Themenheft
BAUEN &
September 2019 Ausgabe Nr. 25
Wohnen Gutleutmatten Vorzeigeviertel mit Fehlern
Projekte
Stuckert bringt Luxus am GĂźterbahnhof
Baurecht Architekt fordert 550.000 Euro mehr
Inhalt
Editorial
Infrastruktur: Beim Stadttunnel gibt es nicht nur Gewinner 4-5
Immobilien: Schweizer Investor kauft für 20 Millionen Euro Kapferer-Haus 6 Titel: Vorzeigeviertel mit Fehlern: Ein Experten-Rundgang durch die Gutleutmatten
Auf den Dächern: Kicken und Kitas
8 - 11 12
Projektentwicklungen: Strabag verkauft zwei Milestones an Barmer 14
Projektentwickler: Peter Unmüßig über Sorgen im Städtle und große Projekte 16
Stadtentwicklung: Bei Dietenbach kommen nun Zufallsbürger zum Zug 18-19
Makler: Oliver Kamenisch im Gespräch 20
Generalunternehmer: Die Dürrschnabel Industriebau beendet Rekordprojekt 22 Genossenschaften: Die Heimbau Breisgau macht Abstriche bei der Bilanz 23
Wohnungsbau: Stuckert bringt My urban Living an den Markt
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Kommunen: Stadtbau-Tochter investiert 18,4 Millionen Euro ins Keidel-Bad 26-27 Bauträger: Interview mit Jörg Gisinger 28
Baurecht: EU attackiert HOAI
Bauträger: WOBAG plant Ortsmitte
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32
Stadtbau: Neues in der alten Kaserne: Fast 60 Wohnungen im Breisacher Hof 32 Schulen: Die neue Staudinger Gesamtschule ist Freiburgs teuerste Baustelle 34 Bauträger: Siedlungswerk baut 500 neue Wohnungen
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Fachplaner: Müller, Klein und Hotels 36 Grün: Gelungenes am Pulverturm 37 Kommunen: Was die Hitzewellen die Stadt Freiburg kosten 38 Stadtentwicklung: Das Europa-Eck 40 Landwirtschaft: Was der Verzicht auf Pestizide bringt 42-43 Gebäude: Park Hotel Post vor Verkauf 44 Menschen: Der Solar-Pionier Rolf Disch feiert vier Jubiläen 45 Kommentar/Impressum 46
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Von wegen Bauboom
ie Zahl der Baugenehmigungen für Neubauwohnungen in Baden-Württemberg lag im ersten Halbjahr stolze elf Prozent unter dem Vorjahresniveau. 18.971 Baufreigaben im ganzen Land – allein in Freiburg würden diese Wohnungen recht bald Mieter und Käufer finden. „Die negativen Vorzeichen werden sich im weiteren Jahresverlauf erfahrungsgemäß nicht mehr ins Positive wenden“, heißt es beim Statistischen Landesamt. Platz hat das Land genug, nur 14,6 Prozent der Fläche sind mit Gebäuden und Straßen bebaut. Aber Bauplätze gibt es nicht genug. Und wenn es sie gibt, dann wird immer öfter erbittert über deren Bebauung gestritten. Vor allem auch in Freiburg. In der 25. Ausgabe dieses Magazins zeigen wir, was wo warum geht – oder auch nicht geht. Wir bewerten die Rathauspolitik, die mit einem ganzen Wust voller Satzungen vielleicht viel Richtiges möchte, dabei aber auch als Baugenehmigungsbremse fungiert.
Genehmigungen für fast 500 Wohnungen gab es auf den Gutleutmatten. Die sind jetzt fast fertig. Wir sind mit Baubürgermeister Martin Haag, Dietenbach-Projektleiter Rüdiger Engel und Architekt Detlef Sacker durchs „Vorzeigeviertel“ gegangen – und haben Gutes, aber auch wenig Nachahmenswertes gesehen. Eine Blaupause für den geplanten Stadtteil Dietenbach sind die Gutleutmatten nicht. Am Freiburger Immobilienmarkt wechseln derzeit viele teure Gebäude ihre Besitzer. Nach unseren Informationen war das alte Kapferer-Haus einem Schweizer Investor rund 20 Millionen Euro wert – 20.000 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche. Da konnte die Eigentümerschaft, zu der übrigens auch die Geschäftsführer des Mieters, Mode Fabel, zählen, nicht Nein sagen. Und an der Eisenbahnstraße steht mit dem Park Hotel Post der nächste achtstellige Deal kurz vor dem Abschluss. Wir wünschen anregende Lektüre. Lars Bargmann Chefredakteur
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chilli | bauen & wohnen | 09.2019 | 3
Verkehr
»Diese Wunde wollen wir schließen« Vortrieb beim Stadttunnel / Kritik aus dem Sedanquartier
Wo sind all die Autos hin?: So könnte es am Ganter-Knoten aussehen, wenn der Stadttunnel fertig ist. Aber auch dann wird oberirdisch gefahren.
Visualisierungen: © RP Freiburg, Urbanes Freiburg/Gregor Laurent
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er Freiburger Stadttunnel ist „derzeit das wichtigste Stadtentwicklungsprojekt“, sagte Baubürgermeister Martin Haag unlängst bei der Informationsveranstaltung vor mehr als 200 Interessierten im Historischen Kaufhaus. Vertreter des Regierungspräsidiums (RP) und der Stadtverwaltung berichteten über den aktuellen Stand der Planung.
Wann mit den Arbeiten für das auf 325 Millionen Euro taxierte Projekt, das aus der B31 in Freiburg die A 860 macht, begonnen wird, ist demnach weiter völlig unklar. Kritik gab es vor allem von Vertretern des Bürgerforums Sedanquartier und Im Grün, die nicht zu Unrecht befürchten, dass sie auf der Liste der Projektprofiteure am Ende in die Röhre schauen.
Noch sehen sie kein Licht am Ende des Tunnels, die Planer von RP und Rathaus. Noch sind sie tief eingegraben in die unterirdische (RP) und oberirdische (Rathaus) Planung des 1,8 Kilometer langen Teilstücks, das den Autobahnzubringer Mitte mit dem Schützenalleetunnel verbinden soll. Unter der Erde hat das RP jetzt den so gut wie finalen Verlauf der beiden Röhren rechts und links der Dreisam und aller ans Tageslicht führenden Rampen am Ganter-Knoten vorgestellt. „Die Planung der Leitungsumlegungen ist fast fertig. Konflikte gab es insbesondere beim Ganter-Knoten und bei der Baugrube südlich der Kronenbrücke“, sagte RP-Projektleiter Alexander Krüger. Auf der B31 fahren heute im Schnitt an einem normalen Werktag 66.000 Autos, darunter 6500 Laster durch die Stadt. Und trennen so die Wiehre von der Innenstadt. „Diese Wunde wollen wir schließen, das ist unser großes Ziel“, sagte Haag. Das Projekt firmiert aktuell unter dem Slogan „Stadt am Fluss“. Es hat Haken und Ösen. Für Mathias Fridrich vom städtischen Planungsamt ist die Frage: „Wie viel Stadt am Fluss ist möglich?“
Bei der Beantwortung gibt es durchaus Zwangspunkte: Der oberirdische Verkehr verschwindet nicht. Die Frage ist vielmehr, auf welchen Wegen er nach dem Bau des Stadttunnels laufen wird. Nur noch nördlich der Dreisam? Oder südlich? Oder mal so oder so? Nur noch über den Greiffeneggring? Oder über den Schwabentorring? Die heutigen Verbindungen an der Dreisam sind als Zulieferer für die Wiehre und die Innenstadt weiter unabkömmlich. Vielleicht können sie einspurig zurückgebaut werden. Insgesamt zehn Verkehrsvarianten werden bis zum kommenden April von externen Planungsbüros untersucht. Dabei geht es um alle Verkehrsarten. Zwei sollen nach Beratungen im Gemeinderat im kommenden Juni tiefer geprüft werden, bis sich im Februar 2021 die beste herausgeschält hat. Die Bürger sollen mitdiskutieren. Das zweite dominante Thema ist die Gestaltung des Raums, der sich oberirdisch ergibt. Wenn pro Dreisamseite eine Fahrspur entfallen könnte und diese drei Meter breit ist, ergäben sich auf die Länge knapp 11.000 Quadratmeter oder anderthalb Fußballfelder neuer Freiraum. Haag rechnet sogar mit bis zu 20.000. „Mitten in der Stadt ist das
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Verkehr sehr, sehr viel.“ Raum für einen Boulevard mit Café, attraktive Grünflächen, etwa rund ums denkmalgeschützte Toilettenhäuschen oberhalb des Dreisam-Ufercafés. Auch für diese Freiraumgestaltung sind bereits Büros beauftragt. Am Ende sollen die besten Planungskonzepte für Verkehr und Oberfläche Grundlage für einen Wettbewerb sein. Im Februar 2021 soll der Gemeinderat ein Gesamtkonzept beschließen, dann soll ein Planstand erreicht sein, in dem die Träger öffentlicher Belange wie Fachbehörden, Verbände und Verkehrsträger offiziell beteiligt werden. Kritik gab es von mehreren Interessierten: „Warum endet der Tunnel an der Kronenbrücke und wird nicht bis zur Schnewlinbrücke gezogen“, fragte Uli Armbruster vom Bürgerforum Sedanquartier und Im Grün? Dieses Teilstück sei am meisten belastet: „Für uns verschlechtert sich alles.“ Seine Kollegin Hanne Beyermann wollte wissen, ob man die erwartbaren Schall- und Schadstoffemissionen am Westportal geprüft habe. „Wir könnten den Bereich überdeckeln, die Stadt soll sagen, was sie will.“ „Der Bereich zwischen Kronen- und Schnewlinstraße ist bisher nicht untersucht“, sagte Hendrik SchmittNagel vom städtischen Gartenund Tiefbauamt. Haag erklärte auf Nachfrage: „Ich kann das Anliegen nachvollziehen.“ Ob auf dieses Teilstück indes ein Deckel oder entlang der Trasse eine Lärmschutzwand gebaut werde, müsse noch geprüft werden. Auch mit einer Wand würde es deutliche Verbesserungen zum Status quo geben: „Heute ist da ja nicht nichts.“ Noch ist diese Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn bezahlen müsste der Bund. Haag: „So einfach ist das nicht.“
Eine Interessierte wollte wissen, ob das alles so lange dauern würde, weil der Bund den Falkensteigtunnel im Höllental nicht in den vordringlichen Bedarf gestuft habe (wir berichteten) und eine Planung aus einem Guss beabsichtigt sei. „Es gibt kein Zusammenhang mit dem Falkensteigtunnel. Der Freiburger Stadttunnel hat Vorrang“, entgegnete Regierungsvizepräsident Klemens Ficht. Ob im Boden die gleichen Gefahren wie in Staufen lauern würden? „Wir haben bei allen Bodenerkundungen keine Anhydritschichten gefunden, das gibt kein zweites Staufen“, berichtete Krüger. Ob Freiburg überhaupt eine Stadtautobahn mit zwei Vollanschlüssen (Zu- und Abfahrten in jede Richtung) brauche? Da setzte der Baubürgermeister den Tunnelblick auf: „Nur mit den Vollanschlüssen bei Ganter bringen wir die Autos runter, das ist mathematisch bewiesen.“ Nach den jüngsten Erhebungen kann mit einem Halbanschluss etwa die Hälfte des Verkehrs in den Tunnel verlagert werden. Mit den Vollanschlüssen sind es insgesamt 65 Prozent – und 80 Prozent des Schwerlastverkehrs. Dann blieben
» Der Stadttunnel hat Vorrang «
oberirdisch statt 66.000 Fahrzeugen nur 1300 Laster und 21.300 Kfz. Die Tiefbauplanung wandert 2021 vom RP direkt an die bundeseigene Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen (IGA). Die Beteiligten hoffen, dass es dabei zu keinen weiteren Reibungsverlusten kommt. Das RP plant nunmehr seit zehn Jahren mit fast zwei Dutzend Varianten am Bauwerk. 2003 hatte der damalige Verkehrsminister Ulrich Müller (CDU) das Projekt plötzlich und ohne Absprache mit der Stadtverwaltung auf Eis gelegt. Ein Sturm der Entrüstung ging durchs von Oberbürgermeister Dieter Salomon geführte Rathaus. Der berief sich auf ein persönliches Versprechen von Bundeskanzler Gerhard Schröder, das er 1999 gegeben habe. Das ist nun 20 Jahre her. Zum weiteren Zeitplan wollte bei der Veranstaltung kein Verantwortlicher etwas Konkretes sagen. Haag sagte dem chilli bei der Frage nach einem Tunneldeckel am Sedanquartier: „Wenn das in 10, 15 Jahren mal fertig ist, wird sich die Fahrzeugflotte geändert haben.“ Lars Bargmann
Info
Einen animierten Film mit virtueller Tunnelfahrt finden Sie hier: https://bit.ly/2N06rU4
Vision? Mehr Wunschvorstellung: So hatte sich die Liste Urbanes Freiburg vor der Wahl einen Dreisam-Boulevard nach dem Bau des Stadttunnels vorgestellt. Dass es hingegen auf beiden Seiten der Dreisam dann keinen Autoverkehr mehr gibt, ist so gut wie ausgeschlossen.
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Immobilien
Schweizer Investor kauft im Herzen Freiburgs
Modehaus Fabel wird Ende 2020 geschlossen
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Foto: © Hannah Karayilan
er Schweizer Immobilieninvestor Werner Klein hat das Kapferer-Haus am Bertoldsbrunnen gekauft. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Er liegt nach Informationen des Freiburger Stadtmagazins chilli bei rund 20 Millionen Euro. Unter den Verkäufern sind übrigens auch die Geschäftsführer des dort beheimateten Modehauses Fabel, Paul Löffler, seine Tochter Andrea Lászlófy und sein Sohn Bertold Löffler – und das Erzbischöfliche Ordinariat. Auf den ersten Blick ist es eine Championsleague-Immobilie, die da direkt im Herzen der Stadt am Brunnen steht. Auf den zweiten keine einfache. Fünf Geschosse, jeweils nur knapp 200 Quadratmeter groß, keine Rolltreppe, kein Aufzug. „Wir brauchen viel Personal“, sagt Lászlófy. Und weil die Umsätze nicht steigen, ist die Firma auf eine relativ günstige Miete angewiesen. Doch die insgesamt 17 Parteien zählende Eigentümerschaft hatte offenbar größere Bedürfnisse. Also schaltete sie die Makler der München Comfort GmbH ein und die brachten die ProCon Real Estate in Stellung, eine von Kleins Firmen. Die kaufte die Immobilie schon im August 2018, will sie modernisieren und eigenen Angaben zufolge langfristig im eigenen Bestand lassen. Die erwartbar deutlich höhere Miete wäre für Fabel nicht darstellbar gewesen. „Es ist einfach die Zeit gekommen“, sagt Lászlófy über den Verkauf der eigenen Betriebsräume. So ein Modehaus mit dem Zuschnitt gäbe es 6 | chilli | bauen & wohnen | 09.2019
Traditionshaus hinterm Stadtgründer: Das alte Kapferer-Haus hat seinen Besitzer gewechselt. Nach chilli-Informationen für rund 20 Millionen Euro.
heutzutage vermutlich nirgendwo mehr. 70 Jahre habe es mit den Vermietern „hervorragend geklappt“, das sei „eher ungewöhnlich“, man sei dankbar. Bis Ende 2020 wolle man sich „in Perfektion“ verabschieden: „Wir wollen, dass Freiburg uns vermisst.“ Dann endet die fast 150-jährige Fabel-Geschichte. Wehklagen über das Ende inhabergeführter Geschäfte in der Innenstadt waren in der Badischen Zeitung vielstimmig zu lesen. So erklärte etwa der Präsident des Einzelhandelsverbands Südbaden, Philipp Frese, dass es nicht gut sei, „wenn nur noch große Strukturen überleben können“. Nur hat Frese eben selbst seine Immobilie am Rathausplatz hochpreisig vermietet und ist mit seinem Einrichtungshaus an die günstigere Basler Straße gezogen.
