Bauen & Wohnen

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Themenheft

BAUEN &

Februar 2020 Ausgabe Nr. 26

Wohnen

Wohnungsmarkt im Fokus

Streitgespr채ch mit Martin Haag und Alexander Simon Exklusiv

Intensiv

Innovativ

Staatsanw채lte planen Umzug ans Moser-Eck

Geballte Ladung Information bei IMMO & GETEC

Gr체nspecht und die Strohballenh채user



Editorial

Neues & Exklusives Streitgespräche, Stadtentwicklungsprojekte und der Klimaschutz

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auen & Wohnen – so gut wie nie in der 900-jährigen Geschichte der Stadt Freiburg bestimmte der Titel dieses Magazins so sehr das politische Handlungsfeld wie heute. Folgerichtig wächst auch der Blattumfang mit – 64 Seiten allein

zu diesem Themenfeld haben wir noch nie herausgegeben. Das Bauen & Wohnen, die erste Ausgabe erschien im September 2007, startet 13 Jahre später auch mit einem anderen Titelaufbau und einer neuen Typographie ins Jahr 2020.

Wir mussten dabei das Rad aber nicht neu erfinden, sondern haben uns mit unserem Wirtschaftsmagazin business im Breisgau gleichsam verbrüdert. Die beiden Special-interestZeitschriften unseres Verlags wachsen also optisch etwas näher zusammen, auch wenn jedes seine Eigenständigkeit und auch seine Leserschaft behält. Beide eint indes, dass wir sie klimaneutral drucken und dafür Aufforstungsprojekte fördern. So wie wir es mit dem Freiburger Stadtmagazin chilli schon eine Weile lang tun. Nun aber zu den noch wichtigeren Dingen: Für unsere Titelschichte haben wir Baubürgermeister Martin Haag und Alexander Simon in die Redaktion eingeladen. Der eine vertritt die Interessen der ganzen Stadtgesellschaft, der andere die der privaten Bauträger, die unter dem Dach der Vereinigung Freiburger Wohnungs- und Gewerbeunternehmen (VfW) versammelt sind. Boxhandschuhe hatten wir nicht auf dem Tisch, aber die beiden lieferten sich dennoch einen Schlagabtausch. Und: Während des Gesprächs machte Haag erstmals offiziell ein Gesprächsangebot an die VfW. Exklusiv haben wir auch recherchiert, dass die Freiburger Staatsanwaltschaft nicht wie beabsichtigt ins Justizzentrum an den Holzmarkt zurückzieht, sondern kurz davor ist, 5400 Quadratmeter auf dem Moser-Areal am Basler Tor anzumieten.

Moser-Chef Volker Lüdke wollte die Informationen zwar „nicht kommentieren“, der Chef des Freiburger Amts Vermögen und Bau des Landes Baden-Württemberg, Karl-Heinz Bühler, gab sich indes weniger zugeknöpft. Exklusiv hatten wir bereits im vergangenen April berichtet, dass mit der Dr. Falk Pharma GmbH ein Schwergewicht der Gewerbesteuerzahler in Freiburg einen Umzug aufs Güterbahnhof-Areal plant. Das ist mittlerweile auch offiziell bestätigt: Der Arzneimittelkonzern will gegenüber der Lokhalle 50 Millionen Euro investieren. Exklusiv ist zudem unsere Geschichte über das Autohaus-Südwest, vielmehr über das zwei Fußballfelder große Areal, das nach der Insolvenz des Autohändlers nun überplant wird – von der Strabag Real Estate. In gut zwei Jahren werden am Eingang zum Gewerbegebiet Haid also statt Automobilen Immobilien gehandelt. Wir wünschen ebenso informative wie anregende Lektüre.

Herzlichst, Ihr Lars Bargmann | Chefredakteur Anzeige

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Inhalt Messen

Titel

Stadtentwicklung: Freiburgs Baubürgermeister Martin Haag und VfW-Geschäftsführer Alexander Simon im Streitgespräch über Groteskes, Papiertiger und politisches Ausbalancieren 6 - 11

Exklusiv

Die 13. Freiburger IMMO-Messe wartet auf 7000 Besucher 16-17 Wegweiser im Dschungel: Die GETEC lockt mit viel Know-how 22-23 Die BAUEN WOHNEN Garten in Offenburg und die INVENTA in Karlsruhe bieten clevere Tipps und Tricks für Haus und Hof 24 New Housing Festival in Karlsruhe 24

Die Freiburger Staatsanwaltschaft geht nach dem Neubau nicht zurück ins Justizzentrum, sondern plant jetzt Umzug ans Basler Tor

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Architekten

Falk Pharma investiert 50 Millionen Euro auf dem Güterbahnhof 14

Mathias Haller: Warum bauen Spaß macht und „Bauten erklären, wofür sie stehen“ 26

Die Strabag Real Estate übernimmt das rund 14.000 Quadratmeter große S­ üdwest-Auto-Areal in Haid und startet „Businessmile 2“ 28-29

Sennrich und Schneider entwickeln auch heimelige Büroräume inklusive „Nappingroom“ 44-45

Bauträger

Handwerk Wie die Zimmerei Grünspecht Strohballenhäuser baut

Siedlungswerk startet Verkauf in ­K irchzarten

30

18-19

Wie die Franz Herbstritt GmbH um F ­ achkräfte kämpft

Gisinger-Gruppe baut 50 Wohnungen in alte Likörfabrik 30

38

Die HWK zeichnet die besten Handwerksunternehmen aus

WOBAG investiert 15 Millionen Euro in die Ortsmitte von Bad Krozingen 35

38

Generalunternehmer Die Dürrschnabel Industriebau zwischen zwei Rekordaufträgen

Stadtentwicklung Alles mach neu: Das MetzgergrünQuartier soll abgerissen werden, die Bewohner protestieren

20

Projektentwickler

Das Tauziehen um Smart Green Tower 34

6-11

IMPRESSUM Bauen & Wohnen Themenheft 02-2020

Das Bauen & Wohnen-Themenheft erscheint im Freiburger Stadtmagazin chilli

Herausgeber:

chilli Freiburg GmbH Paul-Ehrlich-Straße 13 | 79106 Freiburg fon: 0761-76 99 83-0 | fax: 0761-76 99 83-99 bargmann@chilli-freiburg.de www.business-im-breisgau.de

Die besondere Immobilie: Radio Bastian wird grundlegend saniert

Redaktion: Philip Thomas, Stella Schewe, Liliane Herzberg, Arwen Stock, Michaela Moser Autor: Dr. Stefan Pawellek Titel: © iStock.com/Ilyabolotov Fotos: freepik, iStock Fotograf: Neithard Schleier Grafik: Simone Bednarek, Miriam Hinze,

Sara Toni

Lektorat: Beate Vogt Anzeigen: Christoph Winter (Leitung),

Chefredaktion: Lars Bargmann

Malika Amar, Giuliano Siegel

40

Die Immobilientochter der GFA Gruppe verzeichnet ein erfolgreiches Startjahr 50-51

Baurecht

Ein BGH-Urteil und seine Folgen auf dem Bau

42

Genossenschaften

Der BVB meldet erneuten Rekord bei der Spareinrichtung

48

Politik

Flurstück 277: Initiative und Fraktionen drücken aufs Gaspedal, Rathaus auf die Bremse 46-47 Schweres Erbe: Erster Streit um städtische Erbbaurechte

52-53

Einrichten

Wissenschaftler untersuchen Wirkung der „Open-Space-Arbeitswelten“ 54 Streit Service & Solutions mit Rekordbilanz

56

Angesagte Küchentrends und neue ­Küchenfronten

58-60

Kommentar

62 52-53

14

Geschäftsführung: Michaela Moser (V.i.S.d.P.)

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Makler

Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG Ein Unternehmen der

Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und straf bar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung und Einspeicherung in elektronische Systeme. Gleiches gilt für den Nachdruck der von uns entworfenen Bilder und Anzeigen.



Titel

Papiertiger, Groteskes und die Balance Ein Streitgespräch mit Baubürgermeister Martin Haag und Vf W-Geschäftsführer Alexander Simon

Fotos: © Neithard Schleier, pt

B

auen und Wohnen, noch nie war der Titel dieses Magazins so gleichbedeutend mit dem zentralen politischen Handlungsfeld in Freiburg wie heute. Die Stadt ist dabei durchaus gespalten: Auf der einen Seite stehen die Wachstumskritiker, auf der anderen die, die beherzt Neubau­f lächen wie den Stadtteil Dietenbach angehen, um der sozial­ politischen Sprengbombe mit Mietpreis­spiralen und teuren Eigenheimen den Zünder rauszudrehen. Zwei zentrale Akteure in diesem Spannungsfeld sind Martin Haag, der als Baubürgermeister die politischen Ziele des Rathauses repräsentiert, und auf der anderen Seite die Bauträger. 15 sind Mitglieder in der Vereinigung Freiburger Wohnungs- und Gewerbeunternehmen (VfW). Die Geschäfte führt der Verwaltungsrechtler Alexander Simon. chilli-Chefredakteur Lars Bargmann hat sie zum Streitgespräch eingeladen.

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Bauen & Wohnen: Herr Haag, laut Bundesinnenministerium gibt es heute 1,18 Millionen Sozialwohnungen, 2002 waren es mehr als doppelt so viele. In Freiburg fallen in den nächsten zehn Jahren wieder 1800 aus der Preisbindung. Ist das Wasser auf die Mühlen, beim Stadtteil Dietenbach 3300 öffentlich geförderte Wohnungen zu bauen? Haag: Wir haben in Freiburg etwa 110.000 Wohnungen und Häuser. Die Stadt kann nur das beeinflussen, was neu entsteht. Da reden wir von 1000 Wohnungen pro Jahr. Der Einfluss ist also gering. Im Dietenbach haben wir uns mit dem Gemeinderat für 50 Prozent geförderte entschieden, um einen klaren Akzent für bezahlbares Wohnen setzen … B & W: … und um das Volk vor dem Bürgerentscheid hinter sich zu scharen. Haag: Ja, weil das einfach ein Thema ist, das Freiburg bewegt, das sind real existierende Probleme. Es werden im Dietenbach keine einseitigen Sozialstrukturen geschaffen, weil heute auch


Titel

mittlere Einkommen eine geförderte Wohnung bekommen können. Simon: Ein Vierpersonenhaushalt kann heute bis zu 66.450 Euro verdienen und trotzdem in einer geförderten Wohnung leben. Es ist vernünftig, was für die Mitte der Bevölkerung zu machen. Wer aber die Freiburger Modalitäten weiterdenkt, wonach die Mieten ein Drittel unter dem Mietspiegel liegen sollen, das wären also bei 9 Euro nach Mietspiegel 6 Euro Miete, könnte sich fragen, ob jemand mit 66.000 Euro Einkommen eine 6-Euro-Miete braucht. Und auf der anderen Seite sehen, dass kein privater Bauträger für diesen Preis bauen kann. B & W: Welche VfW-Mitgliedsbetriebe haben denn nach dem Beschluss der 50-Prozent-Quote im Mai 2015 solche Bauvorhaben gebaut? Simon: Keiner. Haag: Die Bauträger können sich über Flächenabtretung an die Stadt ja auch freikaufen. Das haben wir in Ebnet beim Neubaugebiet Hornbühl erlebt, aber auch auf dem Güterbahnhof. Es sind auch Bebauungspläne mit mehr als 50 Prozent gemacht worden. Wenn uns das Grundstück gehört und die Freiburger Stadtbau dann drauf baut, tun wir uns leichter. Simon: Selbst da, wo die Stadtbau baut, sind wir weit weg von 50 Prozent. Am Rennweg baut sie von 50 nur 17 geförderte, das ist ein Drittel … Haag: Es gibt andere Beispiele, bei der Bebauung der ECA-Siedlung liegen wir deutlich über 50 Prozent, im Schnitt erreichen wir die Quote. B & W: Die Stadtbau gehört der Stadt, die private Bauwirtschaft bekommt bei einer 50-Prozent-Quote gar keine Kredite, weil das defizitär ist … Simon: Nehmen wir eine durchschnittliche Wohnung mit 75 Quadratmetern und Herstellungskosten inklusive Grundstücksanteil von 4000 Euro. Dann sind es 300.000 Euro pro Wohnung. Bei 1000 neuen Wohnungen sind das 300 Millionen Euro jährlich. Stadtbau, Genossenschaften, Mietshäusersyndikat und Baugruppen

Zweierlei Interessen: Martin Haag (l.) und Alexander Simon. müssten also jedes Jahr 150 Millionen Euro Kapital organisieren, wenn allein von diesen geförderter Wohnungsbau betrieben würde, was allein schon illusorisch ist. Also brauchen wir auch privates Kapital. Wenn Private aber nur 6 oder 7 Euro Miete nehmen dürfen, legen sie

„Unterschiedliche Erwartungen“ drauf. Ich bin sehr skeptisch, ob es unter diesen Bedingungen gelingt, so viel Kapital zu organisieren. Ich habe zwar noch den frei finanzierten Mietwohnungsbau, um den defizitären zu subventionieren. Der muss dann aber so teuer sein, dass Leerstand droht. B & W: Steuern wir beim Dietenbach ins Desaster? Haag: Nein. Wir haben aber sicher unterschiedliche Erwartungen, am Kronenmühlenbach ist es gelungen, sogar freiwillig mehr als 50 Prozent sozialen Mietwohnungsbau zu schaffen … Simon: … das ist eine einzige Aus­nahme. Haag: … bisher ja, aber ich bin nicht so skeptisch. Wir führen viele Gespräche mit Interessenten und fragen, was muss die Stadt für Konditionen bieten, damit es funktioniert. Es ist sicher ambitioniert, für manche auch zu ambitioniert.

B & W: Wie hoch wird die ortsübliche Vergleichsmiete im Dietenbach sein? Müsste sie nicht über 13 Euro liegen, damit 30 Prozent drunter immer noch wirtschaftlich machbar wäre? Haag: Das kann ich heute seriös nicht beantworten. Simon: Der heutige Mietspiegel (er liegt bei 8,56 Euro, d. Red.) ist im Neubaubereich so nicht haltbar. Da werden auch Mietverträge von vor zehn Jahren angeschaut. Das ist ein gewaltiger Unterschied zu heute. Sinniger wird’s, wenn man sich nur Neuvermietungen aus den letzten beiden Jahren anschaut. Dann lägen wir schnell bei 10 Euro oder drüber. Dann kann es mit einem Drittel drunter klappen. B & W: Baden-Württemberg ist seit Jahrzehnten bei der Wohnungsbauförderung im Bundesvergleich höchstens Mittelmaß, die Quittung ist in Freiburg besonders heftig? Haag: Rückblickend lässt sich immer klug debattieren. Vor zehn Jahren war der Mietmarkt im Land noch ein völlig anderer, und die Landesregierung hat die Förderung runtergefahren. In Freiburg hatten wir immer schon einen besonders engen Wohnungsmarkt. Aber ja, München und Freiburg traf und trifft das besonders hart, andere Städte hatten oder haben kaum Grund zum Jammern.

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Titel

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Simon: In anderen Städten wie Karlsruhe oder Stuttgart haben die Rathäuser selber aktiv gefördert, auch Eigentum. Freiburg hat sich da bis heute völlig rausgehalten. Haag: Wir machen viel Städtebauförderung, das führt auch zu preiswerten neuen Wohnungen. Wir haben die Situation auf dem Wohnungsmarkt generell richtig eingeschätzt, aber die Dramatik vielleicht etwas unterschätzt. B & W: Was sind die Forderungen der VfW an die Zusammenarbeit mit dem Baudezernat? Simon: Es gibt eigentlich gar kein Verhältnis, das ist das Problem. Seit fünf Jahren laden wir Vertreter aus dem Dezernat zu Veranstaltungen mit unterschiedlichsten Themen ein. In all der Zeit gab es nicht eine einzige Einladung von der Stadt. Wir werden nicht als Partner begriffen, das ist eine Einbahnstraße. Das Bündnis für Wohnen ist leider eine leere Hülse. Wir sollten mit­ einander und nicht übereinander reden. Haag: Das Bündnis ist kein Papiertiger. Wir sind da doch im Gespräch. Wir haben auf der einen Seite ein gemeinsames Interesse, aber auch unterschiedliche, ich würde nicht so schwarzmalen.

Simon: Sie mögen mit Einzelnen sprechen, aber in der Gesamtheit nicht. Es geht uns nicht um einzelne Bauvorhaben, sondern um strategische Dinge. Wie gehen wir mit dem Thema geförderter Wohnungsbau um? Wie mit der Dauer der Verfahren? Wie und wo setzt man welche Prioritäten? Wie geht man damit um, dass das Stadtplanungsamt bei Verfahren, bei denen es zustimmen muss, das Einvernehmen ohne Rücksprache versagt und das Baurechtsamt dann erklärt, das Vorhaben ist nicht genehmigbar. Da findet kein Austausch statt. Die Stadtplanung begreift die Unternehmen zuweilen mehr als Konkurrenten denn als Partner. Haag: Das nehme ich mal so zur Kenntnis. Abstrakte Diskussionen bringen wenig, man muss sich schon den Einzelfall anschauen. Der Nutzen von allgemeinen Gesprächen ist gering. Simon: Das sehen wir anders. Haag: Wir bewegen uns doch nicht im politikfreien Raum. Die eine Seite sagt, wir sind zu langsam und abwägend, die andere, wir gestalten die Stadt viel zu

Konkurrenten statt Partner

Martin Haag energisch: „Das Bündnis für Wohnen ist kein Papiertiger.“ 8 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

schnell um, es wird zu dicht gebaut. In Freiburg muss das Umfeld gehört werden, um alle Interessen auszubalancieren. Das ist unser Job und nicht immer so einfach. B & W: Der Dietenbach oder auch das Baugebiet Stühlinger West könnten Anlässe zu einem gemeinsamen Gespräch sein … Haag: Wenn ich hier vor laufendem Mikro ein Gesprächsangebot machen soll, dann mache ich das jetzt. Wenn der Eindruck entsteht, wir würden die VfW-Unternehmen nicht wertschätzen, dann trete ich dem entgegen. B & W: Auch der Perspektivplan oder der Flächennutzungsplan (FNP) 2040 könnten Themen sein … Simon: Auf jeden Fall. Der geltende FNP hat aus heutiger Sicht Stellschrauben nicht richtig gestellt. Er hat machbare Baugebiete ausgeschlossen und nicht machbare reingenommen. Wir haben die Erwartung, dass der neue möglichst viele Flächen bringt. B & W: Etwa den Flugplatz? Simon: Das ist eine besondere Fläche. Beim Bürgerentscheid 1995 wurde das nötige Quorum klar verfehlt, trotzdem hat der Gemeinderat Krokodilstränen geweint und ist der Mehrheit gefolgt. Dass das heute noch so ist, finde ich noch kurioser. Der gehört sicher in den neuen FNP, auch wenn er kein Allheilmittel ist. B & W: Herr Haag, wie viel Hoffnungen knüpfen Sie an den FNP? Haag: Wir sind aus dem alten rausgewachsen, deswegen ist der neue FNP wichtig. Nicht nur fürs Wohnen, wir brauchen auch Flächen fürs Gewerbe, für Arbeitsplätze, den Sport, Freiflächen, Radwege. B & W: Wenn schon um 23 Bäume gestritten wird, wird die Diskussion um neue Bauflächen kein Harmoniegipfel. Haag: Das in die Bürgerschaft zu vermitteln, wird extrem schwierig. Deswegen machen wir ja jetzt schon die Zukunftsforen. Wir sind keine

