chilli cultur.zeit

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HEFT NR. 4/18 8. JAHRGANG

Festivals

Musik

Leinwand

DIE FREILUFTSAISON IST ERÖFFNET

OTTO NORMALS STEINIGER WEG ZUM NEUEN ALBUM

EINBLICK IN DEN MIKROKOSMOS GROSSMARKT


SPECIAL FESTIVALGUIDE

Zwischen Blumenkränzen, heißen Beats und kühlen Drinks Der Festival-Sommer in Freiburg und Region

Sommerspektakel der Extraklasse. Vier Monate lang werden den Besuchern 39 Sommer-Events geboten. Von Mai bis September gibt es in der ganzen Stadt ein großes Angebot an kulinarischen und kulturellen Veranstaltungen. Darunter musikalische Highlights wie Konzerte im Freien, klassische Musik im imposanten Freiburger Münster, Open-Airs in der ganzen Stadt und rauschende Feste im Park. Neben den zahlreichen Veranstaltungen in der Stadt, warten kleinere und größere Festivals im Dreiländereck. Von Rock bis Reggea, über Indie und Electro ist für jeden Musikgeschmack etwas dabei. Valérie Scholten

Wein & Musik

I Em Music

Fotos: © Martin Thomas, pixabay.de

Wann? 25. – 27. Mai Wo? Staufen

Das letzte Wochenende im Mai steht in Staufen ganz im Zeichen der Freiluftsaison. Wenn die Winzer und Wirte der Fauststadt ihre Pforten öffnen, herrscht Open-Air-Atmosphäre in den Straßen und Gassen. Dieses Jahr hat Siegfried Kerber vom Winzerhof S. Kerber erstmals ein dreitägiges Festival-Programm auf die Beine gestellt. Von Freitag bis Sonntag bespielen mehr als ein Dutzend Künstler drei Bühnen und läuten offiziell den Sommer in Staufen ein. Das „Wein & Musik“- Festival widmet sich neben der Musik ebenso dem Wein. Im Städtle verteilen sich mehr als 20 Stände, die für das leibliche Wohl der Besucher sorgen. Am Freitagabend entführt die Formation Soulrausch die Festivalgäste in die weite Welt des Blues, Funk und Soul. Richtig Gas gibt die US-amerikanische Wahl-Pariserin Robyn Bennett, die mit einem Stilmix aus Jazz, Pop, Soul und Funk sowie NeoSwing-Songs überzeugt. Auf Bühne Nummer drei rocken mit den Nutty Boys sechs offbeatbegeisterte Herren aus Freiburg. Den Auftakt am Samstag macht die Stadtmusik Staufen unter der Leitung von Markus Wagner. Gegen Mittag bringt dann Miss Allie ihr Publikum mit hinreißenden Songs zum Lachen und Weinen. Abends garantiert dann die Freiburger Band FATCAT echten Tanzmuskelkater. Sonntag geht’s mit Mr. Flower Power auf eine Zeitreise in die Flower-Power-Ära. Der Eintritt ist frei. 52 CHILLI CULTUR.ZEIT MAI 2018

Zu : gewinnen

Wann? 7. – 10. Juni ndingen Wo? Schlossplatz Emme

2 x 2

Die 15. Auflage des I Em Music Festivals bieTickets tet wieder unvergessliche Konzerterlebnisse. Gänsehaut-Feeling garantiert. Denn auf der Festivalbühne auf dem Schlossplatz in Emmendingen stehen Musikgrößen wie Limp Bizkit, Adel Tawil, Matthias Schweighöfer und Uriah Heep an – erstmalig – vier aufeinander folgenden Abenden. Mit „Lachen, Weinen, Tanzen“ hat Matthias Schweighöfer, der sonst als Schauspieler auf der Kinoleinwand zu sehen ist, sein Musikdebüt gegeben. Seit jeher sucht er die Musik für seine Filme selbst aus und bringt sich auch bei der Kom­ position ein.

Fotos: © Karo Events, David Daub

J

eder liebt den Sommer! Jeder liebt Festivals! Und jeder liebt die Freiluftsaison. Es ist nämlich die Zeit im Jahr, in der wir alle ganz aufgeregt auf einer grünen Wiese herumtänzeln, ein helles Blondes oder eine prickelnde Fassbrause zischen und unseren Lieblingsmusikern lauschen. Sobald das Thermometer die 25-Grad-Marke in Südbaden knackt und der Terminkalender überquillt, ist auch die Festivalsaison eröffnet. Den ganzen Sommer lang legt sich ein wunderbarer Zauber über die Regio. Ein Sommer­ event, Konzert oder Open-Air folgt auf das nächste. Allein in Freiburg erwartet die Festival-Liebhaber ein

Freiburg Festival

Wann? 8. – 16. Juni iburg Marienbad & Theater Fre Wo? E-Werk, Theater im

Zu Das Freiburg Festival hat sich dieses Jahr den Zuinnen: w e g gang zur interdisziplinären Kunst auf die Fahne  x 2 6 geschrieben. Vor dem Hintergrund der Frage Tickets „How close is far?“ werden insgesamt 16 Produktionen aus verschiedenen Genres gezeigt. Darunter außergewöhnliche Stücke, deren individuelle Handschriften den aktuellen Stand der Kunst spiegeln und das Verständnis von Theater, Musik, Tanz und Performance hinterfragen und erweitern. Foto: © Conweimar – Film & Fotografie


SPECIAL FESTIVALGUIDE

Das Kamehameha Festival ist unter Electrofans mittlerweile ein fester Termin im Veranstaltungskalender. Dieses Jahr lautet das Motto „Back to the Roots“. Zurück zu einem Festivaltag, der es in sich hat. Zurück zu einem Line-up, das die Herzen der Elektro-­ Liebhaber höherschlagen lässt. Den Soundtrack zum Tanz in den Sonnenuntergang steuern in diesem Jahr Sven Väth, Paula Temple, AKA AKA, Moonbootica, Sascha Braemer und viele mehr bei.

Baden-Badener Sommernächte

Wann? 28. Juni – 1. Juli en Wo? Kurgarten Baden-Bad

Jedes Jahr steigt im Baden-Badener Kurgarten vor dem Kurhaus ein Sommerevent der Extraklasse. Die Sommernächte in Baden-Baden sind ein beliebtes Ausflugsziel für Musikbegeisterte. Neben viel Live-Musik gibt es auch ein umfangreiches kulinarisches Angebot. Gastronomische Leckerbissen verwöhnen Gaumen und Seele. Authentische Tribute-Bands sowie vielseitige Musiker verzaubern den Kurgarten mit seinem einmaligen Ambiente.

Southside

Wann? 22. – 24. Juni Wo? Neuhausen ob Eck

Arctic Monkeys, Billy Talent, Marteria, Kraftklub, Beginner, The Kooks, Prinz Pi, Samy Deluxe oder Chefket: Das diesjährige Southside Festival hat sich ein ganz besonderes Geschenk zum 20. Geburtstag gemacht. Auf rund 65.000 Besucher wartet ein Line-up, das wirklich keine Musikwünsche offenlässt. Vor 20 Jahren wurde das Southside als süddeutsches Pendant zum Hurricane Festival etabliert. Während der vergangenen Jahre hat das Festival international erfolgreiche Künstler, beliebte deutsche Acts und eine große Anzahl Newcomer, von denen einige heute als Headliner auf vielen OpenAirs sind, auf die Bühne gebracht. Wer viel feiert, bekommt auch irgendwann Kohldampf. Natürlich ist es auf dem Southside nicht mit einer Currywurst und einer Scheibe Brot getan. Damit sich auch der Gaumen nicht langweilt, hat das Southside ins Food-Truck-Horn geblasen und mehr als 50 nationale und internationale Speisewagen herbeigerufen. Ob Fleischesser, Vegetarier, Veganer oder Flexitarier – hier kommen alle auf ihre Kosten. ANZEIGEN

