Themenheft
BAUEN &
September 2020 Ausgabe Nr. 27
Wohnen
Strabag startet Endspurt auf Businessmile Projektentwickler investiert 240 Millionen Euro Exklusiv
Konfliktiv
Innovativ
Heitersheim versteckt Altlasten in Verträgen
Genossenschaften und Rathaus ziehen nicht an einem Strang
FSB-Sozialbonus noch kein Renner
Editorial
Aufwühlende Recherchen SMS nachts um 0:07, weinende Informanten und ein Wäldchen
V
on Januar bis Mai legte der Umsatz im Bauhauptgewerbe nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,6 Prozent zu. Die Baubranche hat sich von der Corona-Krise – noch – nicht infizieren lassen. Auch in Südbaden läuft’s: Wenn die Strabag
Real Estate in diesen Wochen meldet, dass sie fast 12.000 Quadratmeter Büroflächen neu vermietet hat, ist das ein besonderes Zeichen. Aber auch die anderen Freiburger Projektentwickler und Bauträger haben neue Bauvorhaben in der Pipeline, wenn auch deutlich mehr im Umland als in Freiburg.
Dort müht sich die Politik weiter ums Thema bezahlbares Wohnen. Die Eckpfeiler des jahrzehntelang stabilen Erbbaureglements werden umgerissen, es werden soziale Fangnetze für bedürftige Bewohner gespannt. Kritik gibt es trotzdem. Ein solches Fangnetz ist auch der Sozialbonus der Freiburger Stadtbau (FSB). Unsere Recherche zu den ersten harten Fakten schreckte im Rathaus auf. Rechtsamtsleiter Matthias Müller, auch Regisseur des Programms „FSB 2030“, schickte kurz vor Redaktionsschluss noch um 0:07 Uhr nachts eine SMS an den Unterzeichner. Aufwühlend war auch unsere Recherche zu Grundstücksverkäufen in Heitersheim. Das Rathaus hatte im Neubaugebiet Staaden III Grundstücke verkauft und in den Kaufverträgen erklärt, dass „schädliche Bodenveränderungen und Altlasten nicht bekannt sind“. Uns liegt ein Gutachten vor, dass massive Vorkommen von Altlasten – etwa Blei, Cadmium oder auch Arsen – auflistet. Es ist vier Jahre alt. Wir sprachen mit einer Käuferin. Die während des Gesprächs in Tränen ausbrach. Und wir trafen uns auch mit Baubürgermeister Martin Haag und dem Vorsitzenden des BürgerInnenvereins Riesel-
feld (BIV), Andreas Roessler. In einer Geschichte zum neuen Stadtteil Dietenbach hatten wir Haag zitiert, wonach fürs Rieselfeld zehn Hektar Wald gerodet worden seien. BIVMitglieder schrieben an die Redaktion, dass das falsch sei, es wäre so gut wie kein Baum gefallen. Nun aber für den Dietenbach mehr als fünf Hektar. Statt eine schnelle Schlagzeile zu produzieren, legten wir einen großen Plan auf den Tisch und sprachen lieber konstruktiv über die Wechselwirkungen zwischen den beiden Stadtteilen im Westen der Stadt. Wenn es aber um die Wäldchen am Übergang zum Dietenbach ging, kamen Dezernent und Bürgervertreter nicht zusammen. Fürs Rieselfeld sind übrigens auch fünf Hektar Wald gefallen. Beide Seiten mussten also zurückrudern. Wir wünschen ebenso informative wie anregende Lektüre.
Herzlichst Ihr Lars Bargmann | Chefredakteur Anzeige
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 3
Inhalt Schwarzarbeit
Titel
Rechtsstreit im Rathaus: Die Stadt Heitersheim hat in Kaufverträgen Altlasten verschwiegen. Nun droht der Gerichtssaal. 6-7
Zoll leitet 237 Ermittlungsverfahren mit 3,2 Millionen Euro Schaden ein 39
Wohnungsbau
Dietenbach
Der neue Sozialbonus der Freiburger 8-9 Stadtbau ist noch kein Renner
Baubürgermeister Martin Haag und Bürger vertreter Andreas Roessler über Wohl und 18-19 Wehe des neuen Stadtteils
Alarmsignal von der IG Bau: 90 Prozent 40 der Azubistellen unbesetzt
Bebauungsplan „Staaden III“
Gewerbebau L-Bank investiert 32 Millionen Euro in Freiburger Innovationszentrum (FRIZ) 12
Projektentwickler Unmüßig mit Offensive in Freiburg 20 32-33
Warum S-Immo-Chef Kamenisch keine Sorge vor dem Preisverfall hat 14
Genossenschaften
Bauträger
Bauverein, Familienheim und Heimbau 22-24 bilanzieren und kritisieren
Gisinger setzt in Ebnet auf Holzhybrid 15 WOBAG gewinnt Konzeptvergabe in Lörrach
28
Generalunternehmer
Kirschner Wohnbau stark in Freiburg 40
30
Stuckert mit Paukenschlag am Papiergäßle
Warum Freyler Industriebau ein gefragter Partner ist
34
Baurecht
Ausstellungen
Vorsicht beim Kauf von Grundstücken 16 in Sanierungsgebieten
HausBauPark in VillingenSchwenningen
12
IMPRESSUM Bauen & Wohnen Themenheft 09-2020
Das Freiburger Ringen um probate 48-49 Erbbauzinsen
Kapitalanlage
Open Spaces: Wie sieht das Büro nach der Corona-Krise aus?
52
Kommentar 38
Schräge Studie
54 44-45
Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG
Arwen Stock
Ein Unternehmen der
Herausgeber:
für STR ABAG Real Estate
Geschäftsführung: Michaela Moser (V.i.S.d.P.)
Fotos: freepik, iStock Fotograf: Neithard Schleier Grafik: Simone Bednarek Lektorat: Beate Vogt Anzeigen: Christoph Winter (Leitung),
Chefredaktion: Lars Bargmann
Malika Amar, Giuliano Siegel
50
Einrichten
Redaktion: Philip Thomas, Till Neumann, Autor: Peter Metzger Titel: © Photoreal, Stipan Vukovic
4 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Kommunen
18-19
Das Bauen & Wohnen-Themenheft erscheint im Freiburger Stadtmagazin chilli chilli Freiburg GmbH Paul-Ehrlich-Straße 13 | 79106 Freiburg fon: 0761-76 99 83-0 | fax: 0761-76 99 83-99 bargmann@chilli-freiburg.de www.business-im-breisgau.de
Das Freiburger Gebäudemanagement mit 46 Sanierungsoffensive in Schulferien
Ralf Augustin baut ein Hotel in ein Studi-Heim um
Die Dürrschnabel Industriebau mit Fokus auf dem Güterbahnhof
42
Infrastruktur Der Freiburger Stadttunnel kommt 44-45 nicht vor 2035
Strabag auf der Zielgeraden: Businessmile vor dem Finale
Makler
Gewerkschaften
Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung und Einspeicherung in elektronische Systeme. Gleiches gilt für den Nachdruck der von uns entworfenen Bilder und Anzeigen.
Montage: Bauen & Wohnen; Map: © DE/BKG, GeoContent, Maxar Technologies, 2020; Bebauungsplan: Stadt Heitersheim
Kommunen
Belastet: Der Bebauungsplan „Staaden III“ liegt in unserer Montage auf dem Baugebiet.
Bebauungsplan „Staaden III“
Rechtsstreit im Rathaus Heitersheim verschweigt Altlasten in Kaufverträgen
D
as Rathaus in Heitersheim hat rechtlich fragwürdige Grundstückskaufverträgeabgeschlossen. Mindestens ein Käuferpaar fühlt sich „betrogen“. Bürgermeister Christoph Zachow konnte sich gegenüber der Redaktion dazu nicht äußern, weil zuständige Mitarbeiter „urlaubsbedingt“ nicht greifbar waren. Und es „auch um haftungsrechtliche Fragen“ gehe. Nicolas Schill, Anwalt der Käufer, wirft der Kommune „Arglist“ vor. Fürs Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald, Aufsichtsbehörde für Heitersheim, ist die Sache kein Thema: „Die Grundstücksverkäufe der Stadt sind privatrechtliche Kaufverträge und unterliegen somit nicht der Prüfung und Zuständigkeit beim Landrats amt“, teilt die Behörde mit. Im Kaufvertrag für das 339 Quadratmeter große Grundstück im Heitersheimer Baugebiet Staaden III, protokoliert im Oktober 2019, heißt es unter § 9: „Der Veräußerer erklärt, dass ihm nicht bekannte Mängel, insbesondere auch schädliche Bodenveränderungen und Altlasten des Grundstücks nicht bekannt sind.“ Die Eheleute Serkan und Elif Kalinci unterzeichneten den Vertrag im guten Glauben. Auch andere Käufer unterzeichnen den Vertrag mit dieser Passage.
6 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Richtig ist, dass schon drei Jahre zuvor das Freiburger Büro HPC fürs Heitersheimer Rathaus ein Bodengutachten erstellt hatte. Auch das liegt der Redaktion vor. „Aufgrund eines starken Bleigehalts in der Probe MP1 sind die Auffüllungen abfalltechnisch in eine Qualitätsstufe höher als Z2 einzuordnen.“ Z2 ist die höchst belastete Kategorie. Der Bodenaushub könne nicht ohne weitere Prüfungen entsorgt werden. Auch eine zweite Probe im Baugebiet zeigte einen hohen Bleigehalt an. Daneben seien zudem die Gehalte an Arsen, Cadmium, Kupfer und Zink erhöht. Der Gutachter führt die erhöhten Werte „auf den historischen Bergbau im Einzugsgebiet des Sulzbachs“ zurück. Oberund Unterboden müssten näher untersucht werden. Sogar im Bebauungsplan, für den der Gemeinderat am 14. November 2017 die Satzung beschlossen hatte – der mithin zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung schon lange galt –, gibt es im textlichen Teil unter Punkt 4.5 einen expliziten Hinweis auf den kontaminierten Aushub. Von alledem wussten die Eheleute nichts. Als sie nun den Boden für das Kellergeschoss ausheben lassen wollten, wurden sie vom anbietenden Unternehmer darüber informiert, dass der Aushub so belastet sei, dass er auf eine Spezialdeponie gebracht werden müsse. Womöglich bis in den Ruhrpott. Was teuer ist. Zudem musste das Haus mit einer sogenannten weißen Wanne
Kommunen
(besonders dichte Bauweise) erstellt werden, was weitere Mehrkosten nach sich zog. Die Kalincis gingen zum Bauamt, dort wurde ihnen erklärt, dass sie noch eine Ergänzungsvereinbarung zum Kaufvertrag unterzeichnen sollten. „Eine Unverschämtheit“, sagt Nicolas Schill von der unlängst von Capital, brandeins und Focus in aktuelle deutsche Bestenlisten eingetragene Staufener Baurechtsspezialistenkanzlei Steiger, Schill und Kollegen. An die hatten sich die Kalincis in ihrer Not gewandt. „Hier liegt erstens eine Arglist vor, da die Stadt Heitersheim Kenntnis von der Belastung des Bodens hatte“, so Schill. Und zweitens der Versuch, mit einem blauen Auge aus der Sache rauszukommen, statt mit offenen Karten zu spielen. In einer Mail eines Rathausmitarbeiters an die Familie im vergangenen Mai heißt es, dass mit den Käufern der Baugrundstücke und Herrn Bürgermeister Martin Löffler bezüglich des Bodenaushubs und der Zwischenlagerung besprochen worden sei, „dass zum jeweiligen Kaufvertrag eine Ergänzungsvereinbarung geschlossen werden soll“. Diese Vereinbarung müsse „jedoch leider vor dem Notariat in Staufen“ erfolgen. In dieser „Notariellen Ergänzungsvereinbarung“ heißt es, dass es nach dem Verkauf „über den Umfang der möglicherweise bestehenden Bodenbelastung“ zu „Unstimmigkeiten“ gekommen sei. Die Verkäuferin richte ein Bodenaushubmanagement ein, mit dem Ziel, den erforderlichen Aushub für 30 Euro den Kubikmeter abzunehmen. Unter § 2 steht: „Der Veräußerer hat den Erwerber auf die Bodensituation und das hierzu erstellte Bodengutachten der Firma HPC vom 21.10.2016 hingewiesen.“ Mit der Unterschrift hätten die Käufer alle weiteren Ansprüche verloren. Ein Unterzeichnen dieser „allein zu Lasten unserer Mandanten ausgestalteten Vereinbarung“ komme nicht in Betracht, schreibt Schill an Zachow: „Das dürfte sicherlich auch für Sie nachvollziehbar sein.“ Schill fordert das Rathaus auf, seiner „Pflicht zur Mangelbeseitigung durch geeignete Maßnahmen nachzukommen und die vorliegenden Bodenbelastungen zu beseitigen.“ Zachow, der die wenig vergnügungssteuerpflichtige Sache von seinem Vorgänger Martin Löffler geerbt hat, hat nun ebenfalls einen Anwalt verpflichtet. „Wir wurden so schlecht behandelt vom Bürgermeister Löffler. Der hat uns sogar gewarnt, einen Anwalt zu nehmen. Das war alles unzumutbar, eine Frechheit“, sagt Elif Kalinci. Der Zeitplan des Hausbaus geriet ins Wanken, die eigene Wohnung war bereits verkauft, sie habe „kein Zuhause mehr“ und stand „vor dem nervlichen Zusammenbruch“, sagt die 35-Jährige. Sie schluchzt. Bis zu 80 Euro pro Kubikmeter entsorgten Boden, das hätte ein tiefes Loch ins Budget der Familie gerissen. Der Aushub lagert nun auf noch unbebauten Flächen im Baugebiet. „Die Kommune darf nicht verschweigen, dass ihr Altlasten bekannt sind“, sagt Schill. Das Rathaus hätte den Boden komplett austauschen müssen, um einen „vertragsgemäßen Zustand des Grundstücks zu erreichen“. Elif Kalinci wünscht sich, dass die Gemeinde sich entschuldigt. Und für den wirtschaftlichen Schaden geradesteht. Das Verhalten des Rathauses war „so kontaminiert wie unser Boden“. Lars Bargmann
Politik
Stadtbau-Sozialbonus noch kein Renner Mietpolitik mit der Gießkanne beendet / FSB will bis in zehn Jahren 2500 Wohnungen bauen
Quartier Beurbarung: auch zwischen den beiden Bahnlinien liegen FSB-Bestände. Viele Mieter erhalten schon Transferleistungen. Für sie gibt es keinen zusätzlichen Bonus. Foto: © Maxar Technologies, Kartendaten © 2020
O
b der vielstimmig verkündete Sozialbonus bei der Freiburger Stadtbau (FSB) auch viele Begünstigte haben wird, wird sich erst noch zeigen. Am27. August endet für die ersten 580 Haushalte die Frist, um nachzuweisen, dass sie nach einer angekündigten Mieterhöhung mehr als 30 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Kaltmiete zahlen müssten. Dann kappt die FSB deren Mieten an dieser Grenze. Bis zum 15. August lagen dem städtischen Liegenschaftsamt (ALW) exakt 34 Anträge mit Bezug zum FSB-Bonus vor. Die Zahlen seien „noch nicht wirklich belastbar“, so Matthias Müller, Chef des städtischen Rechtsamts und Leiter des Projekts „FSB 2030“. Müller weiß von 63 laufenden Verfahren. 34 beim ALW, 29 bei der FSB. Und es sei „überhaupt nicht untypisch“, dass noch deutlich mehr „erst auf den letzten Drücker“ t ätig
8 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
würden. Der durchaus innovative Sozialbonus, ein Baustein zum von Oberbürgermeister Martin Horn diktierten Umbau der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, ist zunächst auf zwei Jahre angelegt. Horn findet ihn „extrem innovativ“. So etwas gebe es im ganzen Bundesgebiet nicht. „Damit helfen wir einkommensschwachen Haushalten und garantieren eine soziale und faire Mietenpolitik.“ Und zudem sei er ein „Instrument für mehr bezahlbare Mieten in der Stadt“. „Mit dem Sozialbonus unterstützen wir einkommensorientiert und deshalb zielgenau, und nicht mit der Gießkanne“, sagt Müller. Die Gießkanne, das ist das von Horn verordnete Mietmoratorium bei der FSB, von dem Bedürftige, aber auch Mieter ohne Nöte profitierten. Das ist nun Geschichte. „Es ist uns wichtig, dass unsere Mieterinnen und Mieter wissen, dass wir sie unterstützen, wenn sie sich aktiv um den
Politik
Erhalt des FSB-Sozialbonus bemühen. Wir wollen alle erreichen. Niemand sollte mehr als 30 Prozent seines Einkommens für die Miete aufwenden“, sagten die FSB-Geschäftsführer Ralf Klausmann und Magdalena Szablewska bei der Bekanntgabe des Bonuspakets. Unterstützt wird jetzt, wer wenig verdient, aber immerhin so viel, dass er keine staatliche Unterstützung beantragen kann. Diese Zielgruppe ist ein klares Plus des Bausteins. „Wir können jetzt schon sagen, dass insbesondere Seniorinnen und Senioren mit niedriger Rente vom FSB-Sozialbonus profitieren. Das freut uns“, so Müller. Er schätzt, dass „wohl nahezu die Hälfte“ der jetzt angeschriebenen Mieter Sozialleistungen bekommt. Dann wird die Miete vom Jobcenter oder Sozialamt übernommen. 2018 wurden ein Drittel der Mieteinahmen von insgesamt 44,4 Millionen Euro über Sozialleistungen von Bund und Land finanziert. Für diese Wohnungen gibt es keinen Bonus. „Der kommunale Euro soll nicht den Bundes-Euro ersetzen“, so Müller. Auch keinen gibt es für solche Mieter, die einfach ein zu hohes Einkommen haben. Oder in einer zu großen Wohnung leben. Oder in einer öffentlich geförderten. Aktuell sind etwa 2300 der 8300 Stadtbau-Wohnungen vom Staat gefördert.