Die Fabel-Geschäftsführer halten selbst nur zehn Prozent der Liegenschaft. Die wirtschaftliche Erwartungshaltung der kompletten Eigentümerschaft war größer als der Verzicht auf den Verkaufserlös oder eine deutlich höhere Miete, die nach chilli-Informationen aktuell zwischen 25.000 und 30.000 Euro liegt. Der Verkauf bietet also gar keinen Resonanzboden für Klagelieder. Für die neuen Eigentümer werden Development Manager Marc Klein, der Architekt Johann Böhm und Experten von Comfort München demnächst mit der Stadtverwaltung die Möglichkeiten der Modernisierung besprechen. Am Bertoldsbrunnen werden für gut erreichbare Etagen durchaus Quadratmetermieten von 100 Euro gezahlt. Lars Bargmann
Vorzeigequartier mit Fehlern
Ein Experten-Rundgang durch die Gutleutmatten
Foto: © Neithard Schleier
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in Vorzeigeviertel sollte es werden. Was in Freiburg bekanntlich kein Alleinstellungsmerkmal ist. Jahrelang wurde drum gerungen. Auch dieses Schicksal teilt das Neubaugebiet Gutleutmatten im Stadtteil Haslach mit den meisten anderen Entwicklungen in der diskussionsfreundlichen Stadt. Was ist am Ende draus
geworden? Was kann man als Best-practice-Beispiel mit in den neuen Stadtteil Dietenbach nehmen? Was nicht? Ein Quartiersspaziergang mit Baubürgermeister Martin Haag, dem Dietenbach-Projektleiter Rüdiger Engel und Detlef Sacker, dem Freiburger Vorsitzenden des Bunds Deutscher Architekten.
Der Hingucker an der Eschholzstraße, der die Gutleutmatten in Ost und West teilt, ist das neungeschossige Hochhaus des Siedlungswerks, bei dem der Bauträger und auch das Freiburger Architektenbüro Harter + Kanzler als Sieger eines Investorenwettbewerbs gute Arbeit geleistet haben. „Wir wollten ein klares Signal am Eingang setzen“, sagte Haag. Neun Geschosse, die in Freiburg jahrelang für Schnappatmung in Verwaltung und Politik gesorgt hatten, sind für den neutralen Betrachter an dieser Stelle gar kein
Problem. Es sollten ursprünglich mal elf werden, aber nach hitzigen Debatten im Gemeinderat und mit Vertretern des Lokalvereins Haslach wurden zwei abgeschnitten. Wer sich ein paar Meter weiter die schon Jahrzehnte stehenden Hochhäuser südlich der Carl-Kistner-Straße anschaut, der muss beim Siedlungswerk-Tower von einem Qualitätssprung – der viel zitierte Quantensprung ist ja im Prinzip nur der kleinstmögliche – sprechen. Das Gebäude hätte ohne Weiteres zwei oder drei Etagen mehr haben können.
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Titel
Die Gutleutmatten aus der AdlerPerspektive: Zwischen Gartenstadt und Kleingärten und dennoch innenstadtnah.
Auf der anderen Straßenseite, im Osten des neuen Quartiers, war auch mal ein Hochhaus geplant, das aber vom Kartentisch wieder verschwand. Wie – im Osten des Quartiers – übrigens gleich auch der komplette Entwurf der Büros Kohlmayer Oberst Architekten mit Plankontor S1 aus Stuttgart, die den städtebaulichen Wettbewerb gewonnen hatten. Man schrieb das Jahr 2010. Damals waren die Stuttgarter in einer Sitzung des 39-köpfigen Preisgerichts als Sieger über die Ziellinie gekommen. „Visionär“, „bestechend“, „innovativ“, „einma-
lig“ sei der Entwurf, hieß es. Nur vier Monate später mussten die drei Erstplatzierten ihre Arbeiten überarbeiten. Nicht nur eine ihrer Ideen aber rettete sich hernach nicht in die Realität: Etwa die, gar keine privaten Grünflächen zuzulassen und – außer Radabstellplätzen, Müll- und sonstigen Nebenräumen – auch keine Nutzungen in den Erdgeschossen. Das öffentliche Grün sollte sich als Band um die Punkthäuser ziehen. Ein bisschen golfplatzlike. „Dieser grüne Raum hat sich nicht überall durchgezogen“, sagt Haag defensiv. Es sei im Nachhinein aber richtig gewesen, die Erdgeschosse mit Wohnungen zu planen. Solche Überlegungen ohne Nutzungen in den Erdgeschossen habe es bei der Bebauung des Alten Messplatzes auch schon gegeben, erzählt Engel. Auch dort haben sie sich nicht durchgesetzt. „Es war ein ambitionierter Entwurf, der sich nicht wirklich bewährt hat, der an den Bedürfnissen der Bürger und der Stadt vorbeigegangen ist“, sagt Sacker. So gibt es heute normale Straßen – nicht zuletzt muss die Feuerwehr durchs Quartier kommen –, viele aufgestellte Nebengebäude für Räder und Müll, ein paar öffentliche Grünflächen wie den zentralen Platz mit Spielplatz, ein paar halböffentliche und – wie die Nutzer es schätzen – hier und da auch private Gärten mit Terrassen. Auch wenn die sich mit 659 Quadratmetern im ganzen Quartier (siehe Infobox Seite 11) spartanisch ausnehmen. Wir gehen im Viertel entlang der vier Punkthäuser zwischen CarlKistner- und der Maria-SalomeBuchmüller-Straße, die das Büro Melder, Binkert, Prettner und Kerner für die Stadtbau geplant hat. Sie sollten fünf Geschosse habe, vier sind es geworden. Die Architektur ist stimmig, die meisten
Häuser im Quartier haben aber den Makel, dass die Eingänge nicht an den Straßen liegen. „Man weiß gar nicht, wo es reingeht“, und, ja, die Gebäude hätten durchaus auch ein Geschoss mehr vertragen, kritisiert Sacker. Ihm gefällt indes, dass die Gebäude so platziert sind, dass sie zwar diagonal zueinander nur kleine Abstände, frontal aber größere haben. So eröffnen sich für die Bewohner viel unverstellte Blickbeziehungen. Zwei Krähen landen auf einem Dachvorsprung und blicken auf uns runter. Am westlichen Ende, zum Haslacher Bad hin, zur Freifläche, stehen vier Gebäude, die nicht alle gleichermaßen den besonderen Anspruch an ihre Lage erfüllen. An einem hängt ein Plakat: „Rekordverdächtig: Die vermutlich höchsten Wärmekosten Deutschlands (monatlich 1 Euro/m2).“ An einem anderen: „Schön gerechnet: Stadt Freiburg erfindet neue Energie-Einheit (Euro/m2 statt Euro/kWh.“
Den Dorfbach nicht integriert Am nördlichen Rand, an der Magdalena-Gerber-Straße, stehen drei Gebäude, die insgesamt gut gelungen sind. Darunter auch das mit sechs Geschossen derzeit höchste Holzmassivhaus des Landes, das die Baugruppe Futur 2 mit dem Architekten Rolf Disch gebaut hat. Am Ende steht wieder das Siedlungswerk-Hochhaus. Zwischen ihm und dem westlichen Nachbarn liegt eine attraktiv gestaltete Freifläche. „Das könnte ein sensationeller Freiraum sein“, sagt Haag. Allein: Er wirkt von der Straße aus wenig einladend, ist offenbar nur bestimmten Nutzern vorbehalten und gegen den Bach abgeschirmt. Warum man den Dorfbach, anders etwa als den Hölderlebach auf chilli | bauen & wohnen | 09.2019 | 9
„Könnte ein sensationeller Freiraum sein.“
Gelungenes Stadtbau-Projekt mit qualitätsvollem Innenhof.
Pionierprojekt: Das derzeit höchste Holzmassivhaus des Landes.
Auf Rundgang: Detlef Sacker, Martin Haag, Lars Bargmann und Rüdiger Engel (v.l.) im Osten des neuen Quartiers.
dem Moser-Areal an der Bahnhofsachse, nicht einbezogen hat in die Planung, ihn eher ausgesperrt hat? „Wenn Sie baurechtlich das hundertjährige Hochwasser berücksichtigen müssen, dann geht das eben nicht“, sagt Engel. Im Dietenbach soll der gleichnamige indes für die Bewohner erlebbar sein. Wir „machen rüber“ in den Osten, wo entlang der Eschholzstraße noch gebaut wird. Im Westen hat die Stadtbau mit dem rot verputzten, gefalteten Gebäude eine ansehnliche Architektur zustande gebracht, im Osten wirken die Baukörper nicht so hochwertig. Der Westen ist städtebaulich eher ein bisschen wilder, der Osten trägt die Handschrift einer Blockrandbebauung. Das ist die Handschrift des Drittplatzierten beim Wettbewerb, des Büros Hähnig Gemmeke aus Tübingen mit dem Landschaftsarchitekten Stefan Fromm aus Dettenhausen, der anstelle des Siegers zum Zuge kam. „Der Lärmschutzriegel an der Straße könnte insgesamt freundlicher sein, das ist nicht so toll“, kommentiert Haag. Wir laufen vorbei an der leicht rot getünchten Fassade von einem der drei Projekte, die das Mietshäusersyndikat gebaut hat. Und auf ein Ensemble der Stadtbau zu. „Gute architektonische Gestaltung ist auch bei großen Gebäuden möglich“, lobt Sacker beide Bauten. Das Mietshäusersyndikat hat seine drei Häuser weiß verputzt und ist dann mit einer speziellen Technik in drei unterschiedlichen Farbtönen oberflächlich noch mal drüber gegangen. Das hat durchaus Wiedererkennungswert. Das Stadtbau-Projekt im Osten ist vier- bis fünfgeschossig,
hat ein mächtiges Volumen, wirkt aber trotzdem an keiner Ecke klotzig und umstellt einen äußerst gelungenen Innenhof. Insgesamt hat die kommunale Wohnungsbaugesellschaft im neuen Vorzeigequartier in vier Bauabschnitten für 50 Millionen Euro 155 neue Wohnungen – knapp 100 öffentlich gefördert – und die Kita Grundsteine mit 90 Plätzen gebaut. Ein wichtiger Player bei der Entwicklung. Auf den Gutleutmatten sind rund 500 Wohnungen entstanden, mehr als 200 sollen öffentlich gefördert sein, gut 70 preisgebunden, 25 sind als öffentlich geförderte Eigentumswohnungen verkauft worden. Auch wenn Rechtsamtsleiter Matthias Müller bei einer StadtbauVeranstaltung sagte, das sei ein „Vorbild für Dietenbach“, fehlten aufgrund eines Gemeinderatsbeschlusses aus Mai 2105 immer noch zehn Prozent geförderte Mietwohnungen – was im Dietenbach 3250 wären. Den Übergang vom Stadtbau-Projekt zur bereits bestehenden Bebauung an der Straße Am Radacker im Südosten ist mit dreigeschossigen Reihenhäusern flacher, wirkt privater. Ein Bewohner kommt sogleich auf die chilli-Fotografin zu und belehrt sie, dass sie nicht einfach Menschen und ihre Gärten fotografieren könne. Für wen überhaupt die Fotos gemacht werden? Das Gespräch dauert nicht lang. Ganz anders als die Entwicklung des gut zehn Fußballfelder großen Areals (siehe Faktenkasten) zwischen Gartenstadt und Feuerwehr, zwischen Haslacher Hallenbad und Bahnlinie. Im Jahr 2012 sollten die ersten Bagger schon anrollen. Im September 2013 hatte der Gemeinderat dann den finalen Bebauungs-
Fotos: © Julia Rumbach
Vorbild für Dietenbach?
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Titel
Outdoor-Treppenhaus: Architektonisch begrenzt ambitioniert.
plan verabschiedet und in den folgenden zwei Jahren passierte – nichts. Das Rathaus begründete mit „komplexen Vorgaben“ und mit der „komplizierten“ Vergabe der 37 Baugrundstücke – für die es, so Engel, zehn Mal so viele Kaufwillige gegeben habe. Für ein Grundstück im Westen des Quartiers habe es 28 Bewerbungen gegeben. Das komplizierte Vermarktungskonzept hatte das städtische Liegenschaftsamts eigens auf die Beine gestellt. Demnach gab es etwa Sonderpunkte für barrierefreie oder rollstuhlgerechte Wohnungen, für Sozialwohnungen, für preisgebundene Einheiten, für Ideen, um den Autoverkehr zu reduzieren. Offenbar ein Erfolg mit Kehrseite: An einer Tiefgarage hängt seit Monaten ein Plakat: Tiefgaragenplätze zu vermieten. Die zweite Kehrseite: Um Punkte einzuheimsen, sind relativ viele kleine Einheiten gebaut worden. Wirtschaftlich wurde das Quartier über ein Treuhandkonto bei der LBBW Immobilien Kommunalentwicklung GmbH abgewickelt – und mit einer schwarzen Null: 25,2 Millionen Euro haben Grunderwerb, Bebauungsplan, Ablösen und Ausglei-
Sticht architektonisch und auch vertikal heraus: Siedlungswerk-Tower.
che für die einstigen Kleingärten sowie die Erschließung gekostet, knapp 25 kamen durch Verkaufserlöse und Zuschüsse wieder rein. Die für die Bebauung maßgebliche Geschossflächenzahl liegt auf den Gutleutmatten knapp unter 1,4. Zum Vergleich: Bei der Solarsiedlung an der Merzhauser Straße und teilweise auch im Vauban liegt sie bei 1,7, erzählt Engel. Was fehlt im neuen Vorzeigequartier, das bis ins 18. Jahrhundert noch Weidefläche des Freiburger Gutleuthauses war? Jedes Angebot zur Nahversorgung. „Gutleutmatten sollte das Stadtteilzentrum
Haslach stärken“, begründet Haag. Heute aber wären viele Gutleutmattener froh, wenn sie einen Bäcker oder ein Café hätten. „Mit der Zeit empfinden die Bewohner es als Mangel, dass es hier nichts gibt. 500 Wohnungen brauchen bestimmte Angebote“, räumt Haag ein. Auf dem Rückweg an die Eschholzstraße kommen wir noch an einem noch nicht ganz fertigen Gebäude vorbei. Der Journalist spricht abgewandt mit seiner Fotografin. Hört aber dennoch zu. „Das könnte man noch mal abreißen und neu bauen“, sagt einer der drei Experten. Als der Journalist sich umdreht, heben alle ihre Hände. Öffentlich will das keiner gesagt haben. Lars Bargmann
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Gutleutmatten – die Flächenbilanz Gesamtfläche: 81.600 m2 Bauland: 41.200 m2 Bachaue: 14.000 m2 Verkehrsfläche: 9500 m2 Öffentliches Grün: 21.500 m2 Wohnfläche: 40.500 m2 Car-Sharing: 88 m2
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Stadtentwicklung
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Drei kuriose Bauprojekte in Freiburg Spielplatz im Erdgeschoss
In luftiger Höhe: Auf einem Pennydach in Karlsruhe wird schon länger gespielt.