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Titel

Alexander Simon: „Das Ganze ist schon sehr subjektiv.“

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Wachstumsfetischisten, aber moderates Wachstum ist für die Wirtschaftsstruktur, die Altersstruktur, wir wollen kein Baden-Baden, und viele andere gesellschaftliche und soziale Anliegen einfach notwendig. B & W: Hat Freiburg überhaupt noch unentdeckte Flächen? Haag: Ich werde hier sicher keine Flächendebatte führen. Simon: Wir sollten möglichst viele objektive Kriterien finden. Es ist ja eine Spezialität des Gemeinderats, sehr subjektiv zu handeln. Dort, wo sich ein paar Leute melden, wird sofort abgewinkt. St. Georgen-West wurde sofort beerdigt, die Höhe in Zähringen halbiert, an der Merzhauser Straße wurde ein B-Plan einkassiert. Es kann doch nicht sein, dass dort, wo besonders lautstarke oder finanziell starke oder besonders gut vernetzte Bürger leben, sofort eingeknickt wird. Und wir brauchen auch keine 27 Bürgerbeteiligungen mit den „Berufsbürgern.“ Haag: Die Bürgerbeteiligung ist Teil der DNA dieser Stadt, und Transparenz ist wichtig. Mit den sogenannten Berufsbürgern haben Sie teilweise recht, deswegen arbeiten wir auch schon mit Zufallsbürgern und versuchen, Leute direkt anzusprechen. Am Ende ent10 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

scheidet aber der Gemeinderat, und wir müssen dafür eine gute, nachvollziehbare Grundlage schaffen. B & W: Wie bewerten Sie die Arbeit des Gestaltungsbeirats? Haag: Als ich vor neun Jahren als Baubürgermeister zurück nach Freiburg kam, gab es schon einige Projekte, die mit einem Gestaltungsbeirat nicht passiert wären … B & W: … etwa? Haag: Das werde ich hier nicht sagen. Aber fast alle Projekte, die seither im Beirat waren, sind dadurch deutlich besser geworden. Simon: Grundsätzlich bin ich bei Ihnen. Aber unsere Unternehmen wollen ja auch nicht „quick and dirty“ bauen. Der Beirat hat einen Geschmack und den legt er an Projekte von anderen an. Das Ganze ist schon sehr subjektiv. Und ob es dem Stadtplanungsamt unter früherer Führung so schlecht gelungen war, Qualität zu bringen und man deswegen einen Beirat brauchte, damit alles besser wird, da habe ich erhebliche Zweifel. Haag: Auch der Begriff Schönheit, der sich volkswirtschaftlich vielleicht

nicht so leicht fassen lässt, ist wichtig. Wir leben gut von der Qualität. Ich verstehe, dass man in Einzelfällen zu anderen Einschätzungen kommen kann, aber insgesamt ist der Beirat eine Erfolgsgeschichte. B & W: Was bringen soziale und oder städtebauliche Erhaltungssatzungen, Milieuschutzsatzungen? Simon: Das hat ja mehr symbolischen Charakter. Eine städtebauliche Erhaltungssatzung muss die Frage beantworten, ob es was Erhaltungswürdiges gibt. Da haben wir (schaut zu Haag) sicher auch konträre Meinungen. Bei Milieuschutzsatzungen wird es aber geradezu grotesk, weil ich sehr wenige Häuser besonders unterstütze und schütze und dadurch andere dazu bringe, die Zeche dafür zu zahlen. Unterm Strich verhindere ich so auch Wohnungsbau. Haag: Wir haben Bereiche, die wir vor übermäßiger Entwicklung schützen müssen. Die Satzungen wollen Entwicklungen nicht verhindern, sondern nur die Spitzen nehmen. Wenn wir den Imberiweg nehmen (alte Bergmannssiedlung, d. Red.), wo ein Bauträger 150 Wohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln will, dann finde ich das eine schwierige Entwicklung. Das muss nicht sein. B & W: Warum? Haag: Weil ich damit Strukturen kaputtmache. Viele Leute wohnen da nicht aus Spaß zur Miete, sondern weil sie es müssen. Wir wollen nicht, dass die Mieter rausfliegen und wir schauen dem Gentrifizierungsprozess einfach zu. Das geht nicht. Simon: Ich kann zu diesem Fall leider aus beruflichen Gründen nicht mehr sagen. Aber wenn ich mir den Stühlinger anschaue, da stockt ein Investor ein Mehrfamilienhaus auf, das Stadtplanungsamt geht mit Gruppen hin und sagt, das ist eine besonders gelungene Innenentwicklung. Dann möchte der Investor im Nachbarhaus das Gleiche noch einmal machen und es wird ihm nicht genehmigt. Ich mache dem

„Da wird es geradezu grotesk“


Titel

Baudezernat gar keinen Vorwurf, das ist aus dem Gemeinderat entstanden, völlig irrational, wer soll das verstehen, das ist von schwer nachvollziehbarem Denken geleitet. Haag: Ich bin auch nicht immer mit allen Entscheidungen des Gemeinderats glücklich, aber da möchte ich auch mal eine Lanze für das Gremium brechen, weil sich in Freiburg auf dem Wohnungsmarkt etwas verschoben hat. Manchmal greift man da zu Maßnahmen, die nicht vollständig die Wirkung haben, die gewünscht ist. Aber man möchte bestimmte Entwicklungen eben auch nicht einfach hinnehmen. Erhaltungssatzungen machen Sinn, weil sie die Dynamik aus dem Markt nehmen, und das kann man in dieser Zeit auch mal brauchen. B & W: Auch wenn es Kapazitäten in einem personell unterbesetzten Dezernat kostet?

Haag: Ja, auch dann. Wir müssen Dinge ausbalancieren. Ich kann den Markt nicht totregulieren, aber auch nicht völlig frei laufen lassen. Simon: Es wäre sicher besser, wenn man über solche Themen ins Gespräch käme. Aktuell ist es so, dass jemand einen Bauantrag abgibt, dann wird eine

„Ich kann den Markt nicht totregulieren“ Satzung erlassen, dann redet man über Anwälte. Das führt zu jahrelangem Stillstand. Das kann nicht in unser beider Interesse sein. B & W: Das Baudezernat hat im vergangenen Jahr 1300 neue Wohnungen genehmigt, ist das kein Lob wert? Simon: Wenn Herr Haag jedes Jahr 1300 schafft, ist das ein dickes Lob. Aber

ich befürchte, dass dieser Trend so nicht weitergeht, bis Dietenbach kommt. Haag: Die Befürchtung habe ich leider auch. Simon: Ich möchte leidenschaftlich daran appellieren, nicht nur auf Dietenbach zu fokussieren. B & W: Im Gebiet Stühlinger West hat Oberbürgermeister Martin Horn ein Zeichen gesetzt und will Grundstücke nur an gemeinwohlorientierte Unternehmen vergeben. Gründen ihre Mitgliedsbetriebe schon gemeinwohl­ orientierte Töchter? Simon: Die Betriebsform ist bei der kommunalen Grundstücksvergabe sicher kein zulässiges Kriterium. Da wird sich die Stadtverwaltung noch was einfallen lassen müssen … Haag: Wir lassen uns da sicher noch was einfallen. Vielleicht ist es eine charmante Idee mit mehr gemeinnützigen Unternehmen.

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Projektentwicklungen

Land wirft Plan über Bord Staatsanwaltschaft plant Umzug ans Basler Tor

Foto: © Neithard Schleier

Moser-Eck: Jahrelanger Stillstand an städtebaulicher Markante zwischen dem Lidl und der Heinrich-von-Stephan-Straße.

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ie Freiburger Staatsanwalt­ schaft wird nach dem Neubau des Justizzentrums am Holzmarkt nicht wieder dorthin zurückziehen. Das zuständige Amt Vermögen und Bau BadenWürttem­ berg verhandelt derzeit vielmehr mit der Moser Bau GmbH über einen Mietvertrag in einem Neubau an der Ecke Heinrich-vonStephan- und Basler Straße. Und mit dem Eigentümer des TelekomGebäudes – wo die Behörde jetzt als Zwischenmieter sitzt – über eine Verlängerung. Entsprechende Informationen des Freiburger Stadt­magazins chilli bestätigt der Freiburger Amtsleiter Karl-Heinz Bühler. Moser-Chef Volker Lüdke gibt hingegen zu Protokoll: „Kein Kommentar.“ Als die Staatsanwaltschaft am 4. Dezember 2017 mit dem Umzug ins Telekom-Gebäude an der Berliner Allee 1 losgelegt hatte, war ein dreijähriges Gastspiel vereinbart worden. Am Stammsitz Holzmarkt aber wurde – nach dem Fund mittelalterlicher Relikte – erst unlängst überhaupt der Grundstein gelegt. 12 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

Vor 2022 wird das neue Justizzentrum gar nicht fertig. Aber auch dann werden die Ankläger nicht zurückgehen. Der Leitende Staatsanwalt Dieter Inhofer gab sich auf Anfrage noch zurückhaltend: „Es laufen Verhandlungen. Wir sind aber nur Nutzer, wir führen diese nicht.“ Bühler, der sie führt, bestätigte indes: „Es ist richtig, dass die Staatsanwaltschaft nicht ins Justizzentrum zieht, dass wir derzeit einen längeren Mietvertrag im Telekom-Gebäude verhandeln und auch mit der Firma Moser über einen neuen

„Kein Kommentar“ Mietvertrag in einem Neubau.“ Auf dem Eckgrundstück an der Heinrich-vonStephan- und Basler Straße plant Moser-Chef Volker Lüdke schon seit Jahren einen Neubau. Das Gespräch mit dem geschäftsführenden Gesellschafter dauert zehn Sekunden: „Zu diesem Grundstück kein Kommentar.“ Ende 2016 hatte Lüdke seine Planung mit rund 10.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche im Gestaltungsbeirat vorgestellt. Im Frühjahr 2017 sollte es losgehen. Der Beirat kritisierte etwa die

teilweise siebengeschossige Bebauung, die mit knapp 30 Metern auch die Grenzen des Bebauungsplans sprengte. Problem: Wegen der benötigten Stellplätze hätte Moser zwei Tiefgaragen-Ebenen bauen müssen, was aber wegen des dortigen Grundwasserspiegels nicht ging. Also sollten die Stellplätze ins Erdgeschoss – was im Beirat und auch bei Lüdke selbst keinen Beifall auslöste – und die verlorene Bürofläche obendrauf realisiert werden. In einen nun neu geplanten Bau will die Staatsanwaltschaft mit allen Abteilungen und rund 140 Beschäftigten insgesamt 5400 Quadratmeter beziehen – 980 sind allein für die Registratur registriert. Die Staatsanwälte haben im vergangenen Jahr rund 40.000 Fälle bearbeitet, 2014 waren es noch 5000 weniger. Das Land hat im Januar sechs neue Stellen zugesagt. Die erste ist nach Auskunft von Inhofer bereits besetzt. Das rund 28 Millionen Euro teure Justizzentrum wird nach der Fertigstellung allein vom Amtsgericht genutzt, das dann seine derzeit drei Stand­orte auf einen vereinigen kann. Mit dieser Lösung seien, so Bühler, alle sehr zufrieden. Lars Bargmann


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Kurz gemeldet

Deal-Feuerwerk Für rund 70 Milliarden Euro wechselten im vergangenen Jahr deutsche Gewerbeimmobilien den Besitzer – Rekord. Das meldet die Immobilien Zeitung. „Eine neue historische Bestmarke“ sieht BNP Paribas Real Estate (BNPPRE) erreicht, Jones Lang LaSalle freut sich über ein „fulminantes Feuerwerk“ am deutschen Transaktionsmarkt und Colliers International über eine „Jahresendrallye, die in ihrer außergewöhnlichen Dynamik kaum vorhersehbar war“. Die CBRE Grou (Coldwell Banker Richard Ellis) nennt 2019 schlicht „ein Wahnsinnsjahr“.

Kammern fordern 5G Die Handwerkskammer Freiburg und die IHK Südlicher Oberrhein beobachten die aktuelle Diskussion in Freiburg zur 5G-Einführung mit großer Sorge und haben einen schriftlichen Appell an die Fraktionen gerichtet. „5G ist bei der Digitalisierung, die aufgrund internationalen Wettbewerbs und Fortschritts auch in unserer Region nicht mehr zu bremsen ist, der nächste wirklich entscheidende Meilenstein“, heißt es darin.

Handwerksbetriebe bilanzieren positiv Das Handwerk in Südbaden blickt nach der jüngsten vierteljährlichen Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Freiburg optimistisch in die Zukunft. „Wir erkennen allerdings erste Tendenzen, dass sich eine zweigeteilte Entwicklung abzeichnen könnte“, mahnt HWK-Präsident Johannes Ullrich. Zwar profitierten die Firmen weiter von der starken Binnennachfrage, der schwache Außenhandel gehe aber an den Zulieferern nicht spurlos vorüber. Die EU müsse nach dem Brexit ein „unbedingt notwendiges“ Freihandelsabkommen abschließen, das Handwerk fordere einen „weiterhin möglichst von Hemmnissen freien“ Zugang zum britischen Markt. 14 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

Stadtentwicklung

Falk Pharma investiert 50 Millionen Euro auf dem Güterbahnhof 14.000 Quadratmeter für neuen Campus

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rucksache BaUStA-19/005: Was das Freiburger Stadtmagazin chilli bereits im vergangenen April exklusiv berichtet hatte, steht nun in einer Vorlage für den Freiburger Bauausschuss: Demnach will die Dr. Falk Pharma GmbH vier insgesamt rund 14.000 Quadratmeter große Grundstücke auf dem Güterbahnhof-Areal gegenüber der Lokhalle kaufen. Dazu müssen der Bebauungsplan, der Flächennutzungsplan und ein städtebaulicher Vertrag geändert werden. Das Verfahren läuft.

Geplante Bebauung: Die Gebäude auf dem Baufeld D2 sehen aus wie ein E und I. Der Haupteingang soll am Platz liegen. Quelle: © AS + P / Aurelis

Das Arzneimittelunternehmen ist derzeit mit rund 200 Beschäftigten im Gewerbegebiet Hochdorf beheimatet und plant nun einen 50 Millionen Euro teuren Neubau für die Verwaltung sowie Räume für Schulung, Forschung und eine Kantine. Zur Lokhalle hin sind als Blockrandbebauung fünfgeschossige Gebäude möglich, nach Osten ein dreigeschossiges. Der zentrale Eingang zum neuen Falk-Campus soll am geplanten öffentlichen Platz vis-à-vis dem Kreativpark platziert, die gesamte Entwicklung in einem Realisierungswettbewerb kreiert werden. „Der neue Standort direkt gegenüber der Lokhalle sei „ideal, um weiter innovativ wachsen zu können“, meldet das Unter­ nehmen dem chilli. Auf dem Areal wären mehr als 30.000 Quadratmeter baubar. Der Bodenrichtwert liegt bei 260 Euro. Markiert der auch den Kaufpreis, würden die Grundstücke 3,64 Millionen Euro kosten. Es werden aber auch deutlich höhere Preise erzielt. Das Baufeld ist von der Paul-Ehrlich-, der Ingeborg-Krummer-Schroth- und der Eugen-Martin-Straße umschlossen. Ur-

sprünglich sollte dort unter anderem die Freiburger Stadtbau GmbH geförderte Mietwohnungen bauen. Dies soll nun an anderer Stelle geschehen. Die Eigentümerin, die Aurelis Real Estate, muss für die bereits vierte Änderung des Bebauungsplans 2-89.2d – er erstreckt sich auf 37.700 Quadratmeter – und der damit verbundenen Wertsteigerung gut 4400 Quadratmeter kostenlos ans Rathaus übertragen. Insgesamt waren es rund 20.000. „Die Falk Pharma GmbH ist für Freiburg ein sehr wichtiges Unternehmen, dem im Güterbahnhofsareal eine hervorragende Perspektive für seine weitere Entwicklung geboten werden kann“, heißt es in der Vorlage. Was dort nicht steht: Das 1960 von Herbert Falk gegründete Familienunternehmen ist einer der größten Gewerbesteuerzahler. 2018 setzte der Konzern (mit Töchtern in Großbritannien, Spanien, Portugal, Russland, Niederlande, Österreich und Neuenburg am Rhein) 424 Millionen Euro um, zahlte 42,8 Millionen Euro Steuern, hatte danach immer noch fast 99 Millionen Euro Gewinn. Lars Bargmann



Messewesen XXXX

Keine Blase in Sicht Die 13. IMMO: ein prall gefülltes Programm und jede Menge Know-how

Fotos: © iStock/ S_Bachstroem, FWTM/Salzer-Deckert

A

n den Erfolg des vergangenen Jahres anknüpfen will die 13. Freiburger IMMOMesse, die größte in Baden-Württemberg, auch dieses Mal und wartet mit 50 Ausstellern nicht nur auf 7000 Besucher, sondern auch mit dem vorgeschalteten 2. ImmoUpdate auf. Am 15. und 16. Februar richtet sich die Messe an potenzielle Käufer und Mieter, Verkäufer und Interessierte, Investoren und Planer, Bauträger und Versicherer, Banken und unabhängige Finanzierungsexperten. In Freiburg gibt es zu wenig Bauland, viele Menschen wollen in die Stadt, mehr und mehr Leute wohnen alleine, wenige entscheiden sich dazu, aufs Land zu ziehen, wo der Wohnraum 16 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

noch gegeben und bezahlbar ist, dafür aber oft zur Arbeit gependelt werden muss. Dass die Nachfrage deutlich das Angebot übersteigt, ist kein Geheimnis. Für Peter Bofinger, Professor an der Universität Würzburg und einer der Referenten beim Immo-Update, liegt die Lösung auf der Hand: „Lindern lässt sich das Problem nur, indem die peripheren Regionen stärker in die Planungen mit einbezogen werden.“ Auch Roland Butz, Abteilungsleiter der Volksbank Freiburg, betont die ­Rolle des Umlands: „Dort ist das Angebot zwar auch nicht üppig, aber die Preise sind noch etwas niedriger als in Freiburg.“ Oliver Kamenisch, Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft der Freiburger Sparkasse, rät Interessierten, sich zuerst um die Finanzierung zu kümmern und erst dann auf die Suche zu gehen, in Frei-

burg oder dem Umland. „Bei der aktuellen Marktlage haben Interessenten kaum mehr Zeit, mit der finanzierenden Bank einen Termin abzustimmen und die Finanzierung zu klären. Das sollte unbedingt vorher geschehen.“ Das Risiko einer Immobilienblase in der Region sehen die beiden Experten nicht. „Hierfür müsste die Nachfrage schlagartig zurückgehen oder eine Immobilienschwemme auftreten“, so Kamenisch. Die Nachfrage werde zumindest so lange hoch bleiben, bis der neue Freiburger Stadtteil Dietenbach in die Vermarktung kommt. „Bei einem höheren Angebot an Immobilien werden die Preise sicherlich nicht mehr so stark steigen und hohe Vorstellungen von Verkäufern werden sich nicht mehr so einfach durchsetzen lassen wie in der aktuellen angespannten Marktlage“, kommentiert Butz.