Die Stadtbau wird bis Ende des Jahres zu den 580 aktuellen, bei denen die Miete zum 1. November erhöht wird, erneut knapp 600 Haushalte anschreiben, bei denen auch Mietsteigerungen anstehen. Wenn die Quote der tatsächlich Berechtigten in 2020 bei erstaunlichen 25 Prozent läge, wären es 300. Jeder Einzelfall hat sicher seinen Wert. Aber der Hebel, an dem die tatsächlich motivierte Rathausspitze steht, ist nicht besonders lang: In Freiburg gibt es rund 97.000 Mietwohnungen. 970 wäre ein Prozent davon. 300 drei Promille.
„Sozialpolitischer Papiertiger“ Am Sozialbonus sowie den geplanten Mieterhöhungen regt sich aber auch Kritik. Höhere Mieten seien angesichts eines FSB-Gewinns von rund 12,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr ein völlig falsches Signal, findet das Freiburger Mietenbündnis. Die Allianz mit Mitgliedern aus der Linken Liste, Partei die Linke, DGB und Ver.di Freiburg fordert weiter ein fünfjähriges Mietmoratorium. Und spricht von einem „sozialpolitischen Papiertiger“. Mieter der Stadtbau wohnen in Freiburg indes heute schon vergleichsweise
günstig: Ein gemieteter Quadratmeter kostete Ende 2019 im Schnitt 6,39 Euro, im Freiburger Mietspiegel 2019/20 liegt dieser Wert bei 8,56 Euro. Das weitere Ziel der Stadtbau, immer 25 Prozent unter dem Mietspiegel zu liegen, ist damit statistisch erfüllt. Ein weiterer Baustein des Projekts FSB 2030 ist eine große Wohnbauoffensive. 2500 neue Wohnungen sollen bis 2030 im Stadtgebiet entstehen. Ohne ein erwartbares Engagement im Dietenbach. Das Verhältnis zwischen Miet- und Eigentumswohnungen möchte Szablewska von derzeit etwa 60:40 auf 75:25 zugunsten der Mietwohnungen aufstocken. Horn rechnet mit einem Finanzvolumen von bis zu 750 Millionen Euro: „Das ist das größte Wirtschaftsförderungsprogramm, das die Stadt je gesehen hat. Damit sichern wir Arbeitsplätze in der Region.“ Hinter der Finanzierung stehen indes noch einige Fragezeichen. Beschlossen ist bisher eine Einlage zur Kapitalstärkung der FSB von fünf Millionen Euro aus dem laufenden Haushalt sowie der Übertrag des Grundstücks Metzgergrün im Stühlinger im Wert von 16,7 Millionen Euro. Die Mindereinnahmen durch den Sozialbonus werden sich in der Bilanz der Stadtbau deutlich schwerer finden lassen. Lars Bargmann, Philip Thomas
Anzeige
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 9
Immobilien
Neue Keimzelle
Spatenstich fürs Freiburger Innovationszentrum FRIZ
Schaufeln für schlaue Köpfe (v.l.n.r.): OB Martin Horn, Vorstandsvorsitzende der L-Bank Edith Weymayr, Ministerin Edith Sitzmann, Uni-Rektor Hans-Jochen Schiewer und Klinikum-Direktor Frederik Wenz. Foto: © Philip Thomas
A
uf dem Campus der technischen Fakultät feierten Vertreter aus Politik, Forschung und Medizin unlängst den Startschuss für das neue Freiburger Innovationszentrum (FRIZ). Binnen zwei Jahren soll dort eine moderne Brutstätte für bis zu 500 kreative Köpfe errichtet werden, die der Gründerszene entwachsen sind. Finanziert wird das Projekt vom Landesförderinstitut (L-Bank) mit 32 Millionen Euro. „Mit dem FRIZ entsteht in Freiburg ein neuartiges Innovationsökosystem, ein fortschrittlicher Standort für forschungsintensive und technologieorientierte Unternehmen aus der Region“, sagte Landesfinanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) beim Spatenstich. Fertiggestellt werden soll der 12.100 Quadratmeter fassende Bau mit Photovoltaik-Fassade und Dachbegrünung an der GeorgesKöhler-Allee bis zum Frühjahr 2022. In den Büros und Laboren sollen bis zu 500 Mitarbeiter aus Start-ups und universitätsnahen Unternehmen aus den Bereichen High-Tech und Medizintechnik Platz finden.
12 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Die Ministerin versteht das FRIZ als „Anschlussmodel nach den Gründerzentren“. Das Konzept habe sich bewährt: In Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim und Tübingen unterhält die L-Bank ähnliche Einrichtungen. Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn sieht den Baubeginn als Signal für Wirtschaftsförderung: „Mit seinem Fokus auf die Ansiedlung von jungen, innovativen Unternehmen in unmittelbarer Nähe von Universität können Forschung und Wirtschaft noch enger verzahnt werden.“ Zumindest die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind im Südwesten bereits überdurchschnittlich: Laut dem Statistischen Landesamt liegen sie, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt in Baden-Württemberg 2017, bei 5,6 Prozent (27,9 Milliarden Euro) und damit deutlich vor den nächstplatzierten Berlin (3,4), Niedersachsen und Bayern (beide 3,1). Auch der Rektor der Freiburger Uni, Hans-Jochen Schiewer, schwang den Spaten. Das FRIZ werde „als Keimzelle, Inkubator und Veranstaltungsort den Boden für zukünftige Innovationen aus der Uni und Universitätsklinikum heraus bereiten und
bestehenden Firmen eine Plattform für ihre Forschungskooperationen mit der Universität bieten“, so der 65-Jährige. Schon jetzt zähle die Freiburger Uni laut ihrem scheidenden Rektor mit nahezu 300 Ausgründungen und mehr als 3500 angemeldeten Schutzrechten seit den 1990er-Jahren zu den patentstärksten Hochschulen in ganz Deutschland. Im Hochschul-Ranking des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) landete die Freiburger Universität mit 17 Anmeldungen vergangenes Jahr auf Platz acht. Spitzenreiter war die TU Dresden mit 75 Einreichungen, gefolgt von der RWTH Aachen (59). Auch im internationalen Vergleich ist noch Luft nach oben: Beim europäischen Patentamt (EPO) gingen 2019 insgesamt 24 Anmeldungen aus der Albert-LudwigsUniversität ein. Die liegt damit weit hinter Spitzenreitern wie der EPF Lausanne mit 93 Einreichungen und der ETH Zürich (78). „Auf die Synergie, die mit dem FRIZ als Innovations-Hub und unseren universitären Einrichtungen in der Nachbarschaft entstehen werden, freue ich mich schon heute“, ergänzte Frederik Wenz, Ärztlicher Direktor des Uniklinikums. Die Eröffnung des Institute for Machine-Brain-Interfacing Technology, das sich mit der Erforschung an Schnittstellen von Gehirn und Maschine beschäftigt, ist auf dem Campus für das erste Halbjahr 2021 geplant. Neben dem FRIZ sollen auch Neubauten fürs Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik und das FraunhoferInstitut für Physikalische Messtechnik entstehen. Die Universität plant an der Stelle außerdem ein Laborgebäude für die Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen. Philip Thomas
Anzeigen
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 13
Makler
„Keine Sorge vor Preisverfall“
S-Immo bereitet sich auf neue Makler-Verordnung vor
F
ührt die Corona-Krise zu einem Preisverfall bei Immobilien? „Bislang noch nicht“, sagt Oliver Kamenisch, Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau, dem größten Makler in Südbaden. Ob’s so bleibt? „Ich denke ja.“
Der Umsatzeinbruch zwischen Anfang März und Ende Juni wird sich in der Bilanz für 2020 so oder so bemerkbar machen. Im vergangenen April hatten Kamenisch und Sparkassen-Vorstandsmitglied Erich Greil noch über ein gutes Geschäftsjahr 2019 berichtet. Der Umsatz der durch die
Zudem will Kamenisch noch enger mit den verschiedenen Abteilungen der Sparkasse zusammenarbeiten: „Wir können da den Wissenstransfer über Immobilien noch intensivieren.“ Der Geschäftsführer bereitet seine Firma derzeit auch auf neue Vorschriften in der Maklerbranche vor. Vom 23. Dezember an dürfen Makler beim Verkauf von EigentumsFoto: S-Immo wohnungen und EinfamilienDie S-Immo beobachtet seit häusern nur noch die gleichen Ausbruch der Pandemie zwar Provisionen von Verkäufern etwa ein Viertel weniger Nachund privaten Käufern nehmen. frage, da aber auch gleichzeitig Das Motiv des Gesetzgebers ist das Angebot zurückging, bleimehr Verbraucherschutz – nicht ben zwei preisbildende Faktoren zuletzt in deren Portemonnaie. in der Balance. „Wir machen Denn oft zahlen Käufer Prouns keine Sorgen vor einem visionen, die Verkäufer aber Preisverfall.“ Den Grund für nicht. Wenn diese für die Arden vorübergehenden Rückbeit der Makler weiter nichts gang von Angebot und Nachbezahlen wollen, dürfen die frage sieht Kamenisch in der Makler künftig auch den Käuaufgekommenen Verunsiche- Erweitertes Führungsteam: Oliver Kamenisch (r.) mit Sparkassen-Vorstand Erich Greil und dem neuen fern von Eigentumswohnungen rung während des Lockdowns. oder Einfamilienhäusern keine Kamenisch blickt auf ein paar Vertriebsdirektor Hannes Schmidt (l.). Rechnung schicken. außerordentliche Monate zurück: Besichtigungstermine wurden rei- S-Immo vermittelten Immobilien war „Es ist sicher gut, dass es bald eine henweise abgesagt oder verschoben, die mit rund 58 Millionen Euro auf Vor- bundesweit einheitliche Regelung gibt, Akquisition von neuen Objekten war jahresniveau. Das wird kaum zu hal- aber es wird sicher auch ein weites stark eingeschränkt. Seit Anfang Juli aber ten sein: Beim eigenen Internetauftritt Feld für juristische Scharmützel sein“, hat das S-Immo-Team wieder „Highlife“. gab es Ende Juli nur ein Dutzend An- schätzt Kamenisch. Für große Büros Vor allem im nördlichen Breisgau gebote. „Ein Großteil unseres Ange- sei das sicher kein Problem, die kleinen rund um Emmendingen und Wald- bots kommt bei uns gar nicht mehr ins Makler aber, die für die Verkäufer oftkirch laufen die Geschäfte schwung- Netz, wir haben so viele vorgemerkte mals kostenlos arbeiten, schon. voll, in Freiburg dagegen drehe sich Nachfrager, die werden zuerst bedient“, Wer die Verbraucher entlasten wolle, hätte sich aber besser den FDPdas Rad noch langsamer als schon vor erklärt der 49-Jährige. der Krise. Da das Umland aber nur ein Zur Verstärkung des Teams hat die Vorschlag zu eigen machen sollen, der Drittel des Gesamtgeschäfts ausmacht, S-Immo Hannes Schmidt verpflich- vorsah, beim Erwerb einer Immobilie wagt Kamenisch für 2020 keine Prog- tet. Der neue Vertriebsdirektor war bis- bis zu einem Freibetrag von 500.000 nose: „Wir werden erst Anfang Okto- her Regionaldirektor bei der Sparkasse Euro bei natürlichen Personen auf die ber wieder eine Zielmarke definieren. und soll sich fortan vor allem um die Grunderwerbssteuer zu verzichten. In Aufgrund Corona ist eine verlässliche Akquise von mittelfristigen Projekten Baden-Württemberg wären das heutPrognose über den weiteren Geschäfts- kümmern, welche insbesondere für zutage 25.000 Euro. Bauträger von Interesse sein dürften. verlauf absolut unmöglich.“ Lars Bargmann
14 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Bauträger
Pioniertat am Ortsrand
Gisinger baut am Hornbühl-Ost erstmals einen doppelten Hybrid
D
ie Gisinger Gruppe wird auf dem Neubaugebiet Hornbühl-Ost im Freiburger Stadtteil Ebnet erstmals vier Gebäude in Holz-HybridBauweise erstellen und erstmals überhaupt in Freiburg wird für eine effiziente Energieversorgung eine photovoltaisch-thermische (PVT) Hybridanlage von der Badenova-Tochter Wärmeplus installiert.
Das auf Namen Sonnenquartett hörende Bauvorhaben hat einen Betonkern und Betondecken, Außen- und Innenwände sind aber aus Holz. „Ein spannendes Projekt, Holzhybride haben wir noch nie gebaut“, sagt Jörg Gisinger. 44 hochwertige Wohnungen wird es in den vier unterschiedlichen Häusern geben. Ein fünftes baut die Gisinger SF Bau schlüsselfertig für einen Landwirt. Und auch dieses bekommt die innovative PVT-Technik. Die funktioniert so: Mit der Außenseite der PVT-Kollektoren (quasi ein Zwitter aus Solarmodul und Luft-Wärmeübertrager) wird Sonne in Strom umgewandelt. Die auf der Rückseite dabei entstehende Wärme, die ansonsten einfach verloren geht, wird mit einem Leitungsnetz aufgefangen und für den hocheffizienten Betrieb einer Wärmepumpe genutzt. Die wird mit dem tagsüber erzeugten und gespeicherten Solarstrom betrieben. Die Wärme in den Häusern – auch das Warmwasser – wird somit Co2-neutral erzeugt. Das Projekt wird vom Innovationsfonds der Badenova mit knapp 150.000 Euro gefördert.
Foto: © Jessica Gerspacher
Unverbindliche Visualisierung: Gisinger.
Wohnen mit Ausblick: Die Architektur stammt aus der Feder des Tübinger Büros Eble Messerschmidt Partner. Die innovative Bauart des PVT-Kollektors wurde vom Lörracher Unternehmen Consolar Solare Energiesysteme GmbH zusammen mit einem holländischen Partner entwickelt und 2017 mit dem Umwelttechnik-Preis für Energieeffizienz des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet. Ausgezeichnet dürfte für die Käufer auch der Ausblick aus den Häusern sein. Die Quadratmeterpreise sind indes noch nicht ausgezeichnet, weil Gisinger zunächst einen Unternehmer braucht, der profunde Erfahrungen mit HolzHybrid-Bauten hat. Das Investitionsvolumen für die vier Häuser in erster Reihe mit Panoramablick liegt bei 25 Millionen Euro. bar Anzeige
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 15
Baurecht
Die Tücken von Sanierungsgebieten EXPERTENBEITRAG: Peter Metzger über Grundstücke mit besonderen Eigenschaften
I
n Gottenheim stand jüngst ein Grundstück zum Verkauf, das mit einem gewerblich und privat genutzten Gebäude bebaut ist. Das Gebäude prägt das Ortsbild, hat aber auch offensichtliche, schwere bauliche Mängel. Der Kaufpreis war günstig, sodass die Käufer den Vertrag vermutlich auch deshalb im Februar ohne weitere Vorbereitungen vor dem Notar abgeschlossen haben. Das Grundstück liegt allerdings in einem Sanierungsgebiet – und das bedeutet, dass der Kaufvertrag nicht bereits mit der Beurkundung durch den Notar wirksam werden konnte, sondern erst mit der Erteilung einer Sanierungsgenehmigung durch die Gemeinde.