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latzmangel ist das große Thema der Stadt. Alles, was neu gebaut wird, muss daher kompakt werden und clever kombiniert sein. Gleich drei etwas andere Lösungen fallen ins Auge. Wohl nur ein Anfang im immer dichteren Freiburg.
Fotos: © Stadt Karlsruhe, Till Neumann, Visualisierung: © Quelle Bachelard Wagner Architekten
Der Bolzplatz auf dem Dach
Das Höchste der Fußballgefühle im Breisgau ist eigentlich der SC Freiburg. Doch geerdet wie der Club eben ist, bleibt er schön am Boden. Anders könnte das bald Freiburger Freizeitkickern am Güterbahnhof gehen. Dort wird seit mehr als zwei Jahren das „Musikerhaus“ geplant, das mittlerweile in einer abgespeckten Variante „Multifunktionshaus“ genannt wird. Das Besondere daran: Auf dem Dach soll es einen Bolzplatz geben. Von einer Mindestfläche von 20 bis 35 Metern ist die Rede. „Wo gibt’s denn so was?“, fragt man sich da. In Karlsruhe. Dort können sich Kicker in luftiger Höhe austoben. Seit August 2014 findet man in der Nordweststadt einen Bolzplatz auf dem Dach eines Pennymarktes. Netze spannen sich über den Kunstrasen, damit keine Bälle die Biege machen. Man könnte meinen, Freiburg habe sich davon was abgeschaut: Auch das Multifunktionsgebäude soll nur eingeschossig werden. Die Initiatoren des Musikerhauses wollten deutlich höher hinaus. 12 | chilli | bauen & wohnen | 09.2019
Eine enge Kiste wird auch der Neubau am Rennweg-Dreieck, um in der Fußballsprache zu bleiben. 49 Mietund Eigentumswohnungen entstehen auf dem von Straßen eingekreisten Areal im Stadtteil Herdern. Die Freiburger Stadtbau GmbH (FSB) spricht von einem „architektonisch einzigartigen Wohnhaus“ – bedingt auch durch die überschaubare Größe der Baufläche. Das Gebäude soll nicht nur durch eine gefaltete „Klinkerfassade“ aus widerstandsfähigen Ziegelsteinen hervorstechen. Noch etwas in dem achtstöckigen Haus lässt aufhorchen: Die FSB realisiert hier den ersten Indoorspielplatz in ihrem Wohnungsbestand. Gespielt wird nicht mehr draußen, sondern im regensicheren Innenraum. Der dafür geplante Gemeinschaftsraum ist „zum Spielen und Toben“ für die Kinder der Bewohnerinnen und Bewohner vorgesehen. Wenn da mal nur die Wände zur nächsten Wohnung dick genug sind.
Besonderes Konstrukt: Am Rennweg sucht man einen Spielplatz vergeblich.
Hoch oder runter: In der Kita Grundsteine haben Kleine die Qual der Wahl.
Toben auf zwei Etagen
Auch im neuen Wohngebiet Gutleutmatten wird kreativ geplant. 155 Miet- und Eigentumswohnungen und eine inklusive Kita hat allein die FSB dort fertiggestellt. Die bisher größte Kindertagesstätte der Stadtbau ist direkt in einem Wohngebäude untergebracht und sticht mit fantasievoller Planung heraus: Auf einer Außenterrasse ist ein hübscher Spielplatz auf zwei Etagen entstanden. Nahe der Kita steht ein fast märchenhaftes Holzhäuschen mit eigentümlich gekrümmtem Dach. Dahinter ein Holzgerüst, das gleichzeitig die Verbindung zum Spielplatz im nächsten Stock darstellt. Ein bisschen wie in der Großraumdisko könnte es da zugehen. Wird die Musik langweilig, heißt es: Auf zum nächsten Floor. Ob die FSB noch mehr solche Ideen in petto hat? „Das wird projektabhängig entschieden“, heißt es in der Pressestelle. Soll heißen: Nichts ist ausgeschlossen. Till Neumann
Immobilien
Euphorie eingetrübt Quartalsumfrage der HWK
In den Milestone 3 zieht Jobrad, in den Milestone 5B (hinten) die Kern AG.
Zwei Meilensteine für 50 Millionen
Strabag verkauft an Barmenia zwei Entwicklungen
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Visualisierung: © Photoreal, Stipan Vukovic für STRABAG Real Estate
ie Freiburger Niederlassung der Strabag Real Estate GmbH hat die Gebäude Milestone 3 und Milestone 5B an die Barmenia Krankenversicherung verkauft. Über den Kaufpreis ist Stillschweigen vereinbart worden. Er dürfte bei rund 50 Millionen Euro liegen. Die Strabag hatte im Mai den Grundstein für den Milestone 3 gelegt, der komplett von der JobRad GmbH angemietet wurde. Dort sind es gut 7000 Quadratmeter, im Milestone 5B gibt es insgesamt 4000, wovon sich die Kern AG jetzt 2345 in den oberen vier Etagen langfristig gesichert hat. Das Softwarehaus mit derzeit rund 50 Beschäftigten wird im Frühjahr 2021 seinen Sitz an die Businessmile verlegen. „Unsere neue Firmenadresse zeichnet sich durch eine zukunftsträchtige Zentrallage und große, moderne Flächen aus. Das gibt uns die Chance, zu wachsen und unsere Arbeits-, Denk- und Trainingsorte so professionell wie kreativ zu gestalten“, 14 | chilli | bauen & wohnen | 09.2019
sagt Geschäftsführer Eckhard Moos. Ohne die treffende Bedarfsanalyse und nachhaltige Mietberatung durch die Strabag wäre der Vertrag nicht zustande gekommen. „Mit der fortschreitenden Realisierung gewinnt das Projekt nicht nur im Stadtraum, sondern auch bei der potenziellen Mieterschaft an Sichtbarkeit“, sagt Strabag-Bereichsleiter Martin Lauble. Auch im Kristall an der Schnewlinstraße 12 hat er nun die letzte Etage mit rund 400 Quadratmetern an den Fachverlag S. Karger vermietet und wird diese für rund 4000 Euro (netto) pro Quadratmeter verkaufen. Derzeit arbeitet Laubles Team an den beiden finalen Bauabschnitten (Milestone 4 und 5C) mit rund 20.000 Quadratmetern Bürofläche auf dem Areal: Ein Gebäude wird das Büro Harter + Kanzler planen, das andere Böwer Eith Murken Vogelsang, die 2012 auch den städtebaulichen Wettbewerb fürs alte Post-Areal gewonnen hatten. bar
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ie Handwerkskonjunktur im Kammerbezirk Freiburg ist im zweiten Quartal weiter auf hohem Niveau geblieben. Die Betriebe sind immer noch gut ausgelastet. So euphorisch wie vor einem Jahr sind sie allerdings nicht mehr. Das geht aus der vierteljährlichen Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Freiburg (HWK) hervor. „Dem großen Teil unserer Handwerksunternehmen geht es gut“, so HWK-Präsident Johannes Ullrich. Allerdings haben nur noch drei von vier Befragten (76,1 Prozent) angegeben, dass die Geschäfte gut laufen. Im Vorjahreszeitraum waren es 89,9 Prozent. Unzufrieden waren 6,7 Prozent (Vorjahr: 2,4). Von einer Verbesserung gehen nur noch 18,1 Prozent aus (Vorjahr: 25,5), eine schlechtere Geschäftsentwicklung befürchten 12,1 Prozent (Vorjahr: 5,7). Ein Problem trotz guter Auslastung: Die Betriebe kriegen keine Fachkräfte oder verlieren sie sogar, was 14,1 Prozent zurückmeldeten. Wegen der leicht nachlassenden Konjunkturdynamik, appelliert Ullrich: „Gerade jetzt macht es für alle Handwerker Sinn, sich über die strategische Unternehmensführung Gedanken zu machen und ihren Betrieb zukunftssicher aufzustellen.“ Die Kammer biete hier „genügend Unterstützungsangebote“, wenn die Betriebe diese wahrnähmen, seien sie auf mögliche Abschwächungen, die sich in anderen Wirtschaftszweigen bereits abzeichnen, besser vorbereitet. chilli
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chilli | bauen & wohnen | 09.2019 | 15
Projektentwickler
»Gesellschaftspolitische Katastrophe« Peter UnmüSSig über sein „Städtle“ und groSSe Entwicklungen im Land
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Visualisierung & Foto: © Unmüssig
er Projektentwickler Peter Unmüßig sieht die Entwicklungen in Freiburg kritisch: Die jüngste Explosion der Bodenrichtwerte sei eine „gesellschaftspolitische Katastrophe“. Aber wer kein Bauland entwickle, ernte solche Preise. Und wenn Oberbürgermeister Martin Horn bei den raren neuen Baugebieten nur oder vor allem auf „nicht renditeorientierte Unternehmen“, so eine Formulierung Horns, setze, sei das angesichts der „desaströsen Baulandsituation“ zu kurz gesprungen: „Keine Bank der Welt stellt Kapital für nicht ökonomisch sinnvolle Projekte zur Verfügung.“ Unmüßig fordert vielmehr einen „Schulterschluss“ der Kommunen mit der privaten Bauwirtschaft. Städte und Gemeinden müssten zusammen mit Projektentwicklern und Bauträgern potenzielle Grundstücke identifizieren, die Erschließungen finanzieren und so dringend benötigten Wohnraum ermöglichen. Alleine, das sei an so vielen Stadtentwicklungsprojekten abzulesen, tun sich die Rathäuser schwer. Gerade in Freiburg laufen viele größere Entwicklungen äußerst zäh: Im Gebiet Zinklern in Lehen geht es schon seit Jahrzehnten nur im Walzermodus voran, in Zähringen-Nord hakt es, auch im gewerblichen Bereich wird etwa seit nunmehr zehn Jahren ums sogenannte Europa-Eck am Abschluss der Bahnhofsachse gerungen. Beim geplanten neuen Stadtteilzentrum in Landwasser, in das Unmüßig rund 120 Millionen Euro investieren will, gibt es Verzögerungen, weil das Grundwasser zu hoch steht und das 16 | chilli | bauen & wohnen | 09.2019
Spricht Klartext: Peter Unmüßig wird mit seiner Firmengruppe nach Fertigstellung in sein Projekt Medicus (oben rechts) auf den Güterbahnhof ziehen.
Gebäudeensemble deswegen mehr als einen Meter weiter gehoben werden muss. Ursprünglich sollte es Ende 2020 losgehen, jetzt wird es wohl nach 2022. Beim Smart Green Tower auf dem Güterbahnhof-Areal wartet Unmüßig noch auf die Genehmigung eines Nachtrags zum Bauantrag. Bald fertig ist hingegen das Medicus-Projekt am nördlichen Eingang ins Quartier. Hier wird die Unmüssig-Gruppe mit rund 70 Beschäftigten selbst einziehen, das gebaute Centro-Hotel mit 160 Zimmern verkaufen und noch ein Boardinghouse eröffnen. Eines, das den Auftakt für das neue Produkt „Black Forest Haus“ bilden wird, das dann in einigen anderen Städten auch realisiert werden soll. Temporary living in 160 Zimmern oder Apartments. Die Kommunen sind beim Schaffen von größeren bebaubaren Flächen im Prinzip Monopolisten. Aber sie hätten auch eine Verpflichtung, sagt Unmüßig, und wenn sie der nicht nachkommen, habe das „zutiefst asoziale“ Folgen. Durch das fehlende Bauland in Freiburg korrodiere langsam aber sicher die „DNA unseres Städtchens“. Für den Projektentwickler ist es schwer zu verstehen, dass nach dem
Auszug des Sportclubs aus dem Schwarzwaldstadion diese Fläche nicht für den Wohnungsbau genutzt werde. Oder dass größere Park-&Ride-Anlagen gebaut werden, die viel mehr Fläche als Hochgaragen benötigen, neben die dann auch Wohnungsbau gestellt werden könnte. Andernorts geht es beherzter voran: In Kenzingen sind beim Projekt Kaiserhöfe mit insgesamt 70 Reihenhäusern 80 Prozent des ersten Bauabschnitts verkauft, bis Mitte 2020 würden alle Eigenheime neue Besitzer haben. Die Vermarktung des zweiten Bauabschnitts hat begonnen. In Karlsruhe startet Unmüßig Anfang 2020 mit dem Bau eines Motelone-Hotels und investiert rund 45 Millionen Euro, in Stuttgart-Degerloch bauen die Freiburger ein Bürogebäude mit 80.000 Quadratmetern, in Ludwigshafen ein Gebäude für die dortige Stadtverwaltung mit 25.000 Quadratmetern. In Weinheim hat Unmüßig einen Investorenwettbewerb gewonnen und baut für 70 Millionen Euro 300 Mietwohnungen und 40 Reihenhäuser. In Karlsruhe hat Unmüßig zudem das Postbank-Areal gekauft und plant auch dort 80.000 neue Quadratmeter. bar
Stadtentwicklung
Zufallsbürger am Zug
Rathaus will viel Beteiligung bei Dietenbach
Platz für 15.000 Menschen: So soll das neue Stadtviertel aussehen. Die ersten Wohnungen könnten Ende 2025 bezugsfertig sein.
