Komplex vorgesehen, die Umbaukosten betragen rund zehn Millionen Euro. So wird der bestehende Hörsaal im Seitentrakt für 100 Personen saniert, ein unterirdischer Wassertank für 4.000 Liter eingesetzt und dazu alle technisch notwendigen Zuleitungen geschaffen.
Panzerhalle neu
Architekturhistorisch am interessantesten ist wohl die denkmalgeschützte Panzerhalle, die als Pionierarbeit in Eisenbetonbau gilt: Derzeit sporadisch an Handwerksfirmen vermietet, soll hier bald das Institut für Fahrzeugantriebstechnik eine neue Heimat bekommen. In Absprache mit dem Denkmalamt werden die wenigen originalen BetonTräger belassen; die Dachboden-Decke wird nach unten versetzt, um die nötige Nutzfläche von 5.500 Quadratmeter zu erzielen. Kostenpunkt laut Hodecek: 20 Millionen Euro. Und zu guter Letzt ist ein noch unbebautes Grundstück neben der Siemens-Halle für die derzeit auf den AspangGründen auf BIG-Grund weilenden Bauingenieure reserviert: „Auf den Aspang-Gründen sind wir deswegen noch, weil die Entwicklung des dortigen Städtebauprojekts Eurogate offensichtlich nicht ganz so schnell läuft wie es laufen sollte“, erklärt Hodecek. Wird die Fläche schließlich benötigt, heißt es für die TU endgültig umziehen. Im Endeffekt würden im Arsenal rund 250 Personen arbeiten und etwa noch einmal so viele unterrichtet werden. Laut Hodecek sollen die Adaptierungsmaßnahmen zügig umgesetzt werden, sodass die Umzüge aus der Innenstadt bereits 2012 finalisiert sein können: „Die Lehre und die theoretische Forschung dieser Institute wird weiterhin am Getreidemarkt platziert sein, alle Großlabors dann aber nur noch im Arsenal.“ Als rasches Verbindungsvehikel für Studenten soll ab 2019 die nach Süden verlängerte U2 fungieren, für die es vonseiten der Stadt Wien und des Bundes eine Finanzierungszusage gibt. Die U-Bahn war auch wesentliches Entscheidungskriterium pro Arsenal: „Laut den Plänen würde es gleich neben den Labors eine Station geben“, berichtet Hodecek. Weiters hätten die vielen f reien Expansionsflächen (etwa auch für Spin-off-Firmen) sowie Nr. 8 | 2010 | www.big.at
TU Wien
Foto: GeoPic
Der Blick aus der Luft Richtung Norden auf das betreffende Teilgebiet des Arsenals.
die für Technik-Labors günstige Ebenerdigkeit, gemäß einer TU-Raumplaneranalyse, für diesen Standort gesprochen. Nicht zuletzt sei im Arsenal mit der BIG der kompetente TU-Partner vertreten – nicht so bei den Konkurrenz standorten wie der Donau-Platte oder dem neuen Wiener Hauptbahnhof an der Laxenburger Straße. Bei der lange Jahre gehandelten Donau-Platte inmitten der Hochhäuser kam auch der finanzielle Aspekt hinzu: „Das Projekt war schon sehr weit, aber dann hat das Ministerium gesagt: Alles viel zu groß und viel zu teuer“, berichtet Hodecek. Das Objekt 221 im Arsenal war vor Kurzem noch Schauplatz der BIG Cocktail Reception.
Gelingt die Fusionierung am Arsenal, so wäre der vielleicht größte Schritt in die Zukunft erreicht, befindet Hodecek: „Dann wäre der Gordische Knoten zerschlagen und der erste große Wurf zur Entflechtung der TU geschaffen.“ Schließlich sei schon vor 100 Jahren von damaligen TU-Verantwortlichen der Wunsch geäußert worden, die Institute und Fakultäten im Maschinenbau zusammenzuführen. Dass dies tatsächlich gelingt, darüber ist man auch auf der anderen Seite des Verhandlungstisches, nämlich bei der BIG, überzeugt: „Die nötigen Mittel sind aus dem Globalbudget der Universität gedeckt. Im Gegenzug werden ja andere Flächen reduziert und die dort freiwerdenden Mietmittel im Arsenal verwendet“, sagt BIG-Asset-Manager Karl Dürhammer. Wie sehen nun diese Zusammenlegungen, Verschiebungen und Rochaden im Detail aus? Am Ende des Tages soll die TU-Wien von derzeit mehr als 30 Adressen auf weit unter 20 Adressen konzentriert sein – mit fünf großen Hauptstandorten, erklärt Hodecek. Außer dem genannten Arsenal sind dies der Karlsplatz mit dem Hauptgebäude, die Gusshausstraße, das Freihaus und der Getreidemarkt. An › Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Fotos: Richard Tanzer
Anstehende Rochaden
Die denkmal geschützte Panzer halle wird auf die Bedürfnisse der TU Wien adaptiert.
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Thema TU Wien
Mit rund 23.500 Studenten ist die TU Wien eine der größten Universitäten Österreichs, rund 4.000 Mitarbeiter sind beschäftigt. Es gibt 21 Bachelor-, 43 Master-, fünf Lehramtsund drei Doktoratsstudien. Die TU wird von einem fünf köpfigen Rektorat geleitet und ist in acht Fakultäten mit 56 Instituten gegliedert. Der jährliche Umsatz beträgt etwa 270 Millionen Euro. http://www.univercity2015.at
letzterem Standort sind die Bagger seit 2007 praktisch im Dauereinsatz, denn nach Vollendung des Lehartrakts geht die Sanierung der umliegenden Gebäude nahtlos weiter. Laut Hodecek werden insgesamt rund 100 Millionen Euro am Standort Getreidemarkt investiert, in einem eng abgestimmten Zeitplan laufen nacheinander die Sanierungen am Winkelbau, am Hoftraktgebäude, am Hochhaus (ehemaliges Chemie-Hochhaus) sowie am Tonnengebäude weiter.
Neues Hightech-Gebäude
Im Herbst 2013 sollen alle Arbeiten, Um-, Aus- und Neuansiedelungen der Institute abgeschlossen sein – unter anderem kommen Teile vom Maschinenbau vom Karlsplatz, dem Freihaus und der Gusshausstraße an den Standort. Insgesamt handelt es sich um eine logistische und planerische Herkulesaufgabe: „Denn wir können die Übersiedlung immer nur im Sommer beziehungsweise im Februar durchführen. Schaffen wir etwas nicht bis zum Tag X, dann verschiebt sich alles um mindestens ein halbes, wenn nicht gar ein ganzes Jahr“, erklärt Hodecek. Mit diesem Schreckensszenario will er sich aber noch nicht auseinandersetzen: „Sonst hat man das in den Köpfen drin und es tritt wirklich ein.“ Im neuen Lehartrakt wird derweil der Lehr- und Forschungsbetrieb für rund 100 Wissenschafter und 700 Studierende langsam auf Hochtouren gebracht: „Ein High-
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Foto: TU Wien
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Foto: Johannes Braumann
Fotos: Anna Rauchenberger
Der neue Lehartrakt am Getreidemarkt wurde im Herbst feierlich eröffnet .
Am Ende des Tages soll die TU Wien von derzeit mehr als 30 Adressen auf weit unter 20 Adressen konzentriert sein.
tech-Gebäude wie dieses braucht einfach seine Zeit. Das ist nicht wie bei einem Lichtschalter, der plötzlich aufgedreht wird“, sagt Johannes Fröhlich, Dekan an der Fakultät für technische Chemie. Beim Lokalaugenschein, rund einen Monat nach der feierlichen Eröffnung, sind noch nicht alle Laborplätze vollständig bestückt und auch die gesamte technische Infrastruktur ist noch nicht fertig installiert, doch sind sich alle Verantwortlichen einig über den enormen Aufwind durch das neue Laborgebäude. Zur Erinnerung: Der alte Laborkomplex in der Lehargasse musste 2001 aufgrund massiver baulicher Mängel abgerissen werden. Danach mussten die Mitarbeiter und Studenten ins angrenzende, ebenfalls schwer sanierungsbedürftige Hochhaus ziehen; ein Teil sogar nach Transdanubien in die Veterinärmedizinische Universität.
