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Proteste in der REGIO gegen „grüne“ Atomkraft

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ÖKO-ENERGIE Umweltschütz ATOMKRAFT?er gegen G ree n

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Die EU-Taxonomie ist derzeit in vieler Munde. Der Grund: In ihrem im Februar vorgelegten Entwurf zur Erweiterung des „Aktionsplans zur Finanzierung von nachhaltigem Wachstum“ von 2018 stuft die EUKommission Atom- und Gaskraftwerke als nachhaltig ein. Schon zuvor sorgte diese Empfehlung für viel Kritik – auch in Baden und dem Elsass.

Text: Erika Weisser

Feiner grüner Nebel steigt auf. Schemenhaft sind Menschen mit Schutzanzügen und Gasmasken zu erkennen, die wie ferngesteuert wirken. Aus großen weißen Kanistern schütten sie giftgrünes Wasser auf bedrohlich rote Gas- und strahlend gelbe Atommüllfässer aus Stahl, die mit den entsprechenden Symbolen als gefährlich gekennzeichnet sind.

Ein apokalyptisches Endzeitszenario auf der Place Kléber im Zentrum von Straßburg? Eher nicht: „Stop EU’s Greenwashing“ ist in Großbuchstaben auf einem Transparent zu lesen, „Für ein atomstromfreies Europa“ auf einem anderen. Und dazwischen flattern etliche Fahnen im Wind, mit einem durchgestrichenen Kernkraftwerk und der alten Wyhler Losung: „Nai hämmer gsait!“.

Nicht klimafreundlich

Mit dieser symbolischen Aktion protestierten am 19. Januar mehrere französische und deutsche Anti-Atomund Klimagerechtigkeitsorganisationen gegen den Plan der EU-Kommission, Investitionen in Atomkraft und fossiles Gas unter bestimmten Auflagen als „grün“ und klimafreundlich einzuordnen. Aktivisten vom BUND BadenWürttemberg und Südlicher Oberrhein sind dabei, von der Mahnwache Breisach ebenso wie vom elsässischen Comité pour la Sauveguarde de Fessenheim et de la pleine du Rhin (CSFR) und vom Réseau Sortir du Nucléaire (RSN).

In den Augen der Umweltschützer handelt es sich bei der erst Ende des vergangenen Jahres erfolgten Aufnahme der „Untergangstechnologie Atomkraft“ in die Taxonomie schlicht um eine Greenwashing-Strategie. Und die betreibe die EU-Kommission in großem Stil: Dadurch, dass darin ausgerechnet die Atomenergie als dem Klimaziel dienende Investitionsmöglichkeit aufgezeigt werde, werte man diese „längst gescheiterte, lebensgefährliche und überdies viel zu teure Technologie“ wieder auf, heißt es in einer Pressemitteilung der bundesweiten AntiAtom-Organisation „.ausgestrahlt“. Mit dem Kauf angeblich grüner Aktien würden klima- und umweltschädliche Unternehmen „grün gewaschen“.

Anlass der spektakulären Aktion in Straßburg war der Besuch des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron im Europäischen Parlament.

Symbolisches Greenwashing als Protest gegen die EU-Taxonomie.

Er stellte dort seine Pläne für den Ratsvorsitz im EU-Ministerrat vor, den Frankreich in der ersten Jahreshälfte 2022 innehat. Als Befürworter der Nuklearenergie tritt Macron vehement für den Bau vieler neuer und kleinerer AKWs in seinem Land ein. Frankreich bezieht seine Energie zu 70 Prozent aus AKWs – und die maroden, immer gefährlicher werdenden uralten Meiler machen es nicht mehr lange. Für Macron und seine Vorhaben, sagt Charlotte Mijeon vom RSN, bedeute die Taxonomie eine „günstige grüne Finanzspritze“.

