Themenheft
BAUEN &
September 2018 Ausgabe Nr. 23
Wohnen
Interview
Kammerchef Johannes Ullrich über Katastrophen und Kapazitäten
Neubauten
Medicus auf dem Güterbahnhof vor dem Start
Dietenbach
Der Gemeinderat und die eierlegende Wollmilchsau
Inhalt
Editorial
Titel: Der Gemeinderat will beim neuen Stadtteil eine eierlegende Wollmilchsau
4-6
Interview: HWK-Präsident Johannes Ullrich über Katastrophen und Kapazitätsgrenzen 8-9 Projektentwicklung: Aurelis startet zweite Vermarktungswelle auf dem Güterbahnhof
10
Bauträger: Gisinger mit Finale an den Sonnenhöfen
12
Bauträger: Stuckert Wohnbau und preiswertes Eigentum
14
Baurecht: Das heikle Geschäft mit den Subunternehmern
15
Makler: Die S-Immo verkauft 90 Immobilien in 6 Monaten
16
Stadion: Die neue SC-Arena kostet nun 145 Millionen Euro
18
Projektentwickler: Peter Unmüßig und seine gemischt genutzten Gebäude 20
Baustoffhändler: Götz + Moriz investiert zwei Millionen Euro in Freiburg 22 Gestaltungsbeirat: Grenzwertiges Gremium
Fachplaner: Herausforderndes für Müller + Klein
24-25 26
Handwerksbetriebe: Franz Herbstritt pimpt das Bäderwerk 28 Freiburger Stadtbau: Eigentumsprojekte für sozialen Mietwohnungsbau 30 Generalunternehmer: Dürrschnabel mit Rekordauftrag Bauträger: Die WOBAG und die Waldkircher Hanglage
Bauträger: Das Siedlungswerk hält immer mehr im Bestand
Projektentwickler: Die Strabag vermietet 8000 Quadratmeter am Stück Projekte: Tauziehen um ein Musikhaus am Güterbahnhof
32 34 36 37 38
Bauträger: Die Spezialisierung bei der Fliegauf Wohnbau 40
Handwerksbetriebe: Mehr Sicherheit mit Leonhard Paul 41 Radschnellstraßen: Freiburg soll zwei Velo-Highways bekommen 42
Tiny Houses: Wie zwei Südbadener ihr Traumhäuschen bauen 44-45 Kommentar
46
Bloß kein Erdbeben
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reiswerter Wohnraum, das ist das zentrale Thema in Freiburg und mittlerweile auch schon im Umland. Doch fast alle Eckdaten des Immobilienmarktes stehen aktuell dagegen: Die Baustoffpreise klettern in Zeiten des Bau-Booms steil nach oben, die Handwerksbetriebe sind zuweilen
überausgelastet und können höhere Preise verlangen, die Grundstückspreise haben – bei entsprechender Auslastung – die 2000-Euro-Schallmauer pro Quadratmeter schon durchbrochen. Die Folgen einer realitätsfernen Prognose der Bevölkerungsentwicklung sind vielschichtig – und durchaus dramatisch.
Der neue Stadtteil Dietenbach soll dieser Entwicklung die Dramatik nehmen, aber erstens gibt es da erst in sechs Jahren was zu wohnen und zweitens steht das MammutProjekt wirtschaftlich auf der Kippe. Die Wunschliste für den neuen Stadtteil ist lang – er soll etwa mindestens klimaneutral werden und mindestens 50 Prozent Sozialwohnungen haben – und teuer. Auf der anderen Seite wollen mindestens 600 Millionen Euro erwirtschaftet werden, um die durchaus komplexe Fläche überhaupt erst zur Baureife zu bringen und dann noch die nötige Infrastruktur mit Straßenbahn, Schulen und Kitas zu stemmen. Es ist verständlich, dass der Gemeinderat und sein neuer Oberbürgermeister einen nachhaltig guten Stadtteil auf den Weg bringen wollen. Die Kernfrage wird aber sein, wer das bezahlt. Die Sparkasse Freiburg,
die derzeit mit den Kaufverträgen für die privaten Eigentümer beschäftigt ist, kann aus dem Projekt – wenn es unwirtschaftlich wird – immer noch aussteigen. Das käme einem kleinen Erdbeben gleich. Die Politik muss alles dafür tun, dass dieses Szenario im Konjunktiv bleibt. In der Wirklichkeit hingegen sind viele Projekte, die in dieser Ausgabe vorgestellt werden, real sind auch die Sorgen des Handwerkskammerpräsidenten Johannes Ullrich, der im Interview auch über schwarze Schafe am Bau und große Personalsorgen spricht, oder die Tiny Houses, die zwei Südbadener sich jetzt gebaut haben. Wir wünschen ebenso anregende wie informative Lektüre. Lars Bargmann, Chefredakteur
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Titel
Wichtiges Weichenstellen im Westen Gemeinderatsmehrheit für 3000 Sozialwohnungen im geplanten Stadtteil Dietenbach
Zwischen dem Zelt-Musik-Festival (unten), dem Rieselfeld (rechts), dem Zubringer Mitte und der Besançonallee erstreckt sich das Plangebiet. Es gehört mehr als 400 Eigentümern.
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ie Lösung des Wohnungsproblems heißt Dietenbach“, titelte Anfang August das städtische Amtsblatt. Das klingt zwar verlockend, ist aber natürlich höchstens die halbe Wahrheit. Der neue Stadtteil wird, so er denn überhaupt alle Hürden nimmt, die Not allenfalls langsam lindern – in fünf, sechs, sieben Jahren. Sich wohnungspolitisch auf Dietenbach zu verlassen, wäre verantwortungslos. Ebenso wie Dietenbach politisch als eierlegende Wollmilchsau zu überfrachten. Wie verantwortungsvoll der Freiburger Gemeinderat derzeit agiert, wenn er den neuen Stadtteil im Westen mit immer mehr Erwartungen belastet, wird sich weisen. Nachdem die Grünen einen Salto rückwärts bei der Sozialwohnungsquote von 50 Prozent gestanden haben, gibt es im Gremium nun eine klare Mehrheit für 3000 (in Worten: dreitausend) öffentlich geförderte Wohnungen. Die Miete in einer geförderten Wohnung muss im Schnitt 30 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Wenn diese im Dietenbach bei 10 Euro läge, also bei 6,60 Euro oder 80 Euro pro Quadratmeter und Jahr. Wenn ein Investor beim millionenschweren Bau von Mehrfamilienhäusern nur fünf Prozent Rendite fürs Risiko – und seinen eigenen Kapitaldienst bei der finanzierenden Bank – braucht, darf der Quadrat-
meter in der Herstellung 1600 Euro kosten – mit Grundstücksanteil. Das ist in Freiburg ausgeschlossen. Unlängst hat ein Bauträger 2500 Euro für einen Quadratmeter nackten Boden hingelegt. Nun mag es vereinzelt Private geben, die so viel Geld haben, dass sie gar keine Finanzierungskosten haben und mit 2,5 Prozent Rendite fürs Risiko gut leben können. Dann dürfte der Quadratmeter 3200 Euro kosten. Rund 3000 Euro, sagen sowohl private Bauträger als auch die Freiburger Stadtbau, koste es heute, einen Quadratmeter zu bauen. Der Grundstücksanteil für diesen Quadratmeter darf dann noch 200 Euro betragen. Wenn aber der Boden so günstig sein muss, dann wird er auf dem Dietenbach-Areal keine 590 Millionen Euro in die Kasse spülen. Im Grunde gegen dieses Ziel gerichtet sind auch die Forderungen der Grünen, die mindestens die städtischen Flächen und die des Landes (zusammen etwa 20 Hektar) nur in Erbpacht vergeben wollen. Mit 590 Millionen Euro aber rechnen die Verantwortlichen im Rathaus. Deswegen hat nicht nur Baubürgermeister Martin Haag etwa zum Thema 50 Prozent „eine andere Position. Ich interpretiere das so, dass möglichst viel geförderter Wohnraum gebaut werden soll.“ Das sei „richtig und wichtig“ für die Stadt. Aber 3000 geförderte Wohnungen zu bauen, das hält er nicht für richtig. Stadtrat Michael Moos (Unabhängige Listen) sagte im Gemeinderat, dass 50 Prozent Sozial-
Foto: © Neithard Schleier
600 Millionen Euro Erlöse auf der Kippe
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Titel wohnungsbau ohne bessere Förderung des Bundes nicht verwirklichbar sein werden. Dafür spricht viel. Auch Oberbürgermeister Martin Horn hofft auf künftig deutlich kräftigere Unterstützung von Bund und Land. Der baupolitische Sprecher der CDUFraktion, Wendelin von Kageneck, sagt dem chilli: „Der Stadtteil sollte die ganze Gesellschaft widerspiegeln und nicht nur auf zu fördernde Haushalte ausgerichtet sein.“ Es müssten in einem gut durchmischten Dietenbach auch Besserverdienende einen Platz finden können. Der Routinier macht sich generell Sorgen, weil der Gemeinderat „mehr und mehr ins linke Spektrum rutsche“. Der Stadtteil soll nicht nur sozial und inklusiv, mit tollen Freiräumen, Schulen, Kitas und einer Tram ausgestattet, sondern zudem „klimaneutral“ werden – auch wenn der Bau eines Stadtteils per se klimatologisch ein Horrorszenario ist. Wäre er ein Schüler, würde man angesichts der hohen Anforderungen wohl sagen: „Das arme Kind.“ Ob Dietenbach dann im Betrieb als „klimaneutral“ oder gar als Plusenergie-Stadtteil reüssiert, wie die Grünen nun fordern, wird diese Ge-
samtbilanz nicht maßgeblich beeindrucken. Auf jeden Fall aber wird ein „klimaneutraler“ Stadtteil nicht preisdämpfend wirken. Ebenso wenig wie eine Vielzahl an Architekten-Wettbewerben. Der Sparkassen-Vorstandsvorsitzende Marcel Thimm, der für ein Kooperationsmodell mit dem Rathaus eine Grundstücksgesellschaft gegründet hat, um den privaten Grundstückseigentümern 64 statt nur 15 Euro pro Quadratmeter geben zu können, hat zunächst unserer Redaktion gegenüber und dann auch in einem Schreiben an Bürgermeisteramt und Stadträte schon mal warnend den Finger gehoben. Aus Sicht der Bank sei es zum jetzigen Zeitpunkt kontraproduktiv, bestimmte Quoten des geförderten und damit weniger ertragreichen Wohnungsbau festzulegen. Die Bank werde das bisher durchaus erfolgreiche Modell nur dann weiter betreiben, wenn das Rathaus etwaige Defizite ausgleiche. Zieht Thimm die Reißleine, wird es für die Fraktionen und die Bürgermeisterriege ungemütlich. Für den Freiburger Projektentwickler Peter Unmüßig ist eine 50-Prozent-
Sparkasse wird Defizite nicht ausgleichen
Landwirtschaftlich genutzte Fläche im Dietenbach: Noch hat das Rathaus längst nicht alle Ausgleichsflächen gefunden. Foto: © Felix Holm
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Quote nur realistisch, wenn zusätzlich „viel Geld aus dem Stadtsäckel“ in den Stadtteil fließt. Der Vorstand der Wohnbau Baden AG, Klaus Ruppenthal, fragt sich angesichts der Debatte, wie die Mittelschicht im Dietenbach Eigentum bilden soll. Die Sozialdemokraten um die Fraktionschefin Renate Buche sind schon lange für die 50-Prozent-Quote, haben sie doch maßgeblich an jenem Beschluss im Mai 2015 mitgewirkt. Da die Einkommensgrenzen für geförderten Wohnraum in Baden-Württemberg etwa bei einem Dreipersonenhaushalt brutto schon 57.450 Euro betragen, treffe das die Mehrzahl der Menschen, für die Dietenbach gebaut werde. Die Christdemokraten hingegen melden, dass viele Mittelstandsfamilien – oft auch nur knapp – über den Einkommensgrenzen lägen und es nicht Ziel sein könne, für diese große Gruppe nur 50 Prozent freifinanzierten Wohnraum sicherzustellen. Und dass dieser über die Querfinanzierung für den geförderten Wohnungsbau womöglich noch deutlich teurer werde. Freie-WählerFraktionschef Johannes Gröger hält – wie die Freidemokraten im Rat auch – eine 50-Prozent-Quote für verfrüht und insgesamt bedenklich. Die Fraktionsgemeinschaft Freiburg Lebenswert/Für Freiburg ist derweil wie das „Regiobündnis Pro Landwirtschaft, Natur & ökosoziales Wohnen“ strikt gegen einen neuen Stadtteil. Eine Wohnungsbedarfsanalyse des Forschungsinstituts Empirica hat 2014 einen Neubaubedarf für Freiburg bis 2030 von 18.600 Wohnungen ermittelt, 14.600 davon im geförderten und preiswerten Bereich. Insofern ist Dietenbach mit rund 6000 Wohnungen nicht die Lösung des Wohnungsproblems. Lars Bargmann
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Verbände
Viel Licht, aber auch viel Schatten Kammerpräsident Johannes Ullrich ist auch ein Manager des Mangels
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em südbadischen Handwerk geht es gut. „Die Auslastung war noch nie so hoch“, sagt Johannes Ullrich, der Präsident der Handwerkskammer Freiburg, im Redaktionsgespräch. Doch eitel Sonnenschein herrscht dennoch nicht: Fachkräftemangel, windige Auftragnehmer, schwache Renditen, Eigenkapitalquoten knapp über der Nachweisgrenze, Nachwuchssorgen – Ullrich ist auch so etwas wie ein Manager des Mangels. Nach der jüngsten Konjunkturumfrage der Kammer melden 90 Prozent der Betriebe eine gute Geschäftslage und gaben auch an, dass das in den nächsten Monaten so bleiben wird. Jeder siebte Betrieb arbeite über der eigentlichen Kapazitätsgrenze. Damit einher geht auch ein Umsatzplus, nur 7,4 Prozent meldeten Einbrüche. Die Schattenseiten: Auf den Baustellen nimmt die Zahl der Subunternehmer mit ausländischen Arbeitskräften immer mehr zu. „Es gibt mittlerweile eine große Anzahl von größeren Betrieben, die Aufträge akquirieren und die dann verkaufen. Der Käufer verkauft den Auftrag wieder weiter, bis der Handwerker, der die Arbeit macht, kaum noch etwas verdient, das ist katastrophal“, sagt Ullrich. Dagegen agieren könne die Kammer nicht: „Da sind wir ein zahnloser Tiger.“ Das müsse die zuständige Zollbehörde kontrollieren. Was zu selten geschehe. Es gebe einen „Verfall der Sitten“, nicht nur auf dem Bau, auch in der Fleischindustrie: „Da werden Leute teilweise richtig ausgebeutet.“
An den stetig steigenden Baukosten hätten die Handwerksbetriebe indes den geringsten Anteil. Preistreiber seien vielmehr die Zulieferer, die zuletzt jedes Jahr rund sechs Prozent mehr fordern und die im Schnitt 70 Prozent der Kosten ausmachten. Nur 30 Prozent entfielen im Schnitt auf den Lohn, und auch bei dem gab es zuletzt in kurzer Taktfolge deutliche Tarifsteigerungen. „Die meisten Handwerksbetriebe haben zwei bis acht Prozent Umsatzrendite, sie bräuchten aber 15 Prozent, um Rücklagen für die Zukunft zu bilden“, sagt Ullrich. Die Eigenkapitalquote im Handwerk sei vielfach geradezu beschämend. Deswegen berät die Kammer die Betriebe auch im nachhaltigen Wirtschaften, dabei, so zu kalkulieren, dass nicht nur die Löhne gedeckt sind, sondern auch andere Kosten sowie das Bilden von Reserven. Viele Betriebe wollten, können aber nicht expandieren, weil Fachkräfte und Azubis fehlen. Im Jahr 2007 gab es im Kammerbezirk 7422 Auszubildende, 2017 waren es nur 6261. Eine Trendwende ist trotz aller Anstrengungen der Kammer nicht in Sicht: „Wir werden die Handwerker auch in den nächsten zehn Jahren nicht finden. 2022 bis 2025 trifft uns der demografische Wandel noch einmal mit voller Wucht.“ Nach der Konjunkturumfrage wollen 30 Prozent der Betriebe neue Mitarbeiter einstellen. Nur 30? „Es gibt eine hohe Resignation bei den Betrieben, die Fachkräfte und Azubis
Foto: © Handwerkskammer Freiburg
»Das ist katastrophal«
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Johannes Ullrich: Forderungen verpuffen auf der politischen Bühne.
