business im Breisgau

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Wir t scha f t

November 2019 Ausgabe Nr. 24

Im Fokus:

IT in der Region

Die Ausweitung der Zoffzone

Rücktritte und Horrorszenarien: March beschließt neues Gewerbegebiet Bilanzen

Burn-out

Bauen mit Holz

Der SC Freiburg zahlt mehr als 40 Millionen Euro Gehälter

Wie ein Manager erst Opfer und dann Schriftsteller wurde

Läutet die Stadtbau eine neue Ära ein?



Editorial

Die Ausweitung der Zoffzone

Streit um Gewerbegebiete und Strafzölle

K

Foto: © nsMeger Foto: © Johannes

ommunen, die neue Gewerbegebiete auswei­ sen möchten, müssen sich traditionell warm anziehen. Das Volk begehrt auf, Anwälte wer­ den von der Leine gelassen, Gerichte beschäftigt. Dabei haben die Bürgermeister gute Gründe: vorhandene Arbeitsplätze sichern oder neue ermöglichen, ex­ pandierenden einheimischen oder auch auswärtigen Unternehmen Flächen anbieten können, die Ein­ nahmen aus der Gewerbesteuer fürs Gemeinwesen erhöhen. Insofern war der 14. Oktober 2019 ein guter Tag für die Gemeinde March. 40 Jahre nach der bisher letzten Ausweisung eines Gewerbegebiets beschloss der Gemeinderat mit knapper Mehrheit, ein solches im Gewann Neufeld zu realisieren. Im Vorfeld war es rustikal zugegangen, Bürger wurden bedrängt, auf Unterschriftslisten gegen das Vorhaben der Verwaltung zu stimmen, der Holzhauser Ortsvorsteher Rolf Lorenz verbreitete in Flugblättern „Horrorszenarien“, Vorstand und Stellvertreter der Unabhängigen Bürgerliste March traten zurück. Wie aus der Ausweitung der Zoffzone die Ausweitung der Gewerbegebietszone geworden ist, steht in unserer Titelgeschichte.

Die globalen Zoffs um Strafzölle und das beschämende Gehampel um den Brexit (vielleicht sollten die anderen 27 Länder aus der EU austreten und eine neue Union gründen, dann geht’s womöglich schneller) belasten zunehmend die weltweite Konjunktur. Und das kommt nun auch in Südbaden an. Vor allem bei der Industrie. Der Konjunkturklimaindex der IHK Südlicher Oberrhein fällt auf den tiefsten Stand seit 2012. Ob sich das auch auf die Arbeitslosenzahlen auswirkt, bleibt indes noch abzuwarten. Raus aus dem Job, das kennt auch Christian Rook. Der langjährige Pharma-Manager landete völlig ausgebrannt in einer Rehaklinik. Nun hat er den Gedichtband „Es gibt für alles ein Problem“ geschrieben. Und plauderte beim Redaktionsbesuch über seinen kurvigen Lebenslauf. Gehen oder Fahrradfahren ist für den 50-Jährigen als Tempo im Job okay. Vom Hochgeschwindigkeitszug hat er genug.

Wir wünschen anregende Lektüre. Herzlichst Ihr Lars Bargmann | Chefredakteur Anzeige

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Inhalt Titel

Die Ausweisung neuer Gewerbegebiete ist für Kommunen ein Kraftakt. In der March gab es jetzt einen umkämpften Beschluss für ­Neufeld. Vorstand und Vize der Unab­hängigen Bürgerliste traten zurück. Ein ­Ortsvorsteher verbreitet Horrorszenarien. 6 - 8

Kommunen:

Neue Steuerschätzung: Freiburgs Finanz­bürgermeister Stefan Breiter rechnet mit Millionen-Defizit im Haushalt

Karrieren

spendet fürs Stadtjubiläum / Jobs bei Schmidt & Söhne gerettet

Start-ups

highQ: Flache Hierarchien, hohe Ansprüche, clevere Lösungen

Wie ein Manager erst zum Burn-out-Opfer und dann zum Schriftsteller wurde 16 5

Bilanzen:

Der SC Freiburg ist erfolgreich und macht Gewinn: Die Gehälter klettern auf 45,2 Millionen Euro 10 - 11

Fairfood importiert Nüsse aus fernen Ländern und veredelt sie in der Wiehre 17

Unternehmen

Black Forest Nature GmbH: Warum die Schwarzwaldmilch-Genossenschaft eine vegane Tochter gründet 18 Black Forest Medical Group: 15 Millionen Euro für neue Zentrale auf der Haid 19 Kramer GmbH: 90 Jahre Kontinuität und Innovation

Immobilien

Campo Novo Business: Wie Alfred Hildebrandt eine Nische besetzt

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Schildacker: Läutet die Freiburger Stadtbau eine neue Holzbau-Ära ein? 13

Co-Working

Ein Werkstatt-Besuch im Haus des Engagements

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Themenheft 11-2019

Das business im Breisgau-Themenheft erscheint im Freiburger Stadtmagazin chilli

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Fünf Millionen Dokumente im Monat: Das Abrechnungszentrum in Emmendingen 32

Steuerrecht

Mathias Hecht über die wichtigsten Gesetzesänderungen 2020

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Glücksspiel

Über die Auswirkungen des Landes­glücksspielgesetzes auf private Glückspielunternehmen

34 - 35

Der unaufhaltsame Fall des Holzpreises 22

Konjunktur im Herbst 2019: Trübe Aussichten in der Industrie

Menschen und Meldungen

Ausbildungsmarkt: Hunderte unbesetzte Stellen in der Region 37

Haufe-Macher als Entrepreneure des ­Jahres geehrt / Waldhaus sahnt 70 A ­ uszeichnungen ab / Testo investiert 20 Millionen Euro / Schmolck holt Bundespreis / Familienheim

Redaktion: Till Neumann, Philip Thomas, Dr. Stefan Pawellek, Arwen Stock, Erik Herr, Nico Herr, Mathias Hecht Titel: © iStock.com/ petovarga Fotos: freepik, iStock Fotograf: Neithard Schleier Grafik: Simone Bednarek Lektorat: Beate Vogt

Geschäftsführung: Michaela Moser (V.i.S.d.P.)

Anzeigen: Christoph Winter (Leitung), Guiliano

Chefredaktion: Lars Bargmann

Siegel, Maria Schuchardt, Jennifer Leval

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Fakten bitte

Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen 38

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chilli Freiburg GmbH Paul-Ehrlich-Straße 13 | 79106 Freiburg fon: 0761-76 99 83-0 | fax: 0761-76 99 83-99 bargmann@chilli-freiburg.de www.business-im-breisgau.de

Herausgeber:

IT in der Region, Teil drei

Arbeitsmarkt

Klima

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IMPRESSUM business im Breisgau

20 – 21

24-29

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Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG Ein Unternehmen der

Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und straf bar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung und Einspeicherung in elektronische Systeme. Gleiches gilt für den Nachdruck der von uns entworfenen Bilder und Anzeigen.


Kassensturz

Kein Geld zum Löcherstopfen

F

reiburgs Finanzbürgermeis­ ter Stefan Breiter (CDU) hat nach der jüngsten Steu­ erschätzung des Bundes schon den nächsten Doppelhaushalt im Blick: „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Steuern nicht mehr so stark wachsen werden wie in den vergangenen neun Jahren.“ Und das müsse auch bei der Auf­ stellung des Haushalts 2021/22 „politisch berücksichtigt“ werden. Nach den jüngsten Zahlen werden die Steuereinnahmen für alle Kommunen in 2019 nun auf 113,7 Milliarden Euro geschätzt. Im Vergleich zur Steuerschätzung im Oktober 2018 – die war Grundlage des Freiburger Haushaltsplans – sind das 500 Millionen Euro weniger. Breiter rechnet schon im laufenden Jahr mit weniger Schlüsselzuweisungen. Zwar würden die städtischen Erträge aus der Gewerbe-, Grund- und Grunderwerbsteuer die Ansätze voraussichtlich erreichen, beim kommu-

nalen Anteil an der Einkommensteuer aber wird es wohl rund vier Millionen Euro weniger geben. Tiefer will sich der Dezernent vor dem 10. Dezember, an dem Tag stellt er den zweiten Finanzbericht 2019 im Gemeinderat vor, nicht in die Karten schauen lassen. Klar ist, dass längst nicht alle geplanten Investitionen in Höhe von – allein im laufenden Jahr – 120 Millionen Euro umgesetzt werden: Das Rathaus findet einfach nicht genug Handwerksfirmen oder auch nur freie Planungsbüros. In welcher Höhe das Geld ins nächste Jahr übertragen werden muss, will Breiter auch erst am 10. Dezember sagen. Im ersten Finanzbericht 2019 vom 5. Juli war von 80 Millionen die Rede. Damit lassen sich jedoch keine Haushaltslöcher stopfen: Damals prognostizierte Stadtkämmerer Bernd Nußbaumer ein Minus von 10,8 Millionen Euro. Da ausreichend liquide Mittel in der Stadtkasse liegen, braucht es dafür immerhin keinen neuen Kredit.

Foto: © tln

Neue Steuerschätzung: Finanzbürgermeister Stefan Breiter hält sich bedeckt

Ist skeptisch: Stefan Breiter Das Land Baden-Württemberg rechnet nach der neuen Steuerschätzung mit Mehreinnahmen für 2019 bis 2021 in Höhe von 1,065 Milliarden Euro. Inwiefern sich das im Freiburger Haushalt abbilden könnte, kann, so Breiter, erst auf der Grundlage des Haushaltserlasses berechnet werden. Die Freiburger Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) plädiert dafür, mit diesem Geld Vorsorge für finanziell schlechtere Zeiten zu betreiben. Lars Bargmann

Zieht TK Maxx in die Sportarena? Textil-Riese auf starkem Expansionskurs

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as nach dem Auszug des Sportgeschäfts Sport­ arena schon seit April 2018 leerstehende Gebäude zwischen Salz- und Grünwälderstraße soll nach Informationen des business im Breisgau von der TK-MaxxKette angemietet werden. TK Maxx ist eigenen Angaben zufolge Europas führendes Off-Price-Unternehmen (Un­ terbietergeschäfte) für Kleidung und Wohn-Accessoires. Der zuständigen Presseagentur „liegen derzeit noch keine Informationen zu einer Eröffnung in Freiburg vor“. Auch die für die Expansion zuständige TJX Deutschland Ltd. & Co. KG äußerte sich auf Anfrage nicht. TK Maxx ist ein Schwergewicht mit mehr als 600 Geschäften in Großbritannien, Irland, Polen,

Deutschland, Österreich und den Niederlanden. Dem Mutterkonzern TJX Companies Inc. aus den USA gehören mehr als 4000 Filialen in neun Ländern. Auf der Website heißt es, dass TK Maxx Designer-Klamotten „immer bis zu 60 Prozent günstiger“ als die unverbindliche Preisempfehlung verkauft. Das siebengeschossige Sportarena-Gebäude hat rund 4300 Quadratmeter Fläche. Eigentümer ist ein deutsches Versorgungswerk, an das der Vermögensverwalter BMO Real Estate Partners verkauft hatte. BMO hatte auch das Zentrum Oberwiehre verkauft, an die Fondsgesellschaft Warburg-HIH. Die verwahrloste Sportarena im Herzen der Stadt ist nicht nur den Innenstadthändlern ein Dorn im Auge. Die Modekette meldete allein im dritten Quartal acht Neuanmietungen. bar chilli | business im Breisgau | 11.2019 | 5


Titel

A5

Holzhausen

Geplantes Rasthof-Areal

Mögliche Wohnbebauung

Geplantes Gewerbegebiet Neufeld

Variante des Ortsvorstehers

Visualisierung: © Sara Toni, Quelle: Gemeinde March

Tunisee

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Gemarkungsgrenze zu Freiburg

A5 Ausfahrt Freiburg-Nord

So soll es werden: Das geplante, etwa zehn Fußballfelder große Gewerbegebiet Neufeld grenzt Richtung A5 an eine vom Bund geplante Raststätte.


Titel

Harte Pflaster und Horrorszenarien In March sorgt ein Gewerbegebiet seit zehn Jahren für Aufregung

W

eite Wiesen, saubere Luft und himmlische Ruhe: Das Leben auf dem Land kann ein Idyll sein, wären dort nicht auch vergleichsweise günstige Ge­ werbeflächen. Gemeinden sind sol­ che Gebiete oft ein Dorn im Auge und die Bürger fürchten Verände­ rungen: Pendler verstopfen Straßen, Firmen versiegeln Flächen und Lärm belästigt die Leute. In der Gemeinde March wird seit bereits zehn Jahren um ein Gewerbegebiet gestritten. In der jüngsten Gemeinderatssitzung wurde es mit elf zu acht Stimmen po­ litisch auf den Weg gebracht. Es geht aber weiter um verhärtete Fronten, Unterschriftenaktionen und Rücktrit­ te. Auch von Klüngelei ist die Rede.

Helmut Mursa: „Ich bin froh, dass das Gewerbegebiet beschlossen ist.“ Mitte Oktober stimmte sein Gemeinderat mit elf zu acht Stimmen für das neue 6,5 Hektar oder 10 Fußballfelder große Gewerbegebiet Neufeld im Süden des Marcher Ortsteils Holzhausen. Der Protest ist deswegen noch nicht verhallt. „Das Gebiet hat eine lange Vorgeschichte und ist ein besonders schwerer Fall“, sagt der 39-Jährige. Das Gewerbegebiet sollte ursprünglich 13,6 Hektar groß werden, zehn davon als reine Gewerbefläche. Weil der Bund aber eine Raststätte an der östlich angrenzenden Autobahn A5

Im Landkreis Lindau soll ein 6,4 Hektar großes Gewerbegebiet für ein Dutzend Firmen entstehen. Der Spatenstich im Oktober erfolgte unter Protest, der gemeinnützige Bund Naturschutz in Bayern reichte beim bayrischen Verwaltungsgericht Klage ein. Vier Monate zuvor hatte der Bürgerverein Stammheim vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg erfolgreich gegen einen rechtswidrigen Bebauungsplan fürs Gewerbegebiet am Containerbahnhof in Kornwestheim geklagt. Im September wies der Verwaltungsgerichtshof Mannheim eine Normenkontrollklage einer Familie gegen die Gemeinde Fichtenberg bei Stuttgart zurück, die das geplante Gewerbegebiet Hirschäcker verhindern wollte. Ausgewiesene Flächen für Firmen sind ein hartes Pflaster. Das weiß auch der Marcher Bürgermeister (parteilos)

plant, die sich mit dem Gebiet überschneidet, ruhten die Planungen trotz eines rechtsgültigen Bebauungsplans seit zehn Jahren. Der damals insgesamt 410.000 Euro teure Plan ist noch rechtsgültig. Laut Marcher Sitzungsvorlage wäre eine Neuentwicklung wegen gestiegener Anforderungen, etwa im Bereich Naturschutz und Wasserrecht, heute noch kostspieliger. „Wie kann man zehn Jahre alte Pläne, die entstanden sind, um eine Rastanlage zu verhindern, einfach absegnen“, fragt Gemeinderat Andreas Steiert (ehemals Unabhängige Bürgerliste March, UBM) in einem dem bib vorliegenden Schreiben an den Gemeinderat vom 10. Oktober. Das Gewerbegebiet sei in dieser Form als Mittel gegen eine vom Bund geplante Raststätte von rund dreieinhalb Hektar zwischen Freiburg-Hochdorf und Holzhausen geplant gewesen.