Straffes Korsett
Freilich gab es auch um den Neubau und manch geänderte Kennzahlen Diskussionen innerhalb der TU, berichtet Fröhlich: So wurden die Laborflächen nämlich durchaus radikal um die Hälfte reduziert – doch dieser Kahlschlag war nur auf den ersten Blick einer: „Was habe ich von einer größeren Fläche, wenn sie nicht gut ausgerüstet und schlecht ausgelastet ist?“, fragt Fröhlich. Hatte früher jedes Institut seine nur ihm zugeteilten Laboreinheiten, so wird nun in einem zeitlich straffen Korsett aufgesplittet. „Von früher 20 Prozent Auslastung sind wir jetzt auf 85 Prozent Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Fotos: BIG
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Viele Standorte gruppieren sich um das Hauptgebäude der TU Wien am Karlsplatz 13 (Bild Mitte).
ekommen“, so Fröhlich. Noch weg sentlicher sei aber die hochtechnisierte Ausstattung dieser Laborplätze. „Hier ist ein großer Sprung nach vorne gelungen. International sind wir damit am obersten Level der Möglichkeiten angekommen“, sagt der Dekan. Manche der neuen Geräte wie etwa ein Pulverröntgengerät schlagen sich mit rund 800.000 Euro zu Buche, was auch erhöhte Sicherheitsmaßnamen erforderlich macht: Zum einen werde in den nächsten Monaten ein Zugangssystem für alle Bereiche installiert, außerdem wird das Personal auf etwaige Diebstähle hin geschult: „Wir setzen auf den Faktor Mensch und nicht etwa auf Videoüberwachung“, erklärt Hodecek. 60 Prozent der rund 6.100 Quadratmeter Nutzfläche entfallen im Lehartrakt auf die Labors, die sich jeweils in der hofseitigen Bauhälfte des aus zwei Untergeschoßen und fünf Obergeschoßen bestehenden Gebäudes befinden. Bei Chemie-Unfällen oder anderen Ernstfällen kann aus den Labors rasch die Flucht über die Fenster und Außenstiegen erfolgen. Vorne an der Lehargasse befinden sich die Büround Aufenthaltsräume. Das oberste Stockwerk beherbergt Nr. 8 | 2010 | www.big.at
eine Studentenzone, die über eine vorgelagerte Dachterrasse verfügt. Die nötige Hochtechnisierung schlug sich freilich auch in den Baukosten (insgesamt 40 Millionen Euro) nieder: „Hier betrug der Baukosten-Anteil für die Haustechnik 42 Prozent, normalerweise sind es nur 20 bis 25 Prozent“, berichtet Generalplaner Gerhard Kratochwil. Nicht zuletzt wurde der Lehartrakt als Niedrigenergiehaus mit einer Kennziffer von 30 Kilowattstunden pro Quadratmeter erbaut, was die Betriebskosten gering halten sollte. Vom Städtebaulichen her war den Planern und den Zuständigen der Stadt Wien die Durchlässigkeit des Baukörpers wichtig – so wurde beim Hauptzugang eine Öffnung in den Innenhof zu den benachbarten TU-Gebäuden (mit Wegverbindung bis zum Museumsquartier) geschaffen. „Diese Blickachse vom Naschmarkt auf der einen und zur Rahlstiege auf die andere Seite war uns sehr wichtig“, sagt Kratochwil. Nicht zuletzt begünstigt dies die fußläufige Verknüpfung der anderen TU-Standorte rund um den Karlsplatz. Diese anderen Zentren des Lehrbetriebs sollen in Bau phase 2 des „TU Univercity 2015“-Konzepts ab 2013 ebenso ›
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Thema TU Wien
„Keine Alternative“ Peter Skalicky, Rektor der Technischen Universität Wien, über „VogelStrauß-Politik“, die Suche nach externen Geldgebern und die Zukunft des Hauptgebäudes am Karlsplatz 13.
Foto: TU Wien
modernen Ersatz bekämen, würde ich das ■ Herr Rektor, für das Prestigeprojekt „TU auch ernsthaft in Betracht ziehen. Univercity 2015“ gibt es eine nicht kleine Sind Sie neidisch auf die Wirtschaftsuniver Finanzierungslücke, vor allem für das sität, die einen neuen Campus im Prater beHauptgebäude am Karlsplatz. Wie optimiskommt und offenbar keine Schwierigkeiten tisch sind Sie, dass Sie in Zeiten, wo beim hatte, Geld aufzutreiben? Wissenschaftsbudget eisern gespart wird, Skalicky: Mein Interesse gilt der TU Wien. ihre Mittel tatsächlich bekommen? Wer wann wo um wie viel Geld baut, ist Skalicky: „TU Univercity 2015“ ist kein für mich sekundär. Allerdings sind die proPrestigeprojekt, sondern die planmäßige jektierten Kosten für eine Universität ohne Erhaltung, Adaptierung und Sanierung Laborbetrieb ungewöhnlich hoch. des innerstädtischen Standorts der TU Trauern Sie der Variante am Flugfeld Aspern Wien. Es gibt dazu keine Alternative. Mit Nach rund 20 Jahren beendet nun nach, die Sie ja ursprünglich auch be dem Chemie-Neubau des Labor-Gebäudes Peter Skalicky sein Tätigkeit als fürwortet haben? Gemeinsam mit der WU Lehartrakt, den weiteren Bauphasen am Rektor der TU Wien. wären wohl die nötigen Millionenbeträge Getreidemarkt und dem „Science Center“ leichter aufzutreiben gewesen. am Arsenal sind wesentliche Eckpfeiler Skalicky: Nein. Die Variante „Aspern“ hatte zweifelsohne ausfinanziert. Für eine Generalsanierung des Haupt einige attraktive Aspekte. Eine sorgfältige Analyse und gebäudes Karlsplatz und des Freihaus-Gebäudes steht die Abwägung aller Risken hat aber den Ausschlag für die Finanzierung noch aus. Ich gehe aber davon aus, dass die Entscheidung zugunsten der Beibehaltung des inner nötige Generalsanierung dieser Objekte früher oder später städtischen Standorts gegeben. Gerade angesichts der buddurchzuführen und daher auch zu finanzieren ist. getären Schieflage war „TU Univercity 2015“ die richtige Sie beklagten zuletzt, dass mit Einfrieren der Uni-Budgets Entscheidung. Am Flugfeld würden wir uns jetzt vielleicht der TU ab 2013 ein zweistelliges Millionen-Defizit steht (für mit einem Baustopp konfrontiert sehen. 2015 voraussichtlich 30 Millionen Euro). Bauprojekte sind da Rechnen Sie nicht damit, dass es in den innerstädtischen vielleicht noch schwer durchzuführen und zu kommunizieren. Gebäuden à la longue zu eng wird für das Mehr an Skalicky: Ohne vernünftige Infrastruktur (und dazu gehöStudenten? ren natürlich auch entsprechende Gebäude) gibt es keine Skalicky: Nein. Die realistischen Anforderungen an unsere konkurrenzfähige Forschung und Lehre. Wenn es weniger Kapazitäten sind garantiert. Die „Vogel-Strauß-Politik“ Geld gibt, wird es auch weniger eines sogenannten freien Hochschulzugangs (meist Forschung und Lehre geben. Das ist « Ohne vernünftige Infrastruk- auf der ganzen Welt so. verwechselt mit freier Studienwahl) kann so oder so nicht aufrechterhalten werden. Wir haben Kapazitäten fest Gibt es schon fixe Zusagen von Spontur, gibt es keine konkurrenzzulegen und so viele Studierende qualitativ hochwertig soren, die sich an TU-Großprojekten fähige Forschung und Lehre.» auszubilden, wie es die Ressourcen zulassen. Alles andere beteiligen könnten? ist Realitätsverweigerung und volkswirtschaftlich unverSkalicky: Nein. Wir arbeiten aber Peter Skalicky, TU Wien nünftig. daran, Sponsoren zu gewinnen. Sie treten in Bälde nach fast 20 Jahren als Rektor ab. Was ist Sie meinten auch, das TU-HauptgeIhr letzter großer Wunsch? bäude könnte verkauft und zu einem Skalicky: Ich „trete nicht ab“, sondern beende planmäßig Hotel umfunktioniert werden. Ein drastisches Bild, aber doch mein Mandat. Ich werde bis dahin – und nach meinen fern der Realität! Möglichkeiten auch danach – dafür eintreten, dass sich Skalicky: Ein historisches Gebäude mit dieser Lage könnte unsere Gesellschaft wieder den Wert der Universitäten und gut ein Hotel sein. Überlegungen in diese Richtung gab es der Bildung und Ausbildung, die sie bieten, bewusst macht. schon. Für mich geht es nicht um Prestige und eine schöne Die Ignoranz, die in der öffentlichen Diskussion immer Fassade. Ich will optimale Rahmenbedingungen für die wieder erkennbar ist, hat ein schwer erträgliches Maß Wissenschaft. Wenn es ein gutes Geschäft wäre, das Haupterreicht. ‹ gebäude in ein Hotel umzufunktionieren und wir dafür
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« Mit privaten Investoren hätten wir keine Chance, in diese Innenstadt-Objekte zu investieren.» Gerald Hodecek, TU Wien
„drankommen“, wenngleich dafür großteils noch das Geld fehlt. So spießt es sich etwa auch beim Hauptgebäude am Karlsplatz, der ursprünglich Teil von Bauphase 1 war: Auf Basis eines europaweit ausgeschriebenen Architekturwettbewerbs sollte der 1818 errichtete Komplex generalsaniert und erweitert werden, um dort zentral die Fakultäten Architektur und Raumplanung, Bauingenieurswesen sowie die zentrale Verwaltung zu bündeln. Im Generalsanierungspaket für die heimischen Universitäten, von dem der TU rund 120 Millionen Euro zustanden, war dieses Projekt auch noch enthalten. Durch die Umschichtung der Mittel, vor allem Richtung Arsenal, fehlt nun jedoch dieses Geld – in Summe geht es um rund 100 Millionen Euro. „Die Finanzierung des Projektes Karlsplatz 13 ist noch nicht gesichert“, umreißt es BIG-Asset-Manager Karl Dürhammer. Was aber nicht heiße, dass dort gar nichts geschehen werde, denn die BIG werde ihrer Bauherrenverpflichtung nachkommen und nötige Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen durchführen: „Da geht es um Fluchtwege, den Neubau von Stiegen und elektrische Einrichtungen.“ Das Ganze stelle aber „keine relevante Verbesserung für die Nutzung“ dar, dafür müsse nämlich üblicherweise der Mieter sorgen, stellt Dürhammer klar. Allerdings äußert er sich optimistisch, dass die TU zumindest einen Teil der nötigen Summe für einen Ausbau via Sponsoren aufbringen könnte – zumal bis 2015 auch noch etwas Zeit sei. „Das ist ein Weg, der erstmalig in Österreich probiert wird, international ist das hingegen nicht unüblich“, sagt Dürhammer. Auch Hodecek ist optimistisch, dass bis 2015 im Hauptgebäude einiges investiert werden könne. „In welchem Ausmaß uns Finanzmittel zur Verfügung stehen, ist noch offen. Aber so eine 200-Jahr-Feier bietet eine einmalige Gelegenheit, und so eine Institution wie die TU lässt man nicht hängen!“, sagt er. Im Übrigen war dieses TU-Hauptgebäude mit ein Grund für die Nicht-Übersiedlung nach Aspern – denn dann hätte „dieses Herz“ (Hodecek) aufgelassen werden müssen.
