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Wie ernährt man zehn Milliarden Menschen?

Wie ernährt man 10 Milliarden Menschen?

Text: Christoph Lumetzberger

Die Welt steuert mit Riesenschritten auf acht Milliarden Erdenbürger zu, die runde zehn wird um 2050 herum erwartet. Doch können bestehende Agrarsysteme in Zeiten von Überfl uss in der westlichen Welt und Hungersnöten in Entwicklungsländern diese Zunahme stemmen? Nachhaltig leben wagt den Ausblick.

Gegenwärtig hat man als Mitteleuropäer das Gefühl, dass es Lebensmittel und Güter für den täglichen Bedarf im Überfl uss gibt.

An jeder Ecke gibt es einen Supermarkt,

Discounter überschwemmen die Randgebiete und Speckgürtel der Städte und nicht zuletzt fi nden sich zahlreiche Lebensmittel auch auf diversen Marktständen an belebten

Plätzen in Innenstädten. Ebenso verhält es sich mit fl ießendem Wasser. Haben wir an einem heißen Sommertag Durst, steht uns in de facto jedem Einfamilienhaus fl ießendes und sauberes Trinkwasser zur Verfügung. Kristallklar und in der Regel frei von Schadsto en. Kurzum: jederzeit trinkbar.

Solche Dinge sind für uns im 21. Jahrhundert selbstverständlich, daran wird weder gerüttelt, noch steht das für uns zur Debatte. Der Zugang zu Wasser und Lebensmittel muss immer und überall gewährleistet sein. Dass das nicht überall so ist, wissen wir zwar alle insgeheim, allerdings tangiert es uns oftmals nur peripher.

Doch was wäre, wenn es auch bei uns in Mitteleuropa plötzlich zu einer Lebensmittel- und Wasserknappheit kommen würde? Führen Sie sich noch einmal die Hochwasserkatastrophe, die vergangenen Sommer Westdeutschland heimgesucht hat, vor Augen. Da wurden ganze Landstriche dem Erdboden gleichgemacht, hunderte Kilometer Wasserleitungen und Kanalrohre unterspült und beschädigt, Straßen weggeschwemmt und Supermärkte vernichtet. Plötzlich brauchte es die Bundeswehr und unzählige freiwillige Helfer, die die Betro enen im Zahlreiche Demografi eforscher zerbrechen sich den Kopf darüber, wie sich die globale Population in den nächsten 80 Jahren entwickeln wird. Im Wesentlichen bestehen drei Modelle, wobei die meisten Experten den 10-milliardsten Erdenbürger zwischen den Jahren 2050 und 2060 zur Welt kommen sehen.

Krisengebiet mit dem Nötigsten versorgte – und das teilweise wochenlang.

Das Mehr an Produktion

Freilich wollen wir den Teufel nicht an die Wand malen und glücklicherweise funktioniert die Versorgung in unseren Breitengraden in der Regel tadellos. Aber eben nicht in allen Regionen unseres Planeten. In zahlreichen Ländern in Afrika, Südostasien oder Südamerika mangelt es an eben solchen lebenswichtigen Lebensmitteln oder schlichtweg an Wasser.

Und nach einer langen Einleitung kommen wir endlich zum Punkt, auf den wir hinauswollen: Die Weltbevölkerung ist im Steigen begri en, gerade in den Entwicklungsländern nimmt die Population exponentiell zu. Und da drängt sich unweigerlich die Frage auf: Wie wollen wir es in ein paar Jahrzehnten scha en, zehn Milliarden Menschen auf unserem Planeten, auf die wir aller Voraussicht nach zusteuern, zu ernähren?

Zahlreiche Ökonomie-Experten zweifeln stark daran, dass bestehende Agrarsysteme die Produktion von Lebensmitteln in der benötigten Menge stemmen können. Und da die Flächen, die sich als landwirtschaftlich nutzbar eignen, begrenzt sind, muss das Mehr an Produktion durch e zientere Nutzung der bestehenden Infrastruktur und Gegebenheiten gestemmt werden. Zumindest bis zu einem bestimmten Grad. Im Moment ist es ja sogar so, dass die Agrarproduktion einen nicht unwesentlichen

So entwickelt sich die Weltbevölkerung bis ins Jahr 2100

Zauberwort E

Da die globale, landwirtschaftliche Nutzfl äche begrenzt ist, können die demografi schen Steigerungen nur durch mehr E zienz und Nachhaltigkeit abgefangen werden. Faktor im Zusammenhang mit Umwelt- und Klimabelastung darstellt. Dennoch besteht riesiges Potenzial darin, sich als innovative Zukunftsbranche zu etablieren.

Dabei entstehen zweifelsohne auch diverse Spannungsfelder. Auch wenn künftig E zienz- und Nachhaltigkeitskriterien im Vordergrund stehen, so muss die Agrarwirtschaft der Zukunft auch die Globalisierung im Auge behalten sowie Regionalisierung und Urbanisierung beachten. Einen breiten Konsens zu fi nden, der allen Parteien gerecht wird und dabei die verschiedenen Verbraucherbedürfnisse abdeckt, dürfte sich als schwierig erweisen.

