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Den Liebsten Freude machen: Geschenkideen für Weihnachten

KEIN Der Rhein unter 38 Gesich t s p u n kten

RUHIGER FLUSS

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Der Rhein hat zahlreiche Facetten. Der einst schwer umkämpfte Grenzfluss, der heute seine Anrainerstaaten über Brücken miteinander verbindet, war im Lauf der Zeit einigen Veränderungen und Nutzungen unterworfen. 38 Ausstellungen in Museen von Laufenburg (CH) über Strasbourg bis Bingen thematisieren nun die vielgestaltigen Aspekte.

Text: Erika Weisser

Ein weiß leuchtendes LEDBand schlängelt sich auf dem Fußboden durch den ganzen Saal. Eingebettet in ein grün gestrichenes Gestade zieht es sich direkt vor den Besuchern von Ost nach West, beschreibt dann eine ziemlich rechtwinklige Kurve und verläuft schließlich, in nördlicher Richtung mäandernd, auf die dem Eingang gegenüberliegende Wand zu. An diese wird ein Film projiziert, der viel strömendes Wasser zeigt. Ganz unterschiedliche Uferzonen zu beiden Seiten des Stroms kommen nach und nach ins Bild: Gestade, Wohnhäuser, Industrieanlagen, ein Hafen, ein einmündender Nebenfluss, außerdem die eine oder andere Brücke. Typische Wasser- und Wasservogelgeräusche sind zu hören. Das Gefühl, auf einem Schiff rheinabwärts zu fahren, drängt sich förmlich auf.

Ein kühner Bogen

Der Schein trügt nicht: Markus Moehring, der Leiter des Dreiländermuseums Lörrach, erzählt, dass der etwa 25-minütige Film tatsächlich im vergangenen Sommer auf „der meistbefahrenen Binnenwasserstraße Europas“ entstand: Um die Aufnahmen für den Ausstellungsfilm zu machen, fuhr das beauftragte Kamerateam mit einem großen Motorboot von der Mittleren Brücke in Basel zur Dreiländerbrücke, die sich zwischen Weil am Rhein und Huningue in einem kühnen Bogen von Ufer zu Ufer spannt. Auf kurzer Strecke streiften sie drei der insgesamt sechs Länder, die an dem knapp 1233 Kilometer langen Weg liegen, den der Strom von seinen Quellen in den Schweizer Alpen bis zu seiner Delta-Mündung in die Niederländische Nordsee zurücklegt.

Drei Länder, sagt Moehring, die sich heute nicht mehr gegeneinander abgrenzen: Die Nordschweiz, das Elsass und Südbaden verstehen

sich längst als Region – mit dem Oberrhein als integrierendem Bestandteil, als „gemeinsamer Lebensader“. Das zeige sich nicht zuletzt an vernetzten Kooperationen wie den vom Dreiländermuseum Lörrach koordinierten Ausstellungen zu grenz- und länderübergreifenden Themen. Sie finden im vierjährigen Turnus statt, das Rhein-Projekt ist nach den Ausstellungen zum Ersten Weltkrieg (2014) und zur Zeitenwende nach dessen Ende (2018) bereits die dritte Zusammenarbeit des Netzwerks Museen, an der sich heuer 37 große und kleine Häuser beteiligen. Dass es so viele sind, liege daran, dass der eigentlich völkerverbindende sagenumwobene Fluss „ein unglaubliches Potential an Themen“ biete.

Die Rhein-Schau im Dreiländermuseum, die außerdem eine aufschlussreiche Dauerausstellung zu den Besonderheiten des Flusses und seiner Geschichte beherbergt, gilt als Überblicksausstellung zu den Facetten, die in den anderen Museen vertieft werden. Und hier wird sehr schnell deutlich, dass das erwähnte regionale Zusammengehörigkeitsgefühl nicht immer selbstverständlich war, zumindest nicht in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht: Während der Rhein in Deutschland zum „Vater Rhein“ erklärt, zur Personifikation eines „urdeutschen Flusses“ verklärt und die „Wacht am Rhein“ zur nationalen Aufgabe stilisiert wurde, hatten ihn die beiden Nachbarländer ganz anders im Blick. Frankreich sah seit dem 17. Jahrhundert in der Linie des Flusslaufs die natürliche Ostgrenze des Landes. Und für die Schweiz bildet der Oberrhein, bis auf das Baselbiet und Schaffhausen, die natürliche Nordgrenze. Er ist zudem der längst Fluss des Landes, das er zum Großteil entwässert.