Spannungsgeladen
Ebenfalls auf der Agenda stehen Flächenbereinigungen sowie Optimierungen in puncto Arbeitnehmerschutz und Barrierefreiheit am Standort Gusshausstraße (Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik) sowie im Freihaus an der Wiedner Hauptstraße (u. a. Fakultät für Physik, Fakultät für Mathematik und Geoinformation). Beim 1987 eröffneten Freihaus, das aufgrund seines Technisierungsgrades deutlich schneller als gleichaltrige Gebäude in die Jahre gekommen ist, würde eine alle Bereiche einbeziehenNr. 8 | 2010 | www.big.at
de Generalsanierung laut Hodecek auf rund 100 Millionen Euro kommen. Manko derzeit ist, dass der Betrieb in dem Verwaltungs- und Laborgebäude enorm teuer kommt. Bei einem derart großen Projekt mit so vielen unterschiedlichen Interessen sind Spannungen vorprogrammiert. Mittlerweile beteuern aber alle Beteiligten, dass an einem Strang und auch in eine Richtung gezogen werde. Früher sei dies nicht immer so gewesen, klagt vor allem die TU Richtung BIG: Man sei in der Vergangenheit nicht gerade wie der größte Universitätsmieter behandelt worden, vielmehr habe die BIG „unfair und selbstherrlich“ agiert, meint Hodecek. Er gibt zu bedenken, dass es die TU war, die trotz manch anderer Angebote, vor Jahren eine Grundsatzentscheidung für die BIG getroffen habe und gewillt gewesen sei, sich 25 Jahre lang zu binden. „Diese Entscheidung ist in der Universitätslandschaft nicht unbedingt gutge heißen worden, weil es auch viele kritische Stimmen gab.“ Daher hätte sich die TU auch erwartet, dass man als „toller Kunde“ angesehen wird. Vonseiten der BIG wird auf diese Vorwürfe diplomatisch eingegangen: Zunächst sei es nicht immer einfach mit dem Kunden TU Wien gewesen. Es habe gleichsam eine Der-Staat-zahlt-alles-Mentalität vorgeherrscht. „Letztlich haben die BIG und die TU aber eine Basis geschaffen, die vergleichbar ist mit großen Institutionen in der Privatwirtschaft. Wir bewegen uns alle am freien Markt und müssen dementsprechend agieren“, so BIG-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber. Hodecek hebt zudem hervor, dass wohl nur mit der BIG dieser weltweit einzigartige, weil im Herzen einer Millionenstadt und im Unesco-Weltkulturerbe gelegene Technik-Campus umgesetzt werden könne. „Mit privaten Investoren hätten wir keine Chance, in diese Innenstadt-Objekte zu investieren.“ Ohne der großen Lösung am Karlsplatz sollen für die Neupositionierung der TU Investitionen in Höhe einer Viertel Milliarde Euro ausgelöst worden sein, beziffert Dürhammer. Bei den laufenden Mietkosten wird zugleich scharf kalkuliert, damit das Universitätsbudget nicht gesprengt wird. Läuft alles nach Plan, werden die Mietkosten nicht wesentlich höher als bisher sein, erklärt Hodecek: „Denn durch die Auflassung bestehender Flächen wird es in Summe nicht mehr Platz geben. Diese Flächen sind dann aber hochmodern und bieten die besten Bedingungen für Lehre und Forschung.“ Was dann wiederum – auch finanziell – der Gesellschaft als Ganzes zugutekommt. Daher sind die „TUler“ gewillt, für ihre Projekte zu kämpfen – oder wie es Hodecek ausdrückt: „Jetzt geht es darum, diesen Traum, diese Idee runterzubringen.“ ‹
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architektur
Fotos: Robert Frankl
Neue Chemie tu graz
Wolfgang Gleissner (BIG), Wissenschaftsministerin Beatrix Karl und TU Graz-Rektor Hans Sünkel auf der Terrasse.
Das neue Auditorium Maximum war anlässlich der feierlichen Eröffnung der „Neuen Chemie“ prall gefüllt.
Chemie beim Bauen in der „Oberliga“ Mit der Eröffnung der Neuen Chemie der Technischen Universität Graz im Oktober ist ein langgehegter Traum der Alma Mater in Erfüllung gegangen. Denn nun sitzen Wissenschaftler und Forscher aller chemischen Institute ebenso wie die Studenten in einem nagelneuen Haus, das technisch alle Stückerln spielt.
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as Wort historisch wurde bei der feierlichen Eröffnung durch Wissenschaftsministerin Beatrix Karl in einem topmodernen Hörsaal mehrmals strapaziert – aus Sicht der TU mit Recht, war doch die Errichtung des 48 Millionen Euro teuren neuen Hauses das größte Bauprojekt in der 200-jährigen Geschichte der Technischen Universität. Die Chemiefakultät selbst hat schon 20 Jahre auf einen Neubau gewartet. Stolz, aber sichtlich nervös führt Dekan Frank Uhlig Ministerin Karl und ihre Entourage durch das Haus. Über Stiegen geht es hinauf in ein Labor. Die Böden sind noch jungfräulich und es riecht überall nach Neubau, obwohl der Studienbetrieb seit Anfang September läuft. Die Führung kommt in ein topmodernes Messlabor, wo ein Forscher scheinbar unbeeindruckt von der Anwesenheit der obersten Wissenschaftlerin der Republik am PC arbeitet.
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BIG Business
Da keine Zwischendecken eingehängt worden sind, kann man die mit Alufolien eingepackten oberschenkeldicken Versorgungsstränge und die Leitungen gut erkennen. Auch wenn das vielleicht Ästheten nicht befriedigt, praktisch ist es schon. Der fachlich durchaus versierte Dekan Uhlig kann sich des Wunders der Technik trotzdem kaum erwehren. „Es ist immer wieder erstaunlich, dass das Richtige aus den richtigen Röhren kommt.“ Beeindruckend findet er auch, dass in manchen Forschungsräumen so viele Rohre laufen, dass man vor lauter Leitungen und Kabelsträngen gar nicht mehr die Decken sehen könne. Auch dass alleine die Sondergasleitungen 15 Kilometer lang sind. „Die Chemie spielt bei universitären Bauvorhaben in der Oberliga, alleine durch die Verrohrung und die nachgeführte Infrastruktur“, resümiert Uhlig. › Nr. 8 | 2010 | www.big.at
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TU Graz
Die Fassade von Robert Schaberl wechselt je nach Lichtverh채ltnissen ihr Erscheinungsbild und ist damit ein Blickfang.