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Visualisierung: © K9 Architekten
ie Wogen scheinen nach dem Bürgerentscheid geglättet. Ruhiger ist es geworden nach intensiven Debatten zum neuen Stadtteil Dietenbach. Doch das Rathaus betont, mächtig Gas zu geben hinter den Kulissen. Die Macher präsentieren ein neues Konzept: das Zufallsbürger-Gremium. 60 Prozent der Wähler haben am 24. Februar für den Bau des neuen Stadtteils Dietenbach votiert. Auch wenn nur knapp 50 Prozent der Wähler abgestimmt haben, ist die Lage klar: Das Viertel wird gebaut. Mit 6500 Wohnungen für 15.000 Menschen. „Ein riesiges politisches Commitment“, sieht Oberbürgermeister Martin Horn zu Dietenbach. Dass ein Projekt parteiübergreifend so viel Unterstützung erhalte, sei ein Novum. Mehr als 50 Bürgermeisterkollegen hätten ihm zum Ausgang der Abstimmung schon gratuliert. 18 | chilli | bauen & wohnen | 09.2019
Erfolgreich soll’s weitergehen, zeigt der in Worte gefasste Tatendrang beim Pressetermin. Auch Baubürgermeister Martin Haag ist anwesend. „Die Arbeit geht mit Volldampf weiter“, betont er. Ein Rahmenplan zu Themen wie Verkehr, Freiräume oder Bautechnisches werde erarbeitet und bilde die Grundlage für den
Zeitverzug wieder einholen Bebauungsplan. Der Rahmenplan soll im Sommer 2020 vom Gemeinderat beschlossen werden. Eine Offenlage der Baupläne könnte es 2021 geben. Die ersten Häuser könnten im Winter 2025 bezugsfertig sein. Dennoch: Ein halbes oder dreiviertel Jahr sei man durch den Bürgerentscheid zurückgeworfen. „Den Zeitverzug wollen wir wieder einholen“, betont Haag. Dafür müssten Steine aus dem Weg geräumt wer-
den. Einer ist die Realisierung eines Erdaushublagers. So müsse Erde nicht teuer gekauft und transportiert werden, sondern sei über kurze Wege verfügbar. Auch eine Erdgashochdruckleitung müsse verlegt und der Hochwasserschutz gewährleistet werden. Erst dann könne das Bebauungsplanverfahren starten. Die Offenlage kündigt Haag für 2021 an. Eine weitere selbst auferlegte Hürde ist die Nachhaltigkeit. Klimaneutral soll Dietenbach werden und zudem 50 Prozent Sozialwohnungen bieten. Ein ambitionierter Plan. „Wir sind in der Pflicht und werden alles tun, um das umzusetzen und Wort zu halten“, betont Haag. Die größte Neuigkeit ist aber eine andere: Ein Gremium mit 25 zufällig ausgewählten Bürgern (siehe Infobox) soll bei Dietenbach mitmischen. Repräsentativ sollen die Vertreter sein, ein Querschnitt durch die Bevölkerung. Zwei bis drei Jahre lang
Stadtentwicklung sollen sie sich regelmäßig treffen und mit den Planern im Dialog sein, erklärt Rüdiger Engel, Leiter der Projektgruppe Dietenbach. Im institutionellen Bereich sei das Gremium für Baden-Württemberg eine Premiere, so Horn. Öffentliche Beteiligung wird großgeschrieben bei Dietenbach. Drei Pfeiler skizziert Engel: das Zufallsgremium, hinzugezogene Experten und eine Einwohnerversammlung. Eine solche soll im November steigen. Das Angebot, Bürger intensiv zu beteiligen, sei auch ein Entgegenkommen Richtung Gegner des Stadtteils, erklärt Horn. Ein weiterer Knackpunkt bleibt die verfügbare Fläche. Weiterhin sind nicht alle Landwirte und Grundstücksbesitzer mit im Boot. „Bis September haben sie noch die Möglichkeit, einzusteigen“, berichtet Bruno Gramich, Leiter des Amts für Liegenschaften und Wohnungswesen. Angeboten wird ihnen, die Flächen an die Sparkasse zu verkaufen – für bis zu 65 Euro pro Quadratmeter. Einblicke in die Details gibt’s von Ingmar Roth, Chef der Sparkassengesellschaft Entwicklungsmaßnahme Dietenbach. „Bei 3,4 Prozent der Flächen drohen vielleicht Enteignungen“, sagt Roth. Im Vergleich zu vor zwei Jahren sei man damit weit gekommen. „Ich bin beeindruckt vom Vertrauen der Eigentümer“, sagt er.
Horn beschreibt 5 von 130 Hektar als kritische Fläche. Durch den Bürgerentscheid habe es einen Schub gegeben, ergänzt Haag. Schon jetzt habe man 95 bis 99 Prozent der Besitzer überzeugen können, ihre Fläche abzutreten. Till Neumann
Das Beteiligungsprojekt Eine Gruppe aus 25 repräsentativ und zufällig ausgewählten Bürgern soll die Planung des Viertels Dietenbach begleiten. Das soll zum einen verschiedene Perspektiven ermöglichen. Zum anderen sollen so Menschen zur Beteiligung angeregt werden, die sich sonst nicht einbringen. Wer angefragt werde, könne seine Teilnahme auch verweigern, erklärt die Rathausspitze. Die Mitglieder des Gremiums sollen sich regelmäßig treffen und die Planungen begleiten. Wer einsteige, werde auf die Tätigkeit vorbereitet und erhalte eine Aufwandsentschädigung. Gemeinsam mit anderen Arbeitsgruppen und Planern soll das Gremium bis Anfang 2021 verschiedene Planungsvarianten kennenlernen und dann dem Gemeinderat ein Modell empfehlen. Anzeige
chilli | bauen & wohnen | 09.2019 | 19
Makler
Bewerten, beraten, verkaufen Die S-Immo legt beim Umsatz erneut zu
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Visualisierung: © WfS-Gruppe, Foto: © S-Immo
ie Immobiliengesellschaft der Sparkasse Freiburg hat eine Kampagne gestartet und vermarktet demnach nicht nur Immobilien, sondern auch sich selbst: „Ihr Immobilienerfolg mit dem Platzhirsch“, heißt der neue Slogan. Geschäftsführer Oliver Kamenisch kam sodann zum Platzhirschgespräch in die Redaktion. Platzhirsch kann sich bei der Fülle von Maklern in Freiburg und in der Region tatsächlich nur einer nennen: Die S-Immo ist mit Abstand die größte Anbieterin, vermittelt jährlich zwischen 150 und 200 Wohnungen und Häuser und hat dabei einen tiefen Einblick in den Markt. Wer der neuen Kampagne auf der Internetseite der Sparkassen-Tochter folgt, kann sich seine Immobilie mit wenigen Klicks bewerten lassen. Der Interessierte bekommt einfach zwei Mails und schon hat er eine grobe Einschätzung. Die, wenn tatsächlich Verkaufsabsichten bestehen, im persönlichen Gespräch und mit weiteren Informationen dann tiefer ausgearbeitet wird. „Wir möchten einfach noch mehr direkten Kontakt mit den Immobilienbesitzern“, sagt Kamenisch. Für eine professionelle Immobilienbewertung verstärkt er sein Team noch mit der Spezialistin Judith Schweizer. Ebenfalls online sind mehrere Ratgeber-Tools, die Tipps in bestimmten Lebenslagen (etwa einer anstehenden Scheidung) geben. Auch das kann ein Anlass für ein persönliches Gespräch sein. „Früher ging es bei den meisten darum, aus einem Kontakt schnell ein Geschäft zu machen. Wir denken heute viel langfristiger, wir wollen dann da sein, wenn eine Immobilienentscheidung ansteht“, so der Geschäfts20 | chilli | bauen & wohnen | 09.2019
Neues in Teningen: Hier entstehen 42 Wohnungen, darunter auch fünf geförderte. Die S-Immo vertreibt sie. Die günstigste kostet 278.000 Euro, die teuerste 597.000 Euro.
führer. Vielleicht sei das auch erst in zehn Jahren. Das laufende Geschäftsjahr läuft für den Platzhirschen „tipptopp“. Der Umsatz liegt Ende Juli um fast neun Prozent über dem Vorjahr, in dem die S-Immo Immobilien im Wert von 58 Millionen Euro an den Mann
Oliver Kamenisch: „Wir denken heute viel langfristiger.“
oder die Frau brachte. „Wir hatten mehrere hochwertige Privatimmobilien.“ Beim Projekt Living Art in Zähringen gibt es noch ein Penthouse. Neu im Portfolio ist ein Bauvorhaben in Teningen, wo zwei Mehrfamilienhäuser mit 42 Wohnungen gebaut werden. Darunter sind fünf geförderte (Miete 7,50 Euro für 20 Jahre, Qua-
dratmeterpreis: 3000 Euro), aber auch solche, die betreut werden können. Dieses Bauvorhaben und 36 andere Immobilien, von der Zweizimmerwohnung auf dem Land für 145.000 Euro bis zur 280-Quadratmeter-Villa in Freiburger Hanglage für 1,95 Millionen, liegen aktuell im Portfolio. Die drastisch erhöhten Bodenrichtwerte haben auch Kamenisch „teilweise überrascht“. Sie wirken sich auch auf Erbbaugrundstücke und die Grundsteuer aus. Bei der Debatte um diese Steuer auf Bundesebene herrsche aktuell ein „heilloses Durcheinander“. Er hofft, dass am Ende eine Regelung kommt, die ein regionales Ansteigen der Mieten abfedert. Die Freiburger Rathaus-Politik, wonach etwa im Neubaugebiet Kleineschholz nur gemeinwohlorientierte Bauherren bauen sollen, sieht er kritisch: „Das ist aus meiner Sicht der falsche Weg. Erstens sind alle am Bau Beteiligten, Planer und Handwerker, nicht gemeinwohlorientiert, zweitens brauchen wir alle Akteure der Wohnungswirtschaft, vor allem auch im Dietenbach.“ Lars Bargmann
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chilli | bauen & wohnen | 09.2019 | 21
Generalunternehmer Bald fertig: Das Z6 genannte Verwaltungsgebäude für die Sick AG in Waldkirch.
Verlässlicher Partner
Dürrschnabel Industriebau GmbH schlieSSt Rekordauftrag ab
Foto: © Moriz Moser
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ie Jahre 2018 und 2019 waren „sick-geprägt“, findet Stefan Schäfer eine bündige Formel für zwei größere Aufträge, die die Sick AG an den Geschäftsführer der Dürrschnabel Industriebau GmbH vergeben hat. Erst bauten die Emmendinger ein technisch anspruchsvolles Produktionsgebäude in Reute, bis zum Herbst will der zweite Geschäftsführer Markus Keune das 25-Millionen-Euro-Projekt Z6 schlüsselfertig übergeben haben.
sich ins bestehende Umfeld mit weiteren Sick-Gebäuden ein. Es ist der volumenreichste Auftrag in der fast 25-jährigen Firmengeschichte der Emmendinger. Der lange aufs Gewerbe spezialisierte Generalunternehmer ist aber längst auch für die regionale Wohnungswirtschaft ein verlässlicher
„Hier hat einfach alles eine Null dran“, sagt Keune beim Baustellenbesuch in Waldkirch. Das Z6 hat 13.500 Quadratmeter Geschossfläche, 6000 Quadratmeter Holzdecken, 3500 Quadratmeter Fensterflächen und nicht weniger als fünf Lüftungsanlagen. Verbaut wurden 5000 Kubikmeter Beton und 550 Tonnen Bewehrungsstahl. Deutlich über 100 Bauarbeiter sind phasenweise zeitgleich vor Ort. Die Holzfassade – ein besonderes Bedürfnis des Auftraggebers Sick AG – fügt
Partner: So übergibt Schäfer spätestens Anfang kommenden Jahres in Kirchzarten ein Gebäude mit 14 Wohnungen an einen Bauträger und bereits Ende November in Buchenbach eine Anlage mit 23 Einheiten, die aufgrund ihrer Hanglage technisch nicht von der Stange ist. An der „Dürrschnabel-Meile“ im Industriegebiet Nord bauen Schäfer und Keune schon die sechste Erweiterung für Ford Ernst, die Vergrößerung der Tierklinik Dr. Frank ist so gut wie fertig und die
22 | chilli | bauen & wohnen | 09.2019
2020 wird das 25-Jährige gefeiert
Erweiterung für den Malerbetrieb Häringer ebenfalls. Bereits schlüsselfertig übergeben wurden zuletzt in kurzer Folge ein neues Wohn- und Geschäftsgebäude für einen Softwareentwickler in Vörstetten, eine neue Großküche für die Caritas in Ehrenkirchen und ein multifunktionales Gebäude für einen Bremsenhersteller im Gewerbegebiet Teningen. Demnächst startet ein neues Projekt in Wyhl am Kaiserstuhl, wo die Dürrschnabel Industriebau für einen Wärmetechniker und für rund eine Million Euro ein bestehendes Betriebsgebäude erweitert. Ebenfalls noch in diesem Jahr soll es auch mit dem Bau eines Betriebsgebäudes für einen Kunststoff-Experten in Nimburg losgehen. Etwas später als geplant ist indes der Baubeginn für ein Betriebsgebäude auf dem Güterbahnhof in Freiburg terminiert, hier wartet der Bauherr noch auf die Baugenehmigung. Ob der Umsatz im vergangenen Jahr auch eine Null hintendran hat, kommentiert Schäfer, indem er lacht. bar
Genossenschaften
Rekordinvestitionen in den Bestand
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Heimbau Breisgau mit guter Bilanz
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Foto: © Heimbau Breisgau
ie Baugenossenschaft Heimbau Breisgau hat ihren Umsatz im vergangenen Jahr um 300.000 auf 10,1 Millionen Euro gesteigert: Sie investierte mit 2,6 Millionen auf Rekordniveau in den 1265 Wohnungen zählenden Bestand, steckte zwei Millionen in den Neubau und verdiente unterm Strich knapp 1,1 Millionen Euro. Die Durchschnittsmiete stieg leicht um 11 Cent auf 7,02 Euro. Mithin 1,54 Euro unterm aktuellen Mietspiegel in Freiburg. „Die gute Ertragslage und Liquidität eröffnen uns auch in den kommenden Jahren Handlungsspielräume für Investitionen in eine werteorientierte Bestandspflege und den Neubau von Mietwohnungen“, sagte der geschäftsführende Vorstand Martin Weiner auf der Jahresversammlung der Mitglieder. Bis 2022 will die Heimbau 27 Millionen Euro in den Wohnungsbau stecken, 10 Millionen aus Eigenmitteln davon in den Bestand in Freiburg, Teningen, Gundelfingen und Waldkirch, der zu 90 Prozent energetisch saniert sei. Das Vermögen der Genossen liegt derzeit bei 71 Millionen Euro, das Eigenkapital legte um 1,4 auf 33,5 Millionen Euro zu. Die Eigenkapitalquote beträgt stolze 47,1 Prozent. Im Vorjahr hatte die Heimbau noch 1,4 Millionen Euro Gewinn gemacht. Das wäre auch wieder möglich gewesen, aber sie verzichtete darauf, die 1,5 Millionen Euro schwere Investition im Karree Gärtnerweg, Breisacher und Hugstetter Straße in voller Höhe auf die Mieten umzulegen – um den Mietenanstieg moderat zu halten. Die Heimbau hat 16 Beschäftigte und mehr als 4000 Mitglieder. 700 stehen auf der Warteliste für Wohnraum. „Wir möchten uns zukünftig gern auch wieder in Freiburg engagieren“, so Weiner. Voraussetzung dafür seien aber Rahmenbedingungen der Stadt Freiburg, die ein nachhaltiges genossenschaftliches Wirtschaften auch zulassen. chilli Nah am Wasser gebaut: In die 30 Wohnungen zählende Anlage in Waldkirch-Batzenhäusle investierte die Heimbau 2018 rund zwei Millionen Euro.
chilli | bauen & wohnen | 09.2019 | 23
Bauträger
Prägnantes am Güterbahnhof Stuckert Wohnbau startet Bauvorhaben in Freiburg – Avantum-Linie im Umland
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Visualisierungen: © Stuckert Wohnbau
y urban living. Auf diesen Namen hört das derzeit größte Freiburger Projekt der Stuckert Wohnbau AG. Auf dem Güterbahnhof beginnt das Unternehmen noch im September mit dem Bau von 70 Eigentumswohnungen. Noch größere Projekte hat Stuckert in der Region. Das Wirkungsfeld weitet sich dabei von der Schweizer Grenze bis nach Achern aus. Hochwertig sind schon drei Exposés, die My urban living beschreiben. Hochwertig wirkt auch die – im eigenen Hause entworfene – Architektur mit der gestaffelten Fassade, vielen französischen Balkonen, dem Natursteinsockel im Erdgeschoss. Hochwertig kommt die fast einen halben Fußballplatz große „grüne Oase“ im Innenhof daher, hochwertig ist auch die Ausstattung (ein digitaler Sonderwunsch-Manager ermöglicht den Käufern individuelle Lösungen in drei Designlinien), samt Smart-Home-Technik, Paketstation und E-Ladestationen in der 79 Autos und mindestens ebenso viele Räder fassenden Tiefgarage. Und hoch ist auch der Preis: 7100 Euro kostet im Schnitt ein neuer Quadratmeter. Die günstigste Zweizimmerwohnung gibt es für 282.000 Euro, die teuerste mit vier Zimmern für etwas über eine Million. Bezugsfertig werden sie in zwei Jahren sein, sagt Stuckert-Prokurist Aribert Frece. In den ersten zwei Wochen der ausschließlich internen Vermarktung habe es bereits zehn Kaufzusagen gegeben, erzählt Vorstand Carlos Stuckert. Vertriebserfolge gab es zuletzt einige: Die Stadtvilla an der Zasiusstraße in der Wiehre ist komplett verkauft, das Projekt Seeleben in Kenzingen mit 95 Einheiten ist vermarktet, die 211 Wohnungen am Jägeracker in Emmendingen auch, am Seitenfaden in Offenburg gibt es nur noch eine Immobilie. In Kenzingen steht derweil das nächste Avantum-Projekt an der Wiesenstraße schon in den Startlöchern: Hier gibt es ab Ende 2021 für preiswerte
Das Herz von My urban living: Der Innenhof ist nach Westen zur Abendsonne ausgerichtet. In Kenzingen (u.l.), Achern (m.) und Kollmarsreute (u.r.) kommt die Avantum-Linie für preiswertes Wohnen zum Zug.
