Baubürgermeister Martin Haag über Stadt, Land, Bund
Wohnungsmangel
Vom wachsenden Zukunftsrisiko für regionale Unternehmen
Politik
Warum das Eis stadion wieder eine Option ist
Baurecht
Eklat auf der Baar
Bange Blicke nach Berlin
Die neue Regierung müsste beim Wohnungsbau einen Triple-Wumms machen
Bei all den großen Themen, die in diesen Tagen die Nachrichten beherrschen, droht eine dramatische Entwicklung mehr und mehr aus dem Blick zu geraten: Der Absturz beim Bau neuer Wohnungen. Bundesweit. Landesweit. Kommunal. Bei den Statistikern im Ländle lässt sich lesen, dass zwischen Januar und November 2024 17.391 neue Wohnungen genehmigt wurden. Es gibt 5,5 Millionen. Davon sind gut 17.000 rund 3 Promille. Das ist im Blut sicher berauschend, im Wohnungsneubau eher deprimierend. Im Vorjahreszeitraum waren es zwar immerhin 26.344. Aber auch das ist auf lange Linien gerechnet dürftig. Zwischen 2018 und 2022 waren es zuverlässig über 40.000. Stuttgart müsste einen viel größeren Fördertopf auf den Herd stellen, wenn vor allem viel mehr Sozialwohnungen gebaut werden sollen.
Aber angesichts der alles beherrschenden Themen – Amerika, Zölle, Transformation der Wirtschaft, Nato, Russland, Ukraine, Sicherheit – und der anhaltenden Wirtschaftsflaute befürchten viele Politikbeobachter und Immobilienexperten, dass sich der Wohnungsbau weit hintenanstellen muss, wenn es um die Fördertöpfe geht.
Und wer weiß schon, wie sich die, die laut und lauter nach Förderungen – also Steuergeldern –rufen, verhalten würden, wenn sie selbst über die großen Themen entscheiden müssten. Mehr Grenzkontrollen oder Sozialwohnungen?
Die Antwort muss „beides“ heißen. Und dafür muss die Schuldenbremse – allein für notwendige Investitionen – gelockert werden. Wer mit dem Megaphon 400.000 neue Wohnungen jährlich ausruft, aber kaum die Hälfte schafft (von Januar bis November 2024 wurden hierzulande 193.700 neue Wohnungen genehmigt), muss entweder entschlossen einen milliardenschweren Triple-Wumms für den Wohnungsbau bringen –oder schlicht den Mund halten. Beim Wohnungsbau zählen nur noch Taten, Worte sind genug gesagt.
Wir wünschen anregende Lektüre.
Herzlichst
Ihr Lars Bargmann Chefredakteur
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Inhalt
Infrastruktur
Titel
Freiburgs Baubürgermeister Martin Haag spricht im Interview über die beiden Stadtentwicklungen Dietenbach und Kleineschholz. Über Risiken und Chancen. Über Waldbesetzer und Vermarktungsprobleme 6 – 8
Der Wohnungsmangel entwickelt sich zum negativen Standortfaktor für die Wirtschaft. Was Kommunen und Unternehmen dagegen tun 10 – 12
Sanierung statt Neubau: Der neue Anlauf, dem Eissport in Freiburg eine Zukunft zu geben 34
Messewesen
Warum die diesjährige GETEC unter dem Slogan „Der Weg zum smarten Bauen und Wohnen“ steht 14
Warum die IMMO Freiburg ihr Portfolio erweitert 16
Was die Offenburger Messe BAUEN WOHNEN Garten & Genuss bringt 16
IMPRESSUM Bauen & Wohnen
Themenheft 02-2025
Das Bauen & Wohnen-Themenheft erscheint im Freiburger Stadtmagazin chilli
Anzeigen: Marion Jaeger-Butt, Nathalie Braun, beiermeister mediaberatung
Abo-Service: Armando Sainovic
Generalunternehmer
Hinter der Dürrschnabel Industriebau liegt ein sehr besonderes Jahr 36
Genossenschaften
Der Bauverein Breisgau packt in Gottenheim ein bundesweit einzigartiges Projekt an 38
Verbände
Die Schreiner-Innung Freiburg freut sich über steigende Azubi-Zahlen und auf das 200. Jubiläumsjahr 40 – 41
Makler
Die S-Immo bilanziert gegen den Trend ihr bestes Jahr seit 2017 42
Standortbekenntnis
Schaub investiert in Freiburg, Testo in Kirchzarten 44
Kommentar
Neue Regierung beim Wohnungsbau zum Handeln verdammt 46
Druck: Hofmann Druck, Emmendingen Ein Unternehmen der
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»Auch mal ein Risiko eingehen«
Freiburgs Baubürgermeister Martin Haag im Interview
In Freiburgs geplantem Stadtteil
Dietenbach im Westen der Stadt sind die taxierten Kosten auf mittlerweile 1,322 Milliarden Euro angewachsen, im Neubau-Quartier Kleineschholz bis auf zwei alle Grundstücke reserviert. Hüben wie drüben laufen die Erschließungsmaßnahmen. Freiburgs Baubürgermeister Martin Haag im Gespräch mit chilli-Chefredakteur Lars Bargmann über Haken und Ösen zweier bedeutender Stadtentwicklungen.
chilli: Herr Haag, der Gemeinderat hat Mitte Dezember 11 der 13 Baugrundstücke im sogenannten gemeinwohlorientierten Neubaugebiet Kleineschholz vergeben. Gab es Reaktionen, etwa juristische, von nicht zum Zuge gekommenen Bewerbern?
Haag: Niemand hat Rechtsmittel eingelegt. Es gibt natürlich auch Enttäuschungen, das verstehe ich auch, weil die Bewerber ja viel in ihre Bewerbung
investiert haben. Manche, auch aus dem Kreis der gemeinwohlorientierten Akteure, haben angekündigt, sich auf die beiden letzten Grundstücke nochmal zu bewerben. Die können auf die Arbeit in der ersten Runde aufbauen.
chilli: Beworben hatte sich auch die Unmüßig Bauträgergruppe mit gemeinwohlorientierten Projekten, die aber aufgrund der fehlenden Gemeinwohlorientierung des Bauherrn nicht zum Zuge kamen. Zählt auch dieser Akteur zu den Bewerbern der zweiten Ausschreibung?
Haag: Meines Wissens wollte sich Herr Unmüßig da noch mal dransetzen. Er muss die Spielregeln einhalten, da fehlte ja nicht viel.
chilli: Wie ist der Zeitplan?
Haag: Die Bewerbungsfrist endet am 17. Februar. Danach finden Gespräche statt, die finalen Unterlagen müssen bis zum 24. März vorliegen. Im April
tagt das Bewertungsgremium, im Juni wird der Gemeinderat entscheiden.
chilli: Die beiden letzten Grundstücke sind die Quartiersmitte und der Hochpunkt mit acht Geschossen an der Sundgauallee. Ausgerechnet dafür gab es keine Bewerbungen?
Haag: Das hat mich ehrlich gesagt auch gewundert. Der Hochpunkt ist eigentlich ein sehr wirtschaftliches Gebäude. Vielleicht ist das für die Gemeinwohlorientierten aber auch zu groß. Das ist schon ein echter Brocken.
chilli: Nicht alle, die jetzt bei der Vergabe zum Zug gekommen sind, sind Profis. Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, dass da bis zum Kaufvertrag auch noch was nicht klappt?
Haag: Die Hälfte der Gewinner sind Profis. Ein Viertel sind Akteure, bei denen ich ein gutes Gefühl habe. Bei einem Viertel muss man gucken. Wenn’s nicht klappt, bekommen wir
die Grundstücke Ende des Jahres zurück und schreiben neu aus. Kleineschholz ist ein sehr innovatives Neubaugebiet, ein Stück weit auch ein Experiment, und da lohnt es sich, auch mal ein gewisses Risiko einzugehen. Im Übrigen gibt es ja auch Profis, bei denen ein Projekt mal nicht klappt.
chilli: Das politische Ziel ist ein Quartier, das nur gemeinwohlorientierte Unternehmen bauen. Müssten nicht möglichst günstige Mieten das wichtigere Ziel sein?
Haag: Wir denken bei Kleineschholz über die Bindefristen des geförderten Wohnungsbaus, ob nun 20 oder 30 Jahre, hinaus. Wie sieht eine Konstruktion aus, bei der wir davon ausgehen können, dass sie in 40 oder 50 Jahren noch das sicherstellt, was wir erreichen wollen? Wir lernen ja gerade aus den Stadtteilen Rieselfeld und Vauban, wie schnell 10, 20 Jahre vorbei sind, bis eine Bindung ausläuft. Und dann wird teuer verkauft und noch teurer weiterverkauft und irgendwann haben die Mieter nicht mal mehr einen Ansprechpartner. So ist der Markt. Wir glauben, dass das mit gemeinwohlorientierten Eigentümern und den richtigen vertraglichen Konstruktionen bei Kleineschholz nicht so kommt.
chilli: Bei Kleineschholz sollten die Grundstücke ursprünglich nur im Erbbaurecht vergeben werden. Im November 2023 kam dann die Kehrtwende,
die Grundstücke können seither auch gekauft werden. Der 2018 beschlossene Plan, Wohnbaugrundstücke grundsätzlich nicht mehr zu verkaufen, hatte eine überschaubare Halbwertszeit.
Haag: Das Umfeld hat sich stark verändert, der Gemeinderat und die Verwaltung haben Pragmatismus bewiesen.
chilli: Ist Kleineschholz eine Blaupause für den Dietenbach?
Haag: Nein. Das ist eine ganz andere Größenordnung. Aber wie freuen uns, wenn auch dort gemeinwohlorientierte Akteure bauen. Für die könnte es eine Blaupause sein.
chilli: Mitte Dezember meldete das Rathaus, dass die Kosten für Dietenbach um stolze 70 Millionen auf 1,322 Milliarden Euro steigen. Als Grund wurde die „zeitliche Anpassung der Maßnahme“ genannt. Trotzdem soll das Vermarktungskonzept erst Ende 2025 verabschiedet werden?
Haag: Wir werden in diesem Jahr eine Drucksache zum Thema Vermarktung in den Gemeinderat bringen und dann auch starten.
chilli: Liegt es am aufgrund der vielen politischen Anforderungen durchaus schwierigen Vermarktungskonzept, dass es so spät kommt?
Haag: Nein. An der Erschließung. Die erste Frage der Bauherren lautet, wann er aufs Grundstück kann. Wir brauchen aber noch ein halbes Jahr, um
das belastbar zu beantworten. Wir sind durch die ganzen rechtlichen Geschichten, durch die Wald-Besetzung, auch dadurch bedingte Verzögerungen und Umplanungen im Tiefbau und auch durch artenschutzrechtliche Dinge etwas hintendran. Man darf aber nicht vergessen, dass wir allein im ersten Bauabschnitt von 1650 Wohnungen sprechen, das allein wäre für Freiburg schon das größte Baugebiet der letzten 25 Jahre. Das braucht Zeit.
chilli: … und sie brauchen auch noch die artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung …
Haag: … die kam heute Morgen vom Regierungspräsidium.
chilli: Der Schul-Campus Dietenbach soll nach dem Willen im Rathaus in Holzhybrid-Bauweise erstellt werden. Uns ist erzählt worden, dass das wegen der höheren Kosten auf der Kippe steht. Haag: Richtig ist, dass die aktuellen Kostenschätzungen etwas übers Ziel hinausschießen. Das ist nichts Ungewöhnliches. Wir sind derzeit dabei, eine Einsparrunde zu drehen. Aber das Thema Verzicht auf Holzbau steht da nicht auf der Agenda.
chilli: Wir hören auch, dass die bisher vorliegenden Eckpunkte der Vermarktung von der privaten Bauherrenschaft nicht goutiert werden … Haag: Wir führen sehr gute Gespräche mit der VFW (Vereinigung Freiburger
Oval nach oben: Hier wächst das Familien-Rathaus heran.
Wohnungs- und Ge werbeunternehmen, d. Red.) und die sind alle sehr interessiert. Wir führen aber auch Gespräche mit anderen Akteuren, und auch die sind sehr interessiert.
chilli: Welche Punkte sind bei der Grundstücksvergabe „in Stein gemeißelt“, welche müssen vielleicht noch nachgeschärft werden?