Gewinnspiel-Teilnahme unter www.chilli-freiburg.de/gewinnspiel | Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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Fotos: © Taktgeber, Matthias Rhomberg

Kamehameha

Wann? 16. Juni Wo? Flugplatz Offenburg


SPECIAL FESTIVALGUIDE

Zum 8. Mal in Folge steigt auf der ehemals militärischen Festung Fort Kleber in Wolfisheim das Wolfi Jazz. Das Musikfestival ist aus der Idee heraus entstanden, junge Musiker bekannter zu machen. Auch dieses Jahr steigen wieder mehr als 20 Konzerte auf vier verschiedenen Bühnen. Der Verein Wolfi Jazz möchte talentierte Musiker in der Entwicklung ihrer Karrieren unterstützen. Musiker aus der Jazzszene bekommen so die Chance, vor einem internationalen Publikum zu spielen und ihren Bekanntheitsgrad zu fördern. Genauso spiegelt das Wolfi Jazz Festival mit seinem künstlerischen Programm aktuelle Tendenzen der internationalen Musikszene wider. Neben Newcomern spielen dieses Jahr auch bekannte Größen wie Asaf Avidan. Zudem wird es wieder ein kleines Festivaldorf geben. Zwischen den Acts kann man sich dort rundum verwöhnen und verköstigen lassen. Zudem gibt es im Festungsgraben sowie im Festivaldorf viele Gratiskonzerte und Angebote für Familien.

Zeltival

ust Wann? 29. Juni – 5. Aug he lsru Kar s hau Toll ? Wo

Das Zeltival in Karlsruhe hat ähnlich wie das ZMF in Freiburg Kultstatus. Von Reggae bis zum Indie-Rock – im sommerlichen Festivalambiente bespielen namhafte Musiker wie Fatoumata Diawara, Lumpenpack, Avishai Cohen oder Maximo Park und waschechte Comedians wie Michael Mittermeier ganze fünf Wochen die Festivalbühnen.

Sea You

Fotos: © Aida Muluneh, Sea You Freiburg GmbH

Wann? 14. – 15. Juli Wo? Tunisee Freiburg

Mitte Juli ist es wieder so weit und der Tunisee verwandelt sich in eine sommerliche Festivallandschaft. Nicht nur der traumhafte Badesee oder die leckeren Drinks, sondern vor allem das prominente Line-up locken wieder Tausende Liebhaber der elektronischen Musik. Mit dabei: Alle Farben, AKA AKA feat. Thalstroem, Lost Frequencies, Lexy & K-Paul, Monika Kruse, Ofenbach u.v.a.

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ZMF

Wann? 18. Juli – 5. August Freiburg Wo? Mundenhof-Gelände

Zu : gewinnen

2 x 2

Tickets

Foto: © Klaus Polkowski

Auch dieses Jahr verwandeln sich die grünen Hügel neben Tiergehege und Mundenhof für 19 Tage in eine bunte Konzertlandschaft. Das älteste Zeltfestival Deutschlands bittet dieses Jahr zum 36. Mal in die Zelte und lockt seine Besucher mit namhaften Musikern aus der ganzen Welt sowie neuen Talenten, die noch am Anfang ihrer Musikkarriere stehen. Im Fokus des Freiburger Festivals, das jedes Jahr über 120.000 Besucher zählt, steht die Verbindung verschiedener Generationen, unterschiedlichster Kulturen und gemischter Musikstile. Der musikalische Mix zieht sich wie ein roter Faden durch das diesjährige Programm: Die beiden beliebten Schlagerkonzerte am Freitag und Samstag (3. und 4. August) mit Dieter Thomas Kuhn & Band sind bereits ausverkauft, bekannte Größen der deutschen Hip-Hop-Landschaft haben sich angekündigt, und auch die klassische Musik schlägt bei der Philharmonischen ZMF-­ Gala (22. Juli) mit Musikern wie dem Pianisten Christopher Park einen modernen Weg ein. Eröffnet wird das ZMF von Steven Wilson, der bereits im vergangenen Jahr die ZMF-­Macher überzeugte. Am selben Abend entführen Shout Out Louds das Publikum im Spiegelzelt in die Indie- und Gitarrenwelt. Ein weiteres Highlight ist der britische Jazzmusiker und Songwriter Jamie Cullum. Er kommt am 21. Juli erstmals zum ZMF. Neben dem Pop-Sänger Wincent Weiss, der am 23. Juli im Zirkuszelt auftritt, sorgen die Poetry-­ Slammerin Julia Engelmann (25. Juli) sowie Johannes Oerding (30. Juli) für ein breit gefächertes Publikum im Zirkuszelt. Dass der Hip-Hop den Rock’n’Roll dieses Jahr auch in Deutschland abgelöst hat, zeigt sich ebenfalls beim Blick auf das ZMF-Programm. Auch hier wird mit Musikern wie Kontra K (27. Juli), der Stuttgarter Hip-Hop-Formation Freundeskreis um Max Herre (2. August) oder Bausa (2. August) dem Hip-Hop eine Bühne geboten. Das ZMF-Gelände bleibt weiterhin eintrittsfrei zugänglich und das Action­programm bietet gratis viele Konzerte mit Musik, Kleinkunst und Aktionen für die Jugend.

Foto: © Jens Fauth

Wolfi Jazz

Wann? 27. Juni – 1. Juli m (bei Straßburg) Wo? Fort Kleber Wolfishei


SPECIAL FESTIVALGUIDE

Open Air im Park

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Fotos: © Christoph Köstlin, Kur und Bäder GmbH, Moritz P+P

Wann? 14. Juli – 5. August gen Wo? Kurpark Bad Krozin

Das Lichterfest im Kurpark Bad Krozingen gehört zu den Sommerhighlights im Dreiländereck. Einmal im Jahr verwandelt sich der idyllische Park um das Kurhaus von Mitte Juli bis Anfang August in eine große Freilichtbühne. Mitten im Grünen wartet ein abwechslungsreiches Musik- und Unterhaltungsprogramm. Den Auftakt macht das traditionelle Lichterfest, das jedes Jahr Tausende Besucher anlockt. Mit mehr als 15.000 Kerzen und 1000 japanischen Bambuslaternen verwandelt sich der sommerliche Park in ein funkelndes Lichtermeer. Am Sonntag darauf geht’s mit einem bunten Unterhaltungs- und Familienprogramm weiter. Am Donnerstag kommen dann Schlagerfans auf ihre Kosten, wenn Vanessa Mai, Reiner Kirsten und die Wieberbuabe die Bühne rocken. Ein weiteres Highlight ist der Open-Air-Auftritt von Yvonne Catterfeld und Band am 20. Juli im Kurpark. Die ausgebildete Musikerin ist schon seit 2003 fester Bestandteil der deutschen Musiklandschaft.