»Wirtschaftlichkeit vor Wiese«

Anders als Steiert stimmte Carolin Mayer (SPD) für den Bau des Gebiets. Wirtschaftlichkeit wiege in diesem Falle mehr als Wiese: „Das Neufeld ist eine bewirtschaftete Fläche. Im Bebauungsplan sind die Biotop- und Grünflächen berücksichtigt und eingebunden“, so die 43-Jährige. Aus Gesprächen mit in March ansässigen Betrieben wisse sie außerdem: „Wir müssen den Firmen zusätzliche Gewerbefläche anbieten, damit diese nicht abwandern.“ 2010 zog bereits der Hy­ draulikzylinderhersteller AHP Merkle mit rund 120 Mitarbeitern und einem Umsatz in zweistelliger Millionenhöhe von March auf eine 5600 Quadratmeter große Fläche nach Gottenheim. Andere Firmen und Vereine ziehen erst gar nicht nach March. „Das Freiburger Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme hat hier angefragt“, erzählt Mayer weiter. Das drei Hektar große Areal mit Solarpaneelen entsteht nun allerdings auf der Gemarkung von Merdingen. Laut Mayer hätten die Forscher dort mehr Platz angeboten bekommen. „MAN hatte Interesse, hierher zu kommen“, berichtet Gemeinderatsmitglied Thomas Gerspach von der Unabhängigen Bürgerliste. Der Lastwagenhersteller sitzt heute in Umkirch. Das Interesse von Unternehmen an einem Umzug oder Erweiterung sei durchaus vorhanden. Seit Januar 2018 gab es nach einer Auf­ listung der Gemeindeverwaltung etwa 14 Anfragen – für Flächen mit 1000 bis 15.000 Quadratmeter – aus den ­unterschiedlichsten ­Gewerbebereichen. Tatsächlich wird March von seinen Nachbarn wirtschaftlich abgehängt: 

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Titel  Die 8500 Einwohner starke Gemeinde beim Kaiserstuhl nahm 2016 Gewerbesteuern in Höhe von 2,2 Millionen Euro ein. Umkirch mit 5800 Bewohnern kam auf 5,5 Millionen, Gottenheim mit 2800 Bürgern generierte 2,3 Millionen Euro. „Uns sind Gewerbesteuereinnahmen entgangen“, sagt Gerspach. Durch die zehnjährige Verzögerung könnten dies für die Gemeinde bis zu 2,5 Millionen Euro gewesen sein. Trotzdem gibt es gegen den Straßenlärm und die Abgase Proteste aus der Bevölkerung. Auch weil eine Alternative zum geplanten Standort nicht in Sicht ist: Andere Flächen sind entweder zu nah an der vom Bund geplanten Autobahn-Raststätte oder mitten in einem Naturschutzgebiet. Die Fläche bei Holzhausen ist nicht geschützt – weil der geplante Bau eines Möbelhauses in den 90er-Jahren dieses Feld schon bestellt hatte. Ein neues Gewerbegebiet sorgt für zusätzliche Lärmbelastung. Immerhin liegen Orientierungswerte für Lärmschutz in Gewerbegebieten tagsüber bei 65 und nachts bei 50 Dezibel. In reinen Wohngebieten liegt der Richtwert jeweils 15 Dezibel darunter. Rund 62.000 Gewerbegebiete gibt es derzeit in Deutschland, rund neun Prozent der Gesamtfläche von Baden-Württemberg sind entsprechend genutzt. „Gewerbe ist richtig und wichtig“, lenkt Holzhausens Ortsvorsteher Rolf Lorenz (ehemals Unabhängige Bürgerliste March) ein, der gegen den Bau stimmte. Der Vertriebler versuchte bis zuletzt, dem Gemeinderat eine Alternativlösung schmackhaft zu machen: Man könne das Gebiet um 90 Grad drehen und weiter westlich an eine zukünftige Ortserweiterung legen. „Wir wollen eine andere Lösung direkt an der Fläche. Dass mitten ins Grüne gebaut werden soll, bricht einem das Herz“, sagt der 56-Jährige. Steiert legt nach: „Durch den Bebauungsplan werden 1,5 Hektar nur für Straßen versiegelt.“ Den Vorschlag, das Gebiet direkt

A5

an Wohnraum anzuschließen, kann Mayer nicht nachvollziehen: „Ich wünsche mir eine grüne Knautschzone.“ Je nachdem, wo das Gewerbegebiet gebaut wird, gibt es mehr oder weniger Flächen-Verkäufer: Das Gebiet Neufeld ist zu 82 Prozent im Gemeindebesitz und auf acht Eigentümer verteilt. Die 90-Grad-Alternative ist zu 91 Prozent in Privatbesitz und auf mehr als 80 Eigentümer verteilt. „March ist nicht groß. Da wird geklüngelt“, mutmaßt ein Insider. Steiert und Lorenz traten nach der Abstimmung als Vorsitzender und VizeVorsitzender der UBM zurück. Lorenz spricht gar von „feindlicher Übernahme“. Aktuell sind beide fraktionslos. „Es ist nicht persönlich geworden“, sagt Mursa über den Prozess. Gekämpft wurde aber mit harten Bandagen: Eine durch die Holzhauser Ortschaftsräte Adelbert Siegel und Markus Fürderer (Grüne) getragene Unterschriftenaktion sorgte im Vorfeld der Gemeinderatssitzung für Irritation. „Die Initiatoren sagten, sie hätten vor der Abstimmung 1000 Stimmen gegen das Gewerbegebiet.“ Übergeben wurden Mursa schließlich nur 682 Signaturen. „Das hat einen falschen Eindruck vermittelt“, sagt der Bürgermeister. Lorenz hingegen moniert: „Er hat die Unterschriften nicht gewürdigt.“

»Feindliche Übernahme«

Geplantes Rasthof-Areal

Im Publikum heißt es vor der Entscheidung am 14. Oktober, einigen Marchern sei der Einlass zu Geschäften in der Gemeinde erst gegen Unterschrift auf der Liste gewährt worden. Lorenz, der die Aktion mittrug, wiegelt ab: „Das stimmt nicht, die Leute standen seitlich zum Eingang.“ Auch ein Flugblatt sorgte für Aufsehen. Die Befürchtung der Bevölkerung ist groß, dass das Gewerbegebiet noch weiter ausgedehnt wird. „Ich gehe aktuell nicht davon aus, dass es weiter wächst“, sagt Mursa. Auf einem Flugblatt unter Verantwortung der Bürgerinitiative „Lebenswerte March“ war die Ausweitung der Gewerbegebietszone zu sehen. „Ich wüsste nicht, was daran nicht korrekt ist“, sagt Lorenz. Zwar werde darauf ein „Horrorszenario“ abgebildet, „das kann man allerdings nicht ganz ausschließen.“ Gers­ pach protestiert: „Das Konzept darauf ist falsch.“ Er möchte den alten Bebauungsplan jetzt nutzen: „Bis ein neuer Flächennutzungs- sowie Bebauungsplan rechtskräftig ist, können wieder zwei bis fünf Jahre vergehen.“ Bis dahin sollen sich erste Firmen im Gewerbegebiet Neufeld niedergelassen haben. Mursa habe dazu bereits mit dem alten Planungsbüro gesprochen. Bis das Muster final sei, könnte noch mal ein dreiviertel Jahr vergehen. Der erste Spatenstich auf dem Gelände soll 2022 folgen. Für Steiert zu früh. Er kündigt an: „Es ist noch nicht vorbei.“ Philip Thomas

Tunisee

Foto: © Gemeinde March

ngsgrenze iburg

A5 Ausfahrt Freiburg-Nord Froh, dass der Beschluss positiv war: Bürgermeister Helmut Mursa.

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BILANZEN

»Nicht mehr nur Kleingeld« Der SC Freiburg verpasst Rekordumsatz, punktet aber auch wirtschaftlich

W

eniger Umsatz, ein geringerer Jahresüber­ schuss und gestiegene Personalkosten: Ein Jahr vor dem geplanten Umzug ins neue Stadion liegt der Sportclub Freiburg unter den Best­ marken aus dem Vorjahr. Neben der Baustelle am Frei­ burger Flugplatz werkelt der Verein zudem weiter an der Nachfolge von Ex-Präsident Fritz Keller.

Fotos: © pt

„Satzungsgemäß leitet der Aufsichtsratsvorsitzende die Veranstaltung, wenn der Präsident verhindert ist“, eröffnete Heinrich Breit die Mitgliederversammlung des SC im Konzerthaus mit einem Scherz. Schließlich saß Fritz Keller, seit 1994 im Vorstand und bis zum 27. September Präsident des Vereins, im gut gefüllten Konzerthaus in der ersten Reihe. Der Winzer und die 840 Mitglieder (822 stimmberechtigte) hörten vom Podium positive Zahlen: Der SC hat in der vergangenen Saison 96,1 Millionen Euro eingenommen. Damit blieb er hinter dem Umsatzrekord der vorangegangenen Spielzeit von 100,3 Millionen Euro, verbuchte aber erneut einen Gewinn: 11,1 Millionen Euro waren es 2017/2018, 6,9 Millionen Euro in der abgelaufenen Saison. Das Eigenkapital wuchs zum 30. Juni 2019 auf üppige 83,2 Millionen Euro. „Wir sind ein kerngesunder Verein. Sportlich, wirtschaftlich und strukturell ist der SC auf einem guten Weg“, fasste Finanzvorstand Oliver Leki zusammen. Bei den größten Einnahmequellen tritt der SC allerdings auf der Stelle:

Ovationen zum Abschied: Ex-Präsident Fritz Keller (Mitte). 10 | chilli | business im Breisgau | 11.2019

Neben Fernsehgeldern in Höhe von 45,2 Millionen Euro (Vorjahr: 43,2) blieben auch die Einnahmen aus dem Ticketverkauf und dem Sponsoring mit 10,9 (11,2) und 14,3 (13,3) Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr weitestgehend gleich. 25,7 Millionen stammen aus sonstigen Einnahmen, worunter auch die Transfererlöse fallen. Im Vorjahr standen hier noch 32,6 Millionen Euro zu Buche. Durch die neue Arena, so Leki, würde der SC „von medialer Vermarktung weniger abhängig“. Der wachsende Verein kann den Platz gebrauchen. Das Schwarzwaldstadion ist praktisch jedes Heimspiel ausgelastet – und das bereits bei 24.000 verkauften Karten. Weniger Sitzschalen gibt es in der Bundesliga derzeit nur bei den Aufsteigern aus Berlin-Köpenick und der Fußballprovinz Paderborn. Schon bald könnten nicht einmal alle Mitglieder mehr ins Stadion an der Dreisam passen: 19.254 eingetragene Anhänger zählte der SC Ende Juni und damit 3500 mehr als zum Vorjahrszeitpunkt. Aktuell seien es sogar mehr als 22.000 – eine Steigerung von rund 30 Prozent zum Vorjahr. Der Sportclub will die 65 Jahre alte Spielstätte aber auch nach dem Umzug nicht aufgeben und plant, den Bau an seine Frauen- und Mädchenteams abzutreten. Diese zogen mit der A-Auswahl ins Pokalfinale, trainierten laut Leki allerdings unter „schlechten Bedingungen“. Die Probleme sind bekannt: Daniel Kraus, Chefcoach der SC Freiburg Frauen, sprach nach seinem Amtsantritt im Sommer gegenüber dem chilli-Magazin von verbesserungswürdiger Infrastruktur und kollidierenden Trainingszeiten, wonach sich bis zu vier Mannschaften ein Feld teilen müssen. Ob der SC indes die Oberhand an der Schwarzwaldstraße behält, ist eine offene Frage. Es gibt von vielen Seiten, etwa auch von den anderen Vereinen in der Nachbarschaft, Begehrlichkeiten. „Die Stadt muss einen ausgewogenen Vorschlag machen, was mit den Flächen des SC nach dem Umzug passiert“, sagte Gundolf Fleischer, Präsident des Badischen Sportbunds, unlängst bei einem Festakt zum 175-jährigen Bestehen der Freiburger Turnerschaft von 1844. Es könne nicht sein, dass der FT-Vorsitzende Norbert Nothhelfer in ein paar Jahren einen Aufnahmestopp verkünden muss.


BILANZEN

Das neue SC-Wohnzimmer am Freiburger Flugplatz soll neben 34.700 Plätzen auch Raum für Wachstum bei Werbeeinnahmen und Kartenverkäufen bringen. 75 Prozent aller Sponsorenmöglichkeiten seien schon verkauft. „Dort wollen wir angreifen“, kommentierte Leki. Auch auf dem Platz möchte der SC weiter auf Sieg spielen: „Wir wollen uns weiter in der Bundesliga etablieren und den Abstand zum Mittelbau der Liga verringern“, so Leki. Die gestiegenen Personalkosten sollen sich schließlich rechnen: Der SC zahlt mittlerweile 45,2 Millionen Euro an Gehältern – fünf Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr. „Der SC ist in der Lage, Spieler nicht mehr nur für Kleingeld zu holen“, sagte Leki in Anspielung auf den jüngsten Transfer von Vincenzo Grifo, der auf stattliche sieben Millionen Euro taxiert wird. Ebenso müsse man Fußballer

nicht mehr beim erstbesten Angebot abgeben. Auf Weggänge müssten sich Fans in Zukunft aber trotzdem einstellen. Auch Cheftrainer Christian Streich funkte in einer Videomontage dazwischen: „Demut ist unsere Basis.“ Und junge Talente. Sportvorstand Jochen Saier bekannte sich trotz neuer

Gehälter kosten 45,2 Millionen Möglichkeiten auf dem Transfermarkt nicht umsonst zum Prädikat Ausbildungsverein. Der Sportökonom will die Fußballschule ausbauen und das Erfolgsmodell weiterführen. Zehn Kicker aus dem aktuellen Profi-Kader kommen aus der eigenen Fußballschule. Mit rund 5000 Einsatzminuten von Eigengewächsen in der vergangenen Hinrunde belegte der SC im Ligavergleich die Tabellenführung.

Derweil will Ex-Kollege Keller in seiner neuen Rolle als Präsident des Deutschen Fußball Bundes (DFB) an ein paar Schrauben drehen. Beim größten Sportverband der Welt sei das konkret die Einstellung einer Frauen- und Genderbeauftragten. Auch beim SC wünscht sich Keller Veränderung. „Vielleicht ist besser, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende, wie bei vielen anderen Clubs, gleichzeitig auch der Präsident ist“, überlegte er nach der Veranstaltung. Holger RehmEngel, Referent des Vorstands, wollte sich zu diesem Vorschlag gegenüber business im Breisgau nicht äußern. Der Winzer selbst wünscht sich von seinem Nachfolger, mit Niederlagen und vielleicht auch mal dem Abstieg umgehen zu können. Für diesen Ernstfall haben Keller und Co. vorgesorgt: Neben Spielerwerten und einer Stadion-Rücklage von jeweils 30 Millionen Euro, verfügt der Verein über eine Sicherheitsreserve pt von 23,3 Millionen Euro.

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Immobilien

Stylische Erstaufnahmestelle Das Campo Novo Business besetzt eine Nische Entwickler trifft Nische: Alfred Hildebrandt auf der Dachterrasse. Die möblierten Apartments kosten ab 660 Euro.

