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Pflanzenporträt: Waldsauerklee
PFLANZENPORTRÄT
WALDSAUERKLEE
Klein, zart, unscheinbar – und doch voller Überraschungen: Der Waldsauerklee ist ein Meister der Anpassung.
Mehrjährig und wintergrün über-
zieht Oxalis acetosella schon ab März humusreiche, säuerliche Waldböden mit unzähligen Kissen voll hellgrüner, dreigeteilter Blättchen, Kleeblättern täuschend ähnlich. Zarte, weiße fünfzählige Blütenkelche trotzen der Lichtarmut unter dem sich schließenden Blätterdach.
Mit auffälligen lila Adern und gelben Saftmalen locken die Blüten Insekten an, die mit süßem Nektar und Pollen belohnt werden. Kleine, geschlossene Blüten sorgen im Sommer selbst dann für genügend Samen, wenn Schatten oder widrige Bedingungen die Insektenbestäubung nicht mehr ermöglichen. Damit ist der Waldsauerklee die schattenverträglichste Blütenpflanze Mitteleuropas.
Er kann seine Blätter regenschirmartig zusammenfalten und die Stengel krümmen. So übersteht die Pflanze Erschütterungen, starke Sonneneinstrahlung, Nässe, Kälte und Dunkelheit. Sie reguliert ihre Verdunstung, kann sogar noch bei zehn Prozent des Tageslichts Fotosynthese betreiben und aktiv Wasser ausscheiden. Und dieser kleine Anpassungskünstler kann »wandern«: In den Samenkapseln entsteht Druck bis zu 17 atü, wodurch die Samen mehrere Meter weit geschleudert werden. Der Waldsauerklee bildet Zugwurzeln, durch die er die Verankerungstiefe im Boden regulieren kann und verbreitet sich stark durch Ausläufer.
Die Blätter sind unterwegs herrlich gesunde Durstlöscher mit viel Vitamin C. Der zitronig-säuerliche Geschmack sorgt dafür, dass sie nur in winzigen Mengen konsumiert werden. Und das ist gut so, denn sie enthalten Oxalsäure, die in größeren Mengen Nierenprobleme und Steinbildung fördert sowie die Aufnahme von Kalzium hemmt. Als Heilkraut wirkt Oxalis vor allem kühlend bei allen »hitzigen« Erkrankungen und wird frisch, als Tee oder Kompressen bei Fieber, Verdauungs- und Hautproblemen verwendet.
Die »Kuckucksblume« beginnt zu blühen, wenn der Kuckuck ruft. Die ersten drei Blättchen sollen das ganze Jahr vor Fieber schützen. Sie gehört in die »Gründonnerstagssuppe«, ersetzt Essig im Salat, war sogar Mittel zum Polieren, Beizen und Flecken entfernen, galt in Irland als heilige Pflanze und wurde in England früher gezüchtet, bis ihr der ergiebigere Sauerampfer den Rang abgelaufen hat. Als Reliktpflanze ist sie immer noch da – eben eine Überlebenskünstlerin.
IRMELA FISCHER
Die Autorin arbeitet selbstständig als Naturbegleiterin und Umweltpädagogin. Sie bietet auch für den BUND Naturschutz und das NEZ Allgäu Exkursionen und Kräuterwanderungen an.
SAUERKLEEGEWÄCHSE
Sie sind nicht verwandt mit den Kleearten der Hülsenfrüchtler – Waldsauerklee (Oxalis acetosella), weiß blühend mit lila Adern, HornSauerklee (Oxalis corniculata), gelb blühend, gilt als Gartenunkraut »Notmelder«: welkt sofort, wenn der Boden zu trocken ist; Glücksklee (Oxalis tetraphylla), vierblättrig, Zierpflanze aus Mexiko. Alle in geringen Mengen gleich verwendbar, aber Vorsicht: Zierpflanzen werden extrem gedüngt und gespritzt! Nicht für Menschen, die zur Steinbildung neigen, oder Nierenkranke.