Foto: Robert Frankl
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Fotos: Paul Ott
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Die Terrasse bietet nicht nur Rauchern Asyl (links). Wo immer es ging, wurden Zonen der Begegnung geschaffen (rechts).
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architektur
Fotos: Robert Frankl
Neue Chemie tu graz
Nach Vorbild der Knoff-Hoff-Show wurde anschaulich erklärt, wozu Chemie fähig ist.
Als Nächstes stehen ganz normale Forschungslabors, wo auch Studierende in ihren Übungen werken, auf dem ministeriellen Rundgang. Und hier nutzt Uhlig die Gele genheit, um die Unterschiede zwischen alten und neuen Rahmenbedingungen zu illustrieren. Vorweg: Heute müs sen nahezu alle Versuche in Glaskästen mit einer eigenen Absaugung durchgeführt werden. Im neuen Haus gibt es davon mit 260 um das Vierfache mehr. „In den ver gangenen 25 oder 30 Jahren haben sich die Sicherheitsbe stimmungen massiv verändert. Diese Vorschriften waren an den alten Standorten nicht mehr zu gewährleisten“, schildert Uhlig. Auch die Anforderungen an die Analyse technik seien wesentlich strenger geworden, was Klimati sierung und Luftfeuchtigkeit betreffe. Um es auf den Punkt zu bringen: „Im neuen Haus kommt auf jeden Forscher ein eigener Abzug –früher haben sich drei bis vier einen ge teilt.“ Mit dieser arbeitsrechtlich nicht ganz einwandfreien Praxis sei im Neubau Schluss, freut sich der Dekan. Auch die Anforderungen an die Wasserversorgung seien „nicht von Pappe“. „Manche Analysegeräte brauchen sechs Bar Wasserdruck. Es ist also beachtlich, was in der neuen Chemie an Wasser durchrauscht“, sagt Uhlig. Durch einen internen Kühlkreislauf kann der Verbrauch an Trinkwasser aber minimiert werden. Auch in Sachen Kühlbedarf falle das Haus aus der Norm. Über drei Halbstöcke geht es auf das Dach des Neubaus. Bevor man ins Freie treten kann, muss man durch eine
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Glastür, die nur auf einer Seite eine Schnalle hat. Sie fungiert als Schnittstelle zwischen dem neuen Chemiege bäude und dem Altbau, wo die Maschinen- und Elektro technik vor sich hinforscht und lehrt. Ziel der gläsernen Firewall: „Raus aus der Chemie kommt jeder, rein in die Chemie nicht jeder, schließlich wird hier mit teilweise hochgiftigen Chemikalien gearbeitet“, so Uhlig mit dem Generalschlüssel in der Hand.
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Das über dem Eingangsbereich gelegene, mit massiven Holzbrettern gedeckte Dachareal ist das letzte Refugium der Raucher. Zwei Arbeiter in Blaumännern rauchen unbe rührt von Karls Entourage und den professoralen Führern. Aber diese sind ohnedies damit beschäftigt, das künstleri sche Highlight auf dem Sonnen- und Aufenthaltsdeck zu bestaunen. Dort hat der Künstler Constantin Luser mit der sogenannten Molekularorgel einen markanten Akzent gesetzt. Das Kunstwerk aus 35 ineinander verschlungenen Blasinstrumenten nähert sich auf verspielte Weise dem Thema Chemie. Die Trichter der goldglänzenden Blasins trumente winden sich in einem Kreis nach oben, wobei der Durchmesser immer größer wird. Damit die Laienmusiker überhaupt zu den Instrumenten kommen, stehen am Boden unterschiedlich hohe Holzscheite. Vom Dach aus kann man auch den gelungenen Versuch betrachten, den alten (paradoxerweise Neue Technik ge Nr. 8 | 2010 | www.big.at
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Molekularorgel: Die Trichter der Blasinstrumente winden sich in einem Kreis nach oben, wobei der Durchmesser immer größer wird.
nannten) Trakt und das neue Haus architektonisch unter einen Hut zu bekommen. Die alte Neue Technik erinnert mit ihren zwei runden Türmchen viel mehr an einen Gemeindebau aus der Zwischenkriegszeit.
Verbesserte Studienbedingungen
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Fotos: Robert Frankl
Am Ende der Führung fasst Dekan Uhlig noch die Errungenschaften zusammen und erläutert, wie eng es am alten Standort war: „Das alte Haus war für 20 Studienanfänger konzipiert, in der neuen Chemie haben wir Platz für 150 bis 180.“ Der Neubau habe nicht nur die Studienbedingungen, sondern auch die Stimmung der Mitarbeiter deutlich verbessert. Einen frischen Akzent setzt im architektonisch biederen Grazer Stadtbezirk Jakomini auch die Fassade der Neuen Chemie, sie ist mit „Haut“ aus bedrucktem, punktgehaltenem Glas überzogen. Der Künstler Robert Schaberl hat die Hülle mit speziellen Farbpigmenten versehen, die eine irisierende Farbverschiebung erzeugen: Das Objekt erscheint je nach Perspektive in anderen Farben und symbolisiert ein riesiges Molekül. Im Fensterbereich besteht die Außenfassade aus beweglichen Glaslamellen, die im geschlossenen Zustand eine einheitliche Oberfläche ergeben. Nicht nur wegen des Äußeren: Auch Vizerektor Harald Kainz ist in Festlaune. „Ich bin sehr stolz. Das neue Haus ist eine funktional wesentlich bessere Lösung.“ Er ist wohl auch erleichtert, dass das Projekt so harmonisch über die ›
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architektur
Fotos: Paul Ott
Neue Chemie tu graz
Damit sich im Haus niemand verirrt, sorgt ein Farbleitsystem für Orientierung.