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Hand drauf: Die IMMO bietet den Interessierten viele Möglichkeiten für Fachgespräche mit Experten. Und präsentiert das aktuelle Angebot auf dem Wohnungsmarkt in der Region.

Auf der Agenda stehen Fachvorträge über Baufinanzierung, die Unterstützung durch den Staat, Immobilienverrentung oder Immobilienauktionen. Hugo Sprenker, Immobiliensachverständiger und ­Immobilienauktionator, erklärt, dass sich Auktionen anbieten, um das tatsächlich vorhandene Marktniveau zu ermitteln. So bekomme der Verkäufer „den maximalen Preis, der zum Auktionszeitpunkt möglich ist, und der Käufer zahlt nur so viel, wie es sich durch die Marktlage ergibt“. Für Messechef Daniel Strowitzki ist klar, dass, insbesondere bei der angespannten Marktsituation, die IMMO wichtig sei, um kauf- und mietinteressierten Besuchern und Hauseigentümern eine Plattform zu bieten, um sich zu informieren und miteinander ins Gespräch zu kommen: „Die für Besucher kostenlose IMMO ist der ideale Branchentreff für die ganze Immobilienwirtschaft.“ Liliane Herzberg

Info

Das 2. Freiburger IMMO-Update gibt am Freitag, 14. Februar, ab 14 Uhr den Startschuss fürs Messewochenende. Auf dem im vergangenen Jahr hervorragend besetzten Fachkongress, zu dem wieder rund 250 Teilnehmer erwartet werden, sprechen unter anderem Peter Bofinger, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg („Wohnungsnot oder Überhitzung? Perspektiven für den deutschen Immobilienmarkt“), Marco Wölfe von der Deutschen Immobilienakademie („Preise, Mengen und Perspektiven auf dem regionalen Immobilienmarkt“) und Baubürgermeister Martin Haag. Die abschließende Podiumsdiskussion, an der Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn und Bad Krozingens Rathauschef Volker Kieber teilnehmen, steht unter dem Motto „Freiburg und Region – Wohnraum für alle?“ Restkarten sind auf Anfrage (thomas.arabin@fwtm.de) noch erhältlich. Mehr Info: immo-messe.freiburg.de Anzeige

chilli | bauen & wohnen | 02.2020 | 17


Innovationen

Was? Wirklich? Ein Haus aus Stroh?

Zimmerei Grünspecht e.G. baut für die Baugemeinschaft Sexau acht innovative Gebäude

Grünspecht Markus Wolf:: „Häuser mit Strohdämmung sind passivhaustauglich.“

H

olzbauten sind heutzutage keine Seltenheit. Gewöhnlich besteht so ein Bauwerk aus einer Art Holzskelett, dessen Zwischenräume gefüllt werden müssen, sodass sich Wände ergeben. Die Freiburger Zimmerei Grünspecht, eine Genossenschaft, baut seit gut 35 Jahren auf diese Weise Häuser, füllt allerdings im Gegensatz zu anderen Firmen die Zwischenräume mit umweltfreundlicher Zellulose statt mit Styropor, Glaswolle oder anderen Stoffen auf. Und seit Neuestem alternativ auch mit Stroh. Bauten aus Stroh gibt es seit knapp 200 Jahren. Die ersten nachgewiesenen gab es in den „Sandhills“ in Nebraska, wo sogar Strohballen als tragende Elemente eingesetzt wurden. Bis etwa 1940 wurde Stroh als Baustoff verwandt. Nach der „Wiederentdeckung“ dieses Baustoffs in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts fand Stroh als Baustoff Anfang des 21. Jahrhunderts 18 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

Fotos: © Stefan Pawellek

auch seinen Weg nach Europa. In Deutschland wurde 2002 ein Fachverband – FASBA – gegründet, der 2006 eine baurechtliche Anerkennung für Stroh erreichte und auch Standards für das Bauen damit erarbeitete. Was ist nun das Besondere an Stroh? Erstens wird beim Wachsen der Pflanze der Atmosphäre CO2 entnommen und gespeichert. Zweitens durch die geringe Herstellungsenergie – etwa um den Faktor 100 weniger als bei Mineralwolle oder Polystyrol – weniger CO2 emittiert. Und drittens durch die hohe Dämmqualität auch weniger Heizenergie benötigt – und auch weniger CO2 ausgestoßen. Häuser mit Strohdämmung sind also umweltfreundlicher als andere, „passivhaustauglich“, wie Markus Wolf von der Zimmerei Grünspecht betont. Wird nun – wie es die Grünspechte derzeit für die Baugruppe Mühlenbächle in Sexau machen – gepresstes Stroh als „Füllmaterial“ in den Zwischenräumen eingesetzt, hat man neben den genannten Vorteilen noch weitere: Das Stroh ist


Innovationen

unbehandelt, kennt keine chemischen Zusätze, ist also etwa für Allergiker positiv. Das Stroh kommt aus der Region, vom Kaiserstuhl oder der Schwäbischen Alb, und wird in einem Betrieb auf der Alb in passgenaue Ballen nach Plan gepresst. Zuvor wird es gedroschen und getrocknet, wobei Tieren und anderen Schädlingen die Lebensgrundlage entzogen wird. Nach dem Einbau wird in Nassräumen die Strohdämmung mit OSB- und Gipsfaser-Platten verkleidet. In den übrigen Räumen wird Lehm – meist per Spritzgerät – aufgebracht. In dieser Lehmschicht, die am Ende rund vier Zentimeter dick sein wird und die mit speziellen Farben in jeder Variante zu streichen ist, werden beispielsweise die wasserführenden Röhren für eine Wandheizung oder die Stromleitungen aufgebracht und danach mit Lehm verputzt.

Bisschen mehr Geld für viel Mehrwert Damit entsteht eine natürliche, hochwirksame Wärmedämmung, die zusätzlich den Vorteil hat, dass sie „atmet“, Feuchtigkeit aus dem Haus hinausbringt, trockene Luft verhindert. Auch außen wird das Haus mit Lehm verputzt. Auf die Lehmschicht kommt eine Holzschicht auf Spannten, sodass eine hinterlüftete Fassade entsteht. Damit nicht Ungeziefer zwischen Holz und Lehm schlüpfen kann, muss im Sockelbereich eine Schutzhülle angebracht werden. Das Haus erreicht so den Brandschutzwert F 30, das heißt, es bleibt bei einem Feuer 30 Minuten lang statisch stabil. Gewohnt wird wie üblich: Man kann Bilder mit Nägeln an die Wand hängen, dübeln, und sollte der Dübel tiefer als die vier Zentimeter Lehmverputz gehen müssen, gibt es längst spezielle Entwicklungen, die bei Lehm und Stroh einsetzbar sind. So weit ist also ein „Strohballenhaus“ ein ganz normales Gebäude. Bei dem der Rohbau allerdings, im Vergleich zum Holzbau, fünf bis zehn Prozent teurer wird. In der Sexauer Baugemeinschaft sind das pro Haus zwischen 5.000 und 10.000 Euro, die die Bauherren allerdings weitgehend durch Eigenleistung wieder hereinholen. „Dafür haben die Bewohner dank der Lehmputzweise aber einen echten Mehrwert, und der Innenausbau unterscheidet sich gar nicht von einem anderen Haus“, relativiert Wolf den finanziellen Mehraufwand. Es gibt keinen Grund, so die Erbauer, dass die Strohballenhäuser eine kürzere Halbwertszeit als konventionelle Gebäude haben, egal, ob gemauert oder in Holzbauweise. Hat aber das Strohhaus seinen Lebenszyklus beendet, so sind seine Einzelteile erheblich leichter und umweltschonender zu entsorgen. „Man kann hier von einem natürlichen Kreislauf sprechen“, sagt Wolf. Die Baugemeinschaft, die übrigens noch für eine Wohnung einen „Mitmacher“ sucht, geht mit dieser Art von Haus einen neuen, interessanten Weg, der durchaus Potenzial auf dem Wohnungsmarkt hat. Stefan Pawellek


Stadtentwicklung

Ein gallisches Dorf in der Stadt Bewohner des Metzgergrüns protestieren gegen die Baupläne der Stadtverwaltung

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asst den Bagger in der Grube, raubt uns nicht die Bude“ und „Gegen Abriss und Entgrünung“ steht in großen Lettern an den kleinen Häuschen des Metzgergrüns im Freiburger Stadtteil Stühlinger. Die Gebäude sollen abgerissen und die großzügigen Gärten zur Verdichtung genutzt werden. Viele Bewohner fühlen sich durch die Baumaßnahmen bedroht. „2012 ist der Quartiersrat auf die Stadt zugekommen“, erinnert sich Baubürgermeister Martin Haag an die Anfänge des Streits zwischen dem Rathaus und zahlreichen Bewohnern. Die Häuser der Freiburger Stadtbau GmbH (FSB) stammen aus den 1950er-Jahren. Die erste Idee sei damals gewesen, zu sanieren und die zweigeschossigen Bauten aufzustocken. Wegen des fehlenden Brandschutzes und anderen Kosten habe man diese Pläne aber schnell wieder verworfen. 2016 wurden rund 38.000 Qua­ dratmeter Wohnfläche – mehr als dreimal so viel wie heute – zur Überplanung

Fotos: © Philip Thomas

Plakate und Proteste: Der Unmut im Quartier ist unübersehbar. 20 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

ausgeschrieben. Erst sollten 500, aktuell 550 Wohnungen in bis zu viergeschossigen Gebäuden für knapp 1100 Menschen entstehen. Die alten 60 Häuser mit 252 Wohnungen sollen abgerissen werden. „Das ist eine klassische Innenentwicklungsmaßnahme“, kommentiert Haag. Der Umbau des Metzgergrüns sei ein wichtiger Baustein der Stadtentwicklung. Die FSB soll die Hälfte der Wohnungen als öffentlich geförderte, die andere Hälfte auf dem freien Markt vermieten oder verkaufen. Wie hoch die Mieten sein werden, lasse sich laut Haag noch nicht sagen. Aktuell werden bei öffentlich geförderten Neubauwohnungen zwischen sechs und sieben Euro pro Quadratmeter fällig. Heute leben in den 44 bis 48 Quadratmeter großen Einheiten knapp 400 Menschen, auch Sophia Grässlin. Seit zwölf Jahren wohnt die 44-Jährige im Quartier. Seitdem sei es von der FSB vernachlässigt worden. 305 Euro zahle sie jeden Monat. Obendrauf kommen nochmal Nebenkosten von rund 200 Euro. Die Häuser sind kaum gedämmt, durch viele Fenster zieht der Wind, einige Keller haben keinen Betonboden, Wände stehen auf der Erde, unten breitet sich Schimmel sich aus, oben fehle es an Dachpappe. Nun aber das ganze Gebiet komplett umzubauen, sei völlig überzogen. „Wir wünschen uns eine sanfte Sanierung“, sagt Grässlin in ihrer Wohnung. Ihre Decke hängt tief, die zwei Zimmer plus Wohnküche bieten aber alle Annehmlichkeiten. „Wir wollen hier nicht weg, aber die Stadtbau will, dass wir gehen“, sagt ihre Nachbarin Anett Zeller. Die 62-Jährige wisse auch, warum: „Dieser Fleck ist der Mülleimer von Freiburg.“ In dem Quartier wohnten viele Kranke, Alte, Dealer und ehemalige Häftlinge: „Mein

Wünschen sich eine „sanfte Sanierung“: Sophia Grässlin (l.) und Anett Zeller aus dem Metzgergrün. Sohn hat mir beim Einzug ein Pfefferspray geschenkt.“ Lebenswert sei das Quartier trotzdem: „Hier hat sich eine Gemeinschaft entwickelt, jeder hilft jedem.“ Dass es zu einer funktionierenden Durchmischung zwischen der alten Bewohnerschaft und neuen Nachbarn in Eigentumswohnungen kommt, kann sie sich nicht vorstellen. Nach einer Bewohnerbefragung aus dem Jahr 2018 wollen 85 Prozent der aktuellen Bewohner in die Neubauten einziehen. „Der Fragebogen wurde ausgeteilt“, bestätigt Zeller. Laut Haag könnten alle Bewohner wieder einziehen: „Es gibt eine Garantie.“ Zeller und Grässlin fürchten aber Mieterhöhungen und wollen das Metz­ gergrün verlassen. Noch dieses Jahr soll der Bau für die ersten Umzügler auf einem anliegenden Wohnwagenstellplatz beginnen. Für 2022 ist der erste Abrissbagger bestellt. 2026 kommen ihre Häuser an der Häberlestraße dran. Wohin sie dann ziehen, wissen sie noch nicht: „Wir können uns das nicht aussuchen.“ Philip Thomas


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chilli | bauen & wohnen | 02.2020 | 21


Messebranche

Wegweiser im Dschungel GETEC 2020 setzt auf klimaneutral, energieeffizient und smart

Fotos: © iStock/metamorworks, Solar Promotion GmbH

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on Bauen in Holz über Energieeffizienz, Fördermöglichkeiten und gesetz­ liche Bedingungen bis zum Smart Home – wer in Zeiten des Klimawandels modernisieren, sanieren und bauen möchte, kommt an diesen Themen nicht vorbei. Wegweiser in diesem Dschungel ist die Messe Gebäude. Energie. Technik (GETEC), die vom 14. bis 16. Februar auf dem Freiburger Messegelände gastiert. Am klimafreundlichsten ist die Energie, die eingespart werden kann – so einfach diese Weisheit klingt, so komplex und vielfältig sind die Techniken, die solche Einsparungen ermöglichen. Die GETEC bietet mit rund 220 Ausstel22 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

lern auf einer Fläche von 10.000 Quadratmetern Neuheiten aus den Bereichen Heizung und Anlagentechnik, Gebäudehülle, Baukomponenten und regenerative Energien sowie ein umfassendes Beratungs- und Informationsangebot. Zur Auswahl stehen neben dem Marktplatz Energieberatung und den Ausstellern zahlreiche Fachvorträge, Fach- und Nutzerseminare sowie Messerundgänge mit qualifizierten Energieexperten. „In den vergangenen zwölf Jahren ist die Messe zu einer festen Größe in der Branche geworden“, unterstreicht der baden-württembergische Umweltminister und GETEC-Schirmherr Franz Untersteller. Die Messe werde in den nächsten Jahren noch an Bedeutung gewinnen, da eine Energie- und Wärmewende für mehr Klimaschutz dringend notwendig sei.

Marktplatz Energieberatung Das „Klimapaket“ der Bundesregierung ist seit Jahresbeginn in Kraft. Hausbesitzer können steuerlich p ­ rofitieren, wenn sie energetische ­ Sanierungen oder eine Heizungserneuerung a­ ngehen. Wie das geht, erfahren Besucher auf dem Marktplatz Energieberatung, der traditionell das Herzstück der GETEC ist und von der Energieagentur Regio Freiburg organisiert wird. Für p ­ rivate Bauherren gibt es ein v­ielschichtiges Seminarprogramm. Die Stadt F ­ reiburg bietet drei Nutzer- und Fachseminare rund um Blockheizkraftwerke und Solarenergie sowie dazu passende Messerundgänge an. Die Veranstaltung Heiztechnologien für Mehrfamilienhäuser richtet sich speziell an Wohnungseigentümergemeinschaften.


Messebranche

Smart Home Im Sonderbereich zum digitalisierten Zuhause können sich Besucher über SmartHome-Systeme informieren. Aussteller wie etwa Alexander Bürkle präsentieren erneut den Showroom „Lebensräume“ mit Neuheiten in Entertainment, Sicherheit, Energie und Komfort. Zudem gibt es im Vortragsprogramm den Themenblock „Smart Home/Digitalisiertes Zuhause – Energiesparen und Komfort“. Urbaner Holzbau Wie mehrgeschossiger Wohnungsbau in Holz selbstverständlicher werden kann, zeigen die Aussteller auf der GETEC. Beispielsweise im Freiburger Stadtteil Weingarten ist seit September 2019 ein achtstöckiges, komplett aus Holz gefertigtes Gebäude in Bau. „Der Holzbau kommt in die Stadt“ – unter diesem Titel richtet sich eine zweigleisige Veranstaltung an Architekten, Fachplaner, Bauträger und Vertreter von Kommunen. „Holzbau für Einsteiger“ stellt ein 12Familienhaus in ökologischer Holzbauweise vor. Bei „Holzbau für Fortgeschrittene“ werden das Projekt Sonnenhöhe – Betreutes Wohnen und Pflegehaus in Breitnau präsentiert und die Entwicklung eines 14-geschossigen Wohnprojekts in Pforzheim vorgestellt. Die HWK und die Nachhaltigkeit Unter dem Leitthema „Nachhaltiges Bauen ganzheitlich gedacht – ökologisch, öko-

nomisch, sozial“ präsentieren sich auch die Handwerkskammer Freiburg (HWK) und der Verband Bauwirtschaft BadenWürttemberg (BWBW). Am Messestand geht es um Innovationen und Lösungen für nachhaltiges, klimafreundliches Bauen. „Nachhaltigkeit gewinnt für unsere Wirtschaft und Gesellschaft immer mehr an Bedeutung“, erklärt HWK-Präsident Johannes Ullrich: „Mit dem gemeinsamen Messeauftritt wollen wir dieses wichtige Zukunftsthema noch stärker ins Bewusstsein rücken.“ Bernhard Sänger, BWBWVizepräsident: „Wir zeigen Möglichkeiten, wie Bauherren nachhaltiges, klimafreundliches Bauen mit Hilfe innovativer Baustoffe umsetzen können.“ Da geht es etwa auch um klimaneutrale Ziegel oder Hybridziegel mit Dämmstofffüllung aus Holzfasern. Arwen Stock

Info

Energieautonome Kommune Auf dem parallel zur GETEC stattfindenden 9. Kongress Energieautonome Kommunen zeigen mehr als 50 Referenten in zwölf Praxisforen, wie die Energiewende auf kommunaler Ebene in den Sektoren Strom, Wärme, Mobilität und Effizienz bereits erfolgreich umgesetzt wird. Zu allen Veranstaltungen, Foren, Seminaren und Vorträgen sollten sich Interessierte vorab informieren und gegebenenfalls rechtzeitig anmelden. Mehr Info: www.getec-freiburg.de

Nicht nur schauen, sondern auch anfassen: Auf der GETEC können die Besucher auch selbst zu Akteuren werden.