suchen.“ Der demografische Wandel, das weiß auch Ullrich, ist dabei nur ein Teil des Problems: „Das Handwerk hat sehr spät erkannt, dass es viel zu wenig für sein Image gemacht hat. Lange Jahre war ein Lehrling nur ein Lehrling, dem wenig Wertschätzung entgegengebracht wurde.“ Positiv sei die gelingende Integration von Flüchtlingen (am 30. September haben 271 eine Ausbildung begonnen) oder der steigende Anteil von Abiturienten (2007 gingen nur 4,6 Prozent ins Handwerk, 2017
Verbände waren es 13,1 Prozent). „Wir machen gute Erfahrung mit Flüchtlingen und haben da auch eine gute Durchhaltequote“, so Ullrich. Ohne Zuwanderung werde die Lage immer dramatischer werden. „Der Freiburger Wirtschaftsweise Lars Feld hat ausgerechnet, dass Deutschland pro Jahr 300.000 neue Bürger braucht. Deswegen fordern wir ja auch schon lange ein Gesetz für die qualifizierte Einwanderung.“ Solche Forderungen würden aber in Berlin oder im Landtag verpuffen. Selbst wenn die Flüchtlinge schon hier sind, gibt es hohe Hürden. Ullrich selber, Inhaber eines Malerbetriebs, hat einen Auszubildenden, der jeden Tag um 5.15 Uhr an seinem Meldeort in Oberbergen in den Bus steigt, um dann um 7 Uhr im Betrieb zu sein. Alle Anstrengungen, dass der junge Mann seinen Wohnort wechseln kann, sind bislang gescheitert. „Da fühlt sich offenbar niemand zuständig.“ Die HWK beschäftigt mittlerweile vier Kümmerer, die das Flüchtlingsfeld beackern. Die Freiburger Kammer hat im Bundesgebiet auch regionaltypisch besondere Herausforderungen: Wegen der Grenznähe werben Schweizer Betriebe viele deut-
sche Handwerker aus dem Lörracher Raum ab, weil sie mehr zahlen können. Und weil die Eidgenossen am Oberrhein auch sehr viele Wohnungen kaufen, bringen die heimischen Betriebe ihre Gesellen dann vor Ort nicht mehr oder nur teuer unter. Dem südbadischen Handwerk geht es zwar gut, es hat aber auch einen ganzen Sack voller Probleme. Lars Bargmann
Info
Die Handwerkskammer Freiburg ist für 15.353 Betriebe mit fast 100.000 Beschäftigten zuständig. Die derzeit 175 Beschäftigten beraten jährlich etwa 1500 Stunden lang. Die Bilanzsumme lag 2016 bei 51,7 Millionen Euro. Der Personalaufwand betrug 11,1 Millionen, die Beiträge der Betriebe belaufen sich auf rund 8 Millionen. In Deutschland erwirtschafteten im vergangenen Jahr 999.954 Handwerksbetriebe mit 5,49 Millionen Beschäftigten 581 Milliarden Euro, im Bereich der Freiburger Kammer waren es 11,55 Milliarden Euro. 5 Anzeige
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Projektentwicklung
»Das steigert die Qualität«
Aurelis startet die Vermarktung des restlichen Güterbahnhofs
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s war eine Zangengeburt, aber der 2. Teilbebauungsplan für den Güterbahnhof in Freiburg ist nun rechtskräftig und deswegen startet die Aurelis Real Estate GmbH, die Eigentümerin der noch nicht veräußerten Flächen, nun auch die zweite Welle der Vermarktung. Für den Projektleiter Holger Mrosek ist die Entwicklung in Freiburg „in jedem Fall etwas Besonderes“.
Foto: © Neithard Schleier
Aktuell stehen „nur“ fünf Kräne auf dem Areal, im Südosten wächst der Smart Green Tower des Freiburger Architekten Wolfgang Frey in die Höhe, die Kirschner Wohnbau GmbH richtet das Untergeschoss fürs Projekt Quadriga mit den beiden letzten historischen Fassaden auf dem Güterbahnhof, in der Lokhalle hat unlängst der Kreativpark mit ein paar Dutzend Start-ups eröffnet, die Stuckert Wohnbau AG hat für ein markantes Eckgrundstück an der zentralen Eugen-Martin-Straße tief in die Tasche gegriffen, und aktuell verkauft Mrosek drei weitere Grundstücke mit insgesamt rund 8000 Quadratmetern im Bieterverfahren. Danach kommen noch elf Baugrundstücke auf den Markt, fünf andere hat die Aurelis kostenlos
oder deutlich unter dem Marktwert an die Stadt Freiburg abgegeben, muss dafür nicht selber Sozialwohnungen bauen. Für Mrosek „eine pragmatische Lösung, damit geförderter Wohnungsbau entstehen und örtliches Gewerbe gefördert werden kann“. Der Projektleiter ist durchaus zufrieden, weil mit der Änderung des zweiten Teil-Bebauungsplans nun bis zu 700 Wohnungen mehr entstehen können als ursprünglich geplant: „Das entspannt die Situation auf dem Freiburger Wohnungsmarkt ein wenig und steigert die Qualität ungemein, weil das Quartier auch abends und am Wochenende belebt bleibt.“ Für Mrosek ist es zudem „spannend für ein Areal, wenn sich historische und neue Bausubstanz verbinden“. Und genau das passiert, denn mit dem von der Aurelis selbst revitalisierten Zollhof, der sanierten Lokhalle, der Kantina und den Quadriga-Fassaden trifft die Architektur aus der Jahrhundertwende auf die Postmoderne. Mit der breiten, begrünten EugenMartin-Straße mit ihren kleinen Nahversorgern
schafft die Aurelis eine Quartiersmitte, in Verbindung mit dem großzügigen Quartierseingang – dem Zollhallenplatz – sei ein eigenständiges städtebauliches Entwicklungsprojekt entstanden. Das in einer Stadt wie Freiburg mitgestalten zu können, ist für Mrosek „in jedem Fall etwas Besonderes“. Der Weg dahin sei zwar „nicht immer leicht“ gewesen, manche Themen hätten viel Geduld gebraucht, bis Lösungen gefunden waren, mit denen alle Beteiligten glücklich sind. „Aber je länger die Stadt und wir miteinander gearbeitet haben, umso mehr ist das gegenseitige Vertrauen gewachsen. Und das Ergebnis ist für alle sehr zufriedenstellend.“ Im Gespräch bleibt die Aurelis mit den Mietern Extrol und Vergölst. Sie haben Verträge bis 2026 und verzögern somit das Finale auf dem neuen urbanen Vorzeigequartier. Schon jetzt aber leben und arbeiten mehrere hundert Menschen dort, wo ein Jahrhundert lang fast nur Bahnbetrieb war. Die Aurelis wird auch auf der zweiten Vermarktungswelle keinen Schiffbruch erleiden. Lars Bargmann
Mächtig was los: Der Güterbahnhof ist derzeit das dynamischste Baugebiet in Freiburg. In dem Dreieck am linken Rand baut die Unmüssig-Gruppe bald das Projekt Medicus, die Flächen östlich der Lokhalle (an den Gleisen) kommen jetzt peu à peu in den Vertrieb.
Neubau
badenIT baut Rechenzentrum
Alle Freiburger Daten in geschlossenem System
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adenovas IT-Tochter badenIT hat mit dem Bau eines weiteren, hochmodernen Rechenzentrums am Stammsitz an der Freiburger Tullastraße begonnen. Zum Investitionsvolumen macht badenIT keine Angaben. Vor vier Jahren hatte badenIT sein zweites Rechenzentrum in Freiburg bezogen und damit ein neues Sicherheitsund Verfügbarkeitsniveau eingeführt. Der Bau des dritten zeuge von der „hohen Nachfrage nach professionellen und sicheren IT-Services“, heißt es in einer Mitteilung.
„Da das Gebäude seinen Strom aus zwei unterschiedlichen Umspannwerken bezieht, ist die Stromversorgung voll redundant“, erklärt Ralf Held, der Verantwortliche für alle badenIT-Rechenzentren. Den hohen Qualitäts- und Verfügbarkeitsstandard der Services belegen mehrere Zertifikate und Siegel. Das neue Rechenzentrum wird in das eigene Glasfasernetz der badenIT integriert. „Wir transportieren alle Freiburger Daten auf eigenen Glasfaserleitungen und somit in einem geschlossenen System“, so Geschäftsführer Peter Lais. bar 5 Anzeige
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Bauträger
Finale bei den Sonnenhöfen
Gisinger startet letzten Bauabschnitt in Haslach
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Visualisierung: © Gisinger
tolze anderthalb Fußballfelder Wohnraum baut die Gisinger-Gruppe derzeit beim Projekt Sonnenhöfe an der Uffhauser Straße im Freiburger Stadtteil Haslach. Die Architektur wertet das städtebauliche Umfeld dabei deutlich auf. 80 Wohnungen in den ersten drei Häusern sind bereits verkauft, jetzt beginnt der Vertrieb von 39 Einheiten in den beiden letzten Gebäuden. Im Schnitt kostet ein neuer Quadratmeter nun knapp 5200 Euro. „Uns hat vor allem gefreut, dass bisher viele Käufer aus dem Stadtteil kommen“, sagt Firmenchef Jörg Gisinger. Rund 50 Millionen Euro hat das Unternehmen ins Projekt investiert. Eigentlich hatte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben hier einen Wohnungsbestand verkauft. Die vom Rathaus gewünschte Entscheidung, statt der geplanten Sanierung der Bestandsobjekte bedarfsgerechten, zusätzlichen und städtebaulich attraktiven Wohnungsbau zu realisieren, war richtig, wie heute auf dem Areal gut zu sehen ist. Statt 3600 Bestandsfläche sind rund 11.000 Quadratmeter Neubaufläche entstanden. Die anspruchsvolle Architektur mit den asymmetrischen Dächern und der expressiven Formensprache stammt vom Tübinger Architekturbüro Eble Messerschmidt Partner. Die Preise lagen vor drei Jahren im Schnitt bei 4160 Euro; der aktuelle Markt, die Baukostensteigerungen und der kostenintensive, grüne, mit Wasserläufen und Wasserflächen ausgestattete Innenhof, lassen den finalen Bauabschnitt der Sonnenhöfe rund 20 Prozent teurer werden. 12 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
Die günstigste Zwei-Zimmer-Wohnung ist für 248.000 Euro zu haben, das raumgreifende Penthouse mit Fernblick auf den Schwarzwald, den Schönberg, den Kaiserstuhl und die Vogesen für knapp 800.000. Es gibt Balkone, Erd- oder Dachterrassen, Wintergärten oder Privatgärten, eine Tiefgarage, bevorzugt bodentiefe Fenster sowie eine umweltfreundliche Pelletheizung, die die
Viele Käufer aus dem Quartier Fußböden mit Wärme versorgt. Und sogar ein „Urban Gardening"Konzept mit Hochbeeten nebst Wasserpumpe und Kompost für die zukünftigen Bewohner ist geplant. Bezugsfertig sind die Häuser des letzten Bauabschnitts Mitte 2020. Ein weiteres großes Gisinger-Projekt in Freiburg wächst derzeit an der Habsburgerstraße in die Höhe, bei dem neben 45 Mietwohnungen, die das Unternehmen mit über 65 Jahren Erfahrung für die Caritas baut, auch 67 Eigentumswohnungen entstehen. Derzeit zu haben sind indes nur noch sieben Wohneinheiten; 18 weitere plus ein bis zwei Gewerbeeinheiten werden voraussichtlich Ende des Jahres in den Vertrieb kommen.
Das dritte größere Projekt in Freiburg entsteht am Ebneter Ortseingang (Hornbühl-Ost, siehe auch Seite 24), wo 44 Eigentumswohnungen gebaut werden. Der Offenlagebeschluss zum Bebauungsplan erfolgte in der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause, der Bauantrag wird voraussichtlich noch in diesem Jahr eingereicht. Zudem projektiert die Gisinger Gruppe auf dem Schladerer-Areal Süd in Staufen 72 attraktive Stadtwohnungen, und in Schallstadt sind 15 Wohnungen in der Vorbereitung. Beim Spatenstich für die Sonnenhöfe im Frühjahr 2016 hatte der damalige Oberbürgermeister Dieter Salomon gesagt, er sei „dankbar für jeden Bauträger, der in Wohnungsbau investiert“, weil jede neue Wohnung – sei es zur Miete oder im Eigentum – den angespannten Markt entlaste. Sein Nachfolger Martin Horn hat bislang eine andere Tonart angeschlagen, sich eher gegen private Bauträger ausgesprochen. Für Jörg Gisinger sind indes die großen Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt in Freiburg „nur mit allen Akteuren“ zu stemmen. Die anderthalb Fußballfelder neuer Wohnraum an der Uffhauser Straße sind dafür ein gutes Beispiel. chilli
Sonnenhöfe mit Urban-Gardening: So werden die beiden letzten Gebäude an der Uffhauser Straße aussehen.