Die Konflikte, die durch diese gegensätzlichen Sichtweisen insbesondere zwischen Deutschland und Frankreich entstanden und in vernichtende Kriege mündeten, werden anhand von rund 150 Exponaten zur Rheinromantik, zur regionalen Fischerei und Schifffahrt, zur industriellen Nutzungs- und Verschmutzungsgeschichte, zur Darstellung in Kunst und Musik sowie in der Hetzpropaganda anschaulich erläutert. Thematisiert werden aber auch die gemeinsamen Anstrengungen, die gewaltigen Eingriffe wie Begradigung und Kanalisierung durch ökologische Projekte und Renaturalisierungsmaßnahmen zumindest in Teilen zu revidieren.

Die Lörracher Ausstellung ist bis zum 2. Juli 2023 zu besuchen, es gibt ein umfangreiches Begleit- und Exkursionsprogramm.

www.dreilaendermuseum.eu Info

Das Buch zur Ausstellung:

Der Rhein – Le Rhin 3 Länder – 38 Ausstellungen / 3 Pays – 38 Expositions Lörracher Hefte Nr. 35 Verlag: Nünnerich-Asmus, 2022 176 Seiten, gebunden Preis: 15 Euro

Das Wasser am Isteiner Klotz (li. oben) wirkt wie ein Gruß aus den Zeiten vor der Rheinbegradigung. Durch die Ausstellung im Dreiländermuseum (u.) schlängelt sich der Strom in „bereinigten“ Windungen.

KOLUMNE Alemannisches von Stef an P fl aum

Foto: Till Neumann

WELTKUDDELMUDDEL

Der Mundart-Autor aus Schallstadt übers Thema Ballsport

„I kann s nimmi höre, des Gebabbel in de Radionachrichte: Klima, Ukraine, Energiekoschte, Inflation“, het de Gruber Franz am Stammtisch aagfange. „Un denno die Kommentare dezu vun dem un dere un sellem un sellere. Jeder un jedi het ä anders Rezept zum d Probleme löse“. „Genau!“, het de Küchle Sepp gmeint, „d Zittig trau i mi kuum meh uffschlage. Kampf gege Droge, Gschäftersterbe in de Innestädt, un de Dauerbrenner Corona. Über Long Covid weiß jo au jeder Spezialischt ebbis anders oder s heißt, mr wüsst eigentlig gar nix Richtigs.“

De Huber Frieder regt sich über Talkshows im Fernsähne uff, wo keiner un keini de ander dääd ussrede losse. Er schlagt vor, sie sotte jetz uffhöre übers Weltkuddelmuddel schwätze un defür lieber über des 2:0 vum SC Freiburg gege Köln.

So hen si s no gmacht, zwei Stunde lang. De große Rescht vun de Welt war vergesse un au de Wirt voll zfriede mit em Verzehr. Also het r noch ä Rundi spendiert. Mr gönnt sich jo sunsch nix.

30

LESESTOFF AUS Beim Nachdenken über Weihnachtsgeschenke sollten Bücher im E m pfe hlungen zum Verschenk en & Se lber lesen DER REGIO

Ranking weit vorne stehen. Besonders dann, wenn es sich um Themen und Autoren aus der REGIO handelt. Hier eine kleine Auswahl für den Gabentisch:

Buki

von Roland Burkhart

Verlag: Augustiniok, 2022 230 Seiten, gebunden Preis: 25 Euro

„DE BLEEDE OFE“

Den Traum hatte er schon lange – nun hat er ihn umgesetzt: Roland Burkhart, langjähriger Freiburger Buchhändler und in der Anti-AKWSzene besser als Buki bekannt, hat sein erstes Buch veröffentlicht: „Lieder, Aufsätze, Kurzgeschichten“. Dabei handelt es sich um sehr viel mehr als eine Sammlung autobiografischer Lebensbetrachtungen oder Erinnerungen.