Erst prüfen, dann kaufen: Peter Metzger ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Vergaberecht in der Kanzlei Friedrich Graf von Westfalen & Partner. www.fgvw.de
Bloß der Antrag auf Erteilung der Genehmigung genügte dafür nicht. Die Gemeinde benötigte weitere Informationen, um entscheiden zu können, etwa wie sich der Kaufpreis zusammensetzte, ob und welche Baumaßnahmen am Gebäude geplant waren und wie es künftig genutzt werden sollte. Erst damit konnte das Rathaus überprüfen, ob Ausgleichsbeträge zu zahlen waren und ob die beabsichtigten Baumaßnahmen oder die künftige Nutzung die Ziele der Sanierung gefährdeten. Ohne diese Informationen hätte die Gemeinde die Genehmigung versagen müssen. Nach mehreren Fristverlängerungen legten die Käufer der Gemeinde schließlich ein Bau- und Nutzungskonzept vor, das den Zielen der Sanierung entsprach. Für die Gemeinde war aber wichtig, dass es tatsächlich umgesetzt
wird, um die Ziele auch zu erreichen. Sie schloss deshalb mit den Käufern einen städtebaulichen Vertrag, der sie zur Umsetzung verpflichtete, und erteilte im Gegenzug die Sanierungsgenehmigung – im August, also ein halbes Jahr nach dem Abschluss des Kaufvertrages. Während diese Verzögerung im konkreten Fall keine wesentlichen nachteiligen Auswirkungen für die Kaufvertragsparteien hatte, hätte sie bei anderen Projekten erhebliche Mehrkosten oder gar deren Aus bedeuten können. Gemeinden können Gebiete, in denenstädtebauliche Missstände herrschen, etwa hoher Leerstand oder viel Bausubstanz in schlechtem Zustand, förmlich als Sanierungsgebiete festsetzen. Dabei bestimmen sie, welche Ziele die Sanierung hat, also beispielsweise welchen Zwecken das Gebiet künftig
16 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Foto: © privat
dienen soll und ob bauliche Mängel behoben werden sollen. Die Grundstücke im Sanierungsgebiet erhalten im Grundbuch einen Sanierungsvermerk. Viele Vorgänge, die ein solches Grundstück betreffen, sind dann genehmigungspflichtig. Das betrifft nicht nur den Verkauf der Grundstücke, sondern auch Grundstücksteilungen, Baumaßnahmen auf dem Grundstück, die Bestellung von Grundpfandrechten und sogar die Begründung oder Verlängerung von Mietverträgen, die länger als ein Jahr dauern sollen. Kommt man mit einem solchen Grundstück in Berührung, sei es als Kaufinteressent, als Eigentümer, der größere Umbauten vornehmen möchte, oder auf der Suche nach einer neuen Gewerbeimmobilie, sollte man sich stets zügig mit der Gemeinde in Verbindung setzen. Auf diese Weise kann man in Erfahrung bringen, welche Sanierungsziele die Gemeinde verfolgt und ob das eigene Vorhaben zu diesen Zielen passt. Erst damit kann man einschätzen, ob eine Sanierungsgenehmigung bestimmte Auflagen enthalten wird. Durch Gespräche im Vorfeld lassen sich oft auch Wege finden, um ein eigentlich nicht passendes Vorhaben mit den Zielen der Sanierung in Übereinstimmung zu bringen, zum Beispiel durch den Abschluss eines städtebaulichen Vertrags. Häufig gibt es in Sanierungsgebieten für bestimmte Vorhaben auch Fördermittel. Eine ohnehin geplante Investition kann damit günstiger werden als zunächst angenommen. Investitionen in Sanierungsgebieten sollten darum sorgfältig vorbereitet werden. Peter Metzger
Anzeigen
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 17
Stadtentwicklung
Zwei Männer, ein Plan: Martin Haag (r.) und Andreas Roessler diskutieren über den Siegerentwurf von K9 Architekten.
Fotos: bar
Im Westen durchaus Neues Martin Haag und Andreas Roessler über einen alten und einen neuen Stadtteil
D
er geplante Stadtteil Dietenbach – mit am Ende mehr als 15.000 Einwohnern der kompletten Stadt Breisach vergleichbar – wird auch für das benachbarte Rieselfeld vielfältige Veränderungen bringen. Positive, aber auch negative. Darüber sprachen auf Initiative der Redaktion Baubürgermeister Martin Haag und Andreas Roessler, der Vorsitzende des BürgerInnenvereins Rieselfeld (BIV) miteinander. Der BIV ist mit dem aktuellen Planungsstand (wir berichteten) weitgehend einverstanden, Zankapfel-Qualitäten beweist aber vor allem der teilweise Wegfall des Waldes entlang der Mundenhofer Straße. „Von dem Wald muss so viel wie möglich übrigbleiben, 30 Meter reichen nicht“, sagt Roessler. Der heute im Zickzack verlaufende Wald zwischen den beiden Stadtteilen
18 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
hat an seiner breitesten Stelle rund 100 Meter. Und erfülle eine „ganz wichtige klimatische Funktion“. So steht es auch im 2019 vom Bundesumweltministerium und vom Deutschen Institut für Urbanistik ausgezeichneten Klimaanpassungskonzept der Stadt Freiburg. „Das Rieselfeld ist darin
Ringen um einen Hektar Wald jetzt schon als Hotspot geführt, aber da ist der Bau des Stadtteils Dietenbach noch gar nicht eingerechnet“, betont Roessler. Teile des Waldes sollen für den Bau von wichtigen Sportflächen gerodet werden. Es geht etwa um einen Hektar. „Ein Teil entfällt ja für den Verein Sport vor Ort im Rieselfeld. Die
anderen zwei, drei Flächen für Dietenbach“, sagt Haag. Und wenn Flächen für Sport gebraucht werden, „dann müssen die auch irgendwo hin. Das muss man in Kauf nehmen.“ Das Baudezernat werde aber in einem ersten Wettbewerb, in dem es um den Neubau der Schule und des sogenannten Sportbandes geht, schauen, ob es noch Optimierungsmöglichkeiten gibt. „Ich trete aber auf die Erwartungsbremse, dass da plötzlich dann der ganze Wald stehenbleiben kann.“ Für Roessler machen „jede 100 Quadratmeter etwas aus“. Vor allem fürs Klima, für Abkühlung in der Nacht. Die Auslobung eines Wettbewerbs dafür sei eine „sehr schöne Aussage“. Beim weiter westlich liegenden Langenmattenwäldchen ist die Optimierung bereits gelungen. „Wir sind sehr froh über den Zugewinn des Erhalts am Langenmattenwäldchen“, lobt Roesslerdie Verwaltung.
Stadtentwicklung
Im jüngsten Bericht unseres Magazins hatte er gesagt, dass fürs Rieselfeld zehn Hektar Wald gerodet worden sind und für Dietenbach nur die Hälfte. Das solle man mal zur Kenntnis nehmen, wenn man um jeden Baum kämpft. Der BIV hatte darauf der Redaktion gemeldet, dass so gut wie kein Baum gefällt werden musste. Beide Seiten mussten am Ende zurückrudern: Für beide Stadtteile müssen jeweils etwa fünf Hektar Wald weichen. Was kann der neue Stadtteil den Rieselfeldern bringen, was das Rieselfeld für die neuen Nachbarn? „Das Positive ist schnell aufgezählt, wir bekommen eine zusätzliche Infrastruktur.“ Ansonsten schätzt der Vorstand die Synergien „eher gering“ ein. Es gebe im Stadtteil grundsätzlich ein „relativ großes Murren“, dass eine Naherholungsfläche verschwindet. Dennoch war der BIV-Vorstand eher für den Bau („Wir haben das tolle Rieselfeld bekommen, jetzt können wir nicht sagen, mehr geht nicht.“), beim Bürgerentscheid hielten sich Zustimmung und Ablehnung etwa die Waage. Haag sieht viel mehr positive Effekte für die Rieselfelder: Kneipen, Restaurants, Kultur, Jugendzentrum, neue, deutlich attraktivere Radwegverbindungen an die Dreisam. Dem Rieselfeld fehlt ein attraktives Zentrum. Eine Folge der linearen Straßenführung. Im Dietenbach entwickeln sich indes rund um die Mitte sternförmige Erschließungen, die dann auch in zweiter Reihe eher verwinkelte Gassen hervorbringen. „Da haben wir aus dem
„Das treibt die Bürger um“: Andreas Roessler
Rieselfeld, aber auch aus dem Vauban gelernt“, sagt Haag. „An den langen, geraden Straßen bei uns lebt es sich nicht gut, die Ringstraße im Dietenbach ist große Klasse, die ganze Verkehrsplanung schön“, findet Roessler. Beim ÖPNV fordert der BIV den Lückenschluss an die Paduaallee und am besten weiter durch die Elsässer Straße an die Berliner Allee. „Das sind geschätzt 150 Millionen“, kontert Haag. In seiner aktuellen Amtszeit (sie endet 2026) werde er da keinen Spatenstich mehr feiern. Und verweist nebenbei auch auf den einwohnerstarken Stadtteil St. Georgen, der gar keine Straßenbahn habe. „Uns ist wichtig, dass die Trasse dafür freigehalten wird“, so R oessler. Der Lückenschluss nach Lehen sei für die Rieselfelder eines der wichtigsten Themen: „Das treibt die Bürger um.“ Und auch wenn die Anbindung erst 2035 in Betrieb genommen werden könnte, sei das „kein Problem“. Mindestens so problematisch – zumindest bei der Vermarktung – wird die politische Vorgabe für 50 Prozent oder 3250 soziale Mietwohnungen sein. „Für uns ist das ein Muss“, so Roessler. Im Rieselfeld – der dreifache Vater ist 1996 dort hingezogen – haben sich die Kaufpreise für Wohnungen in den vergangenen 15 Jahren „verdoppelt“. Und auch die Mietpreise „immens erhöht“. Vor allem weil die Bindungsfristen der günstigen Mieten in den meisten Fällen nur zehn Jahre betrugen. „Das ist ein Riesenproblem im Rieselfeld.“ Das soziale Gefüge habe sich geändert. Die Gentrifizierung schwappt so schon bis an den Stadtrand. Heute seien vor allem die Baugruppen „immense Stabilisatoren fürs Miteinander“. Die hat für bezahlbares Wohnen auch Haag auf dem Zettel. Und die Freiburger Stadtbau. Und das MietshäuserSyndikat. Und das Uniklinikum. Und das Studierendenwerk. Und die Baugenossenschaften. Diese aber wenden sich inzwischen mehr und mehr von Freiburg ab und kritisieren die Politik für die schlechten Rahmenbedingungen für genossenschaftliches Wohnen (siehe Seiten
Martin Haag: „Wir können neue Stadtteile.“ 22 bis 24). „Wir werden weiter mit denen sprechen, und ich bin überzeugt, dass die im Dietenbach auch was machen werden“, sagt der Baubürgermeister. Während das noch in den Sternen steht, werden die Schüler auf jeden Fall profitieren. Das Rieselfeld hat ein Gymnasium, im Dietenbach sieht es nach einer Gemeinschaftsschule aus. Das Bildungsangebot rund um das die Stadtteile trennende Sportband kann durchaus als Vorzeigemodell taugen. Die ersten Dietenbacher Neubürger werden sich bei den Geschäften und Lebensmittlern im Schwester-Stadtteil versorgen können. Können auch, so sie denn gläubig sind, im Rieselfeld in die Kirche gehen, sich in bestehende Vereine integrieren. So wird der Dietenbach anfangs mehr vom Rieselfeld profitieren als umgekehrt. Der Verein Sport vor Ort, der aus dem Verein Kiosk im Rieselfeld quasi als Spinn-off hervorgegangen ist, hat heute schon 2500 Mitglieder. Und wird weiterwachsen. „Ohne den Kiosk wäre das Rieselfeld nicht das, was es ist“, sagt Roessler. Der sei auch für die neuen Nachbarn eine wichtige Quelle. Das früher leicht verrufene Image des Freiburger Westens hat sich durch Rieselfeld gewandelt und wird durch Dietenbach eine weitere Metamorphose durchleben. „Wir haben mit Vauban und Rieselfeld gezeigt, dass wir neue Stadtteile können, und das werden wir auch erneut beweisen“, prophezeit Haag. Wird es der letzte? „Sicherlich mein letzter.“ Lars Bargmann chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 19
Projektentwickler
Ambitioniertes Trio
Unmüssig-Gruppe mit drei Großprojekten in Freiburg
Ansicht vom Platz der Begegnungen aus: Zwei Gastronomien sollen den Einkäufern Ruhepausen unter freiem Himmel bieten. Visualisierung: Unmüssig-Gruppe
D
ie Corona-Krise hat bei der Unmüssig-Gruppe bislang nur wenig Spuren hinterlassen. „Wir hatten das Glück des Tüchtigen, dass der Reifegrad vieler unserer Projekte so weit war, dass wir wichtige Mietverträge noch vor der Krise abgeschlossen hatten“, sagt Firmenchef Peter Unmüßig. Allerdings sei das Liquiditätsmanagement aufgrund gestundeter Mieten anspruchsvoll gewesen. Die Gruppe agiert im ganzen Südwesten der Republik, hat aber aktuell auch gleich drei größere Bauvorhaben am Stammsitz in Freiburg. Auf dem Güterbahnhof, wo das Projekt Medicus so gut wie abgeschlossen ist, geht der Bau des ehemals auf den Namen Smart Green Tower hörenden Gebäudeensembles weiter. Im Herbst möchte Unmüßig ein neues innovatives Konzept für den Turm präsentieren. Und im Spätsommer 2021 den letzten Hand-
20 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
werker verabschieden. Das Investitionsvolumen wird dann bei mindestens 50 Millionen Euro liegen. Mitten in der Planung steht die Entwicklung des einstigen OBI-Marktes in St. Georgen. 10.000 Quadratmeter Büroflächen gibt der Bebauungsplan her. Aus dem Rathaus hieß es, Wohnungen wären wichtiger. Dann wären es 8000 Quadratmeter. Nun wird hinter den Kulissen noch über einen etwaigen Planungsgewinn und die Beteiligung der Stadt Freiburg an diesem diskutiert. Der nächste Drehort liegt in Landwasser, wo die Gruppe das neue Stadtteilzentrum bauen wird. Der Bauantrag werde demnächst eingereicht, mit dem Abriss wird im Herbst begonnen, mit dem Neubau im kommenden Februar. Gut drei Jahre wird es dauern, bis im Herzen des Stadtteils fast 19.000 Quadratmeter Wohn- und 7800 Quadratmeter Gewerbeflächen erstellt sind. Und 259 Stellplätze in einer der größten Tiefgaragen der Stadt.