Haag: Wir werden sicher 50 Prozent geförderte Mietwohnungen und eine Konzeptvergabe machen. Aber dem Gemeinderat auch unterschiedliche Vergabemodelle vorschlagen. Gerade bei den Verkäufen für komplette Blöcke.
chilli: Marktgängigere Modelle, als die bisher bekannten … Haag: Letztendlich geht es um die Frage, wie wir unsere Entwicklungsziele erreichen, und die kann ich auf unterschiedlichen Wegen erreichen. Es gibt im Dietenbach relativ unkomplizierte Grundstücke, die in der Vergabe gar kein Problem machen. Wir wollen aber keinen Stadtteil, der nur von gewerblichen Akteuren gebaut wird, die dann Eigentumswohnungen verkaufen.
chilli: Wieso wird im politischen Freiburg immer nur von zu fördernden Mietern gesprochen und nie von zu fördernden Eigentümern? Auch in Stuttgart stehen Mieter im Fokus der Fördertöpfe. Dabei ist Deutschland bei den Eigentumsquoten in ganz Europa jetzt schon auf dem vorletzten Platz.
Haag: Was wir bei Kleineschholz machen, ist doch eigentlich Eigentumsersatz. Und ein Stück weit ist das vielleicht auch die Zukunft. Es gibt nicht viele Menschen in Freiburg, die eine Eigentumswohnung für 800.000 Euro finanzieren können. Genossenschaften und das Mietshäuser Syndikat können da helfen. Solche Ansätze gibt es bereits in München. Die Mieter erwerben kein Eigentum, aber wie bei den Baugenossenschaften ein lebenslanges Wohnrecht. Deswegen hoffe ich, dass unsere Baugenossenschaften, die sich bei
Kleineschholz rausgehalten haben, sich stärker im Dietenbach engagieren.
chilli: Warum sollen die Grundstücke im ersten Bauabschnitt Dietenbach komplett verkauft werden? Freiburg steht doch so auf Erbbaurechte … Haag: Der Verkauf mit Rückkaufrecht ist unser Vorschlag an den Gemeinderat. Weil das auf der einen Seite die Finanzierungszinsen nicht noch weiter steigen lässt, aber auch, weil wir momentan noch nicht die Lösung haben, wie das Erbbaurecht beim bezahlbaren Wohnen konkurrenzfähig mit dem Kauf sein kann. Erbbaurechtsgrundstücke gehen derzeit mit einem extremen Handicap ins Rennen. Das wollen wir nicht. Wenn ich als Erbbaunehmer eine schlechtere Förderung kriege, eine schlechtere Beleihung des Grundstücks und schlechtere Zinskonditionen und sich das dann auf den Mietpreis auswirkt, dann muss man sich als Stadt natürlich fragen, was mache ich da?
chilli: Im Rathaus hat sich die Tonlage zum Erbbaurecht offenbar geändert.
Haag: : Der Gemeinderat und auch die Verwaltung haben bei Kleineschholz schon Pragmatismus bewiesen. Und wir werden wir uns sicherlich noch mal intensiv mit dem Gemeinderat unterhalten, weil natürlich die Erwartungshaltung weiterhin da ist, dass wir im Dietenbach viel Erbbaurecht machen. Aber wir müssen vom Ergebnis her denken.
chilli: Nach neun zuweilen hektischen Leitzinssteigerungen mit 4,5 Prozent Höchststand hat die EZB jetzt wieder auf zuletzt 3,15 Prozent runtergefahren. Hilft das Dietenbach?
Haag: Umgekehrt gedacht wäre es, wenn wir vor zwei Jahren auf dem Markt gewesen wären, sehr schlecht gewesen. Momentan ist das Umfeld für Immobilien-Investitionen wieder deutlich besser.
chilli: Was verspricht sich Freiburgs Baubürgermeister von einer neuen Regierung in Berlin?
Haag: Ich wünsche mir, dass man das Thema Wohnen nicht vergisst – über all die anderen Probleme, die ich durchaus sehe. Und die neue Regierung muss sich intensiv mit der De-Regulierung befassen, weil uns das viel Geld, viel Zeit und viel Personal kostet. Beides würde Dietenbach helfen.
chilli: Das träfe auch auf ausreichend große Fördertöpfe im Landeswohnraumförderprogramm zu.
Haag: In Stuttgart haben wir nicht zuletzt das Thema Verlässlichkeit. Wenn man eine Förderzusage erhalten hat, muss die auch verbindlich sein. Das Land tut jetzt auch im laufenden Jahr mehr für den Wohnungsbau, aber im Ländervergleich ist trotzdem Luft nach oben.
chilli: Das Land erhöht wohl den Fördertopf um das Dreifache auf 1,5 Milliarden Euro.
Haag: Die Bugwelle ist trotzdem riesig. Und alle, die noch mehr von der Sache verstehen, sagen, das ist zwar ein wichtiger Schritt, aber es wird immer noch nicht reichen, um diese Bugwelle abzubauen.
chilli: Herr Haag, vielen Dank für dieses Gespräch.
Zum Weiterlesen
Wie sich der Bau von Dietenbach auf den Mundenhof auswirkt, dazu ein Interview hier: bit.ly/chilli-mundenhof
Ist mit dem Radl da: Martin Haag auf dem Dietenbach-Gelände
Wohnungsnot gefährdet Wettbewerbsfähigkeit
Umfrage von IHK und FSB zeigt „dramatische Ausmaße“
Blickfang im Neubauviertel: Das Büro Netzwerkarchitekten (Darmstadt) hat sich mit diesem Entwurf durchgesetzt. Zusammen mit einem zweiten Gebäude in Kleineschholz realisiert die Stadtbau das Pilotprojekt „Mitarbeiterwohnen Konzern Stadt“.
Der Mangel an Wohnungen wächst sich in der Region mehr und mehr zu einem Standortnachteil aus. Drei von vier Betrieben in der Region sehen in einer aktuellen Umfrage in der Wohnungsnot ein Problem für die Zukunft. „Das sind alarmierende Zahlen“, sagt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer südlicher Oberrhein (IHK) Alwin Wagner. Immer mehr Unternehmen arbeiten dagegen und investieren aktuell in Mitarbeiterwohnungen. In der halben Republik.
Die ohnehin schwierige Suche nach Fachkräften wird durch den Mangel an Wohnungen noch erschwert. 75 Prozent der teilnehmenden Unternehmen im Südwesten befürchten, dass sie durch die Wohnungsnot in Zukunft Nachteile bei der Gewinnung von Beschäftigten bekommen werden. Mehr als 60 Prozent schätzen dieses Risiko bereits jetzt als „hoch“ oder „sehr hoch“ ein. Das kam bei der Umfrage heraus, die die IHK gemeinsam mit der Freiburger Stadtbau GmbH (FSB) erstellt hat.
Bereits bei der IHK-Standortumfrage 2023 wurde der Wohnungsmangel von den Unternehmen als großer Risikofaktor genannt. „Das war der Anlass für uns, hier nachzuhaken“, schildert Wagner das Motiv zur aktuellen Umfrage „Wohnraum für Mitarbeitende“. Und: „Wir haben selbst schon erleben müssen, dass wir Beschäftigte verloren haben, weil sie in der Region keine Wohnung finden konnten.“
Überall in Deutschland investieren deswegen kommunale und private Unternehmen in neue oder gebrauchte Werkswohnungen. Die Stadtwerke München haben angekündigt, bis 2030 insgesamt 3000 MitarbeiterWohnungen im Bestand zu haben. Aktuell sind es 1400. Die Hamburger Hochbahn, das zweitgrößte Nahverkehrsunternehmen in Deutschland, will auf dem Grundstück des ehemaligen Tram-Depots in Altona mit ihrer Tochter HSG (Hamburger Siedlungsgesellschaft GmbH) bis 2031 rund 400 Werkswohnungen bauen. 2041 hat sie bereits im Bestand.
Vor einer Mammutaufgabe stehen nicht zuletzt die beschäftigungsintensiven Krankenhäuser. In dem Bereich
gilt das Stuttgarter Klinikum bundesweit als Vorbild. Für das kommunale Krankenhaus baut die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) aktuell an zwei Standorten fast 600 Wohnungen, die ausschließlich an Beschäftigte vermietet werden. Das Klinikum bezuschusst die Mieten aus dem Verkauf des Grundstücks. Auch die Berliner Charité hat einen ersten Wohnblock mit 76 Wohnungen für ihre Beschäftigten angemietet. Das Berliner Institut RegioKontext hatte im vergangenen März die Studie „Bezahlbares Wohnen wird zum Standortfaktor“ vorgelegt. „Der Wohnungsund Fachkräftemangel gefährdet den Wirtschaftsstandort Deutschland. Mitarbeiterwohnen wird vor diesem Hintergrund zu einem wichtigen Instrument der Personalpolitik“, sagt Studien-Koordinator Simon Wieland. „Der Bund unterstützt mit verschiedenen Programmen die Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum. Diese Förderprogramme können auch von Arbeitgebern in Anspruch genommen werden“, betont Elisabeth Kaiser, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wohnen,
Stadtentwicklung und Bauwesen. „Damit das Mitarbeiterwohnen künftig noch stärker genutzt werden und Fahrt aufnehmen kann, muss die Politik es noch stärker unterstützen und ermöglichen“, fordert indes Ingeborg Esser, die Hauptgeschäftsführerin des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft
GdW: „Der Bund sollte einige steuerliche Stellschrauben im Bereich der Lohnsteuer zum Vorteil von mietenden Angestellten nachjustieren, umsatzsteuerliche Nachteile beim Erwerb von Belegungsrechten beseitigen und den Neubau von Mitarbeiterwohnungen fördern.“ Baden-Württemberg hatte Mitarbeiterwohnungen – als eines der wenigen Bundesländer – schon 2020 in die soziale Mietwohnraumförderung aufgenommen.
Werkswohnungen gehörten mal zur Grundausstattung großer deutscher Unternehmen. Ende der 70er-Jahre gab es rund 450.000. „In den vergangenen Jahrzehnten wurden viele Werkswohnungen auch großer Firmen wie der Deutschen Bahn verkauft, weil mancher damals glaubte, Werkswohnungen würden nicht mehr benötigt. Eine fatale Fehleinschätzung“, sagt Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes.
Nun korrigiert auch der Bund diese Fehlentwicklung: Bis Ende 2025 will die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) mit dem Bau von 4000 Wohnungen in Ballungsräumen beginnen. In Baden-Württemberg sind Stuttgart, Freiburg und das Dreiländereck die Schwerpunkte. In einem Grundsatzpapier der baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern heißt es: „Die Verfügbarkeit von Wohnraum zählt heute zu einem der wichtigsten Standortfaktoren für Arbeitgeber.“
In der IHK-Umfrage gaben 50 Prozent an, ihre Mitarbeitenden bei der Wohnungssuche zu unterstützen, 30 Prozent locken mit einem flexiblen Arbeitsplatz. 20 Prozent mieten Wohnungen für ihre Mitarbeitenden an und 10 Prozent haben schon eigene
Mitarbeiterwohnungen erworben oder bauen lassen. „Die Unternehmen verfolgen nicht das Ziel, mit Mitarbeiterwohnungen Gewinne zu erzielen“, betont Wagner, „es geht um den Fortbestand des Betriebes.“
Kein Interesse an Gewinnen
So will der Europa-Park in Ringsheim ein neues Wohnheim für 300 Mitarbeitende sowie ein Boardinghouse mit 60 Plätzen bauen. Wohnraum, so Europa-Park-Inhaber Jürgen Mack, sei für das Unternehmen ein zentraler Baustein, um Mitarbeitern ein Zuhause in der Nähe ihres Arbeitsplatzes zu bieten. Der Europa-Park hatte unlängst auch das Pflegeheim in Ettenheimmünster gekauft, um dort 120 Mitarbeiterwohnungen einzurichten. Und bereits 129 Mitarbeiterwohnungen am Ruster Ortsrand gebaut. In Winden hat die Chefin des Elztalhotels, Ulrike Tischer, schon vor 20 Jahren den alten Gasthof Lindenhof gekauft, in dem 30 Beschäftigte wohnen. Jetzt will die Familie weitere 30 Wohnungen bauen.