Bühne gegangen ist und der Umsiedlungsreigen zwischen mehreren Standorten in Graz vorbei ist. „Als Vorleistung für den Neubau haben wir rund 20 Millionen Euro an Vorinvestitionen in die Hand nehmen müssen“, erläutert Kainz: So wurde das Institut (inklusive Versuchsanstalt) für Materialprüfung in das Bautechnikzentrum am Campus Inffeld übersiedelt, ebenso die Labors und Werkstätten des Institutes für Maschinenelemente. Der Flugsimulator und das schweißtechnische Labor wanderten in die Steyrer gasse 17. Die Versuchshalle des Institutes für hydraulische Strö « Meine Angst ist, dass mungsmaschinen wurde in das wissenschaftliches Arbeiten Wasserbaulabor auf der anderen Seite der Stremayrgasse übersie zum Hobby erklärt und zum delt. Künftig soll die Technische Uni Teil nur noch in der Freizeit auf drei Hauptstandorten zusam mengefasst forschen und lehren. möglich sein wird.» Ziel der laufenden Konzentra Harald Kainz, TU Graz tionsmaßnahmen sei, Synergien zu schöpfen und Kosten zu senken. Ein Beispiel: In der neuen Chemie wurden alle bisher getrennten Werkstätten zusammen gelegt, was den Betrieb effizienter und wesentlich kosten günstiger mache. 2015 soll der Umzugsreigen an der TU Graz vorbei sein. „Dann werden wir alle extra angemiete ten Flächen – rund 7.000 Quadratmeter – wieder abmieten. Dadurch ersparen wir uns einen Mietaufwand von 1,2 Mil lionen Euro pro Jahr“, berichtet der für Infrastruktur zu ständige Vizerektor Kainz. Er ist quasi der Sparefroh der TU Graz und hat der gesamten Technik eine Rationalisierungs kur verordnet. „Jedes Institut und jede Verwaltungseinheit muss prüfen, ob es die Fläche optimal nutzt und ob es noch Spielräume gibt. Auch wenn es immer Potenziale gibt, gehe ich davon aus, dass das Sparpotenzial in zwei bis drei Jahren zum Großteil ausgeschöpft ist.“
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Der enorme Spardruck (und budgetäre Nöte) lassen die Euphorie von Kainz recht rasch abklingen. Ohne die Möglichkeit, Drittmittel aus der Wirtschaft für Forschungs projekte und Industrieaufträge ins Budget holen zu kön nen, würde der Vizerektor wohl schon heute anstehen. „Den Expansionskurs der vergangenen Jahre konnten wir nur dank der Drittmittel so erfolgreich fahren. Mit diesen Geldern haben wir die Löcher im Globalbudget (staatliches Hochschulbudget) stopfen können. So stellen wir pro Jahr 150 bis 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzlich über Drittmittel an. In Summe finanzieren wir bereits mehr Wissenschafter über Drittmittel als über das Global budget.“
Düstere Aussichten
Trotz aller baulichen Verbesserungen kämpfe die Technik nach wie vor mit dem Problem der mangelnden Labor- und Praktikumsplätze. „Auf der Architektur müssen Vorlesun gen bis 23 Uhr stattfinden. In der Biochemie finden LaborWiederholungen auch in den Nachtstunden und am Sams tag statt“, berichtet Kainz. Schließlich habe man vor sieben Jahren 8.000 Studierende gehabt, heute seien es an die 12.000 und das bei im Grunde gleichen Ressourcen. Abfedern könne man dies nur durch eine höhere Belastung des wissenschaftlichen Personals, dank einer Übergangsregelung beim Arbeitszeitgesetz. „Dieses ist un geeignet, um Forschungsleistungen abzubilden. Müssen wir uns, wie es droht, ab 2014 daran halten, können wir unsere Mitarbeiter mittwochabends nach Hause schicken“, fürchtet Kainz. Er macht sich daher Sorgen um die For schung. „Meine Angst ist, dass wissenschaftliches Arbeiten zum Hobby erklärt und zum Teil nur noch in der Freizeit möglich sein wird. Dann bekommen wir noch ein größeres Problem als wir es beim Geld schon heute haben“, meint recht pessimistisch der Vizerektor der TU Graz. ‹ Nr. 8 | 2010 | www.big.at
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TU Graz
Foto: Robert Frankl
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Thema Immobilienbesitz
Die unbekannte Größe Immobilien der öffentlichen Hand repräsentieren einen beachtlichen Wert. Genau kann den allerdings niemand beziffern. Bei näherer Betrachtung ist auch die BIG nur ein kleines Rädchen im Zusammenspiel von Bund, Ländern, Gemeinden, Landesbanken oder ausgegliederten Unternehmen. Foto: Gisela Erlacher
Foto: Schönbrunn/Daniel Zupanc
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wertungsgutachten. Gibt es beides as gehört der öffentli nicht, gehen wir bei Liegenschaften chen Hand“, ist oft die nach Durchschnittswerten je Katas Antwort auf die Frage, tralgemeinden vor und bei Gebäu wer wohl der Eigentü den gemäß Aktivierung von In mer des Amts oder der Behörde ist, standhaltungskosten. Die Einfüh in denen ein Bürger etwas zu er rung eines kaufmännischen Rech ledigen hat. Gleichgültig, ob Uni, nungswesens beim Bund führt auch Postamt, Schule, Gericht, Arbeits hier zu mehr Transparenz“, sagt amt oder Gefängnis. Auch wer im Gerhard Steger, der Leiter der Bud Zug sitzt oder im Auto fährt, befin getsektion des BMF. det sich auf öffentlichem Eigentum. Derzeit liegt jedenfalls der Wert Allerdings gibt es in Sachen Immo des gesamten Immobilienvermö bilien nicht die eine öffentliche gens der „öffentlichen Hände“ noch Hand, sondern mehr Hände als ein eher im Dunkeln. Weder Statistik Tausendfüßler Beine hat. Austria noch die Wirtschaftsfor So paradox es klingt: Selbst das Fi scher können konkrete Erkenntnisse nanzministerium (BMF) hat keinen liefern. So heißt es beim Institut für genauen Überblick über den Immo Selbst das Finanzministerium Höhere Studien: „Leider gibt es bei bilienbesitz des Bundes, denn sehr hat keinen genauen Überblick uns dafür keine Expertise.“ Auch oft fehlt das entsprechende Gebäu über den Immobilienbesitz das Österreichische Wirtschaftsfor debestandsverzeichnis. Hier sieht schungsinstitut (Wifo) ist nicht viel auch das BMF Optimierungspoten des Bundes. weiter. Wifo-Experte Franz Hahn zial: Im derzeitigen Rechnungswe begründet dies mit extremen Be sen werde das Vermögen des Bun wertungsproblemen und komple des nicht vollständig erfasst, räumt xen Definitionserfordernissen. „Der das BMF im Handbuch Veranschla Aufwand einer laufenden Erhebung der Zahlen wäre viel gungs- und Rechnungssystem des Bundes ab 2013 ein. Die zu groß und nicht zu rechtfertigen“, sagt Hahn. Aus einer Bewertungsregeln des Bundes würden nicht die Prinzipien über zehn Jahre alten Studie geistert eine Zahl für das einer möglichst getreuen Darstellung der Vermögenswerte öffentliche Immobilienvermögen von rund 160 Milliarden widerspiegeln. Bis 2013 muss unter dem sperrigen Titel Euro in der Republik herum. Dieser Wert dürfte aber einer Bundeshaushaltsgesetz auch die Immobilienerfassung auf gewissen Schwankungsbreite unterliegen. Denn zwivöllig neue Beine gestellt werden. Bei der Erstellung wende schen Anschaffungskosten, Verkehrswerten oder groben man eine Hierarchie bei der Bewertung an. „Wenn vor Schätzungen sind doch erhebliche Differenzen. handen, nehmen wir die Anschaffungskosten oder ein Be
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Das Schloss Schönbrunn und der Tiergarten sind Eigentum der Republik. Die Rechtsverhältnisse in puncto Betrieb und Instandhaltung sind dagegen nicht mehr so eindeutig.
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Um sich dieser Zahl zu nähern, wäre es notwendig, die igentümer zu kennen und die Verkehrswerte – so vor E handen – zu addieren. Verhältnismäßig einfach ist die Zu ordnung noch bei den direkten Dienststellen der Republik Österreich. So verfügt die Burghauptmannschaft über 74 einzigartige historische Bauwerke, wie die Hofburg in Wien, die Hofburg zu Innsbruck, die Festung Hohensalz burg oder Naturhistorisches und Kunsthistorisches Muse um. Man habe unterschiedliche Arten von Liegenschaften im Portfolio, aber auch unterschiedliche Rechtsformen in nerhalb einer Liegenschaft, erläutert der scheidende Burg hauptmann Wolfgang Beer. Als Beispiel nennt er das Areal des Schlosses Schönbrunn. So habe die Schloss Schönbrunn Kultur und Betriebsgesellschaft an Schloss und Park ein Fruchtgenussrecht. Der Tiergarten wiederum sei verpach tet. Und für die Pflege des Parks inklusive der Wasser flächen seien die Bundesgärten zuständig, für die bauliche Erhaltung dagegen die Schloss Schönbrunn GmbH. Eindeutige Verhältnisse und daraus resultierende Rechte und Pflichten gibt es bei der Bundesimmobiliengesell schaft (BIG) – der Nachfolgeorganisation des Bundeshoch baus. Das Unternehmen hat im Jahr 2000 rund 5.000 in ländische Bundesliegenschaften um 2,4 Milliarden Euro gekauft. Das Portfolio besteht nunmehr aus 300 Schulstand orten, 21 Universitäten sowie aus Amtsgebäuden, also bei spielsweise Finanzämtern, Gerichten oder Polizeidienst stellen. Aufgrund des Verkaufs im Jahr 2000 ist das Gros der Ministerien nun nicht mehr Eigentümer, sondern über weist dafür Miete an die BIG.
Ein Nutzer – viele Eigentümer
Einer der großen Mieter bei der BIG ist das Bundesministe rium für Justiz (BMJ). Allerdings werden beispielsweise zwölf der 28 österreichischen Gefängnisse, vulgo Justizan Nr. 8 | 2010 | www.big.at
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stalten, schon immer und auch weiterhin von der Strafvoll zugsverwaltung der Justiz verwaltet, lediglich 15 sind im Eigentum der BIG, die Justizanstalt Steyr gehört der Stadt Steyr. Ebenso sind sechs den Gefängnissen zuzurechnende Außenstellen beim BMJ verblieben. Ebenfalls nur mehr rund 50-Prozent-Eigentümer ist das Außenministerium. Von 340 Objekten (Amtsgebäude, Residenzen und Amtswohnungen) in über 80 Ländern sind zwar noch knapp mehr als die Hälfte im Eigentum des Mi nisteriums (Anm.: genau Republik Österreich), aber die seit 1989 eröffneten Botschaften werden fast ausschließlich auf Mietbasis betrieben. Die Residenzen dagegen stehen eher in eigenem Besitz. Derzeit ist aber eine Schlankheits kur angesagt. Verkauft wurden Liegenschaften in Bonn und Lagos, Kinshasa oder Rio, weitere werden folgen. Schließungen von Standorten erfolgten aber nicht im Ein klang mit Notwendigkeiten der Immobilienbewirtschaf tung. „Die Erfüllung außenpolitischer Ziele ist das überge ordnete Ziel“, erläutert Gruppenleiter Gregor Kössler.