Ein REWE-Supermarkt, ein Discoun ter, eine Drogerie, Mode, Fitness, Blumen, Apotheke und Ärzte sind im gewerblichen Nutzermix zu finden. Und zwei Gastronomien, die sich zum Platz der Begegnungen öffnen. 5000 Quadratmeter sind fürs Pflegewohnen reserviert. „Wir werden den Abriss mit einem Fest feiern und es wird jemand im Bagger sitzen, den jeder in Freiburg kennt“, sagt Unmüßig. Und voraussichtlich im Mai 2024 dann bei der Eröffnung erneut die Korken knallen lassen. Zäh läuft es dagegen bei den Wohnungsbauflächen im seit Jahrzehnten debattierten Neubaugebiet Zinklern in Lehen und auch am Tuniberg. Hier kommen Baudezernat und Politik einfach nicht mit denen zusammen, die die wirtschaftliche Verantwortung tragen. Darunter auch Unmüßig. „Wir können städtebauliche Verträge nur unterschreiben, wenn sie kaufmännisch zu rechtfertigen sind“, sagt der Firmenchef. An eine große Wende im Gewerbeimmobilienmarkt glaubt Unmüßig, der im April 250.000 Mund-Nasen-Masken an Freiburger Hilfsorganisationen und ans Rathaus gespendet hatte, derweil nicht: „Homeoffice funktioniert in bestimmten Betrieben gut, in vielen anderen, vor allem den kreativen, aber auf Dauer nicht.“ Auf die Verkaufspreise aber könnte die Pandemie durchaus durchschlagen. Bei denen geht es zumeist um die Jahreskaltmiete, die dann mit – je nach Gebäudeeigenschaften und Nutzerbonität – einem Faktor multipliziert wird. „Da kann es schon sein, dass dieser Faktor etwas kleiner ausfällt.“ Bei der Unmüssig-Gruppe träfe das aber weniger zu. „Wir haben in den verschiedenen Segmenten oft die kapitalstarken Marktführer, an die wir vermieten“, sagt Peter Unmüßig. So werden Pandemien wohl auch künftig nur wenig bar Spuren hinterlassen.
Genossenschaften
„Schwieriges politisches Umfeld“ Der Bauverein Breisgau wächst weiter und kritisiert „Regularien“ aus dem Rathaus
D
er Bauverein Breisgau eG (BVB) blickt auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr zurück. Zum Jahreswechsel betrug die Bilanzsumme der mit rund 23.700 Mitgliedern größten Wohnungsbaugenossenschaft in Südbaden 321,3 Millionen Euro. Erzielt wurde ein Jahresüberschuss von 4,7 Millionen Euro und damit eine Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Beim Eigenkapital konntemit 102,5 Millionen Euro aber erstmals die 100-Millionen-Euro-Marke geknackt werden. Weniger zufrieden sind die Genossen mit der Freiburger Stadtverwaltung.
Bauen und beklagen (v.l.n.r): nebenamtlicher Vorstand Gerhard Kiechle, Vorstandsvorsitzender Marc Ullrich und Vorstand Jörg Straub.
„Wir wollen weiterhin bezahlbaren Wohnraum schaffen“, sagte Vorstandsvorsitzender Marc Ullrich unlängst vor Journalisten. Knapp 19,7 Millionen Euro hat der BVB dazu vergangenes Jahr in seinen Bestand und in Neubauten investiert. 174 Wohnungen und zwei Gewerbeeinheiten befanden sich im Bau, 30 Wohnungen übergaben die Genossen an ihre Mitglieder. Die Warteliste ist mit 2100 Suchenden weiter lang. „Genossenschaftliches Wohnen ist angesagt“, kommentiert Ullrich. Die durchschnittliche Kaltmiete aller 4926 Wohnungen unter dem Dach des BVB in Freiburg und im Breisgau beträgt laut Bilanz je Quadratmeter 6,93 Euro. Die meisten (3249) dieser Mieten liegen zwischen sechs und acht Euro, mehr als zehn Euro zahlen 245 Mieter. Nach dem Freiburger Mietspiegel 2019/20, der preisgebundenen Wohnraum, Ein- und Zweifamilienhäuser, Wohnheimplätze sowie WG-Zimmer nicht berücksichtigt, beträgt die mittlere monatliche Nettomiete aller Wohnungen im Stadtgebiet pro Quadratmeter 8,56 Euro.
Ihre Arbeit sieht die Genossenschaft in Freiburg allerdings erschwert. Laut dem BVB-Aufsichtsratsvorsitzenden Martin Behrens herrsche in der Stadt „ein schwieriges politisches Umfeld“. Als Beispiel nennt er das in Freiburg seit 1920 geltende Erbbaurecht. Im Zuge steigender Bodenpreise und mangelnder Bauflächen vergibt die Stadtspitze Grundstücke heute nur noch in Erbpacht. Und die Zinsen seien unwirtschaftlich. Der Bauverein steht mit seinem Unmut nicht alleine da, auch die Genossenschaften Familienheim und Heimbau äußerten Kritik, Grundstücke nicht kaufen zu können. Ende Juli besserte der Gemeinderat mit 41 zu fünf Stimmen bei der Pacht nach: Drei statt vier Prozent Zinsen, Boni für Familien sowie flexiblere Verträge sollen es sein. Aber nur für Einfamilienhäuser. Die die Genossenschaften kaum bauen. Neben der Grundstücksvergabe sowie den Baukosten, die seit 2009 um 60 Prozent gestiegen seien, mache dem BVB auch die 50-Prozent-
22 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Visualisierung: © Unmüßig Foto: Bauverein Breisgau
Quote zu schaffen. Soziale Förderung der Hälfte aller Wohnungen in einem Neubaugebiet bedeute laut BVB-Vorstand umso höhere Preise für die andere Hälfte des Areals. Das führe zu Quadratmeterpreisen von 12,90 Euro kalt wie etwa im Gebiet Gutleutmatten im Freiburger Stadtteil Haslach. Im Umland laufe das besser. Laut Ullrich gebe es dort keine „Auflagen und Regularien“. Als positives Beispiel nennt er Herbolzheim. Dort entsteht derzeit das erste genossenschaftliche Wohnprojekt der Stadt. Für rund sechs Millionen Euro soll zum Herbst 2021 ein dreigeschossiger Holzbau mit Wohnungen sowie einer Kindertagesstätte errichtet werden. In dem 10.000-Einwohner-Ort sei die Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung und dem Bauverein problemlos verlaufen. Straub: „Seit dem ersten gemeinsamen Termin bis zum Baustart sind weniger als zwei Jahre vergangen. Das funktioniert nur, wenn Bürgermeister und Gemeinderat solche Projekte aktiv begleiten.“ Philip Thomas
Genossenschaften
Heimbau bilanziert und kritisiert Neubau nur noch im Umland
D
ie in Freiburg ansässige Baugenossenschaft Heimbau Breisgau hat im vergangenen Jahr 1,3 Millionen Euro Gewinn gemacht (222.000 mehr als im Vorjahr), 5,2 Millionen Euro investiert und will bis 2024 für 23 Millionen insgesamt 77 neue Mietwohnungen bauen. Keine aber am Stammsitz in Freiburg, wo die Rahmenbedingungen „eher schwierig“ sind, wie der geschäftsführende Vorstand Martin Weiner sagt. Kommunen wie Gundelfingen, Denzlingen, Waldkirch, Elzach, Teningen oder Winden planen ihre Neubaugebiete vermehrt mit genossenschaftlichem Wohnen, weil es mieterfreundliche Preise und ein solidarisches, generationsübergreifendes Miteinander beinhalte. „Die Gemeinden kommen deshalb gezielt auf uns als Genossenschaft zu“, so Weiner. In Freiburg hingegen, etwa bei den Neubaugebieten Kleineschholz oder Dietenbach, passten die städtischen Rahmenbedingungen nicht zu genossenschaftlichem Bauen. „Wir wirtschaften seit 100 Jahren unabhängig und überaus erfolgreich und haben so bezahlbaren Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten geschaffen“, so Weiner. Auch in Freiburg würde man „gern zur Behebung des Mangels an bezahlbaren Wohnungen“ beitragen: „Dafür brauchen wir jedoch bebaubare Kauf-Grundstücke zu akzeptablen Rahmenbedingungen.“ Mit Erbpachtgrundstücken – nur solche will die Freiburger Politik noch vergeben – hat die Heimbau „im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Mitgliederverantwortung
Wollen sich nicht instrumentalisieren lassen: Martin Weiner (r.) und Hugo Ruppenthal. Foto: © Heimbau Freiburg keineguten Erfahrungen gemacht“, so der geschäftsführende Vorstand. Die Heimbau sei „kein Instrument zur Erreichung wohnungspolitischer Ziele“. Die Durchschnittsmiete liegt bei 7,10 Euro und damit 1,46 unterm Freiburger Mietspiegel. Die Zahl der Mitglieder stieg im vergangenen Jahr um 424 auf 4307. Sie sollen für ihre Geschäftsanteile stolze vier Prozent Rendite bekommen. Um die Genossen zu stärken, hat die Heimbau zudem im Februar bereits verschickte Mieterhöhungen umgehend nach dem Lockdown wieder einkassiert. Und wird 2020 auch keine weiteren Erhöhungen aussprechen. Auf der anderen Seite haben die Bewohner ihre Mieten durchgängig bezahlt. „Unsere Mieter“, sagt der nebenamtliche Vorstand Hugo Ruppenthal, „stehen in schwierigen Zeiten zu ihrer Genossenschaft“. bar Anzeige
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 23
Genossenschaft
Aufnahmestopp light bei den Genossen Familienheim Freiburg feiert 90-jähriges Bestehen und verzeichnet Gewinn Foto: Familienheim Freiburg
Abriss abgesagt: Familienheim-Vorstand Anja Dziolloß und Alexander Ehrlacher wollen ein neues Konzept für das in die Jahre gekommene Quartier an der Quäkerstraße.
D
ie Baugenossenschaft Familienheim Freiburg hat auch ihr Geschäftsjahr 2019 positiv abgeschlossen: Zu Buche stehen eine Bilanzsumme von 159,6 Millionen Euro (2018: 161,9 Millionen) sowie ein Jahresüberschuss von 2,31 Millionen (2018: 2,42 Millionen Euro). Neben Zahlen ging es aber auch um Politik: Ihre Pläne, eine Anfang der 50er-Jahre errichtete Häuserzeile an der Freiburger Quäkerstraße durch Neubauten zu ersetzen, hat die Genossenschaft nach langem Streit auf Eis gelegt. „Die Zahlen spiegeln ein gesundes Wachstum“, sagte AlexanderEhrlacher auf der Bilanz-Pressekonferenz. Die im Vergleich zu 2018 zurückgegangen Werte begründet der Vorstand mit weniger Neubautätigkeiten und zurückgezahlten Darlehen. Auch die Zahl der Mitglieder liegt wegen Austritten und Abwanderungen mit 8662 unterm Vorjahr (8679). Das sei dem Vorstand aber gar nicht unrecht: „Wir wollen eine Balance zwischen Wohnungssuchenden und Wohnungen.“ Aktuell gebe es 1200 Wohnungssuchende. Wegen des starken Überhangs nehme die Genossenschaft derzeit gar keine neuen Mitglieder mehr auf, es sei denn, sie würden ihr Geld in der genossenschaftlichen Spareinrichtung anlegen. Die Eigenkapitalquote liegt bei 42,4 Prozent (67,7 Millionen Euro). 2717 Wohnungen und 38 Gewerbeeinheiten zählte die 1930 gegründete Baugenossenschaft Ende 2019. In den Bestand investierte sie 8,3 Millionen Euro, modernisiert etwa seit 2017 an der Charlottenburger Straße 108 Wohnungen für insgesamt
24 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
3,7 Millionen Euro. Das schultert die Familienheim eigenen Angaben zufolge ohne Mieterhöhung. Zudem investierte sie 430.000 Euro in ein Gebäude an der Seilmattenstraße in Waldkirch-Kollnau, 550.000 Euro in neue Balkone und die verbesserte Dämmung von zwölf Waldkircher Bestandswohnungen sowie 940.000 Euro im Auwaldhof in Landwasser. In Neubauten, etwa in ein aus Ziegeln gebautes Sechsfamilienhaus in Emmendingen oder eine Sozialstation in Holzbauweise in der Wiehre, investierte sie 2,4 Millionen Euro (Vorjahr 3,5 Mio.). Der nächste Spatenstich wartet an der Colmarer Straße in Breisach, wo die Genossen auf einem Erbbaugrundstück für 5,1 Millionen Euro zwei Gebäude mit 18 Wohnungen und einer Tiefgarage bauen werden. Die Durchschnittsmiete der sich zu knapp 90 Prozent in Freiburg befindlichen Wohnungen erhöhte sich um sechs Cent, lag mit 7,09 Euro pro Quadratmeter deutlich unter dem Freiburger Mietspiegel (8,56 Euro). Auch fürs laufende Jahr sieht sich Vorstand Anja Dziolloß gut aufgestellt: „Wir erwarten keine wesentlichen Änderungen wegen Corona.“ Änderungen stehen auch an der umstrittenen Neubebauung an der Quäkerstraße 1–9 (wir berichteten) für die nächsten „drei bis fünf Jahre“ nicht an. Die zwischen Quäker-, AdalbertStifter- und Roseggerstraße Anfang der 50er-Jahre errichteten Häuserzeilen mit insgesamt 300 Wohnungen sollten peu à peu durch Neubauten ersetzt werden. Vorgesehen waren darin je Quadratmeter moderate Mietpreise von 7,50 bis 10 Euro – dennoch zum Unmut zahlreicher Mieter. Nachdem die Pläne Ende 2017 publik wurden, hatte sich der Gestaltungsbeirat dagegen ausgesprochen. Einige Mieter schlossen sich im Widerstand verschiedenen Fraktionen im Gemeinderat an. Die Initiative „Wiehre für alle“ wurde ins Leben gerufen. Im Mai 2019 feierte die Initiative – unterstützt von Oberbürgermeister Martin Horn – im Gemeinderat die Aufstellung einer sozialen sowie auch einer baulichen Erhaltungssatzung. „Es ist nicht zu realisieren“, kommentiert Dziolloß. Die Entscheidung sei aber unabhängig von beiden Satzungen gefallen. Vielmehr habe der Vorstand festgestellt, dass „eine kurzfristige Lösung derzeit nicht möglich ist“. Statt einem Bagger beauftragt die Familienheim nun ein Planungsbüro für ein neues Konzept fürs Quartier. Die Mieter seien deswegen bereits schriftlich informiert. Über weitere Planungen will sie die Familienheim „rechtzeitig“ ins Bild setzen. Philip Thomas
Stadtentwicklung
Gaskugel zu verkaufen Badenova würde Objekt zu „Symbolpreis“ abgeben
S
Foto: tln, Visualisierung: HfT Stuttgart
eit dem Jahreswechsel steht die Gaskugel in Freiburg unter Denkmalschutz. Ein Arbeitskreis hat einen Entwurf für die Nutzung als Ausflugsziel mit Café vorgelegt. Die Badenova AG wäre bereit, die Kugel zu verkaufen. Studierende haben schon mal die Gedanken fliegen lassen. Fünf Frauen im Badeanzug sitzen am Boden und schauen gebannt auf die Kugel. Sie ist umgeben von Treppen und grünen Stangen. Am Sternenhimmel fliegt ein Astronaut durch die Luft. Was nach Freiburger Fiktion klingt, ist es auch: Das Szenario ist ein Entwurf von Studierenden. Vier Grafiken haben die angehenden Architekten bei einem Uni-Projekt entworfen. Sie zeigen die Gaskugel, umgestaltet als Planetarium und Ausstellungshaus. Die Entwürfe sind Ergebnis von Masterarbeiten an der Hochschule für Technik in Stuttgart. Zu sehen sind sie bis Oktober bei der Ausstellung „Dark Side of the Moon“ im Stadtteiltreff Betzenhausen-Bischofslinde. Als „total
Günstig zu kriegen: Die denkmalgeschützte Gaskugel am Dreisamufer.
26 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
gute Ideen“ lobt Heike Piehler die Entwürfe. Auch wenn sie nicht dem entsprechen, was Piehlers Arbeitskreis Ende 2019 vorgelegt hat: ein 16-seitiges Konzept für eine „sanfte Nutzung“ der Kugel. Das breite Bündnis wünscht sich ein Café mit Sitzgelegenheiten im Freien und einer Fahrradwerkstatt. Doch das ist Zukunftsmusik. Die Kugel ist im Besitz der BadenovaTochter bnNetze. Diese lässt über die Pressestelle wissen: Sechs Ideen seien eingereicht worden. Für eine Nutzung als Freizeittreff, Kulturraum oder Ausflugscafé. Doch Pressesprecher Roland Weis betont: „Wir werden in Sachen dieser Vorschläge überhaupt nicht aktiv.“ bnNetze habe nicht den Plan, „aus der Gaskugel eine wie auch immer geartete Attraktion zu machen“. Sie werde als stillgelegte technische Anlage behandelt. Lediglich Standsicherheit und Erhalt würden gewährleistet. Eine Umgestaltung ist derzeit nicht möglich: In der Bauleitplanung sei der Standort lediglich als „Versorgungsgebiet“ ausgewiesen. „Etwas anderes darf Stand heute dort gar nicht gemacht werden“, so Weis. Es sei denn, der Flächennutzungsplan ändere sich. Darum müsse sich das Rathaus kümmern. Gefragt sind daher Akteure wie ein Bürgerverein oder Gemeinderatsfraktionen. Wer die Umbaukosten trage? „Derjenige, der dort etwas machen will.
