9–10/2011, 64. Jahrgang P. b. b. – Erscheinungsort Wien Verlagspostamt 1140 Wien 02Z030562 M
Fachzeitschrift für Pflanzenschutz, Vorratsschutz und Pflanzenernährung
Das leistungsfähige Triticale kann dem Futterweizen durchaus Konkurrenz machen
Die mechanische Unkrautbekämpfung bekommt durch GPS neuen Aufwind
Mit gezielter Saatmengenreduktion kann Saatgut effizient eingespart werden
www.agrarverlag.at
Entwickeln sich zum Dauerbrenner:
Brandkrankheiten bei Wintergetreide Pflanzenschutz
Dipl.-HLFL-Ing. Manfred Weinhappel, AGES – Institut für Saatgut, Wien Häufig wurde heuer die Freude über eine gute Weizen- oder Dinkelernte durch „Fischgeruch“ der Ernteware zunichte gemacht. Hervorgerufen wurde dies durch Weizen- und auch Zwergsteinbrand, die in einigen Regionen doch deutlich verstärkt auftraten. Neben diesen beiden Erregern sollte aber für den bevorstehenden Wintergetreideanbau auch Flugbrand bei Wintergerste unbedingt beachtet werden.
Befallssituation bei Steinbrand Grundsätzlich treten in Österreich zwei Steinbrandarten auf. Weizensteinbrand, auch als Gewöhnlicher Steinbrand (Tilletia caries/Tilletia foetida) bezeichnet, ist die häufiger vorzufindende Steinbrandart und tritt in nahezu allen Weizenanbaugebieten auf, insbesonAbb. 1: Weizensteinbrand
dere in den östlichen Anbauregionen Österreichs. Zwergsteinbrand (Tilletia controversa) ist vornehmlich an rauere Anbaulagen gebunden und braucht vornehmlich länger anhaltende Schneedecken zur Entwicklung; eine detaillierte Beschreibung zu diesem Erreger finden Sie im Beitrag auf Seite 6. Schätzungen von Aufkäufern zufolge
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ist zur Ernte 2011 mit einem 2–3-fach erhöhten Aufkommen von „brandiger Ernteware“ gegenüber den Vorjahren zu rechnen. Diese Ware muss dann entweder einer kostenintensiven Waschung oder einer Verwendung außerhalb von Ernährungs- oder Fütterungsschienen (z. B. Verbrennung, Verarbeitung in Biogasanlagen) zugeführt werden.
Ursachen und Konsequenzen von Befall mit Weizensteinbrand Häufigste Ursache und primäres Übertragungsmedium für das Auftreten von Weizensteinbrand (Tilletia caries/ Tilletia foetida) ist die Verwendung von kontaminiertem Saatgut. Steinbrandsporen, die am Saatgut anhaften, keimen parallel zum Samen und dringen in den sehr jungen Keimling, noch bevor dieser die Erdoberfläche durchbricht (WILCOXSON und S A A R I , 1996). Danach durchlaufen die bereits infizierten Jungpflanzen eine unauffällige Entwicklung, in der der Krankheitserreger systemisch in der Pflanze mitwächst. Erst ab dem Zeitpunkt der Kornfüllung zeigen sich auch für den Praktiker deutlichere Symptome, indem anstelle von gesunden Körnern schwarz-schmierige Brandbutten aus-
gebildet werden. Diese verursachen dann in weiterer Folge den charakteristischen Fischgeruch, insbesondere, wenn im Zuge des Druschvorganges eine Vielzahl dieser Brandbutten aufgeschlagen wird. Besonders beachtenswert macht den Erreger aber auch der immense phytosanitäre Druck für ganze Feldrieden, der von befallenen Beständen ausgeht. Eine einzige Brandähre umfasst größenordnungsmäßig etwa 100–150 Millionen Sporen (SORAUER, 1962), die im Zuge des Drusches frei werden und einerseits in den Boden des betreffenden Feldes selbst gelangen und andererseits durch Wind auf umliegende Felder verfrachtet werden sowie die gesamte Maschinenkette verunreinigen. Der hohe Kontaminationsgrad von Ackerböden, auf denen brandige Bestände beerntet wurden oder in der Nähe solcher lagen, stellt aber auch zusehends ein Gefahrenpotenzial für Übertragungen des Weizensteinbrandes aus dem Boden dar. Auch wenn üblicherweise Steinbrandsporen unter Normalbedingungen zügig in einigen Monaten nach der Bodeneinbringung auskeimen (SORAUER, 1962), zeigen die Erfahrungen der letzten Jahre in Österreich doch, dass auch von längeren Abbauprozessen der Sporen im Boden ausgegangen werden muss (z. B. längere Trockenphasen nach der Ernte, Einbringen der Sporen in tiefe Bodenschichten und späteres Wiederhochbringen etc.). Aufgrund der mittlerweile regional hohen Etablierung des Weizensteinbranderregers sind derartige Bodenübertragungspotenziale hinkünftig sicherlich verstärkt in die Anbauüberlegungen mit einzubeziehen.