Die Freiburger Stadtbau, die die Umfrage gemeinsam mit der IHK erhoben hat, will auch ihren Teil beitra-
Premiere: Das erste Azubi-Heim der Stadtbau
gen. „Die Bauarbeiten für Freiburgs erstes Azubi-Wohnungsprojekt an der Wirthstraße (wir berichteten) haben bereits begonnen“, so die beiden Geschäftsführer Magdalena Szablewska und Matthias Müller. Die 89 Einund Zwei-Zimmer-Apartments können voraussichtlich im Sommer 2026 bezogen werden. Im laufenden Jahr wird zudem der Startschuss für das FSB-Projekt „Mitarbeiterwohnen“ erfolgen, bei dem Unternehmen Wohnungen erwerben und an ihre Beschäftigten vermieten sowie die damit verbundenen Steuervorteile nutzen können.
„Der Ausbau von Mitarbeiterwohnungen bedarf einer großen Kraftanstrengung von Unternehmen, Projektleitern und Kommunen“, sagt Alwin Wagner. Baulandreserven müssten aktiviert, Baugenehmigungen beschleunigt und innovative Bauweisen gefördert werden. Kommunen bräuchten dafür den Rückhalt von oben, erklärt Wagner und appelliert an die politischen Entscheidungsträger im Land, über Parteigrenzen hinweg an einer Lösung mitzuwirken: „Wir müssen unseren Standort attraktiv halten.“ Die Zeit dränge: Bis 2035 könnte die Zahl der fehlenden Fachkräfte allein in BadenWürttemberg auf 933.000 steigen. Lars Bargmann
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Clever und smart
FWTM präsentiert die 16. GETEC
Vom 7. bis 9. Februar schlägt die Gebäude.Energie. Technik (GETEC) bereits zum 16. Mal ihre Zelte in den Freiburger Messehallen auf. Dann unter dem Slogan „Der Weg zum smarten Bauen und Wohnen“.
Die führende Messe für energieeffizientes Planen, Bauen und Modernisieren sowie erneuerbare Energien im Südwesten ist für Bauherren, Handwerksbetriebe, Planer und auch Hersteller das Highlight des Messejahres. Im vergangenen Jahr strömten rund 9000 Interessierte zu den 155 Ausstellern in die Hallen.
Mit einem ähnlichen Zuspruch rechnet die veranstaltende Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) auch in diesem Jahr. Die Besucher erwartet ein bunter Strauß an Angeboten, Workshops und Informationen. Etwa zu den Themen Balkonsolar, Förderprogrammen oder auch zu Bauweisen mit natürlichen Baustoffen wie Stroh, Holz und Lehm.
„Klimaschutz ist eine der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit. Wenn er abstrakt ist, sind die meisten Menschen dafür. Herausfordernd wird es immer dann, wenn die Fragen konkret werden“, betont Christine Buchheit, Umweltbürgermeisterin der Stadt Freiburg. Als praxisnahe Plattform bietet die Messe Besuchern nicht nur Antworten auf zentrale Fragen zur Energiewende, sondern zeigt auch konkrete Lösungen und Wege, wie Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Digitalisierung im Gebäudesektor erfolgreich umgesetzt werden können. Sie macht also unter ihrem Slogan bestenfalls auch die Besucher clever und smart.
„Als regionale Plattform für die Themen energieeffizientes Planen, Bauen und Modernisieren sowie erneuerbare Energien und gesundes Wohnen bringt die GETEC Bauherr*innen, Handwerker*innen, Planer*innen und Hersteller*innen unter einem Dach zusammen. Mit der Themenwelt Solar & Speicher greifen wir zudem ein sehr
aktuelles Thema auf: die zunehmende Attraktivität im Bereich der privaten Solarstromerzeugung“, sagt die FWTM-Geschäftsführerin Hanna Böhme.
Das Fachforum bietet Vorträge zu energieeffizientem Bauen und Modernisieren. Zudem können Besucher auf dem Marktplatz Energieberatung kostenlose Beratung zu Planung, Finanzierung und den neuesten gesetzlichen Vorgaben bekommen. Ein „Schnellschalter“ ermöglicht kurze, unkomplizierte Beratungen ohne Terminvereinbarung. Für ausführlichere Gespräche können Interessierte im Voraus Termine über die GETEC-Website buchen.
Auch in den Themenwelten Gebäude & Wohnen, Wärme & Kälte, Solar & Speicher, E-Mobilität & Smart Living stehen zahlreiche Experten für individuelle Beratungen bereit. Die Stadt Freiburg informiert über Förderprogramme und Wärmenetzplanung, während die Vereine fesa und Solare Zukunft in Schau-Workshops über Balkonsolaranlagen informieren. Wieder dabei ist auch der Fachverband Strohballenbau Deutschland, der nachhaltiges Bauen mit natürlichen Baustoffen präsentiert.
Parallel zur GETEC laufen die IMMO (siehe Seite 18) und der 14. Kongress Klimaneutrale Kommunen, der ganz im Zeichen der praktischen Umsetzung und Beschleunigung der kommunalen Energiewende steht. Ob Wärme, Mobilität, Energieversorgung, Bürgerbeteiligung oder Sanierung und Neubau – der Kongress präsentiert Best Practices und Lösungen für Kommunen aus verschiedenen Themenbereichen. Mit über 250 teilnehmenden Referierenden und Fachausstellern bietet er die ideale Networking-Plattform. bar
Info
Die GETEC hat vom 7. bis 9. Februar ihre Tore jeweils von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Tickets gibt es ab 9 Euro. Die Karten berechtigen auch zum Besuch der parallelen IMMO-Messe. www.getec-freiburg.de
Vielfalt
Messe BAUEN WOHNEN Garten & Genuss
In der Messe Offenburg gibt es am zweiten März-Wochenende wieder die traditionelle BAUEN WOHNEN Garten & Genuss. Ein Highlight ist die erneute Integration des Kreativ-Markts „kreativ Offenburg Frühlingserwachen“, der kreativen Köpfen und DIY-Enthusiasten eine Plattform bietet.
„Der Kreativ-Markt ist eine Bereicherung für unser Messekonzept und bringt eine kreative Note in unser umfassendes Angebot. Wir möchten Raum für Innovationen und kreative Inspiration schaffen“, so Alexander Fritz, Leiter Publikumsmessen. Im Bereich Bauen stehen die Themen Erneuerbare Energien, innovative Heizsysteme und Sicherheitstechnologien im Fokus. Beim Wohnen alles zwischen modernen Designlösungen und rustikalem Landhausstil.
Im Gartenbereich bieten die Aussteller etwa hochwertige Gartenmöbel und Dekorationen, innovative Pool- und Überdachungslösungen, aber auch WellnessAngebote wie Glashäuser und Freiluftküchen. Der Bereich Genuss lädt mit kulinarischen Köstlichkeiten aus der Region und internationalen Spezialitäten zum Verweilen ein. Es gibt also Vielfalt pur. chilli
BAUEN WOHNEN Garten & Genuss. Die Messe ist am 8. und 9. März jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Tickets unter: www.bauenwohnengarten.de/tickets
FWTM erweitert Zielgruppe
Die 16. IMMO-Messe in Freiburg
Mit der 16. Auflage der IMMO weitet die veranstaltende Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) das Programm aus. So werden sich nicht nur Immobilienkäufer und -verkäufer am 8. und 9. Februar in Halle 1 treffen.
Für Bauträger und Makler, Finanzierungsexperten und Immobilienentwickler, Fertighausbauer und Sachverständige, Immobilieneigentümer oder solche, die es werden wollen, ist die IMMO die Plattform, um sich jenseits des Internets persönlich über die Angebote regionaler Akteure zu informieren. Und neben den Ständen der Aussteller gibt es ein breites, kostenfreies Vortragsprogramm, das etwa über Aktuelles zu den Themen Erbe und Schenkung informiert, individuelle Baufinanzierungen vergleicht und Tipps und Tricks für Käufer und Verkäufer von Immobilien in turbulenten Zeiten bietet. Neu sind in diesem Jahr zukunftsweisende Themenbereiche wie innovative Wohnkonzepte, genossenschaftliches Wohnen oder auch Wohnen im Alter. „Künftig werden wir mit der IMMO neben den Erwerber*innen von Wohneigentum eine breitere Zielgruppe ansprechen. So stehen auch Themen wie bezahlbares und gemeinwohlorien-
tiertes Wohnen oder die effiziente Nutzung von Wohnraum neu im Fokus“, sagt FWTM-Geschäftsführerin Hanna Böhme. Zudem werde auf der IMMO gezeigt, dass Energieeffizienz und der Einsatz erneuerbarer Energien „unerlässlich sind, um den Klimaschutz im Wohnungsbau voranzutreiben“. Zu den Ausstellern zählen etwa die Bauträger BPD Immobilienentwicklung, Gisinger Immobilien, Siedlungswerk, Unmüssig Bauträgergesellschaft oder die Wohnbau Baden GmbH. Das Freiburger Rathaus schickt nicht nur die Freiburger Stadtbau, sondern auch die Projektgruppe Dietenbach aufs Parkett, die Tiny Home Factory ist ebenso am Start wie Holz- und Fertighaus-Anbieter oder auch die Baugemeinschaft Nestbau³, die aktuell auf dem Güterbahnhof baut und noch Mitstreiter sucht. Die FWTM selbst ist mit ihrer Freiburg Wirtschaftsimmobilien GmbH dabei, eine Tochter, die sie zusammen mit der Freiburger Sparkasse hat. bar
Info
Die IMMO Freiburg hat am 8. und 9. Februar ihre Tore von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Tickets gibt es ab 9 Euro. Die Karten berechtigen auch zum Besuch der parallel stattfindenden GETEC. www.immo-messe.freiburg.de
Unmüssig-Projekt in Weinheim: Geförderte Mietwohnungen am Quartiersplatz
Das Lied vom bezahlbaren Wohnen läuft in Dauerschleife auf allen politischen Sendern der Republik. Nicht nur in den Ballungsräumen fehlen Zehntausende bezahlbare Wohnungen. In Freiburg sind vor allem die kommunale Stadtbau GmbH und die Unmüssig Bauträgergesellschaft die größten Akteure, die massiv in den sozialen Wohnungsbau investieren – und dafür Fördermillionen in den Breisgau holen wollen.
Der Topf für die soziale Wohnraumförderung war im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg mit 580 Millionen Euro gefüllt. Und schon im Juni leergelöffelt. Nun, so heißt es aus Insiderkreisen, soll das Volumen im laufenden Jahr fast verdreifacht werden. Das wäre auch nötig.
Die Unmüssig-Gruppe plant auf dem Güterbahnhof vis-à-vis der Lokhalle,
im Haierweg auf der Haid, auf dem Gelände des ehemaligen OBI-Marktes in St. Georgen und an der Auwaldstraße in Landwasser bis Ende 2026 insgesamt 400 geförderte Wohnungen zu bauen. „Wir holen einen erklecklichen Teil der Fördermittel in unser Städtle, und nach meiner Auffassung ist es auch die heiligste Aufgabe eines Oberbürgermeisters, so viel wie möglich nach Freiburg zu holen. Sonst bricht die soziale Struktur zusammen. Und die kriegt man dann kaum mehr zurück“, sagt Peter Unmüßig bei einem Kaffee in seinem Büro auf dem Güterbahnhof.
Auch in Weinheim bei Heidelberg und in der Gemeinde Weingarten bei Karlsruhe planen die Freiburger 100 Sozialwohnungen. Die Mieten in diesen 500 Einheiten werden 40 Prozent unter den ortsüblichen Vergleichsmieten liegen. Damit leiste man einen
„wichtigen Beitrag zur sozialen Stabilität in der Gesellschaft“. Immer vorausgesetzt, das Land stellt verlässliche Fördermittel bereit, denn ohne ist der soziale Wohnungsbau wirtschaftlich etwa so interessant wie ein Engagement an einem Spielautomaten. Laut der baden-württembergischen Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen, Nicole Razavi, waren die 580 Millionen Euro, die das Land gemeinsam mit dem Bund in 2024 in die soziale Wohnraumförderung investiert hat, ein historischer Rekord. Den hielt bisher das Jahr 1993 mit 562 Millionen. Aber Rekordzahlen verlieren ihren Glanz, wenn sie nach nur sechs Monaten auf Null fallen. Unmüssig würde auch gerne im Neubauviertel Kleineschholz bauen. Mit drei Konzepten für drei Grundstücke hatte er sich beworben. Bei allen Konzepten hatte er 100 Prozent geförderten Wohnraum mit 40 Jahren Mietpreisbindung aufs Feld geführt. Und kam damit im gemeinwohlorientierten Quartier dennoch nicht zum Zug. „Offenbar geht da die Befriedigung ideologischer Bedürfnisse vor“, so Unmüßig.