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Fotos: © bar, CampoNovo Freiburg

as neue Campo Novo Busi­ ness in Freiburg hat 304 Zimmer auf 7100 Quadrat­ metern. 250 sind aktuell vermietet. „Wir sind noch in der Pre-openingPhase“, sagt Alfred Hildebrandt. Das Interesse sei „enorm“. Der diplo­ mierte Immobilienökonom hatte die Idee für das Gebäude, das als Hotel genehmigt ist, aber gar keins ist. Hildebrandt hat in Freiburg schon das Campo Novo auf dem Güterbahnhof entwickelt. Ein Studierenden-Wohnheim, erstellt und wirtschaftlich verantwortet von der P+B-Gruppe, die auch das neue Campo Novo Business gebaut hat. Das neue Gebäude an der Straßenbahnendhaltestelle Munzinger Straße hat auch schon einen neuen Besitzer. Die Catella Residential Investment Management GmbH hat das Haus in ihren European Residential Fonds eingelegt. Zum Kaufpreis sagt Hildebrandt nichts, andere Medien nannten 33,8 Millionen Euro. Die Automatiktür geht auf, ein junger Mann spaziert in die Lobby. „Ich bin glücklich, dass ich hier so schnell ein Apartment bekommen habe, bin gestern

eingezogen“, erzählt er. Er komme aus dem Emsland, hat einen Studienplatz für Medizin in Freiburg ergattert. „Bisher ist hier alles prima.“ Seinen Namen will er nicht im Magazin lesen. Sagt’s – und schlendert zu seinem Apartment. Mindestens vier, maximal zwölf Wochen lang kann der angehende Mediziner hier wohnen, danach müssen die Bewohner wieder ausziehen. So ist das Konzept, so sind aber auch die baurechtlichen Bedingungen im Gewerbegebiet. In Freiburg eingemietet haben sich mittlerweile Bauarbeiter, Dozenten, Geschäftsreisende, Menschen, die nicht termingerecht umziehen konnten, Beschäftige der Uniklinik oder auch Geschäftsreisende, die bei benachbarten Betrieben Termine haben. Das Campo Novo Business ist für manche so etwas wie eine „Erstaufnahmestelle“ – sind sie erst einmal in Freiburg, können sie sich vor Ort nach einer längerfristigen Bleibe umschauen. Und für andere eine kostengünstige Alternative zum Hotel. Direkt nebenan liegt ein solches. Konkurrenz? „Die Kollegen vom B&B schicken Gäste zu uns, wir schicken welche zu ihnen, das ergänzt sich eher“, sagt Hildebrandt.

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Bundesweit managt Hildebrandt Immobilien mittlerweile 2800 Zimmer, erst im Oktober ging ein Campo Novo in Mannheim mit mehr als 200 Zimmern in den Betrieb, ein zweites Campo Novo Business gibt es in Mainz. Der Firmenchef führt durchs Haus, zeigt den Frühstücksraum, die Waschlounge mit Sofa, ein normales, ein großes Apartment. Die kleine Single-Suite gibt es ab 660 Euro, die teure Double-Suite mit 53 Quadratmetern kostet schon 1640 Euro – jeweils voll und durchaus clever möbliert, mit Pantry, Kaffeemaschine, Mikrowelle, Kühlschrank, Spülmaschine, massivem Eichenparkett, gehobenem Schallschutz, allen Nebenkosten und einer Internetund TV-Flatrate. Und aus den meisten Zimmern – mit oder ohne Balkon – gibt es weite Blicke auf den Schönberg, die Stadt, das Gewerbegebiet. Die stattliche Dachterrasse ist für alle da. Hildebrandt, der im Campo Novo Business zwei Vollzeitstellen unterhält, sieht in Freiburg noch mehr Potenzial. „Es gibt Städte, da würde unser Nischenprodukt langfristig nicht funktionieren. Freiburg zählt definitiv nicht dazu.“ bar


Immobilien

Spatenstich: Im Schildacker entstehen sechs Holzhäuser.

Auf Holz klopfen Freiburger Stadtbau setzt auf nachwachsenden Rohstoff

S

echs Gebäude. Fast ausschließlich aus Holz. Das plant die Freiburger Stadtbau GmbH (FSB) im „Schildacker“ im Stadtteil Haslach. Zum Spatenstich gaben sich neulich die Projektleiter sehr optimistisch – trotz einiger Fragezeichen. Stadtbau­ chef Ralf Klausmann sieht das größte Holzbauprojekt der Stadt als Testballon. Was heute Aufsehen erregt, ist eigentlich ein alter Hut. „Schon Ende der 90er-Jahre haben wir im Rieselfeld Holzbau probiert“, erzählt Klausmann beim Spatenstich. Ohne Knirschen im Gebälk sei es bei den 24 Wohnungen damals nicht gegangen: „Wir mussten nachbessern.“ Nicht nur beim Brandschutz sind die Voraussetzungen heute nun andere: Der Quadratmeter koste das Vierfache – bis zu 4000 Euro statt rund 2000 Mark. Die Miete hat sich etwa verdreifacht. Statt rund sechs Mark pro Quadratmeter seien es heute bis zu zehn Euro. Verschwunden sei die Idee der Holzhäuser aber nie. „Im Aufsichtsrat der FSB war das immer ein Thema“, sagt Klausmann. Doch erst 20 Jahre später geht’s weiter. „Wir haben es endlich geschafft“, sagt er. Die sechs Gebäude sind der zweite von drei Bauabschnitten. Der erste ist seit August fertig und konventioneller Bauart. Er bietet 89 Sozial-Wohnungen. Der zweite bringt 116 Wohnungen, 60 sind öffentlich gefördert. Auf Holz klopfen scheint nicht nur für die Handwerker angesagt. Das Projekt gilt als hölzerner Testballon. Nach Abschluss sollen die Kosten zwischen konventionellem und hölzernem Bau verglichen werden. Soll heißen: Man betritt Neuland und kann die Summe schwer abschätzen.

Dennoch heißt es: Knapp 24 Millionen Euro werde das Projekt kosten. Das Know-how für die Umsetzung kommt von außerhalb. In Vorarlberg hat sich ein FSB-Team vergleichbare Bauten angeschaut und Experten fürs Freiburger Projekt gewonnen. Klausmann ist überzeugt: „Holz ist ein wunderbarer Baustoff.“ Mit Freiburgs größtem Holz-Bauprojekt soll das nun an der Müllheimer Straße bewiesen werden. Einfach sei der vierstöckige Bau nicht. „Man ist glücklich, wenn man einen Rohbauer findet. Und überglücklich, wenn man dann auch noch einen guten Preis bekommt“, erzählt Klausmann. Das habe funktioniert. In zwei Jahren sollen die Wohnungen bezugsfertig sein. Auch Magdalena Szablewska, technische FSB-Geschäftsführerin, freut sich auf ein „außergewöhnliches Projekt.“ Laufe die Vorfertigung wie geplant, könne man 20 Prozent Bauzeit sparen. Doch Holz sei kein einfacher Baustoff. „Man muss das Wasser immer weghalten“, sagt Szablewska. Gespannt sei sie, wie gut das gelinge. Sicher ist aber: „Wir werden den Weg bis zum Ende gehen.“ Oberbürgermeister Martin Horn zeigt sich überschwänglich: „Das ist eins meiner Lieblingsprojekte.“ Effizienz und Nachhaltigkeit stünden im Mittelpunkt. Eine neue Ära in Sachen Holzbau soll mit dem „kleinen Modellprojekt“ eingeläutet werden. Das passe nicht nur zu den Klimaprotesten, sondern auch zu Freiburg als Tor zum Schwarzwald. Mehr als die Hälfte der Holzwohnungen sollen geförderter Wohnraum werden. In Sachen Ökologie setzt die FSB noch eins drauf: Die Zahl der Radstellplätze ist über dem Durchschnitt. Und pro autofreiem Haushalt gibt’s einen Zuschuss für eine Regiokarte. tln

Foto: © tln

Fokus auf bezahlbare Mieten

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Co-Working

Kräfte bündeln: Das HdE bietet Platz für Co-Worker.

Werkeln im Prototyp Haus des Engagements will Brücken schlagen

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Fotos: © tln

eit April gibt es das „Haus des Engagements“ (HdE) in Freiburg. Wirtschaft soll dort auf Kultur treffen. Initiativen auf Künstler. Die Macher hatten sich deutlich mehr Raum erhofft, sind aber nach den ersten Monaten hochzufrieden. Im Keller ist aus Stroh und Lehm eine Musiker-­ Oase entstanden. Nicht alle finden das Haus des Engagements auf Anhieb. Etwas versteckt liegt es an der Rehlingstraße. Doch in den Räumen herrscht reges Treiben: Rund 20 Leute arbeiten bereits im Gebäude. Vereine, Initiativen, Firmen. Zwei Drittel der Plätze sind belegt, sagen die Macher vom Trägerverein Treffpunkt Freiburg. Den meisten Platz im Co-WorkingSpace nehmen die „Stadtpiraten“ ein. Der gemeinnützige Verein ist gleich mit mehreren Kräften vertreten. „Der Austausch hier ist total spannend“, sagt Geschäftsführerin Anna-Verena Fronz. Eine Riesenbereicherung seien die Räume. Mit perfekter Infrastruktur und besten Möglichkeiten, sich zu vernetzen. Zum Beispiel bei einem „weekly“, einer wöchentlichen Runde, bei der jeder in drei Minuten seine aktuellen Themen und Herausforderungen vorstellt.

Sich gegenseitig helfen und inspirieren – das ist der Ansatz des HdE. „Die klassische Trennung zwischen Wirtschaft und Kultur oder Initiativen soll aufgehoben werden“, sagt Gitta Walchner von Treffpunkt Freiburg. Dass das klappt, bestätigt Lisa Nüßlein von der Firma SuperCode. Ihr Unternehmen bildet mit Online-Kursen junge Menschen zu Programmierern aus. Sehr offen sei die Stimmung, sagt Nüßlein. Für alle Mieter gibt’s Highspeed-Internet, Drucker und Kopierer sowie Lagerfläche im Keller. 210 Euro kostet ein Vollzeitarbeitsplatz im Monat. Auch „Flexdesks“ in Teilzeit sind möglich. Von 9 bis 18 Uhr arbeiten Hauptamtliche in den Räumen. Am Abend und an Wochenenden stehen sie für ehrenamtliche Tätigkeiten zur Verfügung. Meetingräume für bis zu 15 Personen können für zehn Euro pro Stunde gemietet werden. Einen Veranstaltungsraum für bis zu 60 Leute gibt es für 20 Euro pro Stunde. Im Keller sind nicht nur 200 Quadratmeter Lagerfläche, sondern auch ein fast 50 Quadratmeter großer Proberaum. Dort proben fünf Bands. Von vielen Syn­ergieeffekten berichtet Bassist Micha Gabriel Scheiffele, der den Raum mit zwei Bands nutzt. Mittlerweile habe er erste Freundschaften mit den Kollegen des HdE geschlossen. Den Raum haben

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sie eigenhändig mit Lehm und Stroh schallisoliert. Kürzlich gab’s dort ein Konzert für die Belegschaft. Das Fazit nach den ersten sechs Monaten? „Wir sind sehr zufrieden“, sagt Magdalena Langer, Geschäftsführerin des HdE. Es seien viele unterschiedliche Leute zusammengekommen und Ideen entstanden. „Das geht super auf“, sagt auch Franz-Albert Heimer, Chef des Treffpunkt Freiburg. 2500 Euro Miete sind derzeit fällig fürs Gebäude. 2020 werden es 2800 Euro. Von einer „schwarzen Null“ spricht Heimer. Weitere Mieter oder Fördergelder sind nötig, um auch kommendes Jahr keine Verluste zu machen. Der Support aller Fraktionen im Gemeinderat sei da. Vom Rathaus erhofft man sich weitere Unterstützung. Trotz der Euphorie bleibt ein Wermutstropfen: Der aktuelle Standort ist nur ein Plan B. Ursprünglich wollte das HdE-Team in die Räume des ehemaligen Bürgeramts an der Johanneskirche ziehen. Doch das Studierendenwerk bekam den Zuschlag. Statt der dortigen 4000 Quadratmeter sind jetzt nur 500 verfügbar. Großmieter wie die Diakonie sind daher ferngeblieben. Heimer hofft auf weitere Optionen. „Das hier ist ein Prototyp, mit dem wir zeigen wollen, was geht.“

Till Neumann



Menschen

Raus aus dem Schnellzug: Leben nach dem Burn-out Top-Manager verarbeitet seine Erkrankung in Gedichten und geht damit an die Öffentlichkeit

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An allem vorbei zu rasen, ohne auszusteigen, ohne innezuhalten – das hat ihn krank gemacht. Zeit für Familie oder Hobbys blieb da nicht, 60-Stunden-Wochen waren für den Vater von vier Kindern Standard: „Aus einem Schnellzug heraus sind die sicheren Bahnhöfe zwar zu sehen, aber man kann nicht aussteigen.“ Burn-out bedeutet für ihn, an der eigenen Leidenschaft für etwas zu verbrennen. Wer motiviert ist und bereit, alles für einen Job zu geben, kennt irgendwann kein Halten mehr. Anerkennung und Wertschätzung wirken als Anstoß, immer mehr zu geben, aber: „Die Gefahr liegt darin, dass wir uns nicht mehr bremsen können. Irgendwann kann der Körper aber einfach nicht mehr.“ Im Gespräch wirkt Rook gelassen, lacht viel. Die Freude an der VerantworWie eine Ratte in einer Ecke habe er tung und seine Begeisterungsfähigkeit sich gefühlt, erzählt der Manager heusind geblieben. Das wird im Gespräch te. Beim Arztbesuch wurde die Diagnobesonders deutlich, wenn er von seinen se schnell klar: Burn-out. Für Christian jüngsten Kindern erzählt: „Zwillinge, Rook stand fest, dass einzelne Therapiedie gleich aufwachsen und das Gleiche sitzungen nicht reichen werden, um zu zu essen bekommen – und doch komgesunden. Er ließ sich selbst in eine Klinik plett unterschiedlich sind. Das kapiert einweisen und blieb dort sechs Wochen. manchmal keiner.“ Oder eifrig aus seiWas er lernt, verarbeitet er in Genem Gedichtband vorliest und dabei dichten und bringt anschließend den sorgfältig auf die richtige Betonung achGedichtband „Es gibt für alles ein Protet – damit das, was er sagen will, auch blem“ heraus. Sein Ziel: anderen Mut wirklich rüberkommt. machen und die Angst nehmen, offen Aber: Wie findet man den Mittelweg, mit psychischen Erkrankungen umzusich selbst zu motivieren und für etgehen. „Das Thema ist nach wie vor tawas zu brennen – ohne auszubrennen? buisiert. Betroffene trauen sich nicht, Leidensgeschichte zwischen zwei „Neinsagen ist ganz wichtig“, rät der mit Angehörigen oder gar Personalern Buchdeckeln: Christian Rook Manager. „Die eigenen Grenzen sind darüber zu sprechen.“ Er selbst denkt, es kann ein Pluspunkt sein, offen mit dem The- keine Makel. Dies zu lernen und aktiv Nein zu sagen, bedarf ma umzugehen: „Jemand, der einen Burn-out überstanden hat aber der Übung.“ Heute ist Rook wieder selbstständig und und danach wieder ins Berufsleben einsteigt, ist viel reflektier- als Interim-Manager tätig. Er kann noch nicht sagen, was ter und außerdem in der Lage, nachhaltig hohe Arbeitsqualität sich nach dem großen Knall im Berufsalltag verändern wird. zu liefern.“ Der Manager setzt heute vor allem auf Qualität statt Sicher ist nur: „Gehen oder Fahrradfahren ist in Ordnung – vom Hochgeschwindigkeitszug habe ich genug.“ Quantität und eine bessere Kommunikation in Unternehmen. Besonders perfektionistische Menschen, die am liebsten Sophie Radix Christian Rook 200 Prozent in allem geben möchten, zerbrechen manchmal Es gibt für alles ein Problem – Gedichte von der Bühlerhöhe an ihrem eigenen Leistungsdruck. So auch der Familienvater: Mit Illustrationen von Sabine Ries „Ich habe die letzten 25 Jahre meines Lebens wie in einem Tredition Verlag, 2019, 76 Seiten Schnellzug verbracht.“

Foto: © sora

hristian Rook (50) brachte in den vergangenen Jahren große Firmen an die Spitze. Er schaffte es, hohe Umsatzerwartungen noch zu über­ treffen – auch durch permanente Erreichbarkeit und Arbeiten ohne Limit. Zuletzt führte er ein PharmaUnternehmen in Neuenburg. Grenzen der Leistungs­ fähigkeit gab es für ihn nicht, Burn-out schon gar nicht. Er selbst glaubte zu dem Zeitpunkt nicht mal an die Krankheit. Die es traf, waren für ihn immer die Schwachen, die Versager. Bis ihn selbst in seinem Büro eine Panikattacke traf – begleitet von dem Ge­ fühl, weder vor noch zurück zu können.

