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Die Schwierigkeit anzukommen

Grenzerfahrung Flüchtlingsschicksal

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Seit drei Jahren leben Masud und Jala (Namen geändert) als Asylanten in Deutschland.

Sie sprechen die Sprache bereits ganz gut – allerdings nicht so fließend wie ihre

beiden Kinder. Und sie fühlen sich zu Hause. Aber eigentlich wollten sie den Iran gar nicht

verlassen. Jala erzählt ...

Irgendwann bekamen die beiden einen Anruf: Kommt heute lieber nicht zur Kirche, die Polizei war da.

Masud hatte einen guten Job als Moderator bei Radio und Fernsehen, und ich arbeitete in der iranischen Ausländerbehörde. Wir verdienten gut, hatten viele Freunde und waren angesehen. „Natürlich“ waren wir Muslime – wir kannten es nicht anders. Doch eines Tages bekam ich im Büro Besuch von einem Christen, der ausreisen wollte, aber nicht durfte. Das beleidigte mein Gerechtigkeitsempfinden. Wieso sollte dieser Mann nicht ausreisen dürfen? Nur weil er Christ geworden war? Ich wandte mich an meinen Vorgesetzten, doch der machte mir sehr deutlich, dass jedes Entgegenkommen für den Christen Konsequenzen für die ganze Abteilung, aber vor allem für mich persönlich haben würde. Fast täglich kam der Mann vorbei – und ich sprach lange mit ihm und einer Frau, die ihn oft begleitete, über den Glauben. Die Frau lud mich schließlich zu einer Art Hauskirche ein, die ich gern besuchte. Ich hatte zwar Angst, selbst eine Bibel zu besitzen, aber dort las ich viel darin. Und nach einer Weile wollte ich mit Jesus Christus leben. Als ich dem Antragsteller eigenmächtig die Ausreise genehmigte, wurde ich von meinem Chef entlassen.

Scheidung, Gefängnis oder Flucht?

Masud bekam das Ganze zunächst nur aus der zweiten Reihe mit. Und nach meiner Entlassung rieten ihm seine Eltern dazu: „Lass dich von ihr scheiden." Doch das kam für ihn überhaupt nicht infrage. Er wollte stattdessen mehr von diesem Jesus wissen, der mein Leben so verändert hatte. Auch Masud besuchte die Hauskirche. Irgendwann bekamen wir einen Anruf: „Kommt heute lieber nicht zur Kirche, die Polizei war da.„ Wir wurden also schon beobachtet, und als einige Christen in unserer Umgebung verhaftet wurden, entschlossen wir uns zu fliehen. Wir tauchten mit den Kindern in Teheran unter, und dort entschied sich dann auch Masud für ein Leben mit Jesus. Einen Monat später flogen wir mit falschen Papieren in die Türkei und von dort mit unseren richtigen Ausweisen nach Deutschland, weil wir dort bereits Verwandte hatten.

Wir hatten das Glück, dass man uns hier den Wechsel zum christlichen Glauben abnahm, so wurde unser Asylantrag relativ schnell anerkannt. Unser Glaube war uns auch in der neuen Umgebung wichtig. Direkt nach der Flucht – Sonntag nachts um zwei waren wir in Köln gelandet – besuchten wir vormittags bereits einen Gottesdienst. Bald ließen wir uns taufen, auch wenn das Stress in der Flüchtlingsunterkunft bedeutete: Man kann nicht aufhören, Muslim zu sein, war die dort herrschende Meinung. Das wurde uns auch immer wieder gesagt und handgreiflich unterstrichen.

Heute wohnen wir in der Nähe von Gießen. Wir besuchen eine Freikirche und engagieren uns dort in der Jungschararbeit. Die Kinder gehen zur Schule und haben Freunde gefunden. Masud versucht gerade, seinen Bachelor anerkennen zu lassen, um eine Arbeit zu finden, und ich

träume davon, ehrenamtlich anderen zu helfen, die nur Farsi sprechen. Wir haben unseren Weg nach Deutschland nicht ganz freiwillig gesucht. Und es tut uns weh, dass zum Beispiel Masuds Filmbeiträge bei Youtube gelöscht werden, weil er Christ geworden ist, dass der Kontakt zu Familie und Freunden schwer oder unmöglich geworden ist und wir nicht wieder in unsere Heimat zurückkönnen. Aber so langsam kommen wir innerlich in Deutschland an. Protokolliert von Hauke Burgarth

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