Ob sich die Gruppe auch im Dietenbach engagieren wird, auch mit gefördertem Wohnungsbau, kann sich der Firmenlenker aktuell nicht vorstellen. „Zu den uns derzeit bekannten Grundstückspreisen und Rahmenbedingungen wird sozialer Wohnungsbau dort nicht funktionieren.“ Baubürgermeister Martin Haag hat im chilli-Interview (Seiten 6–8) erstmals gesagt, dass das Rathaus an den Bedingungen bei der Vermarktung der größeren Baublöcke noch einmal Hand anlegt. Wenn das so ist (Unmüßig streckt die Hand über den Tisch), würde er vielleicht doch einschlagen. bar
»Es
sieht gut aus«
Trotz steigender Baukosten und fehlender Fördergelder:
FSB sieht Wohnbauoffensive auf Kurs
Vor fast fünf Jahren präsentierte Oberbürgermeister Martin Horn die größte Wohnbauoffensive in der Freiburger Geschichte: Bis zum Jahr 2030 will die Freiburger Stadtbau (FSB) knapp 2500 Wohnungen neu bauen. Der eigene Bestand soll insgesamt um 1000 Wohnungen wachsen – trotz explodierender Baukosten und fehlender Fördergelder. Dem Gemeinderat will die Rathaus-Tochter Ende des Jahres ein Zwischenfazit vorlegen. chilli hat bereits jetzt mit Freiburgs Stadtbauchefs gesprochen.
„Freiburg ist leider zu teuer“, sagt Horn im Juli 2020 in einem tausendfach geklickten Facebook-Video. Darin verspricht der Rathauschef Abhilfe und verkündet eine „Hammer-Agenda“. Den Auftrag des Gemeinderats mit 2500 neuen Wohnungen soll die FSB-Doppelspitze um Magdalena Szablewska und Matthias Müller erfüllen.
„Das ist unser erklärtes Ziel“, bekräftigt Szablewska heute. Rund 10.000 Wohnungen hat die FSB aktuell im Bestand. Weitere 544 Wohnungen
befinden sich im Bau. Bis zum Jahresende sollen noch mal 460 hinzukommen. Netto – es müssen auch alte Wohnungen abgerissen werden –hat die FSB bis Jahresende einen Zuwachs von knapp 500 Wohnungen. „Wir sind im Plan“, sagt Szablewska. Große Baugebiete der FSB liegen im Stühlinger im Quartier Metzgergrün (550 Wohnungen), an der Uffhauser Straße (259), am Lindenwäldle (300) sowie im Mooswald (knapp 400).
5000 auf der Warteliste
Es ist kein Wachstum um jeden Preis. Im 2020 vorgestellten Konzept ist festgeschrieben, dass der Durchschnitt aller FSB-Mieten 25 Prozent unter dem städtischen Mietspiegel liegen soll. 2023/24 lag der Freiburger Mietspiegel bei 10,01 Euro pro Quadratmeter, 2025/26 bei 10,81. „Ende 2023 waren wir mit 30,75 Prozent unter dem Durchschnitt“, sagt Szablewska. Für die noch ausstehen-
de Erhebung 2024 werde sich dieser Wert „nur marginal“ ändern.
Laut Müller ist die FSB im Mittel der günstigste Vermieter unter den großen Anbietern auf dem Freiburger Mietmarkt. Sollte eine Familie mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufbringen, greift außerdem der sogenannte Sozialbonus. Mehr als 130 Haushalte nehmen ihn in Anspruch. Entsprechend beliebt ist ein Dach unter der FSB. Aktuell stehen knapp 5000 Haushalte auf der Warteliste. Der Weg zu mehr Wohnraum verläuft nicht ohne Hürden. Zwischen 2000 und 2018 seien die Baukosten im Bundesschnitt um 65 Prozent gestiegen, allein zwischen 2019 und 2024 laut Müller um 44 Prozent. Zwar gebe es Bewegung in den Baubereichen Rohbau und Aushub, die anderen Kosten blieben aber auf hohem Niveau. Vorgesehen war für die 2500 Wohnungen im Jahr 2020 ein Investitionsvolumen von knapp 700 Millionen Euro. „Die Finanzierung bekommen wir bislang gut hin“, kommentiert Müller. Ohne städtische Grundstückseinlagen im Wert von rund 100 Millionen
Prämierter Entwurf: Im Neubauviertel Kleineschholz haben MBPK-Architekten den Wettbewerb mit einem Holzhybrid-Gebäude mit 31 Wohnungen gewonnen. Auch dort werden OB Martin Horn (m.) sowie die FSB-Chefs Magdalena Szablewska und Matthias Müller bald wieder zum Spaten greifen.
Euro sei das Projekt jedoch nicht zu stemmen. „Das große Engagement der Stadt ist ein Wort“, so Müller.
Er wünscht sich aber eine bessere Förderung vom Land: „Oft sind im Frühjahr schon die Mittel erschöpft und dann steht man in der Warteschlange“, sagt der 50-Jährige. Gleichzeitig seien politische und bürokratische Anforderungen gewachsen. „Die Standards sind überall gestiegen. In Summe kostet das viel Zeit und Geld“, sagt Müller.
Unterm Strich sind Szablewska und Müller mit FSB 2030 zufrieden. „Es sieht gut aus“, fasst die Geschäftsführerin zusammen. Ihr Kollege ist überzeugt: „Das Projekt hat sich als total richtig erwiesen. Damit können wir antizyklisch handeln und die Wohnbauoffensive wird sich für Freiburg perspektivisch auszahlen.“
Laut Müller ist die FSB „auf einem guten Weg, aber wir müssen alle gemeinsam darauf achten, dass Erwartungen nicht in den Himmel wachsen und überzogene Bürokratien und Standards uns keinen Strich durch die Rechnung machen“.
Philip Thomas
Eklat auf der Baar
Warum die BG Villingen in der Kritik steht
II-BR/B2300428 – unter diesem Aktenzeichen hatte die Baubehörde der Stadt VillingenSchwenningen am 23. Oktober 2023 den Neubau von Wohnmodulen über bestehenden Garagen an der Rietheimer Straße genehmigt. Ein innovatives Projekt, das sich die Baugenossenschaft Villingen (BGV) von der XSCubes GmbH herstellen lassen wollte. Wollte. Per Mail teilte der BGV-Vorstand Andreas Scherer dem völlig überraschten Cubes-Geschäftsführer Kai Engesser am 13. Juni 2024 mit, „vom Kauf und Bau der Cubes Abstand zu nehmen“. Der Schaden ist groß. Seither schreiben sich die Anwälte. Es droht ein Gerichtsverfahren.
Am 7. Februar 2023 hatten Vertreter der BGV und der Cubes GmbH einen Bauvertrag über die Lieferung und Montage von 12 voll ausgestatteten Cubes mit Treppenanlage und Aufzug unterzeichnet. Kostenpunkt: Rund 2,2 Millionen Euro. Die Cubes sollten auf Garagen der BGV gebaut werden. Ein innovatives Nachverdichtungskonzept, für das keine Bauflächen gekauft und versiegelt werden müssten. Der örtlichen Presse sagte der Technische Vorstand der BGV Harald Maier seinerzeit, dass es für die Genossenschaft immer schwieriger wird, bezahlbare Bauplätze oder Bauland zu erwerben. Mit dem Cubes-Projekt könne man „kostengünstigen Wohnraum“ auf eigenem Geläuf schaffen. Man gab sich die Hand. Die XSCubes legte los. Im Bauvertrag wurde eine aufschiebende Bedingung formuliert: Die Baugenehmigung muss bis zum 31. Juli 2023 vorliegen. Kein halbes Jahr zwischen Vertrag und Genehmigung – ein sehr ambitionierter Zeitplan. Diese zu besorgen, legte Engesser
in die Hand der Baugenossenschaft. „Das war so geregelt, weil die BGV das so wollte“, sagt XSCubes-Gesellschafterin Barbara Burkhardt-Ganter. Es habe ja nie Zweifel daran gegeben, dass die Baugenehmigung erteilt würde. Auch Oberbürgermeister Jürgen Roth habe hinter dem Projekt gestanden. Letztlich wurde der Bauantrag am 31. Juli eingereicht. Genau an dem Tag also, an dem schon die Genehmigung hätte gestempelt sein müssen.
Innovativ: Neue Cubes auf alten Garagen
Dass tags drauf der Vertrag eigentlich unwirksam wurde und es darüber auch Schriftverkehr geben müsste, ist zumindest den der Redaktion vorliegenden Akten nicht zu entnehmen. Im Gegenteil: Es wurde weiter munter am Projekt gearbeitet. Ungezählte Mails flogen hin und her, unter anderem fragte die BGV, ob man die Cubes nicht auch in Holzbauweise erstellen könnte oder es ging um öffentliche Fördermittel. Auch um die sollte sich die XSCubes kümmern. Am Ende wurde das Projekt dann, trotz zugesagter Fördermittel, doch zu teuer, die BGV nutzte die aufschiebende Bedingung – und stieg aus dem Geschäft aus. Zum Schaden der jungen Firma.
„So kam es zum Eklat“, sagt Anwältin Janina Gill-Margenfeld von der Baurecht-Spezialistenkanzlei Steiger Schill und Kollegen, die die XSCubes vertritt. In einem Schriftsatz an die BGV führt sie aus, dass es auch nach dem 31. Juli zahlreiche Besprechungen und Schriftverkehr – kurioserweise auch per WhatsApp noch im Februar und März 2024 – gab, auch noch Änderungswünsche, die noch mit in den Bauantrag einfließen sollten. Und noch am 6. Juni 2024, eine Woche vor dem Eklat, hatte BGV-Vorstand Scherer an Engesser gemailt: „Wir möchten gerne, dass die XSCubes als Mieter auftritt und „25,- € pro Qm überweist.“ Für ein voll möbliertes Niedrigenergiehaus im Kleinstformat. Für Kanzlei-Partner Nicolas Schill ist klar, dass deswegen auf die aufschiebende Bedingung „konkludent verzichtet“ wurde. Auch Burkhart-Ganter berichtet, dass „ganz klar alles so weiter gelebt wurde, dass wir das gemeinsame Projekt so durchziehen“. Auch wenn beide Seiten wussten, dass die aufschiebende Bedingung abgelaufen war. BGV-Vorstand Scherer teilt auf Anfrage mit, dass er zum Fall „keine Stellung beziehen“ möchte, da es sich um ein „schwebendes Verfahren handelt, bzw. noch gar keine Ansprüche des Klägers geltend gemacht wurden“. BGV-Anwalt Christoph Schäfer argumentiert in einem Schreiben an GillMargenfeld, dass der Vertrag nach dem 31. Juli seine Wirksamkeit verloren hatte und es bei all der Korrespondenz danach um einen neuen Vertrag gegangen sei, der aber nicht zustande gekommen sei. Eines gemeinsamen Termins mit den Beteiligten bedürfe es daher gar nicht. Gill-Margenfeld hat als Gerichtsstand Freiburg oder Konstanz vorgeschlagen. Lars Bargmann
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Außergewöhnlich Wohnen
chilli auf Stippvisite bei Menschen, die jenseits des Mainstreams leben
Ein Haus mit vier Wänden, Vorgarten und Dach? Wie langweilig! Ob auf Rädern, unter der Erde, im Nomaden-Zelt, in einer alten Dorfkneipe oder doch in der Tankstelle aus den 1950er-Jahren: Familien, Pärchen und Singles erzählen chilli-Redakteur David Pister von ihren ungewöhnlichen Wohnräumen, was sie daran schätzen und den Herausforderungen, die sie meistern mussten.