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Start-ups

Nachhaltig: Das fairfood-Team um Julian Bletscher und Swetlana Hildebrandt will einiges anders machen.

»Coole Nüsse «

Freiburger Start-up setzt auf faire Lebensmittel

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Fotos: © tln

rbeitsbedingungen in Dritt­ ländern gehen vielen ge­ gen den Strich. Auch einem Team aus Freiburg: „fairfood“. Das Start-up importiert Nüsse, Kräu­ ter oder Obst aus fernen Ländern. Unter Fairtrade-Bedingungen. In der Wiehre werden sie veredelt. Ein Bio-Riese hat die Produkte flächen­ deckend im Regal.

Ein Hinterhof an der Günterstalstraße. In einer Garage stehen verpackte Nüsse. In der Küche nebenan drückt Julian Bletscher Cashews durch eine Maschine. „Ein Traum“, schwärmt er über die hellbraune Masse. Was den Nüssen beigemischt wird? „Nichts, das sind einfach nur Nüsse“, erklärt Bletscher und lacht. Im Ofen ein paar Meter weiter werden die Nüsse auf großen Blechen geröstet. Seit rund einem Jahr produzieren „fairfood Freiburg“ in der Wiehre. Zudem haben sie ein Büro an der Basler Straße. Etwa 20 Leute arbeiten bei dem Start-up, berichtet Swetlana Hildebrandt. Die 32-Jährige kümmert sich unter anderem ums Marketing. Sie trägt vegane Schuhe und will mit dem Job nicht nur Geld verdienen, sondern auch etwas Gutes tun. Das scheint zu klappen: „Wir merken, dass die Nachfrage rasant wächst“, sagt Hildebrandt. Das Kernteam habe

sich gerade auf acht Menschen verdoppelt. Gleiches gilt für den Jahresumsatz, der sich von 2018 zu 2019 ebenfalls verdoppeln soll. Genaue Umsatzzahlen wollen fairfood nicht nennen. Dafür Mengen: Zwölf Tonnen Cashew-Nüsse habe das Team 2019 bereits importiert. Dazu kommen vier Tonnen Paranüsse und zwei Tonnen Mandeln. Ihr Aushängeschild sind Nussröstungen. Seit Juli 2018 sind diese auch beim Bio-Supermarkt Alnatura zu finden. In sieben Geschmacksrichtungen. Unter anderem Chilli & Paprika, Curry & Meersalz oder Rosmarin & Thymian. Wer alles in einer Tüte will, kann den „Freiburger Nuss Mix“ probieren. Ein „Topseller“, erzählt Hildebrandt. Aus acht Ländern kommen ihre Produkte: Paranüsse aus Bolivien, Cashews und Mangos aus Burkina Faso, Datteln aus Tunesien. Alle Produktionsstätten sind mit dem Fairtrade- und Bio-Siegel zertifiziert. Das regelt Mindestlöhne und schafft Transparenz zu Waren und Geldern. „Wir wollen ethisch so korrekt wie möglich produzieren“, sagt Hildebrandt. Der Preis ist entsprechend hoch: 3,79 Euro kosten 70 Gramm Nüsse. Verkauft werden sie dennoch. „Das entspricht dem Zeitgeist, die Leute wollen sich bewusst ernähren“, sagt Hildebrandt. Auch der Umweltschutz liegt ihnen am Herzen. Von ihren mehr als

300 Verkaufsstellen sind rund 60 Unverpackt-Läden. Dazu gehört auch die „Glaskiste“ in Freiburg. Die Geschäftsidee entstand 2014. Auf einer Reise entdeckte Mitgründer Tobias Bucher seine Liebe zu Cashewnüssen. Mit dem in Deutschland lebenden Nigerianer Okey Ugwu und zwei Kollegen fanden sie eine geeignete Produktionsstätte in Nigeria und gründeten die CASHEW4U UG. 2016 bekamen sie das Biosiegel, im Folgejahr die Fairtrade-Zertifizierung. Mittlerweile sind rund 30 Produkte im Sortiment. Seit Oktober gibt’s Nussmuse im Pfandglas. Aus Erdnuss, Mandel oder Cashews. „Alle wollen coole Nüsse“, sagt Hildebrandt. Die fairfood-Aktivistin berichtet, dass der Preis dennoch diskutiert werde. „Die Leute haben krasse Ansprüche.“ Daher müsse man immer wieder erklären, welchen Aufwand fairtrade mit sich bringe. Bei der Bio-Marke „Rapunzel“ kostet das Kilo Mandeln 12 Euro. Bei ihnen seien es 18 Euro. Billiger zu werden, ist dennoch nicht das Hauptziel. Wichtiger sei, die Verpackung zu reduzieren und Menschen über faire Arbeitsbedingungen aufzuklären, betont Hildebrandt. Ihr Anspruch: „Wir wollen uns immer wieder hinterfragen, um noch nachhaltiger zu werden.“

Till Neumann

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Unternehmen

Schwarzwaldmilch setzt auf vegane Haferdrinks Black Forest Nature GmbH

Foto: © spk

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as ist keine Mode, das ist ein Trend, den man nicht einfach ignorieren kann, sondern dem man sich mit Toleranz stellen muss.“ So begründet Andr­ eas Schneider, Geschäftsführer der Schwarzwaldmilch GmbH in Frei­ burg, die Gründung des Start-ups „Black Forest Nature GmbH“, die in Offenburg beheimatet ist und deren Geschäfte ebenfalls Schneider führt. Mit dieser 100-Prozent-Tochter will die Freiburger Molkerei auf den ve­ ganen Ernährungstrend aufspringen und künftig Haferdrinks anbieten.

Glauben an velike: Caroline von Ehrenstein mit Geschäftsleiter Andreas Helm und Technikchef Waldemar Wilt.

In Deutschland leben mittlerweile bis zu eine Million Veganer. Vegane Produkte haben zwar nur einen Marktanteil von unter zwei Prozent, legen aber überproportional zu. Insbesondere Haferdrinks hätten, so Black-ForestNature-Geschäfts­leiter Andreas Helm, im vergangenen Jahr um gut 50 Prozent zugelegt. Ursache seien die „Flexitarier“, Mitbürger, die sich sehr bewusst ernähren und zwischen vegetarisch, vegan und omnivorisch pendeln. Ab März 2020 soll das Start-up vier Haferdrinks der Geschmacksrichtungen Natur, Mandel, Calcium und Barista in die Kühlregale stellen – für je 2,29 Euro je Liter. Zum Vergleich: ein ähnlicher Haferdrink kostet bei Aldi 95 Cent. Der Haferdrink Natur wird zusätzlich, das sei einmalig, auch gekühlt in der Glasflasche ausgeliefert und dann 2,49 Euro kosten. Als Logo hat man sich – der Schwarzwald soll grüßen – eine Kuckucksuhr einfallen lassen, samt dem Markennamen „velike“, eine Mischung aus „vegan“ und „we like“. Der Drink besitzt das Vegan-Label der EU und ist vom strengen

Bioland-Verband zertifiziert. Der Hafer wird von Schwarzwaldbauern geliefert, größtenteils ohnehin der Schwarzwaldmilch als Milcherzeuger verbunden. Um welche Mengen es sich handelt, darüber hält man sich bedeckt – gerüchteweise sollen es 200 Tonnen sein, die für rund 1,3 Millionen Liter Haferdrink reichten. Sollte die Schwarzwälder Hafermenge langfristig nicht ausreichen, so könne man, so Helm, auch auf Roggen oder Dinkel ausweichen oder das Angebot damit ergänzen. Black Forest Nature hat heute drei Mitarbeiter, die Tochter nimmt Dienstleistungen und Einrichtungen der Mutter – gegen eine nicht näher genannte Bezahlung – in Anspruch: Verarbeitung des Hafermehles in Offenburg, Abfüllung in Freiburg, von wo auch ausgeliefert wird. Das Unternehmen investiert in die Tochter „einen sechsstelligen Eurobetrag“, sagte Caroline von Ehrenstein, die auch bei der Tochter für Marketing und Kommunikation zuständig ist. Während Schwarzwaldmilch mit seinen Eigenmarken bis Ende September

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gegen den Trend zwischen 12 und 15 Prozent zugelegt hat, absolviert der Haferdrink noch die Testphase. Habe aber, so Schneider, bei allen Blindverkostungen stets als Bester abgeschnitten. Daher verwundere es nicht, dass es bereits Listungen im Lebensmitteleinzelhandel fürs kommende Jahr gebe. Auf Nachfrage, welche Umsatzziele die Tochter hat, gibt es nichts Konkretes von von Ehrenstein: „Wir möchten als Startup-Unternehmen sukzessiv wachsen und werden mit unserer ersten Haferernte realistische Umsatzgrößen im Südwesten Deutschlands anstreben.“ Man gehe von einer Umsatzgröße im unteren, einstelligen Millionenbereich aus. Niemand spricht derzeit von weiteren „velike“-Produkten, Sondierungen hierzu werden aber auch nicht in Abrede gestellt. Der bei der Herstellung entstehende Haferbrei ist im Augenblick aber Gegenstand weitergehender Überlegungen: Man prüfe, ob er im Backbereich, bei Nahrungsergänzungsmitteln oder als Futtermittel vermarktet werden könnte.

Stefan Pawellek


Unternehmen

Zunächst zweigeschossig: So soll das neue Firmengebäude im Herbst 2020 aussehen. Es könnte später noch zwei Etagen mehr haben

15 Millionen Euro fürs neue Hauptquartier Black Forest Medical Group investiert in Freiburg

Foto: © Stefan Pawellek; Visualisierung: VOLLACK

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ie stellen Dinge her, von denen wir alle froh sind, dass es sie gibt und wir alle gleichzeitig hoffen, dass wir ihnen nie begegnen.“ So charakterisierte Hanna Böhme, Geschäftsführe­ rin der Freiburg Wirtschaft Touris­ tik und Messe GmbH (FWTM), das Kerngeschäft der frischgegründeten Black Forest Medical Group (BFMG), die jüngst im Freiburger Gewerbe­ gebiet Haid den Spatenstich für ihr neues Hauptquartier beging. Der geschäftsführende BFMG-Gesell­ schafter Matthias Schüle dankte dem Rathaus und der FWTM für die „gute Zusammenarbeit“ im Vorfeld des Neubauvorhabens.

Alles im Blick: der geschäftsführende BFMG-Gesellschafter Matthias Schüle.

Die BFMG ist die erst vor kurzem gegründete Dachmarke zweier bekannter Firmen auf dem Medizintechnik-Sektor, der Pro Med Instruments GmbH (PMI) und der Feinmechanik GmbH. Die PMI wurde 1993 gegründet, firmiert seit 1995 als GmbH, seit 2016 ist Schüle Alleininhaber. PMI ist eigenen Angaben zufolge weltweit Marktführer im Bereich Kopfhalterungs- und Retraktorsysteme für die Neurochirurgie. Kernprodukt ist die Marke Doro, die neben den kranialen Fixations- und Stabilisationssystemen auch eine breite Auswahl an Zubehörartikeln anbietet –

hochwertige medizintechnische Produkte. Diese Firma, die lange in einem Lieferantenverhältnis zu PMI stand, kaufte Schüle Ende 2016. Beide Unternehmen präsentieren sich nun unter der neuen Marke. Für die arbeiten derzeit rund 100 Mitarbeiter, 2020 soll der Umsatz auf gut 20 Millionen Euro steigen. Die Dachmarke hat bald auch ein gemeinsames reales Dach: Im Gewerbegebiet Haid an der Bötzinger Straße 86 – schräg gegenüber der Stryker-Niederlassung – baut Schüle eine neue Firmenzentrale, in der künftig Forschung, Entwicklung und Produktion gebündelt

etwa nicht-klebende bipolare Pinzetten. Für den US-Markt gibt es eine Tochterfirma in Cape Coral (Florida), die 2003 gegründet wurde. Schon seit 1974 gibt es die Feinmechanik GmbH in Umkirch, spezialisiert auf

werden. Auf einem 8600 Quadratmeter großen Grundstück sind mehrere Bauabschnitte geplant. Im ersten entstehen gut 3500 Quadratmeter. Das Gebäude wird den KfW-55-Standard übererfüllen. Insgesamt sind für den ersten Schritt 15 Millionen Euro Investitionen geplant. Der Bezug soll im Herbst 2020 sein. Der zweite Bauabschnitt soll hinter dem Haupthaus bis 2025 entstehen. Insgesamt wird der neue Firmensitz 7300 Quadratmeter Geschossfläche haben. Eine dritte Bauphase ist ebenfalls angedacht, hängt aber vom Wachstum ab: Auf das Gebäude an der Straße könnten noch zwei Stockwerke aufgesetzt werden, statisch ist das bereits berücksichtigt. Damit könnte das expandierende Unternehmen, das händeringend nach Fachkräften sucht, noch mehr Mitarbeiter unterbringen. Herzstück des neuen Gebäudes ist eine „Rotunde mit Showroom – gestaltet durch künstlerische Interpretation von Strukturen des menschlichen Zellgewebes“, heißt es in einer Image-Broschüre. Konkret trägt dies – wie auch die großzügige Verglasung – zu einer hohen Helligkeit im Gebäude bei und dient daneben als Zentrum, in dem man sich treffen kann. Ziel der Architektur ist, interne Abläufe zu optimieren und die Kommunikation untereinander zu fördern.

Stefan Pawellek

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Unternehmen in der Region

Immer eine Idee voraus Die Kramer GmbH feiert 90-jähriges Bestehen

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on Dämmtechnik zu Kühl­ raum- und Ladenbau bis zur modularen Bauweise. Die Kramer GmbH hat in ihrer Ge­ schichte ein pralles Portfolio aufge­ baut. Mit Planung, Produktion und Projektabschluss aus einer Hand, einem Jahresumsatz von mehr als 80 Millionen Euro, 280 Mitarbeitern und dem Mut zum Querdenken feiert der Komplettanbieter aus Umkirch seinen 90. Geburtstag. „Wir haben klein angefangen“, sagt Alexander Butsch, der die Geschäfte der Kramer GmbH zusammen mit Matthias Weckesser führt. Ursprünglich habe das Unternehmen, das heute europaweit zu finden ist, noch kleine Kreise gezogen: Mit gerade einmal drei Mitarbeitern, einer angemieteten

Scheune, Gebrauchtwagen sowie Pferdefuhrwerk begann Firmengründer Fritz Kramer 1929 seine Karriere an der Schweizer Grenze. „Am Rhein siedelte sich immer mehr Industrie an, technische Isolierung wurde dort dringend benötigt“, so Butsch. Dämmtechnik wurde Kramers erstes Kerngeschäft. Genau 90 Jahre später zählt das Unternehmen mit jahrzehntelanger Erfahrung zu den führenden Anbietern in der Branche. Einige ihrer ersten Kunden, wie den Chemie-Riesen Roche, betreut der Mittelständler noch heute. In dem Beinahe-Jahrhundert habe sich aber auch vieles verändert. Wärme-, Kälte-, Schall- und Brandschutz seien immer wichtiger geworden, gleichzeitig wurden Auflagen und Normen immer strenger.