Bauträger
Advantage Avantum
Stuckert Wohnbau AG dreht groSSes Rad
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Visualisierung & Foto: © Stuckert Wohnbau
und 250 Wohnungen sollen noch im Laufe des Jahres fertiggestellt werden, 300 sind derzeit im Bau, 400 weitere in der Planung – bei der Stuckert Wohnbau AG hat nicht nur die Chefetage um Carlos, Claudio und Marc Stuckert sowie Aribert Frece derzeit volle Auslastung. Das jüngste Projekt hat sich das Unternehmen auf dem Freiburger Güterbahnhof ins Portfolio gelegt: Auf einem knapp 5000 Quadratmeter großen Grundstück an der EugenMartin-Straße werden 75 Wohnungen mit 6500 Quadratmetern und drei Gewerbeeinheiten gebaut. Die Vermarktung startet Anfang 2019, die Quadratmeterpreise werden wohl knapp über 6000 Euro liegen. Im Sommer 2019 wird der Spaten gestochen, im Winter 2021 werden die Eigentümer einziehen. Den Gestaltungsbeirat hat das architektonisch eigenkreierte Projekt mit dem grünen Innenhof bereits passiert. Passiert ist auch der Vertrieb des denkmalgeschützten und sehr aufwendig sanierten Maria-Hilf-Saals an der Zasiusstraße in der Wiehre, wo sich 24 neue Eigentümer auf den Bezug im kommenden Frühjahr freuen. Nebenan in der neuen Stadtvilla gibt Seeleben noch ohne See: In Kenzingen wird der Bereich zwischen den Häusern noch mit einem künstlichen See für die Bewohner geflutet.
es von neun noch drei Wohnungen (zwischen 760.000 und 1,04 Millionen Euro), die beiden alten Gesindehäuser hin zur Kirche haben ebenfalls neue Eigentümer gefunden. Der Bestseller im Stuckert-Programm ist aber die Avantum-Linie, die sich durch günstige Preise bei eingeschränkter Individualisierungsmöglichkeit auszeichnet. Dieser Vorteil (Advantage) kommt an: Von 211 Wohnungen im Emmendinger Neubaugebiet Jägeracker sind 181 verkauft, von 83 in Grenzach im Rohbau bereits 35, in Herbolzheim von 18 im Bau befindlichen Einheiten 9, in denen der Quadratmeter im Schnitt 3400 Euro kostet.
Freiburg spielt nur noch eine Nebenrolle Neue Avantum-Projekte sind schon in Kenzingen (81 Wohnungen, durchschnittlicher Quadratmeterpreis: 3200 Euro), Kollmarsreute (54, 3200 Euro) und Lörrach (49, 4200 Euro) in der Vorbereitung. In Kenzingen wächst derweil das Projekt Seeleben in die Höhe. Ein Haus ist bereits bezugsfertig, die vier anderen sind im Roh- oder schon im Ausbau. Hier zahlen die Erwerber, knapp die Hälfte der 95 Wohneinheiten sind verkauft, im Schnitt 3860 Euro auf den Quadratmeter.
Bald geht’s los: Stuckert-Bauvorhaben auf dem Güterbahnhof in Freiburg.
Die größere Schwungkraft des Rades gründet sich auf den Erfolg von Avantum, aber auch auf den Einstieg der beiden Stuckert-Söhne Marc und Claudio in die Geschäftsleitung. Stuckert stockte das Personal in den vergangenen vier Jahren um 8 auf 26 Mitarbeiter auf, um das Aufgabenspektrum abzudecken. „Es kann einen schon erschrecken, wie wenig heutzutage Freiburg im Verhältnis zum Umland unser Tun prägt“, sagt Frece. Es gibt kaum Bauland und das wenige ist teuer. Auf dem Güterbahn-Areal würde angesichts der Grundstückspreise ein Avantum-Projekt schon rund 5000 Euro auf den Quadratmeter kosten, rechnet Carlos Stuckert vor. Wenn nicht noch 50 Prozent sozialer Mietwohnungsbau erstellt werden müsste. Ab einer Quote von 20 Prozent würden solche Bauvorhaben für einen privaten Bauträger insgesamt unwirtschaftlich. „Es gibt in Freiburg einen deutlichen Widerspruch zwischen Grundstückspreisen und den Anforderungen an die Bauträger auf der einen und dem politischen Willen nach preiswertem Wohnraum auf der anderen Seite“, sagt Frece. Und nicht nur Claudio Stuckert ist „sehr skeptisch, ob man den neuen Stadtteil Dietenbach mit einer solchen Quote bauen kann“. Preiswerter Wohnungsbau, so Frece, habe bei den vielen kostentreibenden Wünschen an den Stadtteil kaum eine Chance. Lars Bargmann
Baurecht
Die Kontrolle der Kaskade
Baurechtler können Risiken von Generalunternehmern minimieren
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er Bauboom in Südbaden bringt auch immer mehr ausländische Arbeiter auf die Baustellen. Die personellen Engpässe bei Handwerksfirmen führen mitunter zu einer Kaskade von Subunternehmern. Der Auftraggeber, Bauherr oder Generalunternehmer (GU), weiß zuweilen gar nicht mehr, wer da für wen auf „seiner“ Baustelle agiert. Das kann schlimme Folgen haben. Bei der Staufener Baurechtsspezialisten-Kanzlei Steiger, Schill & Kollegen häufen sich daher die Anfragen von Unternehmern, ihre in die Jahre gekommenen Werkverträge gründlich zu überarbeiten. „Was muss ein Generalunternehmer alles kontrollieren, um allen gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und möglichen Schaden abzuwenden“, fasst Martijn Stolte das Arbeitsfeld zusammen. Da ist etwa das Arbeitnehmerentsendegesetz. Im Prinzip haftet ein Bauherr oder Generalunternehmer auch dafür, dass der Subunternehmer des Sub-
unternehmers des Subunternehmers seine Mitarbeiter korrekt bezahlt. Denn wenn am Ende der Kette ein Arbeitnehmer behauptet, nicht ausreichend entlohnt worden zu sein, kann er sich direkt an den GU wenden und der muss dann beweisen, dass er entweder doch ausreichend bezahlt worden ist – oder für den Schaden aufkommen, wenn er diesen nicht auf andere Mitglieder der Kette übertragen kann. „Im Prinzip kann der GU seinen Auftragnehmer erst dann vollständig bezahlen und auch alle Bürgschaften zurückgeben, wenn der Auftragnehmer ihm durch Lohnauszahlungsbestätigungen nachgewiesen hat, dass allen Arbeitnehmern korrekte Nettolöhne bezahlt worden sind“, so Stolte. Denn die grundsätzliche Bürgenhaftung des GU sei allein durch vertragliche Regelungen nicht aus der Welt zu schaffen. Auf die Spitze getrieben hieße das, dass an der Baustelle ein Pförtner sitzt, der als Ticket für den Arbeitsplatz eine Lohnbestätigung unterzeichnen muss, andernfalls darf er wieder nach Hause
gehen. Das ist in der Realität aber ja eher ein Witz. Zudem kann der Generalunternehmer ohne Subunternehmer gar nichts machen. Beide sitzen – wenn auch einer backbord und einer steuerbord – im selben Boot. Bei EU-Ausländern ist das meistens unproblematisch, anders aber etwa in Serbien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien oder der Türkei. Hier geht es zunächst um die Aufenthaltstitel, entsprechende Werkverträge mit Unternehmen aus diesen Ländern muss die Arbeitsagentur in Stuttgart genehmigen. Die Behörde gibt dann Werkvertragsarbeitnehmerkarten aus, die den deutschen Botschaften in diesen Ländern vorgelegt und später auf der Baustelle auch am Mann sein müssen. Nicht nur bei den Nettolöhnen, auch beim Bezahlen von Sozialabgaben sind Bauherren/GUs für Dritte haftbar. „Es ist sicher ratsam, bevor Baustellen eröffnet werden, sich in allen vertraglichen Dingen anwaltliche Hilfe zu holen“, sagt Nicolas Schill. Andernfalls kann es für den GU teuer werden. bar 5 Anzeige
chilli | bauen & wohnen | 09.2018 | 15
Makler
Kamenisch will mehr Kundennähe S-Immo startet stark ins Jahr 2018
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liver Kamenisch ist guter Dinge: Der Geschäftsführer der Sparkassen-Immobiliengesellschaft (S-Immo) blickt auf ein erstes Halbjahr zurück, das besser lief, als geplant: „Wir liegen deutlich über dem Zielansatz.“ Grund sind vor allem zwei größere, millionenschwere Immobilien in Gundelfingen und Freiburg, die Südbadens größter Makler an neue Eigentümer vermittelte. Insgesamt waren es bis Ende Juni fast 90 Kauffälle. Gut läuft vor allem der Gebrauchtmarkt. Neues ist in Freiburg ja derzeit kaum zu haben. Möglichkeiten gibt es noch beim Projekt Living Art in Zähringen, wo noch 13 Wohnungen auf neue Eigentümer warten. Starken Aufwind gibt es im nördlichen Breisgau, etwa in Emmendingen, wo die S-Immo im vergangenen Jahr eine erste Kundenveranstaltung zum Thema Immobilienverkauf auf die Beine gestellt hatte. Jüngster Spielort der Reihe war im Juni Kenzingen, wo Kamenisch und sein Team im fortgeschrittenen Projekt „Seeleben“ auch noch Attraktives im Portfolio haben. „Wir wollen noch mehr Kundennähe, auch lange vor etwaigen Verkaufsentscheidungen, und werden daher auch weiter Veranstaltungen mit immobilien-affinen Themen, etwa richtigen Bewertungen vor Ort machen“, sagt Kamenisch. Zudem arbeite die S-Immo immer näher mit den Abteilungen Baufinanzierung oder Private-Banking innerhalb der Bank zusammen, um
auch dort am Ball zu sein, wenn es um eine Geldanlage in Stein oder den Verkauf von Immobilien geht. Die Immobiliengesellschaft geht den Weg Richtung Zukunft weiter, macht Drohnenflüge um bereits gebaute oder auch nur geplante Gebäude, schafft virtuelle 360-Gradund Home-Staging-Erlebnisse und hat ihre eigene Homepage gerade wieder modernisiert und aufgerüstet. Weitere nützliche Funktionen (etwa Online-Bewertungen, Checklisten und Immobilien-Tipps bei Erbschaften oder Scheidung) sind für den Herbst angekündigt. „Wir erstellen aus Altbauten oder Sanierungsobjekten virtuelle Vorhernachher-Bilder. Hierdurch können Interessenten sich einen ungefähren Eindruck verschaffen, wie die Immobilie nach erfolgter Renovierung aussehen könnte“, so Kamenisch. Je genauer Immobilien präsentiert werden, umso höher sei die Qualität der Besichtigungen und umso niedriger der Anteil, bei dem die Interessenten, Eigentümer und auch die Makler zusammenkommen, um dann festzustellen, dass es irgendein K.o.-Kriterium gibt. Bei den Debatten um den neuen Freiburger Stadtteil Dietenbach versteht er nicht, wieso alle nur von bezahlbaren Mietwohnungen und teuren Neubauwohnungen sprechen: „Wenn sich Menschen dort etwas kaufen, dann machen sie an anderer Stelle in Freiburg Wohnraum frei, der sonst nicht frei wird. Auch das nimmt Druck vom Kessel.“
Foto: © S-Immo
Auch Eigentum nimmt Druck vom Mietmarkt
16 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
Setzt auch auf virtuelle Vorher-nachherBilder: Oliver Kamenisch.
Und wenn in Freiburg öffentlich gefordert wird, dass bei der Bebauung des Quartiers Stühlinger-West „keine gewinnorientierten Bauunternehmen“ zum Zuge kommen sollten, versteht der Geschäftsführer nicht, wieso. Diese Firmen außen vor zu lassen, sei „sicher nicht richtig“. Denn auch die würden Gewerbesteuer bezahlen, Arbeitsplätze schaffen oder sichern. Die Bebauung könne auch nicht ohne Handwerksbetriebe erfolgen und diese seien auch gewinnorientiert. „Wo also soll hier eine korrekte Abgrenzung zwischen den Unternehmen stattfinden“, fragt Kamenisch. Sinnvoll hingegen sei die Novelle, wonach seit dem 1. August Makler und Hausverwalter zu Fortbildungen verpflichtet werden. In seiner Gesellschaft sei das schon lange Usus, er weiß aber, dass sich auf dem Markt viele Teilnehmer tummeln, die fachlich nicht in der Bundesliga spielen. Wenn es aber um hohe Vermögenswerte gehe, sei es wichtig, von gut ausgebildeten Fachleuten beraten zu werden. Lars Bargmann
Stadtentwicklung
145 Millionen Euro für SC-Stadion Gemeinderat spielt im Vorfeld 36:4:4
Visualisierungen: © HPP Architekten/WillMore
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ie Fraktionen im Freiburger Rathaus haben mit 36 Ja-Stimmen, 4 Enthaltungen und 4 Gegenstimmen insgesamt „Ja“ zum Warmlaufen fürs neue Stadion am Flugplatz gesagt – also für die nötige Änderung des Flächennutzungsplans, einen neuen Bebauungsplan, städtische Investitionen und den raschen Beginn des Straßenbaus. Die Baugenehmigung durchs Regierungspräsidium erhofft sich die Bauherrin, die Stadion Freiburg Objektträgergesellschaft (SFG), im Oktober. Bei den Planungen fürs Stadion muss auch das Baudezernat eine starke Kondition beweisen: Auf mehr als 1700 Seiten fasste die Verwaltung alle Fragen und Antworten zu den Themen Umwelt, Lärm, Flugsicherheit und Verkehr für die Stadträte zusammen. Mit großen 18 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
Zahlen wartet das Projekt auch auf dem Platz auf: Nicht nur die Kosten fürs Stadion selbst – nebst Einrichtung und Trainingsplätzen – sind mittlerweile um 6,45 auf 76,45 Millionen Euro gestiegen, auch die Erschließung inklusive Umweltausgleichen und Gutachten um rund 6 auf 55 Millionen Euro. Rechnet man das Grundstück hinzu, das der Konzern Stadt Freiburg einbringt und auf 13,5 Millionen Euro taxiert ist, verschlingt das neue Stadion knapp 145 Millionen Euro. Die Arena bezahlt der Sportclub aus eigener Tasche, in die nötige Infrastruktur wandern gut 19 Millionen Euro an Zuschüssen von der Landesregierung (16,2 Mio.) und – für die Parkplatzmitbenutzung – der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH. Nach der Sommerpause rollen sodann die Bagger für den Bau der
neuen Erschließungsstraße an, die die Madison- mit der Granadaallee verbinden wird. Der Generalunternehmer Köster will dann direkt nach dem Jahreswechsel mit dem Stadion selbst loslegen. Zum Saisonbeginn 2020/2021 will der SC im neuen Rund – für das noch ein Namenssponsor gesucht wird – kicken. Das wäre fünfeinhalb Jahre nach dem Bürgerentscheid pro Stadion im Februar 2015. Und neun Jahre, nachdem ein Architektenbüro mit der Standortsuche beauftragt worden war. Gegen die neue Arena formiert sich weiterhin eine Dreierkette aus Bürgerinitiative „Pro Wolfswinkel“, Fliegern und Anwohnern. Die haben Klagen gegen die Baugenehmigung oder den Bebauungsplan bereits angekündigt. Ob diese auseichend Substanz haben, um den Zeitplan noch einmal durcheinander zu bringen
Coming soon? In der geplanten Arena werden 35.000 Fans Platz finden, 12.000 stehend.