Das Erdhügelhaus von Monika Opferkuch
Hobbits, Teletubbies oder vielleicht doch Maulwürfe – wer mag wohl in den Erdhügelhäusern von Donaueschingen wohnen? Es sind ganz normale Menschen. Eine von ihnen ist Monika Opferkuch: Die 58-Jährige lebt seit der
Fertigstellung der Siedlung – das sind mittlerweile mehr als 30 Jahre – in einem der neun halbrunden Häuser.
Die besondere Architektur der Häuser fällt sofort ins Auge. Bereits ab einer Höhe von 1,20 Metern beginnt
die charakteristische Rundung. Wo sonst Dachziegel wären, befindet sich hier eine 25 Zentimeter dicke Erdschicht. Bewachsen mit Gras und anderen Pflanzen. Darunter schützen eine Teichfolie und Matten das Gebäude vor Feuchtigkeit.
Das Erdhügelhaus erinnert an eine Hobbithöhle. Innen ist es aber eher luftig gestaltet.
„Das ist ein ganz besonderes Gefühl von Geborgenheit“, sagt Opferkuch. Gleichzeitig – durch große Fensterfronten auf der Nord- und Südseite – ist ihr Haus lichtdurchflutet. Das halbrunde Haus hat bis auf die Außenwände keine Mauern im Inneren, dadurch wirkt der Wohnraum groß und luftig. Die Ökosiedlung in Donaueschingen, bestehend aus Erd-, Solar- und Blockhäusern, wurde Anfang der 1990er-Jahre fertiggestellt. „Wir haben ein ganz besonderes Verhältnis in der Nachbarschaft. Wir sitzen alle in einem Boot. Die meisten aus der Bauphase sind noch da“, sagt Opferkuch. Auf einem Gemeinschaftsgrundstück feiern die Nachbarn Feste, treffen sich zur Feuerzangenbowle oder grillen gemeinsam.
Anfangs gab es Skepsis: Nachbarn sorgten sich um Löwenzahn, der sich vom begrünten Dach in anderen Gärten ausbreiten könnte. Und die Idee, Ziegen als natürliche „Rasenmäher“ einzusetzen, scheiterte an einem Verbot der Kleintierhaltung. Auch eine geplante Trockentoilette blieb
letztlich unrealisiert. „Damals war das ein großer Hype. Heute ist alles etwas ruhiger“, meint Opferkuch.
Früher seien Busse voller neugieriger Menschen gekommen, um sich die außergewöhnlichen Häuser anzuschauen. So viele kommen zwar nicht mehr, aber für Neuankömmlinge sind die Hügel nach wie vor eine Attraktion. Ein Spaziergänger fragt Monika Opferkuch einmal von der Straße aus, wie das mit den Wurzeln der Pflanzen auf dem Dach funktioniere. Ihre augenzwinkernde Antwort: „Das ist super praktisch. Ich pflanze Karotten auf dem Dach und kann sie dann im Schlafzimmer ernten“, sagt Monika Opferkuch und lacht los.
Ein kleiner Nachteil der Erdschicht sei manchmal der eingeschränkte Handyempfang. Auch große Schränke lassen sich wegen der Rundung nicht an jede Wand stellen. Das sind aber Kleinigkeiten. Die „Hüglerin“ ist sich sicher: „Ich bleibe hier wohnen. Mein Arbeitsplatz ist in der Nähe und das soziale Umfeld hier will ich nicht missen.“
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Wohnen in der alten Tankstelle: Damit haben Marcus Ehrhardt, Katja Altmann und Tochter Livia nicht gerechnet.
Die Tankstelle von Marcus Ehrhardt & Katja Altmann
ochen im Verkaufsraum. Essen und schlafen in der Kfz-Werkstatt. Billard spielen, wo einst Autos gewaschen wurden. Marcus Ehrhardt und Katja Altmann wohnen zusammen mit Altmanns Tochter Livia Fringer in einer alten Tankstelle in Kirchzarten. In einer 0815-Neubausiedlung zu wohnen, war für das Architektenpaar undenkbar. Aber eine denkmalgeschützte Tanke? Damit hat Marcus Ehrhardt nicht gerechnet.
Ehrhardt wohnte in Freiburg – Altmann in Burg-Birkendorf. An der heruntergekommenen Tankstelle aus den 50er-Jahren sind die beiden täglich vorbeispaziert. Da müsste man doch was machen, sagten sich die beiden – ein Café oder ein Biergarten. Dann tauchte das Gebäude auf einem Immobilienportal im Internet auf. „Nach der Besichtigung war für uns klar: Wenn wir das kaufen, dann wohnen wir auch darin“, sagt Ehrhardt. Der Architekt vermutete hinter den weiß gestrichenen Fenstern eine dunkle Halle. Stattdessen kamen zum Vorschein: tolle Räume, Riesenfenster und eine Wand aus Glas. Die Bausubstanz war gut erhalten. Im Juni 2022 kaufte das Architektenpaar die Tankstelle. Anfang 2023 begannen sie mit dem Rückbau. Wer bis Ende der 80er-Jahre von Freiburg in den Schwarzwald fuhr, kam unweigerlich an der Tankstelle vorbei. Die alte B31 führte Wochenendausflügler und Touris an die Zapfsäule von Oskar Schmidt. In der
Bauphase gewann das Gebäude etwas vom alten Ruhm zurück: „Die Kirchzartener sind hier ganz selbstverständlich hereingelaufen“, erzählt Ehrhardt lachend. Auch böse Überraschungen lauerten hinter der historischen Fassade: So wurden damals sogenannte Sauerkrautplatten in der Decke zubetoniert. Der Beton entmischte sich – der flüssige Teil sickerte in die Platten. „Das Zeug musste raus. Das wäre uns sonst weggeschimmelt und in fünf bis zehn Jahren eingestürzt“, sagt Ehrhardt. Auch bei einer Art Öl-Auffangstation, der Ölbar, musste viel Zeit investiert werden. Mehr als 30 Jahre sickerte dort unkontrolliert Öl in den Untergrund – Ehrhardt erinnert sich an „Fettbollen in Kinderkopfgröße“.
Zapfen in der Zukunft
Bereut haben sie es dennoch nie. Einige Kleinigkeiten müssten noch erledigt werden, aber zum Wohlfühlen reiche es dicke. Ehrhardt ist zufrieden, dass so viel wie möglich erhalten werden konnte. In der alten Ölbar ist jetzt tatsächlich eine Bar. Das Grubengitter der Waschanlage wurde aufgearbeitet und ist heute im Wohnzimmer verlegt. Vielleicht wird an der alten Tanke in Kirchzarten auch bald wieder gezapft: Ehrhardt hat zwei Zapfsäulen ersteigert. Ob dort Bier oder Strom für ein künftiges E-Auto fließen wird, steht noch nicht ganz fest.
Besonderes Wohnen
Mike & Juliana Hampe: Feuerwehrauto
Mike und Juliana Hampe haben ein Haus mit Meerblick. Nur 100 Meter bis zum Mittelmeer. Kyparissia, westlich auf der Peloponnes. Sie schwenken ihre Webcam herum: strahlender Sonnenschein, türkisblaues Wasser. Aber wenn sie wollten, könnte sich schon morgen die Adresse der Waldshuter ändern. Vielleicht ins Gebirge, in eine Stadt oder doch in ein ganz anderes Land. Das Haus der beiden hat nämlich Räder.
Mike und Juliana Hampe wollten nicht auf die Rente warten, um ihren Traum zu verwirklichen. Im umgebauten Feuerwehrauto (o.) fahren sie um die Welt und arbeiten von unterwegs aus.
2019 kauften die Hampes ein altes Feuerwehrauto. Baujahr 1988, Allrad. Insgesamt fünf Jahre bauen Mike und Juliana ein Tiny House auf das Fahrgestell. Etwa 100.000 Euro investieren sie in ihren Traum. „Es war klar, dass wir das selbst bauen. Fertige Camper waren zu teuer und wir hätten zu viele Kompromisse eingehen müssen“, sagt Mike. Küche, Bett, Sitzbank, Fernseher: Sieht aus wie eine ganz normale Wohnung. Nur eben deutlich kleiner.
Vor fast zwei Jahren kündigten Mike und Juliana ihre Wohnung und wechselten von 60 zu 11,5 Quadratmetern – probewohnen auf einem festen Stellplatz in Jestetten.
Ihre Weltreise startete dann im März vergangenen Jahres von Stühlingen aus. Seitdem sind sie unterwegs. Viele würden bis zur Rente warten, die Hampes wollten keine Zeit verlieren. Ihre Route führte sie durch Italien, Slowenien, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien und schließlich Griechenland. Aber hier endet ihr Abenteuer noch lange nicht. Ein Zeitlimit gibt es nicht.
„Die ersten Monate haben sich wie Urlaub angefühlt. Aber jetzt ist es normal“, sagt Juliana. Die beiden sind
selbstständig und arbeiten remote –also digital von unterwegs. Sie stehen selten auf Campingplätzen, sondern eher auf Parkplätzen oder Picknickplätzen. Mike und Juliana leben autark. Strom kommt von Solarpaneelen auf dem Dach, sie heizen mit einer Diesel-Standheizung, Wasser kommt aus dem 400-Liter-Tank, gekocht wird mit Gas. Sie haben sogar ein Mini-Bad mit integrierter Komposttoilette. Juliana zeigt den Eingangsbereich, der gleichzeitig die Duschkabine ist. Wer die Tür öffnet, steht direkt in der Dusche. „Das funktioniert wie eine Dreckschleuse, wenn wir sandig vom Strand kommen. Sehr praktisch“, sagt sie. Auf die Frage, ob sie etwas vermissen würden, folgt Stille. „Dass man einfach mal bei Freunden oder Familie vorbeischauen kann“, sagt Mike schließlich. Dafür würden sie an ihren Schlafplätzen viele Leute kennenlernen – abends am Lagerfeuer. Am meisten schätzen die Hampes ihre Freiheit: „Wenn uns das Wetter nicht gefällt, dann fahren wir halt weiter“, sagt Juliana. Wohin es als Nächstes geht? Ideen gebe es viele. „Mongolei“, sagt Mike. „Oder Marokko“, sagt Juliana. Vielleicht doch Myanmar?
Gänse schnattern, ein Pferd trinkt aus einem kleinen Bachlauf, die Sonne scheint auf die gefrorene Weide. Bei ein paar kahlen Bäumen, mitten im winterlichen Idyll, steht eine Jurte: Eine runde zeltähnliche Behausung.
Hier wollen Christian Prenzel und Julia Clement mit ihrem kleinen Sohn Raphael ab April wohnen – sobald es etwas wärmer wird. Das Grundstück, auf dem die Jurte steht, gehört zu einem Hof in Kappel. Christian Prenzel packt mit an – Zäune reparieren, Bäume fällen, Hecken schneiden – dafür darf die Jurte auf der Weide stehen. Küche, Schlafzimmer, Esszimmer, Wohnzimmer: Fehlanzeige. Die Jurte besteht nur aus einem Raum. 40 Quadratmeter. Sich aus dem Weg gehen funktioniert hier nicht wirklich. „Da muss man sich eben gut verstehen“, sagt Julia Clement und lacht. „Vielleicht haben wir auch irgendwann zwei Jurten“, sagt Prenzel – eine zum Schlafen, eine zum Wohnen. Besonders mit einem kleinen Kind sei das praktisch. Durch die großzügige Glastür und die Kuppel, die zum Teil aus Glas besteht, wird das Wohnzelt von Sonnenlicht durchflutet. Ansonsten besteht die Konstruktion zum Großteil aus Holz und einer 15 Zentimeter dicken Dämmschicht aus Schafwolle.
Im April vergangenen Jahres fing Prenzel an, die Jurte zu bauen. Seit Oktober ist sie fertig. Inspiration holte er sich bei Jurtenbauern und einem Jurtendorf in der Schweiz. „Ich wollte die perfekte Jurte haben“, sagt Prenzel. Zurzeit wohnt die Familie in einer Wohnung in Kirchzarten. Die Wohnung werden sie auch in Zukunft als Backup behalten. „Das ist erst mal ein Versuch, ob das überhaupt funktioniert“, sagt Clement. Ein bisschen skeptisch sei sie schon, fügt sie hinzu.
