Bildung und ihre Anerkennung: Weiterbildung und Validierung von Bildungsleistungen Caritas, Forum 25. Januar 2013 Thomas Baumeler, Abteilungsleiter Diplomanerkennung und Recht
Bildung und ihre Anerkennung: Weiterbildung und Validierung von Bildungsleistungen 1. Bildung und lebenslanges Lernen 2. Grundkompetenzen Erwachsener: Teilhabe am lebenslangen Lernen 3. Bildung und ihre Anerkennung 4. Verfahren zur Anerkennung der Bildung
5. Herausforderungen 2
1. Bildung und lebenslanges Lernen: verfassungsrechtliche Grundlagen im Bildungsraum Schweiz
Berufsbildung (Art. 63 BV)
Hochschulen
Weiterbildung
(Art. 63a BV)
(Art. 64a BV)
Bildungsraum Schweiz (Art. 61a BV)
Vollzug in der Spezialgesetzgebung 3
1. Bildung und lebenslanges Lernen Lebenslanges Lernen Grundständige Bildung (z.B. Bildungsgänge der Sek II sowie Abschlüsse der Tertiärstufe BP, HFP, Bachelor, Master PhD) bereits geregelt
Weiterbildung (z.B. Kurse, Seminare; kein staatlich anerkannter Abschluss) regulatorischer Handlungsbedarf
Informelle Bildung (z.B. am Arbeitsplatz, Familienarbeit, ehrenamtliche Tätigkeit) individuell, kein Handlungsbedarf
Grundkompetenzen Weiterbildungsgesetz
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1. Bildung und lebenslanges Lernen • Bildung als zentrale Voraussetzung für die persönliche Entfaltung und die Teilhabe in Wirtschaft und Gesellschaft • Lebenslanges Lernen umfasst die grundständige Bildung (formale Bildung), die Weiterbildung (nichtformale Bildung) und die informelle Bildung • Qualifizierung für den Arbeitsmarkt (grundständige Bildung) und arbeitsmarktfähig bleiben (Weiterbildung) • Eine wichtige Komponente des lebenslangen Lernens ist die Weiterbildung • Geplantes Weiterbildungsgesetz: Einordnung der Weiterbildung in den Bildungsraum Schweiz
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1. Bildung und lebenslanges Lernen: Qualität der Weiterbildung Minimale Regeln sorgen in einem dynamischen und funktionierenden Markt für eine hohe Qualität der Weiterbildung: • Transparenzgebot, Vielfalt und Wettbewerb • Qualitätssicherungs- und Qualitätsentwicklungsmassnahmen und Zertifizierungen • Keine allgemeinen, inhaltlichen Gütekriterien • Checklisten zur Qualitätsbeurteilung von Weiterbildungsangeboten für Nachfragerinnen und Nachfrager und Beratungsdienste • Qualität bleibt eine Verantwortung der Anbieterinstitution
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1. Bildung und lebenslanges Lernen: Weiterbildung • Anbieter von Weiterbildungen können sehr schnell auf neue Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt reagieren • Rahmenbedingungen: Rasche Entwicklung und Verbreitung von neuem Wissen aufgrund der Globalisierung (Halbwertszeit des Wissens)
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1. Bildung und lebenslanges Lernen: Qualität der Weiterbildung • Staatliche Unterstützung soll an Anforderungen an die Qualität des Angebotes sowie Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung beim Anbieter geknüpft werden. • Aspekte, die abgedeckt sein müssen: • Information über die Angebote • Lernprogramme Einflussbereich von Regelungen im • Qualifikation Ausbildner Indirekte Wirkung Weiterbildungsgesetz • Qualifikationsverfahren Privater Markt
Marktvolumen insgesamt: 5,3 Mia.