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chilli | bauen & wohnen | 02.2020 | 23


Messewesen

Inspirationen für Lebensräume BAUEN WOHNEN Garten setzt Schwerpunkt

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eue Impulse für die eigenen Lebensräume, Informationen zu Sanierungen, Modernisierungen und Gartengestaltungen finden: Das bietet die Erlebnismesse BAUEN WOHNEN Garten vom 20. bis 22. März auf dem Messegelände in Offenburg. Den Auftakt bildet das 4. Fachforum „Energieeffizienz im Gebäudebestand“, das die Messe mit Zukunft Altbau und der Ortenauer Energieagentur anbietet und als Fortbildung anerkannt wird. Benjamin Weismann, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Energieberater, wird dabei auf das aktuelle Klimapaket und dessen Auswirkungen für Energieberater und Hauseigentümer eingehen, Architekt Stefan Oehler von ecoworks über innovative Lösungen bei serieller Sanierung sprechen, Thomas Lückgen das Best-Practice-Vorzeigeprojekt K76 aus Darmstadt vorstellen. Ein Kernstück der Messe ist die Designallee, auf der die Besucher sehen, wie man stilvolle Akzente im eigenen Wohnbereich setzen kann. Da der Garten zunehmend als persönlicher Freiraum eine Erweiterung des Wohnzimmers ins Freie ist, zei-

Foto: © Messe Offenburg / Tauscher

Schöner leben: Smarte Ideen zur Gartenaufwertung. gen Garten- und Landschaftsbaubetriebe viele Möglichkeiten zur Gartengestaltung – wobei auch das Thema Wellness (etwa der überdachte Pool) eine zunehmend wichtige Rolle spielt. Die Messegänger lernen aber auch, wie man Gehölze pflanzt und pflegt oder wie man mit Rosen richtig umgeht. chilli Mehr Info: Tickets ab 3 Euro unter bauenwohnengarten.de oder reservix.de

Nachhaltig wohnen und leben INVENTA und RendezVino in Karlsruhe

Foto: © Martin Wagenhan

Na dann Prost: Nach der Inventa direkt zum Rendezvous mit einem Tröpfchen.

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ie Messe INVENTA zeigt vom 13. bis 15. März in der Messe Karlsruhe Trends für Garten, Haus und Einrichtung und richtet sich an Gartenbegeisterte, Liebhaber exklusiver Inneneinrichtung sowie Bauherren und Eigenheimbesitzer.

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Die INVENTA präsentiert in diesem Jahr verstärkt Angebote zur Nachhaltigkeit: Möbel aus langlebigen Materialien, Ideen für einen lebenswerten Raum im eigenen Garten oder auf dem Balkon und Angebote rund um energieeffizientes Bauen und Sanieren. Die Besucher finden ein breites Spek­ trum an Ausstellern, die ihre Produkte und Dienstleistungen für nachhaltige Bau- und Sanierungsvorhaben vorstellen. Im Fokus stehen dabei innovative Heiz- und Klimasysteme, energetische Fenstersanierung, Türen, Tor- und Dachsysteme bis hin zu Wasseraufbereitungsanlagen sowie Maler-, Stuckateur- und Elektroleistungen. Stark vertreten sind auch Fertighaus- und Massivhausanbieter, die

unterschiedliche nachhaltige Baumaterialien verarbeiten. Experten beraten zudem zu aktuellen Richtlinien und geben Tipps zu Finanzierungsund Fördermöglichkeiten. Zeitgleich zur INVENTA lädt die RendezVino – die Messe für Wein, Genuss und Tasting – in die Welt der Weine, Spirituosen und Delikatessen ein. „Wir freuen uns, dass wieder so viele Weingüter und -händler, vom traditionellen Familienbetrieb über kreative Jungwinzer bis hin zum Bioweingut, ihr spannendes Weinangebot auf der Messe zeigen“, sagt David Köhler, Projektleiter der RendezVino. chilli Mehr Info: inventa.info, rendezvino.info


Politik

Neue Debatte um Flughafen Zweiter Bürgerentscheid? „Der Flugplatz kommt wieder aufs Tapet“, hatte das Bauen&Wohnen getitelt – im Februar 2018. „Wenn heute Bürger und Verantwortliche in der Politik noch glauben, dass dabei der Flugplatz keine Rolle spielen wird – auch jenseits des Stadions und der Erweiterung der Universität –, könnte sich das schon bald als Irrglauben erweisen“, war dort zu lesen. Nun, zwei Jahre später, ist sie da, die Debatte um die Zukunft des Airports, der für den Flugverkehr zwar ungewöhnlich klein ist, für die Stadtentwicklung, etwa für den Flächennutzungsplan 2040, aber riesiges Potenzial hat. Am 4. Februar gaben nun die Fraktionen von Grünen, Eine Stadt für alle und Jupi – die zusammen 25 von 49 Stimmen im Rat haben – der Verwaltung den Auftrag, „Szenarien vorzulegen, die darstellen, welche finanziellen Auswirkungen eine Schließung des Flugplatzes“ 2031 oder sogar früher hätte. Sie waren zuvor bei den jährlichen Verlusten der Flugplatz FreiburgBreisgau GmbH (FFB) gelandet. Die sind mit rund 300.000 Euro bei einem Milliarden-Haushalt zwar marginal, die Fraktionen treibt aber etwas anderes an: Wenn die FFB von steigenden Flugbewegungen ausgehe, stünden diese „im Widerspruch zu den Klimaschutzzielen der Stadt“. Die Bedeutung des Areals als wichtige Frischluftschneise sei nicht an die Nutzung als Flugplatz gebunden, dies wäre auch durch Kleingärten, Sportanlagen, Landwirtschaft oder Naherholung gegeben: „Angesichts der Flächenknappheit ist es nicht zu rechtfertigen, eine derartig große Fläche wie bislang zu nutzen.“ Gut möglich, dass der Stadt nach 1995 bald der zweite Bürgerentscheid zum Flugplatz ins Haus steht. Lars Bargmann


Architekten

Passion und Können Haller Architekten Freiburg mit breitem Profil

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34 Gigawattstunden grüner Strom

auen macht Spaß“, sagt Mathias Haller, freier Architekt in Freiburg. Mit seinem achtköpfigen Team, bunt gemischt mit Fachleuten aus Deutschland, Spanien, Frankreich, Polen, Moldawien und Rumänien, betreut er derzeit ein Bauvolumen von gut 15 Millionen Euro. Wie viel Umsatz oder gar Gewinn er mit seiner Arbeit erwirtschaftet, will er nicht sagen – das wisse er gar nicht, lediglich seine Frau und das örtliche Finanzamt hätten da Einblick.

Stylisches Büro in der Lokhalle: Mathias Haller (Mitte) und Teile seiner international besetzten Crew.

Das Büro bedient die komplette Bandbreite des Bauens: Den Kreativpark in der Freiburger Lokhalle gestaltete er ebenso wie als Kooperationspartner für Sacker Architekten aktuell den Ersatzneubau des Werkstattgebäudes an der neuen Staudinger Gesamtschule, wo Haller auch für die Qualitätsüberwachung verantwortlich ist. Daneben stehen etwa ein Einfamilienhaus in Merdingen, der Ausbau eines historischen Weinkellers im Kaiserstuhl, eine Lager- und Produktionshalle sowie ein Bürogebäude für die Firma Gerriets, die Sanierung eines Dachgeschosses, die Spechtpassage oder die Sanierung der Synagoge in Freiburg auf der Agenda. Zudem befinden sich in der Planungsphase ein Wohnungsbauprojekt auf dem Lorettoberg und im Freiburger Stadtteil Brühl-Beurbarung, der Umbau der LBBW-Bank in Freiburg, ein Restaurant, ein Gewerbebau und ein Handwerkerhaus jeweils auf dem Güterbahnhofgelände, dazu mehrere der Bauvorhaben unter Denkmalschutz stehend und noch einiges mehr – es gibt wenig, was Haller noch nicht in Angriff genommen hätte. Und so wundert es nicht, dass aus dem Bundesgebiet Anfragen kommen – der Kreativpark interessiert Kollegen in den Niederlanden, Niedersachsen,

NRW und in Bayern unter dem Thema: Wie kann man ein Industriedenkmal sinnvoll nutzen und gleichzeitig erhalten? Bauen macht Haller immer noch Spaß, obwohl besonders in Deutschland immer mehr Normen zu berücksichtigen sind und die Verantwortung auch juristisch hoch ist: Während in anderen Ländern der Architekt nur die Planung übernimmt, die Bauleitung und damit auch die Haftung für Fehler indes bei Dritten liegt, ist dies hier Architektensache. Jedes Gebäude, so die Überzeugung von Hallers Team, strahlt etwas aus, jedes Gebäude, insbesondere Wohnhäuser, sollen den Nutzern Sicherheit, Geborgenheit geben, ein „Daheim und somit letztlich einen Ort zum Glücklichsein“. Was sein Team gerne mal machen möchte? Eine Garage architektonisch reizvoll zu gestalten, eine Bibliothek zu entwerfen oder Sozialwohnungen in Form eines dörflichen Miteinanders erstellen. Haller selbst würde sich gerne an einem Sakralbau versuchen, hat schon mal Pläne für eine Moschee entwickelt. Wie eine Wohnung, so sein Credo, Geborgenheit und Sicherheit vermitteln soll, muss ein Sakralbau die Idee der Glaubensgemeinschaft rüberbringen. Gebäude als metaphysische Kulminationspunkte: „Bauten erklären, wofür sie stehen.“ Stefan Pawellek

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Baustart für Windpark

Foto: © spk

Die Badenova-Tochter Wärmeplus GmbH startet jetzt mit dem Bau des Windparks Hohenlochen auf Oberwolfacher und Hausacher Gemarkung. Die vier Windräder sollen ab 2021 rund 34 Gigawattstunden Strom für 12.500 Haushalte produzieren. Das bedeutet, im Vergleich zu herkömmlicher Stromproduktion, eine jährliche CO2-Einsparung von 19.000 Tonnen. Der Windpark kostet 25 Millionen Euro. Im Vorfeld hatte die Wärmeplus Fledermauskästen und Barrieren zum Schutz des Lebensraums der Haselmaus angebracht. Außerdem wurden mehrere fußballfeldgroße Flächen zu attraktiven Lebensräumen für Auerhuhn, Waldschnepfe und Sperlingskauz umgestaltet und Habitatbaumgruppen mit mehreren Dutzend Fledermauskästen bestückt. Zudem wurden Wanderwege teils umverlegt oder neu ausgewiesen. Die Planungen laufen bereits seit 2015. Bürger und Kommunen, die Boden zur Verfügung stellen, erhalten ertragsabhängige Pachtzahlungen. Die Rathäuser bekommen zudem mehr Gewerbesteuern. „Wir möchten mit dem Park der Windkraftnutzung in der Region einen erneuten Schub verleihen“, so Wärmeplus-Gechilli schäftsführer Klaus Preiser.

Foto: © Badenova

Über den Wolken: Auf dem Kampacher Eck produzieren die Windräder Strom für 10.000 Haushalte.


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chilli | bauen & wohnen | 02.2020 | 27


Projektentwicklungen

Strabag kauft Südwest-Auto-Areal Businessmile 2 auf zwei Fußballfeldern

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ach der Insolvenz des Traditionsbtriebs Südwest-Auto in Freiburg übernimmt jetzt die Freiburger Niederlassung der Strabag Real Estate GmbH (SRE) die Zukunftsgestaltung auf dem Grundstück am Eingang ins Gewerbegebiet Haid. „Wir freuen uns auf die Aufgabe“, bestätigt Martin Lauble, der in Freiburg die Geschäfte der SRE führt.

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Das markante Eckgrundstück an der Besançonallee und Munzinger Straße ist rund 14.000 Quadratmeter und damit etwa zwei Fußballfelder groß. Der Arbeitstitel für die Entwicklung lautet: Businessmile 2. „Wir wollen das erfolgreiche Konzept von der Bahnhofsachse nun ins Gewerbegebiet Haid mitnehmen, das sich nicht zuletzt durch die Haufe-Group immer mehr zu einer guten Dienstleistungsadresse entwickelt“, sagt Lauble.

Der Bereichsleiter geht bei der anstehenden Entwicklung von einer Geschossflächenzahl von mindestens 2,4 aus (die GFZ gibt das Maß der Bebaubarkeit von Grundstücken an) und könnte demnach mindestens rund 33.000 ­Quadratmeter planen. An der Businessmile 1 sind es – mit dem vorab gebauten Embex-Gebäude – rund 54.000 Bruttogeschossfläche. Auch der dort kreierte Nutzungsmix mit Büroflä-


Projektentwicklungen

chen, kleinerer Gastronomie, womöglich einem Hotel und einer Kita soll auf die Haid mitgenommen werden. Die SRE plant für die Bebauung, noch in diesem Jahr einen städtebaulichen Wettbewerb auf den Weg zu bringen. „Wir sind deswegen gerade in Abstimmung mit dem Baudezernat“, sagt Lauble. Zum Kaufpreis des Grundstücks macht er indes keine Angaben. Der aktuelle Bodenrichtwert liegt bei 190 Euro pro Quadratmeter, demnach hätte die SRE 2,67 Millionen Euro überwiesen. Meist werden Grundstücke aber deutlich über den Richtwerten verkauft.

Foto: © bar, Visualisierungen: © böwer eith murken vogelsang architekten

Finale an der Bahnhofsachse An der Businessmile schlägt die Strabag derzeit das letzte Kapitel auf: Was 2011 mit dem Kauf des alten PostAreals begann, wird Anfang 2023 nach Investitionen in Höhe von rund 200 Millionen Euro – die überwiegend vom regionalen Handwerk verbaut wurden – beendet sein. Denn dann werden auch die beiden Schlusspunkte, zwei je 7500 Quadratmeter große Gebäude hin zum Hölderle Carrée, gesetzt sein. Im Baufeld 5C an der Bahnlinie hat das Freiburger Büro Harter + Kanzler & Partner ein längliches Gebäude geplant, in das neben Büronutzern auch eine rund 400 Quadratmeter große Kindertagesstätte einziehen soll. Lauble führt sowohl mit Firmen als auch mit privaten Kita-Betreibern bereits G ­ espräche und hat Vorverträge unterzeichnet. Weiter möchte er sich noch nicht in die Karten schauen lassen. Der Gestaltungsbeirat der Stadt Freiburg bewerte den Entwurf insgesamt positiv. „Die Ausbildung der

Spieglein Spieglein: Hinter den Fassaden öffnen sich attraktive Plätze.

Fassaden wird begrüßt, insbesondere die Feinheit und die gleichwertige Ausbildung zu allen Seiten“, heißt es im Protokoll. Vorne an der Heinrich-von-StephanStraße wird nach einem Entwurf von Böwer Eith Murken + Vogelsang aus Freiburg ein Haus erstellt, das wie ein Spiegel zum benachbarten Jobrad-Gebäude wirkt. Beide Gebäude haben die offene Seite eines C zueinander, sodass sich im Zwischenraum eine zu bespielende Fläche ergibt. Auch hier hatte der Gestaltungsbeirat manche Optimierungsidee, nicht zuletzt über die Gestaltung des dritten Platzes auf dem Areal. „Wir werden noch Verbesserungen erzielen, die Einbeziehung des Beirats war positiv“, sagt Lauble. Dass 54.000 Quadratmeter neue Nutzer finden, daran habe er nicht gezweifelt. „Diese Sorge hatten wir nie. Freiburg ist ein Standort, an dem hochwertige Büroflächen gebraucht werden.“ Als „stets konstruktiv und verlässlich“ bezeichnet er die Zusammenarbeit mit dem Rathaus. Die SRE sei „glücklich und auch ein bisschen stolz“, dass der ursprüngliche Masterplan für die Bebauung des Areals – sowohl der Hochbau

als auch Freiflächen und gemeinsame Tiefgaragen – ohne eine einzige Bebauungsplanänderung umgesetzt wurde. Alle Häuser haben eine DGNB-Zertifizierung in Gold. Die SRE versucht jetzt, auch die seltene Quartierszertifizierung in Gold zu bekommen. Mit demselben Anspruch werde sie auch auf dem Südwest-Auto-Areal entwickeln. Dort, wo statt Automobilen bald Immobilien gebar handelt werden.

Einmal lang, einmal hoch: Direkt an der Bahnlinie soll es auch eine Kita geben. Der Hochpunkt ist im Rohbau fertig und hört auf den Namen Milestone 2.

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Bauträger

Lofts statt Likör

Startschuss in Kirchzarten

Gisinger baut Cusenier-Fabrik um

Siedlungswerk mit breitem Portfolio

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achdem die Freiburger Gisinger-Gruppe bereits in Riegel aus einer denkmal geschützten Brauerei ein kleines Wohnquartier gemacht hat, bleibt sie dem Genussmittel treu und hat jetzt den Bauantrag für die Umnutzung der alten Cusenier-Likörfabrik in Neuenburg abgegeben.

Die Fabrik war 1925 in den Betrieb gegangen, 1976 verließ der letzte Tropfen das Gelände. Die Rewe-Gruppe erweckte es nach jahrelangem Leerstand wieder zum Leben, schloss aber das Einkaufszentrum Markgräferland 2003 wieder. Und wieder fiel das Areal in den Dornröschenschlaf. Nun aber kommt wieder neues Leben in alte Gemäuer: Gisinger baut 51 Wohnungen (von 50 bis 100 Quadratmetern) auf zwei Etagen. Eine Tiefgarage gibt es wegen des Denkmalschutzes nicht, dafür 79 Außenstellplätze. Wie in Riegel profitieren Käufer von denkmalbedingten Steuervorteilen. Lars Bargmann

Fotomontage: © Gisinger

So soll’s mal aussehen: 51 neue Wohnungen in altem Gemäuer in Neuenburg. 30 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

Visualisierung: ©Siedlungswerk

Kastanienhof: In Kirchzarten gibt es sowohl Eigentums- als auch Mietwohnungen.

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iel Zeit zum Durchatmen hatte Heinz-Dieter Störck zwischen den Jahren nicht. Auf seinem Schreibtisch liegt ein knappes Dutzend an Bauprojekten. Störck leitet für die Siedlungswerk GmbH die Geschäftsstellen in Freiburg und Rottweil. Seine Einsatzorte liegen in halb Baden-Württemberg.

