Caritas Forum 2013: Bildung gegen Armut - Aus der Bildungsferne holen

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Aus der Bildungsferne holen: Wege zum Berufsabschluss – das Modell des Kantons Waadt

Pierre-Yves Maillard, Präsident des Staatsrates, Chef des Gesundheits- und Sozialdepartementes (DSAS)

Caritas-Forum, 25.1.2013, Bern Département de la Santé et de l’Action Sociale DSAS


Die Politik der Armutsbekämpfung des Kantons Waadt

Anzahl sozialhilfebeziehender Haushalte im Kanton Waadt und waadtländische Arbeitslosenquote, 1993-2011 22 000

10 RI

RMR

ASV et RMR

ASV

Taux de chômage

20 000

9

Nombre de dossiers

16 000

7.5 6.9

7.0

7.3

14 000

8 7.2

7 5.6 5.4

12 000

4.6

5.1

4.8

4.1

10 000

6

5.6 5.3

5.0

5 4.1

3.9

4

3.3

8 000

2.9

6 000

è

4 rév. LACI

2.7

5è rév. AI

4 000 2 000

Taux de chômage

18 000

è

3 rév. LACI / réd. n

elles

3 2 1

rentes AI

0

0 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

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Die Politik der Armutsbekämpfung des Kantons Waadt

Erstes Ziel der kantonalen Sozialpolitik: Arbeit und Bildung fördern und das Subsidiaritätsprinzip stärken.

Zweites Ziel der kantonalen Sozialpolitik: gezielte und auf die Bedürfnisse einzelner Haushaltskategorien zugeschnittene Antworten geben. Insbesondere für: 

Junge Erwachsene ohne Berufsabschluss

Familien mit tiefen Lohneinkommen

Ausgesteuerte Arbeitslose kurz vor Erreichen des AHVAlters

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Das Integrationsprogramm FORJAD

Junge Sozialhilfebeziehende zwischen 18 und 25 Jahren: Zahlen zu einer sozialen Realität 

Mehr als 2’500 junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren beziehen Sozialhilfe im Kanton Waadt.

Mehr als 70% der betroffenen jungen Erwachsenen verfügt über keinen Berufsabschluss.

Die Sozialhilfekosten für diese Altersklasse betragen für Kanton und Gemeinden jedes Jahr rund 40 Millionen Franken (rund 10% der Gesamtausgaben).

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Das Integrationsprogramm FORJAD

Junge Sozialhilfebeziehende (JAD) zwischen 18 und 25 Jahren: wichtigste Gründe 

Familiäre Probleme

Schwierige persönliche Werdegänge mit Migrationshintergrund

Schulden

Suchtprobleme

Unvollständige Berufsbildung nach einem Lehrabbruch oder dem Scheitern in der Schule

Aufgrund schwacher schulischer Leistungen und mangelndem Netzwerk Schwierigkeiten eine Lehrstelle zu finden

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Das Integrationsprogramm FORJAD (Formation professionnelle pour les jeunes adultes en difficulté)

Ein interdepartementales Programm unter Federführung des Sozialdepartementes

Übergang in eine Lehrstelle oder eine berufliche Grundbildung (Attestlehre)

Austritt aus der Sozialhilfe und Übertritt in das Stipendienwesen

Gezielte Begleitung der jungen Erwachsenen während ihrer Berufsbildung (TEM ACCENT)

Unterstützung der jungen Erwachsenen bei ihrer Arbeitssuche nach Berufsabschluss

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Das Integrationsprogramm FORJAD

Verteilung der Lehrlinge nach Berufsgattung (Auswahl)

31% im Verkauf, Transport oder Tourismusbranche

20% in der Industrie und im technischen Gewerbe

17% in der Bauwirtschaft

15% im Gesundheitswesen

7% im Gastgewerbe und im Nahrungsmittelsektor

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Das Integrationsprogramm FORJAD

Resultate per 31.12.2012 

Rund 1’700 JAD mit Eintritt in eine BB seit 2006 mit einer Erfolgsquote von 65% (Weiterführung der Ausbildung oder Lehrabschluss)

700 JAD befinden sich heute im Programm

Rund 75% der FORJAD absolvieren eine duale BB

Die Abbruchsquote der 6 Jahrgänge liegt bei 35%.