3500 Euro den Quadratmeter 81 Wohnungen mit zwei bis vier Zimmern, der Vertrieb hat begonnen. Ein Avantum-Projekt – die neue, preisbewusste Erfolgslinie der Gundelfinger – wird es bald auch in Kollmarsreute geben, wo in sechs Gebäuden 54 Wohnungen zu haben sind. Hier kostet der Quadratmeter im Schnitt 3600 Euro. Der Baustart ist im kommenden Frühjahr. Eines der größten Siedlungskonzepte der Firmengeschichte ist derzeit in der 27.000 Einwohner zählenden Großen Kreisstadt Achern in Vorbereitung. Hier haben die Stuckerts das alte Glashütten-Areal erworben – fast sieben Fußballfelder groß – und planen 340 AvantumWohnungen sowie 54 Reihenhäuser. Fast 70 Wohnungen sind öffentlich gefördert und werden über 15 Jahre mietpreisgebunden sein. „Achern hat eine tolle Innenstadt und ist eine sehr attraktive Einkaufsstadt“, begründet Stuckert das Engagement. Die Vermarktung beginnt im September. Wenn auch der Spatenstich für My urban living erfolgt. Das Projekt wird ein prägnantes auf dem Güterbahnhof sein. Lars Bargmann
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chilli | bauen & wohnen | 09.2019 | 25
Kraftakt am Keidel
FKB investiert 18,4 Millionen Euro ins Thermalbad – Neueröffnung am 14. September Außensauna aus Adlerperspektive: Unter der Liegewiese verbergen sich neue Technikräume fürs kräftig modernisierte Keidel-Bad.
Visualisierungen: © : Studio Gollwitzer Architekten GmbH München
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as Keidel-Thermalbad im Freiburger Mooswald hat im vergangenen Jahr 526.000 Besucher angelockt. 56.000 mehr als 2017, als das Bad phasenweise geschlossen war. Immer mehr Gäste erfordern kräftige Investitionen in Technik und Angebot. Noch bis 13. September, so lange ist das Bad heuer geschlossen, läuft die letzte Etappe der Bauarbeiten: Eine neue Außensauna wird zu den Highlights zählen, wie unlängst bei einem Baustellenrundgang zu sehen war.
„Parken ist ein Problem“, konstatierte auch der Freiburger Baubürgermeister Martin Haag. Fast 400.000 Keidel-Gäste kommen nicht aus Freiburg, viele aus Frankreich. Tendenz steigend. Und: Im Winter fährt keiner nach dem Saunagang mit dem Rad nach Hause. Also werden nun 190 Bäume gefällt und unweit des Bades – dort, wo mal ein weiteres Hotel geplant war –, dafür zu den bestehenden 200 noch einmal knapp 200 Autostellplätze gebaut. „Reversibel“, das sei der Stadtverwaltung wichtig gewesen, meinte Haag. Und: Die Stellplätze sollen was kosten – auch wenn noch unklar ist, wie das umgesetzt werden soll. Reversibel heißt, dass keine Parkpalette gebaut wird, sondern ein Parkplatz. Der, wenn es irgendwann erforderlich ist, auch wieder verschwinden kann. Die Bäume verschwinden indes sicher, was die Fridays-for-Future-Bewegung aus Freiburg in einer Pressemitteilung scharf kritisiert. Es sei ein „krasser Widerspruch“, dass Oberbürgermeister Martin Horn auf den Demos mitlaufe und auf der anderen Seite das Rathaus die Fällung mittrage, wirtschaftliche Interessen als augenscheinlich wichtiger als ökologische bewerte. Auch die neue Gemeinderatsliste „Eine Stadt für alle“ fordert, den Beschluss nicht umzusetzen, stattdessen die bestehenden Parkplätze zu bewirtschaften, einen „möglicherweise kostenlosen“ Shuttle-Service einzusetzen und die Buslinie 34 auszubauen.
»Parken ist ein Problem«
Die Freiburger Kommunalbauten GmbH, eine Tochter der Freiburger Stadtbau GmbH, investiert insgesamt 18,4 Millionen Euro ins Bad. 9,4 allein im laufenden Jahr. Das meiste ist für Gäste gar nicht zu sehen, weil es in die Verbesserung der Technik geht. Durchaus sichtbar aber, ein Hingucker sogar, wird eine neue zweigeschossige Außensauna aus Holz und Natursteinen sein, die im Souterrain als Erd-Sauna mit 25 Plätzen und im Obergeschoss als Panoramasauna direkt am Naturteich mit 75 Plätzen sich um Kundschaft ab Mitte Dezember sicher keine Sorgen machen muss. Solche bereiten den Verantwortlichen um StadtbauGeschäftsführerin Magdalena Szablewska und Bäderchef Oliver Heintz dafür schon länger die Parkplatzsituation. Im Winter gebe es „kaum noch ein Durchkommen", sagte Szablewska. Es werde sehr stark „wild geparkt“ und dabei auch „der Wald zerstört“. 26 | chilli | bauen & wohnen | 09.2019
Freizeit Die FKB pflanzt – übrigens freiwillig – 195 neue Bäume, wenn auch viel kleinere: 140 am Opfinger Baggersee und der Mundenhofallee, 55 rund um den neuen Parkplatz. Haag möchte zudem mit dem Vorstand der Freiburger Verkehrs AG über eine Verdichtung des Taktes der Buslinie 34 sprechen. Beim Baustellenrundgang im Jahr des 40-jährigen Bestehens des Bades zeigte Szablewska auch die Katakomben, in denen Handwerker neue Elektro- und Wärmeleitungen verlegten, sechs neue Behälter für eine optimale Wasseraufbereitung stehen, neue Lüftungsanlagen gebaut wurden, eine neue Trinkwasseraufbereitungsanlage – die Technik im altehrwürdigen und dennoch bald topmodernen Keidel-Bad hat einen enormem Platzbedarf. Ein komplett neues Technikgebäude wurde dafür auch gebaut – es
Schwitzen und Staunen: Blick von der neuen Erdsauna zum Naturteich.
wird mit Gras überwachsen und hernach als Liege- und Aktionswiese dienen. Der kleine Fitnessraum wurde um 25 Quadratmeter vergrößert und bekommt moderne Geräte; Duschen und Umkleiden werden und wurden renoviert. Wenn das Keidel ab dem 14. September komplett fertig ist, bleiben die Öffnungszeiten wie gewohnt,
die Eintrittspreise indes nicht: „Wir liegen mit den Preisen aktuell 25 Prozent unter Bad Krozingen“, sagte Szablewska. „Die Preise werden hochgehen, das Keidel kann kein Zuschussbetrieb der Stadt sein“, machte Haag klar. Wie die Tarife nach der 18,4 Millionen Euro schweren Investition genau aussehen, steht derweil noch nicht fest. bar Anzeige
chilli | bauen & wohnen | 09.2019 | 27
Bauträger
»Umland wird immer attraktiver« Jörg Gisinger im Interview
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ie Gisinger Gruppe zählt zu den Schwergewichten in der Bauträgerbranche. Im Interview spricht Firmenchef Jörg Gisinger über Freiburger und neue Projekte im Umland.
gles, Paare, Familien und auch Kapitalanleger. Gemeinsam mit der Stadt Staufen hatten wir einen mehrstufigen Architektenwettbewerb ausgelobt, den das Freiburger Architekturbüro Harter + Kanzler gewonnen hat.
chilli: An der Habsburgerstraße klafft an der Ecke Habsburger und Wölflinstraße noch eine Lücke. Haben sich die Pläne zerschlagen, den Unternehmenssitz dorthin zu verlegen? Jörg Gisinger: Ja, leider.
chilli: Ein anderer Schauplatz liegt in Schallstadt. Was machen Sie beim Projekt Am Alten Reithof? Gisinger: Es ist unser erstes Projekt in Schallstadt, hier entsteht attraktiver Wohnraum in stadtnaher Lage zu Freiburg. Wir bauen mitten im Ort ein Mehrfamilienhaus mit Zwei- bis Vierzimmerwohnungen und zwei getrennten Eingängen. Die günstigste Zweizimmerwohnung mit ca. 60 Quadratmetern kostet 255.000 Euro.
chilli: Warum? Gisinger: Aus logistischen Gründen haben wir uns schweren Herzens gegen den neuen Firmensitz entschieden, denn unsere einzelnen Unternehmensbereiche hätten wir auf unterschiedlichen Stockwerken unterbringen müssen. Wir sind ein sehr kommunikatives Unternehmen und unsere Abteilungen arbeiten auf kurzen Wegen zusammen. Das wäre am neuen Standort nicht mehr umsetzbar. Daher bleiben wir an der Heinrich-von-StephanStraße, bauen dort um und modernisieren.
Foto & Visualisierung: © Gisinger
chilli: Was kommt stattdessen? Gisinger: Es wird weitere Ein- bis Drei-Zimmer-Eigentumswohnungen und Gewerbeflächen geben. chilli: Ein großer Teil der Aktivitäten liegt derzeit im Umland, warum? Gisinger: Wir richten unseren Blick mittlerweile auch raus aus Freiburg, weil hier einfach die Grundstücke fehlen und das Umland mit seiner vorhandenen Infrastruktur und der guten Anbindung nach Freiburg für Wohnungssuchende immer attraktiver wird. 28 | chilli | bauen & wohnen | 09.2019
Nimmt Kritik des Gestaltungsbeirats zur Kenntnis: Jörg Gisinger.
chilli: Mit dem Projekt SchladererAreal Süd startet demnächst das zweite Vorhaben in Staufen. Warum Staufen, das ja durch die Hebungen in der Altstadt bei Immobilienbesitzern nicht nur Freude macht? Gisinger: Wir bauen nicht in der Altstadt, sondern in fußläufiger Innenstadtlage, wo es keine Hebungsrisse gibt. Staufen hat ein ganz besonderes Flair und eine fantastische Infrastruktur. Die Grundstücke, die wir erwerben konnten, haben eine hervorragende Lage, was sich an dem Kundeninteresse widerspiegelt. Die Nachfrage ist sehr groß. chilli: Was wird dort für wen gebaut? Gisinger: Es entstehen in zwei Bauabschnitten sechs Mehrfamilienhäuser mit 72 Eigentumswohnungen für Sin-
chilli: Zurück nach Freiburg. Beim Neubaugebiet Hornbühl-Ost in Ebnet hat der Gemeinderat nach jahrelanger Debatte und Kritik aus dem Ortschafts- und Gestaltungsbeirat grünes Licht für 120 neue Wohnungen gegeben. Wie bewerten Sie die Kritik an der Geschossigkeit und der flachen Dachform? Gisinger: Da wir hier die baulichen Vorgaben der Stadt Freiburg umsetzen, können wir die Kritik nur zur Kenntnis nehmen. Premiere: Die Bebauung auf dem Alten Reithof ist das erste Gisinger-Projekt in Schallstadt.
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chilli | bauen & wohnen | 09.2019 | 29
Baurecht
EU straft deutsche HOAI ab Holz im Fokus Steiger, Schill & Kollegen ausgezeichnet
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Foto: © pixabay.com
er Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die seit Jahrzehnten geltende deutsche Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) teilweise für rechtswidrig erklärt. Demnach sind die von den Baukosten abgeleiteten Mindest- und Höchstsätze für die Honorare unwirksam, weil sie gegen die europäische Dienstleistungsrichtline verstoßen. Ein heftiger Angriff aufs Selbstverständnis der Planer. „Das Urteil wiegt schwer“, sagt N icolas Schill von der Staufener Baurechtsspezialistenkanzlei Steiger, Schill & Kollegen, die vom Focus soeben in die diesjährige Liste der deutschen Top-Wirtschaftskanzleien 2019 aufgenommen wurde. Schill und Thomas Steiger wurden zudem im Bereich Bau- und Architektenrecht ausgezeichnet. Ärger um Architektenhonorare zählen in der Kanzlei zum Alltag. Schill vertritt derzeit einen Architekten, der sich für seine Leistungen mit seinem Auftraggeber pauschal auf 150.000 Euro geeinigt hatte. Bei der Schlussrechnung gab es – wie so oft – Ärger, der Auftraggeber wollte das Honorar nicht komplett bezahlen.
Der Architekt konterte, indem er nun den Mindestsatz der HOAI zugrunde legte und verklagte den Bauherrn auf 700.000 Euro. In der Regel eine Schlinge, aus der der Bauherr seinen Kopf nicht ziehen kann. Das Verfahren indes zog sich und mitten rein platzte nun das EuGHUrteil vom 4. Juli. Ob dieses nun auch rückwirkend gilt, darüber gibt es unterschiedliche Rechtsprechungen: Nach einem Urteil des OLG Hamm hat das Urteil für bereits laufende Verfahren keine Auswirkungen. Das OLG Celle urteilte genau anders herum. Nun liegt die Kontroverse vorm Bundesgerichtshof. Der EuGH hat die HOAI aber nicht komplett beerdigt. „Pauschalhonorarvereinbarungen unterhalb der Mindestsätze sind dann weiter unwirksam, wenn die Vereinbarung nicht zeitgleich mit der Auftragserteilung schriftlich abgeschlossen wurde“, sagt Schill. Dann könne weiterhin der Mindestsatz verlangt werden. Und so war es bei dem Streitfall, bei dem es deswegen weiter um die 700.000 Euro geht. Bei künftigen Verträgen zwischen Bauherren und Planern sei zu beachten, dass die Preisregelungen der HOAI als Vertragsgrundlage vereinbart werden. Die Auftraggeber könnten allerdings nun Pauschalvereinbarungen mit den Planern unterhalb der Mindestsätze aushandeln, die vor Gericht auch halten. Bisher gingen sie bei Streitigkeiten in aller Regel als Verlierer vom Platz. Deutschland hatte sich gegen die Klage gewehrt und dies mit der Qualität der Planungsleistung und dem Verbraucherschutz begründet. Ohne Erfolg. bar
6. Freiburger Brandschutztag
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ie lassen sich Brandschutz und Holzbau miteinander so vereinen, dass sie sich auf der Baustelle nicht als Kontrahenten begegnen? Holz ist brennbar, das schließt aber nicht aus, dass mittlerweile sogar Hochhäuser in Holzbauweise erstellt werden. Dieses Thema steht ganz oben auf der Liste, wenn die BRM (Brandschutz- und Risiko-Management) GmbH am 2. Oktober zum 6. Freiburger Brandschutztag in den Ballsaal Berlin im Europa-Park Rust einlädt. In Zeiten des ökologischen und nachhaltigen Bauens ist der Baustoff Holz aktuell stark im Fokus. „Entscheidend hierfür ist die richtige Planung“, sagt Marc Schlicksupp, der Geschäftsführer des Veranstalters. Dabei geht es um die bauliche, anlagentechnische und auch organisatorische Umsetzung. Der Brandschutztag mit insgesamt 20 Ausstellern auf der begleitenden Fachmesse richtet sich an Architekten und Ingenieure, Brandschutzsachverständige und Interessierte, Mitarbeiter in Behörden und Brandschutzdienststellen. Die Besucher können einerseits hochkarätiges Networking betreiben, andererseits ist der Brandschutztag von der Architekten- und Ingenieurkammer BW als Fortbildung und vom Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI) als Qualifizierung für Brandschutzbeauftragte anerkannt. Beim 6. Brandschutztag kooperiert die BRM mit der ProHolz BW, die begleitend zur Fachmesse die Ausstellung „Triple Wood“ zeigt: Es geht um die nachhaltige Holzbaukultur im Alpenraum im Vergleich zu deutschen Brandschutzanforderungen. chilli freiburger-brandschutztag.de
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chilli | bauen & wohnen | 09.2019 | 31
Bauträger
Projektentwicklungen
Neues bei alter Kaserne FSB baut 59 Wohnungen am Breisacher Hof
WOBAG im Herzen von Bad Krozingen und mit Schwerpunkt in Lörrach Mit Walm-, Sattel- und Mansarddach: So soll die neue Ortsmitte mal aussehen.