In Südbaden derzeit etwa in Kirchzarten, wo das Siedlungswerk ab März in Kurhaus-Nähe erst im Kastanienhof 14 Eigentums- sowie 17 frei ­finanzierte und 10 geförderte Mietwohnungen baut und dann im benachbarten Birkenhof noch 13 größere Eigentumswohnungen mit bis zu fünf Zimmern. Der Vertrieb startet in den nächsten Wochen, die Preise liegen rund um 4500 Euro – auf Erbbaugrundstücken. In Schliengen hat Störck derweil die Baugenehmigung für 69 Miet- und Eigentumswohnungen erhalten, der erste Spaten wird spätestens im Juni gestochen. In Freiburg wird ein Preisgericht in diesen Tagen den Sieger eines Architektenwettbewerbs für einen Neubau an der Wippertstraße küren (nach

Redaktionsschluss), mit dem Bau wird im kommenden Jahr begonnen. Ebenso wie beim Projekt in Opfingen, wo das Siedlungswerk im Umfeld der St. Nikolaus-Kirche 16 Eigentums-, 11 frei finanzierte und 8 geförderte Mietwohnungen bauen wird. Zudem eine Tagespflegeeinrichtung. In Waltershofen, wo Störck auf dem Alten Sportplatz mit K9 Architekten einen Architekten- und Investorenwettbewerb gewonnen hat und auf einem Erbpachtgrundstück 25 Eigentums-, 27 geförderte Mietwohnungen, einen Supermarkt und eine Bäckereifiliale baut, läuft derzeit die Erschließungsplanung. Insgesamt liegen auf Störcks Schreibtisch Pläne für rund 500 neue Wohnungen: „Und wir wollen uns als gemeinwohlorientiertes Unternehmen mit kirchlichem Hintergrund natürlich auch beim Baugebiet Kleineschholz und im Dietenbach engagieren.“ Das Siedlungswerk gehört zu knapp 75 Prozent dem Bistum Rottenburg-Stuttgart und der Landesbank Baden-Württemberg und hat seit der Gründung knapp 31.000 Wohnungen erstellt. Lars Bargmann


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Generalunternehmer

Zwischen zwei Rekordaufträgen

Die Dürrschnabel Industriebau GmbH: Alle Hebel in Bewegung

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ie Dürrschnabel Industriebau baut für Stammkunden auch mal was Kleines, sie kann aber auch im XXL-Maßstab: Mit der Übergabe des Z6 genannten Bürogebäudes für die Sick AG in Waldkirch haben die Geschäftsführer Stefan Schäfer und Markus Keune soeben ein 25-MillionenEuro-Projekt erfolgreich abgeschlossen. Das bislang größte in der Firmengeschichte. Ein noch Foto: Stauß Immobilien größeres wartet indes schon. Am Stammsitz in Emmendingen liegt bereits das nächste Großprojekt auf dem Tisch: Für die Birkenmeier Stein + Design GmbH beginnt die Dürrschnabel demnächst ein 11.000 Quadratmeter großes Produktionsgebäude in Breisach. Nicht weit weg in Wyhl steht der Rohbau für den 1,1 Millionen Euro schweren Erweiterungsbau des Wärmemessdienstleisters BFW Ritter – der übrigens so erfolgreich ist, dass es während der Bauphase gleich noch eine Erweiterung 2.0 gab. Kein Problem. Schauplatz Nimburg: Hier startet Schäfer im März mit dem Bau eines Betriebsgebäudes nebst Prüflabor für die TiK-Technologie in Kunststoff GmbH, die eine knappe Million Euro investiert. Zudem wird Keune dort die Produktionsflächen der renommierten Metzgerei Feißt für rund 1,5 Millionen verdoppeln. Weiter geht’s nach Bötzingen, wo der Generalunternehmer für eine halbe Million eine Kfz-Werkstatt erstellt. Der Bauantrag wurde soeben gestellt. Die Sparte Wohnungsbau konzentriert sich derweil stark auf Freiburg. Auf dem Güterbahnhof baut Dürrschnabel vermutlich ab Ende dieses Jahres als Joint-

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Foto: © Dürrschnabel Industriebau

Neues Sick-Gebäude: 13.500 Quadratmeter Geschossfläche – mithin zwei Fußballfelder – verbergen sich hinter der Holzfassade. Venture mit der Kirschner Wohnbau GmbH auf zwei Baufeldern 120 (in Worten: einhundertzwanzig) Eigentumswohnungen und vier Gewerbeeinheiten an der Ingeborg-Krummer-Schroth-Straße. Vom Volumen her wird das der neue Rekordauftrag in der Geschichte der Firma. Eine Straße weiter managt Keune zudem den Ausbau des im Rohbau fertigen Kirschner-Projekts Quadriga. Dort soll im Erdgeschoss ein Supermarkt einziehen, weswegen derzeit die Änderung des Bebauungsplans läuft. Auf dem Lorettoberg zeichnet die Dürrschnabel zudem für ein anspruchsvolles Gebäudeensemble mitverantwortlich. Schäfer übergibt im März noch 14 Eigentumswohnungen an einen Bauträger in Kirchzarten, nachdem eine Wohnanlage in Buchenbacher Hanglage mit 23 Einheiten bereits schlüsselfertig abgeschlossen wurde. Es gibt wenig, was die Dürrschnabel nicht im Portfolio hat. Kopfzerbrechen bereitet Schäfer indes die Preisspirale am Bau. „Gerade bei Haustechnik, insbesondere Elektro lässt

sich der Preis heute kaum noch anhand von Tabellen kalkulieren, da holen wir Angebote ein, bevor wir dann den Bauherren was anbieten können.“ In einzelnen Gewerken habe es in den vergangenen Jahren 20 bis 30 Prozent Steigerungen gegeben. Teils durch die steigenden Lohnund Materialkosten, teils durch die hohe Auslastung der Firmen, aber auch durch immer höhere Standards bei der Ausführung. Steckdosen reichen da nicht mehr, für die Kunden sind EDV-Anschlüsse in jedem Zimmer selbstverständlich. Nur ein Beispiel. Trotz der vollen Auftragsbücher: Für die Stammkundschaft stehen Schäfer und Keune immer bereit. So bauen sie für den Fahrradhändler HOTBIKE GmbH einen Anbau und fürs Autohaus Sütterlin noch eine Direktannahme am Standort Tullastraße. Das Traditionshaus war Jahrzehnte in Merzhausen beheimatet. Dort stehen nun vier Wohnhäuser. Erstellt von – der Dürrschnabel Industriebau. Lars Bargmann


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Immobilien

Tauziehen und Leuchtturmprojekt Unmüßig und Rathaus noch nicht einig

Unmüßig hat die von Frey entworfenen Fassaden, die so viele Solarpaneele trugen, dass man schon um die Aussicht der Nutzer bangen musste, vereinfacht. Vom ursprünglichen Konzept ist nicht alles geblieben (etwa Aquaponik, Grauwasserversorgung, Gleich- und Wechselstromkreise), aber das Wichtigste (Solarmodule und ein intelligenter Batteriespeicher zur Quartiersversorgung). Und hier beginnt nun der Deutungsstreit: Reicht das neue Konzept, um vom Rathaus oder auch der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) weiter als „Leuchtturm“ oder „Vorzeigeprojekt“ befördert zu werden? Visualisierung: © Unmüßig

Gespräche hinter den Kulissen

Visualisierung: Unmüßig

51 Meter hoher Turm mit Aussicht: Am Eingang zum Güterbahnhof sollen 57 Apartments, ein Boardinghouse mit 65 Apartments sowie 7000 Quadratmeter Büroflächen entstehen. Noch ist offen, wie es weitergeht. Das Investitionsvolumen liegt bei 50 Millionen Euro.

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s ist nun schon ein Jahr her, dass Peter Unmüßig den Rohbau des Smart Green Tower am Güterbahnhof vom Architekten Wolfgang Frey übernommen hatte. Passiert ist seither wenig: Den nötigen Nachtrag zur Baugenehmigung hatte Unmüßig schon vor Monaten ins Dezernat von Baubürgermeister Martin Haag geschickt. Doch der ist immer noch nicht genehmigt. „Da gibt es noch Gespräche bezüglich der Fassade“, sagt Haag.

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„Es ist gut, dass Unmüßig das angepackt hat, aber das Gebäude ist so hoch und so markant, dass es den Anspruch an ein Vorzeigeprojekt auch erfüllen muss, nicht zuletzt an der Fassade“, sagt Haag. Unmüßig rechnet vor, dass die jetzige Fassade immer noch „eine Million Euro teurer ist als eine normale“ und fragt sich, warum er dieses Geld investieren soll, wenn weder Stadt noch FWTM das Projekt unterstützen. Im Gegenteil, die FWTM habe den Turm sogar von der Homepage (visit.freiburg.de) genommen, auf der Vorzeigeprojekte der Green City gelistet sind. Das bestätigt FWTM-Geschäftsführerin Hanna Böhme: „Ich weiß aktuell nicht, ob das noch ein Leuchtturm ist oder nicht.“ Die Frage müsse jemand beantworten, der die nötige Expertise hat. Sie wünsche sich ein „innovatives Solarfassadenkonzept“, das etwa als Modell für den Dietenbach tauge. Vermarktungsgefallen könne die FWTM nicht machen. Ein anerkannter Experte dürfte für Unmüßig nicht schwer zu finden sein, habe er doch die Kooperationen mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, der Badenova, Siemens und dem Batteriehersteller ads-tec GmbH fortgeführt. Hinter den Kulissen laufen jedenfalls derzeit Gespräche mit dem Stadtplanungsamt und bald auch mit Böhme. Dass Unmüßig in den drei Gebäuden etwas mehr Flächen nutzbar machen will, sei, so Haag, nicht das Problem. Die zu beantwortende Kernfrage: Wie kann der Tower seiner herausragenden Kubatur auch inhaltlich gerecht werden? Nicht vergessen sollten Rathaus und FWTM dabei, dass Frey das Projekt nicht freiwillig abgegeben hat. Nur eine wirtschaftliche Lösung wird dem derzeit bekanntesten Freiburger Betonbau seinen mahnenden Ausdruck nehmen. Lars Bargmann


Bauträger

Im Herzen der Stadt

WOBAG investiert allein in Bad Krozingen 15 Millionen Euro

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undamentale Arbeit im Wortsinn leistet derzeit die Wohnbau Baden AG (WOBAG) in Bad Krozingen. Bei der Bebauung der neuen ­Ortsmitte legten die Freiburger in der Baugrube Reste alter Mauern und einen ganzen Friedhof – samt Leichen und Grabbeigaben – aus dem 18. Jahrhundert frei. Da die Archäologen erst alles dokumentieren, verzögert sich der Baubeginn um ein halbes Jahr. WOBAG-Vorstand Klaus Ruppenthal ist deswegen aber nicht schlechter Laune. „Das sind wichtige Arbeiten, und sie machen ein interessantes Projekt noch interessanter“, sagt er. Interessant sind bei diesem Projekt die Gebäudekörper, die figurativ weit weg von „quadratisch, praktisch, gut“ sind und mit einer sehr lebendigen Dachlandschaft werben. Unter den drei Dächern wird es bis Ende kommenden Jahres 22 Wohnungen geben, in den Erdgeschossen fünf attraktive Einzelhandelsflächen auf rund 750 Quadratmetern. Ganz unten sorgt ein Blockheizkraftwerk für die nötige Wärme und könnte noch andere Gebäude im Umfeld mitversorgen. Ruppenthal sucht für die Lage im Herzen der Stadt noch einen „guten Gastronomen“, der den Nutzungsmix kulinarisch abrundet. Die Quadratmeterpreise in den Wohnungen werden oberhalb von 5000 Euro liegen. Insgesamt investiert die WOBAG in der Kurstadt 15 Millionen Euro. Reines Wohnen in sechs Doppelhaushälften über einer Tiefgarage gibt es indes bald in Heuweiler. Frisch im Vertrieb sind zudem elf Reihenhäuser mit direktem Tiefgaragenanschluss in der Kaiserstuhlgemeinde Königschaffhausen. Im Lörracher

Foto: © Jessica Gerspacher

Modellfoto: Wohnbau Baden AG

Im Herzen der Stadt: Verklinkerte Erdgeschosse und interessante Dachlandschaften prägen das Projekt in der Ortsmitte von Bad Krozingen. Neubaugebiet Belist hat Ruppenthal im Dezember die Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus mit zwölf Wohnungen erhalten. Hier startet demnächst der Vertrieb, in einem zweiten Bauabschnitt sollen 17 Einheiten in zwei Stadthäusern entstehen, die unter anderem auch großzügige Gemeinschaftsflächen, etwa fürs Urban Gardening, haben. In Teningen hat die WOBAG die Hälfte von 32 Wohnungen bereits verkauft, in Waldkirch beim Projekt Am Schänzle startet im März der Verkauf von sieben Kettenhäusern, im letzten Abschnitt beim größten WOBAG-Projekt der Firmengeschichte gibt es dann noch sechs Doppelhaushälften und ein Einfamilienhaus. bar Anzeige

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Handwerk

Hände schmutzig, Aussichten prima Handwerksbetriebe investieren immer mehr ins Personal

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er Fachkräftemangel ist inzwischen das Wort oder vielleicht besser Unwort einer ganzen Generation geworden. Das trifft so gut wie alle Bereiche, auch das Handwerk. Deswegen lassen sich Betriebe immer mehr einfallen, um Auszubildende, aber auch schon Ausgelernte für sich zu interessieren. „Bei uns gibt es individuelle Angebote für die Mitarbeiter, denn jeder hat andere Bedürfnisse“, weiß etwa Heiko Geffers, Inhaber der Franz Herbstritt GmbH mit aktuell 33 Beschäftigten. Der Haustechniker bietet flexible Arbeitszeiten, vierstellige Begrüßungs­ prämien für neue Mitarbeiter, Betriebs­

ausflüge mit der ganzen Familie, kostenfreie Karten für Heimspiele des SC Freiburg, wo die Franz Herbstritt GmbH Sponsor ist, einen zukunftssicheren Arbeitsplatz, Weiterbildungsmöglichkeiten und gute Besoldung. „Die Zukunftsaussichten sind gigantisch. Da fast jeder studieren will und sich immer weniger junge Menschen die Hände schmutzig machen wollen, werden Handwerker stetig gefragter“, so Geffers. Handwerker könnten stolz auf ihr Können sein, gerade im Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsbereich arbeite man für die elementaren Bedürfnisse der Menschen und der Umwelt. Und: Handwerker können durch Eigenleistungen auch Geld beim Bau von

Foto: © Franz Herbstritt GmbH

Die Franz-Herbstritt-Mannschaft: Hier beim Betriebsausflug in Oslo. Der SC-Sponsor lädt die Mitarbeiter auch zu Heimspielen ein. Eigenheimen sparen. Geffers: „Wir freuen uns auch dieses Jahr wieder auf nette, engagierte Menschen, die eine lang­ jährige, erfüllende Arbeit oder Ausbildungsplätze suchen.“ Die jüngsten drei Azubis hat Geffers direkt übernommen. bar

„Werte gefragter denn je“ Die HWK zeichnet ihre Besten aus

So sehen Sieger aus: Das sind die Preisträger der Auszeichnung „Handwerksunternehmen des Jahres“ 2019 mit den Laudatoren und Gastgebern. Foto: © HWK FR/Tobias Heink

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ie Handwerkskammer Freiburg (HWK) hat in einem Festakt in der Meckelhalle der Sparkasse Freiburg die besten Handwerksunternehmen des Jahres 2019 ausgezeichnet. Den Titel dürfen nunmehr tragen: Müller Brennereianlagen GmbH (Oberkirch-Tiergarten), Metzgerei und Partyhaus Kaiser (Rheinhausen), Ritter Elektrotechnik GmbH (Freiburg) und die Graf GmbH aus Kandern. Einen Sonderpreis für eine gelungene Unternehmensübernahme bekam die Bury Haustechnik GmbH aus Ihringen.

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Müller baut moderne, individuelle Brennereianlagen und ist weltweit gefragt, die Metzgerei Kaiser bezieht ihre Produkte ausschließlich aus der Region, der Spagat zwischen Traditionsverbundenheit und einem modernen Auftreten gelinge ihr besonders eindrucksvoll. Ritter ist beispiel­ gebend in der Nachwuchsförderung und beim Umwelt­­bewusstsein: In diesem Jahr ist der Neubau einer Betriebs­stätte geplant, die dreimal so viel Energie produziert, wie sie verbraucht. Die Graf GmbH bietet ihren Mitarbeitern ein tolles Umfeld, ist sehr stark gesellschaftlich engagiert und versucht, möglichst klimaneutral zu arbeiten. Die Bury Haustechnik hat die Nachfolge in die vierte Generation (an die Söhne Daniel und Pascal) erfolgreich bewältigt. „Das Handwerk nützt uns allen. Die Handwerksorganisationen als starke Interessensvertreter, genauso wie die politischen Akteure, auch in den kommunalen Parlamenten, sollten daher ihren Beitrag leisten, das Handwerk in seiner Tradition, Dynamik und Vielfalt zu erhalten. Diese Werte sind aktuell gefragter denn je“, sagte HWK-Vorstandsmitglied Friedrich Sacherer bei der Preisverleihung. chilli


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Makler

Millioneninvest am Martinstor

Stauß Immobilien managt die Revitalisierung bei Radio Bastian

Foto: Stauß Immobilien

Baudenkmal von hinten: Das Radio-Bastian-Gebäude stammt aus der Feder des Karlsruher Architekten Gerhard Assem, Ende 2020 wird es neu bezogen werden.

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s ist eines der markantesten Gebäude an der KaiserJoseph-Straße in Freiburg, das Haus mit der Nummer 260, den meisten Freiburgern schlicht als Radio Bastian bekannt. Im Auftrag einer Freiburger Familie wird das Gebäude derzeit unter der Regie von Stauß Immobilien grundlegend saniert. Für mehrere Millionen Euro. Das 1971/1972 erstellte Gebäude ist denkmalgeschützt. Und auf den zweiten Blick sieht man auch, warum: die Sichtbetonfassade ist überwiegend handgeschalt mit Nut- und Federbrettern. „Die Architekten und Handwerker haben mit viel Liebe zum Detail gearbeitet“, sagt Günter Burger, der im Büro von Inhaber Andreas Stauß die Projekt- und Bauleitung für die Kajo 260 macht. Während die Vorbesitzer, etwa die VolkswohlBund-Versicherungen, immer nur stellenweise sanierten, nehmen die neuen Freiburger Eigentümer viel Geld in die Hand, um die Immobilie in eine sichere Zukunft zu führen.

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Aufwendig ist nicht nur die Revitalisierung, aufwendig ist auch das Prozedere mit den Denkmalschützern von Stadt und Land. Die Zusammenarbeit sei „sehr kooperativ“, erzählt Burger. Es gab eine ganze Reihe von Vorort-Terminen, um eine lange Latte von Details zu besprechen. Optische, aber auch technische. Da wurden mehrere Muster hergestellt, Fachplaner und Bauphysiker eingeschaltet. Die beiden größten Einzelgewerke sind die Betonfassade nebst den arkadenbildenden Betonsäulen und die großen Fensterflächen, wo neue Gläser in die vorhandenen Rahmenkonstruktionen eingelassen werden. Zudem wurde die komplette Haustechnik inklusive der Kühlung auf einen modernen Stand gebracht, ein neuer Fahrstuhl eingebaut und das Flachdach saniert. Als Architekt ist Johannes Klorer, Inhaber des Freiburger Büros Geis & Brantner, tätig. An der Seite zur Metzgerau bleibt übrigens ein etwa zehn Quadratmeter großes Betonwandteil im ursprünglichen Zustand – damit die Menschen dort die Geschichte ablesen können.

Stauß hört Burger aufmerksam zu, sein Job ist es nun, die frisch sanierten Flächen bis Ende des Jahres auch in frische Hände zu geben. Im vierten Obergeschoss hatte er keinen allzu großen Aufwand: Stauß zieht mit Teilen seiner elfköpfigen Mannschaft selbst ins Gebäude ein, aus dem der Hi-Fi-Händler Radio Bastian 2005 ausgezogen war. Für die rund 250 Quadratmeter großen Flächen im Erd- und Untergeschoss befindet sich Stauß in Gesprächen mit Einzelhändlern, aber auch Gastronomen: „Am liebsten wäre es mir, wenn wir einen Freiburger Mieter für unseren Freiburger Eigentümer fänden.“ Der will das Haus nach Sanierung und Neuvermietung nicht wieder auf den Markt geben. Und trifft deswegen auch mal teurere Entscheidungen. Drüber gibt es Büroflächen (1. bis 3. OG, Nettokaltmiete rund um 16 Euro) nur einen Steinwurf vom Martinstor entfernt. Insgesamt bietet das Haus gut 1200 Quadratmeter inklusive einer Dachgeschosswohnung mit spektakulärem Blick über die Dächer von Freiburg. Parkplätze gibt es in der benachbarten Uni-Garage, Stauß hat zudem schon ein gutes halbes Dutzend Stellplätze von Privaten im nahen Umfeld angemietet, um den künftigen Nutzern nicht mit leeren Händen zu begegnen. Diese Stellplätze sind deutlich sinnvoller als die völlig verhunzte Telefonsäule direkt vor der Tür, die zum frischen Antlitz des Hauses – wenn es sich bald wieder aus seinen Schutznetzen wickelt – etwa so gut passt wie ein Alt-Internationaler in den Kader von Christian Streich. Lars Bargmann



Baurecht

Gerangel um Nachträge

Trend feiert Festival

Neues BGH-Urteil

Tiny Houses im Fokus

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s gibt so gut wie keine Baustelle, auf der nicht während des Bauens Mehrarbeiten zu erledigen sind. Beispiel Rohbau: Ausgeschrieben sind 200 Quadratmeter Schalung, beim Stellen derselben wird klar, dass 240 Quadratmeter benötigt werden.