Befallssituation mit Flugbrand bei Wintergerste Nachdem Flugbrand (Ustilago nuda) bei Wintergerste über viele Jahre eine sehr untergeordnete Bedeutung hatte, zeigte sich in den letzten Jahren wieder eine erhöhte Durchseuchung. Zwar reicht die agronomische und auch ökonomische Tragweite des Befalles nicht an jene des Weizensteinbrandes heran, trotzdem sind aber eindämmende und vorbeugende Maßnahmen gerade jetzt notwendig, um einen weiteren Befallsaufbau zu unterbinden.
Ursachen und Konsequenzen von Flugbrand bei Wintergerste Der Erreger des Flugbrandes besiedelt direkt den Embryo des Gerstenkornes, dadurch sind äußerlich am Korn keinerlei Zeichen einer Infektion sichtbar. Beim Anbau von infizierter Gerste wächst der Erreger lange Zeit systemisch in der Pflanze mit und erst zum Zeitpunkt des Ährenschiebens tritt anstelle einer gesunden Gerstenähre die „Brandähre“ zutage. Diese Brandähre weist allerdings keinen Fischgeruch auf, wodurch die Schadwirkung des Erregers unter jener des Steinbrandes liegt. Die Brandsporen in den Brandähren werden aber durch Witterungseinflüsse ausgestäubt und infizieren zum Zeitpunkt der Blüte die neu heranwachsenden Körner von umliegenden gesunden Pflanzen. Diese erkran-
Pflanzenschutz
Aufgrund der sich zuspitzenden Befallsituation in den letzen Jahren werden auch die Strategien und Maßnahmen zur Befallsvermeidung komplexer und vielfältiger. n Höchste Priorität zur Vermeidung von Steinbrandkontaminationen hat jedenfalls die Verwendung von gesundem Saatgut. Wird kontaminiertes Saatgut angebaut, besteht generell hohes Risiko, dass brandige Weizen- oder Dinkelbestände erwachsen. Gemäß österreichischem Saatgutrecht ist für den Anbau von unbehandeltem Weizen-, Dinkel- und Triticalesaatgut ein Maximalbefall von 10 Sporen/Korn zulässig. Dies ist ein im internationalen Umfeld gängiger Normwert; in der Schweiz liegt dieser ebenfalls bei 10 Sporen/Korn, in Bayern liegt das empfohlene Limit bei 20 Sporen/Korn (VOIT und KILLERMANN, 2011). Österreichisches Z-Saatgut erfüllt diese Kriterien ausnahmslos und ist auf Befall mit Steinbrandarten geprüft. Abgeraten wird auf jeden Fall vor der Verwendung von ungeprüftem, ungebeiztem Nachbausaatgut. n Wie bereits vorhin erwähnt, sind aber auch phytosanitäre Belastungen der Ackerböden zu beachten, um der Gefahr von Bodeninfektionen entgegenzuwirken. Insbesondere im Biolandbau und in Rieden, in denen zur vorherigen Ernte Steinbrandinfektionen festgestellt wurden, ist ein Anbau von Winterweizen oder Winterdinkel nach Weizen/ Dinkel risikobehaftet. Dies ist zusehends in den Anbauplanungen zu berücksichtigen, da in den letzten Jahren gerade im Biolandbau regional und einzelbetrieblich eine gewisse Verengung der Winterweizenfruchtfolge feststellbar war. Generell sind die Fragen zu den Bodenübertragungspotenzialen aber ein sehr weit reichender Themenkomplex, zu dem sicherlich auch weitere Forschungs- und Versuchstätigkeiten notwendig sind. n Werden Saatgutbehandlungen gegen Weizensteinbrand durchgeführt, ist un-
bedingt auf eine hohe Beizqualität zu achten. Auch wirksame Beizmittel bringen nur dann Wirkungssicherheit, wenn einerseits gewisse Befallshöhen nicht überschritten sind und andererseits die Beizmittelaufwandmenge und die Verteilungsgenauigkeit am Saatgut exakt eingehalten werden. Insbesondere Hofbeizungen bringen häufig nicht die erforderliche Applikationsgenauigkeit und darüber hinaus sind gewisse Präparate aufgrund ihrer Handhabungsanforderungen (z. B. Lagerbedingungen, Verarbeitungserfordernisse etc.) für die Eigenanwendung am landwirtschaftlichen Betrieb wenig bis nicht geeignet.