Prenzel hat seinen Job als Winzer in der Schweiz aufgegeben, um sich als Jurtenbauer selbstständig zu machen. „Da
habe ich zwar gutes Geld verdient, aber ich will der Region, in der ich lebe, etwas zurückgeben“, sagt Prenzel. Auch das Pendeln habe ihn irgendwann gestört, er wollte bei seiner Familie sein. Er bietet Jurten in verschiedenen Größen an – zwischen 20 und 50 Quadratmetern, die er für 20.000 bis 34.000 Euro verkaufen will.
Prenzel und Clement lieben ihre Jurte: der Holzboden, das viele Glas und das Licht hätten einen ganz besonderen Charme. Ihr gemeinsamer Traum sei es, ein Grundstück für ein Jurtendorf zu finden. Die Zelte würden sie vermieten: an Touristen, für Seminare und Workshops. Solange die beiden noch nicht in ihrer Jurte wohnen, vermieten sie das Wohnzelt. „Ein Nachbar wollte hier schon heiraten“, sagt Clement. Singkreise und Workshops hätten auch schon angefragt. Sogar eine Feuershow mit 200 Gästen wollte jemand veranstalten. „Das geht natürlich nicht. Wir müssen Rücksicht auf die Pferde nehmen“, sagt Clement.
Christian Prenzel und Julia Clement wollen mit ihrem kleinen Sohn Raphael in einer Jurte (r.) wohnen.
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Da, wo einst getanzt, gelacht und geweint wurde, wohnt Katja May: in einer Dorfkneipe aus dem 19. Jahrhundert.
Katja May lebt in einer alten Dorfkneipe
In den 50er-Jahren ging das letzte Bier über die Theke des Goldenen Sterns in Rheinau-Freistett.
Bierzapfsäule, Tresen und Spülbecken sind zwar noch da – das Gasthaus aber hat sich in ein Wohnhaus verwandelt. Katja May hat der 1892 erbauten Dorfkneipe neues Leben eingehaucht und sie aus dem Dornröschenschlaf geweckt.
May liebt alte Gebäude. Die Schweizerin sagt über sich selbst, sie habe ein gutes Auge für Schönheit. Als sie 1999 mit zwei Kindern, zwei Hunden und einem großen Auto nach Südbaden zieht, ist sie begeistert von den alten Schwarzwaldhöfen. Mit ihrem Familienbetrieb Historicusbau spezialisiert sie sich schnell auf die Herrichtung denkmalgeschützter Gebäude. In der alten Dorfkneipe „Gasthaus zum goldenen Stern“ hat May auch selbst ein Wohnbüro gefunden.
„Ich bin mit dem Hund am Goldenen Stern vorbeigegangen. Das sah so verloddert und verwahrlost aus. Was könnte man alles daraus machen“, denkt sich May 2016, als sie das alte Haus zum ersten Mal wahrnimmt. Die Leute sagten zu ihr, sie solle das Gebäude am besten abreißen lassen. Aber May ließ sich nicht beirren. Obwohl das Gasthaus wirklich traurig aussah: geschlossene Läden, von Nato-Draht umgeben, mit Efeu überwuchert. Nach dem
Kauf übernachtet May alleine im Goldenen Stern – nur mit Schlafsack bewaffnet. „Ich musste das Haus spüren. Was ging hier früher ab? Die erste Nacht war mega positiv. Ich habe mich nicht einmal gegruselt“, sagt May.
Im Gasthaus und in den anliegenden Wirtschaftsgebäuden sind insgesamt acht Wohnungen entstanden. Seit 2019 wohnt May im Goldenen Stern. 50 Jahre stand das Gebäude leer. Davor wurde das Gasthaus unterschiedlich genutzt: von der Volksbank, von einem Kfz-Teile-Handel und einem Architekten.
Die Freistetter – anfangs skeptisch – waren schnell begeistert von Mays Projekt. Am Tag der offenen Tür seien 300 Menschen gekommen. Beim Richtfest – als die erste Wohnung fertig war – sogar doppelt so viele. „Ich habe viele Komplimente bekommen. Mir wurde viel Freude entgegengebracht. Auch für mich ist es herzerwärmend, dass der Stern wieder aufblüht“, sagt May.
Für Freistett ist der Goldene Stern eine wichtige Immobilie. „Ich habe versucht, die Historie des Hauses herauszukitzeln“, so May. Viel hat sie erhalten: den Kühlschrank, der mit Eis betrieben wurde, eine Zeichnung wohl aus der Jahrhundertwende, ein Stück Original-Wand hinter einem Glas. Hier wurden durstige Reisende versorgt, getanzt und gefeiert. Wenn May am Tresen steht, meint sie das Leben von damals zu spüren.
Hängepartie am Zapfhahn
Wenig Fortschritt beim 3sam-Quartier auf dem Ganter-Areal
Die Entwicklung des GanterAreals östlich der Freiburger Innenstadt ist ein gutes Beispiel dafür, wie langwierig stadtpolitisch wichtige Projekte sein können: Man schrieb das Jahr 2011, als der Freiburger Gemeinderat einen Beschluss für die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Areal fasste.
Zwölf lange Jahre später, am 18. Juli 2023, war dann klar, dass die Schweizer Artemis Immobilien GmbH (AIG) ein zwei Hektar großes Grundstück von der Ganter-Grundstücksgesellschaft gekauft hat und dort 350 Mietwohnungen plant. Von „viel Tempo“ war damals gegenüber dem chilli die Rede. Nun, wieder anderthalb Jahre später, ist der Auslobungstext für den städtebaulichen Wettbewerb noch nicht fertig. „Die Komplexität des Projekts, allein die Größe des Grundstücks und die Schnittstellen mit den Beteiligten sowie dem Thema Tunnelbau, erfordern umfassende Abklärungen und Abstimmungen, die zeitintensiv sind“, sagt Pressesprecher Patrick Hacker auf chilliAnfrage. Die Komplexität wurde offenbar etwas unterschätzt. Für die Auslobung – sie umfasst auch das Brauereigelände und die städtischen Flächen mit der Tankstelle, dem Ball-
haus und dem Ganter Hausbiergarten im Westen des Plangebiets – braucht es mehrere Gutachten, die noch nicht in finaler Version vorliegen. „Ich würde mir wünschen, dass es jetzt mal vorangeht“, sagt Baubürgermeister Martin Haag im Gespräch mit der Redaktion. Voran geht es formal so: Die Auslobung wird, wenn sie fertig ist, zunächst dem Gemeinderat vorgelegt. Erst wenn der grünes Licht gibt, wird es etwas heller am Ende des (Stadt-)Tunnels. Dann muss dieser städtebauliche Wettbewerb gemanagt werden, hernach der Architekten-Wettbewerb für den Hochbau, dann die Erstellung des Bebauungsplans, dann der Bauantrag und schließlich auch noch der Bau der Gebäude im 3sam-Quartier. Rund 600 Quadratmeter entlang der Schwarzwaldstraße wird Artemis noch an die Autobahn GmbH verkaufen, weil die Tochter des Bundes diese für den Vollanschluss des Stadttunnels bei Ganter benötigt. Auf der anderen Seite, zur Dreisam hin, wird auch die Stadt noch Flächen kaufen, um den Dreisam-Uferweg zu verbreitern. Die Artemis, so Hacker, werde die Mietwohnungen jedenfalls weiterhin selber bauen und in den Bestand nehmen. Die Mieten sollen im mittleren Preissegment liegen. Das war im Juli 2023 auch die durchaus charmante
Nachricht, dass mit der Artemis ein Bestandshalter nach Freiburg kommt, der keine Eigentumswohnungen baut, verkauft und dann wieder weg ist. 20 Prozent des Grundstücks muss die Artemis kostenlos ans Freiburger Rathaus abgeben (wir berichteten), damit die Stadttochter darauf rund 60 Sozialwohnungen baut. Bleiben 290 frei finanzierte. Das war der Deal, mit dem sich Artemis von der Verpflichtung, 50 Prozent geförderten Mietwohnungsbau herzustellen, freigemacht hat. Der Investor habe sich „erheblich auf die Position der Stadt zubewegt“, heißt es in der Drucksache G-23/150 für den Gemeinderat.
Neben den Wohnungen soll es auch 8000 Quadratmeter gewerblich genutzte Flächen geben – das ist mehr als ein Fußballfeld und dürfte beim Tempomachen durchaus für Bremsspuren sorgen. Es soll mindestens eine Kita geben, Gastronomie, Büro und Co-WorkingFlächen sowie kleinere Ladenflächen. Das 3sam-Quartier hat damit das Zeug zum Leuchtturm-Projekt. Nun braucht es Tatkraft. Es werden aber noch drei, vier Jahre ins Land gehen, bis die ersten Bewohner auf diesem Filetgrundstück einziehen können. Dann wären es knapp 20 Jahre nach dem ersten Aufstellungsbeschluss. bar
Tragwerk mit begrenzter Halbwertszeit: Auch wenn manches wohl stehen bleiben kann, ein neues Dach braucht die Arena auf jeden Fall.
Playoff statt Playdown
Freiburg setzt auf Studie zur Sanierung der Echte-Helden-Arena
Die altehrwürdige EchteHelden-Arena in Freiburg ist grundsätzlich sanierungsfähig. Dazu müssen an der Heimstätte des EHC Freiburg manche Teile abgerissen und andere neu gebaut werden. Wenn das getan ist, kommt das alte Dach runter und ein neues wird auf die neuen oder statisch ertüchtigten Gebäude gesetzt. So ist der neue Plan: Wie bei den Spielen der Bundesliga-Kufencracks wird das auch baulich nicht langweilig.
Eine Generalsanierung der FranzSiegel-Halle, wie sie früher hieß, könnte viele Millionen Euro günstiger sein als ein bisher mit 55 oder 60 Millionen Euro taxierter Neubau. Wie viele? Unter anderem das soll in einer Machbarkeitsstudie berechnet werden. Alle Zahlen, die in der Öffentlichkeit dazu bislang schon kursieren, seien nicht seriös, sagt Baubürgermeister Martin Haag auf chilliAnfrage. Natürlich sei das Ziel, eine Lösung zu finden, die deutlich günstiger wird, um damit überhaupt nur eine „Chance auf Finanzierbarkeit“ zu haben. Der EHC, der nach einem gemeinderätlichen Beschluss bei einem Neubau ein Viertel der Bau- und Betriebskosten zu stemmen hätte, müsste sich indes auch an einer Sanierung beteiligen.
Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie sollen nach der Sommerpause im
Gemeinderat vorgestellt werden. Grundsätzlich machbar wird das schon sein, wie etwa die Beispiele aus den Eishockeyhochburgen Landshut und Villingen-Schwenningen gezeigt haben. Vorbild ist vor allem die Fanatec Arena in Landshut, eine ursprünglich 1957 eröffnete Eishalle, die nach dreijährigem Umbau – für 22,5 Millionen Euro – seit Oktober 2021 als eine der modernsten Arenen im deutschen Profieishockey gilt. Ein Architektenbüro, das in Landshut dabei war, ist nun auch an der Machbarkeitsstudie beteiligt. Auch in Schwenningen wird seit mehreren Jahren die Bestandshalle in Etappen saniert und ausgebaut.
„Andere Städte haben gezeigt, dass eine Erneuerung in Neubauqualität ein erfolgreicher Weg sein kann. Es ist eine echte Chance für die Zukunft des Eissports. Aber es kommt auf die Details an und letztlich auf die Kostenprognose sowie die Entscheidung im Gemeinderat“, so Oberbürgermeister Martin Horn. Die Studie soll auch aufzeigen, ob und wenn ja wie eine generalüberholte Arena energieautark sein könnte. Bei dieser Frage ist auch die Badenova-Tochter Wärmeplus mit an Bord.
Der grobe Plan, so sagen Insider, ist der Abriss und Neubau der Haupttribüne mit Funktionsräumen und einem
neuen VIP-Bereich. Auf der Gegengerade soll ein Bauwerk erneuert werden, was erstens als Verteiler für die Fanbereiche, zweitens aber auch als Stütze fürs neue Dach fungieren kann. Die Kurven und auch die Betonkiste mit der Eisfläche können womöglich erhalten werden.