Mariuzz

Wann? 20. Juli, 20 Uhr iburg-Munzingen Wo? Schloss Reinach, Fre

Zum ersten Mal gastiert die Westernhagen-­ Tribute-Show „Mariuzz“ in Freiburg-­ Munzingen. Das Schloss Reinach veranstaltet ein Open-Air-­Konzert mit Tour- und Studio-Musikern der Original Westernhagen-Band. Im stimmungsvollen historischen Innenhof des Schlosses kommt es zu einem echten Highlight des FreiburZu ger Konzertsommers. Hotelier René : gewinnen Gessler ist mit dem Engagement von „Ma4 x 2 riuzz“ ein ganz besonderer Coup gelungen: „Näher ts ke ic T am Original geht es nicht mehr“, so Gessler. „Denn hier steht mit dem stimmlichen und optischen Westernhagen-Double Peter Zahn nicht nur ein hervorragender Sänger auf der Bühne, sondern es kommen auch Musiker zum Zuge, die einst mit Marius Müller-Westernhagen gespielt haben.“ Mit dabei der legendäre Westernhagen-Drummer Charly T. und die bezaubernde Sängerin Della Miles aus Texas, die auch schon viele Jahre für Whitney Houston gesungen hat. Gewinnspiel-Teilnahme unter www.chilli-freiburg.de/gewinnspiel | Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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Foire aux Vins

Wann? 27. Juli – 5. August Wo? Parc Expo Colmar

Die Foire aux Vins d’Alsace in Colmar ist Messe, Festival und ein außergewöhnliches Schaufenster für elsässische Weine. Die 71. Auflage des populären Großereignisses mitten im Elsass schöpft aus insgesamt sechs Jahrzehnten Erfahrung und verspricht auch dieses Jahr wieder ein voller Erfolg zu werden. Dabei steht die Einzigartigkeit sowie der festliche Charakter im Fokus des Programms. Die Messe verzeichnet jedes Jahr mehr als 350 Aussteller und eine große Anzahl von Winzern, die ihre köstlichen Weine vorstellen. Im Messe-Freilichttheater finden am Abend rund 10.000 Konzertbesucher Platz, um großartigen Künstlern zu lauschen. Darunter der Ausnahmekünstler Lenny Kravitz. Der Rock-Pop-Sänger kommt am 30. Juli zum Foire aux Vins Festival. Außerdem mit dabei: Scorpions am 1. August, Rag’n’Bone Man und Beth Ditto am 2. August und Santana am 3. August.

Zu : gewinnen

2 x 2

Tickets

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Hohentwielfestival

Wann? 21. – 29. Juli Wo? Singen

Das Hohentwielfestival in Singen ist ein absolutes Sommerhighlight. Ein Festival, wo einfach alles passt. Hat man erst mal den Berg zur Festung erklommen, wartet oben nicht nur ein kühles Bier, sondern eine vielversprechende Location. Was anfänglich noch ein Stadtfest für die Bürger Singens war, hat sich inzwischen zu einem großen Musik­ ereignis entwickelt. Größen wie Joe Cocker, Nena oder etwa Silbermond standen schon auf der Burgbühne. Dieses Jahr bringt das Festival Dieter Thomas Kuhn, Kontra K, Alan Parsons und Beth Ditto auf die Bühne.

DAS FEST

Wann? 20. – 22. Juli e Karlsruhe Wo? Günther-Klotz-Anlag

Das Karlsruher Sommerfestival DAS FEST glänzt dieses Jahr mit internationalen sowie nationalen Superstars. Mit Mando Diao haben die Karlsruher Schwedens erfolgreichste Rockband nach Hause geholt. Mit Olli Schulz und Gloria mit Klaas Heufer-Umlauf rocken deutsche TopStars die Hauptbühne. Neben der ticketpflichtigen Hauptbühne bei DAS FEST gibt es auch jede Menge Konzerte, die kostenfrei genossen werden können.

Foto: © Conweimar – Film & Fotografie

Fotos: © studio-rfifou, gustaf sandholm andersson

SPECIAL FESTIVALGUIDE


SPECIAL FESTIVALGUIDE

African Music Festival

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Wann? 3. – 5. August ndingen Wo? Schlossplatz Emme

Das African Music Festival wird dieses Jahr 18 Jahre alt. Zum Geburtstag steigt auf dem Schlossplatz in Emmendingen unter dem diesjährigen Motto „Freedom“ eine große Sause. Auch dieses Jahr hat sich das Festivalteam nicht lumpen lassen und ein abwechslungsreiches und hochwertiges Festival-Programm zusammengestellt. Schon jetzt lockt der Veranstalter das Publikum und präsentiert keinen Geringeren als Andrew Tosh als Main-Act für den Festival-­ Samstag. Als Sohn des legendären Peter Tosh ist er zutiefst mit dem Reggae verbunden und bringt mit seiner jahrelangen Bühnenerfahrung genau das richtige Feeling für den Reggae-­ Abend am Samstag. Der jamaikanische Reggae­musiker überzeugt durch seinen unverwechselbaren Sound. Neben dem Abendprogramm mit dem Schwerpunkt Salsa/Latin am Freitag, Reggae am Samstag und Afro/World am Sonntag, gibt es wieder einen Welt-Basar, interessante Workshops und ein vielseitiges Rahmenprogramm. Darunter die bunte Straßenparade durch die Innenstadt von Emmendingen am Samstag und der ökumenische Gottesdienst am Sonntagmorgen.

Sweet Soul Music Revue

Fotos: © afrikaba Kulturkrei e.V., Stefanie Salzer-Deckert

Wann? 9. September iburg-Munzingen Wo? Schloss Reinach Fre

Es ist „Soultime“ in Freiburg-Munzingen. Die 50er bis 70er Jahre in Amerika wurden musikalisch von Künstlern wie James Brown, The Temptations, The Supremes, Marvin Gaye, Stevie Wonder, Ray Charles oder Zu Tina Turner geprägt. Diesen Soul-Flair vergan: n e gewinn gener Jahrzehnte bringt die Sweet Soul Music  2 4 x Revue im Frühherbst in den atmosphärischen Tickets Innenhof von Schloss Reinach. Zum Abschluss des Konzertsommers in Freiburg haben Klaus Gassmann und seine Band ihr „Soulfinger – The Best Of Soul Classics“ Programm mit im Gepäck. Zum elften Mal bestreiten sie ihr erfolgreiches Gastspiel im Schloss Reinach. Eine Internationale Besetzung aus Leadsängern, Backgroundsängern und Musikern nimmt das Publikum mit ihren ­Interpretationen von legendären Soulhits mit auf eine stimmungsvolle Reise in die Geschichte der Soul-­ Musik. Musikalisch erwartet die Zuhörer eine Mischung aus Gefühl, Rhythmus, Leidenschaft und Lebensfreude. Gewinnspiel-Teilnahme unter www.chilli-freiburg.de/gewinnspiel | Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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MUSIK

„Keine erquickende Zusammenarbeit“ PETE VON OTTO NORMAL ÜBER DEN STEINIGEN WEG ZUM NEUEN ALBUM

Die wollten wohl etwas à la „Tanzen Leben Menschen Welt“. cultur.zeit: Das klingt nach viel Auf­ wand mit wenig Ertrag. Pete: Wir haben allein tausende Euros für Fahrtkosten und Übernachtungen ausgegeben. Teilweise sind Treffen mit dem Label einfach kurzfristig abge­ sagt worden, obwohl wir die Zug­ tickets gebucht hatten. Es war einfach keine erquickende Zusammenarbeit.

cultur.zeit: Pete, „Wieder wir“ Sonys Vorschläge sorgen für ist da. Wie fühlt sich das an? „nicht wirklich gute Vibes“ Pete: Das ist ein schönes Ge­ fühl. Es war ein weiter Weg bis hierhin. Mir gefällt das Album gut cultur.zeit: Verbiegt man sich in so ei­ und ich bin ziemlich stolz auf unsere ner Situation? Pete: Sony hat uns gebeten, alte Sa­ drei Videos zu den Singles. chen aus dem Netz zu nehmen. Sie cultur.zeit: Ihr wart bei Sony unter Ver­ haben auch vorgeschlagen, dass ich lieber solo weitermachen sollte, dass trag. Eigentlich ein Traum, oder? Pete: Wie man’s nimmt. Als wir damals wir uns umbenennen sollen. So was die Mail vom Sony A&R bekommen hat uns natürlich aufgewühlt und haben, dachten wir: Jetzt geht’s rund! nicht wirklich für gute Vibes gesorgt. Dann haben wir über 70 Songs ge­ schrieben, die aber alle nicht nach cultur.zeit: Wie lange ging das gut? dem Geschmack der Plattenfirma wa­ Pete: Nach dem 10. Liebessong, dem ren. Was ihnen an den Songs nicht 15. Freundschaftstrack und dem 20. passt, haben sie aber nie richtig kon­ „Escape-Song“ haben wir uns gesagt: Jetzt machen wir den Deckel drauf. kretisieren können. Wir haben 40 Songs mit unserem Pro­ duzenten Kraans de Lutin aufgenom­ cultur.zeit: Also gar kein Feedback? Pete: Keines, mit dem wir was anfan­ men. Schlussendlich hatten wir nach gen konnten. Wir haben drauflos ge­ drei Jahren 22 fertige Nummern, die schrieben. Über Freundschaft, Liebe, wir der Sony vorgelegt haben. die Gesellschaft. Sachen, die uns um­ treiben. Dann hieß es: „Der Song ist cultur.zeit: Der letzte Anlauf? natürlich flat.“ Oder: „Könnt ihr die Pete: Genau. Im Bandübernahme-­Ver­ Tonart etwas lauter drehen?“ Haha. trag waren 12 Tracks vereinbart. Wir 58 CHILLI CULTUR.ZEIT MAI 2018