Gewagt: Studierende haben die Kugel als Planetarium in Szene gesetzt. Wir verkaufen ihm die Kugel dann gerne“, stellt Weis klar. Zum Symbolpreis sei sie zu kriegen. Also deutlich unter Wert. Bedingung sei jedoch, dass der Käufer alle Wartungs- und Sicherungskosten übernehme. Diese liegen jährlich bei einem „mittleren fünfstelligen Betrag“. Noch im Januar ließ Baubürgermeister Martin Haag wissen: „Für uns als Stadtverwaltung steht außer Frage, dass die Gaskugel und das dazugehörende Grundstück einer freizeitbezogenen Nachnutzung zugeführt werden sollte.“ Dies würde nicht nur Betzenhausen zugutekommen, sondern auch dem neuen Stadtteil Dietenbach und dem künftigen Quartier Zinklern. Der Dreisam-Grünzug könne „zum attraktiven Park und Freiraum weiterentwickelt“ werden. Jetzt hat sich die Lage offenbar geändert: Auf chilli-Anfrage heißt es bei der städtischen Pressestelle: „Die Gaskugel ist außer Betrieb und für Wohnungsbau oder Proberäume etc. nicht geeignet.“ Eine Ertüchtigung für eine Nachnutzung sei zu aufwändig und zu kostspielig. Sicher ist dennoch: Abgerissen oder abgebaut werden kann die graue Riesenkugel nicht. Der Denkmalschutz macht das unmöglich. Eine solche Hürde gab’s bei zwei Exemplaren im Ortenaukreis nicht. Die Kugel in Offenburg ist seit 2010 abgebaut, die in Lahr seit Anfang 2020. Till Neumann
Anzeigen
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 27
Kurz gemeldet
Bauträger
Gutex will 120 neue Jobs schaffen Die Gutex GmbH & CO. KG will mehr als 100 Millionen Euro in einen zweiten Standort im Gewerbepark Eschbach investieren und 120 neue Jobs schaffen. Der Stammsitz des Holzfaserplattenspezialisten ist in Waldshut-Tiengen. In Eschbach soll die Produktion Co2neutral laufen.
Sieben Linden: Hohe Aufenthaltsqualität bei niedrigen Mieten.
Visualisierung: WOBAG
WOBAG gewinnt Wettbewerb
Ausbildungsprämie gestartet Seit August können Handwerksbetriebe unter bestimmten Bedingungen einen Zuschuss für jeden neu abgeschlossenen Ausbildungsvertrag bekommen. „Vor der Antragsstellung sollten Betriebe aber genau prüfen, ob sie antragsberechtigt sind“, so Wolfram Seitz-Schüle, Geschäftsführer der Handwerkskammer Freiburg (HWK). So darf etwa die Gesamtzahl der angebotenen Ausbildungsplätze nicht unterhalb des Durchschnitts der Vorjahre liegen. 2000 Euro gibt es für konstante Verträge, 3000 für einen zusätzlichen. Mehr Infos: hwk-freiburg.de/ ausbildungspraemie
Polizei soll ins besetzte Haus Die SPD-Landtagsabgeordnete Gabi Rolland hatte sich kürzlich wegen des leerstehenden und schon mehrfach besetzten Gebäudes und Grundstücks an der Fehrenbachallee 52 in Freiburg erneut ans Finanzministerium in Stuttgart gewandt. Rolland wollte wissen, was das Land nun mit seiner Liegenschaft plane. Das Ministerium teilte sodann mit, dass die Liegenschaft fürs Polizeipräsidium umgebaut werden soll. Derzeit werde der Sanierungs- und Umbaubedarf ermittelt, da das Präsidium einen größeren Flächenbedarf angezeigt habe. „Diese Entscheidung ist nachvollziehbar. Dennoch bedauere ich, dass dieses Gelände damit für den dringend benötigten Wohnungsbau nicht zur Verfügung steht“, so Rolland. Sie kritisierte aber, dass die Liegenschaft mehrere Jahre ungenutzt blieb. 28 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Konzept überzeugt Lörracher Rathaus
D
ie Wohnbau Baden AG (WOBAG) hat sich bei einem Wettbewerb für die Bebauung des Gebiets Belist Sieben Linden im Lörracher Stadtteil Haagen gegen namhafte Konkurrenz durchgesetzt und kann nun tiefer in die Überplanung eines 6500 Quadratmeter großen Grundstücks einsteigen. „Wir freuen uns sehr, dass unser Konzept die Verantwortlichen überzeugt hat“, sagt WOBAG-Vorstand Klaus Ruppenthal. Das ausgetüftelte Konzept des Freiburger Bauträgers brachte es auf 96 Wohnungen. Viele darunter sind auch für Familien geeignet. „Wir haben eine gute Durchmischung hinbekommen, jedermann kann hier ein passendes Angebot finden und auch bezahlen“, so Ruppenthal. Der Kniff war, die enormen Anforderungen an die Stellplätze (1,5 pro Wohnung) nahezu komplett in einer Tiefgarage unterzubringen. Dazu beanspruchte die WOBAG auch öffentliche Flächen. Ohne diese Idee wäre die Zahl der Wohnungen deutlich kleiner gewesen. Und der Sieger hätte wohl einen anderen Namen getragen. Die Einheiten sind nach dem Willen des Lörracher Rathauses preisgebunden: In 77 Wohnungen werden zehn
Euro Kaltmiete nicht überschritten, in 19 kostet der Quadratmeter sogar nur 7,50 Euro. Die ortsübliche Vergleichsmiete liege bei 12,50 Euro. Bei dem Wettbewerb floss das Kaufpreisangebot fürs Grundstück übrigens nur zu zehn Prozent in die Bewertungsmatrix. So vergab die Stadtverwaltung – anders als viele andere Kommunen – diese Fläche nicht nach dem höchsten Ertrag. „Die Stadt Lörrach hat das Thema Schaffung von preiswertem Wohnraum gut angepackt und ist offensiv auf private Wohnungsbauunternehmen zugegangen“, erzählt Ruppenthal. Ein Unterschied zu Freiburg. Sieben Linden ist mit 8100 Quadratmetern neuer Wohnfläche das bislang größte Einzelprojekt in der Geschichte des Unternehmens. Das Quartier Sieben Linden wird über ein Blockheizkraftwerk versorgt. Rund um die fünf Gebäude liegt ein zentraler Platz, den das Rathaus bauen wird. An den Zugängen werden die namensgebenden sieben Linden gepflanzt und hochwertige Pflastersteine verlegt. Das Neubaugebiet ist insgesamt ein gutes Pflaster für die WOBAG, die auf einem anderen Grundstück derzeit schon ein Mehrfamilienhaus mit zwölf Wohnungen erstellt und auf einem dritten noch 17 Einheiten in zwei Stadthäusern. bar
Anzeigen
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 29
Generalunternehmen
Güterbahnhof im Fokus Dürrschnabel Industriebau GmbH mit gleich drei Aufträgen im neuen Quartier
Foto: Dürrschnabel Industriebau
Baustein an der „Dürrschnabel-Meile“: Die Erweiterung des Ford-Autohauses an der Mooswaldallee ist fertig.
E
in Jahr der guten Aufträge“, bilanziert Stefan Schäfer, Geschäftsführer der Dürrschnabel Industriebau GmbH, das Jahr 2019. Der Umsatz konnte auf rund 20 Millionen Euro erhöht werden. Auf Schäfers Schreibtisch liegen neue Aufträge für altbekannte und auch neue Kunden. Nach der Fertigstellung des 25-Millionen-Euro-Projekts Z6 in Waldkirch für Sick wartet auf dem Güterbahnhof bereits der nächste Großauftrag.
Derzeit verbessert die Dürrschnabel auch den Brandschutz an der Hochschule Macromedia an der Haslacher Straße in Freiburg, wo an der Steinhalde auch noch der Baubeginn für ein privates Wohnhaus in den Startlöchern steht. Zudem hat Schäfer den Bauantrag für den Bau einer Kfz-Werkstatt für die Krölls Fahrzeugtechnik in Bötzingen eingereicht. Und dann konzentriert sich bei Schäfer und dem zweiten Geschäftsführer Markus Keune der Blick auf den Güterbahnhof, wo der Bauantrag für ein knapp 2500 Quadratmeter großes Werkstattgebäude mit Büroflächen und Wohnungsräumen für den Reha-Verein am nördlichen Quartiersrand abgegeben ist. Die Dürrschnabel verantwortet zudem den Innenausbau der Gewerbeflächen im Projekt Quadriga, und die Emmendinger werden als Generalunternehmer für den Quadriga-Entwickler Kirschner Wohnbau auch 60 Eigentumswohnungen entlang der Ingeborg-Krummer-SchrothStraße bauen. Der Bauantrag ist abgegeben. Es wird nicht bar der letzte in Freiburgs jüngstem Quartier bleiben.
Das Warten hat ein Ende: Reha-Verein legt los
Termingerecht hat Schäfer ein Bauvorhaben für die Kirschner Wohnbau in Buchenbach mit 23 Wohnungen übergeben, in Kirchzarten, wo die Emmendinger 14 Wohnungen für einen Bauträger erstellt haben, gibt es nur noch Restarbeiten. Das gilt auch bei der Tierklinik Dr. Frank, wogegen die Erweiterung des benachbarten Ernst+König-Autohauses an der Mooswaldallee ebenso abgeschlossen ist wie die für den Malerbetrieb Häringer. Bis Ende des Jahres werden der Erweiterungsbau für einen Wärmetechniker in Wyhl und ein Betriebsgebäude für einen Kunststoff-Experten in Nimburg fertig sein, bereits im Spätherbst ein Anbau für den Fahrradhändler Hot.Bike in Teningen. 30 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Projektentwickler
Strabag setzt Zeichen Corona zum Trotz: Businessmile fast ausverkauft
V
iele Marktteilnehmer prophezeien derzeit, dass die Corona-Krise dem Bau und der Vermarktung von Gewerbeimmobilien einen Schlag in die Magengrube verpassen wird. Die Nachrichtenlage bei der Strabag Real Estate GmbH (SRE) sorgt eher für Schmetterlingsgefühle in der Körpergegend: In kurzer Zeit hat die Freiburger Niederlassung mehr als 11.000 Quadratmeter an der Businessmile vermietet. „Das ist für uns ein großer Tag“, sagte der Freiburger Strabag-Chef Martin Lauble vor der Vertragsunterzeichnung mit dem Freiburger Senkrechtstarter JobRad. Nachdem der Dienstrad-Leasingspezialist erst vor zwei Jahren 7500 Quadratmeter im Milestone 3 angemietet hatte, unterzeichnete Geschäftsführer Ulrich Prediger nun erneut einen Mietvertrag über 8000 Quadratmeter im Milestone 4. „Ohne JobRad wäre unser Masterplan für die Businessmile nie so gut und so schnell aufgegangen“, sagte Lauble. „Wir können gar nicht so schnell Flächen anmieten wie wir wachsen“, sagte Prediger. Derzeit beschäftigt die im Kinderzimmer gegründete Firma 370 Menschen, bis zu 700 können in den beiden um einen Campus wie Klammern angeordneten Gebäuden Platz finden. Und ein Restaurant. Und ein öffentliches Café. Und Konferenzräume für bis zu 400 Personen – oder auch mal große Kleinkunst.
32 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Derzeit ist die Firma auf sechs Standorte im Stadtgebiet verteilt. JobRad hat nun fast ein Drittel der Gesamtfläche von knapp 50.000 Quadratmetern angemietet und investiert nach Angaben von Projektleiter Hermann-Friedrich Meyer selber noch „ein paar Millionen“ in den Ausbau der Gebäude, die eine Goldmedaille der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) anstreben. Hinter dem vom Freiburger Büro Böwer Eith Murken Vogelsang geplanten Milestone 4 liegt an der Bahnlinie der Milestone 5 c – aus der Feder des Büros
Projektentwickler
Harter + Kanzler in Freiburg. In diesen wird 2022 der Landesbetrieb Bundesbau Baden-Württemberg (BBBW) mit 90 Beschäftigten auf 3500 Quadratmetern – mithin der Hälfte der Gebäudefläche – umsiedeln. Im Juni hatten Lauble und BBBW-Leiter Max Rippel einen 15-jährigen Mietvertrag unterzeichnet. „Der Umzug in diese zentrale Lage ist für uns eine Gelegenheit, vor Ort ein sichtbares Zeichen für intelligentes, nachhaltiges Bauen zu setzen und stärker als interessanter Arbeitgeber in der Region in Erscheinung zu treten“, kommentierte Rippel. „Freiburg ist für uns aufgrund der Größe ein atypischer Standort, aber die Arbeit der Freiburger macht uns stolz“, so SRE-Geschäftsführer Rainer M. Schäfer. Ende 2022, Anfang 2023 wird das alte Post-Areal fertig sein. Dann wird die
Anzeigen
Insgesamt 240 Millionen Euro investiert Strabag an der Businessmile insgesamt 240 Millionen Euro investiert haben. Dieses Geld wanderte vor allem zur regionalen Handwerkerschaft. Doch die nächste Aufgabe wartet schon: Wie das Freiburger Stadtmagazin chilli exklusiv berichtet hatte, hat die Strabag das Gelände des insolventen Händlers Südwest-Auto erworben. Wie sich dort die zwei Fußballfelder großen Flächen entwickeln können, das soll ein städtebaulicher Wettbewerb zeigen, der demnächst ausgeschrieben wird. Zudem wird aktuell an der verkehrlichen Erschließung getüftelt. Eine gute Idee hatten Lauble und sein Team aber jetzt schon: Das Projekt hört – in Anspielung an eine berühmte Freifläche – auf den Namen Haid Park.