Fotos: Weinhappel
Maßnahmen zur Vermeidung von Weizensteinbrand
Abb. 2: Eine Brandbutte (hier Brandbutten von Weizensteinbrand) enthält 4–6 Mio. Sporen
ken aber nicht in sofort, erst bei einem erneuten Anbau kommt es wiederum zum Krankheitsausbruch. Beachtenswert ist diese Krankheit auch deshalb, weil sie sich innerhalb einer oder einiger weniger Generationen von sehr geringem Befallsniveau ausgehend Befallswerte von 10–15 % und mehr entwickeln kann.
Maßnahmen zur Vermeidung von Flugbrand bei Gerste Flugbrand bei Gerste ist eine klassisch samenbürtige Krankheit, erkrankte Pflanzen werden ausschließlich durch infiziertes Saatgut hervorgerufen. Im Zentrum der Bekämpfungsmaßnahmen steht daher die Qualität des eingesetzten Saatgutes. n Z-Saatgut wird jedenfalls im Rahmen der Feldbesichtigung als auch im Rahmen der Saatgutbeschaffenheitsprüfung, sofern es nicht mit gegen Flugbrand registrierten Präparaten gebeizt ist, geprüft. Dies bedeutet, dass entweder nur befallsfreies oder marginal infiziertes Saatgut in den Verkauf gelangt. n Wie bei vielen anderen Saatgutkrankheiten auch, ist das Befallsniveau von Flugbrand bei Nachbau im Vergleich zu Z-Saatgut bereits deutlich erhöht; dies wurde in einigen Studien belegt (RATZENBÖCK et al. 1996). Wird Nachbausaagut verwendet, ist eine Kontrolle des Feldbestandes auf Flugbrandbefall unbedingt ratsam. Wird bereits geringfügiger Flugbrandbefall festgestellt, ist die Beizung des
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Zwergsteinbrand – kehr eines Problem Pflanzenschutz
Dr. Herbert Huss, LFZ Raumberg-Gumpenstein, Versuchsstation Lambach/ Stadl-Paura, und Univ. Prof. Dr. Hermann Bürstmayr, BOKU Wien, Department IFATulln und Department für Angewandte Pflanzenwissenschaften und Pflanzenbiotechnologie
Abb. 3: Flugbrand bei Gerste
Saatgutes mit einem wirksamen Präparat jedenfalls zu empfehlen. Hier ist besonders zu beachten, dass viele gängige Standardbeizen keine oder keine ausreichende Wirkung gegen Flugbrand aufweisen. Bei der Auswahl des Beizmittels ist daher unbedingt ein genauer Blick auf das Wirkungsspektrum des Präparates zu legen. n Noch schwieriger ist die Situation im Biolandbau; Präparate, die einerseits brauchbare Wirksamkeit gegen Flugbrand aufweisen und andererseits gemäß Biorichtlinien anwendbar sind, sind aktuell nicht verfügbar. n Literatur: SORAUER, P., (1962): Handbuch der Pflanzenkrankheiten – Band III, Paul Parey Verlag, 1962 VOIT, B. und KILLERMANN B., (2011): Steinbrand und Zwergsteinbrand – was tun? Bioland 03/2011, 7–8 WILCOXSON, R.D. and E.E. SAARI, eds. (1996): Bunt and Smut Diseases of Wheat. Concepts and Methods of Disease Management. Mexiko, D.F.: CIMMYT RATZENBÖCK, A., GIRSCH, L., WEINHAPPEL, M. und SCHWARZ, A. (1996): Untersuchungen des Saatgutwertes von wirtschaftseigenem Saatgut bei ausgewählten Getreidearten und Körnererbse und Ergebnisse einer Umfrage zu Fragen des Saatgutwechsels. Bericht der 47. Arbeitstagung der Vereinigung österreichischer Pflanzenzüchter. BAL Gumpenstein 1996
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Der Zwergsteinbrand galt lange Zeit als typischer Krankheitserreger der schneereichen höheren Anbaulagen von Weizen und Dinkel. Seit 2006 ist eine bemerkenswerte Ausweitung seiner Verbreitung auch in niedrigere Lagen des Nördlichen Alpenvorlands zu beobachten, wo er auch heuer wieder verstärkt in Erscheinung trat. Da der Zwergsteinbrand bodenbürtig ist und die Sporen zumindest 10 Jahre im Boden überdauern, sind Gegenmaßnahmen dringend gefordert. Im konventionellen Bereich sollte auf eine effiziente Saatgutbeizung geachtet werden, während im biologischen Ackerbau der Verwendung möglichst resistenter Sorten große Bedeutung zukommt.