Tief im Inneren
An einer Schnittstelle, bei der man tief in die föderalen Eingeweide blickt, steht das Immobilienvermögen im Bildungswesen: „Die Bundesschulen mit 4,5 Millionen Quadratmeter haben rund drei Viertel ihrer Flächen bei der BIG gemietet. 1,2 Millionen werden auf andere Weise zur Verfügung gestellt“, berichtet Helmut Moser, Leiter der Präsidialsektion im Unterrichtsministerium (BMUKK). Allerdings werde in Österreich überhaupt nur ein knappes Zehntel der 5.500 Schulstandorte als Bundesschulen ge führt, der wesentlich größere Anteil seien von den Sitzge meinden (Volks- und Hauptschulen) geführte Pflichtschu len. Dazu kämen im Pflichtschulbereich noch die Landes schulen, primär Berufsschulen zur dualen Ausbildung. ›
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Foto: Bruno Klomfar
Nicht alle Schulen werden von der BIG errichtet. Wenn sie Bauherr(in) ist, gilt eine Grundbedingung: architektonische Qualität!
Die nicht bei der BIG angemieteten Flächen (1,2 Millionen Quadratmeter) seien in den meisten Fällen gemeinsam mit Gemeinden errichtet worden, wobei diese im Rahmen der kooperativen Schulraumschaffung als „Bau- bzw. Möbelträger“ für Bau und Vorfinanzierung sorgten. „Das fertige und möblierte Gebäude wird dann an uns vermietet und wir refinanzieren über diese Mietzinse den Aufwand der Gebäudeerrichtung“, schildert Moser. Vorteil gegenüber dem BIG-Modell sei, dass die Bundesschule danach das Gebäude mietzinsfrei weiternutzen könne und das Ministerium nur mehr die Instandhaltung tragen müsse. Zu diesem Zweck verfügt das BMUKK via Landesschulräte auch über eigene personelle Ressourcen im Baumanagement. Weil die Gemeinden in den vergangenen Jahren aufgrund ihrer budgetären Lage die Sanierung von Schulen kaum noch hätten stemmen können, hat das Ministerium ein speziNeben dem Bund sind auch elles PPP-Modell entwickelt, bei dem die Gemeinde im EinvernehLänder und Gemeinden men mit dem BMUKK einen Invesgroßmächtige Grund- und tor sucht, der die erforderlichen Maßnahmen setzt und aufgrund Immobilienherren. eines außerbücherlich eingeräumten Nutzungsrechtes zur Refinanzierung die Flächen über zehn Jahre an die Unterrichtsverwaltung vermiete. „Bei diesem Modell ist jener Investor Bestbieter, der den günstigsten Mietzins für die Vermietung anbietet“, erläutert Moser. Mit solchen Modellen schlägt sich das Bundesministerium für Landesverteidigung nicht herum. Es ist Herr seiner
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eigenen Kasernen. Und verfügt darüber hinaus personell über eine nicht unerhebliche Truppe für Bau oder Verwaltung. Schließlich besitzt man – unabhängig von den laufenden Verkäufen – über ganz Österreich verstreut immer noch eine ganze Latte wertvoller Immobilien und Liegenschaften, insgesamt 70 Kasernen, Übungsplätze, 28 Verwaltungsgebäude, Munitionslager, Schieß- und vier Flugplätze. Daneben stehen auf der Liste noch 30.000 Hektar Grünland und Wald. Davon entfällt die Hälfte auf den Truppenübungsplatz Allentsteig im Waldviertel. Insgesamt beträgt das Familiensilber des Verteidigungsressorts nach eigenen Angaben rund drei Milliarden Euro.
Länder und Gemeinden
Neben dem Bund sind auch Länder und Gemeinden großmächtige Grund- und Immobilienherren. Ein bedeutender Spieler ist die Stadt Wien. Dort sind die Strukturen des Immobilienbesitzes allerdings nicht immer sofort erkennbar. Fix ist zumindest, dass die Stadt über die Gesellschaft Wiener Wohnen Europas größte Hausverwaltung ist. Laut Bilanz 2009 hat das immobile Vermögen dort einen Wert von annähernd neun Milliarden Euro und umfasst rund 220.000 Wohnungen, 6.000 Lokale und 47.000 Garagenund Abstellplätze. Fast jede vierte Wiener Wohnung ist eine Gemeindewohnung. Neben den Wohnungen sind zahlreiche Abteilungen oder Unternehmen der Stadt mit Immobilien beschäftigt: So ist die MA 34 für Bau- und Gebäudemanagement zuständig. Für Transaktionen, also An- und Verkauf, zeichnet die MA 69 (Liegenschaftsmanagement) verantwortlich. Nr. 8 | 2010 | www.big.at
Immobilien
Unternehmungen wie der Krankenanstaltenverbund oder Wien Kanal wickeln alle Liegenschaftsangelegenheiten selbst ab. Dazu kommen noch die Stadtwerke – dann gibt es noch „Projektentwickler“ wie die Wiener Stadtentwicklungsgesellschaft. Der Versuch einer genauen Erhebung ist für einen Außenstehenden jedenfalls eine Herausforderung. Denn zusätzlich ist Wien der zweitgrößte öffentliche Waldbesitzer, wobei 80 Prozent der Fläche (rund 33.000 Hektar) in Wien und Niederösterreich liegen, primär im Rax-, Schneeberg- und Hochschwabgebiet, also den Quellen der Wiener Hochquellwasserleitungen. Daher sind fast 14.000 Hektar nur extensiv nutzbare Flächen wie Almen oder Felsen. Andererseits besitzt Wien 2.500 Hektar an landwirtschaftlichen Nutzflächen, darunter das stadteigene Weingut am Cobenzl. Zu Wert und Strategie der Wiener Immobilien- und Liegenschaft gibt es nur ein dürres Statement: „Einen Gesamtschätzwert für alle Liegenschaften der Stadt gibt es nicht. Die Strategie bei der Bewirtschaftung ist in erster Linie hinsichtlich kommunaler Aufgaben nutzungs- und bedarfsorientiert und weniger im Sinne eines wertsteigernden Investments“, so Robert Doppler von der MA 69.
BIG als Inspiration
Die Hauptstadt von Tirol hat sich beim Umbau vom Konzept der BIG inspirieren lassen. „Wir haben das Modell der BIG im Jahr 2003 bei uns im Kleinen angewandt“, sagt Johannes Verdross, Vize der Abteilung Finanzverwaltung und Wirtschaft der Stadt Innsbruck. Er zieht eine sehr positive Bilanz der Ausgliederung, man habe sich einen hohen einstelligen Millionenbetrag erspart. Auch wenn die BIG einige Schuhnummern größer ist als die Innsbruck Immobilien GmbH. & Co KG (IIG), kann sich das an sie übertragene Volumen sehen lassen: 2.500 Grundstücke, 6.000 Wohnungen, Kindergärten und Volksschulen (zusammen 50 Objekte) sowie die Feuerwehrgebäude, weiters 210 Geschäftslokale und 350 Schrebergärten. Dieses sehr bunte Portfolio hat einen Wert von 750 Millionen Euro. Bei einem knappen Viertel des Portfolios sei alles beim Alten geblieben: Dazu gehörten das Rathaus, andere Amtsgebäude oder die olympischen Sportstätten, aber auch kuriose Objekte wie Almen und das Bootshaus am Achensee. Auch wenn die Vorteile bei Weitem überwiegen, so Verdross, gebe es ein paar Wermutstropfen: „Die Immobilien werden nach wie vor von der Stadt gemanagt (auch wenn die IIG im Grundbuch steht). Angesichts der vielen Zahlungsströme ist viel Abstimmungsarbeit nötig, und die neuen Mitarbeiter der IIG haben einen besseren Kollektivvertrag.“
Einfache Strukturen
Weniger komplex sind die Strukturen bei kleineren Gemeinden. Insgesamt verfügen die Kommunen laut Gemeindebund über rund 60.000 Gebäude. Helmut Mödlhammer, der Präsident des Gemeindebunds, kennt das immobile Portfolio einer Mustergemeinde ziemlich Nr. 8 | 2010 | www.big.at
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gut: Gemeindeamt und Bauhof haben jeweils 200 Quadratmeter, dazu kommen Kindergarten (350 Quadratmeter) sowie Volksschule (500 Quadratmeter) und die Feuerwehr mit 200 Quadratmeter. Das gelte für Kommunen mit 1.000 bis 2.000 Einwohner. „Das sind 80 Prozent aller heimischen Gemeinden“, sagt Mödlhammer. Ein gleicher Prozentsatz bewirtschafte seine Immobilien selbst, nur ein Fünftel habe sie ausgelagert – primär größere « Wenn eine Gemeinde ihre Kommunen. Hauptargument sei Immobilien in eine eigene gewesen, sich Mehrwertsteuer bei Gesellschaft auslagert, dann Betrieb und Investitionen zu sparen. Aber manche Gemeinden aber nicht am Markt auftritt, würden die Ausgliederung heute ist das nicht viel mehr als ein schon bedauern, lässt Mödlhammer durchblicken. Hausmeister und bringt nicht Wolfgang Feilmayr vom Departsehr viel.» ment für Raumentwicklung, Infra Wolfgang Feilmayr struktur- und Umweltplanung der TU Wien bestätigt: „Der Auslagerungshype ist schon wieder vorbei.“ Ausgliedern als Selbstzweck sei nicht zielführend. Zwar helfe es bei einer kurzfristigen Schuldenauslagerung, indem sie einen kurzfristigen Ertrag geriere, den man aber langfristig zurückzahlen müsse. „Wenn eine Gemeinde ihre Immobilien in eine eigene Gesellschaft auslagert, dann aber nicht am Markt auftritt, ist das nicht viel mehr als ein Hausmeister und bringt nicht sehr viel“, urteilt der TU-Professor, der im Vorfeld der Ausgliederung das Portfolio der BIG bewertet hat.