Innenraum bald mit rot-weißer Wand: 2020 soll's losgehen.
– oder das Projekt gar ins Abseits laufen zu lassen –, müssen Richter entscheiden. Baubürgermeister Martin Haag geht davon aus, dass alle Verfahren und Gutachten vorm Kadi standhaft bleiben und somit rechtssicher sind. Das Baudezernat hatte nur einen Tag nach dem Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan ein fünftes und letztes Treffen des Begleitforums veranstaltet. Die Interessierten wurden darin über die Ergebnisse der Fachgutachten zu Flugsicherheit, Verkehr, Lärm, Umwelt und Stadtklimatologie informiert. Und über mehr als 220 Einwendungen, die während der Offenlage des B-Plans eingegangen waren. Ein Schwerpunkt dabei war die von der Bürgerinitiative „Pro Flugplatz Freiburg“ eingebrachte „Spiegellösung“ mit einem Stadion östlich der Landebahn (wir berichteten). Diesen habe die Stadtverwaltung qualifiziert geprüft – und verworfen. Weil eine funktionsfähige Erschließung und ein sicherer Spielbetrieb mit den notwendigen Trainingsflächen nicht erreichbar wären, insgesamt die Nachteile überwögen und zudem mit einer massiven Zeitverzögerung und Kostenerhöhung zu rechnen sei. Eine erneute Nachspielzeit wäre für den Sportclub ähnlich attraktiv wie die Zweite Liga. Lars Bargmann chilli | bauen & wohnen | 09.2018 | 19
Projektentwickler
Spezialist für Spezialgebäude Peter UnmüSSig über gemischt genutzte Gebäude und falsche Sozialquoten
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Visualisierung: ©Unmüssig
ie Unmüssig Bauträgergesellschaft Baden zählt zu den Schwergewichten in der südwestdeutschen Immobilienbranche. Firmenchef und Vordenker Peter Unmüßig managt derzeit ein Milliardenvolumen, weil in Frankfurt und Heidelberg, in Karlsruhe und in Freiburg große Projekte gleichzeitig laufen. Vieles macht Freude, manches nicht, wie er im Redaktionsgespräch berichtet. Spielort Heidelberg: Nach Freiburger Vorbild („Städtchen in der Stadt“) entwickelt und baut Unmüßig auch dort die Westarkaden – übrigens als Teil der weltweit größten Passivhaus-Siedlung. Fast 12.000 Quadratmeter Einzelhandels- und Gastronomieflächen unter 300 Wohnungen steuern die Freiburger bei. Wieder einer der gemischt genutzten Immobilien, für die Unmüßig schon bekannt ist. So auch am Spielort Karlsruhe, wo die Gruppe bald ein Hotel mit 300 Zimmern, aber auch Wohnungen, Geschäfte und Gastronomie bauen wird. Oder am Spielort Freiburg: Auch die Freiburger Westarkaden haben einen Mix aus Einzelhandel, gewerblich genutzten Flächen und Wohnungen. So wird es bald auch in Landwasser sein, wo Unmüßig über dem neuen Einkaufszentrum mit REWE, Drogeriemarkt, Discounter, Gastronomie und Arztpraxen auch 220 Wohnungen erstellen wird – wieder so ein Städtle in der Stadt. Auf fast 30.000 Quadratmetern. Auch das gut 27.000 Quadratmeter große Bauvorhaben Medicus auf dem Güterbahnhof ist eine gemischt genutzte Immobilie, in der es ein Hotel (Centro mit 4 Sternen und 130 Zimmern), ein Black-Forest-Boardinghaus mit 128 Apartments und einen International Campus mit Schulungs- und Konferenzräumen geben wird. „Man kann durchaus von einer Renaissance gemischt genutzter Immobilien sprechen“, sagt Peter Unmüßig, „früher waren das die jüdischen Zinshäuser mit kleinen Geschäften unten, Büroetagen und Wohnungen in den oberen Stockwerken.“ Dann verschwanden diese Häuser ein bisschen von der Oberfläche, es wurden mehr „reinrassige“, monothematische Immobilien gebaut, heute aber sind sie wieder im Kommen. Furchtbar trivial sind sie nicht, gibt es doch für wohnwirtschaftliche und gewerbliche Neubauten unterschiedliche Anforderungen, etwa an den Brandschutz oder an die Energiestandards. „Wir sind prädestiniert für solch 20 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
Medicus-Projekt auf dem Güterbahnhof: 27.000 Quadratmeter für Hotel, Boardinghaus, Gastro und Campus.
komplexe Aufgaben, weil wir aus unserer Historie ja auch für die Produktion von Gebäuden bekannt sind. Wir denken wie Bauunternehmer und deswegen finden wir – technisch wie wirtschaftlich – die optimalen Lösungen“, sagt der Firmenchef, der unlängst 175 Wohnungen und 450 Quadratmeter Einzelhandelsfläche im Umfeld der Freiburger Westarkaden an die HanseMerkur Grundvermögen verkauft hat. Kaum einen Schritt vorwärts geht es derweil beim Neubaugebiet Zinklern in Lehen. Das Freiburger Rathaus und die Grundstückeigentümer (ein Viertel der Fläche gehört der Stadt, eins Unmüssig, eins einem anderen Bauträger, das letzte Viertel verantworten die Bauträger treuhänderisch für Private) kommen beim notwenigen städtebaulichen Vertrag einfach nicht zusammen. „Wenn die Stadt mehr als zwei Drittel des Planungsgewinns will, werden die Eigentümer nicht unterzeichnen können“, sagt Unmüßig. Anfänglich habe man sieben Millionen Euro auseinander gelegen, aktuell seien es noch drei. Baubürgermeister Martin Haag hatte der Redaktion im Februar gesagt, dass die Verwaltung aufgrund der vielfältigen gesetzlichen und politischen Anforderungen bei den Verträgen „den Sack nicht mehr zu kriegt“. Zinklern zeige die „Quadratur des Kreises“. Er hatte gehofft, bis Ende Juni eine Einigung zu schaffen. Die gibt es bis heute nicht. Es geht um 550 Wohnungen. Wer Unmüßig auf die Forderung einer Gemeinderatsmehrheit nach 50 Prozent sozialem Mietwohnungsbau im Stadtteil Dietenbach anspricht, erntet Kopfschütteln. „Das ist wirtschaftlich absolut unmöglich. Und auch soziologisch unverhältnismäßig.“ Bis zu 25 Prozent für zu fördernde Haushalte bereitzustellen, sei auch nach führenden Soziologen die Oberkante. Private Bauträger hätten beim geförderten Mietwohnungsbau einen Verlust von rund 400 Euro pro Quadratmeter. Und dass allein die Freiburger Stadtbau oder die Genossenschaften mehr als 400.000 Quadratmeter bauen könnten, sei mehr als nur unwahrscheinlich. bar
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Baustoffhändler
Umbau in Rekordzeit
Haag tritt wieder an
Der amtierende Freiburger Baubürgermeister Martin Haag (parteilos) wirft für eine zweite Amtszeit seinen Hut wieder in den Ring. Haags erste Amtszeit endet Ende des Jahres. Bis zum 14. September können sich Kandidaten bewerben.
Götz + Moriz investiert zwei Millionen in Freiburg
Mehr Bauland aktivieren
Die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland ist in der ersten Jahreshälfte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,6 Prozent auf 168.500 Bauanträge gesunken. Das belegen Zahlen des Statistischen Bundesamts. Stark rückläufig – um 35,9 Prozent – waren Genehmigungen für Wohnheime, zu denen auch Flüchtlingsunterkünfte zählen. Ohne diesen Einbruch wäre die Zahl der Baugenehmigungen um 1,8 Prozent gestiegen. Es wurden mehr Mehrfamilienhäuser (plus 4,9 Prozent) genehmigt, aber weniger Ein- und Zweifamilienhäuser (1,6 und 2,9 Prozent). Die Bundesregierung hat für den 21. September einen Wohnungsbaugipfel einberufen. Der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) fordert von der Politik, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und mehr Bauland zu aktivieren.
Teures Betongold
Nach einer Analyse des Marktforschungsinstituts des IVD Süd e.V. auf Basis des amtlichen Grunderwerbssteueraufkommens kletterten die Immobilienumsätze in Baden-Württemberg im ersten Halbjahr 2018 um 7,4 Prozent auf insgesamt 18,7 Milliarden Euro. Das sei der Höchstwert der vergangenen 15 Jahre. Der Anstieg sei in erster Linie auf steigende Umsätze je Verkauf zurückzuführen und nicht auf die zunehmende Anzahl der Verkaufsfälle. Deutschlandweit wurden im ersten Halbjahr 132,32 Milliarden Euro in Immobilien investiert, ein Plus von 5,2 Prozent im Vergleich zum bar Vorjahreszeitraum. 22 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
Foto: © Achim Keller Stylischer neuer Eingangsbereich: Willkommen bei Götz + Moriz.
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er Baustoff-Fachhändler Götz + Moriz hat zwei Millionen Euro in den kompletten Umbau seiner insgesamt 28.500 Quadratmeter großen Niederlassung in Freiburg gesteckt. In nur neun Monaten wurde die Ausstellungsfläche auf 3500 Quadratmeter vergrößert und qualitativ aufgewertet. Kunden können nun etwa ihre Badmodernisierung auf einem Bildschirm im Kinoformat im Maßstab 1:1 planen. Und wenn das eigene Bad im achten Stock ist, liefert Götz + Moriz das mit einem 28 Meter hohen Kran einfach direkt dorthin. Ob Neubau, energetische Sanierung, altersgerechter barrierefreier Umbau, die Modernisierung des Bades – die Fliesen- und Badausstellung fasst nunmehr 1450 Quadratmeter – oder der Ausbau des Dachgeschosses: Ein Projektbetreuer gibt den Kunden die
nötige Sicherheit, optimale Entscheidungen zu treffen, weil er auf ein Netzwerk aus Handwerksbetrieben, Energieberatern oder auch Architekten zurückgreifen kann. Die Geschäftsführer Eckhard Rein, Michael E. Wertheimer und Rolf J. Wertheimer sind sich ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung bewusst, unterstützen seit Jahren verschiedene Vereine und Initiativen, allein in den vergangenen sechs Jahren mit 180.000 Euro. chilli
Info
Götz + Moriz ist mit acht Standorten und 328 Beschäftigten (in Freiburg: 80) der Marktführer Südbadens im Baustoff-Fachhandel. Das Unternehmen gehört seit 1998 zur Firmengruppe Wertheimer, die an 22 Standorten mit Schwerpunkt in Baden rund 1000 Mitarbeiter beschäftigt.
Messebranche
Brücken bauen
Karrieremesse für Ingenieure, Techniker und Informatiker in Freiburg
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s gibt 3742 arbeitslose Ingenieure in Baden-Württemberg. Gleichzeitig betrug die Anzahl der offenen Stellen in diesem Berufsstand im Mai dieses Jahres 21.780. Um Absolventen, Interessierte und Branchengrößen besser miteinander zu verknüpfen, veranstaltet der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) am 29. September jetzt seine dritte Messe im Freiburger Konzerthaus. „Wer auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung ist oder sich nach Studium oder Ausbildung über Jobmöglichkeiten für
Ingenieure, Techniker und Informatiker in der Regio informieren möchte, kann auf der 3. VDI regio Career gezielt auf Unternehmen zugehen“, so Dieter Schlegel vom VDI Bezirksverein Schwarzwald. Den Rahmen der kostenlosen Messe bilden verschiedene Vorträge, etwa zur Wichtigkeit von Soft Skills im Beruf, sowie diverse Firmenpräsentationen. Besucher der Messe können auf Wunsch außerdem Bewerbungsunterlagen überprüfen und mit einem Foto aus professioneller Hand veredeln lassen. Als Highlight erwartet die anvisierten 2000 Besucher ein Formelrenn-
wagen der Hochschule Offenburg. Der Bolide verweist auf den europaweiten Konstruktionswettbewerb „Formula Student“ und veranschaulicht, wie Studierende aus Maschinenbau, Elektrotechnik, Betriebswirtschaft und Medientechnik ihr Wissen in die Praxis umsetzen können. Auch die Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer fährt auf die Messe ab: „Die Jobmesse des VDI Schwarzwald unterstützt ganz konkret unsere Anstrengungen, den grenzüberschreitenden Ausbildungsund Arbeitsmarkt noch enger zu vernetzen.“ Das ist Networking ohne Glasfaser und Stahlseil. pt 5 Anzeige
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chilli | bauen & wohnen | 09.2018 | 23
Architektur
Nach Gutsherrenart
Erkenntnisse aus der 25. Sitzung des Gestaltungsbeirats
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Visualisierung: © Gisinger
ühne frei für den Gestaltungsbeirat der Stadt Freiburg: Zum 25. Mal kritisierte das vor viereinhalb Jahren gegründete Gremium Mitte Juli öffentlich Bauvorhaben. Zum Jubiläums-Schauspiel gekommen waren 50 Bürger, Interessierte, Stadträte. Auf der Bühne saßen neben den Beiräten die Projektentwickler Gisinger und Strabag sowie die Stadttochter Stadtbau. Applaus gab es am Ende nur spärlich. Für die Baufirma Gisinger präsentierte Christian Engelhard ein Bauvorhaben am Ortsrand von Ebnet, das auf den Namen Hornbühl-Ost hört. Dort sollen insgesamt 16 Häuser hingestellt werden, vier baut Gisinger, die aber viergeschossig in prominenter Lage mit freiem Blick in den Schwarzwald. Architekt Joachim Eble führte aus, warum er die Häuser so kreiert habe, wie er sie kreiert hat, der Landschaftsplaner Hendrik Porst vom Studio Dreiseitl erklärte, wie er die Aufgabenstellung des Übergangs von der Landschaft, der Vorbergzone in den urbanen Raum Freiburg bearbeitet hat. So weit, so gut. Beiratsmitglied Zvonko Turkali lobte die Darbietungen zunächst („sie sind alle sehr ambitioniert und wollen etwas Besonderes erreichen“), bevor er dann mal eben die Höhe kritisierte („bei drei Geschossen sollte Schluss sein“), die Ausgestaltung („die Häuser sollten schlichter sein, ohne diesen einseitigen Drall“) und die Frage stellte, wie hier die sehr prominente Lage am Ortsrand definiert wird („darüber könnte man sich mehr Gedanken machen, die Häuser stehen so da, als ob sie den Ortsrand gar nicht brauchen“). 24 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
Moderne Architektur am Ebneter Ortseingang: So wird die Gisinger-Gruppe am Hornbühl bauen.