Die Leser und Leserinnen erwartet ein starkes Stück Regional-Zeitgeschichte der jüngsten 80 Jahre – verfasst von einem, der diese Zeit nicht nur erlebt, sondern mitgestaltet hat. Von einem, der sich eingemischt hat und die Geschichte damit von innen nach- und miterlebbar macht. Denn in den 30 „Geschichten, die es wert sind, festgehalten zu werden“, stellt der Jechtinger Bauernsohn persönliche Erlebnisse in den Zusammenhang mit politischen Ereignissen. Wie etwa sein Engagement gegen das vor 50 Jahren geplante und letztlich gemeinsam verhinderte Atomkraftwerk in Wyhl. „De bleede Ofe“, schreibt Burkhart, wurde eines seiner Lebensthemen – neben historischer NS-Forschung in seinem Wohnort Waldkirch und heutigem bürgerschaftlichem Antifaschismus. ewei

Entdeckungen in Südbaden

von Wolfram Haas

Verlag: Trescher, 2022 360 S., broschiert, 18,95 Euro

Wer Anregungen (und detaillierte Beschreibungen) für Streifzüge durch Südbaden, das Elsass und die Schweiz schenken will, ist mit Wolfram Haas’ höchst informativem Ausflugsbuch bestens beraten. Außer Tipps für Tourenziele und Einkehrmöglichkeiten gibt es auch Exkursionen in die Geschichte der REGIO. So ist etwa zu erfahren, wofür die Freiburger einst ihr letztes Hemd gaben. Oder was Gewerbe mit Humanismus zu tun hat. Oder wie die Freiheitsstatue von Colmar nach New York kam. ewei

Schmelzwasser

von Patrick Tschan

Verlag: Braumüller, 2022 336 Seiten, gebunden Preis: 25 Euro

ENDE DES SCHWEIGENS

Der Roman des Basler Autors Patrick Tschan handelt im Jahr 1947 in einer Kleinstadt am Bodensee. Dort verharren die Menschen zwei Jahre nach dem Ende der Naziherrschaft in Schweigen. Sie wollen das Geschehene vergessen, allzu offensichtliche Bezüge zur untergegangenen NS-Diktatur überpflastern und den Ort in ein romantisches Touristenziel verwandeln.

Da lässt sich Emilie Reber in der Stadt nieder – mit der Idee, eine Buchausleihe aufzumachen. Mit eher ungewöhnlichen Titeln: Im Gepäck hat sie eine umfassende Sammlung von bisher verbotenen Werken: die „deutsche Freiheitsbibliothek“, die sie einst mit Heinrich Mann in Paris aufgebaut hatte – mit vor der Verbrennung geretteten Büchern. Zur Ausübung ihrer aufklärerischen Tätigkeit hat die französische Besatzungsverwaltung der Résistance-Kämpferin die alte Parteizentrale zugewiesen.

Das Aufarbeitungs-Unterfangen gestaltet sich schwierig. Die Menschen wollen nicht mit den Untaten des Schreckensregimes konfrontiert werden – vor allem nicht mit ihren eigenen Anteilen daran. Doch die resolute Frau findet bald Gleichgesinnte. ewei

Bücher

Mädchenschule

von Pascale Hugues

Verlag: Rowohlt, 2021 304 Seiten, gebunden Preis: 20 Euro

Alemannisches Wörterbuch für Baden

von R. Post und F. Scheer-Nahor

Verlag: Regionalkultur, 2022 408 Seiten, Broschur Preis: 24,80 Euro

KLASSENTREFFEN

Pascale Hugues ist fast 60, als sie ihre früheren Schulfreundinnen trifft. Zum ersten Mal seit 50 Jahren, als sie im Straßburger Stadtteil Krutenau miteinander die Grundschulbank drückten. Dass so viel Zeit vergangen ist, schreibt die Autorin, liege daran, dass es in Frankreich nicht üblich sei, Klassentreffen zu veranstalten.

Hugues lebt seit Jahrzehnten in Berlin, sie hat Straßburg nach dem Tod ihrer Eltern nur noch selten besucht. Und ihre einstigen Mitschülerinnen aus dem ehemaligen Arbeiterviertel „aus den Augen verloren“. In den Sinn kommen sie ihr erst wieder, als sie zufällig ihr altes Poesiealbum entdeckt und die braven Verslein liest.