Umstrittene Empfehlung

Im April sind im Nachbarland Präsidentschaftswahlen. Im Falle des Wahlsiegs eines der beiden rechtspopulistischen Kandidaten, fürchtet der Endinger AKW-Gegner Axel Mayer, könne sogar das elsässische Fessenheim wieder in Betracht kommen. Marine Le Pen habe sich ja schon entsprechend geäußert. Und als das dortige AKW nach langen Kämpfen im Juni 2020 „endlich abgeschaltet“ wurde, sei eine „für die ganze Region lebenswichtige Frage“ nicht gestellt worden: Ein verbindlicher, dauerhafter und offizieller Verzicht auf den im Erdbebengebiet im Oberrheingraben gelegenen AKW-Standort Fessenheim habe man leider zu erkämpfen versäumt.

Noch ist der Vorschlag der EUKommission nicht durch. Spätestens bis zum Frühsommer muss im EU-Parlament aber eine Entscheidung über die umstrittene Empfehlung getroffen werden. Wenn sich keine absolute Mehrheit zur Ablehnung des Regelwerks findet oder sich nicht mindestens 20 Mitgliedsländer dagegen aussprechen, tritt die Taxonomie in Kraft – mit einem Nachhaltigkeitsstempel für Atomkraft und Erdgas.

Salut

iStock / phbcz Foto: ©

DER BLICK AUS DEM ELSASS

Jill Köppe-Ritzenthaler lebt in Neuf-Brisach. Fürs REGIO Magazin schaut sie sich regelmäßig im Dreiländereck um. In dieser Ausgabe erinnert sie daran, dass Brücken Pflege brauchen.

Der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat einmal gesagt, er habe immer schon mehr vom Brückenbauen als vom Gräbenziehen gehalten. Mit beidem haben wir in unserer Region viele Erfahrungen gesammelt. Vollkommenes Grauen zwischen unseren beiden Nachbarländern hat sogar dazu geführt, dass bereits geschlagene Brücken wieder eingerissen wurden. Was für ein Wahnsinn!

Heute und auch aktuell ist der Brückenbau bei uns am Rhein wieder in aller Munde. und finanzieller Gräben unendlich viel Zeit, Geld und Kraft. Aber es geht voran.

Weiter nördlich sind aktuell zwei konkrete Brückenschläge geplant. So soll die bislang von EDF ausschließlich zu technischen Zwecken genutzte Passerelle von Marckolsheim nach Burkheim-Vogtsburg bereits im nächsten Jahr für Radler und Fußgänger öffnen. Und auch von Breisach aus soll künftig eine Passerelle Fußgängern und Radfahrern die Rheinquerung einfacher und angenehmer machen.

Auf der Rheininsel bei Vogelgrun hat mit Art’Rhena ein deutsch-französisches Kulturzentrum seine Pforten geöffnet. Die Besucherzahlen sind ein Erfolg – ein gelungener kultureller Brückenschlag.

Direkt nebenan verbindet die Autobrücke Breisach mit Vogelgrun. Schon seit vielen Jahren im Gespräch und seit Jahrzehnten gefordert, ist die Wiederaufnahme Foto: © privat der Zugverbindung von Freiburg nach Colmar. Hierbei kostet das Überwinden technischer, ideologischer

Etwas weiter südlich verbindet seit 2006 die „Brücke der Freundschaft“ die Rheinufer von Hartheim und Fessenheim. Der grenzüberschreitende Zweckverband hatte diesen neuen Rheinübergang in die Tat umgesetzt. Aufgrund gravierender Sicherheitsmängel, vor allem bei Hochwasser, bereitet die Brücke heute der Lokalpolitik verstärkt Kopfzerbrechen. Ein Beispiel dafür, dass es nicht reicht, Brücken zu bauen. Sie müssen unterhalten und erhalten werden. Tag für Tag, von beiden Seiten, mit aller Kraft und Anstrengung, damit sich nicht neue Gräben auftun. Der Brücke der Freundschaft bleibt dies zu wünschen.

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