Foto: © Pixabay

Rechtsprechung: Wir berechnet man den Preis korrekt? Für die über 110 Prozent der ausgeschriebenen Menge hinausgehende Schalung, in diesem Fall 20 Quadratmeter, können Rohbauer und Bauherr einen neuen Preis verlangen. Dies sieht die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) vor. Dieser neue Preis ermittelt sich nach dem bisherigen Preisniveau des Vertrags – juristisch ausgedrückt: nach dem Grundsatz der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung. Das hat sich nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) nun geändert. Mit Folgen für beide Seiten. Der BGH hat verfügt, dass für diesen Mehraufwand nicht mehr der ursprünglich kalkulierte Preis, sondern nur die tatsächlich angefallenen Lohn-, Geräte- und Materialkosten so42 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

wie „angemessene“ Zuschläge berechnet werden dürfen. „Und es bestehen gute Argumente für eine Übertragung dieser Grundsätze auch auf die Mehrvergütung bei geänderten und zusätzlichen Leistungen“, sagt Raffael Greiffenberg von der Staufener Baurechtsspezialistenkanzlei Steiger, Schill und Kollegen. Streitigkeiten um Nachträge sind in der Kanzlei so alltäglich wie der morgendliche Kaffee. Da der BGH aber in einem Fall entschieden habe, in dem die Parteien ausschließlich die Regelungen der VOB/B zugrunde gelegt hatten und diese selbst keine Regelung enthält, wie der neue Preis konkret zu berechnen ist, enthält der Vertrag eine sogenannte planwidrige Regelungslücke. Diese sei nun anhand der tatsächlichen Kosten zu schließen. Für Nicolas Schill gibt es diese Lücke aber nur, wenn die Parteien neben der VOB/B nicht von vornherein einen konkreten Maßstab für die Preisbildung vereinbart haben. Häufig gibt es eine solche Vereinbarung. Etwa auch die gute alte vorkalkulatorische Preisfortschreibung. Und wenn beide Seiten diese ausdrücklich vereinbart haben, dann greift das neue BGH-Urteil ins Leere. Entsprechende Vertragsgestaltungen gehören in Staufen auch zu den Alltäglichkeiten. Eine ganz andere Frage sei jedoch, ob die Preisermittlung nach der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung bei Neuverträgen auch wirksam in den AGBs geregelt werden könne. „Dies ist vor dem Hintergrund des gesetzlichen Leitbildes in § 650 c BGB zumindest fraglich“, sagt Greiffenberg. Man müsse abwarten, wie sich die Rechtsprechung entwickelt. bar

Foto: © MesseKarlsruhe JuergenRoesner

Klein, aber fein: Tiny Houses auf dem Messe-Campus in Karlsruhe. Wo läuft Europas größtes Tiny House Festival 2020? In Karlsruhe, auf der Messe. Die ganze Vielfalt des alternativen Wohntrends geht dort vom 19. bis 21. Juni in seine dritte Runde. Interessierte können dabei über 20 Tiny Houses besichtigen – oder auch gleich bestellen. Das Atrium des Messegeländes dient als Ausstellungsfläche für die mobilen Häuser und bietet mit Foodtrucks und Lounges Festivalstimmung. Zudem gibt es ein umfangreiches Vortragsprogramm und Workshops zu den Tiny Houses. Das Community-Treffen bietet Herstellern, Ausstattern, Selbstbauern, Vereinen sowie Fans die Möglichkeit, sich untereinander zu vernetzen und auszutauschen. Die Besucher finden auch alles, was sie brauchen, um selbst ein Tiny House zu bauen. Immer schön flexibel bleiben, das könnte das Motto des Festivals sein. Mehr Info: www.new-housing.de Eine Geschichte zu Tiny-HousePionieren in der Region lesen Sie hier: bit.ly/2tCx5el

Foto: © tln


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Home oder Office? Atmosphärisch werden die Räume durch die Architektur von Sennrich & Schneider.

Die besondere Note Das Architekturbüro Sennrich & Schneider bringt heimische Behaglichkeit ins Büro

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rchitektur ist wie eine Komposition: Ein gutes Musikstück ist nuanciert, mit klarer Sprache, dabei nicht aufdringlich, aber eingängig. Genauso sehen die beiden Geschäftspartner Mike Schneider und Tobias Sennrich die Aufgabe von Architektur. Dabei beschränkt sich ihr Arbeitsfeld nicht nur auf den privaten Wohnungsbau, sondern auch auf gewerbliche und öffentliche Gebäude. Hier vereinen sie in ihren Bauwerken Bewährtes mit Besonderem und verleihen den Gebäuden damit die besondere Note. Noch vor PC, Drucker und Bleistift: Grundlage eines funktionierenden Betriebes ist zunächst einmal eine gute Bürostruktur und dabei steht der Mensch als Maßstab im Vordergrund. Dazu benötigt es „gutes Licht, sauberes Klima und eine angemessene Größe, was die Basis einer modernen Betriebsstruktur darstellt“, erklärt Mike Schneider, einer von zwei Geschäftsführern. Hierzu muss individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse der Menschen vor Ort eingegangen werden. Dies kann in Form von „Napping­ rooms“ für ein Power-Nap in der Mittagspause geschehen oder durch Wohlfühlinseln ebenso wie durch ansprechend gestaltete Meeting Points für unterschiedliche Gruppengrößen

und Gesprächsthemen. „Durch Architektur lässt sich unter­ schwellig viel machen“, kommentiert der 45-Jährige. Wichtig sei, dass beim Bau eines Büros genauso auf Behaglichkeit geachtet werde wie beim privaten Wohnungsbau: Wer sich wohlfühlt, arbeitet auch besser. Für den Gewerbebau greifen die Experten auf vierzehn Jahre Erfahrung bei der Konzeption von Privaträumen zurück. „Wir haben unser Geschick für Gebäude auf Büros ausgeweitet“, sagt Schneider. Heute gehe es auch am Arbeitsplatz mehr um Wohnatmosphäre und weniger um Quadratmeter. „Räume müssen funktionieren und den täglichen Bedürfnissen ihrer Bewohner gewachsen sein“, so Schneider. Ein Flur dürfe beispielsweise nicht direkt den Blick ins Wohnzimmer preisgeben. Viele dieser Konzepte für die eigenen vier Wände ließen sich auf den Arbeitsplatz übertragen. Architektur auf ganzer Linie: Lichtdurchflutete Räume, zeitloses Design, modernes Interieur, und das Ganze passend zur Corporate Identity. Ein Bau sagt mehr als tausend Worte. „Durch Architektur wird der gesamte Geschäftsgegenstand für Kunden und Partner transportiert“, so Schneider. Eine solche Architektur müsse nicht teuer – aber allemal gut geplant sein. „Gemeinsam mit dem Bauherrn erörtern wir Bedürfnisse und arbeiten dann einen

Fotos: © Sennrich & Schneider, privat

„Wer sich wohlfühlt, arbeitet auch besser“

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präzisen Plan aus“, sagt Schneider über die beratungsintensive Phase. „Ehrlichkeit ist immer der erste Schritt“, sagt sein Geschäftspartner Tobias Sennrich. Immer wieder kommt es vor, dass Grundstücke zu horrenden Preisen verkauft werden, sodass es schwierig wird, mit dem restlichen Budget ein angemessenes Gebäude zu errichten. Aber auch hier versuchen Sennrich & Schneider im wirtschaftlichen Rahmen zu beraten und gemeinsam nach Alternativen zu suchen. „Wir raten dann aber, zumindest das Schwimmbad wegzulassen“, scherzt Sennrich. Im Laufe der vielschichtigen Aufgabe, ein Gebäude von der Idee bis zum Einzug umzusetzen, kommt es immer wieder zu kniffligen Situationen, bei denen man mit Offenheit, Transparenz und Konsequenz eine gemeinsame Lösung findet. „Ein wichtiger Bestandteil hiervon ist auch eine realistische Kostenkalkulation für den Kunden und die regelmäßige Kostenkontrolle während des gesamten Bauverlaufs“, so der 43-Jährige.

Wachsen an komplizierten Details: Mike Schneider (l.) und Tobias Sennrich.

Von Achern bis Bad Säckingen, von Turnhalle bis Weingut. Mehr als 70 Projekte jährlich setzt das 35-köpfige Team aus Architekten, Bauzeichnern und Bauleitern in Südbaden und über die Landesgrenzen nach Frankreich um. Auch das Kundenspektrum passt laut Schneider nicht auf ein Zeichenbrett: „Vom Landwirt bis zum Indus­ triellen ist alles dabei.“ Die Bedürfnisse der Bauherren seien so speziell wie unterschiedlich. „Im Endeffekt wollen aber alle dasselbe“, weiß Sennrich, „und zwar gute Architektur“. Dabei könne es sich um einen nachhaltigen Ausbau eines bestehenden Gebäudes handeln, wie im Falle einer 2019 für die Leonhard Paul GmbH – Fenster & Haustüren – umgebauten Gewerbehalle im Freiburger

„Anspruchsvolle Aufgaben bringen uns weiter“ Norden. Oder um einen Neubau auf grüner Wiese, wie das 2017 eröffnete Gewerbegebäude für die Firma Volz Selbstklebetechnik GmbH in Schallstadt. Die sorgfältige Auswahl der Materialien sei ein Muss: „Es ist ein Unterschied, ob man im Schwarzwald oder in der Tiefebene baut“, sagt Sennrich. Eine Standard-Blaupause haben die beiden nicht in der Schublade. „Das ist anstrengend, aber die anspruchsvollen Aufgaben bringen uns oftmals weiter als die einfachen“, so Schneider. Mit Standards geben sich die beiden nicht zufrieden. „Nur, weil etwas schon immer so gemacht wurde,

Architektur transportiert den Geschäftsgegenstand bis zum Corporate Design: Das Firmenlogo von SSC-LUXon GmbH spiegelt sich im großflächigen Glaselement. muss man es nicht auch weiterhin so machen“, betont Sennrich. Gute Architektur muss auch nicht teurer sein. Mit diesem Leitgedanken schafft es das Architekturbüro Sennrich & Schneider, neben den Kosten auch immer die Funktionalität aller Bauelemente stets im Blick zu haben. Diesen Grundsatz werden sie auch beim Bau ihres neuen eigenen Büros in Breisach am Rhein berücksichtigen. Auf einem 2000 Quadratmeter großen Grundstück wird dort ein komplett neuer Arbeitsbereich entstehen. Das Team Sennrich & Schneider freut sich schon jetzt auf die neuen Räumlichkeiten, bei denen alle Mitarbeiter im Rahmen von Workshops eigene Ideen und Inspirationen eingebracht haben, sodass auch hier die besondere Note von Sennrich & Schneider spürbar wird.

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Info Umfassende Projektdarstellungen mit Fotos: www.senrich-schneider.de 5 Anzeige

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Projektentwicklungen

Heute und morgen: Anstelle der alten Bestandsgebäudes sollen zwei neue einen Innenhof einfassen.

Karambolage am Crash

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as Crash erhalten, bezahlbare Wohnungen bauen und Räume für Kleingewerbe und Künstler schaffen – das sind die Pläne von Flurstück 277, einer Initiative aus Anwohnern, interessierten Bürgern und den Betreibern des Clubs an der Freiburger Schnewlinstraße. Lange lagen ihre Ideen auf Halde. Doch nachdem jetzt feststeht, dass die benachbarte Industrie- und Handelskammer (IHK) das Areal nicht für ihre Erweiterung braucht, kommt Bewegung in die Sache. Im Rathaus gibt man sich indes zurückhaltend. Der Briefkopf ist beeindruckend: Sieben der insgesamt neun Fraktionen und Gruppierungen des Gemeinderats haben sich Ende Januar an Oberbürgermeister Martin Horn gewandt, ihre Logos prangen oben auf der gemeinsamen Anfrage. Darin begrüßen sie das Konzept von Flurstück 277, „das sowohl die Clubräume des Crash

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erhalten (...) als auch dringend benötigten Wohnraum schaffen kann“. Es folgen die Fragen, wann die Vermarktung des Grundstücks Thema im Gemeinderat wird und nach welchen Kriterien sie erfolgen soll. Unterschrieben haben, in seltener Übereinstimmung, Grüne, Eine Stadt für alle, SPD/Kulturliste, CDU, JUPI, FDP/Bürger für Freiburg und die Freien Wähler. Nicht mit von der Partie sind Freiburg Lebenswert und die AfD. Das dürfte Bewegung in eine Diskussion bringen, die bislang von städtischer Seite aus noch gar nicht angedacht war. Das Thema stehe in „absehbarer Zeit“ weder in Ausschüssen noch im Gemeinderat auf der Tagesordnung, so Stadtsprecher Toni Klein. Genau darauf hoffen aber die zwölf Mitstreiter von Flurstück 277, die sich seit viereinhalb Jahren alle zwei Wochen treffen, darunter Matthias Möller: „Wir interpretieren das so, dass der Knoten für uns jetzt geplatzt ist, die Signale auf Grün springen und wir loslegen können.“

Fotos: © ABMP-Architekten, Google-Luftbild/GeoBasis/BKG, André

Initiative Flurstück 277 hofft auf Durchbruch – Rathaus bremst


Projektentwicklungen

Gemeinsam mit dem Architekturbüro ABMP haben sie für das Crash-Areal ein Konzept ausgearbeitet. Bislang rein ehrenamtlich, aber das könne auf Dauer laut Möller natürlich nicht so bleiben: Das Architektenteam um Rolf Amann und Hubert Burdenski würde gerne richtig in die Planungen einsteigen. Aktiv wurde die Initiative, als 2015 bekannt wurde, dass die IHK das knapp 1700 Quadratmeter große Grundstück mit der Flurnummer 277 für ihren Erweiterungsbau kaufen wollte. Bürogebäude anstelle des beliebten Musikkellers – das ging nicht nur den Crash-Betreibern, sondern auch etlichen Anwohnern und anderen Bürgern gegen den Strich. „Wir wollen das Crash erhalten und sind überhaupt nicht damit einverstanden, dass sich die Bürobebauung der Heinrich-von-Stephan-Straße bis hier ins Viertel frisst“, sagt Möller. Stattdessen plant die Initiative, den Musikkeller gut zu dämmen und mit fünf Stockwerken zu überbauen. Zwei ebenerdige Durchgänge – einer für Fußgänger, einer für Fahrzeuge wie etwa Bandbusse – sollen von der Schnewlinstraße aus in den Hinterhof führen. In beiden Häusern ist in den unteren Etagen Platz für Ateliers und Werkstätten, in den oberen für bis zu 18 Wohnungen. Davon sollen mindestens 50, gerne 70 Prozent sozialgebunden sein, die anderen frei finanziert, erzählt Helma Haselberger vom Mietshäusersyndikat, die sich ebenfalls bei Flurstück 277 engagiert. Die Gesamtinvestitionssumme liege bei rund acht Millionen Euro. Wobei das Grundstück da noch nicht eingepreist ist. Die erforderlichen 20 bis 30 Prozent Eigenkapital wollen die Initiatoren über Direktkredite aufbringen: Will heißen, sympathisierende Privatpersonen oder Gruppen leihen ihnen Geld und bekommen dafür Zinsen. „In Gutleutmatten haben wir auf diese Weise 4,5 Millionen Euro zusammenbekommen“, berichtet Haselberger. „Es gibt immer mehr Menschen, die uns unterstützen wollen“, sagt auch Möller. „Für Kleinsparer, die auf der Bank nichts mehr für ihr Geld bekommen oder gar Negativzinsen zahlen sollen, ist das eine echte Alternative.“

So weit die Pläne. Jetzt ist die Verwaltung am Zug, die auf die gemeinsame Anfrage allerdings noch keine Antwort hat. Horn stehe der Initiative positiv gegenüber und freue sich, „dass für die Erweiterung des IHK-Grundstücks sowie für die Entwicklung des Flurstücks 277 gute Lösungen auf dem Weg sind“, so Pressereferentin Petra Zinthäfner. Allerdings werde sich die Initiative bei einer Ausschreibung „wie alle sonstigen Interessenten auch bewerben müssen“. Wann der Gemeinderat informiert wird, sei noch offen, heißt es. Die Detailfragen der Fraktionen würden aktuell in der Verwaltung bearbeitet und geklärt. Die Fraktionen selbst sind derweil optimistisch. Der grüne Stadtrat Timothy Simms wünscht sich, dass die Initiative „eine faire Chance“ bekommt, Irene Vogel von „Eine Stadt für alle“, dass sie „jetzt zum Zug kommt“, und Julia Söhne, Vorsitzende der Fraktion SPD/Kulturliste hofft, „dass der Weg frei ist“. Darüber hinaus freut sich Söhne, dass jetzt, wo die IHK auf ihrem eigenen Grundstück bauen kann, „die Faulerpalette aller Voraussicht nach frei bleibt“. Stella Schewe Anzeigen

Musikkeller: Ob die Initiative das Grundstück kriegt, ist noch offen.

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Genossenschaften

Neue Chefin der Ingenieurkammer Davina Übelacker ist seit 1. Fe­bruar neue Geschäftsführerin der In­ge­ni­eur­ kammer Baden-Württemberg. Die 31-jährige Syndikusanwältin arbeitete bereits seit Mitte 2016 für die Kammer im neu geschaffenen Justiziariat und möchte „verstärkt das Gespräch mit Politik und Behörden suchen und die Nachwuchsgewinnung deutlich intensivieren“.

Sparvolumen bei 117 Millionen Euro Neue Rekordzahlen beim Bauverein

Familienheim spendet 1800 Bäume Die Baugenossenschaft Familienheim Freiburg hat Botschaftern der Organisation „­ Plant-for-the-Planet“ einen symbolischen Scheck über 1800 Bäume übereicht. Hintergrund: Anlässlich ihres 90-jährigen Firmenjubiläums im Januar 2020 schenkt die Genossenschaft 8800 Mitgliedern eine Tafel Schokolade. „Plant-for-the-Planet“ pflanzt pro fünf verkauften Tafeln einen Baum. „Das Engagement der Kinder- und Jugendinitiative Plantfor-the-Planet, weltweit Bäume zu pflanzen, um CO2 zu binden, imponiert uns sehr. Deshalb unterstützen wir das“, so die Vorstandsvorsitzende Anja Dziolloß.