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Das Integrationsprogramm FORJAD

Resultate per 31.12.2012 

402 Lehrabschlüsse seit Beginn des Programmes

Erfolgsquote bei Lehrabschluss: 78%

224 von 287 jungen Erwachsenen mit Abschluss per 2011 konnten vollständig aus der Sozialhilfe austreten (78%)

Seit 2010 haben 61% der jungen Erwachsenen mit einem Lehrabschluss einen stabilen Arbeitsplatz in ihrem Ausbildungsbereich gefunden, 14% befinden sich in Weiterbildung und 19% auf Arbeitsplatzsuche

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Das Integrationsprogramm FORJAD

Folgewirkungen

Aufbau des Dispositifs «Übergang 1» (15-25 Jahre) mit 5 regionalen Kontaktstellen

Pilotprojet «FORMAD» im Kanton Waadt (ab 08.12): Integration über die Berufsbildung für Erwachsene in der Sozialhilfe über 25 Jahren

Harmonisierung der Stipendien- und Sozialhilferichtlinien

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Die Harmonisierung der Stipendien- und Sozialhilfenormen

Die Überführung von FORJAD in ein Regelangebot 

Ziel 1: die Sozialhilfe für junge Erwachsene ohne Berufsbildung zu einer Übergangslösung werden lassen.

Ziel 2: den Eintritt in die Lehre und die finanzielle Unterstützung durch das Stipendienwesen anstreben.

Ziel 3: das Subsidiaritätsprinzip stärker in der Realität verankern.

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Die Harmonisierung der Stipendien- und Sozialhilferichtlinien

Lösungsansatz 

Vollständige Harmonisierung der Unterhaltsrichtlinien der Sozialhilfe und des Stipendienwesens

Anwendung der harmonisierten Richtlinien auf sämtliche StipendienbezügerInnen, um die Gleichbehandlung zu gewährleisten

Annahme des Gesetzesentwurfes durch eine massive Parlamentsmehrheit im Juni 2009

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Die Harmonisierung der Stipendien- und Sozialhilferichtlinien

Tabelle 1: Richtlinienvergleich Sozialhilfe und Stipendienwesen 2009

Frei verfügbares Einkommen* einer Famile in der Sozialhilfe nach Eintritt eines jungen Erwachsenen in die Lehre und das Stipendienwesen (pro Monat)

Einelternhaushalt mit einem jungen Erwachsenen

Familie mit einem jungen Erwachsenen

Fr. 1’700 (-47%)

Fr. 2’600 (-30%)

* Nach Bezahlung der Mietkosten, der Krankenkassenprämien inkl. Selbstbehalt sowie allfälliger Lohnnebenkosten Département de la Santé et de l’Action Sociale DSAS

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Die Harmonisierung der Stipendien- und Sozialhilferichtlinien

Tabelle 2: Harmonisierte Richtlinien ab 2010

Frei verfügbares Einkommen einer Famile in der Sozialhilfe nach Eintritt eines jungen Erwachsenen in die Lehre und das Stipendienwesen (pro Monat)

Einelternhaushalt mit einem jungen Erwachsenen

Familie mit einem jungen Erwachsenen

Fr. 3’200

Fr. 3’700

+ Freibetrag von 530.-/Monat auf dem Lehrlingseinkommen. Département de la Santé et de l’Action Sociale DSAS

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Die Harmonisierung der Stipendien- und Sozialhilferichtlinien

Sozio-ökonomische Auswirkung der Harmonisierung 

Mehr als 1’000 junge Erwachsene mit Austritt aus der SH und Übertritt in das Stipendienwesen seit August 2009

1700 «Working poor»-Familien mit einer durchschnittlichen Erhöhung ihres Einkommens um Fr. 6’300/Jahr ab 1.1.2010

Die Investition in einen jungen Erwachsenen ist rund ein Jahr nach Lehrabschluss rentabilisiert

Wissenschaftliche Studie zeigt: 

Wer über einen Berufsabschluss verfügt, bezieht deutlich weniger Sozialhilfe

Dank einer Nachholbildung können volkswirtschaftliche Kosten von rund CHF 10’000 pro Jahr und Person eingespart werden

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Fazit

BB-Integrationsprogramme bringen Resultate, falls folgende Bedingungen erfüllt sind: 

Die enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ämtern und zwischen dem Kanton und den Unternehmen;

Der Aufbau einer kohärenten und pragmatischen Integrationspolitik;

Die Verallgemeinerung der Garantie auf ein mindestens das soziale Existenzminimum (gemäss Sozialhilferichtlinien) deckendes Stipendium

Der Kanton Waadt kennt ab 2010 ein subsidiäres Recht auf Berufsbildung und betrachtet die anfallenden Ausgaben als Investition in die Zukunft.

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