Sein Kollege Wigbert Riehl sagte zunächst, dass das Freiraumkonzept „auf einem guten Weg sei“, große Tiefgaragenzufahrten am Ortsrand aber ein „Fremdkörper“ wären und die geplante Erschließung mit dem Wendehammer an die 70er-Jahre erinnert. Zudem hätten die Planer mit dem vorhandenen Gefälle des Baugeländes offenbar gar nichts anfangen können, was ein Anwesender dem protokollierenden Journalisten gegenüber angesichts eines zweiprozentigen Gefälles als „gaga“ bezeichnete. Die Vorsitzende Jórunn Ragnarsdóttir („versuchen doch lieber eine Gartenstadt-Architektur aus den 30er-Jahren“) schloss den ersten Akt mit den Worten ab: „Back to the roots.“ Ach ja, Engelhard hatte vor der Präsentation noch die Absicht geäußert, den Bauantrag im August einzureichen. Dann verließen die Gisingers die Bühne und Martin Lauble, Dirigent der Freiburger Strabag Real Estate, stellte zusammen mit dem Architekten Martin Vogelsang den Milestone 3 an der Bahnhofsachse vor. Das u-förmige Gebäude hat fünf Geschosse hinter einer Ziegelfassade, ein 5,5 Meter hohes Erdgeschoss mit flexiblen Tagungsräumen, einem Fahrradladen und gut 6700 Quadratmeter
Nutzfläche. Man müsse, so Beirat Tobias Wulf, aufpassen, dass an der Achse kein „architektonisches Schaulaufen“ veranstaltet werde, die Gebäude (vom Embex-Haus bis zum Hölderle-Carré) müssten zueinander passen. Ragnarsdóttir wollte die Veranstaltungsräume lieber im Keller (!) haben und im Erdgeschoss mehr öffentliche Nutzungen (Café, Restaurant), sonst würden sich womöglich „Angsträume“ ergeben. Lauble sucht derweil für genau so eine Nutzung zwei Häuser weiter im Straumann-Haus schon seit einem Jahr einen Pächter. Dass er die Nutzungen zuvor intensiv mit seinem Nutzer entwickelt hat und der sicher keine Veranstaltungsfläche im – dann 5,5 Meter hohen – Keller wünscht, ficht den Beirat nicht an. Nach der Strabag folgte im Finale die Stadtbau mit ihrem Projekt ECA-Siedlung, das bereits zum zweiten Mal auf der Bühne stand. Hier lobte Miriam Weyell das neue Freiraumkonzept, es sei, so Riehle, ein sehr gutes Beispiel, wie man öffentliches und privates Grün verschränken kann, man könne, schloss Ragnarsdóttir, der Stadtbau nur gratulieren. Auch wenn die Erdgeschosse der Häuser in Natursteinoptik sicher noch schöner wären. Lars Bargmann
Kommentar
Grenzwertiges vom Gestaltungsbeirat
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er aus der Freiburger Rathauskasse finanzierte Gestaltungsbeirat soll dazu beitragen, „dass die Architektur- und Freiraumqualität steigt“. Heißt es in der Satzung. Das ist sinnvoll. Hätte die Stadt schon seit Jahrzehnten ein solches Gremium, wäre vermutlich die eine oder andere Bausünde im Straßenbild nicht zu sehen. So schickt das Stadtplanungsamt um Chef Roland Jerusalem nun immer wieder mal Bauherren in die Sitzungen, die sich dort anhören, was dem Expertengremium nicht gefällt. Nicht selten, so wie unlängst bei der Jubiläumssitzung, werden dabei Meinungen vorgetragen, die sich einen feuchten Kehricht darum scheren, was zuvor monatelang in zig Gesprächen baurechtlich – und also mit erheblichen finanziellen Folgen – mit dem Rathaus oder schon mit den künftigen Nutzern ausgetüftelt worden ist. Am Ende dieser Prozesse werden durchgeplante Projekte vorgestellt. Dass der Beirat dann noch die Geschossigkeit kritisiert, ist vielleicht legitim, aber schlicht überflüssig. Und das nicht nur dann, wenn das Rathaus beim Neubaugebiet Hornbühl-Ost mal eben 1,5 Millionen Euro für Kita-Ablösen oder 400 Euro Erschließungskosten auf jeden gebauten Wohnquadratmeter haben möchte. Für die Bauherren ist die Wirtschaftlichkeit eine conditio sine qua non – für den Beirat offenbar nur Nebensache. Fast so, als ob rote oder gelbe Rosen ins Freiraumkonzept gepflanzt wurden. Darüber zu debattieren, ist nur Zeitvertreib. Daneben gibt es auch stilistisch Verbesserungspotenzial. Mal bezeichnet die Vorsitzende Jórunn Ragnarsdóttir zwei Wohnheime des Studierendenwerks als „Legebatterien“, mal klebt man einer Planung das Etikett „Schnickschnack“ oder „Zangengeburt“ an. Zeitlich wird’s grenzwertig, wenn fertige Planungen wie die für die Bebauung des Kirchengrundstücks St. Nikolaus in Opfingen aufgrund eines fehlenden „Masterplans“ für die nähere Umgebung wieder für Monate nach Hause geschickt werden, und inhaltlich wird die Grenze zum Absurden dann tangiert, wenn vom Nutzer geforderte Tagungsräume mit einer Höhe von 5,5 Metern ins Kellergeschoss (!) gepackt werden sollen. Das Studierendenwerk und jetzt auch Gisinger nahmen die Kritik einfach nur zur Kenntnis – und gaben ihre Bauanträge unverändert ab. Für sie war das Vorgetragene offenbar zu grenzwertig. Lars Bargmann chilli | bauen & wohnen | 09.2018 | 25
Fachplaner
1000 Durchbrüche pro Geschoss Büro Müller + Klein in ganz Baden im Einsatz
So ist das statische Modell des Neubaus für die Freiburger Volksbank samt Hotel und neuer Aula aufgebaut. Visualisierung: © Müller + Klein
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a gibt es nichts, was es nicht gibt“, sagt Christian Klein. Der Mann ist Statiker. Und er meint den Neubau der Firmenzentrale der Volksbank Freiburg an der Bahnhofsachse, bei dem das Büro von Klein und seinem Kompagnon Michael Müller für die Tragwerksplanung verantwortlich ist. Bei weitem nicht das einzige größere Projekt, das das Ingenieurbüro für Bauwesen Müller + Klein mit Sitz in Littenweiler derzeit bearbeitet.
Beim Testo-Neubau steht nicht nur im Gebäude Technik im Fokus, sondern auch auf dem Dach. Foto: © Miguel Babo
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Stolze 105 Millionen Euro verbauen die Volksbank und der Breisgauer Katholische Religionsfonds an der Ecke Bismarckallee und Eisenbahnstraße. Neben dem neuen Bankgebäude wird eine Aula für die St. UrsulaSchulen und ein neues Hotel gebaut. Alles Bauteile mit unterschiedlichen statischen Anforderungen. Das Planungsteam muss Erdbeben und Grundwasser berücksichtigen, vorgespannte Träger, Hohlkörperdecken zur Reduzierung des Gewichts, in jedem der drei Untergeschosse mehr als 1000 Durchbrüche für die Haustechnik, eine durchaus anspruchsvolle Baustellenlogistik, Treppenhäuser mit Entrauchungsanlagen. Es sei „ein ganz besonderes Projekt“, das im 20-köpfigen Büro aktuell auch mehrere Mitarbeiter voll auslaste. In Freiburg planen die Ingenieure zudem eine neue Heizzentrale für die Taifun-Tofu GmbH, die über der Produktionshalle liegt und deswegen durchs Bestandsgebäude hindurch aufgeständert wird – bei eine Nutz-/ Traglast von einer Tonne pro Quadratmeter. An der Zähringer Straße sind sie fürs Neubauvorhaben Living Art zuständig, an der Ecke Breisacher
Straße und Berliner Allee für das 43 Millionen Euro schwere neue Gesundheitszentrum der Familie Burtsche. In Endingen am Kaiserstuhl verantworten Müller und Klein einen neuen, auf 25 Millionen Euro taxierten SchulCampus mit Ganztagesgrundschule, Mensa, Turnhalle und Fachräumen, in Karlsruhe die Erweiterung des Bundesgerichtshofs, in Offenburg den ersten Bauabschnitt fürs örtliche Finanzamt (Volumen: 13 Millionen Euro), in Titisee haben sie soeben das zweite Gebäude für den Messgerätehersteller Testo abgeschlossen – auch das statisch keine Stangenware –, für den Bauverein Breisgau machen sie die Statik bei der Neugestaltung der Ortsmitte in Schallstadt, für die Stuckert Wohnbau ein Projekt in Lörrach, in Schopfheim den Erweiterungsbau des Georg-Reinhardt-Pflegeheims, in Neuenburg eine größere Wohnanlage, im Europapark ein Wohnheim für Mitarbeiter. Mit den Aufgaben wächst auch im Büro selber die Zahl der Mitarbeiter. Vor zwei Jahren hatten Müller und Klein 15, heute schon 20 und in zwei Jahren werden es erneut mehr sein. „Wir werden“, sagt Klein, „weiter ganz behutsam wachsen.“ bar
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Handwerk
Luma hat’s installiert: Solarzellen auf Hausdach am Rangacker in Freiburg. Foto: © Luma
Stylisches im Bäderwerk Franz Herbstritt zeigt englische Traditionsmarke
Foto: © Thomas Crapper
Erstmals Nahwärme
Luma Thermotechnik erweitert Portfolio
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er Installationsbetrieb Luma Thermotechnik hat beim Kreativpark in der Lokhalle sein bislang größtes Projekt beendet. Das vierköpfige Team um den Heizungsbaumeister Alban Luma hat dabei nicht nur die komplette Bürolandschaft ans Nahwärmenetz angeschlossen, sondern war auch für die Lüftung und die Planung und Ausführung aller Sanitäranlagen verantwortlich. „Bei so einem stark beachteten Projekt mitzuarbeiten und dabei erstmals auch mit einer großen Nahwärmeanlage, war ein weiterer Schritt auf unserem erfolgreichen Weg“, sagt Luma. Die Auftraggeber der Anfang 2015 in Freiburg gegründeten Firma sind vor allem private Bauherren, aber auch gewerbliche Unternehmen. Luma Thermotechnik bietet Heizungs- und Solartechnik (sowohl zur Strom- als auch zur Warmwasseraufbereitung), aber auch den kompletten Sanitärbereich aus einer Hand. Bei der Erneuerung von alten Heizungsanlagen berät Luma die Kundschaft zudem beim Thema möglicher Förderprogramme der öffentlichen Hand. Der Meisterfachbetrieb wartet Heizungsanlagen, prüft Trinkwasser- oder Wasseraufbereitungsanlagen und führt auch Blechnerarbeiten aus. chilli 28 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
Coming soon ins Bäderwerk: Waschbecken von Thomas Crapper.
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ie Anfänge des Haustechnikers Franz Herbstritt GmbH mit Stammsitz in Herbolzheim liegen schon mehr als 100 Jahre zurück. Noch älter ist der neue Kooperationspartner: Thomas Crapper gründete Anfang der 1860er-Jahre einen Betrieb für Sanitärausstattungen. Bald wird es im Bäderwerk in Herbolzheim Produkte dieses Betriebes zu bestaunen geben, bei dem durchaus auch mal die Queen von England einkauft. Wie es dazu kam? Die Nichte von Heiko Geffers, der die Geschäfte bei Franz Herbstritt seit 2002 führt, ist verheiratet mit dem Crapper-Gesellschafter David Mosley. Geffers Sohn Tom-Lewis machte unlängst in Huddersfield ein Praktikum, Geffers und seine Frau Sandra waren auch vor Ort und begeistert von den Produkten, die auch heute noch den Hauch des 19. Jahrhunderts versprühen. „Das müssen wir bei uns zeigen“, dachte sich Geffers. Gedacht, getan. Seit einigen Tagen gibt es nun eine exklusive Kooperation für den südbadischen Raum. Ein Alleinstellungsmerkmal. Mosleys Fir-
ma sponsert übrigens den englischen Erstligisten Huddersfield, und Geffers ist Basic-Sponsor beim SC Freiburg. Vielleicht gibt es da ja mal ein Freundschaftsspiel. Crapper bedient keinen Massenmarkt: kostet eine normale Badewanne 500 Euro, gibt es die handgemachten Crapper-Wannen erst ab 1500 Euro. Im Bäderwerk wird es zunächst Toiletten (bei Bedarf mit GuinnessZapfhahn zum Spülen), Waschbecken und durchaus stylische Armaturen zu kaufen geben. Eine weitere Neuerung bei einem innovativen Haustechnik- und BlechnerBetrieb, der mit derzeit 28 Beschäftigten drei bis vier Millionen Euro im Jahr umsetzt, Exklusivpartner von Vaillant sowie Partner im Connected-ComfortNetzwerk ist und beim Heimspiel des SC gegen Leverkusen seine neue Crapper-Kooperation im Sponsoren-Zelt inszenieren wird. Übrigens: Wenn in der englischen Königsfamilie ein Kind geboren wird, baut Crapper jedes Mal eine Babywanne mit einem Schildchen, auf dem Name und Geburtsdatum des Sprösslings stehen. chilli
Wohnungsbau
»Unschlagbarer Preis«
Warum die Stadtbau auch Eigentumswohnungen baut
Aktuell im Bau: Neben 40 geförderten Mietwohnungen baut die Stadtbau in Weingarten derzeit auch 40 Wohnungen für Käufer. Zu Preisen deutlich unterm Marktdurchschnitt.
