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Lust am Spott
MAÏWENNS KOSTÜMSPEKTAKEL ÜBER DIE MÄTRESSE VON LOUIS XV IST EIN ECHTES KINO-VERGNÜGEN
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Jeanne ist die uneheliche Tochter einer Köchin und eines Franziskanermönchs. Dennoch wächst sie Mitte des 18. Jahrhunderts in einem Schloss in Lothringen auf – bei ihrer Mutter im Personaltrakt. Der Schlossherr mag das aufgeweckte Mädchen, er lehrt sie lesen und schreiben. Bis es seiner Frau zu bunt wird: Eifersüchtig auf den unstandesgemäßen Umgang ihres Gatten, sorgt sie dafür, dass Jeanne in ein Kloster verbannt wird.
Nach wenigen Jahren fliegt sie wieder hinaus – wegen unanständiger Gedanken und Handlungen. Die junge Schönheit kehrt nur kurz zurück aufs Schloss: Die Frau ihres Gönners fürchtet Jeannes unübersehbare Verführungskräfte und entlässt kurzerhand ihre Mutter. Auf der Suche nach Einkommen gehen die beiden nach Paris. Dort lernt die selbstbewusste, ehrgeizige, doch recht oberflächliche Jeanne sehr schnell, ihren Körper gewinnbringend einzusetzen – in einem Etablissement, in dem Männer aus den höchsten Dunstkreisen um König Louis XV verkehren.
Bald fällt sie dort dem Marquis du Barry auf, der sie seinerseits gewinnbringend an ebendiesen König vermitteln will, der auf Kurtisanen steht, aber irgendwie seine Lebenslust verloren hat.
Vom Marquis bekommt Jeanne den letz
von Erika Weisser
nem Empfang in Versailles öffnet. Dort funkt es sofort: Jeannes unverstellte und respektlose Art (sie schaut ihm in die Augen, statt den Blick zu senken) gefällt dem müden Witwer. Und das, was sie beim Tête-à-tête in seinem privaten Gemach zu bieten hat, wohl noch mehr.
Jedenfalls erklärt er sie bald zu seiner Favoritin, stellt ihr ein eigenes Schloss und Bedienstete zur Verfügung, überhäuft sie mit Geschenken und tritt bei offiziellen Anlässen mit ihr an der Seite auf – zum Entsetzen seiner Töchter und einiger missgünstiger Höflinge. Ein eher närrisches als höfisches Ränkeschmieden beginnt, doch vergebens: Über die kindlich-anarchische Lust an Spott und Provokation hinaus verbindet die beiden offenbar auch eine tiefe echte Zuneigung.
Dass Jeannes Stellung bei Hofe dennoch wackelt, liegt am wiedergewonnenen Appetit des Königs auf Mätressen, der zu einem allmählichen Überdruss an ihr führt. Und schließlich an seiner fortschreitenden Krankheit, die ihn um sein Seelenheil nach dem Tod bangen lässt: Obwohl er ihr auf dem Sterbebett seine Liebe schwört, lässt er sie in ein Kloster verbannen. Wieder einmal.
Doch bevor es so weit kommt, bietet dieses grandios inszenierte Kostümspektakel mit bestens aufgelegten Darsteller·innen ein echtes Kino-Vergnügen.