D
er Zwergsteinbrand (Tilletia controversa) ist ein an niedrige Temperaturen angepasster bodenbürtiger Pilz, der vor allem unter Schnee Weizen und Dinkel befällt und bei sehr langer Schneebedeckung auch zu erheblichen Schäden führen kann. Das „schneesichere“ Mühl- und Waldviertel gelten deshalb seit langem als Zwergsteinbrand-Risikogebiete. Der „Jahrhundertwinter“ 2005/06 mit einer im Nördlichen Alpenvorland fast 4 Monate andauernden Schneebedeckung machte zur großen Überraschung vieler deutlich, dass auch in den tieferen Lagen ein erhebliches Infektionspotenzial dieses Pilzes in den Böden schlummerte: Nicht nur bei Bio-Betrieben, sondern auch bei vielen konventio-
nell wirtschaftenden Bauern kam es 2006 zu Befallsraten bis zu 40 %. In den höheren Lagen war der Infektionsdruck so stark, dass sogar Roggen, der bislang als Zwergsteinbrand-resistent galt, stark befallen wurde. Im heurigen Jahr waren erneut zahlreiche Bauern mit Zwergsteinbrandproblemen konfrontiert. Hauptbetroffen waren Bio-Betriebe. Bei konventionell wirtschaftenden Betrieben waren zwar immer wieder einzelne Zwergsteinbrandpflanzen zu beobachten, ein stärkerer Befall blieb aber eher die Ausnahme. In Bayern und Baden-Württemberg waren hingegen auch im konventionellen Bereich deutliche Schäden zu beklagen (VOIT & KILLERMANN 2011). In den höheren Anbaulagen und im oberösterreichischen Alpenvorland waren einzelne Erntepartien so stark zwergsteinbrandkontaminiert, dass sie wegen des fauligen Fischgeruchs nicht oder nur unter finanziellen Einbußen abgesetzt werden konnten. Besorgniserregend ist der Umstand, dass in fast allen untersuchten Ernteproben Zwergsteinbrandsporen nachweisbar waren, so dass auch im oberösterreichischen Alpenvorland mittlerweile von einer großflächigen Verseuchung der Böden mit Zwergsteinbrand ausgegangen werden kann. Auslöser des heurigen Befalls war eine im Alpenvorland 1,5-monatige durchgehende Schneebedeckung (Abb. 1), wobei das Infektionsgeschehen, wie schon 2005, wesentlich durch den Umstand gefördert wurde, dass der Schnee auf den noch ungefrorenen Boden fiel. Neben dem Zwergsteinbrand trat heuer auch der Gewöhnliche Steinbrand (Tilletia caries) vor allem in Ostösterreich, vereinzelt aber auch im oberösterreichischen Alpenvorland, stärker in Erscheinung.
Wichtigste Wirte des Zwergsteinbrands sind die Winterformen von Weizen und Dinkel. Triticale spielt eine untergeordnete Rolle und Roggen wird nur bei extrem langer Schneebedeckung befallen. Wintergerste hingegen ist immun gegen Zwergsteinbrand. Nicht befallen werden auch die Sommerformen des Getreides.
Symptome des Zwergsteinbrands Charakteristisches Merkmal eines Zwergsteinbrandbefalls ist die Klein- bis Zwergwüchsigkeit infizierter Pflanzen (Abb. 2 und 3). Auch das Wurzelsystem ist in seiner Entwicklung gebremst (Abb. 4). Manche Sorten zeigen während des Schossens gelbe Streifen und Flecken auf den Blättern (Abb. 5). Markantestes Merkmal ist jedoch die Bildung von Brandbutten an Stelle der Getreidekörner (Abb. 6). Diese Butten beherbergen die Sporen, welche durch ihre netzige Oberflächenstruktur und einen deutlichen Schleimring ein sehr
Abb. 1: Dauer und Höhe der Schneedecke in Lambach in den Wintern 2005/06 und 2010/11
Pflanzenschutz
die Rückpilzes
charakteristisches Aussehen haben (Abb. 7). Bei Regenwetter können die Sporen durch Quellen des Schleimrings auch aus den Butten austreten, wobei auf den Ährchen braun-schwarze Sporenmassen sichtbar werden (Abb. 8). Die Zwergsteinbrand-befallenen Ähren sind oft auffallend gespreizt (Abb. 9). Beim Drusch werden die Brandbutten aufgeschlagen und die Sporen auf die Getreidekörner verteilt, wobei im Bart der Weizenkörner besonders viele Sporen hängen bleiben (Abb. 10). Ab ca. 800 Sporen pro Korn war der durch das Toxin Trimethylamin verursachte Fischgeruch bei den untersuchten Proben wahrnehmbar. Eine Vermahlung solcher Partien ist nicht mehr möglich und auch bei der Verfütterung sind Probleme zu erwarten. So wird bei Mastschweinen von Speichelfluss, Taumeln, Verstopfung, Durchfall und Nierenveränderungen berichtet.