Fotos: © Kramer GmbH

17. September 1929: Gründung von Fritz Kramer Isolierungen in Grenzach mit drei Mitarbeitern

1936: Umzug nach Rheinfelden

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Nach anfangs nur unregelmäßiger Beschäftigung konnte sich das Unternehmen vor Aufträgen bald kaum retten: Als es Ende der 50er-Jahre nach jahrelanger Entbehrung plötzlich um die Wurst ging und Unmengen Fleisch haltbar gemacht werden mussten, stieg die Nachfrage nach Kühlräumen. „Damit wurde der Kühlraumbau ein gleichwertiges, zweites Standbein“, so Butsch. Heute ist Kramer ein breit aufgestellter und branchenübergreifender Spezialist. „Aus Dämmtechnik haben wir den Kühlraumbau entwickelt und daraus hat sich der Ladenbau abgespalten. Wir versuchen, immer eine Idee weiterzudenken“, sagt der 52-Jährige. Als Lieferengpässe bei Kühlraumtüren Kramer im neuen Freiburger Standort samt 500 Quadratmeter großer Lagerhalle zu schaffen machten,

1963: Tochter wird zur Mutter – Freiburg als Hauptsitz mit neuer Werkstatt

1955: Heinz Gass, Neffe von Kramer, wird Geschäftsführer

1950: Lang ersehnte erste Niederlassung in Freiburg

1958: Bau einer 500 Quadrat­meter großen Lagerhalle am Stübeweg

1973: Bau einer modernen Fertigungs­anlage auf dem Firmengelände


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Unternehmen in der Region

beschloss das Unternehmen in den 60ern auf Marke Eigenbau umzusatteln. „Bis heute wollen wir so viel wie möglich bei uns im Haus herstellen“, kommentiert Butsch. Mit Erfolg: Kramer fand eine Marktlücke zwischen Handwerk und Industrie und steigerte seinen Umsatz darin von 1954 bis 1979 von einer auf rund 20 Millionen Mark. Vergangenes Jahr waren es mehr als 80 Millionen Euro. „Ende der 60er-Jahre wurden Optik und Ästhetik im Ladenbau immer wichtiger“, so Butsch. Metzgereien sollten auch cool aussehen, und neben technischem Know-how war auch Einfallsreichtum gefragt. Das Wissen, die Kühlung auch in den Verkaufsbereich zu bringen, war in der Firma längst vorhanden – die erste eigene Kramer-Kühltheke entstand und Kramers Ladenbau war geboren. Heute beschäftigt der Mittelständler eigene Marketingspezialisten sowie eine Architekturabteilung. Diese entwerfen Ladenkonzepte für den Lebensmitteleinzelhandel, Metzgereien, Imbisse, Bäckereien, Feinkost sowie Bars und Gastronomien – alles individuell anpassbar und aus eigener Produktion. „Wir gestalten nicht nur den Laden, sondern inszenieren die komplette Marke“, sagt Butsch. Zuletzt erweiterte Kramer sein Portfolio im Ladenbau um eigene Beleuchtungskonzepte: „Die haben wir lange zugekauft. Dann haben wir uns gedacht, das können wir besser.“ Anspruchsvolle Kunden wie Feinkostmärkte fragten

1998: Matthias Weckesser, Schwiegersohn von Heinz Gass, wird Geschäftsführer

1986: Niederlassungen in Rheinfelden, Offenburg, Ludwigshafen, Singen

oft nach Komplettlösungen – Montage, Service und Wartung inklusive. „Heute ist das ein Paket. Dadurch gewährleisten wir eine schlüsselfertige Übergabe“, so der Geschäftsführer. Dank eines Großauftrages bei einem führenden Lebensmitteldiscounter wuchs das Unternehmen rasant – heute besitzt Kramer neun Niederlassungen sowie weitere Verkaufsbüros in ganz Europa.

Doppelspitze: Geschäftsführer Alexander Butsch (l.) und Matthias Weckesser 2013 dachte Kramer erneut einen Schritt weiter und rief addhome – eine innovative und flexible Modulbauweise – ins Leben. „Wir sind nicht statisch und entwickeln uns kontinuierlich weiter“, kommentiert Butsch. Die nötige Erfahrung zum Bau der Lego-likeModule hatte Kramer bereits im Haus. In einer sich immer schneller drehenden Welt seien zunehmend variable und mobile Lösungen gefragt.

2013: Idee zu addhome

2010er: Neues Gebäude in Umkirch

Nach erfolgreichen Projekten für Bäckereien, den Obst- und Gemüse­ handel und Cafés folgte 2017 das Rothaus Chalet auf dem Feldberg und 2019 die Erlebnistoilette am Titisee. „Die Module kommen immer fix und fertig zum Kunden“, erzählt Butsch. Statt langer Baustelle sind die Module binnen weniger Tage einsatzbereit. „Wir müssen auf dem Gelände nur aufstellen und anschließen“, so der Geschäftsführer. Auch ein erneuter Umzug sei möglich. Das Miteinander werde bei Kramer großgeschrieben. „Wir sind wie eine große Familie“, betont Butsch, der im Betrieb Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance legt. In den Gründerjahren schweißte noch ein traditioneller, sonntäglicher Frühschoppen die Belegschaft zusammen, heute gehen viele der Mitarbeiter bei Firmenläufen gemeinsam an den Start. Das schaffe Kontinuität. Einige Mitglieder der rund 280-köpfigen Mannschaft sind seit mehr als 30 Jahren an Bord. Unter den 15 Auszubildenden, die jährlich bei Kramer anheuern, befinden sich laut Butsch, der seit 17 Jahren im Unternehmen ist, immer wieder Kinder von Mitarbeitern oder Bekannten. Mit Daniel Weckesser, dem Sohn von Matthias Weckesser, wird bald die nächste Generation Kramer zu neuen Ufern aufbrechen. Das Unternehmen bleibt damit auch nach 90 Jahren fest in Familienhand. Philip Thomas

2019: Kramer feiert 90 Jahre

2017: Erweiterung der Produktions­halle in Umkirch

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Forstwirtschaft

Dramatischer Preisverfall Waldsterben sorgt für Überangebot auf dem Holzmarkt

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ngebot und Nachfrage be­ stimmen den Preis. Das Gesetz des freien Marktes gilt auch für den Holzmarkt. Doch bedingt durch die Trockenheit im Sommer 2018, die Folgeschäden im Wurzelwerk und den massiven Borkenkäferbefall befindet sich der Preis für Fichten-Stammholz auf dem absteigenden Ast.

€ / Fm 80 75 70 65 60 55 50 45

„Derzeit haben wir, bedingt durch die großen Mengen an Kalamitätshölzern von schlechter Qualität, europaweit ein Überangebot“, berichtet Karl-Ludwig Gerecke, Fachbereichsleiter Forst beim Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald. In manchen Regionen in Deutschland seien diese Sortimente – vor allem vom Borkenkäfer befallenes Fichtenstammholz – kaum noch absetzbar. Auch im Schwarzwald hätten auf diesem typischen „Käufermarkt“ Waldbesitzer wenig Einfluss auf die Preisgestaltung. Betroffen ist vor allem das heim­ische Hauptsortiment Nadel- und insbesondere das Fichten-Stammholz. Die Tendenzen sind laut Gerecke zweischneidig: Es gibt dank Lieferverträgen stabile Preise von knapp 70 Euro je Festmeter für frisch eingeschlagenes Käferholz. Für schlechte Qualitäten ohne Vertragsbindung sackt der Preis zuweilen aber auf unter 40 Euro ab. „Die Export-Schiene nach Fernost zwecks Marktentlastung läuft nach wie vor“, betont Gerecke und verweist auf die Übersee-Container, in denen aus dem Kreis Kalamitätshölzer etwa nach China verschifft werden. Während in „Normaljahren“ Nadel-Stammholz an Sägewerke in der Region und ins Elsass geht, wird seit Anfang 2019 exportiert. In extra-hohe Container verladen, geht es auf Binnenschiffen rheinabwärts,

40 2012

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Grafik: © bib / Quelle: Fachbereich Forst des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald

Holzpreise: Durchschnittserlöse für Fichtenholz, über alle Sortimente (Sägeholz, Industrieholz) und Qualitäten (Stand Oktober 2019). Zum Jahresende kann die Säule noch kleiner ausfallen, da aktuell ausschließlich Schadhölzer aufgearbeitet werden und die Exportanteile mit sehr niedrigen Erlösen noch zunehmen werden. um in Rotterdam oder Antwerpen und inklusive phytosanitärem Zeugnis für die große Reise fertiggemacht zu werden. Die Preise für Laubholz-Sortimente sind stabil, steigende Nachfrage und steigende Preise gibt es laut Gerecke indes für Douglasien-Stammholz – mehr als 100 Euro. Kein Wunder, schließlich werden die meisten Kapazitäten im Forst derzeit für den Einschlag von Kalamitätshölzern gebraucht – und die normalen oder planmäßigen Nutzungen müssen oft warten. Das führt zur Knappheit dieser begehrten Hölzer. Aus Deutschland sind im Januar und Februar 2019 rund 200.000 Festmeter Fichtenholz nach China verschifft worden – im Vergleichszeitraum 2018 waren es lediglich 306 Festmeter. Insgesamt kamen im vergangenen Jahr jedoch 341.000 Festmeter zusammen – bedingt durch den trockenen Sommer und die verstärkten Exporte ab Herbst. Das geht aus den Zahlen des Europäischen Wirtschafts­diensts Euwid hervor.

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Diplom-Forstwirt Ludwig Smarsly vom Oberkircher Holzhandelsunternehmen Hiram weiß: „Der Holzhunger in Ostasien ist enorm.“ Hiram ist seit Anfang des Jahres für den reibungslosen Ablauf der Transporte aus dem Großraum Kirchzarten zuständig und an den diversen Verladestellen im Kreis im Einsatz. „Wir verschiffen Fichten-Stammholz aus Not, nicht aus Profitgier“, sagt Susanne Dreher-Zähringer vom Forstbezirk Kirchzarten. Die Diplom-Forst-Ingenieurin ist für den Holzverkauf aus dem Staatswald zuständig und weiß: Europaweit gibt es mehr als 70 Millionen Festmeter Schadholz. Tendenz steigend. Das Schadholz muss dringend aus dem Wald, um weiteren Schaden zu verhindern. Die örtlichen Säger tun laut Dreher-Zähringer, was sie können. Doch für die sofortige Verarbeitung falle einfach zu viel Schadholz an. Laut Smarsly und Gerecke ist angesichts der Not im Wald, des Überangebots auf dem Markt und den sinkenden Preisen ein Ende der Transporte nicht in Sicht.

Arwen Stock



Menschen und Meldungen

Bester nationaler Erzeuger OBERKIRCH. Die Genossenschaft der Oberkircher Winzer hat bei der Internationalen Wein Challenge AWC Vienna das Nationenranking für Deutschland gewonnen. Zudem erlangte der Vinum Nobile 2018 Riesling QbA trocken einen dritten Platz in seiner Kategorie. Auf die Sonderauszeichnung „Best National Producer oft the year 2019 Germany“ blicken die Oberkircher nun voller Stolz. „Da freut sich der Kellermeister“, betont Qualitätsmanager Frank Männle. Auch für den geschäftsführenden Vorstand Markus Ell ist die Challenge „ein Highlight im Prämierungskalender“. Die AWC Vienna gilt als die größte offiziell anerkannte Weinbewertung der Welt.

Schmidt & Söhne gerettet TENINGEN. Der insolvente Fachgroßhändler Schmidt & Söhne ist gerettet. Das teilte der Sanierungsberater Joachim Kuchenmeister der BZ mit. Alle 62 Mitarbeiter behalten ihren Arbeitsplatz, am Standort Teningen wird nicht gerüttelt. Die bisherigen Chefs Holger Janz und Michael Denkinger führen weiter die Geschäfte. Schmidt & Söhne, 1948 gegründet, beliefert Bäckereien, Konditoreien und Gastronomiebetriebe.

»Eine glatte 1« Haufe-Macher werden „Entrepreneur Of The Year 2019“ FREIBURG. Die Holding-Geschäftsführer und der Beirat der Haufe Group sind als „Entrepreneur Of The Year 2019“ in der Kategorie Digitale Transformation ausgezeichnet worden. Der Wettbewerb für unternehmerische Exzellenz würdigt vorbildhafte Unternehmer, die mit Visionen, Ideen und Engagement den Wirtschaftsstandort Deutschland voranbringen. Die Holding-Geschäftsführer Birte Hackenjos und Markus Reithwiesner sowie die Beiratsmitglieder Andrea Haufe und Martin Laqua nahmen „stellvertretend für alle Entrepreneure“ im Unternehmen den Preis entgegen. Die Haufe Group verdiene „eine glatte 1 in digitaler Transformation“, lobte Hartmut Jenner, Vorsitzender des Vorstands von Kärcher. „Der Erfolg unserer digitalen Transformation basiert auf einem ganzheitlichen Verständnis von Wandel, der neben unseren Produkten und Dienstleistungen vor allem unsere

Foto: © Hille Kück/Haufe Group

Siegerlächeln: Martin Laqua, Birte Hackenjos, Andrea Haufe, Markus Reithwiesner (v.l.n.r.) Organisation und Kultur betrifft“, sagte Reithwiesner. Die „hochkarätige Auszeichnung“ gebühre allen Mitarbeitern. Haufe beschäftigt mehr als 2000 Menschen im In- und Ausland. Im abgelaufenen Geschäftsjahr steigerte die Gruppe ihren Umsatz um 41 auf 407 Millionen Euro. bib

Familienheim spendet 9 mal 990 Euro FREIBURG. 2020 feiert Freiburg sein 900-jähriges Stadtjubiläum und die Baugenossenschaft Familienheim Freiburg wird 90 Jahre alt. Anlässlich der beiden Jubiläen spendet die Baugenossenschaft 9 mal 990 Euro und vereint so die beiden Jubiläumszahlen in einer Spendensumme. Freiburgs Erster Bürgermeister Ulrich von Kirchbach: „Wir haben so viele spannende Projekte im Rahmen unseres Stadtjubiläums. Die Spende der Familienheim hilft sehr, das ein oder andere davon zu unterstützen, das finanziell noch auf recht wackligen Beinen steht.“ bib

Foto: © Familienheim Freiburg

Genossen geben gern: Ulrich von Kirchbach (l.) freut sich über die von den Familienheim-Vorständen Anja Dziolloß und Alexander Ehrlacher überreichte Spende.