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Visualisierungen: © FSB
hne das Bauträgergeschäft könnte die Freiburger Stadtbau GmbH (FSB) die vielfältigen Aufgaben im Auftrag des Mutterkonzerns, der Stadt Freiburg, nicht oder nur noch sehr eingeschränkt wahrnehmen. Das sagt der langjährige kaufmännische Geschäftsführer Ralf Klausmann. Denn mit den Gewinnen aus dem Bau von Eigentumswohnungen quersubventioniert die Gesellschaft vor allem den defizitären Bau von sozialen Mietwohnungen. Das größte Projekt mit Eigentumswohnungen ist derzeit unangefochten das Hochhaus Binzengrün 34 (B34). Für im Schnitt 3100 Euro pro auf Neubauniveau saniertem Quadratmeter bietet die FSB damit das mit Abstand günstigste Angebot in Freiburg. Kein Wunder, dass es fast 650 Interessenten gab und von 122 Wohnungen (sehr viele mit vier oder fünf Zimmern) schon 100 verkauft sind – die Hälfte davon an Familienhaushalte. 40 Prozent sind noch Mieter der Stadtbau (Bezug wird im Januar sein), 70 Prozent leben schon in Weingarten oder Haslach. „Bis Ende des Jahres werden die restlichen Wohnungen auch neue Eigentümer gefunden haben“, sagt 30 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
Klausmann. Der „unschlagbare“ Preis sei nur möglich, weil Bund, Land, das Freiburger Rathaus (Förderprogramm „Soziale Stadt“) und auch die FSB das Effizienzhaus-55-Projekt mit 25 Prozent der Gesamtkosten unterstützen. Die gibt die FSB direkt an die neuen Eigentümer weiter, sonst hätte der Quadratmeter mehr als 3700 Euro gekostet. Spekulanten haben hier keine Chance, weil die Käufer mindestens zehn Jahre drin wohnen müssen. Und sie können ihren Nachwuchs direkt im Kindergarten im Erdgeschoss versorgen. Mit dem Projekt zeigt die FSB, dass preisgedämpfter Wohnungsbau nicht auf den Mietwohnungsbau begrenzt ist. „B34 ist ein Paradebeispiel dafür, wie auch Menschen mit geringem Einkommen Wohnungseigentum erwerben können“, so Klausmann. Das Investitionsvolumen liegt bei 32 Millionen Euro. Schon bald kommen weitere 40 Eigentumswohnungen (mit 2 bis 4 Zimmern) in den Vertrieb, die die FSB aktuell neben 40 geförderten Mietwohnungen in direkter Nachbarschaft baut. Und auch die sind mit Quadratmeterpreisen um die 4300 Euro deutlich unterm derzeit marktüblichen Preis. Allein mit diesen beiden Eigen-
tumsprojekten schraubt die FSB übrigens die bisherige Eigentumsquote in Weingarten (5 Prozent) um 50 Prozent auf 7,5 Prozent nach oben. Nicht weit weg, an der Belchenstraße in Haslach, wird die Stadtbau demnächst 42 Eigentumswohnungen (mit 2 bis 5 Zimmern und 50 bis 131 Quadratmetern) bauen. Im Neubaugebiet Innere Elben in St. Georgen wartet noch ein Projekt mit 23 Eigentumswohnungen (2 bis 4 Zimmer, 52 bis 119 Quadratmeter) und am Rennweg mit zwei Dutzend Einheiten ein weiteres, das durch den Erlös aus dem Verkauf von Eigentumswohnungen Mittel für den Bau von geförderten Mietwohnungen und die Sanierung des aktuell rund 8300 Wohnungen fassenden Bestandes bereitstellt. Lars Bargmann Frischzellenkur in Haslach: An der Belchenstraße beginnt schon bald der Bau von 42 Eigentumswohnungen um einen großen Innenhof.
Meldungen
Sei schlau, geh’ zum Bau
Zum Start des neuen Ausbildungsjahres haben Baufirmen in Freiburg noch 20 offene Ausbildungsplätze. In ganz Baden-Württemberg sind es 3772. „Schulabgänger haben jetzt noch die Chance, kurzfristig einen Platz zu bekommen. Sei schlau, geh’ zum Bau – das gilt heute genauso wie früher“, sagt Lukas Oßwald von der IG BAU Südbaden. Nach einer Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung zählen Bau-Azubis zu den Bestverdienern. Ein Betonbauer verdient im dritten Lehrjahr bereits 1475 Euro.
Mehr als 50 Baustellen
Das Gebäudemanagement der Stadt Freiburg nutzt die Ferien für Bauarbeiten, Sanierung und Instandsetzung in Schulen und Kitas. „Wir müssen die Ferienwochen unter Hochdruck für Arbeiten nutzen, die während des laufenden Lehrbetriebs nicht möglich sind“, sagt Baubürgermeister Martin Haag. Das Volumen liegt bei deutlich über 12 Millionen Euro. Es gibt mehr als 50 Baustellen.
CDU schreibt an Kretschmann
Die CDU-Fraktion im Freiburger Rathaus hat an Ministerpräsident Winfried Kretschmann geschrieben und appelliert, „alles dafür zu tun, dass der Stadttunnel Freiburg möglichst rasch gebaut wird“. Eine weitere Verzögerung des „längst zugesagten“ Tunnels sei für die geplagten Anwohner „nicht hinnehmbar“. Hintergrund sind Aussagen des Verkehrsministeriums, wonach es fachlich sinnvoll wäre, den Stadttunnel und den Falkensteigtunnel gleichzeitig zu bauen. Das aber würde den Stadttunnel um Jahre zurückwerfen, weil der Falkensteigtunnel aktuell nicht einmal im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans gelistet ist – eine notwendige Bedingung für den Bau. Im Höllental soll erst 2025 überhaupt mit der Planung begonnen werden. bar chilli | bauen & wohnen | 09.2018 | 31
Generalunternehmer
Das Mammutprojekt Z6
Die Dürrschnabel Industriebau GmbH kann aber auch Wohnungsbau
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s ist ein stattliches Loch, in das man beim Neubau eines Verwaltungsgebäudes für die Sick AG in Waldkirch aktuell hinunterblickt. 2100 Quadratmeter misst die Bodenplatte, gut zweieinhalb Handballfelder. Aber auch anderswo hat die Dürrschnabel Industriebau GmbH aus Emmendingen derzeit mächtig zu tun.
Dürrschnabel-Geschäftsführer Markus Keune ist ein alter Hase im Bau. Doch der Sick-Neubau, er hört auf den Namen Z6, fordert auch den erfahrenen Ingenieur heraus: 5000 Kubikmeter Beton, 550 Tonnen Bewehrungsstahl, 6000 Quadratmeter Holzdecken, 3500 Quadratmeter Fensterfläche, fünf Lüftungsanlagen, 13.500 Quadratmeter Bruttogeschossfläche wollen organisiert werden. „Abgesehen von der schieren Masse ist auch der Holzbau, der den Eigentümern wichtig war, eine besondere Aufgabe“, sagt Keune über den mit 25 Millionen Euro größten Auftrag der 23-jährigen Unternehmensgeschichte. Ende September 2019 will er die Schlüssel übergeben. Als Generalunternehmer wird die Dürrschnabel Industriebau mehr und mehr auch ein gefragter Partner beim Wohnungsbau: So verantwortet 32 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
Derzeit die größte Aufgabe: Beim Z6 für die Sick AG in Waldkirch umfasst die Bodenplatte 2100 Quadratmeter. Foto: Dürrschnabel Industriebau.
Geschäftsführer Stefan Schäfer derzeit den Bau von 23 Wohnungen in Buchenbach (mit einer zwölf Meter hohen Betonvernagelung am Hang) ebenso wie den Bau von 14 Wohnungen in Kirchzarten. Begonnen hatte die Sparte Wohnungsbau mit dem Glashaus in Weil am Rhein, das bisher größte Projekt war dann die Wohnbebauung auf dem ehemaligen Sütterlin-Areal in Merzhausen. Aber auch auf angestammtem Geläuf sind die Emmendinger derzeit vielfältig aktiv: Gleichsam vor der eigenen Haustür übergibt Schäfer Ende September ein Werkstattgebäude, an das bis zum Beginn des neuen Jahres noch eine Live-Cooking-Veranstaltungs- und Ausstellungsfläche angedockt wird. In Freiburg läuft derweil die Erweiterung der Kleintierklinik Dr. Frank an der Mooswaldallee, nicht weit
entfernt davon baut Dürrschnabel ein Betriebsgebäude nebst Wohnung für einen Malerbetrieb. Und im kommenden Jahr beginnt der Generalunternehmer mit dem Bau eines 2800 Quadratmeter großen Betriebsgebäudes mit Werkstatt und Büroflächen auf dem Güterbahnhof. Schon im Bau ist in Vörstetten ein Wohn- und Geschäftsgebäude für einen Softwareentwickler, das im kommenden März fertig sein soll, in Teningen wächst ein multifunktionales Gebäude für einen Bremsenhersteller heran. In Ehrenstetten baut Dürrschnabel demnächst die Gebäudehülle für eine Caritas-Großküche, und wenn alles nach Plan läuft, dann bauen Schäfer und Keune demnächst auch noch ein neues Autohaus in Emmendingen. Das kommt allerdings ohne so ein stattliches Loch wie beim Z6 aus. bar
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Projektentwicklung
Innovatives in Waldkirch
WOBAG mit neuem Gebäudetyp: Split-Level-Haus
Zeitlos am Hang: So sollen die Split-Level-Häuser mal aussehen. Visualisierung: WOBAG
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ie Wohnbau Baden AG (WOBAG) hat ihre Projekte in Zähringen (fünf Villen an der Vordern Poche), auf den Gutleutmatten (16 Mietwohnungen) und im Kurgarten von Bad Krozingen (22 Eigentumswohnungen) abgeschlossen und startet nun die Vermarktung des zweiten Bauabschnitts im Baugebiet Schänzle in Waldkirch. In Vorbereitung sind zudem Bauvorhaben in Teningen, am Bad Krozinger Rathaus und in Heuweiler. „Die Nachfrage in Waldkirch ist sehr gut“, sagt Vorstand Klaus Ruppenthal. Am Schänzle baut die WOBAG in attraktiver Hanglage 29 Eigentumswohnungen – nur eine Handvoll ist noch zu haben (von 88 bis 109 Quadratmetern, von 371.000 bis 461.000 Euro) – und acht Kettenhäuser, von denen im ersten Bauabschnitt auch nur noch zwei frei sind (147 bis 171 Quadratmeter, 590.000 bis 620.000 Euro). Jetzt startet die Vermarktung der sogenannten Split-Level-Kettenhäuser, bei denen man im Grundriss zwei Mal hinschauen muss: Jede Etage ist gesplittet in zwei Höhen. Sitzt man in der Küche, kann man über eine 34 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
Brüstung runter ins Wohnzimmer schauen oder nur eine halbe Treppe nach oben auf die Dachterrasse gehen und wieder eine halbe Treppe zum Schlafzimmer. Zum Hügel hin sind die Nebenräume (Bäder, Küche, Technik, Keller), zum Hang hin die Lebensräume. Durch die kürzeren Treppen gewinnen die Häuser an Wohnfläche (162 bis 181 Quadratmeter, 740.000 bis 865.000 Euro) und durch die unterschiedlichen Deckenhöhen auch an Atmosphäre. Auf den zwischen den Häusern platzierten Garagen gibt es noch zusätzliche Dachterrassen. Anfang 2020 sollen sie fertig sein.
Wie die Cubes sind auch die SplitLevel-Häuser eine handgemachte WOBAG-Planung, die noch andernorts realisiert werden dürfte. An anderem Ort in den Startlöchern steht die WOBAG in Teningen (16 geförderte Miet- und 16 Eigentumswohnungen), Heuweiler (8 Doppelhaushälften) und in Bad Krozingen, wo sie direkt an der Ortsmitte drei Häuser mit 30 Wohnungen und 800 Quadratmetern fürs Gewerbe bauen wird. Der Baustart ist fürs kommende Frühjahr geplant. Wegen der Nachfrage braucht sich Ruppenthal auch dort keine großen Sorgen zu machen. bar
Mittendrin statt nur dabei: So sieht der Sieger des Wettbewerbs für die Neugestaltung der Ortsmitte in Bad Krozingen aus. Entwurf: dörr & irrgang Architekten
Glosse
Bauträger
Einfach mal blau machen
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a regen sich die Menschen auf, weil ich mit einem Mädchen geh, das sich vom Strich ernährt und meine Wenigkeit dazu“, schrieb einst François Villon, dessen Balladen Klaus Kinski so genialisch interpretierte. In Freiburg aber, einem Biotop der eingeschränkten Meinungsfreiheit, wie Florian Illies unlängst in der ZEIT schrieb, braucht es deutlich weniger für einen Eklat. Es reicht zuweilen etwa in der wunderschönen Wiehre schon ein bisschen Farbe, sagen wir in blau, um damit ein paar Stellplätze zu bepinseln. Da kommt dann der Bürgervereinsvorsitzende beim Spazierengehen schon mal aus dem Trott, pardon: Tritt, und lässt sich in der BZ mit einem „Angriff auf alle Farbnerven eines normal empfindenden Menschen“ zitieren. Das Baurechtsamt verhängt schnell mal einen Baustopp, die Pressestelle schreibt später von einer „Verunstaltung im Sinne der Landesbauordnung“ und droht bei fehlender Einsicht des Eigentümers Ralf Augustin offen mit einer Rückbauverfügung. Warum Augustin seinerseits sein denkmalgeschütztes Gebäude mit einer blauen Tartanbahn „wie im Olympiastadion“ umgeben möchte, muss sich auch nicht jedem erschließen. Dass dies in irgendeinem sinnhaften Zusammenhang zur „bunten Bewohnerstruktur“ steht, wäre vielleicht so zu kommentieren: hm. Oder auch so: mhh. Spielte im Haus jemand Klavier, könnte man das Ganze in Schwarz-Weiß tauchen. Gibt es Reggaeanhänger, dann in Rot-Gelb-Grün. Vielleicht sollten sich Baurechtler, Hausbesitzer, Bürgervertreter und Anwohner mal eine Auszeit nehmen und das bei einem Viertele besprechen. Einfach mal blau machen, dann findet sich gewiss eine badische Lösung. Lars Bargmann 36 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
Neubauprojekt am Kurgarten: Hier mischen sich Eigentums-und preiswerte Mietwohnungen. Visualisierung: © Siedlungswerk
Der Mix macht’s
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Siedlungswerk gefragter Partner der Kommunen
ie Siedlungswerk GmbH, eine Tochter des Bistums Rottenburg und der Landesbank Baden-Württemberg, hat in den vergangenen Jahren im Großraum Freiburg fast 200 Wohnungen für den eigenen Bestand gebaut. Eine durchaus unübliche Zahl für einen Bauträger, der in
der Regel nur baut, um zu verkaufen. „Wir fahren gut mit unserer Strategie, Eigentumswohnungen, aber auch frei finanzierte, preisgedämpfte oder geförderte Mietwohnungen zu bauen und diese auch zu behalten“, sagt der Leiter der Freiburger Geschäftsstelle, HeinzDieter Störck.