Angst vor der eigenen Courage
Experten sehen den Umbau unterm Strich positiv: Kameralistische Strukturen wurden in Firmen transformiert, die den Wert der ihr übertragenen Immobilien markant steigerten, weil sie nach „normalen“ Wirtschaftlichkeitskriterien arbeiten. Ähnliche Konstruktionen wie die BIG wählten auch Länder und Kommunen. Doch die rot-weiß-rote Wirklichkeit dürfte manchmal den immobilen Professionalisierungsschub bremsen. „Ich stelle quer über ganz Österreich fest, dass mit großem Elan und hehren Vorsätzen an die Sache gegangen wird, dann aber manche Angst vor der eigenen Courage bekommen“, so Herwig Teufelsdorfer, Vorstand der Hypo Real Invest AG, der ImmobilienanlagenTochter der Hypo NÖ-Gruppe, die ihrerseits wiederum im Eigentum des Landes Niederösterreich steht. Dennoch, das BIG-Modell wurde unter anderem von Steiermark, Kärnten oder Niederösterreich ebenso wie von Graz, Salzburg oder Innsbruck in adaptierter Form umgesetzt. Ziel der Übung: „Sie sollen die Verwaltung professionalisieren und die Situation ausgaben- und einnahmenseitig verbessern. Es geht um den Strategiewechsel von ,buy and hold‘ zu ,buy and manage‘“, so Teufelsdorfer. Diesen Prozess haben die börsennotierten Aktiengesellschaften, wie Post, Telekom Austria oder Verbund, wo der Bund entweder Allein- oder Mehrheitseigentümer ist, schon aus aktienrechtlichen Gründen zumindest im An- ›
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satz vollzogen. Ähnliches gilt bei den ausgegliederten Gesellschaften. Hier ganz oben auf der Liste der Grundherren stehen die ÖBf (Österreichische Bundesforste). Flächenmäßig sind die Bundesförster mit Abstand der größte Grundherr im Land am Strom. Allerdings gehören die Flächen der Republik und die ÖBf haben das Fruchtgenussrecht, sprich ihr fließen alle Einnahmen zu. Daher muss sie alle Ausgaben alleine aufbringen und zusätzlich eine fixe Summe an den Finanzminister abführen. Jeder zehnte Quadratmeter in Österreich gehört zur Domäne der Bundesforste, davon sind nur 60 Prozent forstwirtschaftlich genutzter Wald. Der Rest setzt sich zusammen aus Wasserflächen und hochgelegenen Ödflächen. Netto haben die Bundesforste 350.000 Hektar Wirtschaftswald in ihren Büchern. Das Portfolio besteht neben Forsten aus Wiesen, Weiden, Almen oder Gletschern, wobei letztere (den ÖBf gehört ein Drittel dieser Eisflächen) vom Verkauf ausgeschlossen sind. Ebenso liegen markante Landschaftselemente wie der Wilde Kaiser oder die Eisriesenhöhlen im Salzburger Land auf ÖBf-Territorium. Quasi en passant sind die Bundesforste mit 4.200 Immobilien auch ein großer Hausherr, wobei die Bandbreite von der simplen Jagdhütte bis zum Stift Millstatt reicht.
Autobahnen und Schnellstraßen
In der gleichen Liga spielt die Asfinag. Sie baut, betreibt und bemautet das österreichische Autobahnen- und Schnellstraßennetz (2.200 Kilometer). Ihr gehören auch erhebliche Grünflächen links und rechts der Highways. „Wir haben ein duales System“, erläutert Stefanie Grafenauer, die zuständige Asfinag-Bereichsleiterin: Einerseits gehören dem UnternehNahezu alle sind damit men selbst Liegenschaften von 152 Quadratkilometern – das entbeschäftigt, ihre Portfolios spricht der Fläche Liechtensteins; zu bereinigen und die zum andererseits hat das Unternehmen 68 Quadratkilometer Flächen, die Teil hoch komplizierten Eigentum der Republik sind und rechtlichen Strukturen für die Fruchtgenuss abgeliefert werden muss. Die Strategie des Liezu vereinfachen. genschaftsmanagements ist sehr simpel: Alle nicht für den Betrieb nötigen Objekte werden veräußert. „Bis heute haben wir schon 1.800 Grundstücke verkauft“, so Grafenauer. Noch zum Verkauf stehen fünf Millionen Quadratmeter. Allerdings tauchen regelmäßig neue Flächen auf, weil die Übertragung der Bundesstraßen flächen der Länder grundbücherlich noch immer nicht abgeschlossen sei.
Große Immo-Töchter
Zu jenen öffentlichen Gebäuden, bei denen Bürger ein und aus gehen, gehören auch rund 900 Objekte mit Postfilialen, allerdings ist der Löwenanteil dieser Gebäude nicht im Eigentum, sondern nur angemietet. Großteils Eigentum sind dagegen die Verteilzentren und die Zustellbasen, sprich die
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Lokalitäten für die Endverteilung. „Insgesamt verwenden und nutzen wir Flächen von zusammen 1,2 Millionen Quadratmetern“, sagt Andrea Herbeck, die Geschäftsführerin der Posttochter Post.Immobilien. Sie ist für 2.800 Objekte zuständig. Rund 48 Prozent der Post sind an der Börse. Auch die Post agiere in Sachen Immobilienmanagement wie ein Privater und vermietet nicht für das operative Geschäft benötigte Liegenschaften und Flächen an Dritte. Ziel sei, je nach Geschäftsfeld zwischen zehn und 40 Prozent des Umsatzes mit Tätigkeiten für externe Kunden zu erzielen. Im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit steht die permanente Portfolio-Optimierung: Man muss ständig Leerstandsraten reduzieren, während gleichzeitig neuer Leerstand dazukommt. Allerdings sei es „ein sehr hartes Brot“, Immobilien in strukturschwachen Regionen zu vermieten. Daraus leitet Herbeck ein ehernes Gesetz ab: „Wir investieren nur, wenn dadurch der Wert der Immobilien eindeutig erhöht wird.“
Nachhaltige Erträge
Mit einem ähnlichen Ansatz fährt die ÖBB bei ihrem Immobilienvermögen. Das Portfolio umfasst 27.000 Grundstücke, 5.700 Hochbauten mit 2,8 Millionen Quadratmeter Nettogrundfläche sowie 580.000 Quadratmeter Bahnhofsgebäudeflächen. Daraus erwirtschaftet die ÖBB-Immobilienmanagement GmbH einen bedeutenden Beitrag zur Gesamtfinanzierung der ÖBB-Infrastruktur AG und zum Ergebnis des ÖBBKonzerns. Dies geschieht einerseits durch Einmalerträge, andererseits durch langfristige Erlöse aus Vermietung und Verpachtung, heißt es aus dem Unternehmen. Aber auf der Agenda stünden auch Verkäufe nicht betriebsnotwendiger Objekte. „Es gibt eine jährliche Planung über die Verwertung nicht betriebsnotwendiger Liegenschaften. Dabei verfolgen wir die grundsätzliche Strategie, die Einmal erträge mittelfristig zugunsten nachhaltiger Erträge zu verschieben“, berichtet Claus Stadler, der Leiter der ÖBBImmobilienmanagement GmbH. Zusammengefasst lässt sich erkennen: Die großen Immobilienbesitzer der öffentlichen Hand verfolgen durchaus unterschiedliche Strategien und haben verschiedene Ansätze in der Portfoliobewirtschaftung. Nahezu alle sind damit beschäftigt, ihre Portfolios zu bereinigen und die zum Teil hoch komplizierten rechtlichen Strukturen zu vereinfachen. Darüber hinaus hat der Zug in Richtung einer an den realen Werten orientierten Bewertung Fahrt aufgenommen. „Darüber wird ja schon lange geredet, aber erst die Finanzkrise hat die Risiken der öffentlichen Hand offenbart“, sagt Johannes Kern, Abteilungsleiter Public Finance and Corporates bei der Hypo NiederösterreichGruppe. Der Ausbruch aus dem alten System sei ein überfälliger Schritt in die richtige Richtung, denn Objekte und Liegenschaften, die nicht in der Bilanz zu finden sind, könne man nicht real bewerten beziehungsweise bewirtschaften. Und so lange es diese Bewertungen nicht flächendeckend gibt, werden die Wirtschaftsforscher bei dem Versuch, ein Gesamtimmobilienvermögen zu beziffern, weiter im Dunklen tappen. ‹ Nr. 8 | 2010 | www.big.at
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Die Österreichischen Bundesforste haben das Frucht genussrecht an Seen und Wäldern. Eigentümer bleibt die R epublik Österreich.
