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Porträt: Kathrin Hartmann
IM PORTRÄT
NATURSCHUTZ MIT DEM LAPTOP
Foto: Stephanie Füssen ic h
Kathrin Hartmann zählt zu den renommiertesten deutschen Journalistinnen, die über Raubbau und Greenwashing berichten. Wie bei vielen Menschen, die gegen die Zerstörung der Natur eintreten, wurzelt auch ihr Engagement in einer Kindheit mit viel »draußen sein«.
Aufgewachsen ist die Journalistin in
Bayerisch-Schwaben bei Weißenhorn. »Wir haben am Waldrand gewohnt«, berichtet sie. »Mit meinem Vater bin ich viel in die Natur gegangen, er hat mir Pflanzen, Bäume und Vögel erklärt.«
Die Familie hatte einen Gemüsegarten. »Den habe ich mit Begeisterung bestellt.« Doch dann, da war Kathrin Hartmann 14 Jahre alt, geschah 1986 der Reaktorunfall in Tschernobyl. »Meine Radieschen hatten gerade zu sprießen begonnen«, erinnert sie sich. Ihr Elternhaus lag in der Fallout-Zone, also der Region, in der die gemessene Radioaktivität so hoch war, dass alles, was die Menschen dort angebaut hatten, weggeworfen werden musste. »Unser halber Garten wurde abgegraben«, sagt Kathrin Hartmann.
Dieses Erlebnis habe sie geängstigt – aber auch ermutigt, gegen Missstände aufzubegehren. Mit 16 Jahren demonstrierte sie gegen eine geplante Müllverbrennungsanlage. »Ich habe Plakate gemalt und Flyer verteilt«, berichtet sie. Die Anlage wurde gebaut. Trotzdem: Kathrin Hartmann hatte als Teenager erfahren, was es heißt, politisch aktiv zu werden und für ihre Überzeugung einzutreten.
Die naturverschlingenden Geschäftsmodelle von Großkonzernen zu analysieren und ihre Schönfärbereien auseinanderzunehmen, ist das Feld, das sie heute als Autorin beackert. Ihre Rechercheergebnisse münden in gesellschafts- und kapitalismuskritischen Sachbüchern. Ihren inneren Antrieb beschreibt sie so: »Ich kann es nicht leiden, wenn Ungerechtigkeiten verschleiert oder sogar gerechtfertigt werden.« Die ökologische Krise denkt sie dabei immer mit sozialen Missständen zusammen.
UNBEQUEME WAHRHEITEN, SPANNEND ERKLÄRT
In ihrem ersten Buch, »Ende der Märchenstunde« entlarvt sie pseudo-ökologischen Konsum als Lifestyle-Trend für Besserverdiener. In »Wir müssen leider draußen bleiben« beleuchtete sie das Phänomen der Armut in einer Wachstumsgesellschaft. In den Titeln »Aus kontrolliertem Raubbau«, »Die Grüne Lüge« und »Grüner wird’s nicht« dröselte sie die Zusammenhänge zwischen neoliberaler Ideologie und einer heißer werdenden Welt auf. Die darin geschilderten Wahrheiten sind unbequem. Dennoch lesen sich ihre Bücher superspannend. Hartmanns Markenzeichen sind ihr reportageartiger Stil, eine spitze Feder und eine Fülle an Beweisen. Sie ist schon bis nach Bangladesch, Indonesien und in die Mongolei gereist, um Fakten vor Ort zu recherchieren und lokale Umweltaktivisten zu treffen. Gerade liegt eine neue Recherche in Osteuropa hinter ihr: über illegalen Welpenhandel, Straßenhunde und den Haustier-Boom im Lockdown, der für viele Hunde schon im Tierheim endete.
Wer mit Kathrin Hartmann spricht, fällt schnell auf: Sie lacht oft. Ein perlendes, belustigtes Lachen. Zwischen sich und dem Düsteren, das sie recherchiert, stellt sie ihren Humor. Eines hat sie nämlich für sich beschlossen: »Ich lass mir doch nicht von irgendwelchen Großkonzernen meine Lebenslust nehmen!« Die Kraft dafür ziehe sie aus dem großen Solidaritätsgefühl zwischen jenen, die sich weltweit für eine fairere Welt einsetzen. Ihr großer Respekt gilt den Indigenen, die Widerstand leisten gegen die Zerstörung der Regenwälder. »Die sind deutlich mutiger als ich!«, sagt sie.