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Visualisierung: © WOBAG
n so prominenter Stelle hat die Wohnbau Baden AG (WOBAG) noch nicht gebaut: Mitten im Herzen von Bad Krozingen werden die Freiburger bei der Umgestaltung am Rathausplatz drei Wohn- und Geschäftshäuser bauen. Aber auch andernorts ihre Kernkompetenz für Familien zeigen. Ab Mitte September startet der Umbau der Ortsmitte in der Kurstadt, WOBAG-Vorstand Klaus Ruppenthal hat eigens eine auf archäologische Funde spezialisierte Firma hinzugezogen, weil möglicherweise noch Reste der alten Stadtmauer im Baufeld liegen. Zudem muss die Straßenführung verlegt und alles andere als rechteckige Gebäude gebaut werden: „Es ist eine anspruchsvolle Aufgabe.“ In den drei Häusern werden im Erdgeschoss Läden und Gastronomie Platz finden, drüber 22 Eigentumswohnungen, bei denen der Quadratmeter oberhalb von 5000 Euro kosten wird. Auch alle anderen Baustellen liegen aktuell im Umland: In Heuweiler baut die WOBAG über einer Tiefgarage sechs große (160 m2) Doppelhaushälften mit Erd- und Dachterrassen (im Schnitt für 725.000 Euro), in Königschaffhausen bald elf Reihenhäuser (ab 500.000 Euro, auch mit Tiefgara32 | chilli | bauen & wohnen | 09.2019
ge), in Bad Säckingen sind bis Ende des Jahres fünf hochwertige Reihenhäuser direkt am Rhein beziehbar. Beim 35-Millionen-Euro-Projekt Am Schänzle in Waldkirch sind 29 Wohnungen und acht Reihenhäuser im ersten Bauabschnitt bereits verkauft. Im Bau sind derzeit acht Kettenhäuser (drei sind noch zu haben) sowie sieben weitere hangaufwärts, hinzu kommen ein Einfamilienhaus und als Finale noch die letzten sieben Reihenhäuser. 2021 wird das volumenreichste Bauvorhaben in der WOBAG-Geschichte abgeschlossen sein. In Teningen startet das Unternehmen nun den Vertrieb von 16 geförderten und 16 frei finanzierten Zwei- bis Vierzimmerwohnungen (hier liegt der Quadratmeterpreis unter 4000 Euro) sowie zwei kleinen Gewerbeeinheiten, auch hier soll Anfang 2021 alles fertig sein. Einen neuen Schwerpunkt setzt die WOBAG im Lörracher Neubaugebiet Belist, wo sie mittlerweile drei Grundstücke erwerben konnte – für die ersten zwölf Einheiten im ersten Mehrfamilienhaus startet demnächst der Vertrieb. Das städtebaulich wirkungsmächtigste Bauvorhaben bleibt aber Bad Krozingen. „Zentraler“, sagt Ruppenthal, „geht’s nicht.“ Lars Bargmann
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ie Freiburger Stadtbau GmbH (FSB) hat mit dem Bau von 59 geförderten Mietwohnungen mit insgesamt 4150 Quadratmetern auf dem alten Kasernenareal im Breisacher Hof begonnen. „Die FSB schafft hier dringend benötigten Wohnraum, gleichzeitig wird eine große Freifläche wieder genutzt und das Quartier vervollständigt“, sagte Oberbürgermeister Martin Horn beim Spatenstich. „Unser Ziel ist, ein langfristig lebenswertes und nachhaltiges Wohnumfeld für Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen zu schaffen“, erklärten die StadtbauGeschäftsführer Ralf Klausmann und Magdalena Szablewska. Den Wettbewerb hatte das Büro bhk Architekten aus Saarlouis gewonnen, dessen Freiburger Dependance das Vorhaben nun auch umsetzt. Der Breisacher Hof ist ein Areal aus ehemaligen Kasernen und Offiziersunterkünften des 5. Badischen FeldArtillerie-Regiments No. 76. Die um den ehemaligen Exerzierplatz und heutigen Innenhof stehenden Gebäude sind fast noch im ursprünglichen Zustand und bilden als städtebauliches Ensemble ein Zeugnis der Stadtgeschichte. Die FSB investiert 14,7 Millionen Euro in den Neubau. Die Wohnungen sollen im Sommer 2021 bewohnbar sein. bar Wohnhaus im L-Form: Der Kopfbau hat acht, der dem Innenhof zugewandte Baukörper fünf Geschosse.
Visualisierung: © Freiburger Stadtbau
Städtebaulich anspruchsvoll
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Stadtentwicklung
Freiburgs teuerste Baustelle Spatenstich zur Staudinger-Schule
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Visualisierung: © Sacker Architekten, Foto: © Till Neumann
elten hat man so viele Menschen bei einer Pressekonferenz gesehen wie unlängst an der Staudinger-Schule. Neben Vertretern von Rathaus, Schule und Gemeinderat waren auch Schüler, Eltern, Lehrer und zwei Chöre dabei. Der Grund: Freiburgs teuerstes Bauprojekt startet. Die Staudinger-Schule wird für 110 Millionen Euro neu gebaut.
Anlage auf dem Dach werde das Gebäude als PassivPlus-Haus eingestuft. Ein Haus also, das mehr Energie erzeugt, als es verbraucht. „Das soll auch in zehn oder zwanzig Jahren noch modern sein“, betont Horn. Lange umstritten war die Zukunft des Werkspielplatzes „Werki“. Schulvertreter haben leidenschaftlich darum gekämpft. Mit Erfolg: Er wird nach langem Ringen in seiner ursprünglichen Form erhalten und lediglich in Teilen um 90 Grad gedreht. „Das waren lange Gespräche, wir waren Nur drei Gemeinschaftsschulen gibt es in Baden-Württemberg. Eine davon ist die Staudinger-Schule in Haslach. glücklicherweise gut vernetzt“, erzählt ein Staudi-Insider. 1970 gebaut, beherbergt sie rund 1200 Schüler. Angedockt Bei den Planungen mitgenommen worden sind auch die sind zudem eine Stadtteilbibliothek und der Jugendtreff Schüler. Spontan bittet Horn Jenny Bauer ans Mikrofon, Haslach. Das Unterfangen die seit Jahren Teil der engagierten Schülerfraktion ist. ist ein „Jahrhundertprojekt“, Auch sie ist voll des Lobes für wie Oberbürgermeister Martin Horn beim Spatenstich die Beteiligung der Schüler betont. Zum Vergleich: Die am Planungsprozess. UB hat rund 53 Millionen Die Ausschreibung gewonnen hat unter 21 Architekgekostet. 76,5 Millionen Euro turbüros ausgerechnet ein (ohne Infrastruktur) kostet Freiburger Team: Sacker Ardas neue SC-Stadion. chitekten. „Wir wollen eine „Wir brauchen ganz viel Einheit schaffen“, erklärt Unterstützung“, betont BauProminenz: Gleich vier Bürgermeister kamen zum Event. bürgermeister Martin Haag Christopher Höfler. Es sei ein bei sengender Hitze am RedTetrisspiel aus mehreren Elenerpult. Bis zu zehn Millionen Euro gebe es als Landeszumenten. Wichtig ist ihm, dass sich Schüler direkt wohlfühschuss, Bundesgelder bisher nicht. Hinter Haag ist eine len, wenn sie später einmal ins neue Gebäude gelangen. Baugrube, Metallzäune reihen sich aneinander, ein Bagger Auch Schulleiter Martin Baumgarten blickt trotz der wartet auf die nächste Fahrt. Megabaustelle optimistisch nach vorne. Sein großes Haag weiß, was die Bauzeit bis 2026 vor Ort bedeutet: Anliegen sei gewesen, den Werki zu erhalten. „Sehr „Die Anlieger werden Wochen, Monate, Jahre mit Lärm glücklich“ sei er, dass das gelungen ist. und Staub klarkommen müssen.“ Wie zum Trost gibt Drei Szenarien hatte die Stadtverwaltung geprüft: Sanierung, Teilsanierung mit Teilneubau der Schülerchor „Staudi Singers“ danach einen Song zum und einen Neubau. Der Entschluss für Letzteres hat Besten. „Das muss ein Staudi können“, heißt es darin immer wieder. Womöglich ein Aufruf zum Durchhalten. mehrere Gründe: Die Kostenrisiken sollen geringer Die kommenden Jahre dürften entbehrlich werden, sein, der laufende Betrieb weniger beeinträchtigt weiß auch Horn. „Ein Spatenstich ist nichts Besondewerden. Zuletzt spielt auch das Finanzielle eine Rolle: res in unserer Stadt, aber heute ist das etwas ganz BeFür den Neubau gibt’s einen Zuschuss von bis zu sonderes“, betont er. Das Vorhaben koste zwar noch zehn Millionen Euro. Auch darauf konnte später im Festzelt angestoßen werden. Bei Großmehr als das Stadion, sei projekten weiß man schließlich nie, ob alles aber jeden Euro wert. Dank der Photovoltaikklappt wie geplant. Till Neumann So soll sie aussehen: Die neue Staudinger-Schule könnte 2026 fertig werden.
Bauträger
Gewonnen in Waltershofen: Auf dem Alten Sportplatz entstehen Wohnungen und ein Supermarkt mit Bäckereifiliale.
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Visualisierung: © K9 Architekten
nsere Spezialität ist Wohnraum für alle Kreise der Gesellschaft“, sagt Heinz-Dieter Störck, der Leiter der Freiburger Geschäftsstelle des Siedlungswerks. Das überzeugt offenbar vor allem Kommunen. Das dem Bistum Rottenburg-Stuttgart und der L-Bank gehörende Unternehmen baut oder plant aktuell mehr als 500 Wohnungen. Berührungsängste mit Erbpachtgrundstücken hat Störck nicht. In Kirchzarten startet das Siedlungswerk mit dem Bau von 10 geförderten und 17 frei finanzierten Mietwohnungen sowie 23 Eigentumswohnungen am Kurhaus – auf Erbpacht. Im Herbst startet der Vertrieb. In Waltershofen auf dem Baugebiet Alter Sportplatz hat Störck mit K9 Architekten einen Architekten- und Investorenwettbewerb gewonnen und wird dort ab Ende kommenden Jahres auf einem Erbpachtgrundstück mit dem Bau von 25 Eigentums- sowie 27 geförderten Mietwohnungen, einem Supermarkt und einer Bäckereifiliale beginnen. Da das Grundwasser dort sehr hoch steht, galt es dabei, ohne Untergeschoss oder Tiefgarage zu planen. Ebenfalls in Freiburg hat das Siedlungswerk von der Freiburg, Wirtschaft, Touristik und Messe GmbH das ehemalige Technologiezentrum an der Wippertstraße auf einem 1700 Quadratmeter großen, der Waisenhofstiftung gehörenden Grundstück in der Unterwiehre gekauft. Das alte Gebäude wird abgerissen, überplant wird zudem auch das Nachbargebäude. Wenn mit den dort untergebrachten vier Mietern ein neues Zuhause vereinbart ist, könnten über einer dreigruppigen Kita je 20 Eigentums- und geförderte Mietwohnungen entstehen. Derzeit bereitet Störck einen Architektenwettbewerb mit sechs Büros – darunter vier aus Freiburg – vor. Auch dieses Projekt ist auf einem Erbbaugrundstück. Bei der St. Nikolaus-Kirche in Opfingen plant das Siedlungswerk – erneut auf Erbpacht – 16 Wohnungen zum Kaufen, 11 frei finanzierte sowie acht geförderte zur Miete und zudem eine Tagespflegeeinrichtung.
Keine Probleme mit der Erbpacht
Siedlungswerk baut und plant mehr als 500 Wohnungen Aber auch außerhalb von Freiburg ist Störck, der auch die Geschäftsstelle Rottweil leitet, schwer aktiv: Im Schliengener Baugebiet Wasengärtle wird im kommenden Frühjahr der erste Spaten für 33 neue Eigentumssowie 36 Mietwohnungen (25 preisgedämpfte und 11 geförderte) gestochen. In Singen werden aktuell rund 100 Wohnungen erstellt, in Radolfzell, Rottweil und Rottenburg demnächst noch einmal insgesamt 65 Wohnungen gebaut. Um das anspruchsvolle Programm zu stemmen, hat Störck zwei neue Mitarbeiter eingestellt. Wohnraum für alle Kreise der Gesellschaft ist offenbar ein überzeugendes Argument. bar Anzeige
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Fachplaner
Lasten verstecken
Aktuell viel Hotel: Müller + Klein
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as seit mehr als 50 Jahren tätige Freiburger Ingenieurbüro Müller + Klein (M+K) profitiert wie andere auch vom Bauboom in Südbaden. Die Geschäftsführer Michael Müller und Christian Klein haben aktuell zwei größere HotelNeubauten sowie zwei Hände voll weiterer gewerblicher, kommunaler oder privater Bauvorhaben auf dem Tisch. In erster Linie geht es dabei immer um die beste Lösung fürs Tragwerk. Sie lösen aber auch bauphysikalische Aufgaben oder untersuchen Bestandsgebäude. Der Messtechniker Testo, respektive das Tochterunternehmen Saveris,
hat einen Bauantrag für ein Business-Hotel mit 107 Zimmern und Blick auf den Titisee gestellt. Sechs Stockwerke am Hang, oben Zimmer, unten möglichst keine Stützen im Tagungs- und Konferenzbereich. „Wir verstecken sozusagen die von oben kommenden Lasten unten in Bereichen, in denen die Statik nicht stört“, sagt Klein. Dazu sei nicht nur eine Abstimmungsrunde mit dem Bauherren und anderen Fachplanern nötig. Für Testo hatten M+K auch schon die Tragwerke der ersten beiden Bauabschnitte am Stammsitz in Titisee geplant. Auch in Bad Krozingen befasst sich das Büro derzeit mit dem Bau
eines Vier-Sterne-Superior-Hotels direkt am Kurgarten. Hotelbauten sind den Statikern nicht fremd, haben sie doch auch im Europa-Park schon eines auf der Referenzliste. In Endingen vertraut das Rathaus beim Neubau eines Schulzentrums auf die Freiburger. Bei denen steht vor Ort aktuell etwa der Neubau des Rettungszentrums an der Feuerwehrwache im Stühlinger mit großer Wagenhalle, Turnhalle, Büros und Schulungsräumen, zudem ein weiteres Bauvorhaben auf dem Güterbahnhof oder auch eine knifflige Arbeit auf dem Lorettoberg auf der Agenda. bar
Energievolles Leuchtturmprojekt Eichelbuck: Aus Müllberg wird Energieberg
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Foto: © Liliane Herzberg
educe, Reuse, Recycle“ – zitiert Oberbürgermeister Martin Horn den Sänger Jack Johnson, während er auf knapp 300.000 Tonnen Müll steht. Umweltfreundlichere Energie erzeugen – darum geht es bei der symbolischen Inbetriebnahme der Erweiterung des Solarkraftwerks Eichelbuck. Seit 2011 steht auf der Deponie eine Photovoltaikanlage, deren Leistung von 2,6 Megawatt Peak rund 1000 Haushalte mit umweltfreundlicherer Energie versorgt. Nun haben das Freiburger Rathaus, die Badenova-Tochter Wärmeplus und die Abfallwirtschaft Freiburg für rund 400.000 Euro 1350 neue Solarmodule installiert und können 1200 Haushalte versorgen. 36 | chilli | bauen & wohnen | 09.2019
Gruppenbild mit Dame: Gerda Stuchlik und Martin Horn mit den Machern.