Lars Bargmann
Businessmile: Die beiden U-förmigen Gebäude neben dem Hochhaus wird JobRad beziehen. So ergibt sich ein attraktiver Campus (Bild oben). Visualisierung: Stipan Vukovic für SRE, Foto: bar
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 33
PR-Anzeige
Zuhören, erfassen, planen und bauen
FREYLER Industriebau GmbH ist ein gefragter Partner
D
ie Liste der erfolgreichen Pro jekte der Freyler Industrie bau GmbH ist lang. Schon seit 1968 plant und realisiert die Unternehmensgruppe mit Stammsitz in Kenzingen anspruchsvolle Bauvorhaben. Eines der jüngsten Glieder in der Kette ist der Neubau für die EMONS Holding GmbH im Industriegebiet Kenzingen West. In Freiburg hat Freyler zuletzt den markanten Neubau des Sanitätshauses Schaub im Gewerbegebiet Haid-Süd fertiggestellt. Auch Stahl-Fachtragewerke, die über 40 Meter spannen und somit eine stützenfreie, 3000 Quadratmeter große Umschlaghalle ermöglichen, waren für die Freyler-Experten beim Neubau für den Logistik-Spezialisten EMONS kein Problem. Zudem bauen die Kenzinger eine 4500 Quadratmeter große, 12,5 Meter hohe Lagerhalle und ein 1200 Quadratmeter großes Verwaltungsgebäude. Ende 2020, nach nur 14 Monaten, soll das nach KfW-Standard 55 erstellte Ensemble fertig sein. Die Dachflächen werden so ausgeführt, dass sie sowohl begrünt als auch mit PV-Modulen bestückt werden können. „Damit können wir unserem ökologischen Anspruch gerecht werden“, so Ralf Wieland, Sprecher der EMONSGeschäftsführung. Man habe zwei gute Entscheidungen getroffen: „Dass wir nach Kenzingen gekommen sind und uns für Freyler entschieden haben.“ Rundum zufrieden war auch der Bauherr des von Freyler konzipierten und erstellten Neubaus für Schaub im Null-Emissions-Gewerbegebiet HaidSüd. „Das Team hört zu und erfasst 34 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Das jüngste Freyler-Projekt: Der Neubau für die EMONS Holding. alles im Detail. Es analysiert und optimiert – erst dann wird geplant und gebaut“, berichtet Schaub-Gründer und Inhaber Peter Wien. Auch während des Baus habe es immer ein offenes Ohr bei einem festen Ansprechpartner gegeben. So sei es „nicht überraschend, dass der Bau zum angesetzten Termin und vereinbarten Budget fertig wurde, zudem optisch und technisch exakt so umgesetzt, wie es sich Bauherr und die Stadt Freiburg vorgestellt haben.“ „Es gab sehr klare Vorschriften für den Neubau“, erzählt Freyler-Architekt Gerhard Kern: „Die Werte der EnEV 2014 mussten noch um 30 Prozent unterschritten werden, gemäß Effizienzhaus-Standard 70.“ Freyler begleitet seine Bauherren „von der ersten Idee bis zur bezugsfertigen Übergabe“, erklärt Tobias Oberle, Geschäftsbereichsleiter Freyler Industriebau Kenzingen. Der intensive Austausch im Vorfeld der Planung sei sehr wichtig: „Auf dieser Grundlage können wir Konzepte für zukunftsfähige Immobilien entwickeln, die ökologisch wie ökonomisch effizient arbeiten und bei Bedarf erweiterbar sind.“ Beim rund 6200 Quadratmeter großen Schaub-Neubau mit
Foto: © Freyler
den charakteristischen Fensterbändern und begrüntem Flachdach überwacht, regelt und steuert eine intelligente Gebäudetechnik alle relevanten Faktoren – und kann sogar per Smartphone gesteuert werden. Eine leistungsstarke Grundwasser-Wärmepumpe kann zur Heizung oder Kühlung der Räume genutzt werden. Speziell dafür wurden ein 15 Meter tiefer Entnahmebrunnen und zwei 18 Meter tiefe Rückgabebrunnen gebohrt. Sommers wie winters sei so nur ein minimaler Energieaufwand nötig. Für extrem heiße Tage gibt es zusätzlich eine Klimaanlage. Neben der Entwicklung zukunftsfähiger Gebäude liegen die Stärken von Freyler in Standortanalysen sowie der Beratung zu passenden Fördermitteln. Die Mitarbeiter jedes Fachgebiets arbeiten interdisziplinär zusammen, der Bauherr hat jedoch nur einen zentralen Ansprechpartner, der alles koordiniert. Freyler Industriebau plant und realisiert von zehn deutschen Standorten und einer Schweizer Niederlassung aus Gewerbebauten für den Mittelstand. Für die Unternehmensgruppe betreuen aktuell rund 340 Mitarbeiter jedes Jahr über 100 Projekte. chilli
Anzeigen
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 35
Stadtentwicklung
Aus Luftbrücke wird Luftschloss VAG-Vorstand winkt bei Seilbahn-Planspiel Dietenbach ab Geprüft und verworfen: Die Verbindung vom Dietenbach an die Haltestelle Paduaallee wird – wenn überhaupt – mit einer Straßenbahn geschaffen. Die Schauinslandbahn wird damit in Freiburg die einzige Seilbahn bleiben.
Visualisierung: © Stadt Freiburg/Dietenbach; Foto: © 2020 Maxar Technologies; Illustration: freepik
D
ie von FDP-Stadtrat Sascha Fiek ins Gespräch gebrachte Seilbahn, die den geplanten Stadtteil Dietenbach mit einer Luftbrücke an Lehen anbinden könnte, hat eine kurze Halbwertszeit: „Es gibt derzeit keine Überlegungen seitens der VAG und der Stadt Freiburg, ein Seilbahnsystem für den städtischen ÖPNV einzusetzen“, sagt VAG-Sprecher Andreas Hildebrandt auf chilli-Anfrage. Der Vorstand um Stephan Bartosch und Oliver Benz habe sich mit dem Thema innerstädtischer Seilbahnsysteme auseinandergesetzt, Vor- und Nachteile betrachtet. Seilbahnen ins ÖPNV-Netz einzubinden stoße „relativ schnell an seine Grenzen“. Nicht so in La Paz: Boliviens Regierungssitz ist mit einem 30 Kilometer langen Netz von zehn Seilbahnen verbunden, pro Stunde können 50.000 Einwohner transportiert werden. Im französischen Brest verbindet seit 2015 eine Seilbahn zwei Stadtteile über den Militärhafen hinweg, im ersten Betriebsjahr zählte man bereits über eine halbe Million Fahrgäste, wie die ZEIT unlängst berichtete.
36 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Auch hierzulande sind aktuell in vielen anderen Städten Luftbrücken ein Thema. Nach VAG-Angaben sind aber auch schon ein Dutzend Pläne wieder verworfen worden, etwa in Hamburg, Ulm oder Trier. „Viele Städte haben Pläne gemacht, viele haben es aber dann sein lassen“, sagte Bartosch bei der Bilanzpressekonferenz. In Wuppertal, berühmt für seine Schwebebahn,
Anwohner scheuen Blicke auf den Balkon stimmten im Mai 2019 rund 62 Prozent der Bürgerschaft gegen ein Seilbahnprojekt. In Bonn und München laufen derweil Machbarkeitsstudien, auch in Konstanz wird aktuell eine Seilbahn debattiert, um die zuweilen infarktöse Verkehrslage zwischen der Insel Mainau, der Universität, dem Kongresszentrum und der Altstadt zu lockern. Der Ausgang ist in der Schwebe. Für die VAG-Spitze überwiegen im Alltagsgebrauch – die erfolgreiche Schauinslandbahn ist eher für Tou-
risten – deutlich die Nachteile: Der Umstieg von Bus oder Tram in die Seilbahn sei umständlich, es könnten sich in der Rushhour schnell Warteschlangen bilden, damit falle schnell auch die Akzeptanz. Zudem seien die Gondeln windanfällig (bei mehr als 60 Kilometer Seitenwind muss der Betrieb eingestellt werden), es müssten Notfallpläne für Störungen erstellt werden (wo und wie können steckengebliebene Fahrgäste gerettet werden?) und bei Trassen über Stromleitungen oder unter Hochspannungsmasten müssen besondere Erdungssysteme für induzierte Ströme gebaut werden. Sobald die Trassen über private Flächen führen, formiert sich zudem schnell Widerstand. Wer will sich schon gerne in den Garten oder ins Schlafzimmer gucken lassen? In Freiburg wäre eine Trassenführung über öffentliche Flächen nach Angaben aus dem Baudezernat zwar möglich. Die Luftbrücke wird dennoch ein Luftschloss bleiben. Stattdessen wird eine Tramtrasse aus dem Dietenbach über B31 und Dreisam nach Lehen freigehalten.
Lars Bargmann
Immobilien
Musterhäuser inspirieren 14 Aussteller im HausBauPark
N
icht nur gucken, sondern auch anfassen: Im HausBauPark in Villingen-Schwenningen können Interessierte komplett eingerichtete Musterhäuser aus Holz begehen und sich zudem viele Informationen rund um den nachwachsenden Rohstoff holen.
Holzhäuser werden immer beliebter, liegen im Trend. Die 14 Aussteller zeigen unterschiedliche Architekturstile. Das Design soll nachhaltig Freude bereiten – und nicht zuletzt ins Budget passen. Künftige Bauherren und Familien können ausprobieren, wie sich eine offene Frühstücksbar anfühlt, wie komfortabel das Schlafzimmer mit begehbarem Kleiderschrank ist, welche Bodenbeläge ihnen am besten zusagen oder auch, wie eine ebenerdige Dusche wirkt. Das künftige Eigenheim kann individuell oder nach dem Baukastenprinzip geplant werden. Die Vorteile des Hausbaus mit den Anbietern im HausBauPark: Alles kommt aus einer Hand, der Bauherr kann mit fair kalkulierten Festpreisen rechnen. Auch wegen der wetterunabhängigen Vormontage im Werk bleibt man vor finanziellen Überraschungen geschützt. Die Fachleute beraten außerdem intensiv über Finanzierungskonzepte und mögliche Eigenleistungen. Wer noch keinen Bauplatz hat – viele Aussteller bieten einen eigenen Grundstücksservice an. chilli
Info Ein Park, viele Angebote: HausBauPark lockt mit authentischen Immobilien. Foto: EXPO Südwest GmbH
Der HausBauPark ist mittwochs bis sonntags jeweils zwischen 11 und 17 Uhr geöffnet. www.hausbaupark.de
Baubranche
Viel Schwarzarbeit am Bau 3,2 Millionen Euro Schaden allein in Südbaden
S
chwarzarbeit, illegale Beschäftigung und LohnPrellerei in der Baubranche haben in der Region im vergangenen Jahr erneut einen Millionenschaden verursacht. Das teilt die Gewerkschaft IG Bau mit und beruft sich auf eine aktuelle Auswertung des Bundesfinanzministeriums. Danach kontrollierten Beamte des Hauptzollamtes Lörrach, das auch für Freiburg zuständig ist, insgesamt 359 Baufirmen und leiteten 237 Ermittlungsverfahren ein. Wegen illegaler Praktiken in der Branche entgingen dem Staat und den Sozialkassen 3,2 Millionen Euro. IG-Bau-Bezirkschef Lukas Oßwald spricht von einem „erschreckenden Ausmaß krimineller Energie“. Das Image der Branche stehe auf dem Spiel. „Sau-
ber wirtschaftende Firmen dürfen nicht wegschauen, wenn sich Konkurrenten nicht an die Regeln halten.“ Gerade die Corona-Krise habe gezeigt, wie wichtig die Bauwirtschaft als Stütze der Konjunktur ist. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stiegen die Umsätze in den ersten fünf Monaten des Jahres trotz Pandemie um rund sieben Prozent. „Das beste Mittel gegen unerlaubte Geschäfte am Bau ist ein fairer Wettbewerb zu fairen Löhnen und Arbeitsbedingungen. Dazu muss sich die ganze Branche bekennen, wenn sie ihren Ruf nicht verspielen will“, so der Gewerkschafter. Die Zollstatistik geht auf eine parlamentarische Anfrage der Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke (Bündnis 90/Die Grünen) zurück. Die Arbeitsmarktpolitikerin stellt gegenüber der IG Bau fest: „Schwarzarbeit
Tatort Baustelle: Beamte der Zolleinheit Finanzkontrolle Schwarz arbeit werden oft fündig. Foto: IG Bau und Lohn-Betrug sind keine Kavaliersdelikte. Der Zoll muss gestärkt werden, um flächendeckend kontrollieren und wirksam gegen illegale Machenschaften vorgehen zu können – gerade auf chilli dem Bau.“ Anzeige
Bauträger
Visualisierung: © Kirschner
Ensemble an der Dreisam: Bauen in der ersten Reihe am Fluss.
Kirschner setzt auf Freiburg Emmendinger sind aufs Güterbahnhofsareal gezogen
W
ährend es viele Bauträger und Baugenossenschaften ins Umland zieht, konzentriert sich die K irschnerWohnbau GmbH, die erst Mitte August vom langjährigen Stammsitz in Emmendingen in ihr selbst entwickeltes Projekt Quadriga auf dem Güterbahnhof gezogen ist, klar auf Freiburg. Beim „Dreisam-Ensemble“ auf dem Alten Sportplatz in Ebnet steht Geschäftsführer Dennis Kirschner ebenso kurz vor dem Baustart von 18 Eigentumswohnungen direkt an der Drei-
sam wie beim 20 Wohnungen fassenden Bauvorhaben „Falling Hills“ in Herdern. Zudem baut Kirschner acht Eigentumswohnungen (mit zwei oder drei Zimmern) in einem freistehenden Stadthaus an der Haslacher Straße 174 (Baustart in diesem Herbst) und hat das Stadthaus Habsburg an der gleichnamigen Straße nahezu komplett vermarktet. „Wir werden weiter versuchen, Freiburg treu zu bleiben“, so Kirschner. Und das 1965 als Baufirma von Berthold Kirschner gegründete Unternehmen habe da auch noch was in der Vorbereitung. 76 – bereits bezogene – Wohnungen waren es in der Quadriga auf dem Gü-
terbahnhof, wo für das nächste Projekt schon der erste Bauantrag abgegeben ist: Auf dem Grundstück Ingeborg-Krummer-Schroth-Straße 4 erstellt Kirschner im ersten Bauabschnitt in einem reinen Wohnhaus mit vier Vollgeschossen und einem Attikageschoss rund 60 Wohnungen (mit zwei bis fünf Zimmern, von 47 bis 130 Quadratmetern). Für ein zweites Gebäude werden aktuell die Bauantragsunterlagen gerichtet. Hier wird es auch Gewerbeflächen im Erdgeschoss geben. Solche gibt es auch noch in der Quadriga. Derzeit läuft dort für eine neue Nutzung noch die Ändebar rung des Bebauungsplans.
Azubi-Plätze zu 90 Prozent unbesetzt IG Bau spricht von Alarmsignal
B
auboom trifft auf Nachwuchs-Mangel: Zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres sind viele Baufirmen in Freiburg vergeblich auf der Suche nach Azubis. Darauf weist die IG Bauen-AgrarUmwelt (IG Bau) hin und beruft sich auf aktuelle Zahlen der Arbeitsagentur. Danach blieben im Juli 90 Prozent aller Stellen unbesetzt. Im vergangenen Jahr waren es im Juli 75 Prozent. IG-Bau-Bezirkschef Südbaden Lukas Oßwald: „Das ist ein Alarmsignal.“
40 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Wenn es den Firmen nicht gelinge, Schulabgänger für den Bau zu finden, gerate das Fundament der Branche ins Wanken: „Aber nur wenn die Arbeitsbedingungen auf Baustellen attraktiver werden, lässt sich das Nachwuchs-Problem lösen.“ Die IG Bau fordert deshalb in der laufenden Tarifrunde unter anderem monatlich 100 Euro mehr für Azubis. Die schlechten Bedingungen spiegelten sich auch in einer hohen Abbrecherquote wider. Laut aktuellem Ausbildungs- und Fachkräftereport
der Sozialkassen des Baugewerbes (Soka-Bau) bricht jeder dritte Azubi die Ausbildung ab. „Die Anforderungen für Azubis sind in den letzten Jahren komplexer geworden. Deshalb müssten die Meister mehr Freiraum für die Lehre haben, den ihnen die Unternehmen aber oft nicht gewähren. Die Azubis laufen dann im hektischen Baustellenbetrieb irgendwie mit – das ist für sie unbefriedigend“, so Bezirkschef Oßwald. chilli
Anzeigen
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 41
Bauträger
Paukenschlag am Papiergäßle Stuckert Wohnbau bietet breites Spektrum
50-Millionen-Euro-Projekt: In Waldkirch werden 8300 Quadratmeter neuer Wohnraum gebaut.
A
uf dem Freiburger Güterbahnhof wächst das hochpreisige Projekt „My urban living“ in die Höhe, aber die Stuckert Wohnbau AG kann auch preiswert und legt aktuell am Waldkircher Papiergäßle ein brandneues Quartiersprojekt mit 92 Eigentumswohnungen in zehn Häusern vor. Wo bislang die Harry Roth Präzisionsdrehteile GmbH angesiedelt war, werden ab September gewohnt präzise arbeitende Firmen in zwei Bauabschnitten sieben Punkt- und drei Zeilenhäuser herstellen. Die Quadratmeterpreise für die Zwei-, Drei- und Vierzimmerwohnungen (von 63 bis 155 qm) liegen im Schnitt bei 5500 Euro. Dafür gibt es neben einer stilvollen Architektur, einer Tiefgarage, autofreiem Quartiersgässle und einem Quartiersplatz mit Wasserbecken in Koproduktion mit den örtlichen Stadtwerken auch ein nachhaltiges Energiekonzept mit Blockheizkraftwerk, Direktstromeinspeisung, Photovoltaik, E-Carsharing-Plätzen und sogar ein gestelltes Elektro-Auto für die Käufer. Schließlich noch bis zu 18.000 Euro Zuschüsse von der KfW.