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Menschen und Meldungen

Streit Service & Solution ausgezeichnet

Foto: © Great Place to Work®

Preisverleihung in München: v.l.n.r. Andreas Schubert (Geschäftsführer GPTW), Alexandra Hauser (Vorstand HCC), Marc Fuchs (Leiter Business Unit Streit systec), Peter Friederichs (Vorstand HCC), Clemens Imberi (Leiter Business Unit Streit inhouse). HAUSACH/FREIBURG. Der Human Capital Club e.V. in München hat gemeinsam mit dem Forschungs- und Beratungsnetzwerk Great Place to Work® den diesjährigen Sonderpreis „Humanpotentialförderndes Personalmanagement“ des Arbeitgeberwettbewerbs „Deutschlands Beste Arbeitgeber“ an den Bürodienstleister Streit aus Hausach verliehen. „Die Auszeichnung steht für eine strategisch verankerte Personalführung, die das Humanpotential im Unternehmen durch integrierte Konzepte und Instrumente in besonders systematischer Weise entwickelt und evaluiert“, sagte Andreas Schubert, geschäftsführender Gesellschafter von Great Place to Work® Deutschland (GPTW). „Für uns ist es wichtig, durch begeisterte Mitarbeitende auch Kunden zu begeistern. Und das gelingt auf Dauer nur, wenn die Beschäftigten das, was sie tun, exzellent beherrschen und gerne machen, erklärte Simon Gewald, Kaufmännischer Leiter bei Streit. Unlängst war übrigens der Verfassungsschutz am Hausacher Stammsitz des Bürodienstleisters, der auch in Freiburg in der Lokhalle eine Niederlassung betreibt. Vertreter des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg hatten aber nicht die Mitarbeiter im Visier, sondern referierten und informierten über die Gefahren von Ausspähung durch fremde Nachrichtendienste sowie Risiken und Gefahren auf Auslandsreisen. Aber auch Beispiele von Hacktivisten, Cyber­ kriminellen und sogenannten Innentätern, also Angestellten, die oft unabsichtlich Unternehmensgeheimnisse preisgeben oder Hackern Tür und Tor öffnen, wurden angeführt.

Sparkasse spendet ans Alamannen-Museum VÖRSTETTEN. Die Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau spendete zur Eröffnung der Ausstellung „Sur l’autre rive / Am anderen Ufer“ der Stiftung AlamannenMuseum Vörstetten 2500 Euro. Den Scheck übergab der Vizevorstandsvorsitzende Erich Greil an das StifterEhepaar Helmut und Gisela Köser. chilli | business im Breisgau | 11.2019 | 25


Menschen und Meldungen

Kolumne

Von Notfallplänen und Schenkungen

Schmolck ausgezeichnet Autohaus bundesweit spitze / Azubi Kammersieger

Fotos: © privat

Der Freiburger Steuerberater Erik Herr ist ein Routinier im Geschäft. Sein Sohn Nico Herr ist nun als frischgebackener Steuerberater, Partner und Mitgeschäftsführer in die Kanzlei gekommen. Erfahrung trifft Newcomer. Für die bib-Leser berichten sie über Nützliches und Kurioses, Aktuelles und Steuerbares.

Notfallplan: Bei einem plötzlichen Todesfall eines Geschäftsführers oder Eigentümers stehen Unternehmen formaljuristisch ohne Entscheidungsbefugnis faktisch im rechtsleeren Raum. Bis sich möglicherweise Erben oder Nachfolger finden, die das Erbe annehmen, kann der Schaden immens sein, falls nicht schon der Totalverlust eingetreten ist. Daher ist es sinnvoll mit Vollmachten, Unternehmertestamenten und gesellschaftlichen Regelungen vorzusorgen. Begünstigungsfähiges Vermögen: In einem aktuellen BFH-Urteil wurde die prinzipielle Zulässigkeit einer mündlichen Poolvereinbarung bestätigt, die nachträglich das mündlich Vereinbarte schriftlich festhält. Das bedeutet, dass im Schenkungs- oder Erbschaftsfall auch Gesellschafter mit weniger als 25 Prozent der Anteile bei entsprechenden Vereinbarungen von der Erbschaftsoder Schenkungssteuerbegünstigung für Betriebe profitieren können. Keine Begünstigung bei mittelbarer Schenkung: Eine mittelbare Schenkung von Betriebsvermögen liegt vor, wenn Geld zum Erwerb eines bestimmten Gegenstands geschenkt wird. Generell wird dabei zwar der zu erwerbende Gegenstand bewertet, allerdings wird bei den Begünstigungen auf das Vorliegen von Produktivvermögen zum Zeitpunkt der Schenkung abgestellt. Der BFH hat daher eine Begünstigung in diesem Fall versagt. Es gibt jedoch Gestaltungsmöglichkeiten. www.herr-stb.de

Foto: © Jens Glade

Geschafft: MBVD-Verkaufsmanager Dirk Hafrank (links) überreicht Bernhard Schmolck den Ersten Preis für Kundenloyalität. Pascal Schmolck (Erster von rechts), Marketingchef Michael Gleichauf (Zweiter von rechts) und Verkaufsleiter Mercedes-Benz Mike Mack (Dritter von rechts) freuen sich mit. EMMENDINGEN. Wie der Herr, so’s Gescherr – im positiven Sinne: Nachdem der Schmolck-Azubi Ralf Kruß unlängst als diesjährig Bester der Handwerkskammer Freiburg ausgezeichnet worden war, hat sein Betrieb nun den ersten Platz bei der bundesweiten CLI-Prämierung 2019 (Customer Loyality Index) bei den „Jungen Sternen“ geholt. „Die höchste Kundenzufriedenheit ist unser wichtigstes Ziel, deshalb bedeutet uns diese Auszeichnung viel“, kommentiert Geschäftsführer Bernhard

Schmolck. Der Mercedes-Benz-Vertrieb Deutschland (MBVD) hatte dazu bundesweit PKW-Kunden befragt. „So ein Preis bedeutet umso mehr, weil wir ihn quasi von unseren Kunden hier aus der Region verliehen bekommen haben“, bekräftigte Marketingleiter Michael Gleichauf. Grund zur Freude hatte auch Kruß, der in der Fachrichtung Karosserie- und Fahrzeugbautechnik auch beim Leistungswettbewerb in Balingen als Landessieger über die Ziellinie sprintete. bib

Testo investiert 20 Millionen Euro KIRCHZARTEN. Die eigenständige Testo-Tochter Testo Industrial Services, Spezialist für Kalibrierungen, investiert am Standort Kirchzarten 20 Millionen Euro in einen Neubau und will 200 neue Arbeitsplätze schaffen. Beim Spatenstich im Beisein von Bürgermeister Andreas Hall, Architekt Klaus Wehrle und TISGeschäftsführer Raimund Föhrenbacher sagte der Vorstandsvorsitzende

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Burkhard Knospe, dass in Kirchzarten seit 2004 bereits 16 Millionen Euro investiert wurden. Der Neubau soll Ende 2020 fertig sein. Laut Knospe bescherten die Sanktionen des USPräsidenten Donald Trump allein Testo Einbußen von vier Millionen Euro. TIS beschäftigt mit Tochtergesellschaften in Spanien, Frankreich, Österreich und der Schweiz derzeit über 1000 Mitarbeiter.


Menschen und Meldungen

Mooswaldklinik ausgezeichnet

Start-up Wiferion gewinnt Investor

FREIBURG. Im Auftrag des Nachrichtenmagazins Focus wurden Deutschlands Rehakliniken in einem großen Vergleich durch das Münchner Recherche Institut Munich Inquire Media (MINQ) untersucht. Dabei holte die Mooswaldklinik bereits zum dritten Mal in Folge eine Auszeichnung – als eine von bundesweit nur sechs mit weniger als 100 Betten. „Darauf sind wir sehr stolz, das bestätigt unsere hohe, bereits mehrfach zertifizierte Qualität“, freuen sich die Geschäftsführer Rüdiger Wörnle und Pierino Di Sanzo. Die Mooswaldklinik ist Teil des Gesundheitsresorts Freiburg.

FREIBURG. Das aus dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme hervorgegangene Technologieunternehmen Wiferion, ehemals Blue Inductive, ist ein global player im Bereich leistungsstarker Lösungen für das kontaktlose Laden von Robotern und Industriefahrzeugen. Und braucht für die weltweite Expansion Geld. Das bringt nun – in ungenannter Höhe – der skandinavische Venture-Capital-Fonds Nordic Alpha Partners. Partner Laurits Bach Sørensen: „Wir investieren in Unternehmen, die das Potenzial haben, ihre Sparten weltweit zu dominieren.“ Wiferion entwickelt und vertreibt seit der Gründung im Jahr 2016 hocheffiziente kontaktlose Ladesysteme sowohl für Endanwender in der Industrie, wie etwa Automobilhersteller, als auch für Hersteller von mobilen Robotern, Flurförderfahrzeugen und fahrerlosen Transportsystemen. „Die Investition versetzt uns in die Lage, rasch in weitere Märkte zu expandieren und die Standardisierung kontaktloser Schnellladesysteme in relevanten Industriesegmenten voranzutreiben“, so Florian Reiners, Mitbegründer und CEO von Wiferion. Die Freiburger setzten zuletzt mit rund 40 Mitarbeitern einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag um. bib

Streck fördert Hospizarbeit LÖRRACH/FREIBURG. Die Streck Transport GmbH unterstützt die Kinderhospizarbeit und hat zehn Lastwagen mit dem Logo des Bundesverbands Kinderhospiz und einem Luftballonmotiv beklebt. „Die Firma Streck haben wir kennen und schätzen gelernt als unglaublich engagierte Unterstützer“, sagt Per Toussaint vom Bundesverband Kinderhospiz. Schon 2018 hatte Streck unterstützt. „Nachdem uns klar wurde, wie unbekannt Kinderhospizarbeit noch ist und wie viel Gutes hier für Familien mit schwerstkranken Kindern getan wird, war uns klar, da helfen wir“, sagt Streck-Geschäftsführer Gerald Penner.

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Menschen und Meldungen

Beste Brauerei Baden-Württembergs Waldhaus sahnt mehr als 70 Auszeichnungen ab

Foto: © Waldhaus

Ausgezeichnet: Dieter Schmid, Bernhard Vötter (1. Braumeister), Bernhard Ebner (2. Braumeister) und ein Teil des Brauerteams (v.r.n.l.) Waldhaus. Das Genussmagazin „selection“ zeichnet jährlich die besten Brauereien der Republik aus. Die Privatbrauerei Waldhaus wurde dabei jetzt als beste Brauerei Baden-Württembergs gekürt. „Dies ist natürlich eine ganz besondere Auszeichnung für uns, die man ohne ein hoch motiviertes Team nicht erreichen kann. Ich bin

unheimlich stolz auf mein gesamtes Team, das jährlich solche großartigen Qualitätsauszeichnungen gewinnt“, so Brauereichef Dieter Schmid. Dazu zählt auch die 20. Gold-Medaille in Folge für das Diplom Pils. „Kein anderes Pils kann so eine Konsistenz von DLG-Auszeichnungen nachweisen“, sagt Schmid. Das „Falstaff“, eines der

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führenden deutschsprachigen Gourmet-Magazine, führt gleich sieben Bierspezialitäten aus Waldhaus in den jeweiligen Top 10 auf. Das Waldhaus Hell holte dabei den 1. Platz in der Kategorie „Helle Lagerbiere“. Waldhaus hat eigenen Angaben zufolge im laufenden Jahr mehr als 70 Qualitätsauszeichnungen errungen. bib


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Gisinger Gruppe gewinnt Design Award

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Foto: © Brillux

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FREIBURG. Die Gisinger Gruppe hat für die Fassadengestaltung des Wohn- und Geschäftshauses V6/V7 den Brillux Design Award 2019 in der Kategorie „Energieeffiziente Fassadensysteme“ gewonnen. In einem hochkarätigen Wettbewerb unter mehr als 700 Wettbewerbern aus aller Welt setzten sich die Freiburger mit ihren Partnern durch. Aufgrund der prominenten Lage des Objektes am Eingang zum Vorzeigestadtteil Vauban, „bestanden sehr hohe Gestaltungsanforderungen, die mit Liebe zum Detail ausgeführt worden sind. Daher freuen wir uns sehr und sind stolz darauf, dass wir bei dem international ausgerichteten Wettbewerb gemeinsam mit unseren Partnern den 1. Preis mit nach Hause nehmen durften“, sagte Geschäftsführer Stefan Gisinger.

Wirtschaftsrat bestätigt Vorstand FREIBURG. Die Mitglieder­ versammlung der Sektion Frei­burg-Emmendingen des Wirtschaftsrates hat Frank O. Bayer als Sektionssprecher für zwei weitere Jahre bestätigt. Bayer ist dem Wirtschaftsrat seit mehr als 20 Jahren als Mitglied verbunden und gehört dem Sektionsvorstand Foto: © privat seit 1995 (davon über 10 Jahre als Sprecher) an. „Die Soziale Marktwirtschaft ist für uns das richtige Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell, freiheitliche Elemente gepaart mit sozialer Verantwortung“, sagte Bayer. Die „Stillstandspolitik“ der Großen Koalition mache den wirtschaftlichen Sachverstand der Unternehmer wichtiger denn je. Ebenfalls im Vorstand bestätigt wurden Christine Ernst, Achim Horn­ecker, Ralph Kollinger, Hagen Schällig, Eckart Wetzel und Stephan Wilcken. Ausgeschieden auf eigenen Wunsch ist Michael J. Pistecky. An das vor einigen Wochen plötzlich verstorbene Vorstandsmitglied Jürgen Henninger wurde in einer Schweigeminute gedacht. Der Vorstand lässt diesen Platz auf unbestimmte Zeit unbesetzt: Henninger sei nicht zu ersetzen. bib chilli | business im Breisgau | 11.2019 | 29


IT in der Region

Teamwork: Bei highQ arbeiten derzeit 58 Menschen an innovativen Lösungen.

Jung, ideenreich und sinnstiftend Die highQ Computerlösungen GmbH

Fotos : © highQ

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er an Software-Entwickler denkt, der denkt an Sili­ con Valley, an Kalifornien – aber wohl weniger an Freiburgs beschauliche Schwimmbadstraße. Doch hier ist die highQ Computer­ lösungen GmbH zu Hause: ein dyna­ misches Unternehmen, das seit 23 Jahren erfolgreich die Themen Mobi­ lität und Banking bespielt – inhaber­ geführt, mit flachen Hierarchien, regional engagiert und interessiert.

Verkehrsträger je nach Verkehrslage und Umweltsituation erlaubt. Dabei werden Verkehrsleistungen zusammengeführt, unterschiedliche Verkehrsträger vernetzt. Eine App, mytraQ, gibt dem Nutzer „Echtzeit-Routing-Empfehlungen“, gleichzeitig aber ist – etwa beim Umstieg vom privaten Pkw auf ein öffentliches Verkehrsmittel – das Ticketing möglich: Die Fahrt wird online bezahlt. Für den Nutzer praktisch, für den Betreiber der Verkehrsbetriebe besser:

Keimzelle der Firma waren SoftwareModule, die die Diplom-Physiker Christian Disch und Thomas Hornig bereits während ihres Studiums für die SüdbadenBusgesellschaft (SBG) erstellten. Das Unternehmen wollte seine Planungsund Abrechnungsprozesse digitalisieren, und die beiden entwickelten dafür die passende Software. Die war so gut einsetzbar, dass schnell klar wurde: Was für die SBG passt, das passt auch für andere Verkehrsgesellschaften. So entwickelte sich aus den Software-Modulen für Verkehrsunternehmen eine Mobilitätsplattform, die eine flexible Kombination unterschiedlicher

Effizient und kostensparend neben der Bezahlung ist so auch eine Ticketkontrolle möglich. Und: Wer mytraQ auf dem Smartphone hat, dem wird die optimale Route zum Ziel angeboten – vorzugsweise mit Bussen und Bahnen. highQ hat noch weitere Mobilitätshilfen ersonnen, die letztlich jeder Verkehrsgesellschaft helfen, effizient und kostensparend die vorhandene Infrastruktur zu nutzen, Fahrzeuge besser auszulasten, Arbeits- und Lenkzeitenregelung genauer zu kontrollieren.