Plötzlich will sie erfahren, was aus den wagemutigen oder ängstlichen, aus den schüchternen oder selbstbewussten Mädchen geworden ist, die Ende der 1960er-Jahre wie sie vor einer ungewissen Zukunft standen. Da die meisten von ihnen in Straßburg geblieben sind, gelingt es ihr, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Ergebnis: Ein wunderbar individualisiertes Porträt einer besonderen Frauengeneration. ewei WORT-SCHÄTZE

Dialektsprecher haben es nicht überall leicht, aber schwerer haben es die, die keine Mundart verstehen. Das „Alemannische Wörterbuch für Baden“ – jetzt schon in der vierten überarbeiteten und erweiterten Auflage – hilft weiter und erklärt Wörter wie Pappele: Das sind keine Pappeln, sondern Malven. Das Buch deckt auch spannende Zusammenhänge auf. Oder hätten Sie gewusst, dass Urschili nichts mit dem Namen Ursula zu tun hat, sondern mit französisch orgelet und daher dasselbe meint wie Wegschisser und Oigebeerli, nämlich Gerstenkorn am Auge? Auf 149 Karten ist übersichtlich dargestellt, in welcher Region die einzelnen Begriffe verwendet werden.

Aber auch Veränderungen in der Sprache werden sichtbar. So heißt der kleine Bach im größten Teil von Baden ursprünglich Bächli. Nur im Osten, wo Schwaben nicht weit ist, heißt es Bächle, und im nördlichen Teil sagt man Bächl oder Bächel. Aber allmählich verdrängen die Verkleinerungsformen mit „-le“ die mit „-li“. So ist Freiburg als Bächle-Stadt bekannt, wo es doch eigentlich Bächli heißen müsste. Zugespitzt könnte man dies als Schwabisierung von Freiburg bezeichnen, was so manches Bobbele auf die Palme bringen dürfte. dw

Schlemmen & Sürpfeln

MIT FEUER & HERZ

1477 – das Gasthaus Hirschen ist das älteste Haus in Obereggenen.

G as thaus Hirschen in Obere gge n e n

Im Frühjahr verwandeln Obstbäume die

Landschaft in ein Meer aus weißrosa Blüten: Kirschblütental wird das Eggenertal im Süden des Markgräfler Landes daher auch genannt. Mittendrin, in Obereggenen, lädt das Gasthaus Hirschen das ganze Jahr über zu einem selten gewordenen Genusserlebnis: Hier gibt es gutbürgerliche Küche in Reinkultur.

Text: Stephan Elsemann

Foto: privat

Mit weißem Tischtuch und Stoffservietten ist die Tafel schön eingedeckt, die heiße Nudelsuppe kommt einfach so in der Schüssel dampfend auf den Tisch. Wer die Stoffserviette zunächst züchtig über die Knie gebreitet hat, macht es bald den Stammgästen nach: Die stopfen sich das Stöffchen oben in Hemd oder Bluse, wohl wissend, dass Kleckern dann kein Problem mehr ist. Nichts trübt den Genuss beim sonntäglichen Mittagstisch im Hirschen – und die Suppe taucht am Ende nicht einmal auf der Rechnung auf. Nach diesem leckeren Auftakt ist längst noch nicht Schluss mit den Geschmacksfreuden. Sensationell die selbst gemachten Pommes frites zum Hauptgang. Aus frischen Kartoffeln, zweimal frittiert, sind sie eine Rarität in der Gastronomie. Der wuchtige Hebelschneider kommt sonntags nicht zur Ruhe, denn 40 Kilo Kartoffeln gehen schon mal weg im Hirschen.

Am Herd steht seit über 30 Jahren Elisabeth Brucker, die ersten Jahre noch zusammen mit ihrer Schwiegermutter. Seit 22 Jahren ist sie allein verantwortlich für die traditionellen Köstlichkeiten, für Ochsenbäckle, Suppenfleisch, Schnitzel und Steaks. Am Dienstag ist Leberletag, am Mittwoch gibt’s Kutteln. Die Kalbshaxe stand ursprünglich nur am Wochenende auf der Karte. So beliebt, wie sie bei den Gästen ist, bekommt man sie jetzt immer, allerdings nur auf Vorbestellung. Denn die Garzeit beträgt bis zu drei Stunden. Wer es selbst probieren will – die Zutatenliste für den Drei-Stunden-Leckerbissen ist verblüffend kurz. Außer der Haxe selbst sind es nur zwei Karotten und zwei Zwiebeln, das war es schon. Lorbeerblätter, Knoblauch, Piment, vielleicht auch Wacholder – keiner der üblichen Verdächtigen, wenn es um den Wohlgeschmack eines Schmorgerichtes geht, wird im Hirschen »

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