Abb. 2: Von Zwergsteinbrand befallene Weizenpflanze
Beschränkte Bekämpfungsmöglichkeiten im Bio-Landbau Eine Zwergsteinbrand-Bekämpfung ist im konventionellen Ackerbau durch geeignete Beizmittel möglich. Biologisch verträgliche Beizen, wie Cuprofor, Tillecur, Magermilchpulver und Jauche + Kalk, welche an der Versuchsstation Lambach/Stadl-Paura getestet wurden, brachten hingegen keinen Erfolg. Einzig eine Beize aus Edaphos und Polyversum (Pythium oligandrum) konnte den Zwergsteinbrandbefall um 16 % reduzieren. Eine deutliche Redu-
zierung des Zwergsteinbrandbefalls ist durch einen extremen Frühanbau (ca. 20. August) von Dinkel zu erreichen, wie er von einem Bauern im Mühlviertel mit Erfolg praktiziert wird. Ein generelles Erfolgsrezept ist dies allerdings auch nicht, da vor allem in den tieferen Lagen mit einem erhöhten Krankheitsdruck, vor allem durch Verzwergungsviren (BaYDV, WDV), zu rechnen ist.
Große Resistenzunterschiede bei Weizen
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35 30 25 20 15 10 5 0 November
Dezember
Jänner
Februar
März
April
Eine Lösung des Zwergsteinbrandproblems brächte der Anbau resistenter Weizen- und Dinkelsorten. Da von den heimischen Weizensorten bisher nur wenige und von Dinkel bisher überhaupt keine Resistenzdaten vorlagen, wurde an der Versuchsstation Lambach/Stadl-Paura vor 5 Jahren mit künstlichen Infektionsversuchen bei Weizen und Dinkel begonnen. Pro Sorte wurden 2 m²-Parzellen in 3facher Wiederholung angebaut, wobei 0,7– 1,0 g Zwergsteinbrandsporen/m² ausgebracht wurden. ‹
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Abb. 4: Links: Durch Zwergsteinbrandbefall nur schwach entwickeltes Wurzelsystem einer Weizenpflanze. Rechts: Wurzelsystem einer gesunden Weizenpflanze
Pflanzenschutz
Fotos: Huss (9)
Abb. 3: Nach der Ernte auf dem Feld stehen gebliebener, von Zwergsteinbrand befallener „Weizenzwerg“
Foto: Stabentheiner
Abb. 5: Durch Zwergsteinbrand bei der Weizensorte Capo verursachte gelbe Streifen und Flecken auf den Blättern
Abb. 7: Zwergsteinbrandspore mit sehr deutlicher netzförmiger Oberflächenstruktur
Abb. 6: Brandbutten von Zwergsteinbrand bei Dinkel
Abb. 8: Aus den Butten ausgetretene braunschwarze Sporenmassen des Zwergsteinbrands
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Abb. 10: Weizenkorn mit zahlreichen Zwergsteinbrandsporen
Abb. 9: Gespreizter Habitus einer von Zwergsteinbrand befallenen Weizenähre
Winterweizen (4–5 Prüfjahre)
Dinkel (5 Prüfjahre)
12
Zwergsteinbarand in Prozent
10
8
6
4
10 8 6 4 2 0 o ur Ta
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Pflanzenschutz
Zwergsteinnbarand in Prozent
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Abb. 12: Mehrjähriger Zwergsteinbrandbefall von Dinkel
Abb. 11: Mehrjähriger Zwergsteinbrandbefall von Weizen