Ein Fußballfeld pro 200 Kilo Rind

In jedem Fall sollte die globale Fleisch- und Futtermittelproduktion hinterfragt werden. Alleine die Fleischproduktion hat sich in den vergangenen 50 Jahren dem Weltagrarbericht zufolge nahezu verfi erfacht, von 84 Millionen Tonnen 1965 auf fast 330 Millionen im Jahre 2017. Allerdings eignet sich ein Großteil des globalen Weidelandes vor allem in Trockengebieten fast ausschließlich zur landwirtschaftlichen Nutzung, was das Umdenken nicht gerade einfacher macht. Da für die Produktion von einem einzigen Kilogramm Rindfl eisch allerdings rund 22 Kilogramm Treibhausgase entstehen, beinahe zehn Kilogramm Getreide, 15.000 Liter Wasser und 50 Quadratmeter Fläche benötigt werden, entpuppt sich das Rind als wahrer Klimakiller und sollte in Anbetracht der Wertschöpfung defi nitiv seltener verzehrt werden.

Eingangs haben wir von E zienz gesprochen, welche in der Agrarwirtschaft Einzug halten muss. Und so verhält es sich auch bei der Verwertung des Zuchtviehs. Es darf nicht sein, dass Tiere in Südamerika hochgezüchtet werden und dann per Containerschiff zum Schlachter nach Asien gebracht werden, weil sich dort pro Rind ein paar Cent sparen lassen. Ebenso muss künftig noch eindringlicher darauf geachtet werden, dass alle verwertbaren Teile

127 124 137

17 27 47 69

1960 1970 1980 1990 2000 2010 2019

Quelle: BLE

Eine Grafi k, die eigentlich keine Beschreibung mehr benötigt. Waren es im Jahre 1960 gerade einmal 17 Menschen, die ein Landwirt mit seinen Erzeugnissen ernähren musste, so sind es gegenwärtig beinahe 140 Menschen. Eine Steigerung um mehr als 800 Prozent - und das in gerade einmal rund 60 Jahren.

des Tiers auch tatsächlich genutzt werden, in welcher Form auch immer. Der Trend ging ja auch in dieser Disziplin in den letzten Jahren eher in eine andere Richtung.

Jeder ist gefordert!

Es wird aber nicht reichen, nur die Stellschrauben der Agrarwirtschaft anzuziehen. Vielmehr ist es erforderlich, dass auch in der Weltbevölkerung und da speziell in den westlichen Ländern ein Umdenken stattfi ndet. Schon heute leiden weltweit mehr als zwei Milliarden Menschen an Übergewicht, während etwa 800 Millionen Menschen von Hunger bedroht sind. Und die Schere geht in Rekordgeschwindigkeit immer weiter auseinander. Die Kunst wird es sein, die Einschränkungen der Industrienationen so gering wie möglich zu halten und dabei die verschiedenen Verbraucherbedürfnisse auch in den Entwicklungsländern zu befriedigen. In diesem Segment ist vor allem die Politik gefragt, die mit unterschiedlichen Mitteln in den Globalisierungsprozess eingreifen kann. Dies können etwa Förderungen und Unterstützungen sein. Besser noch nachhaltige Anreize wie etwa die Sicherstellung der Wasserversorgung auch in entlegenen Gebieten oder das Durchsetzen einer fairen Bezahlung in Ländern der dritten Welt. Denn durch den demografi schen Wandel wird die Bevölkerungszunahme vor allem auf dem afrikanischen und asiatischen Kontinent stattfi nden.

Zahlreiche namhafte Experten gehen auch davon aus, dass wir einen Teil der Lösung, wie in Zukunft zehn Milliarden Menschen ernährt werden sollen, noch gar nicht auf dem Schirm haben. Denn in Zeiten, wo bereits heutzutage veganer Fleischersatz in tausenden, wenn nicht zigtausenden Haushalten des Landes zum Alltag dazugehört, kann auch das zum Gamechanger mutieren. Erwiesenermaßen ist die Produktion solcher Produkte, sofern sich die Abnahmemengen zumindest annähernd in Sphären von Fleisch- und Wurstproduktion befi nden, sogar kostengünstiger. Davon ist gegenwärtig in den Supermarktregalen jedoch noch zu wenig zu merken. Und wer weiß: Vielleicht scha en es noch weitere kulinarische Exportschlager ferner Länder wie Heuschrecken oder sonstige Insekten irgendwann auch zu globalen Ehren? Davon gibt es in jedem Fall genug.

Bewusster und schlauer

Jeder Mensch kann im Supermarkt frei entscheiden, welche Produkte und von welchen Herstellern er kauft. Die Verantwortung eines jeden einzelnen wird in Zukunft noch wichtiger sein als bisher.

Achten Sie auf Bio-Siegel

Wer beim Einkaufen Bio-Lebensmittel in den Wagen packt, ist in Sachen Nachhaltigkeit schon auf dem richtigen Weg. Da die Worte „Bio“ und „Öko“ gesetzlich geschützt sind, geben das EU-Bio- sowie das deutsche Bio-Siegel einen guten Ersteindruck und Orientierungshilfe.

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