So gut, dass mittlerweile viele Kommunen vom nördlichen Breisgau bis runter nach Lörrach beim Siedlungswerk anrufen, um mit dem Unternehmen ins Geschäft zu kommen. Das Projekt Kurgarten II in Bad Krozingen ist so ein Beispiel: Hier baut das Siedlungswerk 66 Eigentumswohnungen (Quadratmeterpreis knapp 4000 Euro), aber auch 44 öffentlich geförderte sowie 22 preisgedämpfte (8 Euro der Quadratmeter) Mietwohnungen. „Dieser Mix ist mittlerweile typisch für uns“, sagt Störck. Die Eigentumswohnungen sind – mit einer Ausnahme – bereits verkauft. Auf den östlichen Gutleutmatten in Freiburg wachsen derzeit 16 Eigentums- und 32 Sozialwohnungen in die Höhe, auf den westlichen gab es 10 Eigentums- und 12 preisgedämpf-
te Mietwohnungen. In Kirchzarten steht Störck mit seinem neunköpfigen Team in den Startlöchern für ein Bauvorhaben, in Singen sind in der Innenstadt 17 Wohnungen für Käufer sowie 16 preisgedämpfte oder geförderte in Vorbereitung, in der Singener Südstadt noch einmal 37 Eigentums-, 26 geförderte und 13 frei finanzierte Mietwohnungen. Ein Projekt in Offenburg (46 Eigentums- und 12 geförderte Mietwohnungen) verzögert sich indes, weil die Baupreise dort aktuell nicht mehr zu den moderaten Siedlungswerkpreisen passen. Hier ist der Baustart auf das kommende Frühjahr verschoben. „Wir werden“, sagt Störck, „auch bei unseren neuen Bauvorhaben immer wieder für den eigenen Bestand bauen.“ Und auf den richtigen Mix achten. bar
Neubau
JobRad mietet Milestone 3
Strabag Real Estate holt innovatives Unternehmen an die Businessmile
Visualisierung: © Böwer Eith Murken Vogelsang Architekten
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nlängst war Martin Lauble, Bereichsleiter der Strabag Real Estate (SRE) in Freiburg, mit seinem Neubauvorhaben Milestone 3 im Gestaltungsbeirat, nur ein paar Tage später gab der neue Nutzer bekannt, dass er dort seinen neuen Hauptsitz beziehen wird: JobRad, eine Marke der Freiburger LeaseRad GmbH, mietet das fünfgeschossige Geschäftshaus mit 7900 Quadratmetern komplett an. „Das erfolgreiche Unternehmen JobRad lebt Agilität und Innovation. Es steht, typisch Freiburg, für den Mobilitätswandel. All das wird unsere Businessmile bereichern“, kommentierte Lauble. „In der neuen JobRad-Zentrale bringen wir ab 2020 die aktuell rund 170 Mitarbeiter zusammen, die derzeit noch auf drei Standorte in der Freiburger Innenstadt verteilt sind“, freut sich JobRad-Gründer und Geschäftsführer Ulrich Prediger. Ausschlaggebend für den Milestone 3 an der Heinrich-von-Stephan-Straße
Wird komplett für JobRad gebaut: Milestone 3.
waren neben der zentralen Innenstadtlage die optimalen Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden sowie die nachhaltige Bauweise, die die DGNB-Nachhaltigkeitsstandards in Gold erfüllen soll. Langfristig wird das schnell wachsende Unternehmen, das bereits fünf Mal den regionalen Jobmotor-Wettbewerb gewinnen konnte, in dem Gebäude über mehr als 350 Arbeitsplätze verfügen. In den Obergeschossen werden mehrere, an verschiedene Tätigkeitsfelder individuell anpassbare Arbeitswelten entstehen. Im Erdgeschoss ist ein Mitarbeiterrestaurant und eine
Fahrradservicestelle mit öffentlich zugänglichem Café geplant, für das noch ein Betreiber gesucht wird. Der Generalunternehmer Ed. Züblin AG will mit dem Bau Anfang 2019 starten, der Bezug ist im Herbst 2020 geplant. Das Milestone 3 ist der vierte Bauabschnitt der Businessmile. Drei weitere werden bis zur Fertigstellung des Quartiers im Jahr 2022 noch folgen, einer mit rund 4000 Quadratmetern Mietfläche steht ebenfalls schon in den Startlöchern. Insgesamt entwickelt die SRE an der Bahnhofsachse 47.500 Quadratmeter Bruttogeschossfläche. bar 5 Anzeige
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Neubau
Zwischen Chance und Wunschdenken Planspiele um neues Musikerhaus am Güterbahnhof
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Foto: © Multicore Freiburg / Peter Herrmann
ie Musikerinitiative Multicore macht Dampf in Sachen Musikerhaus. Der Verein hat kürzlich ein erstes Konzept vorgelegt, das die ambitionierte Idee konkretisiert. Parallel laufen im Bauamt ähnliche Planungen. Dort ist jedoch von einem Multifunktionshaus die Rede. Nach ersten Irritationen gab’s kürzlich ein Treffen. Gerne hätte die Vereinsspitze von Multicore für die Pressekonferenz in eigene Räumlichkeiten eingeladen. Doch der Verein hat keine. Dafür aber eine große Idee: ein Musikerhaus am Güterbahnhof – mit Proberäumen, Konzertsaal, einem Studio und vielem mehr. So soll der Szene gegeben werden, was seit Jahren fehlt: Platz zum Üben und Spielen, ein Ort für Austausch und Begegnung. Die Idee hat die fünfköpfige MulticoreVereinsspitze Ende Juli in der Kneipe „Walfisch“ vorgestellt: Das Team um den Vorsitzenden Franck Mitaine präsentierte ein 23-seitiges Konzept mit den Eckdaten fürs Musikerhaus: 40 Proberäume, Vereinsgastronomie für 200 Besucher, ein Saal mit Bühne und Platz für 400 Besucher. Zudem sind angedacht: ein Tonstudio, zwei bis drei Räume für Workshops und Coachings, eine Künstlerwohnung für die Beherbergung von zwei Bands sowie Bürofläche für Verwaltung und Hausmeister. Und ein Bolzplatz auf dem Dach. Grob geschätzt 5,5 Millionen Euro könnte der Bau des Hauses kosten, sagen die Multicorer. Zwei Grundstücke kommen für sie infrage. Beide liegen an der Neunlindenstraße, die vom Güterbahnhof an die Uniklinik führt. Die
Ambitionierte Pläne: Franck Mitaine (Mitte) und seine Multicore-Kollegen wollen Musikern Raum schaffen.
westlichere Fläche wird von Multicore präferiert. Sie ist als Gewerbegebiet ausgewiesen und für eine gemeinnützige Bebauung mit Quartiersbezug vorgesehen. Die Aurelis Asset GmbH müsste die Fläche für die Bebauung kostenlos abgeben. Finanziell ein klarer Vorteil zum zweiten Grundstück, das als Mischgebiet ausgewiesen und ähnlich groß ist. Drei Optionen sieht der Verein für eine Realisierung: die Finanzierung über einen Investor, über das Mietshäuser-Syndikat oder über die Stadt Freiburg als Bauherrin. „Das kann ein Pionierprojekt werden“, schwärmt Rainer Rickmann. Der zweite Vorsitzende von Multicore berichtet aber auch von Irritationen. Parallel zu den Vereinsplanungen informierte die Stadtverwaltung über ein ähnliches Vorhaben auf gleichem Grundstück. Das „Multifunktionshaus“ mit 1200 Quadratmeter Fläche soll Platz bieten für den Quartierstreff des Bürgervereins Brühl-Beurbarung, Proberäume enthalten und möglicherweise einen Bolzplatz auf dem Dach. „Wir hoffen auf eine bessere Zusammenarbeit mit der Stadt“, ließen die Multicore-Vertreter wissen. Und das scheint möglich. Mitte August trafen sie Baubürgermeister Martin Haag
»Kann ein Pionierprojekt werden «
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zum Austausch. Ein angenehmes Gespräch, bestätigen beide Seiten. „Die Vorstellungen von Multicore und uns können kompatibel sein“, sagt Haag. Man müsse etwas auf die Euphoriebremse treten. Auf deren Konzept könne man aber aufbauen. Haag lässt derzeit mit einer Machbarkeitsstudie die Möglichkeiten auf dem Areal prüfen. Hinter die Multicore-Zahlen – 40 Proberäume und ein Saal für 400 Leute – stellt er ein Fragezeichen: „Das sind Wunschvorstellungen.“ Er gibt sich aber optimistisch, gemeinsam etwas entwickeln zu können. Weitere Gespräche – auch mit dem Bürgerverein – sollen folgen. Multicore ist das Musikerhaus ein Herzensanliegen. Ursprünglich hatten sie einen Konzertsaal für 1000 bis 1500 Leute auf dem Zettel. Größer als E-Werk oder Jazzhaus. In der Dimension gibt es eine Lücke in der Stadt, bestätigt auch Marc Oßwald von vaddi Concerts. Rainer Rickmann und seine Kollegen geben sich kompromissbereit – im Wissen, dass ein ganzheitliches Konzept nicht nur für Musiker deutlich mehr Chancen auf Realisierung hat. Doch sie wollen „die Chance jetzt nutzen“, so Rickmann. Werde das Musikerhaus nicht in den nächsten drei Jahren gebaut, klappe es auch in den kommenden 30 nicht. Till Neumann
Bauträger
Nische gefunden
Fliegauf Wohnbau GmbH baut vor allem für Best Ager
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ie Kinder sind aus dem Haus und das Grundstück mit der aufwendigen Gartenarbeit wird zu viel? Wer sich von seiner Immobilie oder seinem Grundstück trennen möchte, ist bei der Fliegauf Wohnbau GmbH richtig. Der Freiburger Bauträger ist spezialisiert auf den Wohnungsbau in zentralen Wohnlagen in mittelgroßen Städten für Best Ager – anspruchsvolle, gehobene Kunden über 60. Das jüngste Projekt „Wohnpark am Warmbach“ in Müllheim verlief erfolgreich. Alle 31 Wohnungen sind verkauft, der Einzug beginnt in wenigen Wochen. „Wir haben uns spezialisiert auf Objekte in zentralen Wohnlagen in mittelgroßen Städten wie Müllheim und Neuenburg. Angesprochen wird bei uns das Publikum, das weg vom großen Haus oder der Villa will“, sagt Immobilienwirt Patrick Freywald von der Fliegauf Wohnbau. „Wir bauen großzügige Wohnungen mit großen Zimmern, hellen Räumen, sehr guter Ausstattung, damit den Leuten der Wechsel vom Haus in eine Wohnung leichtfällt.“ Seit 1989 steht das Unternehmen von Geschäftsführer Thomas Fliegauf für qualitativ hochwertige Immobilien in guten Wohnlagen in Südbaden und am Bodensee. Die Objekte zeichnen sich durch moderne Architektur, attraktive Grundrisse und zeitgemäße Energiekonzepte aus. Der Qualitätsanspruch habe dabei immer oberste Priorität. „Die Wohnungen müssen so sein, dass wir selber auch einziehen würden. Das ist unser Anspruch“, so Freywald. Zuverlässigkeit und Kundennähe sind zwei weitere Merkmale der Firmenphilosophie. Um eine hohe Bauqualität zu sichern, werden vorwiegend Firmen und Handwerker aus der Region beauftragt. „Wir machen alles in Einzelvergabe, jedes Gewerk wird von uns persönlich ausgeschrieben. So können wir alles selber bestimmen und darauf achten, dass zuverlässige und regionale Handwerker beschäftigt werden“, berichtet der 52-Jährige. „Während der Bauphase erfolgen in kurzen Zeitabständen Kontrollen durch zusätzlich von uns beauftragte Bauspezialisten.“
Erfolgreiches Quartett: Die Chemie im Team von Geschäftsführer Fliegauf (r.) und Immobilienwirt Freywald (l.) stimmt.
Die Arbeit wird verteilt auf vier Köpfe. „Dass die Chemie stimmt, ist in unserem kleinen, effizienten Team enorm wichtig“, sagt Freywald. Neben ihm und Geschäftsführer Fliegauf zählen auch Wilken Kikisch und Diana Fliegauf zum Quartett. Mit ihrer sehr anspruchsvollen Klientel hat sich das Unternehmen in der Baubranche eine Nische erschlossen. Beim Projekt in Müllheim sind sieben Mehrfamilienhäuser mit 31 Wohnungen nach der dreijährigen Fertigstellung verkauft. Knapp 4000 Euro kostete der Quadratmeter. Für die gebotene Qualität sei das, laut Freywald, relativ wenig. „Wenn wir es heute bauen würden, lägen die Verkaufspreise bei etwa 4400 Euro.“ Das liege daran, dass die Baukosten und die Grundstückspreise in den letzten Jahren enorm gestiegen sind. Neu in Planung ist ein Mehrfamilienhaus in Zentrumsnähe in Überlingen mit zehn Wohnungen. Derzeit warte man auf die Baugenehmigung. Im Frühjahr könne es dann losgehen. Der Quadratmeterpreis liege zwischen 4500 und 7000 Euro. Er variiert je nach Größe und Lage der Wohnung. Am See kümmert sich eine externe Maklerin um den Verkauf. Bisher gebe es vier Interessenten. Freywald geht davon aus, „dass der Verkauf sehr gut laufen wird“. Isabel Barquero
Fotos: © Patrick Freywald, Jürgen Gocke
Zuverlässigkeit und Kundennähe
Komplett verkauft: Alle Familienwohnungen in Müllheim waren sehr gefragt. In wenigen Wochen ziehen die ersten Käufer ein.
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Handwerksbetriebe
Die Sicherheitsexperten
Volle Auftragsbücher bei der Leonhard Paul GmbH
D Foto: © Leonhart Paul GmbH
as Sicherheitsbedürfnis steigt und damit auch die Auftragslage der Leonhard Paul GmbH mit Sitz in der Zinkmattenstraße in Freiburg. Das 1957 gegründete Unternehmen ist Spezialist für Fenster und Türen und auch für die Ausbildung des Nachwuchses.
„Momentan werden sehr viele Türen aus Sicherheitsgründen ausgetauscht“, sagt Geschäftsführerin Dunja Klingele. Die neuen Türen können in den Widerstandsklassen RC 2 oder RC 3 zertifiziert werden. Dafür gibt es bei der KfW sogar Fördergelder. Und auch die beantragen, nach einer kompetenten Beratung entweder in der Ausstellung am Firmensitz oder auch beim Kunden vor Ort, die Experten des Traditionsbetriebs. Mit 30 festangestellten Fachkräften ist der saubere Einund Ausbau kein Hexenwerk, Arbeitsflächen und Arbeitswege werden abgedeckt. Auftraggeber sind vor allem Private, die ihre Häuser oder Wohnungen auf den Stand der
Zeit bringen wollen, aber auch gewerbliche Firmen und Hausverwaltungen. Verbaut werden nur TopClemens Wiedemann zeigt marken wie Weru, Roma, auf Sicherheitsbeschläge einer Wohnungseingangstüre Somfy oder Roto. Klingele für Mehrfamilienhäuser. und ihr Geschäftsführerkollege Clemens Wiedemann erzählen nicht ohne Stolz, dass 92 Prozent der Kunden Wiederholungstäter sind oder von solchen empfohlen wurden. Und dass die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit bei 14 Jahren liegt, was tatsächlich keine Selbstverständlichkeit ist. Dass bei der Leonhard Paul GmbH auch in den Nachwuchs investiert wird, bewies erst wieder der frischgebackene Geselle Simon Hess, der seine Gesellenprüfung als Glaser (Fachrichtung Fenster- und Glasfassadenbau) mit der Note 1,9 bestanden hat. Wer auch diesen Weg einschlagen will, dem stehen in der Firma alle Türen – und Fenster – offen. bar 5 Anzeige
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Verkehr
Schnellstraßen fürs Rad
Zwei Routen für Freiburg sind geprüft / Hoffen auf Stuttgart
Viel Verkehr: Die Strecke zwischen Gundelfingen und Zähringen soll ausgebaut werden.