Der Dinkel war während des 5jährigen Untersuchungszeitraums deutlich weniger befallen als der Weizen. Die anfälligste Sorte Frankenkorn blieb sogar unter dem Befallswert der besten Weizensorte Saturnus. Tauro zeigte die
Ausblick Bei den an der Versuchsstation Lambach/Stadl-Paura in den letzten beiden Jahren an türkischen und amerikanischen Sorten durchgeführten Infektionsversuchen zeigte sich, dass es gegen Zwergsteinbrand auch hoch resistente Sorten gibt. Diese hoch resistenten amerikanischen Sorten bzw. vorderasiatischen Landsorten sind agronomisch nicht für den Anbau in Österreich geeignet. Sie stellen allerdings wertvolle genetische Ressourcen für die Resis-
tenzzüchtung dar. Durch Entwicklung geeigneter Selektionsmarker wäre es möglich, auch für unsere Anbaulagen Sorten mit dauerhafter und hoch wirksamer Zwergsteinbrandresistenz zu züchten. Damit könnte ein entscheidender Schlag im Kampf gegen den n Zwergsteinbrand gelingen. Literatur: VOIT, B. & B. KILLERMANN (2011): Stinkende Weizenkörner. Schon vergessene Krankheiten kehren zurück. Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt 33: 36–37
Abb. 13: Zwergsteinbrandbefall von Weizen im Jahr 2011
Aktuelle Winterweizen (ein Prüfjahr: 2011) 10 9 Zwergsteinbrand in Prozent
Dinkel resistenter als Weizen
geringste Anfälligkeit, gefolgt von Ostro, Oberkulmer Rotkorn, Schwabenkorn, Alkor, Titan, Ebners Rotkorn und Frankenkorn (Abb. 12).
8 7 6 5 4 3 2 1 0 In Sa d i g tu o rn u A s Ex sit kl a us Eb W iv iw ne P rs o a Ro llu t x Pi kor re n ne Ca o Bl po as i At us Bu aro As taro t El ard e o Do me n Pe nna t ga to ss Er Ed o s la iso Ko n lb Fu en lv i M An id o to as n En i us e Es rgo te Lu van dw ig St B i to ef p a Pe nu pp s Ar ino n Pa Er old nn iw on an icu s
Beim Weizen zeigten sich überraschend große Unterschiede in der Sortenresistenz. Als hochanfällig erwiesen sich die Sorten Capo, Stefanus, Erla Kolben, Edison und Midas, während Saturnus, Indigo, Pireneo, Blasius, Astardo, Pegassos und Ataro deutlich besser abschnitten. Zwischen diesen Gruppen liegen Asita, Pollux, Estevan, Bitop, Exklusiv und Ludwig (Abb. 11). Keine der aktuellen Sorten ist immun gegen Zwergsteinbrand. Bei Capo wurden sechsmal so viele Zwergsteinbrandähren gezählt wie bei Saturnus, sodass beim Anbau der Sorten mit den besten Resistenzdaten gegenüber den sehr anfälligen Sorten deutlich positive Effekte in Hinblick auf den Zwergsteinbrandbefall zu erwarten sind. Die Sorten zeigten von Jahr zu Jahr teils beträchtliche Unterschiede in den Resistenzwerten, was seinen Niederschlag in der relativ großen Variationsbreite der Daten findet (Abb. 11). Einjährige Ergebnisse (Abb. 13) können deshalb nur einer groben Orientierung dienen.
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Triticale: Ernsthafte Konkurrenz für Futterweizen Pflanzenbau
Triticale ist leistungsfähig und kann dem Futterweizen durchaus Konkurrenz machen. Ertragsvergleiche zeigen, dass diese Getreideart nicht nur auf Grenzstandorten anbauwürdig ist.