Damit ist der jahrelange Eistanz um eine neue Arena – zuletzt am Standort Messe – vom Tisch. Eine zweite Eisfläche wird es an der Ensisheimer Straße aber nicht geben. „Ich bin froh, dass sich weiter etwas bewegt. Wir arbeiten gut mit der Stadtverwaltung zusammen, haben einen direkten Draht“, so EHC-Präsident Michael Müller. Es gehe dabei nicht nur um den EHC, sondern um die fast 200.000 Menschen pro Jahr, die die Halle nutzen: „Aber Fakt ist auch: Der Eissport, Eishalle und vor allem die Bürgerinnen und Bürger brauchen jetzt eine echte Perspektive. Der nächste Beschluss des Gemeinderates muss sitzen.“ Die Betriebserlaubnis für die Arena läuft 2029 aus.
Die Zukunft des Eissports in Freiburg ist durch diese Wendung von den Playdowns in die Playoffs gerutscht. Auch wenn der alte Fan-Slogan „Wir wollen alle eine neue Halle“ sicherlich nicht in „Wir wollen alle eine generalsanierte Halle“ umgewandelt wird.
Lars Bargmann
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Größtes Einzelprojekt in der Geschichte
Dürrschnabel Industriebau GmbH kurz vor Übergabe bei Sick AG
Dürrschnabel-Projekt IKS 2: Hingucker an der Hauptstraße des Güterbahnhofs
Das Jahr 2024 war wahrlich kein leichtes, das Stefan Schäfer zu meistern hatte.
Der Tod seines langjährigen CoGeschäftsführers und Mitgründers Markus Keune hat die stets gut geölte Maschine des renommierten Generalunternehmers Dürrschnabel Industriebau aus dem Takt gebracht. Aber mit vereinten Kräften hat Schäfer das denkwürdige Jahr dennoch erfolgreich zu Ende gebracht.
So hat die Dürrschnabel etwa auf dem Freiburger Güterbahnhof nach dem Projekt IKS 4 auch das Gebäude IKS 2 übergeben. Insgesamt haben die Emmendinger mit und für die Kirschner Wohnbau GmbH neben einer 43 Einheiten fassenden Wohnanlage in Littenweiler rund 120 Wohnungen mit einem Volumen von rund 30 Millionen Euro schlüsselfertig hergestellt. Dort gibt es aktuell nur noch zwei je 250 Quadratmeter große Gewerbeflächen, zu denen auch noch zusätzlich großzügige Terrassenbereiche gehören.
Schnörkellos inszeniert: Neubau des Gesundheitszentrums Merdingen
„Hochzufrieden“ sei der Investor aus Hamburg mit den beiden Gebäuden. Ebenfalls noch 2024 übergeben wurden 15 Wohnungen im Freiburger Stadtteil St. Georgen und kurz vor Weihnachten zudem das Gesundheitszentrum in Merdingen mit einem Volumen von rund zwei Millionen Euro.
Die nächste Fertigstellung steht im April in Waldkirch an, wo die Dürrschnabel für ebenfalls fast 30 Millionen Euro ein architektonisch attraktives Bürogebäude für die Sick AG realisiert. „Das war bisher das größte Einzelprojekt in unserer 30-jährigen Firmengeschichte“, sagt Schäfer. Der weltweit erfolgreiche Waldkircher Sensorspezialist setzt schon seit Jahren auf die Dienste der Dürrschnabel Industriebau.
An der Uffhauser Straße im Freiburger Stadtteil Haslach liegen Schäfer und sein neuer Co-Geschäftsführer Christopher Schäfer beim Bau einer Wohnanlage mit 21 Wohn- und zwei Gewerbeeinheiten in den Endzügen, direkt im Anschluss wird schon wieder der Spatenstich für
eine Produktionshalle mit rund 2000 Quadratmetern in Achern gefeiert, und ähnlich groß wird auch ein Bürogebäude im nördlichen Breisgau, wo Schäfer und Co. noch auf die Baugenehmigung warten.
Ebenfalls auf Schäfers Tisch liegt ein Planungsauftrag für einen Neubau mit Büro-, Lager- und Werkstattflächen für den Reifenspezialisten Vergölst im Freiburger Gewerbegebiet Haid. In der Planung sind zudem zwei weitere Bauvorhaben in Teningen – quasi vor der Haustür der 1995 gegründeten Firma. „Wirtschaftlich haben wir unsere Ziele für 2024 trotz aller Widrigkeiten erreicht, persönlich war es wegen Markus’ Tod und allem, was damit zusammenhängt, ein furchtbares Jahr“, blickt Schäfer zurück. Für 2025 sei er nun „überhaupt nicht pessimistisch“, der Blick richtet sich nach vorn und es liegen mehr als nur zwei Hände voll Anfragen auf dem Tisch. So viele, dass das Team an seine Grenzen bei der Angebotserstellung kommt.
Lars Bargmann
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»Bundesweit einmalig«
Bauverein und Kirche gewinnen Konzeptvergabe
Es ist eine Pioniertat: Erstmals überhaupt kooperieren der Bauverein Breisgau (BVB) und die Pfarrpfründestiftung der Erzdiözese Freiburg und verantworten in Gottenheim den Bau von 37 Wohneinheiten, einem Kindergarten und einer Pflegewohngruppe. Zum Investitionsvolumen gibt es noch keine Angaben.
Der Gemeinderat war in seiner Sitzung im November der Empfehlung von Bürgermeister Christian Riesterer gefolgt und hatte die Grundstücke aufgrund des besten eingereichten Konzepts an die beiden Partner vergeben. Zu einem verträglichen Bodenpreis von 240 Euro pro Quadratmeter. „Wir schaffen mit dem Projekt sehr wichtige Infrastruktur für die Gemeinde“, sagt BVB-Vorstand Jörg Straub, der das
pragmatische Vorgehen in der Umlandgemeinde lobt. In Gottenheim gibt es kaum Wohnraum für Senioren, die deshalb in zumeist zu großen Häusern leben. An diese Gruppe ist das Bauvorhaben adressiert, aber auch an junge Familien und andere Haushalte mit kleinerem Geldbeutel. Die kommunale Wunschliste ist aus einem Bürgerprozess heraus entstanden.
Der Bauverein hat insgesamt 3200 Quadratmeter bekommen, die Stiftung rund 2000. Wie die Genossenschaft wird auch die Stiftung Bestandshalter bleiben und sich in das Gesamtkonzept einbringen. „In dieser Konstellation gibt es bisher bundesweit kein vergleichbares Projekt“, erzählt Straub. Und das könne es auch nur geben, wenn die Partner sich gegenseitig vertrauen. Dazu zählten auch das Rathaus und die ökumenische Sozialstation.
Die Gemeinde wird nach Fertigstellung – die Bagger rollen spätestens im Juni an – vom BVB gut 460 Quadratmeter für die ambulant betreute Pflegewohngemeinschaft über 25 Jahre anmieten. Das Rathaus hofft auf Fördermittel von rund 600.000 Euro, die dann zur Abfederung der Miete an die Bewohner weitergegeben werden sollen. Zudem mietet die Gemeinde 240 Quadratmeter für die Kleinkindbetreuung für mindestens 20 Jahre.
Die Miete in mehreren Wohnungen – es gibt neben der Pflege-WG sechs 2-Zimmer-Wohnungen, zehn mit drei Zimmern und zwei mit vier Zimmern – wird zudem durch die Erzdiözese mit 1,50 Euro pro Quadratmeter zehn Jahre lang gedrosselt. Alle drei Gebäude werden durch Wärmepumpen beheizt. Der Strom zum Betrieb kommt bestenfalls komplett von den Solaranlagen auf den Dächern. bar
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Wichtiger Impuls für Gottenheim: Drei neue Gebäude mit vielfältiger Nutzung.
Schreiner-Azubis trotzen dem Trend
Freiburgs Schreinerinnung vor dem Jubiläumsjahr
Uns gibt es seit 199 Jahren“, weist Innungsobermeister Bernhard Schwär auf ein Jubiläumsjahr hin, das 2026 gefeiert wird. „Das ganze Jahr hindurch. Jede unserer Veranstaltungen steht 2026 im Zeichen des 200-jährigen Jubiläums.“ Die Rede ist von der Schreinerinnung Freiburg. Diese setzt sich engagiert für die Belange und Wünsche ihrer knapp 80 Mitgliedsbetriebe ein, von Schreinereien und Tischlereien in Freiburg und Umgebung.
Als die Schreinerinnung 1826 als Zusammenschluss selbstständiger Schreinermeister in Freiburg gegründet wurde, war die Zeit eine andere, die Aufgaben der Innung auch. Als Basisorganisation der handwerklichen Selbstverwaltung bietet die Innung aber bis heute viele Vorteile für die Unternehmen und somit auch für die Kund-
schaft der Mitgliedsbetriebe. Eine Innungs-Mitgliedschaft sei für die Betriebe quasi ein Gütesiegel für handwerkliche Qualitätsarbeit, ist der Innungsobermeister sicher. Natürlich bleibe die Schreinerinnung eine der Tradition verwurzelte Organisation, man gehe aber selbstverständlich mit der Zeit.
Ein wichtiger Aufgabenbereich ist die Ausbildung von jungen Schreinerinnen und Schreinern. Der Nachwuchs zeigt steigendes Interesse an dem Handwerksberuf, der sich in Jahrhunderten immer neu erfunden hat. Nicht nur individuelles MöbelDesign, auch der Innenausbau, das Restaurieren und Reparieren sind Tätigkeitschwerpunkte. Wer den Beruf erlernen will, sollte technisches Verständnis und geschickte Hände mitbringen – und viel Fantasie. Die Innung unterstützt sowohl Azubis als auch Ausbildungsbetriebe während der dreijährigen Ausbildung zum Schreiner auf vielen Ebenen. Einmal im Jahr wird von der Innung die Gesellenprüfung abgehalten. Den Abschluss ihrer Ausbildung feiern die jungen Schreinergesellinnen und Schreinergesellen bei der Freisprechungsfeier mit ihren Ausbildern und den Prüferinnen. Dabei werden auch die Formpreise vergeben, die in Zusammenarbeit mit dem Landesfachverband Schreinerhandwerk Baden-Württemberg ausgelobt werden. Die für den Formpreis ausgewählten Gesellenstücke werden
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Die Ausbildung im Jahr 2025 wird getragen von Unternehmen wie der Firma SIF Baldinger GmbH aus Merdingen (v.l.): Obermeister der Schreinerinnung Freiburg Bernhard Schwär, Schreiner Pascal Ristl, Ausbilder Georg Schächtele, Geschäftsführer der SIF Baldinger GmbH, Steffen Baldinger, und Schreiner Mario Herbstreit.
von einer Fachjury gesichtet, ausgesucht und ausgestellt. Auch der Publikumspreis ist beliebt: Jeder Interessierte kann in der Sparkasse Freiburg die Ausstellung besuchen, in der Meckelhalle sein Lieblingsstück auswählen und eine Stimme abgeben. Jedes Jahr kommen etwa 700 Bewertungen von Besucherinnen und Besuchern zusammen.
Ältester Baustoff der Welt
In Freiburg und Umgebung entscheiden sich immer mehr junge Menschen für das Schreinerhandwerk, die Zahl der Gesellinnen und Gesellen steigt von Jahr zu Jahr. 38 Lehrlinge waren es im Innungsgebiet im vergangenen Jahr. In den Jahren vor der Pandemie waren es 25 bis 30 Auszubildende. Ein wichtiger Aspekt für junge Menschen, den Schreinerberuf zu erlernen, ist wohl die Nachhaltigkeit. Holz ist ein natürlicher und nachwachsender Werkstoff. Vielleicht der älteste der Welt. Und damit so modern wie eh und je. Marianne Ambs
Das erfolgreiche S-Immo-Team ist auch für den Vertrieb von neuen Eigentumswohnungen in Denzlingen zuständig.
Bestes Ergebnis seit 2017
S-Immo agiert als Werbeagentur für Kunden-Immobilien
Schon im Jahr 2023 lag die Performance der Immobiliengesellschaft der Freiburger Sparkasse (S-Immo) deutlich über dem Marktgeschehen. Während die Immobilienumsätze insgesamt nachließen, verzeichnete das Team um Geschäftsführer Oliver Kamenisch Zuwächse. 2024 aber toppte die S-Immo das Vorjahr noch einmal deutlich.