saßen auf heißen Kohlen. Leider ha­ ben sie zwei Monate gebraucht, um uns zu sagen, dass wieder nichts da­ bei ist. Da war klar: Wir steigen aus und machen es selbst oder mit einem anderen Label. Deswegen fanden wir den Titel „Wieder Wir“ so passend. cultur.zeit: Darauf rappst du: „Unter uns: Die Musikindustrie denkt, Kunst wär ne Bitch und schickt uns auf den Strich, für Stumpfsinn und Kitsch.“ Das geht an Sony? Pete: Ja, das könnte schon sein. Das Positive an der ganzen Geschichte war, dass wir da als Band noch mehr zusammengewachsen sind. Auch sti­ listisch ist nun eine klare Hand­ schrift auf dem Album zu finden. cultur.zeit: Ihr seid jetzt bei Jazzhaus Records gelandet. Wie kam’s dazu? Pete: Wir haben mehrere Gespräche geführt, am meisten hat uns das Jazz­ haus-Records-Team überzeugt. Der wichtigste Punkt: Wir haben einfach gemerkt, dass sie unsere Musik feiern. Jetzt macht das Ganze wieder richtig Spaß und wir haben eine gute Zusam­ menarbeit mit dem Freiburger Label. cultur.zeit: Wie geht’s euch nach der Odyssee? Pete: Geht ganz gut. Wir haben tolle Projekte in der Pipeline: Nach dem Album werden zwei EPs erscheinen, die quasi schon fertig sind. Ich freue mich auch sehr auf den 17. Novem­ ber, da spielen wir unsere berühmt berüchtigte Akustik-Session mit dem Junior-Jazzchor im E-Werk Freiburg.

Foto: © Felix Groteloh

V

iele Musiker träumen vom großen Plattenvertrag. Otto Normal haben das ge­ schafft. Doch die Zusam­ menarbeit mit Sony war für die fünf Freiburger bitter. Anfang Mai hat die Pop­ band um Rapper Peter „Pete“ Stöcklin ihre Platte „Wieder wir“ über Jazzhaus Records rausgebracht. Auch Sony ist eine Zeile gewidmet. Till Neumann hat sich mit Pete darüber unterhalten.


EXIL46

MALIK

Eigenvertrieb

Hares Records

LIVE

DIE ZUKUNFT

DER SOUNDDRECK ... ... zu Rolf Bob Dylan Zuckowski und dem Mittelalter

Knallbuntes Kopfkino

Politik und Punchline

(tln). Zwei Streicherinnen, zwei Schlag­zeuger. Das ist die Band Exil46. Die vier Musiker des Philharmonischen Orchesters Freiburg schaffen einen ganz eigenen Klangkosmos. Klassische Elemente treffen auf Rockiges, Pathos auf Zärtlichkeit, donnernde Drums auf wilde Violinen. Exil46 sind mit ihrem Elektro-­ Klassik-­Rock-Projekt ausgebrochen aus dem Rahmen des philharmonischen Klangkörpers. Bei der Flucht ins ex­ perimentelle Exil haben sie ihre Skills aber mitgenommen. Was sie im 46er-­ Klanglabor zusammenbrauen, ist virtuos, fein akzentuiert, gefühlvoll komponiert. Meditativ und mitreißend wirken die Streicher auf dem Live-Album, das Anfang Juni erscheint. Wie der Soundtrack eines Blockbusters kom­ men die Songs daher, spinnen akusti­ sche Fäden, brechen sie auf, variieren das Tempo und die Schlagzahl. Wie von selbst entstehen so Bilder, Exil46 entführt ins knallbunte Kopfkino. Dabei lohnt es sich, die Augen auch mal aufzumachen: Friederike Hess-­ Gagnon (E-Geige), Dina Fortuna (E-Cello), Timo Stegmüller (Percussi­ on) und Tilman Collmer (Drums) bie­ ten eine mitreißende Performance. Ihr Live-Album unterstreicht das ein­ drucksvoll. Außer „Vielen Dank“ ist da an Worten nicht viel zu hören. Spre­ chen darf hier die Musik.

(tln). „Yeah, ich in back“, meldet sich der Freiburger Rapper Malik zurück. 18 Tracks stark ist sein Album „Die Zukunft“. Die Gästeliste lässt aufhor­ chen: Gentleman, Richie Stephens, Megaloh, Celo & Abdi ... Doch die Erwartungen werden beim Opener runtergeschraubt. We­ der Beat noch Rap von „Auf alles ge­ schissen“ reißen mit. Vergleiche wie „du bist ziemlich witzig hier wie ne Lachnummer“ erfinden das Rad nicht neu. Genau wie das „B****“ am Ende der Strophe. Als „Rohdiamant“ bezeichnet sich der Rollstuhlfahrer. Ungeschliffen klingt das in der Tat an einigen Ecken. Zu sagen hat der SPD-Politiker da­ für so einiges. In „Erlösung“ erzählt er von seiner schwierigen Geburt in Ka­ bul. Wegen eines Genfehlers ist er an den Rollstuhl gefesselt. Der Taten­ drang des Mannes ist dafür umso be­ achtlicher: Er war im Vorprogramm von Xavier Naidoo und legt nun sein zweites Album hin. Es mischt Rap, Trap und Reggae. Neben Battletracks geht’s um Migra­ tion, Toleranz und Religion. Immer wieder positioniert sich Malik gegen Extremismus. Inhaltlich hat die Platte einiges zu bieten. Die technische Um­ setzung ist jedoch ausbaufähig. Die prominenten Gäste unterstreichen das. Sie spielen dann doch ein paar Ligen höher.