I
n einer mehrjährigen Prüfserie mit und ohne Fungizideinsatz wurden Triticale und Winterweizen direkt miteinander verglichen. Die Standorte liegen im Alpenvorland Niederösterreichs (Grabenegg bei Wieselburg), in Oberösterreich (Ritzlhof bei Traun, Bad Wimsbach) sowie im Waldviertel (Schönfeld bei Göpfritz). In diesen Versuchen standen bei Triticale die Sorten Mungis, Polego und Triamant , bei Weizen waren es Manhattan, Mulan und Winnetou. Aus Gründen der besseren Vergleichbarkeit sind die Einzelergebnisse der Sorten nicht dargestellt. Ertragsvergleiche von Pflanzenarten sind kompliziert, wenn deren zeitliche Entwicklung und Ansprüche voneinan-
der abweichen. Wird beispielsweise die Düngestrategie auf Weizen ausgerichtet, besteht die Gefahr, dass Triticale wegen frühzeitiger Lagerung systematisch benachteiligt ist. Setzt man hingegen sämtliche pflanzenbaulichen Eingriffe artspezifisch, sind vergleichende Aussagen schwierig bis unmöglich. Bodenvorbereitung, Saattermin und Saatstärke, Düngung und Ernte waren für beide Arten identisch gestaltet. Die Versuche wurden zwischen 22. September und 22. Oktober mit 280 bis 300 keimfähigen Körnern/m2 angebaut. Es wurden 78 bis 155 kg/ha Stickstoff (im Mittel 110 kg/ ha) in 2 bis 3 Teilgaben verabreicht, Wachstumsregler kamen nicht zum Einsatz. In der Fungizidvariante wurde 1,0 l/ha Juwel Top bzw. 1,0 l/ha Prosaro gegeben. In Fotos: Oberforster
DI Michael Oberforster, AGES Wien
Abb. 1: Wintertriticale im Vergleich zu Winterweizen 2007 bis 2011 – Kornertrag von 17 Versuchen (Mittel aus je 2 Sorten und 2 Varianten, gereiht nach aufsteigendem Gesamtmittel) 115
intertriticale W Wintertriticale
110
Abhängigkeit von der Krankheitsdynamik erfolgte die Spritzung zwischen dem Fahnenblattstadium (BBCH 37) und beginnendem Ährenschieben (BBCH 51).
Winterweizen Winterweizen
ornertrag, dt/ha K Kornertrag,
105 100 95 90 85 80
Pflanzenbaulich verschieden
75
Sch 2011 Sch
Sch 2009 Sch
Sch 2010 Sch
Sch 2008 Sch
Bad 2011 Bad
Rit 2011 Rit
Rit 2007 Rit
Rit 2008 Rit
Bad 2010 Bad
Rit 2010 Rit
Sch 2007 Sch
aldviertel W Waldviertel
lpenvorland Alpenvorland OÖ A Gra 2011 Gra
Gra 2008 Gra
Gra 2009 Gra
Gra 2007 Gra
Alpenvorland NÖ Alpenvorland Gra 2010 Gra
65
Rit 2009 Rit
70
Anm.: Die Versuchserträge liegen aufgrund der Parzellenrandwirkung usw. 12 bis 20 % über denen der entsprechenden Großfläche, entscheidend sind die Relationen zueinander Es werden die Kornerträge des niederösterreichischen Alpenvorlandes (5 Versuche), von Oberösterreich (7 Versuche) und dem Waldviertel (5 Versuche) getrennt dargestellt. Das variierende Ertragsniveau von 70 bis 110 dt/ha ist das Ergebnis unterschiedlicher Böden, der Überwinterung, pflanzenbaulicher Maßnahmen und der Witterung. Wesentlicher ist jedoch, dass im Alpenvorland das Triticale (blaue Kurve) in den meisten Jahren ertragreicher war als der Weizen (rote Kurve). Selbst im hohen Ertragsbereich ist dies nicht anders.
10
Abb. 2: Gut gelungener Triticalebestand mit hoher Kornzahl/Ähre. Dank züchterischer Bemühungen findet man Schartigkeit, d.h. einen sehr unregelmäßigen Kornansatz, in der landwirtschaftlichen Praxis nur mehr vereinzelt
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Im März und April eilt Triticale dem Weizen in der Entwicklung voraus. Es beginnt früher zu schossen, die Ähren erscheinen 8 bis 12 Tage vor dem Weizen. Bis zur Gelbreife reduziert sich der Abstand auf 2 bis 4 Tage. Triticale hat diese um 6 bis 9 Tage längere Kornbildungsphase vom Roggen geerbt. Der mit 100 bis 130 cm
Pflanzenbau setzt. Der geringe Anteil hat seine Ursache nicht in Qualitätsmängeln, sondern in der Verfügbarkeit. Triticale ist zur innerbetrieblichen Verwertung gut geeignet. Die Futterqualität entspricht für Schweine und auch Wiederkäuer weitgehend dem Weizen. Wegen der Proteinqualität – d. h. der etwas höheren Gehalte an essentiellen Aminosäuren – könnte bei der Schweinefütterung sogar ein kleiner Vorteil entstehen. n
Triticale im Veredelungsbetrieb In Mischfutterwerken wird Triticale in Rezepturen von Schweinemast- und Milchviehfutter mit bis zu 10 % einge-
Wintertriticale im Vergleich zu Winterweizen 2007 bis 2011 – Kornertrag und Qualität (17 Versuche, Mittel aus je 2 Sorten)
ohne Fungizid
102
mit Fungizid
105
Versuche
Rohprotein, %1)
5
Getreideart/ Variante
Hektolitergewicht, kg
Kornertrag, Rel. % 1.000-Korngewicht, g (86 % TS.)