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Die Vielfalt der Mobilitätsangebote von highQ hat dem Freiburger Unternehmen, das derzeit 58 Mitarbeiter beschäftigt, Aufträge von großen Verkehrsbetrieben wie denen in Hamburg oder Berlin eingebracht, ebenso wird das Ticketing des Sylter Hindenburgdammes seit 18 Jahren mit highQ Software abgewickelt. Noch nutzt die Freiburger Verkehrs AG (VAG) keine Schnittstellen zu den multimodalen highQ-Produkten, um Mobilitätskonzepte gemeinsam mit dem Know-how aus der Schwimmbadstraße weiterzuentwickeln. Das könnte sich bald ändern: highQ möchte mit der VAG am Beispiel des Freiburger Industriegebiets Nord Verkehrsströme, Pendlersituationen und die Interessen der Arbeitgeber besser kennenlernen. Dazu wird derzeit mithilfe einer Befragung neben dem Ist-Zustand auch festgestellt, welche Anreize die einzelnen Arbeitnehmer bräuchten, um ihre Gewohnheiten zu ändern: Incentivierung nennt man das bei highQ – einen Urlaubstag mehr für den Verzicht auf den privaten Pkw? Einen sicheren Parkplatz direkt vor der Firma,


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IT in der Region

wenn man noch drei Kollegen mitnimmt? Eine finanzielle Zuwendung, wenn das Fahrrad genutzt wird? Eine E-Tankstelle vor dem Firmengebäude bei Nutzung eines e-Bikes? Manchmal, so schildert es Kai Horn, Leiter Vertrieb und Marketing, seien nur kleine Veränderungen nötig: ein firmeneigener Shuttle-Service, der eben zehn Minuten vor der Rushhour fährt, das Zusammenfassen der Mitarbeiter mehrerer Betriebe – wie es sie im Industriegebiet Nord gibt – zu einer Fahrgemeinschaft. Ziel ist, dass der Verkehrsstrom entzerrt wird, und zwar durch Verschiebung der Zeit und der Verkehrsformen – bei denen highQ zum einen den ÖPNV favorisiert und zum anderen nur „gemeinwohlkonforme Routen“ erarbeitet. Was im Augenblick für das IG Nord erarbeitet wird, könnte auch am Hafen Kehl bald helfen, dort ist man ebenso in der Diskussion wie an zahlreichen weiteren Mobilitätsprojekten. „Man braucht eine gewisse Größe, sonst geht der Effekt verloren“, sagt Horn. Denn: Die Erfahrung zeigt, dass nur rund 50 Prozent der Betroffenen auch wirklich erreicht werden, die anderen beharren auf dem gewohnten Arbeitsweg. Bei weniger als 1000 Mitarbeitern lohnt sich ein solches Projekt kaum. „Wir sind“, sagt Horn nicht ohne Stolz, „zwar eher klein, aber enorm innovativ.“ Das Unternehmen hat mittlerweile Büros in Berlin, Hamburg und Stuttgart, um schnell auf dort auftretende neue verkehrstechnische Herausforde-

Kai Horn: „Wir sind eher klein, aber enorm innovativ.“

rungen reagieren zu können. Die Nähe zum Kunden sei ungemein wichtig, so Horn, und ermögliche auch neue Forschungsansätze beim Thema Mobilität. Wie kommt man nun aber von Mobilität zum Banking? highQ entwickelte vor rund 20 Jahren ebenfalls eine weitere Software, hier mit dem Fokus auf Bauträgerkredite, und das im Auftrag der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau. Sie heißt abakusBT, ist eine BauträgerSoftware, die es Finanz­instituten ermöglicht, die Vorschläge und Ideen von Bauträgern vorab akribisch zu durchleuchten und rechtzeitig Schwachstellen in Planung und Kalkulation zu erkennen. abakusBT, das derzeit bei rund 60 Finanzinstituten bundesweit im Einsatz ist, ist eine datenbankgestützte, netzwerkfähige Software für das effektive und sichere Management von Bauträgerkrediten. „Mehr Überblick, weniger Risiko“, kennzeichnet Kai Horn das Produkt. Man wisse zu jedem Zeitpunkt, ob das Projekt noch in der Spur ist oder aus dem Ruder zu laufen droht und könne so rechtzeitig effektiv reagieren. Ergänzend gibt es zukünftig nun auch abakusRE für Bauträger, die das erstellte Gebäude behalten und vermieten. Hier hilft die Software, das Finanzierungsrisiko zu begrenzen, indem insbesondere die Vermietungssituation mitberücksichtigt wird. Von zwei auf derzeit 58 Mitarbeiter ist highQ gewachsen – „und wir suchen immer noch Fachleute“ –, das spricht für ökonomischen Erfolg. Doch, so Horn, das sei nicht alles: Die Arbeit bei highQ sei sinnstiftend, man betreibe viele Forschungsprojekte, arbeite eng mit Universitäten unter anderem in Weimar und Berlin zusammen und gehe derzeit intensiv an das Thema „Maschinen schreiben Software für Maschinen“ heran. Horn: „Wir sind ein rundum spannendes Unternehmen, bei dem es einfach Spaß macht zu arbeiten.“ Stefan Pawellek

Fakten – highQ highQ entstand aus Software­ projekten während des Studiums der beiden­Diplom-Physiker Christian Disch und Thomas Hornig, heute Geschäftsführer des Unternehmens. 1996 wollte die SüdbadenBus GmbH ihre Prozesse digitalisieren, und die beiden Wissenschaftler erkannten schnell, dass ihre Arbeit nicht nur für Verkehrsunternehmen nützlich sein könnte, sondern auch weitere Anwendungen daraus zu entwickeln wären. Sie gründeten eine GmbH – highQ war geboren. In Deutschland werden mutige Firmengründer deutlich weniger unterstützt als anderswo: So stecken die USA pro Jahr 131 Milliarden Dollar in Start-ups, hierzu­lande sind es fünf. Es gebe, so Hendrik Brandis, Gründer der Venture-Capital-Firma Earlybird, in Deutschland keine „Finanzierungskultur“. SAP sei ein glücklicher Unfall. Das könnte man auch für highQ sagen. Die Freiburger gewannen 2018 beim EcoVadis Award das Silberne Siegel, den Elektromobilitäts­ preis und den Innovationspreis IT „Best of 2018“ für IONgate+. Im Vorjahr holten die Freiburger die Auszeichnungen TOP100 Innovator sowie „Best of 2017“ für die Digitale Integrationsplattform.

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IT in der Region

Professionell und sicher Abrechnungszentrum Emmendingen: Digitales Management für Krankenkassen

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Foto & Illustration: © Abrechnungszentrum Emmendingen

on Apotheke bis Uniklinik: Das Gesundheitssystem pro­ duziert eine Menge Papier. Mehr als fünf Millionen Dokumente scannt das Abrechnungszentrum Emmendingen jeden Monat – der Ansatz der digitalen Transformation des Hidden Champ­ ions. Der Kom­ plettanbieter im Bereich Kranken­ kassenabrechnung setzt dabei auf qualifizierte Mitarbeiter und digitale Geschwindigkeit. Gesundheitsdaten gelten als hoch­ sensibel. Schließlich stehen darin komplette Krankheitsgeschichten. Das Abrechnungszentrum Emmendingen prüft, bearbeitet, bezahlt und archiviert mit mehr als 600 Mitarbeitern Abrechnungsunterlagen im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen und bietet für ihre hochsensiblen Dokumente und Geschäftsinformationen größtmögliche Sicherheit. So bestätigen IT-Experten neben anderen Zertifizierungen und Bescheinigungen insbesondere die anspruchsvolle ISO/ IEC 27001-Zertifizierung in regelmäßigen Abständen. „Unsere Sicherheit wird aktiv gemanagt”, kommentiert Klaus Scharbach, Geschäftsbereichsleiter der Informationstechnologie. Wegen der personenbezogenen Daten werde das Abrechnungszentrum Emmendingen beaufsichtigt wie eine Krankenkasse. „Wir unterliegen als öffentlich-rechtliche Einrichtung dem strengen Sozialdatenschutz”, sagt Scharbach. Dieses Selbstverständnis habe sich in der Branche gesetzlicher Krankenkassen und weiteren Partnern im gesamten Gesundheitswesen herumgesprochen. Zwar sei das Abrechnungszentrum Emmendingen letztendlich

ein Dienstleister, „unsere Kunden verstehen uns allerdings als externe Abteilung“, erzählt Geschäftsführer Michael Häfele. In der langen Geschichte des Abrechnungszentrums Emmendingen wurde stets neueste Technik eingesetzt, um das Automatisierungspotenzial in den Prozessen zu heben:

Setzt auf Digitalisierung: Geschäftsführer Michael Häfele. Die eingesetzten Systeme haben sich von Additionsmaschinen über Großrechenanlagen bis hin zu modernen Hochleistungsscannern und Schriftenlesesystemen im eigenen Rechenzentrum entwickelt. Inzwischen werden pro Monat fünf Millionen Dokumente digitalisiert. Das unterscheide das Abrechnungszentrum von einem klassischen Mittelstandsunternehmen und bringe nicht nur Übersicht, sondern auch wichtige Verarbeitungsgeschwindigkeit. Dazu braucht es geschultes Personal und natürlich die richtige Software. „Wir haben mehr Softwareentwickler als so manches Systemhaus”, sagt Scharbach.

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Um Kundenzufriedenheit zu gewährleisten, werden Programme von einem fest angestellten Expertenteam selbst entwickelt und gewartet. Dabei stehen die Softwareprofis im engen Kontakt mit den Fachabteilungen, um die Anforderungen da abzuholen, wo sie entstehen. Den Erfolg ihrer Arbeit sehen die Softwareentwickler unmittelbar an den Arbeitsplätzen ihrer Kolleginnen und Kollegen in den Fachbereichen. Als einer der größten Arbeitgeber im Landkreis Emmendingen sei der Fachkräftemangel glücklicherweise noch kein Thema. „Wir suchen Leute, die nicht nur gut hinter dem Rechner sind, sondern auch davor und im Team funktionieren”, sagt Scharbach. Auch deswegen ist das Abrechnungszentrum Emmendingen ein Ausbildungsbetrieb für aktuell 14 Azubis und Studenten. Einige überwachen heute als Senior Administrator schnelle digitale Systeme. Auf dem Gelände in Emmendingen galoppieren sogar buchstäbliche Pferdestärken: Für den Fall eines Stromausfalls steht im eigenen Rechenzentrum ein Dieselaggregat mit mehr als 1000 PS bereit und sichert einen reibungslosen Betrieb.

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Steuerpolitik

Das Drehen an der Steuerschraube

Mathias Hecht über die wichtigsten Steuerrechtsänderungen 2020

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Foto: © ns

um Jahresbeginn 2020 wer­ den erneut vielfältige Steu­ eränderungen gelten. Dabei geht es etwa um die Förderung der Elektromobilität, Entlastungen für Arbeitnehmer, Anpassungen an EURecht oder auch Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuergestaltun­ gen. Die wichtigsten Steuerrechts­ änderungen im Überblick. Mobilität: Im vergangenen Juli hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf „zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ beschlossen. Demnach soll es zusätzlich zur regulären Abschreibung eine Sonderabschreibung für neue Elektrolieferfahrzeuge in Höhe von 50 Prozent der Anschaffungskosten geben. Arbeitgeber können Jobtickets für Arbeitnehmer mit 25 Prozent pauschal versteuern, damit unterbleibt eine Minderung des Werbungskostenabzugs in Form der Entfernungspauschale beim Arbeitnehmer. Die Halbierung der Bemessungsgrundlage bei der Besteuerung der Privatnutzung eines betrieblichen Elektrofahrzeugs oder eines betrieblichen extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugs soll verlängert werden, ebenso die Steuerbefreiung für vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugs im Betrieb des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens sowie für die zeitweise zur Privatnutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung. Schließlich soll der Hinzurechnungsbetrag bei der Gewerbesteuer für gemietete oder geleaste Elektro- oder Hybridelektrofahrzeuge sowie für an-

Mathias Hecht ist Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Gesellschafter bei der Hecht Bingel Müller & Partner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Freiburg. www.hbm-partner.de gemietete Fahrräder, die keine Kraftfahrzeuge sind, halbiert werden. Die meisten Vergünstigungen sind allerdings befristet. Entlastungen: Der Bund will die Einführung eines neuen Pauschalbetrages für Berufskraftfahrer in Höhe von acht Euro pro Kalendertag für die üblicherweise während einer mehrtägigen beruflichen Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Übernachtung im Kfz des Arbeitge-

Die meisten Änderungen sind befristet bers entstehenden Mehraufwendungen. Die Regelung soll auch für selbstständige Fahrer gelten. Die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen sollen von 24 auf 28 Euro (bei einer Abwesenheit von 24 Stunden) und von 12 auf 14 Euro (bei einer Abwesenheit von mehr als 8 Stunden) erhöht werden.

Steuerbefreiungen oder -ermäßigungen: Sachleistungen im Rahmen alternativer Wohnformen (etwa: „Wohnen für Hilfe“) sollen von der Einkommensteuer befreit werden. Für Hörbücher und E-Books soll der ermäßigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent gelten. Die Regelungen zur Umsatzbesteuerung von Bildungseinrichtungen und Einrichtungen der Sozialfürsorge sollen erneuert werden – auch hier mit dem Ziel einer Entlastung. Darüber hinaus sollen Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuergestaltungen, zur Sicherung des Steueraufkommens sowie notwendige Anpassungen an das EU-Recht und die Rechtsprechung des EuGHs umgesetzt werden. Dies sind insbesondere die sogenannten Quick Fixes, also Maßnahmen im Mehrwertsteuersystem der EU bei Direktlieferung in ein Konsignationslager, bei Reihengeschäften und bei innergemeinschaftlichen Lieferungen. Der Bundesrat hat am 20. September eine Stellungnahme zum Gesetzesentwurf mit zahlreichen Änderungsvorschlägen abgegeben; unter anderem fordert er die Anhebung der Übungsleiterpauschale auf 3000 Euro pro Jahr, der Ehrenamtspauschale auf 840 Euro pro Jahr, die Anhebung der GWGGrenze (geringwertige Wirtschaftsgüter) auf 1000 Euro, eine Verminderung der Entgeltlichkeitsgrenze für verbilligte Vermietung von 66 auf 50 Prozent sowie eine Anhebung der Umsatzgrenze bei der Ist-Besteuerung auf 600.000 Euro. Die Bundesregierung prüft derzeit diese Vorschläge. Vermutlich noch im November wird der Bundestag über den – dann womöglich noch geänderten – Entwurf abstimmen.