Schemmer bestätigt Die Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein hat den Freiburger Makler und Immobilienfachmann Dirk Schemmer als öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Immobilienbewertungen bestätigt und sein Mandat bis 2025 verlängert. „Um die öffentliche Bestellung für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken zu erhalten, muss sich ein Sachverständiger einer aufwändigen Überprüfung unterziehen. Auch danach steht die Tätigkeit unter der Aufsicht der Bestellungsbehörde“, so Schemmer. Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, eine Art Gütesiegel, gibt es in Freiburg insgesamt nur sieben. 48 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

Foto: © Bauverein Breisgau

Keine Geldsorgen: Marc Ullrich (m), Jörg Straub (r.) und der nebenamtliche Vorstand Gerhard Kiechle.

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eim Bauverein Breisgau (BVB) liegt der 120. Geschäftsbericht vor. Die älteste Freiburger Baugenossenschaft verzeichnet darin erneut einen Rekord bei der Spareinrichtung: Allein im vergangenen Jahr wuchs das von den Mitgliedern angelegte Geld um mehr als fünf auf 117 Millionen Euro. Die Zahl der Genossen legte im gleichen Zeitraum um 1100 auf knapp 24.000 zu. Wenn die alle zusammenkämen, wäre das Schwarzwald-Stadion voll.

Auf mittlerweile rund 5000 summieren sich die eigenen Wohnungen des Bauvereins. Die Durchschnittsmiete lag Ende 2019 bei knapp sieben Euro. 100 neue Einheiten sind derzeit im Bau – auf dem Güterbahnhof in Freiburg, in St. Georgen, in Littenweiler – und die nächsten größeren Projekte stehen in den Startlöchern. So wollen die Vorstände Marc Ullrich und Jörg Straub im Sommer in Herbolzheim ein erstes kleines Projekt mit einer fünfgruppigen Kita und sechs Wohnungen beginnen, bevor sie 2021 mit der Bebauung eines 5500 Quadratmeter großen Areals im benachbarten Quartier Herrengüter West III starten.

Von insgesamt 64 Wohnungen geht etwa ein Dutzend in den Verkauf, der Rest wird an Mitglieder vermietet. Auch in Schallstadt wartet in der Ortsmitte ein Projekt mit 16 Eigentumswoh­­ nungen (Quadratmeterpreise im Schnitt bei 4800 Euro), 33 Mietwohnungen, einer Kita, einem Café und einer Senioren-Tagespflegeeinrichtung auf den Startschuss. Die beträchtliche eigene Bauleistung kann der Mitgliederentwicklung trotzdem nicht das Wasser reichen, sonst hätte der BVB im vergangenen Jahr 1100 Einheiten übergeben müssen. So wird auch in 120 Jahren die komplette Versorgung aller Mitglieder kaum gelungen sein. Zumal die eigenen Entwicklungsflächen in Freiburg nun erschöpft sind. „Wir kommen unserem Auftrag aber mehr und mehr durch neue innovative Projekte im gut angebundenen Umland nach“, sagt Ullrich. Während man in der Region Breisgau „einen klaren Zuspruch zu genossenschaftlichen Wohnkonzepten“ spüre und mit vielen Kommunen in erfolgversprechenden Gesprächen sei, bleibe in Freiburg nur die Hoffnung auf eine politische Berücksichtigung des besonderen und bewährten Genossenschaftsbar modells.


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chilli | bauen & wohnen | 02.2020 | 49


Unternehmen

GFA-Stammsitz in Ettenheim: Die Gruppe zählt mittlerweile rund 15.000 Kunden.

Trumpf-Ass: Unabhängigkeit

Bei der GFA Gruppe feierte die Immobilientochter ein starkes erstes Jahr

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Fotos: © GFA

ullastraße 22, Ettenheim. Ein einladender Eingang, freundliche Gesichter, familiäre Atmosphäre. Am Stammsitz der GFA-Gruppe, deren Keimzelle schon Ende 1997 aufging, arbeiten heute 30 von insgesamt 35 fest angestellten Mitarbeitern. Hier werden nicht nur jährlich rund 100 Millionen Euro an Baufinanzierungen vermittelt, hier hat auch das jüngste Familienmitglied, die GFA Immobilien, jetzt ihr erstes erfolgreiches Jahr bilanziert. Hauptspielort der GFA ist zwar die Ortenau, auf der Landkarte der Kundschaft gibt es aber auch Einträge von Offenburg im Norden bis an die Schweizer Grenze. Räume für persönliche Kundentermine gibt es nun erstmals auch in Freiburg, im Kreativpark der Lokhalle auf dem Güterbahnhofareal. „Nach sehr nachhaltigem Wachstum in der Region möchten wir uns jetzt mehr und mehr auch in Freiburg zeigen“, 50 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

erklärt Pirmin Bender, der die Geschäfte der GFA Finanzberatung zusammen mit Edwin Muttach und Thomas Schneider führt. Die Finanzberatung ist die größte Firma der Gruppe, zu der neben der Immo auch die Vermögensverwaltung zählt. Die hat ihren Sitz in Herbolzheim und wird von Werner Krieger und Udo Winterhalder geführt. Die Immobilientochter verantwortet Michael Rascher, der im vergangenen Jahr mit kleiner Mannschaft zwei Dutzend Objekte im Wert von zehn Millionen Euro an den Mann oder die Frau gebracht hat. Die Immo greift dabei weit über den Tellerrand des reinen Maklergeschäfts hinaus: erstellt mit Netzwerkpartnern Wertgutachten, hilft beim Erstellen des Kaufvertrags, begleitet den kompletten Verkaufsprozess bis zum Notar, kümmert sich um Grundbucheinträge, ist bei der Übergabe der Immobilien an die Käufer dabei und weiß durchaus auch, welche Möglichkeiten es gibt, den Kaufpreis anschließend clever zu investieren.


Unternehmen

In qualitätsvoller Atmosphäre beraten die Experten nahezu täglich Menschen, die Immobilien kaufen wollen. Michael Rascher (o. l.) führt die Immobilientochter der GFA, Pirmin Bender (o.r.) ist Geschäftsführer der Finanzberatung. „Wir begreifen jeden einzelnen Kunden ganzheitlich, letztlich machen wir, wenn gewünscht, eigentlich Lebensberatung“, sagt Bender. Dazu zählt die rechtliche Vorsorge (Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten, Testamente), dazu zählen auch die persönliche oder geschäftliche Absicherung im Krisenfall, die optimale Geldanlage, die betriebliche Altersvorsorge, eine Versicherungsanalyse, kluge Entscheidungen, wie warum und wo Geld geparkt werden kann, ohne in die Strafzinsfalle zu tappen, oder auch die Antwort auf die Frage, wo die Kunden zu besten Konditionen ihre Kredite bekommen. Die Unabhängigkeit der GFA von Banken, Fonds und Versicherungen macht sich dabei für die Kundschaft oft bezahlt. Die GFA liebt sozusagen nicht die eine Braut, sondern ist eher auf multiple Zweck-Ehen spezialisiert. Offenbar erfolgreich: Allein das Volumen bei den Baufinanzierungen hat die Milliarden-Euro-Grenze schon überschritten. „Wir besorgen, wenn möglich, auch günstige KfW-Förderkredite oder kurzfristige Darlehen, um Zinsen zu sparen“, erzählt Bender bei einem Kaffee am

800 Quadratmeter großen Stammsitz, an dem jeden Monat rund 20 Beratungsgespräche allein darüber geführt werden, wie Kaufwillige mit welchem Budget an die richtige Immobilie kommen können. Die meisten der Wohnungen und Häuser im Portfolio wandern gar nicht mehr ins Internet, weil auch bei der GFA das Angebot begrenzt ist und die Zahl der Interessierten die der Angebote übersteigt. Das kurioseste ist in-

Auch ein Baggersee ist im Angebot des gar nicht zum Wohnen geeignet: ein Baggersee mit Hüttchen und Fischbestand in Rust. Eine Rarität. Rascher hat derzeit neben Bestandsimmobilien aber auch zwei Neubauprojekte – eines in durchaus spektakulärer Hanglage – mit 20 Wohnungen zu guten Preisen im Vertrieb. „Bei uns überwiegen deutlich die Eigennutzer, wir haben aber auch Kapitalanleger, die für einen späteren Lebensabschnitt etwas suchen“, erzählt der

Immobilienfachwirt. In dem Fall besorgt die GFA geeignete Mieter fürs Objekt. Wenn es nach Bender geht, wird das Niedrigzinsumfeld noch eine ganze Weile lang stabil bleiben, deswegen gehe an Sachwerten wie Immobilien „kein Weg vorbei“. Das Gleiche gelte aber auch für Aktien, Fonds oder Wertpapiere. Die GFA sammelt diese für ihre Klientel in einem übersichtlichen Fonds, und zwar so, dass keine Aus­ gabeaufschläge fällig werden. Das geballte Know-how präsentieren die Experten mit ihren jeweiligen Schwerpunkten im hauseigenen Kundenmagazin 340 Grad (das ist der Beinaherundumsehwinkel einer Eule, die stilisiert auch das Logo bildet) oder bei Kundenvorträgen im Beratungszentrum an der Tullastraße 22. Wo familiäre Atmosphäre auf professionelle Finanzexperten trifft, die sich für ihre Klienten auch abseits bereits beschrittener Pfade einsetzen. So hat die GFA unlängst einem Kunden geholfen, bei einem Versicherungsfall etwa 100.000 Euro mehr zu bekommen, als der Versicherer ursprünglich zahlen wollte. bar chilli | bauen & wohnen | 02.2020 | 51


Politik

Das schwere Erbe Wie der Beschluss für Erbbauvergaben bezahlbares Wohnen konterkariert

Ortsrand von Ebnet: Der Erbbaustreit entfacht sich bei der Bebauung des Alten Sportplatzes (unten links). Es wird nur der erste und angesichts des neuen Foto: Neithard Schleier Stadtteils Dietenbach vergleichsweise harmlose sein.

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ie Explosion der Bodenrichtwerte und das historisch billige Geld bergen enorme Sprengkraft für das altbewährte Modell der Erbpacht. Der Freiburger Gemeinderat hatte im Oktober 2018 beschlossen, dass die Stadtverwaltung Grundstücke nicht mehr verkaufen, sondern nur noch verleihen darf – im Erbbaurecht. Nun treibt der gesetzte Samen erste Blüten: Im Januar wurde am Beispiel des Alten Sportplatzes in Ebnet erstmals offenbar, dass das mit den bisherigen Parametern gar nicht funktioniert. Die Stadtverwaltung musste nach empörten Reaktionen aus dem Gemeinderat das Vermarktungskonzept wieder einkassieren. Weil es bezahlbares Wohnen eher verhindert denn ermöglicht. Mit den bisherigen Regelungen würde man beim neuen Stadtteil Dietenbach ins Desaster steuern.

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In Ebnet geht es um 14 Häuser. Im Dietenbach wird es um Hunderte oder Tausende Wohnungen gehen. Im Dezernat von Finanzbürgermeister Stefan Breiter zerbrechen sich derzeit Mitarbeiter die Köpfe darüber, wie ein machbares Modell aussehen könnte. Kein beneidenswerter Job: Denn wer kann 75 Jahre in die Zukunft schauen? Jahrelang brachte der Verkauf von städtischen Grundstücken 20 bis 26 Millionen Euro ein. Die fehlen nun in der Kasse. Stattdessen stünden ja die Erbbauzinsen auf der Habenseite, argumentierten die Stadträte, die den Beschluss gefasst hatten. Bei den aktuellen Bodenpreisen bricht aber schon das Fundament der Berechnung auseinander – lange, bevor die statische Grundlage für neuen Wohnraum in Wohnungsnot-City hergestellt werden kann.

Ein Beispiel: Wenn wie in Ebnet der Bodenrichtwert bei 900 taxiert wird, darauf wie üblich vier Prozent Erbbauzinsen angerechnet werden und das Grundstück vergleichsweise bescheidene 300 Quadratmeter groß wäre, müssen die „Käufer“ – zusätzlich zu Zins und Tilgung für die Gebäude – jährlich 10.800, im Monat mithin 900 Euro Erbbauzinsen ans Rathaus bezahlen. Bei einer Laufzeit von 75 Jahren zahlen sie 810.000 Euro. Das Grundstück würde, auf einen Schlag bezahlt, 270.000 Euro kosten. Sie zahlen es also dreifach. Das mag für die Rathausschatulle – wie für die von Stiftungen und Kirchen – einträglich sein, ist aber für die Käufer heutzutage ein schlechter Deal. 270.000 Euro lassen sich derzeit – wenn die Bank ihre Sicherheit grundbuchrechtlich verankern kann – mit 1,5 Prozent gut finanzieren. Das belastet die Haushaltskasse im Jahr mit 4050, im Monat mit 337,50 Euro. Im Erbbaurecht sind es 900. Früher oder später. Weil das Grundstück weiter der Stadt gehört, kann die Bank den Beleihungswert auch nicht zu 100 Prozent, sondern nur zu 80 Prozent ansetzen. Kosten Grundstück und Haus zusammen 500.000 Euro, fehlen 20 Prozent oder 100.000 an Sicherheiten. Um diese Summe erhöht sich dann der Eigenkapitalbedarf der Kaufwilligen. Zudem wird die Finanzierung auch noch teurer und das Haus aus Sicht der Bank gleichsam kleiner, weil es auch nur eingeschränkt verkaufbar ist. Kaum vorzustellen, dass im Gemeinderat nun großer Jubel ausbricht. Denn das Ziel, im Dietenbach – wo der Boden wohl mindestens 900 Euro wert

Guter Rat ist teuer in Wohnungsnot-City


Politik

sein wird – vor allem bezahlbares Wohnen zu ermöglichen, wird so kolossal konterkariert. „Vier Prozent Erbbauzins wird nicht gehen“, räumt Baubürgermeister Martin Haag ein. Es gebe aktuell einen „Zielkonflikt“ zwischen bezahlbarem Wohnen und Erbbaurechten. „Wir haben zwei Stellschrauben“, sagt Breiter: entweder den Bodenwert drücken oder die vier Prozent. Keine der drei Freiburger Baugenossenschaften, Garanten des bezahlbaren Wohnens, würde übrigens bei vier Prozent Zinsen Erbbaurechte kaufen. „Das kann sich nicht rechnen“, heißt es von den Vorständen. „Erbbaurechte sind für Genossenschaften in hohem Maße unattraktiv“, weiß auch Breiter. Nicht nur für Genossenschaften. Er will spätestens im Juni ein machbares Modell auf den Tisch legen. Keine triviale Aufgabe. Nicht zuletzt, weil die Zeitläufe so lang sind. Erbbaurechte gelten über 60, 75 (wie in Ebnet) oder 99 Jahre. Wer heu-

te zwei Prozent Zinsen auf die komplette Laufzeit verlangen würde, verschenkt vielleicht Millionen. Steuergelder. Das Modell wird vermutlich so aussehen, dass die vier Prozent im Grundbuch zwar dinglich gesichert werden, schuldrechtlich aber X Prozent für Y Jahre von den „Käufern“ nicht zu bezahlen sind. Das X wäre vielleicht an

Rechnung mit zwei Unbekannten den Kapitalmarkt anzulehnen, etwa an den 12-Monats-Euribor (Zinssatz, zu dem sich Banken gegenseitig Geld leihen, aktuell bei -0,269 Prozent) oder den EZB-Leitzins (0 Prozent.) Die Erbbauzinsen könnten etwa während der Laufzeit immer 1,5 Prozent über diesen Werten liegen. Oder nur so lange, bis das Y erreicht ist (10, 25 Jahre?). Hinzu könnten Vergünstigungen für

Haushalte mit Wohnberechtigungsschein oder kinderreiche Familien kommen. „Wir brauchen Verträge, die atmen können“, erzählt Breiter. Und atmet selber tief durch. Wie immer das Modell am Ende aber aussieht, unterm Strich wird es eine weitere Lücke in die Finanzierung des über 700 Millionen Euro teuren Stadtteils Dietenbach reißen. „Dietenbach ist finanzierbar“, sagt Breiter zwar. Es sei aber die Frage, ob dabei bezahlbarer Wohnraum rauskomme. 20 Prozent der Flächen gehören überdies dem Land. Ob das Land dem Freiburger Rathaus die Flächen verkauft, damit Freiburg dann Erbbaurechte vergibt und daran kräftig verdient, ist eine durchaus spannende Frage. Erbbau kann das Land auch selber. Es wird nicht nur ein Gespräch zwischen Spitzenvertretern aus Freiburg und Stuttgart geben.