Foto: Fotolia
Das Österreichische Bundesheer verfügt neben Truppenübungsplätzen noch über zahlreiche andere Liegenschaften, die auch selbst verwaltet werden.
Foto: Asfinag
Foto: Ali Schafler
Besitz
Foto: ÖBB/Aldinger & Wolf
Der Asfinag gehören nicht nur die Straßen, sondern erheblich große Flächen links und rechts daneben.
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Der Hauptbahnhof ist eine der großen Baustellen der ÖBB Immo-Tochter.
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BIG Cocktail Reception 2010
Am Donnerstagabend, dem 2. September 2010, feierten die österreichische Immobilienbranche und Mieter der BIG bei der bereits vierten „Cocktail Reception“ im Wiener Arsenal. Die Turbinenhalle im Objekt 221 wurde in buntes Licht getaucht, DJ-Musik und Cocktails sorgten für gute Stimmung und anregende Gespräche.
Fotos: Michael Hetzmannseder und Martina Draper
Das Arsenal in Wien Landstraße war auch heuer Schauplatz der Cocktail Reception – das letzte Mal, denn ab nächstem Jahr wird hier kräftig für die TU Wien umgebaut.
Die gut gelaunte Präsidentin des Wiener Stadtschulrates Susanne Brandsteidl.
BIG-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber (li.) und Wolfgang Gleissner (re.) mit Michaela Steinacker, Vorsitzende des BIGAufsichtsrates.
WU-Vizerektor Michael Holoubek lauscht andächtig den Worten von Ziviltechniker Wolfgang Vasko.
Im rechten Licht: Die Empfangsdamen der BIG vor Eintreffen der Gäste.
„Womanizer“ Stefan Hödl (GIB) in der Mitte zwischen Alice Grabenwarter und Petra Kirschner (re.) (beide Notariat Tades).
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Die BIG-Farbe Orange war an diesem Abend jedenfalls dominant.
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BIG Cocktail
Reinhard Waltenberger (S Immo) im Gespräch mit Sandra Hochleitner.
Bezirksvorsteherstellvertreter WienLandstraße Rudi Zabrana argumentiert. Sein Gegenüber Klaus Vatter, Chef der MA 21, wirkt allerdings noch nicht überzeugt.
Die BIG-Geschäftsführung Christoph Stadlhuber (li.) und Wolfgang Gleissner (re.) bei der Eröffnungsrede am Podium.
Der von BIG-Ladys Angelika Kronik (li.) und Regina Schmid flankierte Gutachter Michael Reinberg.
Michael Paul, Geschäftsführer von Paul und Collegen.
Im Vordergrund: Georg Fichtinger von CB Richard Ellis mit BIG-AssetManagerin Birthe Getzner.
Event-Organisatorin BIG-Marketing-Chefin Ingrid Fitzek ist sichtlich zufrieden mit dem Ablauf … und der Eröffnungsrede der BIG- Geschäftsführung.
Facility Manager Karl Heinz Lehocky, Ernst Reininger von Weststar Immoconsult (re.).
Der Weinkenner Architekt Heinz Neumann prüft kritisch die angebotene „Ware“ … … irgend etwas hat offensichtlich nicht gemundet.
EHL-Eigentümer Michael Ehlmaier auch auf Festen immer via „Dienstwaffe“ Handy erreichbar.
Die Bar lockte mit erfrischenden Cocktails.
BIG-Asset-Manager Thomas Styrsky mit sichtlich Spaß an der Veranstaltung.
Der Rahmen für berufliche und private Gespräche war, wie auch in den vergangenen Jahren, sehr stimmungsvoll.
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BIG-Aufsichtsrat Wolfgang Polzhuber scherzt mit BIG„Urgestein“ Fritz Seda.
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Herwig Teufelsdorfer (Hypo Real Invest), Architekt Andreas Burghardt, Stefan Brezovich (Örag).
Im Gegensatz zum Jahr davor herrschten nicht nur außen, sondern auch innen angenehme Temperaturen. Die Halle war gut gefüllt.
Präsidentin des Bundesdenkmalamtes Barbara Neubauer und ASFINAG- Vorstand Klaus Schierhackl.
Gutachter im Diskurs: Margret Funk mit Karoline Imser (EHL).
First-Facility-Chef Gerhard Haumer diskutiert mit Günther Fuchsbauer (Hypo Real NÖ).
Markus Neurauter von Raiffeisen evolution und Alexander Bosak von Europolis.
Georg Spiegelfeld blickt besorgt BIGAufsichtsrat Wolfgang Polzhuber an. Er versichert auf Rückfrage: Es hatte nichts mit der BIG zu tun.
Doyen der Immo bilienbewerter: Professor Kommer zialrat Alfons Metzger.
Wolfgang Gleissner (BIG), Markus Werner (Werner Consult) und Martin Kapoun vom Wiener Stadtschulrat.
Ein sichtlich erfreuter NeoFirmengründer Pino Lux mit Grazia Melmar.
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In entspannter Atmosphäre wurde natürlich auch Geschäftliches besprochen. BIG-Hausverwaltungsleiterin Silvia Gepp mit Sigrid Steinberger von Immovement.
Ernst Kovacs (Raiff eisen evolution) mit LKW-WalterGeschäftsführer Gerhard Müller.
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Ewald Stückler (Techno Office Consult).
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BIG Cocktail
Walter Osztovics mit Martina Dafinger, (beide Kovar & Köppl).
Architekten unter einander: Karl Brodl mit Hans Lechner.
Brennpunkt Universitäten: Asset Manager Karl Dürhammer, in der BIG für Unis zuständig, und sein „Gegenüber“ im BMWF Sepp Hannreich.
Thomas Lang (ÖRAG), Martina Maly (Michaeler & Partner GmbH), Andreas Polak-Evans (DHMpartner).
Stefan Weninger von der BIG-Tochter SIVBEG mit dem Ehepaar Kamp.
Gutachter Detlev Gross.
„Haus der Forschung“Architekt Christian Mascha wie so oft gut gelaunt.
Geballte Finanzkraft: Dietmar Mitteregger und Martin Mareich vom BMF.
Der umtriebige Horst Felbermayr, Eigentümer des gleichnamigen Unternehmens und Projektpartner der BIG beim Flugfeld Wels.
BIG-Asset-Managerin, u. a. verantwortlich für die Justizgebäude, Eva Rainer.
Die tragende Säule BIG ist ausschließlich an besonderen Tagen mit Luft gefüllt.
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Gerhard Pipal (BMF), Peter Höflechner (BIG), Dietmar Mitteregger (BMF), Ingrid Fitzek (BIG), Anton Trauner (BMF), Martin Mareich (BMF).
Peter Lizak, Botschafter der Slowakischen Republik, zeigt auf die Leiterin der BIGRechtsabteilung Katharina Kohlmaier.
TU-Wien-Ober baumeister Gerald Hodecek mit dem ehemaligen BIGGeschäftsführer Herbert Logar ( jetzt BA CA Real Invest).
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