Rolf Zuckowski Odios volum eos hat escitas Angst. cumAber qui aut nicht dipsum vor der cus dolessin coribusant.Iditatio. Geschmackspolizei, obwohl Enihill er dazu orest, auch odipsum allen que ea hätte. Grund diorrumNein: etureDer esciae Kinderliedermacher illest eaqui consedder moluptahat Nation sitatem Angstutvor quisimus dem Genderwahn. doloris rectem velit liqui verias ex et pore voluptat iume pore, tessit illisse Vor Feministinnen, quaerum lit etur? die seine Lieder umschreiben, vor ultragegenderten Emanzen, die den Soleni vellandis maskulinen Knilch corerchil (reimt in eatur? sich halt Ga.prima Ut occus aufinis quo dolupta Milch) aus der turiores „Weihnachtsbäckerei“ explit debit vendi inciandam, rausnus alit ut et occatum schmeißen, um ihn gegen ditiorepe einevendam Trulla (sequae namens laboritatur, Ulla oder so) si corem auszutauschen, et expla quias dierendi sichbeatem seine vitatias aperibus as quunti „Schulweghitparade“ vorknöpfen nemporaest undearciur aus allen maio. Inis idFreundinnen Freunden ma quidi nonse machen nos remo undconseque die Schüler ne que ditatur, nis rerrovit selbstverständlich zuquisimusae. SchülerInnen. Sedis mos eum voluptatusti ad untorem sunt et omnihilibea eum nusanis ulloreh Zuckowski tratenientestent selbst auchinschon pro etan untiis die maio expliqui voluptatia netheran volorpor asbrachte dolupta exerfer Geschmackspolizei und eine emporerio. Nam doloreseque velictio elibus. Neuinterpretation eben seines Hitsblatiis „In der Weihnachtsbäckerei“ zur Anzeige, die da „In Henieniat. Sa adis iur simus etheißt qui suntur accus der Wehrmachtsbäckerei“ und und wo aut assende sich Bäckerei cum lab aufidus, Messerstecherei tecabor soluptam reimt. quidiciisim asitaqui Hier sind unstes aber venistiosa leider die cumquam, Hände gebunden tem lici cuptat – künstlerische unt illandebit Freiheit ligni officilissit oder gerne est,auch quaerro volupta taecus essiti ut fuga. Idem alignam, nam Frechheit. hitiataque none que eum escit eicaerro dolectorias velest, ullaudis perio seine tent facil mi,Veröffentlichung ipsuntiis dis Happy to be happy, erste samenienem iur sandae et et re,zusammen iducia sit pedmit ma mit verunglücktem 60’s-Beat ipsapit aquiatem landianditet voluptate plique seiner damaligen Band The Beathovens (!) ist ererchiliam as volent, imusam,und verspisque glücklicherweise vergriffen wird auf unsere nonectur sae. Anordung auch Ovidestia nicht wieder nihicabor reissued soluptatquis – Gefahr et, te odisqueGefahr consequae. Um ratur arit dis qui ullabo. erkannt, gebannt. Aximaio. Et que modio. Nam, que reribea qui deribusam Lassen wiretnun autden architianda Meisterquam, des infantilen que vo Lieds selbst noch mal zu Wort kommen: Enis doloreNackidei comnis de aut omnis di Nackidei alleliquae sind ipis heutaut Nackidei qui quo quaectiusam re nis alitatenimi, to bea quo Nackidei Nackidei und keiner findet was dabei eatem ipsam Nackidei Nackidei estianimin alle sind nos aut heut utNackidei eum si ut utem quis de nestoriam maios ressit Nackidei Nackideisitaturios und keiner findet wasvelique dabei sandam aut latiusae senihillest labo. Et omniatiNumquatem reperowir dolore nihiliquia dolutgrüßen utendis In diesem Sinne, ziehen blank und dellandi di versped quiatec que pro nackig moluptaqui consequi deritaq uuntum quam qui Für Ihre Geschmackspolizei Freiburg, blatuWelteroth dato Ralfo Wellenroth Ralf


KINO

Stapler im Dreivierteltakt EINBLICKE IN EIN UNBEKANNTES ALLTAGSUNIVERSUM von Erika Weisser

In den Gängen Deutschland 2017 Regie: Thomas Stuber Mit: Franz Rogowski, Sandra Hüller, Peter Kurth u.a. Verleih: Zorro Film Laufzeit: 120 Minuten Start: 24. Mai 2018

A

nfangs plätschert Johann Strauß’ Donauwalzer noch zaghaft durch die penibel aufgeräumten und vor Schichtbeginn noch unbe­ lebten Gänge eines Groß­ markts am Stadtrand von Leipzig. Doch im selben Maß, in dem die Kamera in die schier endlos langen und hohen Regal­ reihen eindringt, gewinnt auch die Mu­ sik an Fahrt. Als schließlich der erste Gabelstapler ins Bild kommt, spielt das Orchester mit vollem Einsatz. Bald tanzt ein Dutzend Stapler zum Drei­ vierteltakt; die Arbeit hat begonnen. Das gilt auch für Christian, der nach einer kurzen, jugendsündenbedingten Zeit im Knast und einer sich daran an­ schließenden längeren Zeit der Arbeits­ losigkeit endlich wieder einen Job hat und sein Leben in geregelte Bahnen bringen will. Sehr gesprächig ist der junge Lagerarbeiter nicht an seinem ersten Tag; er wirkt gar einigermaßen unsicher, als er in den neuen blauen Ar­ beitskittel schlüpft und dabei versucht, seine Unterarmtätowierungen zu ver­ bergen. Den Schichtleiter scheinen sie indessen nicht zu interessieren; routi­ niert steckt er dem Neuling vier Kugel­ schreiber in die Brusttasche, klopft ihm auf die Schulter und gibt ihn unter die Fittiche von Herbert, dem ebenfalls ziemlich wortkargen Leiter der ­Getränkeabteilung.

Fotos: © Zorro Film

60 CHILLI CULTUR.ZEIT MAI 2018

Zwar behauptet Herbert, keine Aushil­ fe zu brauchen, doch er wirkt dabei nicht unfreundlich; er begegnet dem zunächst recht unbeholfenen Christian mit einem gewissen Wohlwollen, macht sich nicht über seine Ungeschicklichkeit lustig. All­ mählich entsteht ein Vertrauensverhält­ nis zwischen den beiden Männern; bald verbringen sie die Pausen zusammen, rauchen miteinander, deuten manchmal auch Privates an, respektieren jedoch die Geheimnisse des anderen. Und als der schüchterne Kollege sich in die forsche flirtfreudige Marion aus der im benach­ barten Korridor untergebrachten Süß­ warenabteilung verliebt, ist es Herbert, der ein wenig Nachhilfe leistet bei der zaghaften Annäherung. Und er ist es auch, der, als Marion einmal nicht zur Arbeit erscheint, Christian darauf auf­ merksam macht, dass sie verheiratet und ihr Mann nicht eben zimperlich ist. Mit viel Liebe zum Detail erkundet Thomas Stuber die uns Konsumenten unbekannten Seiten des Mikrokosmos Großmarkt und porträtiert die dort ar­ beitenden Menschen mit großer Zunei­ gung. Die sehr behutsam dargestellte Fähigkeit dieser im wirklichen Leben so wenig beachteten Leute zu Empathie, Solidarität, respektvollem Umgang und auch zur Trauer macht diesen nur scheinbar schlichten Film zu einem klei­ nen Kunstwerk, an dessen überraschen­ dem Ende viel mehr zu hören ist als das Rauschen von Donauwellen.


KINO NACH EINER WAHREN GESCHICHTE

TASTE OF CEMENT

Foto: © Studiocanal

Frankreich 2018 Regie: Roman Polanski Mit: Emmanuelle Seigner, Eva Green u.a. Verleih: Studiocanal Laufzeit: 100 Minuten Start: 17. Mai 2018

Foto: © Camino

Deutschland 2017 Regie: Ziad Kalthoum Dokumentarfilm Verleih: 3 Rosen/Camino Laufzeit: 85 Minuten Start: 24. Mai 2018

ZWEI IM FALSCHEN FILM

Foto: © farbfilm

Deutschland 2017 Regie: Laura Lackmann Mit: Laura Tonke, Marc Hosenmann u.a. Verleih: farbfilm Laufzeit: 107 Minuten Start: 31. Mai 2018

Schleichende Inbesitznahme

Zwischen Himmel und Erde

Videospiele auf dem Sofa

(ewei). Bestsellerautorin Delphine ist am Ende ihrer Kräfte. Sie will an den großen Erfolg ihres jüngsten Buchs anknüpfen und bald einen neuen Ro­ man veröffentlichen, doch irgendwie klappt es nicht mit dem Schreiben, hat sie keine Idee. Möglicherweise hängt die Blockade mit dem gerade bearbei­ teten Thema zusammen: ihre Mutter. Doch darüber denkt sie nicht nach, schleppt sich, um den Schein zu wahren, brav zu Lesungen und Sig­ nierstunden. Dabei lernt sie eines Tages die charmante Elle kennen, die ihr Werk in- und auswendig zu kennen scheint, ansonsten aber nichts von sich offenbart. Delphine fasst Vertrauen zu der geheimnisvol­ len Frau, die bald eine Art Muse für die krisengeschüttelte Autorin wird. Sie treibt sie zu neuen Gedankengän­ gen an, steht ihr in allen Lebenslagen zur Seite und gibt sich notfalls gele­ gentlich sogar für sie aus. Als Delphi­ ne erkennt, dass die Ghostwriterin zusehends Besitz von ihr ergreift und ganz andere Pläne hat als sie selbst, ist es fast zu spät.