42 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Insgesamt investiert Stuckert mehr als 50 Millionen Euro in 8300 Quadratmeter frischen Wohnraum für Waldkirch. Die Vermarktung startet jetzt im September. 28 Millionen Euro sind es in Kenzingen, wo an der Wiesenstraße in der eigenkreierten Avantum-Reihe der durchschnittliche Quadratmeterpreis bei 3650 Euro liegt. Mehr als 80 Prozent der 81 Wohnungen haben den Besitzer bereits gewechselt, das letzte der sechs KfW-förderfähigen Häuser wird im kommenden Frühjahr fertig. In Kollmarsreute investieren Stuckert und der Projektpartner Gewo GmbH rund 20 Millionen Euro in 54-Avantum-Wohnungen (3900 Euro/ qm), der Vertrieb in den sechs Kf W55-Häusern „läuft richtig gut“, sagt Stuckert-Prokurist Aribert Frece. Mehr als 40 Wohnungen sind schon protokolliert. Die preiswerte Avantum-Reihe hat auch in Lörrach am Degerfelder Weg schon 45 Käufer überzeugt. Nur vier förderfähige Einheiten sind noch zu haben. Zwei weitere Projekte sind in der Pipeline: In Offenburg wird bis Ende des Jahres der Sieger aus einem städ-
Visualisierung: © Stuckert Wohnbau
tebaulichen Wettbewerb fürs BurdaSportareal mit bis zu 200 Wohnungen gekürt, in Achern hat die Stuckert Wohnbau fast 50.000 Quadratmeter oder sieben Fußballfelder große Bauflächen im Quartier Glashütte gekauft und will direkt an der Acher rund 340 Wohnungen (für voraussichtlich rund 4100 Euro den Quadratmeter) und 55 Reihenhäuser bauen. 48 Millionen Euro ist das Volumen am Güterbahnhof. Etwa 30 der 70 SmartHome-Wohnungen sind verkauft (Quadratmeterpreis um 7200 Euro). Ende des Jahres wird das erste, im Herbst 2021 auch das zweite Gebäude fertig sein. „Wir haben hier mehr Wohnungen mit drei oder vier statt mit zwei Zimmern gebaut, da dauert der Verkauf immer etwas länger“, sagt Carlos Stuckert. Er macht sich aber gar keine Sorgen, dass die hochwertigen Einheiten komplett verkauft werden. So decken die Preise beim aktuellen, durchaus ambitionierten Bauprogramm (zwischen 3650 und 7200 Euro) ein breites Spektrum möglicher Kundschaft ab. Ein Schlüssel zum Erfolg der Gundelfinger. Lars Bargmann
Anzeigen
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 43
Stadtentwicklung
Grün ist die Hoffnung
Freiburger Stadttunnel soll mehr Lebensqualität bringen
D
ie Planungen für den Freiburger Stadttunnel – den unterirdischen Lückenschluss zwischen Kronenbrücke und Schützenalleetunnel – sind in der Corona-Krise untertage nicht stecken geblieben. Bis die 1,8 Kilometer langen Röhren aber befahrbar sind, kann es noch 20 Jahre dauern. Mit einem Großaufgebot aus Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer und Vizepräsident Klemens Ficht, Oberbürgermeister Martin Horn und Baubürgermeister Martin Haag wurde vor Pressevertretern unlängst erneut vehement fürs Projekt geworben. Offenbar hatten sie zuvor einen Stimmungsumschwung für das Bauvorhaben vernommen. „Eine so große Chance dürfen wir uns nicht entgehen lassen“, sagte Schäfer. „Das ist nicht nur ein Verkehrsprojekt, das ist ein Stadtentwicklungsprojekt, das Freiburg mehr Lebensqualität geben wird“, kommentierte Horn. Heute rollen im Schnitt 57.000 Autos und Laster auf der B31 am Ganter-Knoten durch Freiburg. In 20 Jahren sollen es nach einer neuen Prognose knapp 63.000 sein. Mit dem Stadttunnel würden aber 70 Prozent der KFZ- und mehr als 80 Prozent der LKW-Fahrer in die Röhre gucken. An solchen Werten orientiert sich jedenfalls nicht nur Projektleiter Kai Steinborn. Von den ursprünglich auf der politischen Bühne heiß diskutierten – und auch für den gemeinderätlichen Baubeschluss instrumentalisierten – Schadstoffentlastungen steht in der jüngsten Pressemitteilung des Regierungspräsidiums (RP) kein Wort mehr.
Anzeige
44 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
„Das CO2-Thema ist ganz wichtig“, entgegnete Schäfer. Neue Daten zur Feinstaub- und Stickstoffdioxid-Reduktion durch den Tunnel gibt es noch nicht. Steinborn will sie auf der Basis neuer Verkehrsprognosen, aber auch den erwartbar steigenden Anteilen von E-Autos und Wasserstoff-Lastern erarbeiten. Für Haag ist klar, dass der Tunnel Luftqualität und Verkehrssicherheit verbessern, die Lärmsituation entlasten wird. Während das RP – ab 1. Januar dann die dem Bund gehörende Autobahn GmbH – für alles unter der Erde verantwortlich ist, ist Haags Baudezernat für alles obertage zuständig. Dazu zählen die Verkehrsführung, vor allem aber auch die Gestaltung jener Flächen, die sich durch den teilweisen Rückbau von Fahrspuren ergeben könnten. Es ist offen, ob eine Seite der Dreisam – wenn, dann sinnigerweise die nördliche – komplett autofrei wird oder auf beiden Seiten eine Spur weitgehend verschwinden kann. „Das ist der Kern der politischen Debatte“, so Haag. Horn möchte „mindestens eine Seite autofrei bekommen“. Den gordischen Knoten am Ganter-Areal (wir berichteten) haben Stadt und die Ganter Grundstücksgesellschaft indes immer noch nicht gelöst. Für den Bau des Tunnels werden an der Schwarzwaldstraße Flächen der Brauerei benötigt. Diese wiederum will Teile des Firmengeländes mit Wohnungen bebauen. Aber die 50-Prozent-Quote für sozialen Mietwoh-
Anzeige
Nach dem Tunnelbau: So stellen sich die Landschafts architekten die Zukunft nördlich und südlich der Dreisam vor.
Visualisierung: © Latz+Partner LandschaftsArchitektur Stadtplanung
nungsbau nicht erfüllen. Einen Kompromiss hierzu gibt es noch nicht. „Ich mache mir aber keine großen Sorgen, dass wir das nicht hinbekommen werden“, sagte Haag auf Nachfrage. Zu den Kosten gab es Anfang August ebenfalls keine neuen Angaben: Eine mittlerweile sechs Jahre alte Schätzung geht von 325 Millionen Euro aus. 100 Meter Tunnel kosten demnach gut 18 Millionen Euro. Es ist erwartbar, dass es noch teurer wird. Der Zeitplan sieht heute so aus: Ficht plant im Herbst eine Infomesse mit Ständen zu einzelnen Themen und erklärte, dass die Bürgerbeteiligung „unter Corona nicht so einfach“ ist. 2023 soll eine Planung stehen, die so detailliert ist, dass darin etwa auch schon die Sicherheitsbeleuchtung festgelegt ist. Die Plantiefe muss dann vergleichbar mit der für einen Bauantrag sein. Diese Planung braucht grünes Licht vom Bund. Hernach kann das Planfeststellungsverfahren starten, in dessen Verlauf auch Einwendungen vorgetragen werden können – und, dafür muss
man kein Prophet sein, auch werden. Dann spitzen die Juristen ihre Bleistifte. Bis dieses Verfahren rechtssicher beendet ist, kann es auch mal zehn Jahre gehen. So wurde das Planfeststellungsverfahren für die jetzige B31 Ost mit Kappler- und Schützenallee tunnel 1984 eingeleitet – und mündete zehn Jahre später nach erbitterten verwaltungsgerichtlichen Auseinander setzungen in einem Vergleich. Und erst dann können die Bauleistungen ausgeschrieben werden. Wann der erste Bagger rollt? Vielleicht 2030. Vielleicht auch erst 2033? Für den Bau werden derzeit sieben Jahre veranschlagt. Der Bundestag hatte den Stadttunnel Anfang August 2016 als „vordringlich“ eingestuft. Von dort an wird es also sicher mehr als 20 Jahre dauern, bis dieser „vordringliche“ Bedarf auch befriedigt ist. Dann kann Freiburg mit Tempo 80 unterfahren statt mit Tempo 30 durchfahren werden. Und dann wird Freiburg auch ein Stück Lebensqualität an der Dreisam gewonnen haben. Lars Bargmann chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 45
Kommunen
Ferienzeit ist Investitionszeit Gebäudemanagement Freiburg dreht großes Rad in Schulen, Kitas und Co.
Sanierung: Allein ins Haus der Jugend steckt das Freiburger Rathaus 10,4 Millionen Euro. Foto: © Patrick Seeger / Stadt Freiburg
W
enn die Schüler in den Sommerferien sind, schlägt die Stunde des Gebäudemanagement Freiburg (GMF): Schulen, Kitas und öffentliche Gebäude verschlingen viele Millionen Euro.
„Wir nutzen die Ferienwochen unter Hochdruck für Arbeiten, die während des laufenden Betriebs nicht möglich sind“, betont Baubürgermeister Martin Haag. Einige größere Baustellen haben bereits vor den Ferien begonnen oder dauern länger an. Dazu zählen Fassadensanierungen wie am denkmalgeschützten Berthold-Gymnasium. Zudem werden bis Frühjahr 2021 die Fenster und die Stahlbetonstruktur am Süd- und Ostflügel für rund 3,3 Millionen Euro erneuert. Die historische Sandsteinfassade des Goethe-Gymnasiums ist durch Umwelteinflüsse verwittert, Teile sind abgeplatzt, Fugen haben sich geöffnet und Wasser ist eingedrungen. Nun stehen für rund 2,2 Millionen Euro deren Reinigung und Konservierung von Sandstein und Fugen an, sowie Putz-, Maler- und Klempnerarbeiten. Aktuell wird der Westteil saniert. Der Mittelteil folgt 2021, der Ostteil 2022. Für das Projekt „Digitalisierung an Schulen“ verlegen Fachkräfte diesen Sommer die Elektro- und Datenleitungen in den ersten drei Schulen. Die Kosten dafür und für die Serverräume belaufen sich in der Paul-Hindemith-Schule auf 460.000 Euro, in der Vigelius-Grund- und Gemeinschaftsschule auf 1,25 Millionen Euro und in der Richard-Mittermaier-Schule im Lycée Turenne auf 580.000 Euro. Im Herbst folgen die neuen Leitungen für die Edith-Stein-Schule. Dies schafft die Voraussetzung für Lehrerpulte mit vernetzten Laptops, Dokumentenkameras und Audio-Verstärkern, Beamern an den Decken und ein schulweites WLAN. Die Emil-Gött-Schule bekommt für 330.000 Euro, die Gerhart-Hauptmann-Schule für 220.000 Euro neue Blockheizkraftwerke. Auf den aktuellen Stand wird der Brand46 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
schutz in der Staudinger Schule, der Lortzingschule, der Max-Weber-Schule, der Turnseeschule, im Walter-EuckenGymnasium und der Schneeburgschule gebracht, wo parallel größere Raumumbauten anstehen. Ebenso laufen aufwendige Einzelprojekte: Für das Kinderhaus Jonah im Sandfangweg wird das Gebäude des ehemaligen Hortes für drei Millionen Euro saniert und zur Kita umgebaut. Auch die Einrichtung in der Jakobistraße wird für 1,7 Millionen Euro zu einer zweigruppigen Kita umgebaut. Die Betreuung findet solange in Nebenräumen der alten Stadthalle statt. Die Kita Löwenzahn in Hochdorf wird für 2,15 Millionen Euro umgebaut. Danach gibt es zusätzlichen Platz für zwei neue U-3-Gruppen. Die Lorettoschule wird um zehn Klassenräume in Holzmassivbauweise für 8,1 Millionen Euro erweitert. In der Sporthalle des Theodor-Heuss-Gymnasiums werden Sportboden, Umkleide- und Sanitärbereiche, Dach und Oberlicht, Beleuchtung und Türen saniert oder ausgewechselt. Das Haus der Jugend in der Uhlandstraße wird seit März 2017 abschnittsweise im laufenden Betrieb saniert. Seit 2020 sind der große Saal, der Gymnastikraum und die Außenanlage dran. Der Kostenrahmen von 10,4 Millionen Euro für Gebäude und Außensanierung ist – zuzüglich Baupreisindizierung – eingehalten und läuft in enger Abstimmung zwischen Gebäudemanagement, Jugendbildungswerk, Architekt und Fachplanern. Die Kita Tausendfühler in der Belchenstraße wird für 5,3 Millionen Euro um fünf Gruppen samt Cafeteria und Küche erweitert. Zur Sanierung bekommt die Anne-Frank-Schule in der Wilmersdorfer Straße einen neuen Anbau mit sechs Klassenräumen. Zwei weitere Anbauten beherbergen den neuen Ganztagesbereich, die auf sechs Gruppen erweiterte Kita „Fang die Maus“ sowie den Lehrer- und Verwaltungsbereich. Das Bauende ist im Sommer 2024 geplant – Gesamtkosten 27,6 Millionen Euro. chilli
Anzeigen
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 47
Kommunen
Versuche am Patienten Erbpacht Rathaus legt neues Konzept vor: Ringen um Zinsen und soziale Lösungen
D
ie Erbpacht ist nicht tot.“ Auf die Formel bilanzierte Oberbürgermeister Martin Horn die Neufassung der städtischen Erbbaurechte für Ein- und Zweifamilienhäuser, die die Verwaltung der Wohnungsnot-City unlängst vor Journalisten vorstellte. Und die der Gemeinderat hernach absegnete. Die Formel drückt aber auch aus, dass das jahrzehntelang funktionierende Erbbaukonzept angesichts steigender Bodenpreise und historisch gesunkener Zinsen zumindest am Tropf hängt. Am Beispiel Ebnet, bei den Vergaberichtlinien für 14 Baugrundstücke, hatte sich in Freiburg eine lautstarke Debatte über Sinn und Unsinn von Erbbauzinsen entzündet, die vier Prozent des Bodenrichtwerts einfordern. Wenn der Bodenwert bei 1000 Euro liegt und das Grundstück 500 Quadratmeter groß ist, muss der Erbbaunehmer jährlich 20.000 oder monatlich 1667 Euro an den Geber bezahlen. Allein fürs Grundstück. Das konterkariert die politische Parole bezahlbares Wohnen. Also musste nachjustiert werden. Auf drei Prozent vom Bodenwert – nicht vom pauschalen Bodenrichtwert – drückt das Konzept den Zins nun nach unten. Den Wert für jedes
Siegerentwurf fürs Neubaugebiet Kleineschholz: Erbbauzinsen für geförderten Wohnungsbau null Prozent? Visualisierung: Dietrich | Untertrifaller Architekten ZT und Ramboll Studio Dreiseitl, Überlingen
48 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
betroffene Grundstück soll die kommunale Bewertungsstelle beim Vermessungsamt ermitteln. Es ist fraglich, ob dieser Wert unterm Bodenrichtwert liegen kann. Für jedes kindergeldberechtigte Kind,für pflegebedürftige Menschen oder Schwerbehinderte gibt es zudem 0,5 Prozent Nachlass. Sind die Kinder aus dem Haus, werden die Zinsen auf 2,75 Prozent gedeckelt – um die älter gewordenen Eltern zu schützen. „Wir richten das Konzept auf verschiedene Lebenssituationen aus und erreichen damit breite Schichten der Bevölkerung“, sagte Liegenschaftsamtsleiter Bruno Gramich. Zudem können die Erbbaunehmer die Zinsen (je nach nun erstmals auch flexibler Laufzeit des Vertrags) auch auf einmal zahlen – was deutlich günstiger ist als über die komplette Laufzeit. Es gebe keinen Grund, Erbbaurechte beim Thema bezahlbares Wohnen zu verteufeln, sagte Sabine Recker, die das Referat für bezahlbares Wohnen im Rathaus leitet. Auf bestehende Verträge hat das alles keinen Einfluss, wohl aber – seit Anfang August – auf neue oder zu verlängernde. Wer solche Verträge abschließt, wird trotz des Sozialpakets mehr als heute bezahlen. „Aber weniger als es sein könnte“, so Breiter. „Wir verzichten aus sozialer Verantwortung auf Einnahmen“, sagte Horn.