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„Wie eine Branche kaputt gemacht wird.“ Über die Auswirkungen des Landesglücksspielgesetzes auf private Glückspielunternehmen

D Foto: © Pratsch

as Landesglücksspielgesetz wurde in Baden-Württemberg Ende 2012 eingeführt und hat seitdem die Anforderungen an die Aufstellung von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit nachhaltig erweitert. Verboten wurde insbesondere die sogenannte. „Mehrfachkonzession"; außerdem wurden ­ beispielsweise Mindestabstände zu anderen Hallen oder Schulen eingeführt, maximale Laufzeiten für die Dauer einer Spielhallenerlaubnis festgelegt sowie besondere Pflichten zur Verbesserung von Spieler- und Jugendschutz eingeführt. Dies alles hatte zum Ziel, Gerätezahlen abzubauen und insgesamt das Spiel weniger attraktiv zu machen. Darüber hinaus haben die privaten Betreiber von Spielhallen und Aufsteller von Glücksspielgeräten in Gaststätten auch die Regelungen der 34 | chilli | business im Breisgau | 11.2019

Spielverordnung aus dem Jahre 2006 zu beachten, welche nochmals sehr w ­ eitgehende Vorgaben für Spieldauer, Geräteanzahl und Gewinnmöglichkeiten vorsehen. Insbesondere die Neuerungen und Verschärfungen aus den Schlussvorschriften der Spielverordnung zum November des letzten Jahres reduzieren die Umsatzmöglichkeiten noch weiter durch die Verringerung von Spielzeiten. Hinzutreten wird im November diesen Jahres die zusätzliche Verpflichtung, dass in den Gaststätten als einem der Hauptbetätigungsfelder der Branche dann nur noch zwei Geldspielautomaten aufgestellt werden dürfen anstatt der bisherigen drei Geräte. Darüber hinaus haben auch nahezu alle Gemeinden und Kommunen in Baden-Württemberg über die letzten Jahre nicht nur sukzessive die Vergnügungssteuersätze für den privaten Betrieb von Geldspielautomaten immer weiter angehoben, sondern auch die Zielsetzung der Gemeindesteu-


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er teilweise direkt auf den Spieleinsatz gerichtet, um das Risiko eines für den Aufsteller eventuell verlustreichen Betriebs komplett auf den Unternehmer zu legen. Im Rahmen einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung ist auch an den Mindestlohn zu denken, auch wenn dieser in gleicher Weise alle Unternehmen im Niedriglohnsektor betrifft. Doch immerhin kommen die hierbei auflaufenden Mehrkosten direkt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zugute, die vor Ort einen guten Job machen. Es ist durchaus im Sinne von Unternehmen, die seit jeher seriös am Markt auftreten, dass es nun endlich einen verbindlichen und gesetzlichen Rahmen für alle gibt: Steuern werden mittels modernsten Technologien wie Fiskalspeichern erhoben und für den Staat transparent abgeführt. Personal wird regelmäßig nach dem Landesglückspielgesetz geschult. Sozialkonzepte sind von den Unternehmen eigeninitiativ zur Verbesserung des Jugend- und Spielerschutzes zu entwickeln und umzusetzen. Hallen sind anreizminimiert zu gestalten und können zertifiziert werden. Nun kann die Branche zeigen, dass sie viel zu leisten bereit ist und dass nicht allein Gewinnstreben und die Ausnutzung von Suchtverhalten die Triebfedern ihres Handelns sind. Dass Suchtgefahren bestehen und dass diese im Einzelfall auch existenzbedrohend auftreten können, das haben die seriösen Vertreter der Branche nachhaltig verstanden. Die Suchtproblematik wird ernst genommen. Da wird viel getan – auch in Zusammenarbeit mit öffentlichen Hilfestellen. Denn nach wie vor ist es zuvorderst eine öffentliche Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Gesundheit der Bevölkerung erhalten und gefördert wird. Aktuell wird diese wichtige öffentliche Aufgabe durch die Aufklärungsarbeit der Aufstellunternehmen mit großem finanziellem Aufwand unterstützt. Was bei allen Herausforderungen nicht vergessen werden darf, ist, dass das Spielen – auch an G ­ eldspielgeräten – an sich erlaubt ist und dass der gewerbliche Umgang hiermit eine zulässige und staatlich zu schützende Berufsausübung darstellt. Eine berufliche Betätigung, die ­insbesondere den Kommunen teilweise dringend benötigte und deshalb auch erwünschte Einnahmen für ihren kommunalen Haushalt bringt. Ein Gewerbe, das einfachen Bürgerinnen und Bürgern, welche gege-

benenfalls keinen allzu erfolgreichen Ausbildungsweg a­bschließen konnten, die Möglichkeit für einen ehrlichen Broterwerb bietet. Trotz alledem geraten Aufstellunternehmen im Kontakt mit Gemeinden immer wieder in Situationen, in welchen ohne Ansehung der Person oder der Firmenphilosophie zu wenig zwischen seriösen Anbietern und den „schwarzen Schafen“ der Branche differenziert wird. Es ist trotz aller Bemühungen um Eindämmung inhärenter Suchtgefahren des Automatenspiels oftmals „Mode" geworden, die Branche als Ganzes zu verurteilen. Ein heute beinahe zum Alltag gewordener Populismus lässt grüßen: Neben dem Wein-, Zigarettenoder Süßwarenregal im Supermarkt oder neben der Kasse im Fastfood-Restaurant steht keinerlei Personal und achtet darauf, dass kein übermäßiger Konsum stattfindet – mit schwerwiegenden Folgen für Betroffene und für öffentliche Haushalte. Aber die Moralkeule trifft andere. In der Glücksspielbranche ist man sich hingegen bewusst, dass die Vielzahl der Maßnahmen zum Schutz der Spielerinnen und Spieler sinnvoll und zweckmäßig sind und dass auch ein Beitrag für die Allgemeinheit geleistet werden muss. Aber warum – speziell im Vergleich zu anderen wenigstens ebenso suchtgefährdenden Bereichen – gerade das private Automatenspiel in Hallen und Gaststätten so extrem beschnitten und zur Kasse gebeten wird, ist ab einem gewissen Grad nicht mehr nachvollziehbar. Beinahe verraten fühlt sich denn ein ständig investierender Hallenbetreiber, wenn allabendlich Wetten und Glückspiel im Internet mit reißerisch „triggernder“ Werbung im Fernsehen a­ ngepriesen wird. Dort werden sogar G ­ eldvergünstigungen ausgelobt für Spieleinsteiger, was bei einem Hallenbetreiber sofort eine Ordnungsstrafe wegen Verstoßes gegen die Spielverordnung oder s­ogar den Konzessionsverlust zur Folge hätte. Auch driftet das Spiel im Internet mangels Kontrolle immer mehr in die Illegalität ab. Wenn es so weiter geht, dann ist zum Schluss der ehrliche Unternehmer vor Ort der Dumme: Er geht am Ende Pleite und eine Branche, die bei moderatem Konsum durchaus Freude machen kann und ein geselliges Beisammensein fördert, wird kaputt gemacht.

„Die Suchtproblematik wird ernst genommen“

Adrian Bolanz chilli | business im Breisgau | 11.2019 | 35


Arbeitsmarkt

Kaum Jammern bei den Kammern Konjunkturaussichten aber deutlich trüber

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Foto: © IHK Südlicher Oberrhein (Natalie Butz)

as Konjunkturklima in Südbaden geht derzeit Hand in Hand mit dem typischen November­ wetter – es ist trüb. Sowohl die Handwerks­ kammer Freiburg (HWK) als auch die Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein (IHK) haben ihre Betriebe nach der aktuellen und der erwartbaren Ge­ schäftslage gefragt: Die Industrie winkte ab, im Hand­ werk wiegen die Verantwortlichen die Köpfe hin und her. „Während die Binnenwirtschaft Stabilitätsgarant bleibt, müssen wir beobachten, wie sich die Exportschwäche auswirkt“, sagte HWK-Präsident Johannes Ullrich. Zwar bewerten noch immer fast drei Viertel der Unternehmen (72,6 Prozent) ihren Geschäftsverlauf positiv, vor einem Jahr waren es aber noch 81 Prozent. Die Auftragsentwicklung lag im dritten Quartal deutlich unter dem Vorjahresergebnis. Zwar meldete noch jeder fünfte Befragte (21,1 Prozent, 2018: 34,3 Prozent) vollere Auftragsbücher, doch klagte zeitgleich jeder vierte (23,9 Prozent, 2018: 10,8 Prozent) über Rückgänge. Der IHK-Konjunkturklimaindex fiel im dritten Quartal sogar mit 113 Punkten (-14) auf den tiefsten Stand seit 2012. Noch stärker als bei der Bewertung der aktuellen Lage ist die Abwärtsbewegung bei den Erwartungen an 2020. Der Index verliert 18 Punkte und liegt erstmals seit Jahresbeginn 2013 wieder im negativen Bereich: Es gibt mehr Betriebe, die mit einer negativen Entwicklung rechnen als solche mit positiver Erwartung. „Die Unternehmen werden vorsichtiger und investieren derzeit meist nur noch dort, wo es am nötigsten ist“, so Auer. In der Industrie schlägt sich die weltwirtschaftliche Abkühlung unmittelbar auf den Oberrhein durch. Der Index

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Präsentierten die Konjunkturzahlen zum Herbst: Pascal Schiefer, Vorsitzender der Geschäftsführung des Wolfacher Automobilzulieferers Carl Leipold, Steffen Auer und Dieter Salomon. der Geschäftslage fiel seit Jahresbeginn 2018 fast kontinuierlich von seinem Allzeithoch mit 68 Punkten auf nun nur noch 20 Punkte. Viele Unternehmen rechnen mit einem Abbau von Arbeitsplätzen. Auer sieht aber einen deutlichen Unterschied zu vergangenen Krisen: „Der Fachkräftemangel ist groß und der Bedarf an Mitarbeitern weiterhin hoch. Sicher wird der aktuelle Abschwung nicht in eine hohe Arbeitslosigkeit laufen.“ IHK-Hauptgeschäftsführer Dieter Salomon sagte: „Heute sind wir in einer ganz anderen Phase als 2009. Es wäre fatal für die Unternehmen, die Menschen zu entlassen.“ Nach dem Dämpfer wieder neue Leute zu finden, dürfte finanziell anspruchsvoller sein. bar


Arbeitsmarkt

„Jugend mit hervorragenden Chancen“

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Arbeitsagentur bilanziert Ausbildungsmarkt 2018/2019

A

m 30. September waren im Bezirk der Arbeits­ agentur Freiburg rund 600 Ausbildungsstellen unbesetzt. 4102 Jugendliche hatten über die Agentur für Arbeit Freiburg einen Ausbildungsplatz ge­ sucht, die Unternehmen 4035 Ausbildungsstellen ge­ meldet – 5,3 Prozent weniger als im vergangenen Jahr. „Die Chancen für Jugendliche, einen Ausbildungsplatz zu finden, sind trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage weiter hervorragend“, sagte Christian Ramm, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Freiburg. Auf der einen Seite ist es für die regionalen Betriebe weiter schwierig, Ausbildungsplätze zu besetzen. Auf der anderen bilden sie trotz eingetrübter Konjunktur auf hohem Niveau aus. „Wegen der strukturellen Veränderungen, die wir in den kommenden Jahren in Folge der Digitalisierung und des Klimawandels erwarten, ist das die richtige Strategie“, sagt Ramm. Dem Vorsitzenden bereite die hohe Zahl an unbesetzten Ausbildungsstellen durchaus Sorgen: „Auf Dauer schwächt diese Entwicklung die Innovationskraft unserer Unternehmen und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit.“ Ramm empfiehlt Unternehmen, sich auch jungen Menschen zu öffnen, die in der Vergangenheit häufig noch durchs Raster gefallen sind. Für sie gebe es öffentliche Programme, die Hürden beseitigen oder Risiken abmildern: „Nicht jeder offenbart seine Potenziale auf den ersten Blick. Vieles ist möglich, wenn alle, die Einfluss haben, aufeinander zugehen und mit starkem Willen am gleichen Strang ziehen. Wir dürfen beim Übergang von der Schule in den Beruf keinen Jugendlichen verloren geben.“

Flüchtlinge besser integriert Besonders erfreulich verläuft die Vermittlung von jungen Geflüchteten in die duale Ausbildung. So ist die Zahl der Auszubildenden aus den Asylherkunftsländern von März 2013 bis März 2019 von 30 auf 589 angewachsen. Dazu kommen weitere 230 Geflüchtete, die jetzt eine Ausbildung begonnen haben. „Junge Geflüchtete werden die Lücken am Ausbildungsmarkt nicht schließen“, sagt Ramm, „aber ohne sie wären die Lücken spürbar größer.“ bar chilli | business im Breisgau | 11.2019 | 37


Fakten

Die Welt, die Wirtschaft in Zahlen Zahl der durch die Arbeitsagentur Freiburg vermittelten Azubis mit Migrationshintergrund im März 2013 ��������������� 30 Zahl der durch die Arbeitsagentur Freiburg vermittelten Azubis mit Migrationshintergrund im November 2019 ������ 819 Verdienst des Fußballspielers Christiano Ronaldo durch Fußballspielen im Jahr 2018 (in Mio. Euro) ������������������������ 31 Verdienst des Fußballspielers Christiano Ronaldo durch Instagram-Posts im Jahr 2018 (in Mio. Euro) ������������������ 47,8 Kosten für alle Gehälter beim Fußballbundesligisten SC Freiburg in der Saison 2018/2019 (in Mio. Euro) ������������� 45,2 Index der Geschäftslage nach einer IHK-Umfrage Anfang 2018 (in Punkten) ��������������������������������������������������������� 68 Index der Geschäftslage nach einer IHK-Umfrage im November 2019 (in Punkten) ������������������������������������������������ 20 Einwohnerzahl Freiburgs am 31.12.2017 �������������������������������������������������������������������������������������������������� 225.607 Einwohnerzahl Freiburgs am 31.12.2018 �������������������������������������������������������������������������������������������������� 226.207 Zahl der Geburten abzüglich der Sterbefälle im Jahr 2018 ��������������������������������������������������������������������������������� 625 Deutsche Exporte in das Vereinigte Königreich vor dem Brexit-Referendum im Jahr 2015 (in Mrd. Euro) ���������������� 89 Deutsche Exporte in das Vereinigte Königreich im Jahr 2018 (in Mrd. Euro) ���������������������������������������������������������� 82 Deutsche Importe aus dem Vereinigten Königreich im Jahr 2011 (in Mrd. Euro) ������������������������������������������������ 44,7 Deutsche Importe aus dem Vereinigten Königreich im Jahr 2018 (in Mrd. Euro) ������������������������������������������������ 37,1 Zahl der landesweit genehmigten Neubauwohnungen Januar bis September 2018 ������������������������������������������� 35.283 Zahl der landesweit genehmigten Neubauwohnungen Januar bis September 2019 �������������������������������������������� 34.813 Baumaßnahmen an Bestandsgebäuden Januar bis September 2018 ������������������������������������������������������������������� 3340 Baumaßnahmen an Bestandsgebäuden Januar bis September 2019 �������������������������������������������������������������������� 4073 Zahl der aktuell unter Mangelernährung leidendenden Kinder unter fünf Jahren weltweit (in Mio.) ����������������������� 149 Vermögen der Milliardäre weltweit im Jahr 2018 (in Mio. Dollar) ����������������������������������������������� 8.500.000.000.000 Durchschnittliche Lebenserwartung eines im Jahr 2019 geborenen Mädchens in Mannheim (in Jahren) ����������������� 82,5 Durchschnittliche Lebenserwartung eines im Jahr 2019 geborenen Mädchens in Freiburg (in Jahren) �������������������� 84,4 Durchschnittliche Lebenserwartung eines im Jahr 2019 geborenen Mädchens im Hochschwarzwald (in Jahren) ����� 85,1 Anteil Erneuerbarer Energien am Energieverbrauch in Norwegen im Jahr 2017 (in Prozent) ��������������������������������� 45,7 Anteil Erneuerbarer Energien am Energieverbrauch in Deutschland im Jahr 2017 (in Prozent) ����������������������������� 13,3 Anteil Erneuerbarer Energien am Energieverbrauch in Lettland im Jahr 2017 (in Prozent) ����������������������������������� 42,5 Zahl der PKW-Neuzulassungen in Deutschland im September 2019 ���������������������������������������������������������� 244.622 Zahl der PKW-Neuzulassungen in Deutschland im September 2018 ������������������������������������������������������������ 200.134 Zahl der Elektroauto-Neuzulassungen in Europa von Januar bis August (inkl.) 2019 �������������������������������������� 206.854 Steigerung gegenüber dem Vorjahreszeitraum (in Prozent) ������������������������������������������������������������������������������� 85,1 Steigerung gegenüber dem Vorjahreszeitraum ohne Tesla Model 3 (in Prozent) ����������������������������������������������������� 44 38 | chilli | business im Breisgau | 11.2019

Lars Bargmann / Idee: brandeins




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