Die Kornausbildung von Triticale wurde verbessert, neuere Sorten sind von der Kornschrumpfung in der Regel weniger betroffen. Dennoch lag das Hektolitergewicht mit 65 bis 75 kg durchschnittlich um 3–4 kg unter dem Weizen. Durch das Fungizid wurde es nur um 0,8 kg angehoben. Der züchterisch bedingte Ertragsanstieg hat den Eiweißgehalt reduziert („Proteinverdünnung“). Agostino, Cosinus, Mungis,
Abb. 3: Gute Kornqualität von Triticale (im Bild links) und Futterweizen (im Bild rechts)
Mittel
Kornausbildung und Proteingehalt
Es ist zwar nicht gerechtfertigt, dennoch besitzt Triticale einen geringeren Marktwert. Wer diese Getreideart zum Verkauf produziert, muss mit einem Preis von 5 bis 10 €/t unter jenem von Futterweizen rechnen. Damit ist der gebietsweise bestehende Ertragsvorteil weitgehend oder ganz aufgezehrt. Auf weizenfähigen Böden ist es daher weniger sinnvoll, Futtertriticale für den Markt zu erzeugen. Etwas anders ist die Situation beim Kontraktanbau von Ethanoltriticale. Hier werden im August 2012 10 €/t unter Mahlweizen akontiert. Die restliche Auszahlung erfolgt am Ende der Saison entsprechend der Marktentwicklung. Damit sollte ein etwas attraktiverer Preis verbunden sein.
Waldviertel
Von der Bekämpfung der Abreifekrankheiten konnte Triticale wegen seiner Blattgesundheit nicht in dem Maße profitieren wie Weizen. Juwel Top bzw. Prosaro leisteten +5,6 dt/ha oder +6 %, bei Weizen waren es +9,8 dt/ha oder +11 % (Mittel aus 17 Versuchen, 2007 bis 2011). Die verbreitete Meinung, dass Triticale nur auf Standorten geringer Bonität mit Futterweizen konkurrieren kann, stimmt nicht mehr. Im Alpenvorland wurde der Weizen ertraglich im Mittel um +9 bis +10 % (ohne Fungizid) bzw. +2 bis +4 % (mit Fungizid) übertroffen. Auf schluffigen Lehmböden des Waldviertels war das Potenzial beider Arten ähnlich. Je nach Verteilung der Niederschläge und der Belastung durch Lagerung oder Krankheiten sind naturgemäß abweichende Reaktionen möglich.
Triticale als Marktfrucht
OÖ. Alpenvorland
Hohe Ertragsleistung
Triamant und Tulus bringen etwa 1,5–2 % weniger Eiweiß als die zwischen 1983 und 1990 registrierten Sorten Lasko, Dagro und Lukas. Die Weizensorten Manhattan, Mulan und Winnetou wurden um –0,5 % verfehlt. Ein Manko von Triticale ist zweifellos die oft stärkere Auswuchsneigung.
NÖ. Alpenvorland
höhere Wuchs von Triticale belastet die Stabilität der Halme, bei gleichem Aufwand an Stickstoff lagert es öfter. Obwohl der Krankheitsdruck seit den 1990er Jahren angestiegen ist, werden die meisten Sorten von Blattkrankheiten nach wie vor weniger infiziert als Weizen. Mehltau, Braunrost und Septoria nodorum-Blattflecken kommen bei beiden Arten vor. Gegen Septoria tritici ist Triticale weitgehend immun, von DTR-Blattdürre wird in erster Linie der Weizen heimgesucht. Ährenfusariosen können auch bei Triticale Probleme bereiten, allerdings sind die Symptome zumeist unauffällig.
7
5
17
15
15
13
100
97
100
44,9
70,9
11,2
106
105
106
46,8
71,7
11,4
Wintertriticale
Winterweizen ohne Fungizid
93
90
94
92
39,6
74,0
11,7
mit Fungizid
101
104
104
103
43,3
75,6
11,9
Mittel, 100 = …dt/ha
95,8
92,3
85,2
91,2
1) Triticale
: N x 6,25 Weizen N x 5,7
Anm.: Die Versuchserträge liegen aufgrund der Parzellenrandwirkung usw. 12 bis 20 % über denen der entsprechenden Großfläche, entscheidend sind die Relationen zueinander
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