Kommunen Anzeigen
Da der Gemeinderat im Oktober 2018 beschlossen hatte, städtische Grundstücke ausschließlich nur noch zu verleihen – nichts anderes sind Erbbaurechte –, werden diese Regelungen fortan stadtweit gelten. „Erbbaurechte sind auch ein Mittel gegen Bodenspekulationen“, so Breiter. Die Initiative „Bezahlbare Erbpacht in Freiburg“ findet die neuen Grundsätze grundsätzlich richtig, kritisiert aber etwa, dass es trotzdem teurer sei, auf einem Erbbaugrundstück zu bauen als eines zu kaufen und zu bebauen. Die „Vereinigung Freiburger Wohnungs- und Gewerbeunternehmen“ (VFW) sieht darin nur einen Anfang, „keinen großen Wurf“. Wenn man berücksichtige, dass die Idee des Erbbaurechts vor allem Bürgern mit nicht so gut gefülltem Portemonnaie den Immobilienerwerb ermöglichen soll, werde das auch durch das neue Konzept noch konterkariert. Da Banken Erbbaugrundstücke auf der Seite der Absicherung ungünstiger bewerten, müssten die Nehmer zudem höhere Finanzierungskosten stemmen. In den Jahren 2017 bis 2019 wanderten aus den aktuell 1370 Erbbaurechten – etwa die Hälfte betreffen Ein- und Zweifamilienhäuser – jeweils zwischen 4,5 und 5,5 Millionen Euro in die Stadtkasse. Wie sich diese Zahl ändern werde? „Die Neuregelung wird darauf keine schwerwiegenden Auswirkungen haben.“ Im Herbst wollen Horn und Breiter auch neue Erbbaurechtregelungen für Grundstücke vorstellen, auf denen Mehrfamilienhäuser gebaut werden können. Das beträfe dann auch das Gebiet Stühlinger-West oder den Dietenbach – mithin Hunderte oder Tausende Wohnungen. Die VFW erwartet es „mit Spannung“. Und erinnert daran, dass es einen Gemeinderatsbeschluss gebe, der das Rathaus auffordert, zur Schaffung öffentlich geförderter Wohnungen den Erbbauzins auf null zu setzen. Es sei zu hoffen, dass Verwaltung und Gemeinderat sich dann daran erinnern. Lars Bargmann
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 49
Immobilien
Hotel Schemmer wird Wohnheim Gebäudesanierung in der Eschholzstraße 63 als langfristige Investition
I
m ehemaligen Garni-Hotel Schemmer entsteht derzeit ein studentisches Wohnheimprojekt mit 15 Zimmern und einer Dachwohnung. Immobilieninvestor Ralf Augustin erweitert damit sein Vermietungsangebot in der Wiehre um einen Standort im Stühlinger. Reif sind die Früchte am Feigenbaum, der fast den ganzen Hinterhof des ehemaligen Garni-Hotel Schemmer beschattet. Auf dem Giebel sind noch Dachdecker am Werk. Doch es herrscht bereits reges Leben in den zwei Wohngemeinschaften (WGs), die sich je über zwei Etagen erstrecken. „Wir haben hier WG-Strukturen geschaffen“, berichtet Augustin: Der 56-Jährige ist seit 1989 mit seinem Immobilienbüro in Freiburg tätig. Ins Projekt Eschholzstraße 63 haben er und ein Partner, der anonym bleiben möchte, bislang rund 200.000 Euro in die Sanierung der zwei WGs investiert. Mit der Renovierung und der energetischen Sanierung des Dachgeschosses wird sich die Investitionssumme auf rund 500.000 Euro belaufen – ohne Kaufpreis. Zu dem macht Augustin keine Angaben.
Markante Fassade: Das umgenutzte Hotel Schemmer. 50 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Augustin und Partner geht es dabei nicht ums schnelle Geld: „Das ist schon ein Projekt, das als langfristige Kapitalanlage aufgebaut ist.“ Am Sternwaldeck in der Wiehre betreibt er schon seit 1997 ein Wohnheim. Mit der Übernahme des Eckhauses erweiterte er 2008 das Angebot dort auf 90 Zimmer, Wohnungen und Ferienwohnungen in der Dreikönigstraße 45/47. Sein Immobilienbüro ist ebenfalls dort untergebracht – er schätzt die Lebendigkeit und Kreativität von Bewohnern, Hausband, Katzen und Kaffeekiste. Als er den Altbau in der Eschholzstraße im vergangenen Februar erwarb, sah er in dem 120 Jahre alten Haus gleich einen „kleinen Bruder“ zum Wiehre-Projekt. Mit dem Umbau wurde der Architekt Johannes Stock beauftragt, der mit Augustin bereits zehn Projekte umgesetzt hat. Ziel war es, den Charme des einstigen Hotels zu erhalten sowie das fünfstöckige Gebäude aus dem Jahr 1899 umfassend zu sanieren – inklusive neuer Heizungsanlage. Auf einer Fläche von 300 Quadratmetern entstanden Räume für zwei WGs, die sich jeweils über zwei Stockwerke erstrecken. Während sich die Dachstudiowohnung mit 40 Quadratmetern noch in der Renovierungsphase befindet, sind die zwei WGs seit Juni saniert und bezogen. „Die Zimmer waren gleich weg“, berichtet Augustin, der für den dortigen Wohnheimbetrieb auf seine Mitarbeiter, Hausmeister und Handwerker vom Sternwaldeck zurückgreifen kann. Die Sparte läuft neben seinen Immobilien-, Projektentwicklungs- und Vermittlungstätigkeiten. Der Mietpreis für ein 24-Quadratmeter-Zimmer im Stühlinger inklusive Heizung, Wasser, Strom, W-LAN, Waschmaschinen, Trockner, Fahrradstellplatz, Müll, Reinigungsdienst für die gemeinsamen Duschen
Rollrasen im Hinterhof: Lauschiges Lernen. Fotos: Ralf Augustin und Toiletten sowie Hausmeisterservice liegt bei 500 Euro. Alle Zimmer verfügen über ein eigenes Waschbecken, manche auch über eine eigene Dusche. Wie einst im Hotel gibt es im Treppenhaus Etagenduschen und Toiletten, und jeder WG steht eine maßgeschreinerte, robuste Küche zur Verfügung. „Es war spannend, den Übergang von der Baustelle zu den zwei WGWohnungen mitzuerleben“, berichtet Mieter Chris Bergmann. Der 41-jährige Spielplatzbauer lebt in der unteren WG und ist begeistert: Auch die bunte Mischung der Mitbewohner mit Studenten sowie Auszubildenden und Berufstätigen findet er gut. „Da ist immer Dynamik drin, der Wechsel ist fester Bestandteil“, weiß Augustin, der die Gemeinschaft seines Büros mit den jungen Mitbewohnern schätzt – selbst wenn von einem Tag auf den anderen ein Mieter nach Argentinien zieht. Dass es nun im Stühlinger eine Blaupause zum Wohnheimprojekt in der Wiehre gibt, freut ihn. „Diese Sparte meines Immobilienbüros, die Verwaltung dieses Bestands, hat mir schon immer Spaß gemacht“, sagt Augustin, „die jungen Leute, die Flexibilität halten mich jung.“ ars
Einrichten
Corona und neue Bürowelten Roundtable mit Experten von Great place to Work und Streit Service & Solution
V
iele Experten sind sich sicher, dass das Homeoffice künftig ein dominanterer Teil der Arbeitswelt wird. Doch wie sieht die nach Corona aus? Wie wird die Zusammenarbeit der Beschäftigten funktionieren? Wie kann das Büro für die Mitarbeitenden zur Kulturtankstelle werden und zur Mitarbeiterbindung beitragen?
Foto: Streit /stock.adobe.com
Das Forschungsinstitut Great place to Work und der Hausacher Büro dienstleister Streit, mit Freiburger Sitz in der Lokhalle, hatten unlängst zum digitalen Workshop eingeladen. „Wir werden eine neue, veränderte Unternehmenskultur mit und nach Corona benötigen.“ So eröffnete Andreas Schubert, geschäftsführender Gesellschafter von Great place to Work, den Workshop. Digitalisierung und eine neue Art der Führung seien zentrale Themen, um auch in der Zukunft erfolgreich zu agieren. Aus mehreren Studien geht hervor, dass sich die Arbeitnehmer künftig weitere Homeoffice-Möglichkeiten wünschen. Schubert stellte fünf Thesen auf:
Nicht im Homeoffice: Das Büro von morgen soll auch eine soziale Tankstelle für die Belegschaft sein. 52 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
1. Das Homeoffice wird „New Normal“ und ein echter Konkurrent zur Arbeit: Ein fehlendes Homeoffice-Angebot kann in Zukunft ein Wettbewerbsnachteil am Arbeitsmarkt sein. Unternehmen und HR-Abteilungen werden durch die neue Flexibilisierung gefordert, denn die Flexibilität fordert verstärkt betriebliche Regelungen und Vereinbarungen. 2. Abgestimmte digitale Tools und Infrastruktur sind Voraussetzung: Die Systeme müssen das hybride Arbeiten (Homeoffice und Büro) unterstützen. Schubert geht daher von steigenden Investitionen in IT-Infrastruktur aus. 3. Anstelle von Präsenzkultur tritt Vertrauenskultur: Führung durch Kontrolle wird in der neuen dezentralen Struktur nicht mehr funktionieren. Agile Arbeitsweisen seien mehr denn je gefordert. Unternehmen müssen Führungskräfte unterstützen, eine neue Kultur zu etablieren, die Mitarbeitende für eine höhere Eigenverantwortung und -steuerung und -entscheidung unterstützt. 4. Das schönste Büro wird zur leeren Hülle, wenn die Kultur dazu nicht stimmt: Damit das funktioniert, müssten „NewWork“ und neue Raumkonzepte mit der Entwicklung der Unternehmenskultur einhergehen. Parallel zur Konzeption neuer Räume muss auch die Kultur systematisch entwickelt werden. Mitarbeitende müssen hierbei befragt und eingebunden werden. 5. Das Büro muss zur Kultur-Tankstelle werden, wo Unternehmenswerte durch gute Interaktion erlebbar werden: Hierzu sollte der Raum die Beziehungsqualität (Begegnung, Austausch, Innovation, aber auch Raum für ver-
trauliche Gespräche) unterstützen und die Unternehmenskultur sollte im Raum spürbar sein: in der Architektur, der Möblierung, der Arbeitsplatzgestaltung, bei den Raumangeboten oder auch der Bilderwelt. Clemens Imberi, Leiter der Business Unit Streit inhouse, ist sich sicher: „Wir brauchen unsere Büros als Kulturtankstelle und soziale Heimat der Arbeitnehmer“. Es gehe auch um den wichtigen Kontakt untereinander und den kollegialen Austausch. Durch die zunehmende Flexibilisierung und das Etablieren von agilen Arbeitsweisen müssten auch die Raumkonzepte den Anforderungen gewachsen sein. „Wir sehen die Zukunft in Multispace-Büros“, so Imberi. In Büroflächen also, die je nach Anforderung einfach und flexibel auf die jeweiligen Bedürfnisse adaptiert werden können. Streit nahm auch am bundesweiten Forschungsprojekt „PRÄGEWELT“ teil. Dabei untersuchten Experten von 2016 bis 2019 die Auswirkungen der veränderten, offenen Bürostrukturen. In der nun erschienenen Projektbroschüre „Open Space. Besser machen“ sind 22 Unternehmen gelistet, die sich durch einen interdisziplinären Forschungsverbund (Soziologie, Psychologie, Architektur) untersuchen ließen. StreitMitarbeiter waren demnach deutlich zufriedener mit ihren Open Spaces als eine Vergleichsgruppe. Die offene Arbeitswelt in Hausach fördere besonders Teamarbeit, Kommunikation, Offenheit und Gemeinschaftsgefühl, heißt es. Nun, wer Arbeitswelten für Kunden kreiert, der sollte auch vor seiner eigenen Haustür nicht Halt machen.
Wenn das schönste Büro zur leeren Hülle wird
chilli
Anzeigen
chilli | bauen & wohnen | 09.2020 | 53
Kommentar
Preiswert wohnen: In dem Stadtbau-Gebäude mit 89 öffentlich geförderten Wohnungen am Schildacker kostet der Quadratmeter 6,51 Euro.
Schräge Studie
D
Foto: Freiburger Stadtimmobilien GmbH Co. KG, Barbara Heß.
as Portal Immowelt wollte mal wieder in die Medien. Und so geschah es: Die Experten filterten die Mietangebote aus dem ersten Halbjahr raus, knüpften diese an die Nettogehälter (Angaben von der Bundesarbeitsagentur) einer vierköpfigen Modellfamilie und schon war die Schlagzeile fertig: Freiburger müssen bis zu 48 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Miete ausgeben! Das ist Top 3 im Ranking der teuersten Städte – vor allem aber einigermaßen schräg. Nach der „Studie“ kostete eine 80bis 120-Quadratmeter-Wohnung in Freiburg 1290 Euro, inklusive 217 Euro Nebenkosten. Nur wer keinen Berufsabschluss hat, aber eine vierköpfige Familie unterhält, müsste 48 Prozent des Haushaltseinkommens dafür aus dem Portemonnaie holen. Auf wen das zutrifft, der möge sich bitte mal bei uns in der Redaktion melden. Wer einen Abschluss hat, blättert demnach 38 Prozent hin, Akademiker immerhin 30 Prozent.
54 | chilli | bauen & wohnen | 09.2020
Ohne Nebenkosten kosten 100 Quadratmeter 1073 Euro. Das trifft bei vielen Mieten in Freiburg sicher zu. Ebenfalls zutreffend ist aber, dass die durchschnittlichen Mieten beim Bauverein Breisgau Ende 2019 bei 6,93 Euro lagen, bei der Familienheim Freiburg bei 7,09 Euro, bei der Heimbau bei 7,10 Euro und bei der Freiburger Stadtbau bei 6,39 Euro. Zusammen haben allein diese vier Wohnungsgeber 18.000 Wohnungen – mit nur geringen Anteilen außerhalb der Stadt. Es kommen aber überhaupt nur Wohnungen aufs Portal, die neu vermietet und nicht unter der Hand weitergereicht werden. In Stuttgart soll dieselbe Modellwohnung übrigens günstiger (1270 Euro) als in Freiburg sein. Wer je in Stuttgart Wohnraum für den studierenden Nachwuchs nebst Anhang gesucht hat, mag da nur milde lächeln. Da in Freiburg zudem stolze zehn Prozent der Bevölkerung eine Immatrikulationsbescheinigung von einer Hochschule haben, wird die prozentuale Quote von Einkommen zu Miete hier immer ein bisschen höher sein. Sparfuchsigen Akademikern, die nur 13 Pro-
zent ihres Einkommens für die Miete bezahlen wollen, sei derweil ein Umzug in die Stadt Remscheid empfohlen. Wer die Immowelt-Zahlen für repräsentativ hält, baut gerne mal auf Sand. Eine chilli-Anfrage, wie viele Freiburger Mietangebote ausgewertet wurden, beantwortete ein Immowelt-PR-Manager wie folgt: „Fallzahlen für einzelne Städte veröffentlichen wir nicht.“ Insgesamt seien aber über 65.000 Inserate für Wohnungen mit 80 bis 120 Quadratmetern ausgewertet worden. Einen Tag nach der Veröffentlichung der Immowelt-Studie flatterte schon das nächste Ranking auf den Redaktionstisch. Holidu, die Suchmaschine für Ferienhäuser, hat „ermittelt“, in welchen Städten das beste SommerFeeling aufkommt. Dafür wurden die Sonnenstunden, die durchschnittliche Temperatur in den Sommermonaten, die Zahl an Freibädern und tatsächlich auch die der Eiscafés recherchiert. Auch hier erreichte Freiburg einen Platz in den Top Ten. Es war der achte. Chemnitz landete auf Rang 5. Hat mehr Eisdielen. Schräg. Lars Bargmann