Die voraussichtlichen Erträge liegen jährlich bei etwa 33.000 Euro. „Das ist konkret in die Tat umgesetzte Nachhaltigkeit“, sagte Horn. Und ein weiterer Schritt, CO2 einzusparen, denn bis 2030 sollen in Freiburg die klimaschädlichen Gase um 60 Prozent reduziert werden, bis 2050 will Freiburg CO2-neutral sein. Bis dahin ist allerdings noch viel zu tun.
So erklärte Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik, dass noch das Dreifache an Solarfläche gebaut werden muss, um das Ziel, zehn Prozent Sonnenstrom zu generieren, zu erreichen. Dazu müssten auch die privaten Dächer mit wirksamen Kampagnen aktiviert werden, denn effiziente Freiflächenanlagen sind in Freiburg kaum zu finden. Der Müllberg Eichelbuck ist indes längst zum Energieberg mutiert. Schon seit 1991 wird das Deponiegas nutzbar gemacht und seit 2010 mit Biogas aus der Vergärungsanlage der Firma Remondis gemischt. Im Blockheizkraftwerk in Landwasser entsteht daraus Strom für rund 4900 Haushalte und Wärme für 1200 Wohnungen. herz
Grünflächen
Neue Parkanlage am Pulverturm 700.000 Euro für ein neues Kleinod
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Fotos: © Lars Bargmann
er Patient war fast schon tot, jetzt ist er wieder quicklebendig: Die Grünanlage zwischen Wallstraße und Greiffeneggring wurde unlängst von Baubürgermeister Martin Haag und Mitstreitern feierlich eröffnet. Sie ist kaum wiederzuerkennen. „Man wundert sich, was man aus so einer Fläche machen kann“, sagte Haag vor 150 Interessierten. Und hatte guten Grund dazu: Die Anlage am Pulverturm, die nun Mehrgenerationenplatz genannt wird, ist eine der raren grünen Flächen in der Innenstadt. Vorher führte sie ein Schattendasein, marode Sitzbänke und Spielgeräte, zugewachsene Wege, für Rollstuhlfahrer oder Kinderwagen kaum zu erreichen – was aber angesichts der gebrauchten Junkie-Spritzen und Scherben am Boden auch nicht jederfraus Sache gewesen wäre. Das Areal hat historische Dimensionen: Am Pulverturm sind Teile der mittelalterlichen Stadtmauer zu sehen, hinter dem Einrichter Die Küche wurde eine Ecke der alten Vaubanschen Festungsanlage mit Corten-Stahl modern interpretiert. Was fehlt, ist noch ein grafischer Hinweis darauf. Dafür ist der kleine Park nun rollstuhlgerecht, hat Wasserpumpe, Kletteranlage, Rutsche, Sandkasten und Schaukel, eine kleine Bühne, einen Duftgarten, ein Trampolin, Stein- und Holzbänke – und viel Licht. „Traumhaft schön“, kommentierte Küchen-Inhaber Marc Boehlkau, „hoffentlich gehen die Leute damit respektvoll um.“ 700.000 Euro investierte das Rathaus ins
Gut gestaltet: Der rote Pfeil zeigt die Lage des Mehrgenerationenplatzes in der alten Vaubanschen Festungsanlage.
3500 Quadratmeter große Bodendenkmal, in dessen Mitte übrigens einst ein Flutgraben der Dreisam lag. Mitgemacht bei der Planung hatten Bürger, Anwohner und der Lokalverein Innenstadt. 420.000 Euro gab es aus Bundes- und Landesmitteln durch das Programm Städtebaulicher Denkmalschutz. „Viele unserer Wünsche wurden von der Stadt aufgenommen, wir sind sehr zufrieden“, sagte die Lokalvereinsvorsitzende Anca Rosler-Koslar. Nun wolle man gemeinsam mit der Stiftungsverwaltung 200.000 Euro für die Umgestaltung des Spielplatzes am Colombipark sammeln. Auch der führt heutzutage ja eher ein Schattendasein. bar Anzeige
Klima und Kommunen
Teurer Sommer
In Freiburg belastet auch die zunehmende Hitze die Stadtkasse
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er Juni war in Deutschland der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die Hitzewelle war keine Ausnahme: Seit den 1930ern steigt die Temperatur im südlichen Oberrheingebiet um 0,9 Grad jährlich. Für die Kommunen bringt das steigende Kosten mit sich: Allein das Wässern und der Austausch von Bäumen kostet die Stadt Freiburg dieses Jahr mehr als eine halbe Million Euro.
Trockene Wiesen und Bäume gibt es in heißen Sommern nicht nur im Freiburger Seepark.
Vor einer Kastanie steht ein Traktor mit einem großen Tank im Schlepptau. Ein Mitarbeiter des Garten- und Tiefbauamts (GuT) mit orangener Weste wässert den jungen Baum mit einem Schlauch. Dieses Bild ist in Freiburg an heißen Sommertagen oft zu sehen. Damit die Bäume in den Parks und entlang der Straßen Hitzeperioden überstehen, müssen sie regelmäßig gegossen werden. Während das GuT dafür 2017 noch rund 170.000 Euro ausgegeben hat, waren es im sehr trockenen Jahr 2018 bereits 310.000. Um den Arbeitsaufwand einzudämmen, teste die Stadt verschiedene Systeme, so Pressereferentin Bettina Birk. Auch sogenannte Camelbags – Wasserbeutel, die ihren Inhalt langsam in die Pflanzgrube fließen lassen – seien dabei. In Kehl habe man allein dadurch 70 Prozent des Arbeits- und Geldaufwands sparen können, teilt die Stadt am Rhein mit. In Freiburg ist die Euphorie nicht so groß: „In extremen Trockenperioden nutzen die Wassersäcke nicht so viel“, weiß Birk. Immer wieder müssen daher Bäume ausgetauscht werden, weil sie mit der Klimaveränderung nicht
zurechtkommen. Im Stadtgebiet waren es dieses Jahr 350. Kosten: rund 280.000 Euro. Noch deutlich höher ist dagegen der Aufwand, den Hitze und Trockenheit im Stadtwald verursachen. Anstatt nur die Bäume zu ernten, die dick genug sind, um sie zu verkaufen, muss das Forstamt auch die geschwächten, von Borkenkäfern befallenen oder bereits abgestorbenen Bäume finden, fällen und an einen befahrbaren Weg ziehen. Was arbeitsintensiver ist, als die regulären, in einer zehnjährigen Planung festgelegten Fällungen. Um die entstandenen Lücken wieder zu füllen – allein 2018 waren das 1,5 Hektar –, müssen junge Bäume nachgepflanzt werden. Kosten samt der Pflege: 30.000 Euro. Gravierender sind die Mindereinnahmen beim Verkauf: Aktuell sei laut Forstamt der Holzmarkt überlastet mit Holz, das durch Käfer und Pilze eine viel schlechtere Qualität hat. Schon im Mai habe der Preis für Fichtenholz 20 Prozent unter dem des Vorjahres gelegen. Bei den rund 10.000 bis 15.000 Festmetern Fichten- und Tannenschadholz, die das Amt dieses Jahr im Stadtwald erwartet, sum-
Foto: © Till Neumann
280.000 Euro für 350 Bäume
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miert sich der Einnahmeverlust auf 200.000 bis 300.000 Euro. Von allen ökologischen und gesundheitlichen Auswirkungen abgesehen – allein aus finanziellen Gründen müssen sich Kommunen etwas einfallen lassen, wie sie dem Klimawandel begegnen. Auch in der Green-City besteht Handlungsbedarf. Von 2016 bis 2018 hat das Stadtplanungsamt daher ein Konzept für den Umgang mit der zunehmenden Hitzebelastung erstellen lassen. Diesen Februar wurde vom Gemeinderat beschlossen, dieses Konzept bei allen städtebaulichen Planungen zu berücksichtigen. In dem Bericht sind Maßnahmen wie das Schaffen von Luftleitbahnen, die Vernetzung von Wald- und Grünanlagen oder die Entsiegelung von Oberflächen genannt. Konkrete Umsetzungen gibt es bislang jedoch kaum. Momentan werde eine Übersicht über die in Deutschland vorhandenen kommunalen Förderprogramme für Dach- und Fassadenbegrünungen erarbeitet, um von guten Beispielen lernen zu können, heißt es aus dem Umweltschutzamt. Bis tatsächlich die ersten Förderungen anlaufen, wird zumindest dieser heiße Sommer sicherlich vorüber sein. Tanja Senn
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Stadtentwicklung
Maßstabsbruch an Markante Neue Planspiele am Europa-Eck
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Visualisierung: © Stadt Freiburg
ei der sogenannten Entwicklung des Europaviertels in Freiburg kommt dem neutralen Betrachter unweigerlich Brechts Ballade von der Unzulänglichkeit menschlichen Planens in den Sinn. „Ja, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch ’nen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht“, heißt es dort. Der wievielte Plan es nun ist, den die Stadtverwaltung Anfang Juli dem Gemeinderat vorstellte, ist nebensächlich. Fraglich ist, ob dieser Anlauf nun zu etwas Sichtbarem führen wird. Die Ecke Bismarckallee und Friedrichstraße ist städtebaulich fraglos markant. Wie sie aber künftig mal aussehen kann, ist schon seit mehr als zehn Jahren die Frage. Der Gemeinderat hatte am 2. Dezember 2009 das Aufstellen eines Bebauungsplans beschlossen. Hernach hatte die Unmüssig-Gruppe gemeinsam mit dem Rathaus einen Ideenwettbewerb ausgelobt, einen Sieger gekürt, dessen Ergebnisse aber nie umgesetzt. Weil sich der Projektentwickler Peter Unmüßig nicht mit zwei anderen Eigentümern an der Ecke einigen konnte. Und weil der Entwurf des Architektenbüros Kleihues + Kleihues ein 16-stöckiges Hochhaus vorsah, das einen „Maßstabsbruch“, so steht es in einer gemeinderätlichen Drucksache, bedeutet hätte. Höchs-
tens 43 statt 64 Meter, höchstens zwölf Geschosse, lautet das Votum von Politik und Verwaltung fürs Areal. Auf dem steht heute ein architektonisch einigermaßen liebloses Hochhaus, das Unmüssig gehört und einst das namensgebende Hotel Europa beherbergte. Und daneben das einstige Commerzbank-Gebäude, in dem die Freiburger Volksbank bis zur Fertigstellung ihrer neuen Zentrale im Frühjahr 2021 ihr Quartier bezogen hat. Es gehört der CLS Holdings plc mit Sitz in London. Die Fläche auf dem ehemaligen Fahrrad-Böttcher Areal am Friedrichring gehört einer Eigentümergemeinschaft, die auch beim neuen Anlauf – vorerst – nicht dabei ist. Holding und Unmüßig wollen so gut es geht an einem Strang ziehen. Die Holding könnte u-förmig fünf- bis siebengeschossig bauen, die privaten Eigentümer, wenn sie überhaupt auf den Zug aufspringen, maximal siebengeschossig straßenrandbegleitend. Ein weiteres Hotel, das hatten die Grünen im Gemeinderat erfolgreich beantragt, wird es indes nicht geben. Dafür sollten Wohnungen – mit einem angemessenen Teil an öffentlich geförderten Mietwohnungen – inte-
griert werden. In den Erdgeschossen soll es möglichst öffentliche Nutzungen geben. Es sollen Durchgänge zum Innenhof geschaffen, standortverträgliche Nutzungskonzepte vorgelegt und eine hohe architektonische Qualität, etwa durch gegliederte Fassaden, gewährleistet werden. Noch tauchen auf der politischen Wunschliste die Begriffe Passiv- oder Plusenergiehaus nicht auf. Nun darf also wieder in die Hände gespuckt werden. Allerdings stellen sich dabei unter anderem so wenig triviale Fragen wie die nach einer gemeinsamen Tiefgarage trotz völlig unterschiedlicher Baustarts, nach Grenzbebauungen, verkehrlich aufeinander abgestimmten Erschließungen. Fatal wäre es, wenn Unmüßig endgültig die Lust verliert und sein Hochhaus in einzelnen Etagen an Firmen verkauft. Denn dann hätte man nicht drei Eigentümer, die sich jahrelang nicht einigen, sondern 30. Lars Bargmann
Aufzustellende Neubauten: So stellen sich Stadtplanungsamt und Gemeinderat die künftige Bebauung vor.
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Sonnenblumen statt Glyphosat
Rathaus und Landwirte starten einzigartiges Projekt
Fotos: © Till Neumann, unsplash.com
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eniger Pflanzenschutzmittel, mehr Artenvielfalt. Mit dieser Idee haben sich zwei städtische Ämter und fünf Landwirte zusammengetan. In einem wohl deutschlandweit einzigartigen Projekt versuchen sie, ein Win-Win zu schaffen. Die Landwirte sagen: Wir stehen unter Druck.