(ewei). Ziad Kalthoum war Soldat, doch er ließ die Schlachtfelder des in­ zwischen siebenjährigen Kriegs in Syri­ en hinter sich, ersetzte das Gewehr durch eine Kamera und begann zu fil­ men. Hier porträtiert er syrische Flüchtlinge, die in Beirut, der eben­ falls von einem langen innerstaatlichen Konflikt gezeichneten Hauptstadt des Libanon, Wolkenkratzer in die Höhe ziehen – mit traumhaftem Blick auf das Mittelmeer. Derweil in ihrer Heimat ihre eigenen Häuser von Bomben in Schutt und Asche gelegt werden. Tag für Tag arbeiten sie auf den nackten Betongerippen. Und weil sie die Baustellen auch nachts nicht ver­ lassen dürfen, leben sie in den Keller­ räumen der Rohbauten, wo sie zusam­ men kochen, essen und sich jeden Abend vor dem Fernseher versam­ meln – in der Hoffnung auf Neuig­ keiten aus der Heimat, auf ein Ende des Kriegs, auf Rückkehr, auf ein menschenwürdiges Leben. Die emo­ tionale und wundersam poetische Dokumentation ist allen „workers in exile“ auf der Welt gewidmet.

(ewei). Laura ist eigentlich Schauspie­ lerin, doch mangels Angeboten arbeitet sie für ein Kinder-­Verkehrs-­Erziehungs-­ Programm – als Syn­chron­sprecherin einer Zeichentrick-Verkehrsampel. Von Hans, ihrem Freund und Mitin­ haber eines Kopierladens, lässt sie sich Heinz nennen. Seit acht Jahren sind die beiden ein Paar, verstehen sich eigentlich ganz gut. Doch mittlerweile hat sich unmerklich eine gewisse Routine in ihre Beziehung eingeschlichen. Sie verbringen prak­ tisch jeden Abend mit gemeinsamen Videospielen auf dem Sofa ihres nicht einmal zu Ende eingerichteten und praktischerweise über dem Copyshop gelegenen Ein-Zimmer-Apartments. Als sie einmal die Routine durch­ brechen und zu ihrem Jahrestag ins Kino gehen, stellen sie fest, dass sie selbst bei einem Liebesfilm nicht wirklich in romantische Stimmung geraten. Und dass auch die Leiden­ schaft ziemlich lädiert ist. Sie erstel­ len eine Romatik-Rettungsliste und beginnen, sie abzuarbeiten. Zunächst mit sehr mäßigem Erfolg.


KINO AUGENBLICKE: GESICHTER EINER REISE

Junge Talente in Sichtung (ewei). Es ist 40 Jahre her, dass eine Handvoll junger Wilder die Medienwerkstatt Freiburg gründete. Es war die Zeit der Häuserkämpfe und anderer sozialer Bewegungen; der Anspruch der „Medis“ war es, mit eigenen Videofilmen in diese politischen Prozesse einzugreifen und „Gegenöffentlichkeit herzustellen“. Mit ihren riesigen Kameras tauchten sie auf jeder politischen Bühne auf, machten aus dem gefilmten Material richtig gute Dokumentationen: 1987 erhielt das Medienwerkstatt-Kollektiv den Dokumentarfilmpreis der deutschen Filmkritik. Inzwischen sind sie, wie auch der immer noch existierende Medienwerkstatt-Laden in der Konradstraße, in die Jahre gekommen. Manche sind richtig bekannte Filmemacher geworden: Didi Danquart, Bertram Rotermund und Pepe Danquart; der es 1994 mit einem Kurzfilm gar zu einem der bisher drei deutschen Oscars gebracht hat. Von Anfang an dabei war auch Wolfgang Stickel, der die Medienwerkstatt immer noch betreibt – wobei sich deren Betätigungsfeld im digitalen Zeitalter deutlich geändert hat. Jetzt gilt es, junge Talente zu entdecken und zu fördern, ihnen eigene Erfahrungen mit auf den Weg zu geben. Und manchmal sogar Geld: Seit 2001 veranstaltet er jedes Frühjahr das Schülerfilmforum, das Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit bietet, ihre Produktionen im Kommunalen Kino auf großer Leinwand vorzustellen. Und vielleicht einen der von Stadt und Sparkasse sowie vom RVF gestifteten Förderpreise zu ergattern. Die sieben besten aus den diesjährigen rund 50 Einreichungen wurden soeben ausgewählt, möglicherweise sind unter den Preisträgern ja zukünftige bekannte Filmemacher*innen. Info: www.medienwerkstatt-freiburg.de www.schuelerfilmforum.de

62 CHILLI CULTUR.ZEIT MAI 2018

Frankreich 2017 Regie: Agnès Varda, JR Mit: Agnès Varda, JR u.a. Verleih: Weltkino Laufzeit: 89 Minuten Start: 31. Mai 2018

Foto: © Alamode

Wolfgang Stickel vor der Medienwerkstatt

Foto: © Weltkino

Foto: © ewei

voll von der Rolle

SWIMMING WITH MEN

Großbritannien 2018 Regie: Oliver Parker Mit: Rob Brydon, Spike White u.a. Verleih: Alamode Laufzeit: 94 Minuten Start: 7. Juni 2018

Im mobilen Fotokopierer

Herrenballett im Hallenbad

(ewei). In einem Van, der aussieht wie ein überdimensionaler Fotoapparat, tourt ein ziemlich ungleiches Paar durch Frankreich: Agnès Varda, die fast 90-jährige Grande Dame der Nou­ velle Vague, und der gerade 35-jährige Streetart-Künstler Juste Ridicule (JR). Ziel ihrer Reisen sind nicht die pitto­ resken Touristenorte, sondern jene, die für wirtschaftlichen Umbruch ste­ hen. Und Menschen, die zu den Ver­ lierern des Kapitalismus, der Gentrifi­ zierung, des Strukturwandels zählen. In Calais fotografieren sie die Frau­ en streikender Hafenarbeiter, tapezie­ ren mit den in ihrem mobilen Fotoko­ pierer entwickelten Riesen-Postern hoch aufgestapelte Container – und verleihen dem Mut und der Solidarität dieser Menschen symbolische Größe. In einer ehemaligen Kohlebergbau-­ Stadt überziehen sie die ganze Fassade des Hauses der letzten widerständigen Bewohnerin einer verlassenen Straße mit deren Bild – und setzen allen Mi­ nenarbeitern ein Denkmal. Eine seltene Kinoperle mit noch mehr wunderbaren Begegnungen.

(ewei). Resigniert schlurft Buchhalter Eric aus dem Büro – nach Hause, zur Wohnzimmerparty, die Ehefrau Hea­ ther zur Feier ihrer Politkarriere als Gemeinderätin gibt. Da er darauf – wie auf vieles andere – keine Lust hat, kehrt er unterwegs ein: im Hallenbad, um ein paar Bahnen zu schwimmen. Der Zwischenstopp wird Erics Le­ ben verändern. Zwar droht ihm wegen der Party-Verspätung ein anhaltend schiefer Haussegen, doch im Becken trifft er auf fünf Durchschnittsmän­ ner, die sich nach einer bestimmten Choreografie, wie in einem Reigen, durchs Wasser bewegen – und unver­ hofft sein Interesse wecken. Und er ihres: Bald outen sie sich als Syn­ chronschwimmer, die aus unterschied­ lichen Beweggründen zueinander ge­ funden haben und regelmäßig miteinander trainieren. Eric schließt sich ihnen an und er­ weist sich schon bald als Naturtalent, dessen Vorliebe für Mathematik sogar nützlich ist für die Konstruktion neuer Schwebefiguren im Wasser. Köstli­ ches britisches Underdog-Kino.