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Foto: © tln
ehn Radschnellwege will das Verkehrsministerium bis 2025 in Baden-Württemberg bauen. Für die ersten drei Pilotprojekte ist Freiburg nicht ausgewählt worden. Doch regionale Politik und Verbände machen Druck: Mehrere Routen sind für gut befunden worden. Die Radwege im Freiburger Norden sind eng, kurvig, steil. Zwischen Gundelfingen und Zähringen ist müheloses Radeln schwer. Kreuzungen, Kurven und Anstiege gibt’s zuhauf. Zudem fehlt eine Beleuchtung zwischen Gundelfingen und Denzlingen. Man radelt tagsüber vorbei an hübschen Feldern und Wiesen – nachts wird's eine finstere Ecke. Ein Radschnellweg könnte Abhilfe schaffen, sind viele überzeugt. Zwei Freiburger Routen hat der Regionalverband Südlicher Oberrhein mit einer Machbarkeitsstudie geprüft – und für gut befunden. Eine verläuft im Norden: Sie verbindet Freiburg mit Gundelfingen, Denzlingen, Waldkirch und Emmendingen. Die zweite Route verläuft im Westen über Umkirch nach March. „Wir haben sehr gute Bedingungen auf einzelnen Trassen“, sagt Fabian Torns vom Regionalverband. Die Verbindung im Norden schneide beim Kosten-Nutzen-Vergleich sogar besser ab als Deutsch42 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
lands Vorzeige-Radschnellweg RS1 im Ruhrgebiet. Das Potenzial für die Freiburger Nordroute liege bei 10.000 Radlern täglich, so die Studie. Die Velostraßen sollen ein Mekka für Berufsradler werden: vier Meter breit, keine Ampeln, keine Kreuzungen. Dafür durchgehende Beleuchtung und keine großen Steigungen. Auch größere Distanzen über zehn Kilometer sollen Berufspendler so mühelos überwinden. Vorreiter in Deutschland ist Nordrhein-Westfalen. Mit dem RS1 wird derzeit quer durchs Ruhrgebiet der vielleicht längste Radschnellweg Europas gebaut. 101 Kilometer – von Hamm bis Duisburg. Südbaden bemühte sich als eine der ersten Regionen um eigene Wege: Der Regionalverband Südlicher Oberrhein gab 2016 eine Potenzialanalyse in Auftrag. Sieben Korridore wurden ausgemacht, vier mit einer Machbarkeitsstudie geprüft. Neben den Freiburger Trassen sind das OffenburgGengenbach und Offenburg-Lahr. Der politische Rückenwind ist da: Im Juli unterzeichneten Bürgermeister von Emmendingen, Waldkirch, Gundelfingen, March und Umkirch eine Absichtserklärung für die Radschnellstraßen. Für Freiburg war Baubürgermeister Martin Haag mit von der Partie. „Komfortradwege“ nennt er die Straßen. Sie sind für ihn eine „logische
Fortsetzung der Radvorrangrouten“, die Freiburg in den vergangenen Jahren ausgebaut hat. Ein Knackpunkt sind die Kosten: 32 Millionen Euro soll der Bau der beiden Radschnellwege kosten. 19,3 Millionen Euro sind es für die 26 Kilometer lange Route nach Emmendingen und Waldkirch. 12,5 Millionen kostet die Strecke über 7,4 Kilometer entlang der S-Bahn-Trasse bis nach March. Bau und Unterhalt soll das Land finanzieren. Bisher sind dafür primär Landkreise und Gemeinden zuständig. Stuttgart gibt sich gesprächsbereit: Verkehrsminister Winfried Hermann hat einen Gesetzesentwurf erstellt. „Zukünftig werden wir in BadenWürttemberg Landesstraßen nur für Radfahrer haben. Das sind keine kleinen Radwege mehr, sondern Infrastrukturprojekte wie vergleichbare Landstraßen“, sagt Hermann. Drei Pilotprojekte sind beschlossen: Heidelberg-Mannheim, Bad-Wimpfen-Heilbronn, Plochingen-Stuttgart. Sieben weitere Routen sind im Förderpaket bis 2025 offen. „Das müsste für Freiburg klappen“, sagt Haag. Im Vergleich zu anderen Bauvorhaben seien 32 Millionen Euro überschaubar. Das Potenzial rechnet der Fahrradclub ADFC vor: Doppelt so viele Radler könnten jede dritte Autofahrt ersetzen. Till Neumann
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Pionier: Hanspeter Brunner war der Erste, der in Deutschland ein Tiny House gebaut hat. In Kürze will er einziehen.
Fotos: © tln
Tüfteln am Tiny House
Wie zwei Südbadener ihr Traumhäuschen bauen
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lein, ökologisch, mobil: Tiny Houses sind eine minimalistische Alternative zur großen Wohnung. In Zeiten steigender Mieten sind die Häuschen angesagter denn je: Tchibo hatte sie kürzlich im Angebot. Im Juni stieg in Karlsruhe das erste Tiny House Festival Deutschlands. Auch in der Region gibt es Anhänger der Bewegung: Ein Besuch bei zwei Tüftlern in ihren winzigen Eigenheimen. Braune Holzwände, rote Fenster, weißes Dach. So sieht Hanspeter Brunners Tiny House aus. 2013 hat er mit dem Bau begonnen. Als Erster in Deutschland. „Pionierarbeit“, sagt der Rentner. Er sitzt auf einem Holzstuhl im Wohnzimmer seines Häuschens. Blaumann, grauer Bart, schwarze Kappe. Neben ihm ein Bücherregal, ein Kamin, ein Radio. Alles winzig, tiny eben. „Früher war in jeder Ecke noch was zu machen“, erzählt Brunner. Heute fühle er sich wohl. Nach fünf Jahren Bauzeit mit einigen Unterbrechungen und vielen Aufs und 44 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
Abs kann er sagen: „Hier möchte ich gerne leben.“ Funktionieren könnte es: Neben dem Wohnzimmer ist die Küche mit Herd, Ofen und Gaskochplatten. Einen Schritt weiter steht man im Bad mit Bio-Kompost-Toilette und Dusche. Geschlafen wird oben. Mit einer mobilen Holzleiter kann er hochkrabbeln, gemütlich sieht’s dort aus. Und klein.
» Ich habe ein Gewichtsproblem « Acht Quadratmeter misst das „Black Forest Tiny House“ mit schnuckeliger Terrasse. Es steht auf einem kleinen Grünstreifen in Staufen. „Ich habe ein Gewichtsproblem“, sagt Brunner. Fast drei Tonnen wiegt sein auf einen Anhänger gebautes Eigenheim. Um es zu bewegen, braucht er ein kräftiges Auto und viel Geduld. Kürzlich tuckerte er zum Tiny House Festival nach Karlsruhe. Höchstgeschwindigkeit: 60 Sachen. Sein größter Fehler sei ein 23 Millimeter starker Zwischenboden aus Seekiefer. Zu
dick, zu schwer. „18 Millimeter FichteDielen hätten gereicht.“ Die Konstruktion hat Nerven gekostet. Anleitungen oder Tipps waren anfangs fast keine verfügbar. Also suchte er sich alles selbst zusammen und probierte aus. Den Ofen hat er aus England, den Heißwasserbereiter von Ebay. „Der Bau hat mich verändert“, sagt Brunner. Man müsse loslassen von vielem, „seinen ganzen Kram eindampfen“. Beim Einkaufen hat er sich mehrfach dabei erwischt, Überflüssiges in den Wagen zu legen. Jetzt lässt er die Finger davon, sagt sich: Nein, das brauche ich nicht. Seine Erfahrungen hat er auf blackforest-tiny-house.com festgehalten. Ganz fertig ist sein Eigenheim noch nicht. Bei der Toilette klemmt’s und ein paar Details müssen angepasst werden. Deutschlands erster Tiny-HouseBauer ist aber kurz vor dem Ziel: Im Herbst oder Frühjahr möchte er einziehen. Ausprobieren, wie es sich anfühlt, auf acht Quadratmetern zu leben. Weniger ist mehr – das gilt auch für einen 62-Jährigen, der seinen Namen nicht in der Presse lesen möchte. Er
Wohnen baut seit drei Jahren an seinem Tiny House in Endingen. Das Konstrukt mit weißen Wänden und gelben Fenstern steht auf einem Grundstück zwischen zwei echten Häusern. Der Hund tollt herum, die Sonne lacht. Inspiriert hat ihn ein Bericht über Hanspeter Brunner. Das Ziel des Allround-Handwerkers: maximaler Komfort auf minimalem Platz. Im Vergleich zu Brunners Exemplar ist sein Häuschen nicht tiny: 21 Quadratmeter groß, vier Meter hoch und 3,5 Tonnen schwer. Im ersten Stock gibt’s sogar Couch und Schreibtisch. „Alles muss zwei Funktionen haben“, sagt er. Seine Fenster schließen mit der Halterung von Bierbügelflaschen. Für den Bau ist er wie Brunner oft an seine Grenzen geraten.
Momente der Verzweiflung gebe es immer wieder. Bis die nächste zündende Idee kommt. So schwer es auch ist, bisher hat er alles selbst hinbekommen. Er ist ohnehin überzeugt: „Ganz fertig wird man nie.“ Für zwei Personen seien die 21 Quadratmeter zu klein, sagt der Häuslebauer. Dennoch ist er gegen „Vereinzelung“ in der Gesellschaft. Waschmaschinen könne man sich teilen wie vieles andere auch. Gemeinschaft sei wichtig. Er könnte sich gut vorstellen, mit anderen Tiny House-Bewohnern zusammen zu wohnen. In Berlin gibt es eine solche Siedlung bereits als Kunstprojekt. 100 Euro Miete zahlt man dort. „Heute wirken die kleinen Häuser noch exotisch. Aber in zehn Jahren werden sie normal sein“, sagt Initiator und Architekt Van Bo Le-Mentzel. Trotz des Trends sind Brunner und Co. weiterhin Exoten. Rund 200 Menschen leben ganz oder teilweise in Deutschland in Tiny Houses, schätzt Isabella Bosler. Die Bauberaterin für Minihäuser betreibt die Seite tiny-houses.de. Von rund 3000 täglichen Besuchern berichtet Bosler. In Zeiten des Umweltschutzes, steigender Mobilität und Reizüberflutung gebe es einen „ziemlichen Hype“. Das sei mittlerweile auch in den Bauämtern angekommen, wo sich in den kommenden zwei Jahren einiges tun dürfte, prophezeit die Expertin. Klar ist: Wer fest in einem Tiny House wohnen möchte, braucht eine Baugenehmigung – wie bei jedem anderen Haus auch. Auch Hanspeter Brunner weiß das. Er ist in der TinyHouse-Szene bekannt und hat schon viele Mails mit Fragen zum Hausbau beantwortet. Er könnte sich gut vorstellen, sein Wissen weiterzugeben. In Form von Video-Tutorials oder einem E-Book. Damit andere beim Bau nicht verzweifeln müssen wie er einst selbst. Till Neumann Mehr Bilder zu den zwei vorgestellen Tiny Houses gibt's in einer Bildergalerie auf www.chilli-freiburg.de. 5 Anzeigen
Voller Tatendrang: Der 62-jährige Handwerker vor seinem Tiny House in Endingen. Seit drei Jahren baut er daran.
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Kommentar
Ein sehr teures Unterfangen: Die Sanierung des Stube-Areals soll nun erst im kommenden Jahr beginnen. Visualisierungen: © Stadt Freiburg
Gemeinderat in Geberlaune
8,5 Millionen Euro für 1500 sanierte Quadratmeter
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er Freiburger Gemeinderat hat tatsächlich der nächsten Kostenexplosion bei der Sanierung des Stube-Areals in St. Georgen um 2,3 auf 8,5 Millionen Euro zugestimmt. Ohne jede Debatte. Bei rund 1500 Quadratmetern Nutzfläche (davon sind 280 nur Lager oder Speicher) entspricht das einem Quadratmeterpreis von fast 5700 Euro. Schon seit dem 1. Februar, als die Rathausspitze mit dem damaligen Oberbürgermeister Dieter Salomon, dem damaligen Finanzbürgermeister Otto Neideck und Baubürgermeister Martin Haag den Spatenstich für den Umbau des Stubenareals in St. Georgen zum Kulturund Vereinshaus gefeiert hatte, steht die Baustelle still. Die Stadtverwaltung schaufelte die Schuld für die Verzögerung auf die Seite der Baubranche. So habe es überhaupt nur ein Angebot für die Rohbauarbeiten gegeben und das sei deutlich teurer als taxiert. chilli-Recherchen
förderten zwei Angebote zutage, die rund 100.000 Euro auseinanderlagen – aber mindestens 43 Prozent über dem von der Stadt kalkulierten Preis. Im Rathaus sprach man hernach von einem „Missverständnis“. Das chilli hatte bereits im März als erstes Medium berichtet, dass in St. Georgen die Kosten aus dem Ruder laufen – was Liegenschaftsamtschef Bruno Gramich seinerzeit dementiert hatte. Nach einem der Redaktion vorliegenden Bericht eines externen Controllers – datiert auf den 19. Februar – lägen die realistischen Projektkosten an der Blumenstraße bei 8,1 Millionen Euro. Am 24. Juli genehmigte der Gemeinderat nun 8,5 Millionen Euro. In der Drucksache G-18/193 heißt es abschließend: „Trotz des aus den dargestellten Gründen erhöhten Budgets sind alle Projektbeteiligten gehalten, eine wirtschaftliche Vorgehens- und Ausführungsweise weiter zu verfolgen und zu realisieren.“ Lars Bargmann
Impressum Themenheft 09-2018
Chefredaktion: Lars Bargmann
Ein Unternehmen der
Das Bauen & Wohnen-Themenheft erscheint im Freiburger Stadtmagazin chilli
Redaktion: Till Neumann, Isabel Barquero, Philip Thomas
Herausgeber: chilli Freiburg GmbH Paul-Ehrlich-Straße 13, 79106 Freiburg fon: 0761-76 99 83-0, fax: 0761-76 99 83-99 www.bauenundwohneninbaden.de
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Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG
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46 | chilli | bauen & wohnen | 09.2018
Grafik: Hannah Karayilan Lektorat: Beate Vogt Anzeigen: Jonas Stratz (Leitung), Malika Amar, Giuliano Siegel