Ausgaben Bund 600 Mio. CHF
Kantonale Gesetze bzw. Ausführungsgesetze 8
2. Grundkompetenzen Erwachsener: Teilhabe am lebenslangen Lernen • Ausgangslage: Unzureichende Grundkompetenzen versperren vielen Menschen den Zugang zum lebenslangen Lernen • Erhebungen der internationalen Studie „Adult Literacy and Life Skills Survey“: 16 Prozent der 16 bis 65jährigen Bevölkerung der Schweiz kann nicht in ausreichendem Masse lesen und schreiben • Grundkompetenzen Erwachsener ist die bildungspolitische Antwort auf die Probleme des Illettrismus (Transfer vom Kulturförderungs- ins Weiterbildungsgesetz) 9
2. Grundkompetenzen Erwachsener: Teilhabe am lebenslangen Lernen • Grundkompetenzen Erwachsener: grundlegende Kenntnisse in Lesen und Schreiben, Alltagsmathematik und in der Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien • Die Vermittlung der Grundkompetenzen soll auf eine erfolgreiche Bewältigung des Alltags ausgerichtet sein und soziale und rechtliche Handlungsfelder abdecken.
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Weiterbildung
Informelle Bildung
2. Grundkompetenzen Erwachsener Zugang zum lebenslangen Lernen
Nachholen formaler Abschl端sse
Voraussetzung f端r das lebenslange Lernen
Grundkompetenzen
Sekundarstufe I 11
2. Grundkompetenzen Erwachsener: finale Ziel • Möglichst vielen Erwachsenen mit fehlenden Grundkompetenzen den Erwerb und Erhalt von Grundkompetenzen ermöglichen • Arbeitsmarktintegration und die persönliche Entwicklung und Teilhabe am gesellschaftlichen und am lebenslangen Lernen erleichtern
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2. Grundkompetenzen Erwachsener: Zusammenarbeit und Regelungsort Funktionierende interinstitutionelle Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen:
• Koordinierte Zusammenarbeit der verschiedenen involvierten Bundes- und kantonalen Stellen sichert eine bessere Abstimmung in der Betreuung und Begleitung der Betroffenen sowie in der Mittelallokation.
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3. Bildung und ihre Anerkennung Anerkannte Bildung:
• Leistungsausweis über definierte fachliche und überfachliche Kompetenzen, die mit einem beruflichen Abschluss und in der Regel mit einem bestimmten Arbeitstätigkeit verbunden sind • Gesellschaftliche, berufliche und staatliche Anerkennung • Zugang zu weiterführenden Studien • Qualifizierter Zugang zum Arbeitsmarkt in reglementierten Berufen • Gesamtarbeitsvertrag (Lohn etc.) 14
4. Verfahren zur Anerkennung der beruflichen Grundbildung: Vier Wege - ein Ziel Weg 1
Voraussetzung
Weg 2
Weg 3
Weg 4
via berufliche via verk端rzte Grundbildung berufliche Grundbildung
via Zulassung zur Abschlusspr端fung
via Validierung von Bildungsleistungen
Abgeschlossene Abgeschlossene obligatorische obligatorische Schulzeit Schulzeit
5 Jahre Berufserfahrung,
5 Jahre Berufserfahrung,
zum Teil im zum Teil im Bereits erbrachte angestrebten angestrebten Bildungsleistungen Beruf erforderlich Beruf erforderlich 15
4. Verfahren zur Anerkennung der beruflichen Grundbildung: Vier Wege - ein Ziel Weg 1
Dauer bis zum Abschluss
Weg 3
Weg 4
via berufliche via verkürzte Grundbildung berufliche Grundbildung
via Zulassung zur Abschlussprüfung
via Validierung von Bildungsleistungen
2 Jahre für EBA
mindestens 5 Jahre
mindestens 5 Jahre
3 oder 4 Jahre für EFZ
Weg 2
1 bis 2 Jahre kürzer als reguläre Lehrzeit
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4. Verfahren zur Anerkennung der beruflichen Grundbildung: Vier Wege - ein Ziel Weg 1 via berufliche Grundbildung
Vorteile für Erwachsene
Weg 2 via verkürzte berufliche Grundbildung
Weg 3
Weg 4
via Zulassung zur Abschlussprüfung
via Validierung von Bildungsleistungen
Individuelle Bildung und
Belegen der vorhandenen
Aufbau der Handlungs-
HandlungsKompetenzen
Kompetenzen Abschlussprüfung
Keine Abschlussprüfung 17
4. Verfahren zur Anerkennung der beruflichen Grundbildung: Vier Wege - ein Ziel Weg 1