DVD MEINE SCHÖNE INNERE SONNE Frankreich 2017 Regie: Claire Denis Mit: Juliette Binoche, Xavier Beauvois u.a. Vertrieb: Pandora Film Home Laufzeit: 94 Minuten Preis: ca. 14 Euro

HUMAN FLOW Deutschland 2017 Regie: Ai Weiwei Dokumentarfilm Vertrieb: NFP/ Eurovideo Laufzeit: 140 Minuten Preis: ca. 15 Euro

DETROIT USA 2017 Regie: Kathryn Bigelow Mit: John Boyega, Will Poultier u.a. Vertrieb: Panorama Entertainment Laufzeit: 143 Minuten Preis: ca. 13 Euro

Von Dichtung und Wahrheit

Möwe, Boot und Leuchtturm

Weißer Ausnahmezustand

(ewei). Eine erfolgreiche Künstlerin um die 50, die nach der erfüllenden Liebe sucht: Juliette Binoche verkör­ pert diese Frau und ihre Hoffnungen, Verletzlichkeit und Traurigkeit mit großer Leinwandpräsenz. Sie ist stark und unabhängig, hat keine Geldsor­ gen, einen zuverlässigen Freundes­ kreis – und das Großstadt-Single-Le­ ben satt. Bei ihrer Suche scheitert sie jedoch derart an der Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit, dass sie darüber nachdenkt, ob die Liebe viel­ leicht doch nur Utopie ist.

(ewei). Eine Möwe fliegt über das Mit­ telmeer. Dann schwenkt die Kamera auf ein voll besetztes Boot. Ein Leucht­ turm wird sichtbar, ein Hubschrauber, der über den Strand fliegt. Dazwi­ schen wird ein Zitat eingeblendet, das allen Menschen das Recht einräumt, frei zu leben. Also auch Flüchtlingen. Ai Weiweis dokumentarische Reflexion über Migrationsbewegung geht aber über die europäische Perspektive hin­ aus: Er bebildert so ziemlich alle ge­ genwärtigen Flüchtlingsbewegungen rund um den Globus.

(ewei). Detroit, im Juli 1967: Fünf Tage lang herrscht Ausnahmezustand in der Stadt, bei der Niederschlagung von Demonstrationen schwarzer Bür­ gerrechtler durch die Polizei werden 43 Menschen getötet, 1189 verletzt und 7000 verhaftet. Oscar-Preisträge­ rin Kathryn Bigelows Film fokussiert sich auf ein Motel, wo eine Gruppe unbeteiligter Afroafrikaner während einer Razzia weißer Polizisten in ei­ nem sadistischen Spiel gedemütigt, eingeschüchtert und misshandelt wird. Knallharter Polit-Thriller.

THE KILLING OF SACRED DEER UK/Irland 2017 Regie: Yorgos Lanthimos Mit: Colin Farell u.a. Vertrieb: Alive Studio: Prokino/ EuroVideo Laufzeit: 116 Minuten Preis: ca. 14 Euro

AUS DEM NICHTS Deutschland 2017 Regie: Fatih Akin Mit: Diane Kruger, Dennis Moschitto u.a. Studio: Warner Home Video Laufzeit: 106 Minuten Preis: ca. 14 Euro

DIE UNSICHTBAREN Deutschland 2017 Regie: Claus Räfle Mit: Max Mauff, Alice Dywer u.a. Vertrieb: Universum Laufzeit: 106 Minuten Preis: ca. 13 Euro

Lust an der Qual

Bodenloser Abgrund

Mit Mut und Wagemut

(mos). Der erfolgreiche Herzchirurg Steven ist mit der Augenärztin Anna verheiratet. Mit ihren beiden Kindern leben sie als perfekte Familie in einem idyllischen Haus. Doch die makellose Oberfläche beginnt zu bröckeln, als der Halbwaise Martin auftaucht. Der Teenager aus einfachen Verhältnissen freundet sich mit Steven an und ver­ sucht, ihn mit seiner Mutter zu ver­ kuppeln. Als sein Plan scheitert, be­ ginnt er seinen Rachezug – Martin will das amerikanische Upperclass-Fa­ milienglück zerstören ...

(ewei). Als Katja den Laden ihres Mannes Nuri verlässt, fällt ihr die Frau, die dort ein beladenes Fahrrad abstellt, zwar schon auf. Doch nur, weil sie es nicht abschließt. Sie macht die Unbekannte darauf aufmerksam und geht, als diese ihr sagt, dass sie gleich zurückkomme, arglos ihrer Wege. Als sie nach Stunden zurück­ kommt, leben Nuri und der gemeinsa­ me kleine Sohn nicht mehr: Sie wur­ den Opfer einer Nagelbombe. Katja gerät in die Abgründe einer nur auf dem rechten Auge blinden Justiz.

(ewei). Ja, es gab sie: Die Versuche jü­ discher Menschen, mutig Widerstand zu leisten gegen die unersättliche Ver­ treibungs- und Ausrottungspolitik der Nazis. Gerade im anonymen Dickicht der Großstädte gelang es einigen wa­ gemutigen jungen Leuten, durch ge­ schickte Tarnung unsichtbar zu wer­ den und, mit Unterstützung aus der Mehrheitsgesellschaft, nicht nur ihre, sondern auch die Leben anderer zu retten. Ein fesselnder Augenöffner, der gekonnt Spielfilmsequenzen mit Zeitzeugengesprächen verknüpft. MAI 2018 CHILLI CULTUR.ZEIT 63


LITERATUR

Im Zwiegespräch mit Orten LITERATUR GEWORDENE STADTRUNDGÄNGE

I

von Erika Weisser

Gerlinde Kurzbach, Carola Schark Freiburg zu Fuß Lavori Verlag 2018 180 Seiten, Broschur Preis: 19,80 Euro

INFO Lesung auf der Hebebühne Samstag, 9. Juni 2018, 15 Uhr Autowerkstatt Hätti Schwarzwaldstr. 330 79117 Freiburg (im Rahmen des Ebneter Kultursommers)

64 CHILLI CULTUR.ZEIT MAI 2018

m Lavori-Verlag ist soeben ein zu 100 Pro­ zent freiburgisches Buch erschienen: „Freiburg zu Fuß“. Es wurde nicht nur hier verlegt, sondern auch gedruckt, re­ cherchiert und geschrieben – von den Freiburgerinnen Gerlinde Kurzbach und Carola Schark. Ihr einziges Thema ist die zwischen Schwarzwald und Oberrhein ge­ legene Münsterstadt und die spezifischen Befindlichkeiten ihrer Quartiere. Zu de­ ren Erkundung haben die beiden stadt­ führungserfahrenen Autorinnen 17 de­ tailreiche Rundgänge zusammengestellt. Wie der Buchtitel nahelegt, empfehlen sie für diese Entdeckungsreisen durch die gerne so genannte Green City das umwelt­ verträglichste aller Fortbewegungsmittel: Schusters Rappen. Denn „durch langsame Annäherung erschließt sich ein bekanntes Terrain neu und ein unbekanntes viel ein­ gehender und nachhaltiger“, sagt Kurzbach. Sie hat viele Jahre in der Katastrophenhilfe in mehreren Ländern Afrikas gearbeitet und verweist auf eine Weisheit, die ihr dort häufig begegnet ist: Wenn man zu Fuß geht, hat die Seele Zeit, Schritt zu halten. Diese Erfahrung hat auch die versierte Stadtgeschichtsschreiberin Schark schon oft gemacht. Wenn sie unterwegs ist und ihr dabei ein besonderes Detail eines Hau­ ses, einer Siedlung oder eines Innenhofs auffällt, „kann es schon passieren, dass ich stundenlang mit dem Ort Zwiesprache halte, seiner Geschichte nachspüre“, etwa in der Klarastraße 86, wo sie im Hof ein verborgenes Treppenhaustürmchen fand. Beide Autorinnen kommen bei solchen Gelegenheiten gerne ins Gespräch mit den Menschen, die dort wohnen und die Geschichten kennen, die selten oder gar nicht in Archiven zu finden sind: Selbst gestaltete „Geschichte von unten“, nicht die Geschichte der über sie Herrschen­ den. Wie viele Kilometer und Stunden sie für dieses bis in versteckte Hinterhöfe selbst erwanderte Buch hinter sich brach­