Lars Bargmann

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Neue Arbeitswelten

Advantage Open-Space? Neues Forschungsprojekt untersucht Auswirkungen

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enn heute Bürogebäude um- oder neu gebaut werden, entstehen immer öfter sogenannte Open-SpaceArbeitswelten. Wissenschaftler vom Verbundprojekt PRÄGEWELT haben jetzt untersucht, wie sich dieses Bürokonzept auf Wohlbefinden und Arbeit der dort Arbeitenden auswirkt. An dem Projekt sind neben der Freiburger Universität das Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. München (ISF München) und die beiden Unternehmen RBS München und AECOM München beteiligt. „In unserer OnlineBefragung zeigte sich, dass eine knappe Mehrheit mit der neuen Arbeitsum­ gebung zufrieden oder sogar sehr zufrieden ist. Die allermeisten Befragten sehen jedoch sowohl Vor- als auch Nachteile“, sagt Wirtschaftspsychologin Cathrin Becker von der Uni Freiburg. Ein Viertel der Befragten sei hingegen sehr unzufrie-

den. Für die Analyse haben Forschende aus den Fachgebieten Soziologie, Psychologie und Architektur zusammengearbeitet und in acht Betrieben, in denen es bereits Open-Space-Büros gibt, Fallstudien durchgeführt. Ziel war es, auf dieser Basis Ansätze für eine gesundheitsförderliche Gestaltung von Open-Space-Büros zu entwickeln und herauszufinden, welche Faktoren die Zufriedenheit der Beschäftigten beeinflussen. Dazu führten die Wissenschaftler Expertengespräche, Intensivinterviews und erhoben anhand einer Online-Befragung Daten, etwa zu den Arbeitsbedingungen, der Raumbewertung und -nutzung. Aus Sicht der Forschenden wird das betriebliche Büro wegen der zunehmenden Digitalisierung nicht an Bedeutung verlieren, sondern „als sogenannter Hub, in den alle immer wieder zurückkehren, sozusagen als soziale Heimat weiterhin genutzt werden“, wie Becker erläutert. 62,5 Prozent der Befragten haben an-

Foto: © Christoph Duepper / Streit Service & Solution

Open-Space-Lösung im Showroom von Streit Service & Solution in der Lokhalle. 54 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

gegeben, dass für ihre Tätigkeit in den nächsten zehn Jahren weiterhin ein Büroarbeitsplatz bei ihrem Arbeitgeber notwendig sein wird. „Dieses betriebliche Büro wird dann eher ein OpenSpace-Büro sein, trotz Nachteilen und Belastungen“, so Nick Kratzer vom ISF München. Das Konzept habe Vor- und Nachteile, die in Form dreier Spannungsfelder von den Beschäftigten als belastend und herausfordernd erlebt werden: Zum einen soll das Open-Space-Büro Kooperation fördern, gleichzeitig aber auch konzentriertes Arbeiten ermöglichen. Des Weiteren soll es Offenheit durch Transparenz und Sichtbarkeit bieten, muss aber auch Vertraulichkeit erlauben. Und letztlich soll es Flexibilität gewährleisten, muss aber auch Optionen für Individualität beinhalten. Um Open-Space-Büros weithin erfolgreich auch in Hinblick auf Gesundheit und Arbeitsleistung etablieren zu können, braucht es aus Sicht der Forschenden die nötigen Ressourcen und Optionen: von der individuellen Fähigkeit, sich zu konzentrieren oder lieber abzuschotten, über Ressourcen wie Trennwände und Kopfhörer sowie unterschiedliche Raumoptionen. Dazu gehören Rückzugsräume und Telefonboxen ebenso wie die Möglichkeit, ins HomeOffice zu gehen. „Der Umgang mit dem Konzept ist nicht allein eine Frage des Verhaltens oder von Regeln, sondern es müssen bestimmte Lernprozesse zielgerichtet von organisatorischer Seite unterstützt werden“, fügt Becker hinzu. Die Abkürzung PRÄGEWELT steht für „Präventionsorientierte Gestaltung neuer Open-Space-Arbeitswelten“ und ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreutes Projekt. chilli


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Einrichten XXXX

Streit feiert Umsatzrekord

Exponierte Konzepte

Bürodienstleister weiter auf Wachstumskurs

New-Work-Projekte

Streit office schloss ganz leicht überm Vorjahr ab (ein Prozent), was Bischler angesichts der „äußerst schwierigen Situation der Branche“ als „fantastisches Ergebnis“ bezeichnete. Streit office habe über 90 neue große Kunden gewonnen und sei mittlerweile auch in Stuttgart und Rheinland-Pfalz stark vertreten. Die Business-Unit Streit systec – Spezialist für die Digitalisierung von Dokumenten und moderner Arbeitswelttechnik – blieb hinter den Umsatzerwartungen zurück. Die Streit Büroausstattung und Leasing GmbH meldete indes Zuwachs, das zur Gruppe gehörende Haus Hief+Heinzmann aus Karlsruhe schaffte mit einem Umsatzplus von stolzen 42 Prozent sogar ein Rekordjahr. 2019 stand im Zeichen der Neustrukturierung: Alle vier Kinder von Rudolf und Sigrid Bischler wurden Mitgesellschafter, Beirat und Geschäftsführung wurden erweitert. Auch das Unternehmens-Organigramm hat sich durch agiles Arbeiten verändert. „Das agile Arbeiten als zunächst zarte Pflanze ist deutlich gewachsen“, so Bischler, „wir spüren, wie viel sich dadurch bei uns bewegt hat. Das ist großartig.“ Im laufenden Jahr will das Familienunternehmen in dritter Generation weiter wachsen, die Digitalisierung und das geplante neue Logistikzentrum in Gengenbach erfordern hohe Investitionen. Streit hat 2019 im Wettbewerb „Great Place to Work“ die Spitzenposition in Baden-Württemberg als TopArbeitgeber errungen sowie Platz drei im bundesweiten Wettbewerb und zudem eine Sonderauszeichnung für hervorragende Personalarbeit durch den Human Capital Club München bekommen. Lars Bargmann

as Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main präsentiert noch bis zum 23. Februar bei der Ausstellung German Design Award 2020 ausgezeichnete Bürokonzepte. Darunter sind allein sieben New-Work-Projekte des Architektur- und Beratungsbüros CSMM.

Foto: © Streit

Rudolf Bischler: „Hart geführte Verdrängungswettbewerbe.“

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ie Streit-Gruppe hat ihren Umsatz im vergangenen Jahr um zwei auf 55 Millionen Euro gesteigert. Das inhabergeführte Unternehmen ist der führende Büro­ d ienstleister im Südwesten Deutschlands.

„Wir haben das siebte Jahr in Folge eine Umsatzsteigerung“, sagte Geschäftsführer Rudolf Bischler auf der Jahresauftaktveranstaltung vor rund 250 Mitstreitenden am Stammsitz in Hausach. Angesichts des „hart geführten Verdrängungswettbewerbs“ sei das „ein fantastisches Ergebnis, das mich sehr stolz macht“. Allerdings blieb der Gewinn leicht unter Plan. Konkrete Zahlen nennt Streit dabei nicht. Im Chefsessel der Umsatzsteigerung sitzt die Sparte Büroeinrichtung (Streit inhouse), die ein Plus von 19 Prozent erzielte. Mit der Imageerweiterung am Standort Freiburg in der Lokhalle habe man neue Zielgruppen erschlossen. 56 | chilli | bauen & wohnen | 02.2020

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„ ‚Form follows function‘ gilt längst nicht nur für einzelne Konsumgüter oder Produkte, sondern ebenso für ganzheitliche Konzepte wie Arbeitsräume“, sagt CSMM-Gründer Timo Brehme. In der heutigen Zeit, in der es mehr denn je auf Kreativität, Empathie und Kommunikation ankomme, bestimme die Gestaltung des Raumes maßgeblich das Wohlbefinden der Belegschaft und damit den Unternehmenserfolg. Die Ausstellung würdigt diesen Aspekt, indem sie das Bewusstsein für das Thema stärkt, dass auch Arbeitswelten konzeptioniert und gestaltet sein wollen, damit sie bestmöglich funktionieren. Die Rolle der neuen Arbeitswelten gewinne für Wirtschaft und Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Der 2012 initiierte German Design Award ist der internationale Premiumpreis des Rats für Formgebung. Sein Ziel: einzigartige Gestaltungstrends entdecken, bar präsentieren und auszeichnen. Mehr Info: museumangewandtekunst.de

Foto: © BSH_Hausgeraet

Prämierte CSMM-Planung für BSH-Hausgeräte.


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Küchentrends

Der Raum im Raum: Küchenhersteller LEICHT setzt auf Anthrazit in Kombination mit hellem Holz.

Foto: © LEICHT Küchen

Über die Küche hinausdenken Küchentrends 2020: Neue Farben, Materialien und Geräte

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unkel, matt, funktional: So lässt sich die m ­ oderne ­Küche definieren. Sie ist nicht nur offen und gemütlich, sondern ersetzt auch funktionell immer mehr Räume im Haus. Neue Küchenfarben, Materialien und Wohnideen sind die Trendsetter. Matte Küchenfronten Lange dominierten Hochglanzfronten den Küchenmarkt. Mit der Vorherrschaft der glänzenden Lackfronten ist nun Schluss. Waren matte Küchenfronten jedoch nur in Kombination mit skandinavischem Design oder bei Landhausküchen salonfähig, dürfen diese nun offiziell wieder in jede Küche einziehen. Fast alle Hersteller bekennen sich zu den matten Oberflächen – meist sogar mit spezieller Beschichtung gegen Fingerprints und zur leichteren Reinigung – ein großer Vorteil gegenüber Hochglanz, besonders bei grifflosen Küchenfronten. Offene Wohnküchen Die Verschmelzung von Küche und Wohnzimmer ist schon seit geraumer Zeit im Trend. Allerdings bekommt

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der Begriff „Offene Wohnküche“ nun eine andere Bedeutung. Die Räume verschmelzen nicht nur miteinander, sondern werden auch immer weiter aufeinander abgestimmt. So lassen sich die Möbel für den Koch-, Wohn- und Essbereich kombinieren, Regale finden in der Küche Platz, der Esstisch wird zum Wohnzimmertisch und die Theke zum Arbeitsplatz. Die Küche wird zu einem gemütlichen Aufenthaltsort für die ganze Familie. Zudem wird sie auch funktionaler: Für fast alle Küchengeräte gibt es eigene Stauraum-Konstruktionen, das Koch-Equipment kann nach dem Gebrauch ganz praktisch hinter Türen verschwinden. Kochinseln mit integrierter Tischbrücke, Dunstabzugshauben im Kochfeld, grifflose Fronten lassen diesen Bereich zu einem Designobjekt werden. Guided Cooking Autonomes Kochen hat bereits jetzt schon in etlichen Haushalten Einzug gehalten. Ob Thermomix, Mikrowelle, Backofen, Dampfgarer & Co. – die praktischen Küchenhelfer übernehmen immer mehr Aufgaben beim Kochen. Die Küchenmaschinen, mit

denen sich auch aufwendige Gerichte zaubern lassen, versprechen mehr Zeit für andere Hobbys. Trendfarbe Graphit Der Trend geht weiterhin zu natürlichen und weichen Farbnuancen. Standen in den letzten Jahren vor allem helle Küchen im Vordergrund, dominieren heute dunkle Nuancen. Anthrazit heißt die neue Trendfarbe, die einen idealen Kontrast zu warmen Böden und Möbeln aus hellem Holz bietet. Das neue Küchendesign setzt auf graphitfarbene oder schwarze Arbeitsplatten. Besonders schön wirkt das in Kombination mit matten Fronten und warmen Holztönen. Neue Materialien Der Mix macht’s: Moderne Küchen zeichnen sich durch minimalistische Möbel und einen kontrastreichen Material-Mix aus. Besonders beliebt sind aktuell Beton, Keramik, Glas, Marmor und Schiefer. Auch bei den Spülen gibt es einen Wechsel: Die Klassiker Edelstahl und Keramik werden abgelöst von Quarzkomposit-Spülen in trendigen Farben wie Blau, Sand oder Beige. mos


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Gut beraten

Fischer bietet Transparenz und Küchen zum fairen Preis

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it Rabattschlachten geht das World Wide Web in fast jeder Branche auf Kundenfang. Die Angebote können bei größeren Investitionen auf Kosten von Konsultation und Transparenz gehen. Mit sieben Studios von Karlsruhe bis Freiburg, persönlicher Beratung und hauseigenem Service setzen sich Fischer Küchenateliers von Dotcom-Angeboten ab. An den sieben Standorten mit insgesamt 6000 Quadratmetern Ausstellungsfläche serviert Fischer Küchenatelier Küchen für jeden Geschmack und fast jeden Geldbeutel: Für 5000 Euro bekommen Kunden bereits eine voll ausgestattete Küche. Die Grenzen sind nach oben offen. Halbgare Konzepte werden nicht auf-

getischt: Bevor es an die Frage nach Stein-, Beton-, Holzoptik oder Metalloberflächen geht, gilt es, gemeinsam Anforderungen, Haushalt und Energiesparlevel zu klären. „Jeder bekommt die gleiche kompetente Beratung“, so Jonas Griesbaum, einer von zwei frischgebackenen Geschäftsführern des 1992 gegründeten Betriebs. Sein Kollege Michael Postulart ergänzt: „Unsere individuell geplanten Küchen bestehen aus vielen Bauteilen, die in vielen Varianten kombiniert werden können“. Um Standards zu sichern und Kunden in allen Standorten die gleiche Qualität zu bieten, beschäftigt das Unternehmen deswegen eigene Schreiner, Lieferanten und Montageteams – bei Fischer kommt alles aus einer Hand. Das garantiert Langlebigkeit. Beschläge müssen Dampf und zahllosen Hand­griffen

Foto: © Jessica Gerspacher

Langlebig: Fischer-Küchen sind auf 20 Jahre ausgelegt. schließlich mindestens 20 Jahre lang standhalten. Fischers Erfolgsrezept beinhaltet neben qualitativ hochwertigen Küchen sowie fairen Preisen auch Vergleichsmöglichkeiten und Transparenz. Die können online fehlen. Die Küchenspezialisten spüren eine Trendwende: Persönliche Beratung ist wieder in. pt

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Küchentrends

Moderner Mix: Matte Töne und knallige Hochglanzfronten bilden einen interessanten Kontrast.

Foto: © djd/www.beptum.de

Neue Fronten, neuer Look So lassen sich die Küchentrends 2020 umsetzen

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emütlicher Landhausstil oder puristischer Industrial Style, matte Oberflächen oder Hochglanz, bunte Farbtupfer oder Dusty Colors: Küchen sind so individuell wie ihre Nutzer. Und letztendlich ist erlaubt, was gefällt. Die Trends 2020 zeigen sich vielfältig und machen Lust auf eine Erneuerungskur. Matte Oberflächen sind im Kommen Bei den Farben stehen Weiß, Creme und ein sehr helles Grau weiterhin hoch im Kurs. Vor allem in kleinen Küchen sorgen die lichten Töne für optisch mehr Raum. Allerdings setzen viele Hersteller nun auch vermehrt auf dunkle Nuancen wie Anthrazit und sogar Schwarz. Die Vorherrschaft der reinen Hochglanzoptik scheint vorbei – und es ziehen matte Oberflächen in der Küche ein. Oft bieten diese Fronten eine Fingerprint-Beschichtung, sodass Fingerabdrücke nicht sichtbar sind. Gerade bei grifflosen Küchenfronten ist das sehr praktisch. Wer die aktuellen Trends mitmachen möchte, muss nicht gleich eine teure neue Küche kaufen. Ist der Möbelkorpus noch in Ordnung, bietet sich ein Austausch der Fronten

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an. Das geht schnell und ist kostengünstig. Eine große Auswahl an modischen Designs und Farben bieten Fachhändler vor Ort. Wunschfronten planen Beim Spezialisten für Möbelfronten kann man sich kostenfrei Kataloge und Muster mit nach Hause nehmen und in aller Ruhe auswählen. Zum Service einer guten Beratung gehören das genaue Ausmessen der Küchenmöbel sowie optional die spätere Montage. Dezente oder fröhliche Farbhighlights Manchmal kann schon das Austauschen einzelner Schubläden, Klappen oder Fronten für einen neuen Look sorgen. Dezent Farbe ins Spiel bringen 2020 beispielsweise die Trendfarben Senfgelb, Mauve, Koralle oder ein dunkles Terrakotta. Aber auch fröhliche Farbtupfer in Grasgrün und anderen knalligen Farben sind weiterhin möglich. Nach wie vor angesagt und bei den aktuellen Küchentrends nicht wegzudenken, sind Stein-, Betonoder Holzoptik. Hier darf auch gerne gemixt werden. mos


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Kommentar

Bodenlose Bodenpreise

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in Gespenst geht um in Deutschland – das Gespenst der Bodenpreisentwicklung. Es ist ein Manifest, das Hans-Jochen Vogel jetzt zwischen zwei schmucklose Buchdeckel* gepresst hat: „Mehr Gerechtigkeit!“, fordert der frühere SPD-Chef und Bundesbauminister – und dafür eine neue Bodenordnung für die Bundesrepublik. Damit Wohnen wieder bezahlbar wird. 39.390 Prozent. Um diese Zahl sind die Bodenpreise in der Stadt München zwischen 1950 und 2017 gestiegen. Bundesweit sind es 2308 Prozent seit 1962 – es gab schon bei weniger krassen Zahlen Reformen oder Reförmchen. Vogel, gerade 94 Jahre alt geworden, bringt ein Thema wieder aufs Tapet, für das er sich schon vor einem halben Jahrhundert als Oberbürgermeister von München eingesetzt hatte. Der Grandseigneur der Sozialdemokratie ist gewiss kein Sozialist, seine Analyse ist nicht ideologisch verbogen, sondern sagt einfach, was ist. Wie es sein sollte, darüber herrscht in diesen Tagen – nicht nur in München, sondern auch in Freiburg – kein buntes Kaleidoskop von Meinungen: Es fehlt bezahlbarer Wohnraum. Bei der Suche nach den dafür Hauptverdächtigen landet man schnell bei der öffentlichen Hand: Bund, Länder und Kommunen – auch Freiburg – haben Boden jahrzehntelang verkauft, um ihre Haushalte aufzuhübschen. Oder sie haben gleich ihre eigenen Wohnungsbaugesellschaften versilbert. Heute aber wären sie Gold wert. Den Gewinn haben die Käufer von damals gemacht. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht schon 1967 dargelegt, dass „die Tatsache, dass der Grund und Boden unvermehrbar und unentbehrlich ist“ es verbiete, „seine Nutzung dem Spiel der

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freien Kräfte“ zu überlassen. Genau das aber hat die Politik lange getan. 1,2 Millionen Sozialwohnungen hat die Bundesrepublik zwischen 2002 und 2017 verloren. In Freiburg fallen bis 2031 wieder 1800 Einheiten aus der Preisbindung. Fast jeder zweite deutsche Haushalt muss heute mehr als 30 Prozent seines Einkommens für die Miete ausgeben. Wie kann es sein, fragt Vogel, dass Bodenbesitzer, wenn sie von politischen Entscheidungen (etwa

* Hans-Jochen Vogel: Mehr Gerechtigkeit! Herder Verlag, Freiburg 2019 80 Seiten, 12 Euro Investitionen in die Infrastruktur) profitieren, nichts abgeben müssen, aber entschädigt werden, wenn sie verlieren? Leistungslose Bodengewinne, ein terminus magneticus im Manifest, müssten abgeschöpft werden. Leistungslos nennt der einstige SPDVorsitzende, wenn Eigentümer mit ihren Grundstücken nichts anstellen, Däumchen drehen, und nach zehn Jahren die Gewinne aus der Preisentwicklung nicht einmal versteuern müssen. Es steht dahin, welche Hebelkraft auf den Mietwohnungsmarkt es hätte, wenn dem nicht so wäre. Vogel ist auch ein Verfechter von Erbbaurechten: Kommunen dürften

ihre Grundstücke nicht mehr verkaufen, sondern nur noch verleihen. Ob das aber zu mehr bezahlbarem Wohnraum führt, darf bezweifelt werden. In Freiburg ist soeben erst ein solches Konzept in Ebnet – vorerst – gescheitert, weil die Belastungen der Bewohner viel zu hoch wären. Zumindest dann, wenn man Bodenwerte von 900 Euro am Stadtrand ansetzt. Am Ende wäre es für Käufer – und damit indirekt auch für Mieter – in Zeiten des billigen Geldes deutlich günstiger, wenn sie kaufen dürften. Denn die, die günstig wohnen sollen, zahlen während der Erbbaurechtszeit das Grundstück gleich mehrfach, bevor es dann an den Profiteur, hier das Rathaus, zurückgeht. Aber der Gemeinderat hat – neben einem bis heute nahezu wirkungsfreien Beschluss für 50 Prozent sozialen Mietwohnungsbau – im Oktober 2018 auch entschieden, dass keine Grundstücke mehr verkauft werden. Abgesehen davon, dass dem Gremium eine Erfolgskontrolle des Beschlusses aus 2015 zu wünschen ist, darf man gespannt sein, wie diese Melange im Dietenbach zum gewünschten Erfolg führen soll. Denn nicht zuletzt preisen Banken in ihre Kredite Sicherheiten ein. Wenn das Grundstück nur geliehen ist, wird die Finanzierung deutlich teurer. Oder sie klappt gar nicht. Wer günstige Mietwohnungen will, muss dafür günstige Bedingungen schaffen. 900 Euro für einen Quadratmeter Boden – oder gar als Anteil pro Quadratmeter im Geschosswohnungsbau – ist keine günstige Bedingung. Erbbauzinsen, die vier Prozent vom Bodenrichtwert berechnet werden, auch nicht. Das gilt nicht nur fürs Rathaus, das gilt für die Kirche oder die Stiftungen ebenso. Andernfalls werden die Erbbauzinsen auch zum Gespenst. Lars Bargmann




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