Weg 2
Weg 3
via berufliche Grundbildung
via verk端rzte berufliche Grundbildung
via Zulassung zur Abschlusspr端fung
via Validierung von Bildungsleistungen
Lange Dauer
Selbstorganisation
Wenige Berufe
Keine Begleitung und Unterst端tzung durch einen Betrieb
zum Teil (noch) nicht im Wohnorts-
Nachteile Lange Dauer f端r Erwachsene Geringes
Weg 4
(in Entwicklung)
Geringes
Einkommen
Einkommen
Lehrvertrag
Lehrvertrag
(befristet)
(befristet)
Kanton angeboten 18
5. Verfahren zur Anerkennung der Bildung: Validierung Branchen- und kompetenzorientierte Berufsprofile als Voraussetzung für die Validierung: • Fachfrau / Fachmann Gesundheit • Fachfrau / Fachmann Logistiker
• Quer- und Wiedereinstieg ermöglichen Einrichten der Validierung und neuer flexibler Studienmodelle auf allen Bildungsstufen: Wenig entwickelt in der höheren Berufsbildung
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4. Verfahren zur Anerkennung der Bildung: Validierung • Förderung der Durchlässigkeit • Gleiche Kompetenzen führen zu gleichen Titeln
• Lebenslanges Lernen und Arbeitsmarktfähigkeit • Erreichen von verschiedenen Personengruppen • Einbezug der Bildungsinstitutionen und der Organisationen der Arbeitswelt als wichtige Partner • Der Erfahrung einen Wert verleihen!
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4. Verfahren zur Anerkennung der Bildung: Validierung (in vier Phasen) • Information und Beratung: Schriftliche Information und bei Bedarf persönliche Beratung • Bilanzierung: Selbständige oder begleitete Zusammenstellung der persönlichen Kompetenzen • Beurteilung: Beurteilung durch Expertinnen und Experten
• Teilzertifizierung oder Zertifizierung, gleichbedeutend mit der Erteilung des Abschlusses
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5. Herausforderungen (aus Sicht Bildung) Chancen nutzen: Erklärung 2011 der kantonalen Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) und des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) zu den gemeinsamen Zielen für den Bildungsraum Schweiz • 95% aller 25jährigen verfügen über einen Abschluss der Sekundarstufe II • Validierung von Bildungsleistungen und deren Anrechnung an formale Abschlüsse im gesamten Bildungsbereich 22
5. Herausforderungen (aus Sicht Bildung) Günstige Rahmenbedingungen für anerkannte Bildung schaffen Den Menschen gute Voraussetzungen schaffen für Einstieg und Verbleib im Arbeitsmarkt und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben:
• Praxisnahe Bildungsangebote auf allen Stufen, marktrelevante Abschlüsse • Geregelte Nachholbildung • Flexible Studienmodelle: Modell F
• Kein Abschluss ohne Anschluss! • Eigenverantwortung des Einzelnen für Bildung und Weiterbildung: Staatliches Handeln subsidiär 23
5. Herausforderungen (aus Sicht Bildung) Stärken der Konkurrenz- und Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz: ja, aber … • Qualifizierte, fachlich ausgewiesene und motivierte Fachleute als Antwort auf den Fachkräftemangel, die Dynamik der Märkte und die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen • Zufluss an neuem und aktuellem Wissen und Können erfolgt je länger desto weniger über die Rekrutierung von Nachwuchskräften
• Innovation weniger über Generationenwechsel als über Weiterbildung, Sicherstellung von Quereinstiegen auf allen Qualifikationsniveaus
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5. Herausforderungen (aus Sicht Bildung) Durchlässigkeit: Validierung und Anrechnung • Qualität eines Bildungssystems misst sich an seiner Durchlässigkeit und einer qualitativ hohen Weiterbildung (auch als Ergänzung auf dem Weg zu einem formalen Bildungsabschluss) • Ermöglichen von attraktiven Quer- und Wiedereinstiege und von individuellen Bildungsbiografien
Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung, keine Bildung.‘‘ John F. Kennedy 25
Danke f端r Ihre Aufmerksamkeit! Thomas Baumeler Abteilungsleiter Diplomanerkennung und Recht 26