Gerlinde Kurzbach (l.) und Carola Schark signieren das druckfrische Buch, das sie sich erwandert haben.

ten, haben Kurzbach und Schark nicht gezählt. Doch dem Gefühl nach „waren es sicher mehr als 100“. Entstanden ist dabei ein höchst informa­ tiver Wegbegleiter zu so manchem abseits der Touristenströme gelegenen Ort. Er wurde in erster Linie für Leute verfasst, die zwar schon lange hier wohnen, aber erst jetzt Lust (und Zeit) haben, über ihre unmittelbare Umgebung hinaus endlich auch den Nachbarstadtteil und schließlich die ganze Stadt genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Buch eignet sich jedoch auch als Ein­ lebenshilfe für wissbegierige Neu-Bürger, bietet viele Einblicke in Freiburgs histori­ sche, städtebauliche, wirtschaftliche, zivilge­ sellschaftliche, zwischenmenschliche oder auch kommunalpolitische Besonderheiten, erinnert an längst vergessene oder unbeach­ tete Geschehnisse. Ein Neu-Freiburger kann das Buch sicher gut gebrauchen: Martin Horn. Der freute sich denn auch sehr, als er eines der ersten druckfrischen Exemplare in die Hände be­ kam. Denn „Freiburg zu Fuß“ eröffne ihm die Möglichkeit, seine bisher erworbenen Kenntnisse um ein profundes Insider-Wis­ sen über weniger bekannte Eigenheiten der Stadt zu erweitern, die ihn gerade zu ihrem Oberbürgermeister gewählt hat.


FREZI

DIE RACHE DES FALKEN

DIE ZEIT DER STRATEGEN

von Werner Sonne & Mort Ehudin Verlag: Edition M, 2018 497 Seiten, Taschenbuch Preis: 9,99 Euro

von Tobias Escher Verlag: Rowohlt, 2018 288 Seiten, Taschenbuch Preis: 12,99 Euro

SEIN WIE KEINE ANDERE – SIMONE DE BEAUVOIR

von Ingeborg Gleichauf Verlag: dtv Reihe Hanser, 2018 299 Seiten, Broschur Preis: 10,85 Euro

Aussichtsloser Wettlauf

Runde Sache

Ein stürmisches Leben

(ewei). Schon beim Lesen der ersten Seiten stellt sich ein gewisses Unbe­ hagen ein, eine Art innere Abwehr, sich weiter mit dem Inhalt des Buchs zu beschäftigen: Zu nahe kommt die fiktive Handlung an die Realität her­ an, zu viele mögliche Folgen der aktuellen einseitigen Machtpolitik ­ scheinen darin auf. Beschrieben wird ein zwar erfun­ denes, uns aus den jüngsten Nach­ richtensendungen jedoch sehr gegen­ wärtiges Szenario, dessen Aussicht auf die – inzwischen ziemlich kon­ kreten – Konsequenzen wir lieber verdrängen: Der derzeitige US-Präsi­ dent (der hier nicht Donald, sondern Bill heißt) wird von seinem israeli­ schen Amtskollegen Moshe Ben Na­ than bedrängt, endlich das Atomab­ kommen mit dem Iran aufzukündigen und zum Militärschlag gegen das Land auszuholen. Dann packt einen „Die Rache des Falken“ aber doch. Denn dieser Fal­ ke, ein Überlebender der Massaker gegen palästinensische Flüchtlinge während Israels Libanonkrieg vom Sommer 1982, will den beiden Machtpolitikern zuvorkommen. Mit einem aus russischen Beständen stammenden Atomsprengkopf, den er ausgerechnet im Washingtoner Holocaust-Museum zünden will. Bald fiebert man mit in diesem Wettlauf, den keiner gewinnen kann. Und erfährt wie nebenbei die von den Autoren bestens recherchierte Geschichte des Nahostkonflikts.

(pt). Was ist der Unterschied zwi­ schen Umschaltspiel und Pressing? Wo liegt eigentlich der Halbraum? Und wieso kann Pep Guardiola den Begriff „Tiki-Taka“ nicht ausstehen? Diese und weitere Fragen beantwortet Fußball-Fachmann Tobias Escher in „Zeit der Strategen“. In kurzweiligen Kapiteln schaut Escher der aktuellen Trainerschaft auf die Magnettafel und untersucht den berüchtigten, moder­ nen Fußball, der so viel von seiner Ein­ fachheit verloren zu haben scheint. Mit hohem Sachverstand und er­ zählerischer Sicherheit werden – wie könnte es anders sein – elf Trainer porträtiert, die den Fußball geprägt haben. Mit von der Partie: Pep Gu­ ardiola, der die Lehren seines Meis­ ters Johan Cruyff fortführt, José Mourinho, der mit seinen Sprüchen von seinen Spielern ablenkt, Men­ schenfänger Jürgen Klopp und Ziné­ dine Zidane, der sich den Respekt seiner Startruppe schon mal beim Freistoßschießen verdient. Bereits mit „Vom Libero zur Dop­ pelsechs“ gelang dem Autor erstmals ein historischer Abriss der deutschen Taktikgeschichte. Im Stile eines ech­ ten Spielmachers hat Escher nun den nächsten Treffer aufgelegt. Ein spannendes Buch für all jene, deren Augen nach den Erklärungsversu­ chen etablierter TV-Experten durch bunte Quadrate und Pfeile ähnlich zu rollen beginnen, wie Arjen Rob­ ben nach der Überquerung einer Strafraumgrenze.

(ewei). Simone de Beauvoirs Werke, schreibt die Freiburger Autorin In­ geborg Gleichauf im Nachwort ihrer Biografie der berühmten feministi­ schen Schriftstellerin, „harren der vorurteilslosen Lektüre“ junger Men­ schen, die die Aktualität ihrer Schrif­ ten erkennen und „eine neue, frische, lebendige Simone de Beauvoir her­ vorzaubern“ sollen. Diese Aufforderung ist eigentlich überflüssig; Gleichauf ist dies be­ reits gelungen mit ihrer flott ge­ schriebenen und dennoch sehr sen­ siblen Lebensgeschichte dieser einst bahnbrechenden Frau, die 1986 im Alter von 78 Jahren starb. Sie zeich­ net sie weder als über alle Irrtümer erhabene Lichtgestalt noch als anti­ quierte Denkerin, deren Theorien über ihre Lebenszeit hinaus ohne Bedeutung sind. Ohne Voyeurismus und Küchen­ psychologie beschreibt sie Beauvoir als Suchende, die, einmal aus der angeblichen Bestimmung der Frau ausgebrochen, nicht nur um ihren neuen, anerkannten Platz in der Ge­ sellschaft und im Leben kämpft. Sondern um ihr eigentliches Leben. Und dabei die Lust am eigenen, selbst­ ständigen Denken (und Fühlen) ent­ deckt. Und sich immer selbst treu bleibt – trotz vieler Widersprüche und Rückschläge. Ein einfühlsames und taktvolles Porträt, das auch junge Frauen neu­ gierig machen kann auf das Werk der Porträtierten. MAI 2018 CHILLI CULTUR.ZEIT 65


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