Der Wert der durch die S-Immo in 2024 vermittelten Immobilien liegt bei 63,3 Millionen Euro. 8,2 Millionen oder knapp 15 Prozent über dem schon beachtlichen Jahr 2023. Damit wuchsen auch die Provisionserträge um 16 Prozent auf knapp 3,3 Millionen Euro. „2024 war das beste Jahr, seit ich die Geschäftsführung übernommen habe“, sagt Kamenisch im Gespräch mit der Redaktion: in seinen neuen Räumlichkeiten an der Gauchstraße 3 in der Innenstadt. Im Mai 2017 hatte der Immobilien-Experte das Amt angetreten.
147 Kaufverträge wurden 2024 vor Notaren protokolliert (Vorjahr: 125), zu mehr als 90 Prozent fanden dabei Bestandsimmobilien neue Eigentümer. Das insgesamt 14-köpfige Team hat auch aktuell ein sehr breites Portfolio, vom unbebautem Grundstück in Endingen über das Häuschen im Schwarzwald bis zur Neubau-Maisonette im Metzgergrün im Freiburger Stadtteil Stühlinger, wo die S-IMMO aktuell insgesamt 24 Eigentumswohnungen der Freiburger Stadtbau vertreibt, die Ende des Jahres bezugsfertig sein sollen.
Neubau-Projekte gibt es zudem in Denzlingen, wo die S-Immo den ersten von zwei Bauabschnitten mit 13 Wohnungen bereits komplett verkauft hat und soeben die Vermarktung für den zweiten Abschnitt gestartet hat (Preise zwischen 6000 und 6300 Euro); in Waldkirch an der Sonnhalde, in Wyhl oder auch in Freiburg-Littenweiler,
wo es Neubau-Wohnungen in sehr guter Lage für vergleichsweise günstige Preise (im Schnitt 7100 Euro) gibt. Die Nachfrage hat nach einem Einbruch aufgrund der Leitzins-Eskapaden der EZB jetzt im vergangenen Jahr wieder angezogen, die Bauzinsen sind rückläufig, das Interesse wächst. „Auch jüngere Familien kommen jetzt wieder und wollen sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen“, erzählt Kamenisch.
Aufgrund des insgesamt knappen Angebots und der verbesserten Zinslandschaft sei die Akzeptanz der – zumeist gut informierten – Kundschaft auch an energetisch nicht in Top-Zustand befindlichen Immobilien wieder größer. „Wir sind ja zwar Makler, aber für unsere Kunden sind wir eine Werbeagentur für deren Immobilien“, sagt Kamenisch.
Der Geschäftsführer hofft, dass eine neue Regierung in einem Koalitionsvertrag wichtige Entscheidungen für den Wohnungsbau festhält. Und fordert, dass es eine Verlässlichkeit bei den Fördertöpfen geben muss. Auf der anderen Seite müssten die Bauträger angesichts der immer noch hohen Quadratmeter-Preise die Wohnungen nicht zu groß planen. Vier Zimmer müssten auch mal mit 98 Quadratmetern auskommen.
Kamenisch blickt positiv aufs neue Jahr: „2024 hat die Messlatte zwar sehr hochgelegt, wir hoffen, dass wir das in diesem Jahr auch wieder erreichen können.“ Er rechnet mit einem Großauftrag. Mehr könne er darüber aber noch nicht sagen. bar
Webinare der S-IMMO
20. Februar, 19 Uhr: Die Immobilie im besten Licht –Worauf es beim Immobilienverkauf ankommt; 27. März, 19 Uhr: Die Immobilie übergeben oder vererben – Was ist zu beachten? (Gastreferent: Dr. Thilo Rott, Notar, Freiburg) Weitere Termine: www.s-immobilien-freiburg.de
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Testo baut erneut in Kirchzarten
Erweiterungsbau für 18,2 Millionen Euro
Testo-Erweiterungsbau: „Kerze in konjunktureller Dunkelheit“
Mit einem symbolischen Spatenstich hat die Testo-Gruppe den Erweiterungsbau im Kirchzartener Gewerbegebiet Fischerrain offiziell eingeleitet. Das Investitionsvolumen liegt bei 18,2 Millionen Euro. Im Oktober 2021 wurde das erste, 5500 Quadratmeter große Gebäude der Calibration Factory im Gewerbegebiet Fischerrain bezogen. Jetzt startet der zweite Bauabschnitt mit 3800 Quadratmetern, um die Kalibrierkapazitäten in Deutschland zu erweitern. „Wir sind zuversichtlich hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Testo Industrial Services, was sich auch in diesem Erweiterungsbau zeigt. Er ist vielleicht ein wenig die Kerze, die wir in konjunktureller Dunkelheit anzünden. Wir hoffen, dass die Politik die Standortbedingungen für unsere Kunden nicht weiter erschwert, sondern wieder attraktiver gestaltet“, so Burkart Knospe, der Vorstandsvorsitzende der Testo SE & Co. KGaA. Der Neubau soll im Herbst 2026 bezogen werden. Für Testo Industrial Services ist die Erweiterung ein weiterer Meilenstein in der Firmengeschichte. In den vergangen 25 Jahren entwickelte sich das Unternehmen zu einem der führenden Anbieter für messtechnische Dienstleistungen. Mit dem Neubau werden die Weichen für den Ausbau dieser Position gestellt und rund 140 Arbeitsplätze im Dreisamtal geschaffen. Testo hat eigenen Angaben zufolge bisher rund 44 Millionen Euro in den Standort investiert. chilli
Schaub bekennt sich zu Freiburg
Spatenstich für Erweiterungsbau des Sanitätshauses
Stimmiges Gebäudeensemble: Der Erweiterungsbau ist in der Visualisierung von FREYLER rechts.
Das Familienunternehmen Schaub war das erste überhaupt, das im Gewerbegebiet Haid-Süd in einen Neubau investiert hatte. Einen zweistelligen Millionenbetrag. Ende 2016 bezog das gleichnamige Sanitätshaus seinen neuen Stammsitz auf einem 11.000 Quadratmeter großen Grundstück. Ende Januar 2025 feierten die Verantwortlichen nun dort den Spatenstich für ein modernes Logistikzentrum.
Das knapp 3500 Quadratmeter große Gebäude soll bis Juni 2026 fertiggestellt werden. „Mit diesem Neubau können wir künftig alle Prozesse an einem Standort bündeln und die Abläufe spürbar effizienter gestalten. Davon profitieren Mitarbeiter und Patienten“, sagte Philipp Wien, Mitinhaber der Schaub GmbH & Co. KG. Das Projekt ermögliche die Verlagerung der bisherigen Logistik aus Umkirch nach Freiburg und schaffe die Grundlage für eine noch bessere Patientenversorgung.
Mit aktuell bundesweit 23 Niederlassungen, fast 400 engagierten Mitarbeitenden und rund 35.000 versorgten Patienten monatlich hat sich Schaub nicht nur als Marktführer in BadenWürttemberg etabliert, sondern gehört auch zu den zehn größten Sanitätshäusern Deutschlands. Schaub setzt beim Erweiterungsbau erneut auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Dabei kommen eine reversible Wärmepumpe, intelligente Gebäudetechnik und eine Photovoltaikanlage zur Versorgung von Ladestationen zum Einsatz. Für die Umsetzung des Projekts vertraut Schaub wieder auf die Expertise von Freyler Industriebau aus Kenzingen. Freyler hatte bereits den ersten Bauabschnitt realisiert und dabei hohe Standards in Qualität und Funktionalität gesetzt. An den Spaten standen neben Vertretern des Bauherren und der Freyler-Gruppe auch Alwin Wagner (Vize-Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein), FWTM-Geschäftsführerin Hanna Böhme und Holger Ratzel, der das städtische Baurechtsamt leitet. chilli
Zum Handeln verdammt
Völlig egal, wie sich nach der Bundestagswahl eine Koalition bildet: Die neue Regierung ist beim Wohnungsbau zum sofortigen Handeln gezwungen. Das von der Ampel 2021 ausgegebene Ziel von jährlich 400.000 Wohnungen verfehlte die Koalition in etwa so weit wie Uli Hoeneß das Tor bei seinem Elfmeter im EM-Finale 1976 unterm Nachthimmel von Belgrad.
Die Liste der in Bedrängnis gebrachten oder schon insolventen Projektentwickler und Bauträger ist jetzt schon ellenlang. Beim Neujahrsempfang des Landesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen in Baden-Württemberg (BFW) sagte der Vorstandsvorsitzende Dirk Graf: „Nur mit Verständnis der Landesregierung können wir unsere Unternehmen nicht durch die Krise führen. Wir brauchen Rahmenbedingungen im Wohnungsbau, die bezahlbares Bauen ermöglichen.“
Der BFW (wir berichteten) hatte bereits im Februar 2023 im Strategiedialog auf die dramatische Entwicklung im Wohnungsbau hingewiesen. Ein kurzer
Blick auf die aktuellen Zahlen drückt zwei Jahre später auch faktisch die Dramatik aus: So sind zwischen Januar und November 2024 in Deutschland rund 158.000 Neubauwohnungen genehmigt worden. 44.100 weniger als im Vorjahreszeittraum. Für die anvisierten 400.000 braucht es ein sehr gutes Fernglas.
Prozentual noch schlechter sieht es in Baden-Württemberg aus. Von Januar bis Oktober 2023 wurden im Ländle 24.462 Wohnungen genehmigt. In den ersten zehn Monaten 2024 waren es noch 16.958 Wohnungen. Ein erdrutschartiges Minus von 30,68 Prozent. Freiburg hat übrigens gegen diesen Trend performt: Hatte das Baurechtsamt 2023 noch 863 neue Wohnungen genehmigt, waren es im vergangenen Jahr 1008. Hauchzart also über der Zielmarke von jährlich 1000 Einheiten. In den zehn Jahren von 2015 bis 2024 waren es 11.306. Im Schnitt also: Sie haben ihr Ziel erreicht. Der BFW appelliert aber nicht nur an Bund und Land, sondern auch an die Kommunen wie Freiburg. So trügen etwa „immer höhere Sozialquoten in städtebaulichen Verträgen“ nicht zu ei-
ner besseren Wohnraumversorgung bei. „Kommunen, die den wirtschaftlichen Zusammenhang bei ihren Entscheidungen nicht beachten, verhindern den Wohnungsbau“, kritisiert Geschäftsführer Gerald Lipka. Ein positives Beispiel gibt es im rheinland-pfälzischen Frankenthal: Die Stadt hat den Anteil sozial geförderter Wohnungen im Neubau verringert, um den Start neuer Wohnungsbauprojekte wirtschaftlich zu ermöglichen.
Mit Fernglas auf die Landtagswahlen im Frühjahr 2026 in Baden-Württemberg sagt Lipka, „dass die privaten Bauträger nur dann sozial geförderten Wohnungsbau planen und bauen können, wenn sie auch Zugang zu der Förderung des Landes haben“. Dafür sei eine Reservierungsvereinbarung „unverzichtbar“. Wer nicht für eigene Bestände baut, brauche schon bei Beginn der Planungen Sicherheit über die zu erwartende Förderung: „Ohne eine verbindliche Zusage der Mittel im geförderten Wohnungsbau, kann der Bauträger keine Erwerber für die Wohnungen finden.“
Freiburgs OB Martin Horn hatte beim Spatenstich zum Dietenbach – direkt neben Kanzler Olaf Scholz stehend –gesagt: „Wir brauchen 200 Millionen Euro Förderung“. Umgerechnet auf jede zweite der 6900 Wohnungen – es gilt die Verpflichtung von 50 Prozent sozialem Mietwohnungsbau – wären das knapp 58.000 Euro. Hört sich viel an – schließlich geht es hier um Steuergelder. Ohne verlässliche Förderung durch KfW und L-Bank aber wird im Dietenbach keine einzige Sozialwohnung gebaut. Nun nicht nur da nicht. Deswegen muss sich der Staat da einmischen. Und zwar schnell.
Der worst case wäre, wenn es nach der Wahl zu gar keiner Koalition kommen würde – und es erneut Neuwahlen bräuchte. Lars Bargmann
Das lange Warten auf die Bebauung: Auch auf diesem Grundstück am Güterbahnhof werden nur dann bezahlbare Wohnungen gebaut, wenn die Fördermittel fließen.