Braungebrannt und tatkräftig streift Erwin Wagner durch ein Meer aus Sonnenblumen. „Ich unterstütze nicht gerne Spritzmittelkonzerne“, sagt der Landwirt aus Opfingen. Auch wenn es nicht immer ohne funktioniere, da, wo der 62-Jährige gerade ist, geht es. Sein knallgelbes Feld am Freiburger Stadtrand steht exemplarisch für einen Wandel, der nicht erst jetzt begonnen hat. Schon seit zwölf Jahren setze er neben traditioneller Landwirtschaft auch auf Blumenwiesen. Felder und Flächen, auf denen kein Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommt. Seit Mai passiert das auch in Kooperation mit dem Rathaus. Gemeinsam mit dem Umweltschutzamt und dem Amt für Liegenschaften und Wohnungswesen haben fünf Landwirte vom Tuniberg das „Programm für mehr Bio-
diversität“ ins Leben gerufen. Ein Deal für die Umwelt. Er sieht vor: Jeder Landwirt, der von der Stadt gepachtete Flächen ohne Pflanzenschutzmittel bewirtschaftet, bekommt einen Rabatt von 50 Prozent der Pacht. 20 weitere Prozent gibt’s, wenn die Landwirte ihre Fläche mit dem richtigen Saatgut ökologisch aufwerten. Also ein dickes finanzielles Plus? Nur bedingt, sagt Erwin Wagner. Wenn bei einer Fläche 200 Euro Pacht anfallen, mache das 100 Euro aus. Rund 400 fürs Einpflügen, Aussähen und Mulchen sowie der Kauf des Saatguts blieben weiterhin beim Landwirt. Soll heißen: Die Gesamtkosten von mindestens 600 Euro reduzierten sich um knapp 17 Prozent auf 500 Euro. „Das reißt nicht viel raus“, sagt Wagner. Sinnvoll findet er die Kooperation dennoch. „Wir müssen reagieren“, sagt er zum Klimawandel. Auf seine Initiative hin habe es schon vor fünf Jahren einen runden Tisch gegeben, um auf Augenhöhe mit Kollegen, Politikern und der Stadtverwaltung zu sprechen. „Damals hat noch einer über den anderen geschimpft“, sagt Wagner, der auch das „Hanf-Labyrinth“ betreibt. Der Wandel ist da, bestätigt er. „Früher hat man einfach gespritzt, heute nur noch nach Bedarf.“ Mindestens halbiert habe sich die Menge an Glyphosat und Co. in den vergangenen zehn Jahren in seinem Betrieb. Dennoch sieht er auch andere in der Pflicht: „Die Bevölkerung
» Früher hat man einfach gespritzt«
Landwirtschaft
Teil des Wandels: Landwirt Erwin Wagner, der sich für Artenvielfalt starkmacht.
fragt sich, was die Landwirte für den Wandel machen. Ich frage zurück, was die Bevölkerung dafür tut.“ Auch Martin Linser ist Teil des Projekts. „Ein Win-Win muss es sein“, betont er. Schon seit vielen Jahren bearbeite er Flächen auch ohne Chemie. „Es wächst von Jahr zu Jahr“, sagt der 41-Jährige. Man könne aber nicht nur an Artenvielfalt denken: „Wir müssen schauen, was im Geldbeutel ist, sonst kann keiner davon leben.“ Werden aus Äckern Blumenwiesen, könne man nix ernten, habe also auch keinen Ertrag: „Wir sind
kein Wohlfahrtsverein, der Marktdruck ist immens.“ Dennoch sei er gerne dabei. Ein Dienst an der Natur und Bevölkerung sei das. Rund zehn Prozent seiner Fläche seien bereits ökologisch bestellt. Linser, Wagner und die zwei Ämter hoffen, dass das Programm wächst. Viele weitere der 86 Landwirte in Freiburg sollen dazukommen. Von den Grünen im Gemeinderat hat es einen Antrag gegeben, alle städtischen Äcker verpflichtend chemiefrei zu bewirtschaften. Er scheiterte. „Wir sind überzeugt, dass es nachhaltiger ist, die Pestizidreduktion kooperativ mit den Landwirten zu machen“, sagt Harald Schaich vom Umweltschutzamt. Eine Informationsoffensive zum Projekt soll im Herbst starten. Dann gehe es erst richtig los. Das Vorhaben sieht Schaich als „klares Signal“. Er hofft, dass es auf private Eigentümer ausstrahlt. 14 von 140 Hektar bisher konventionell bewirtschaftete städtische Flächen macht das Programm bereits pestizidfrei. „Das ist kein Tropfen auf den heißen Stein“, so Schaich. Das Ziel seines Teams: „Wir wollen den Großteil der Freiburger Landwirte in den nächsten Jahren dafür ge-
winnen.“ Bisher gebe es viele positive Rückmeldungen. Auch außerhalb der Stadt wecke das Projekt Interesse. Das hat seinen Grund: Seines Wissens gibt es keine andere deutsche Kommune, die so ein Anreizmodell probiert. Till Neumann
Pilotprojekt 589 Hektar landwirtschaftliche Fläche verpachtet die Stadt. 75 Prozent davon sind bereits pestizidfrei. 380 Hektar sind Grünland, 70 Hektar Ackerland. 140 Hektar wurden bis Mai noch konventionell bewirtschaftet. Durch das neue Projekt sind rund 14 Hektar pflanzenschutzmittelfrei geworden. Bewirtschaftet werden sie von fünf Landwirten vom Tuniberg. Der Verzicht auf Pestizide soll Tieren und Pflanzen neue Räume bieten. Laut Weltbiodiversitätsrat sind rund eine Million Arten in den kommenden Jahren vom Aussterben bedroht. Die Biomasse der Fluginsekten ist laut einer Studie im Wissenschaftsjournal Plos One in 27 Jahren in Deutschland um 75 Prozent zurückgegangen. Anzeige
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Immobilien
Park Hotel Post wird verkauft
Hürden für Langfinger Jakob Rottler KG: Einbruchschutz vom Fachmann
Traditionsreiche Herberge wird weitergeführt
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Foto: © bar
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as Park Hotel Post an der Eisenbahnstraße steht zum Verkauf. Nach Informationen des Freiburger Stadtmagazins chilli ruft die Verkäuferin, die GREP Zwei S.à.r.l. aus Luxemburg, knapp elf Millionen Euro auf. Unter den Interessenten sind mehrere Auswärtige, aber mindestens auch ein Freiburger. Vertreter der Verkäuferseite reagierten auf eine Anfrage der Redaktion nicht. Das von den Geschäftsführerinnen Kerstin Bassenge und Conny Ehret privat geführte Vier-Sterne-Haus ist eine Institution in Freiburg und seit fast 40 Jahren in denselben Händen. Als Literaturhotel hat es sich vor fünf Jahren noch einmal profiliert. Das Hotel hat 45 Zimmer, im Gebäudekomplex auf dem rund 1200 Quadratmeter großen Grundstück befin44 | chilli | bauen & wohnen | 09.2019
den sich zudem acht Wohnungen. Der Hotelbetrieb sei durch einen Besitzerwechsel nicht gefährdet, sagt Ehret. Es sei ja auch nicht der erste. Die Geschäftsführung bleibe dieselbe, und für die Gäste ändere sich auch nichts. Der Pachtvertrag laufe noch viele Jahre weiter. Auf der bisherigen Gästeliste stehen so illustre Namen wie die der Literaturnobelpreisträger Günter Grass und Herta Müller, Marcel Reich-Ranicki und Sten Nadolny, Rüdiger Nehberg und Reinhold Messner, Luigi Colani und Peter Gaymann, Mario Adorf, Dieter Hildebrandt oder auch der von Bundespräsident Joachim Gauck. Nach chilli-Informationen soll der Verkauf als sogenannter Asset Deal über die Bühne gehen: Bei einer Geschäftsveräußerung im Ganzen bekommt das Finanzamt keine Umsatzsteuer. Lars Bargmann
Wer nicht zu den Opfern zählen will, investiert in Sicherheitstechnik – so scheiterten im vergangenen Jahr mehr als ein Drittel aller Einbruchsversuche an gesicherten Häusern und Wohnungen. Die Schwachstellen, Fenster und Terrassentüren, können mit einbruchhemmenden Rollläden aus Alu oder Stahl mit Hochschiebesicherung, Zeitschaltuhren und Bewegungsmeldern gestärkt werden. Sensoren fahren bei einer registrierten Bewegung alle Rollläden sofort herunter. Bei Fenstern oder Türen sind die Sicherheitsklassen entscheidend: RC 2 schiebt Gelegenheitstätern mit einfachem Gerät einen Riegel vor, Produkte der höchsten Klasse RC 6 sind selbst mit Elektrowerkzeugen nicht zu knacken. Den Einbau sollten Experten etwa der Jakob Rottler KG aus Freiburg übernehmen. Denn die wissen, welche Technik die größte Sicherheit bietet, sie planen und bauen auch ein. bar Standort: Die Jakob Rottler KG sitzt an der Bötzinger Straße.
Foto: © Rottler
ufgebrochene Fenster und Türen, durchwühlte Schränke und leere Schubladen – jeder Einbruch hinterlässt Spuren. Schwerer als der materielle Schaden wiegt häufig das verlorene Vertrauen in die eigene Sicherheit. Die Zahl der Wohnungseinbrüche lag 2018 bei rund 97.500 – jeder zweite davon in der dunklen Jahreszeit.
Markante Eckbebauung: Luxemburger Eigentümer suchen solventen Käufer.
Menschen
Der Pionier der Solar-Architektur Rolf Disch feiert vier Jubiläen
Heliotrop: Im ersten Plusenergiehaus der Welt leben schon seit 25 Jahren Rolf Disch und seine Frau Hanna Lehmann. Das ältere Foto zeigt Disch als Weltmeister der Tour de Sol, 1987.
hat mich geprägt“, erzählt Disch. Heute legt er die Stirn in Falten, wenn er von täglich 240.000 Menschen erfährt, die vom Frankfurter Flughafen aus in die Welt fliegen. „Wir wissen, dass wir in die Klimakatastrophe reinlaufen. Wir müssen uns ändern.“ Wenn man dem Jubilar ein Blatt Papier in die Hand geben würde, was sich alles ändern muss, er würde bald ein zweites fordern. Belächelt wird er schon lange nicht mehr. Lars Bargmann Anzeige
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er Freiburger Architekt Rolf Disch hat vor 25 Jahren mit seinem Heliotrop das erste Plusenergiehaus der Welt gebaut. Er hat vor 20 Jahren die Projektentwicklungsgesellschaft Solarsiedlung GmbH gegründet, entwirft seit 50 Jahren mit seinem Büro SolarArchitektur nachhaltige Projekte und ist heuer 75 Jahre alt geworden. „Ich wurde oft belächelt oder ausgelacht“, sagt Disch. Sagt der gelernte Möbelschreiner und Maurer, der bis heute 70 Preise und Anerkennungen gesammelt hat. Die leichten Sachen hat er sich nicht ausgesucht: Die Solarsiedlung mit 50 Plusenergie-Reihenhäusern und das Sonnenschiff an der Merzhauser Straße standen auf der Kippe, bis Alfred Ritter und Marli Hoppe-Ritter als Financiers dahinterstanden. 2011 schrieb er an Kanzlerin Angela Merkel und forderte in einer Petition eine staatliche Förderung für Plusenergiehäuser. Die gibt es heute. Und so baut Disch auch heute noch: Sein jüngstes Projekt sind vier Plusenergie-Klimahäuser in Schallstadt mit 80 Wohn- und 16 Gewerbeeinheiten, mit E-Car- und EBike-Sharing, einer emissionsfreien Tiefgarage, in die Verbrenner gar nicht mehr einfahren dürfen, Ladesäulen an jedem Stellplatz. „Ich war 1973 Demonstrant in Wyhl, das chilli | bauen & wohnen | 09.2019 | 45
Kommentar
Die Ballade vom Sagen und Tun Auf vielen Wegen nicht zum Baurecht?
Wo Freiburg vom Tal in die Ebene läuft: Auch nach dem Auszug der SC-Profis soll das Stadion nicht dem Wohnungsbau weichen.
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Foto: © Neithard Schleier
on morgens früh bis abends spät spricht die Stadtspitze im Freiburger Rathaus von mehr preisgünstigem Wohnraum. Gesagt, getan, wäre dabei die Wunschformel. Aber Worte und Taten zeigen längst nicht immer in eine Richtung. Eine städtebauliche Erhaltungssatzung für bestimmte Bereiche des Stadtteils Waldsee hier, eine solche, garniert noch mit einer Milieuschutzsatzung für das FamilienheimQuartier in der Wiehre dort; eine Gestaltungssatzung hier, eine Vorkaufssatzung dort – die dann in den Amtsstuben auch noch verloren geht. Ein immer noch bindender Beschluss des Gemeinderats für 50 Prozent sozialen Mietwohnungsbau, der schon vier Jahre alt ist und bislang kaum was Zählbares zustande gebracht hat. Wird mit dem Öffnen des politischen Instrumentenkoffers wirklich preiswerter Wohnraum geschaffen? Eher nicht. Jedenfalls nicht in dem Maße, wie es nötig wäre, um von einem po-
litischen Erfolg zu sprechen. „Alle diese Satzungen sind kontraindiziert, das verhindert alles nur den Wohnungsbau“, sagt ein Geschäftsführer, einer, der in Freiburg schon mal in nennenswertem Maße öffentlich geförderten Wohnungsbau gemacht hat. Um all diese Satzungen rechtssicher zu machen, rauchen im Rechts- und Baurechtsamt die Köpfe, werden Kapazitäten gebunden, die an anderer Stelle, vor allem beim raschen Bearbeiten von Bauanträgen, fehlen. Was durch die dutzendweise offenen Stellen im Baudezernat ohnehin schon erschwert ist – auch wenn die Verwaltung in dieser Hinsicht kaum etwas dafürkann. Städtebauliche Erhaltungssatzungen – von den Menschen, die in den betroffenen Gebieten schon wohnen, gerne bejubelt – verhindern zumeist eine höhere Ausnutzung von vorhandenen, raren Bauflächen. Und als Abfallprodukt schaffen sie auch noch mehr Bürokratie. Das dürfte keine Antwort auf die Wohnungsnot sein. Warum sollte städtebaulicher und
architektonischer Wildwuchs nicht auch anders einzudämmen sein? Oder ganz anders: Warum soll ein 2019 gebautes Haus so daherkommen wie ein 1919 gebautes? Die Strategie des Rathauses ist derzeit, die Bevölkerung auf dem Weg zu neuem Bauland oder größeren Innenentwicklungen vom Start weg einzubinden. Das ist zwar lobenswert, weil es um ein lebenswertes Umfeld geht, ist aber auch die D-Zug-Variante beim Beschaffen von Bauland. Und immer komplexere Vergabeverfahren wie bei den – unterm Strich gut gemachten – Gutleutmatten (siehe Titelgeschichte) führen dann direkt zur Handhebel-Draisine. Das Gesagte und das Getane – vielleicht besser: das leichter gesagt als Getane – müssen schnell viel enger zueinanderfinden, wenn Freiburg nicht nur gegen die Wohnungsnot reden, sondern unmissverständlich handeln will. Auch wenn das dann nicht von morgens bis abends geht. Lars Bargmann
Impressum Themenheft 09-2019 Das Bauen & Wohnen-Themenheft erscheint im Freiburger Stadtmagazin chilli
Chefredaktion: Lars Bargmann Redaktion: Till Neumann, Tanja Senn, Liliane Herzberg Fotograf: Neithard Schleier
Herausgeber: chilli Freiburg GmbH Paul-Ehrlich-Straße 13, 79106 Freiburg fon: 0761-76 99 83-0, fax: 0761-76 99 83-99 www.bauenundwohneninbaden.de
Titelbild: Visualisierung: © Stuckert Wohnbau
Geschäftsführung: Michaela Moser (V.i.S.d.P.)
Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG
46 | chilli | bauen & wohnen | 09.2019
Grafik: Hannah Karayilan Lektorat: Beate Vogt Anzeigen: Giuliano Siegel, Malika Amar, Jennifer Leval, Marlene Schick
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