Themenheft
Jobstarter
Juni/Juli 2020 Ausgabe Nr. 38
Sp e c ial
Berufe in der P flege
Ausbildung
Karriere beim Zoll
im mittleren Dienst
Handwerk Die Bauwirtschaft bietet
viele Zukunftsperspektiven
AUSBILDUNGSVERGÜTUNG INTRO
Ohne Moos nix los
Mehr im Portemonnaie
Foto: © iStock.com/Kaarsten
D
ie tariflichen Ausbildungsvergütungen sind im Jahr 2019 im bundesweiten Durchschnitt um 3,8 Prozent gestiegen. Der Vergütungsanstieg fiel damit ähnlich stark aus wie 2018 (3,7 Prozent). Laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) lagen die tariflichen Ausbildungsvergütungen 2019 bundesweit bei durchschnittlich 939 Euro brutto im Monat. Hierfür wurden für das Jahr 2019 die durchschnittlichen Vergütungen für 168 Berufe in West- und 110 Berufe in Ostdeutschland ermittelt und in der BIBB-Datenbank „Tarifliche Ausbildungsvergütungen“ erfasst. Zwischen den Ausbildungsberufen bestanden erhebliche Unterschiede in der Vergütungshöhe. Besonders hoch lagen die tariflichen Ausbildungsvergütungen im Handwerksbe-
ruf der Zimmerleute mit monatlich 1240 Euro. Hohe tarifliche Vergütungen wurden auch in den Berufen Bankkaufleute (1098 Euro), Industriemechaniker/-in (1074 Euro) und Industriekaufleute (1022 Euro) gezahlt. Zwischen den Ausbildungsbereichen gab es im vergangenen Jahr ebenfalls deutliche Unterschiede: Überdurchschnittlich hohe tarifliche Ausbildungsvergütungen wurden im Öffentlichen Dienst (1052 Euro) sowie in Industrie und Handel (997 Euro) erreicht. Vergleichsweise niedrig fielen dagegen die tariflichen Vergütungen in den Maler- und Lackier-Berufen (749 Euro), bei Floristen- (718 Euro), Bäcker- (711 Euro) oder Friseur-Azubis (610 Euro) aus. Ob sich dieser Trend nach der diesjährigen Corona-Krise fortsetzt, bleibt abzuwarten. chilli
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IMPRESSUM – THEMENHEFT 06/07.2020 Das Karriere & CampusThemenheft erscheint im Freiburger Stadtmagazin chilli Herausgeber: chilli Freiburg GmbH Paul-Ehrlich-Str. 13, 79106 Freiburg www.chilli-freiburg.de Geschäftsführung: Michaela Moser (V.i.S.d.P.) Redaktion: Till Neumann (tln), Philip Thomas (pt), Volker Huber (BZ) Titelbild: © iStock.com/Svetikd Grafik: Simone Bednarek Lektorat: Beate Vogt
Anzeigen: Christoph Winter (Leitung), Malika Amar, Marlene Schick, Maria Schuchhardt, Giuliano Siegel, Jennifer Leval, Fredrik Frisch Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG Ein Unternehmen der Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigung und Einspeicherung in elektronische Systeme. Gleiches gilt für den Nachdruck der von uns entworfenen Bilder und Anzeigen.
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AUSBILDUNG ÖFFENTLICHER DIENST
Spannend und sicher
Sultan Bezginsoy macht eine Ausbildung für den mittleren Dienst beim Zoll
„Wir können nicht mit Halbwissen auf die Menschen losgelassen werden.“ Zoll-Anwärterin Sultan Bezginsoy lernt fleißig Paragrafen.
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Foto: © Philip Thomas ˇ
iele Berührungspunkte mit dem Zoll hatte Sultan Bezginsoy früher nicht. Bei ihrer Arbeit in einer Bank fiel der Groschen dann aber schnell: Ihr zukünftiger Job sollte spannend, abwechslungsreich und sicher sein. Deswegen macht die Freiburgerin nun eine Ausbildung zum mittleren Dienst auf der Zollschule in Sigmaringen. Meine Erwartungen sind absolut erfüllt worden“, sagt Bezginsoy in der Freiburger Dienststelle des Hauptzollamts Lörrach. Und die seien hoch gewesen. Letztendlich entschied sie sich gegen die Ausbildung bei der Polizei und für den Zoll – die Möglichkeiten bei der Sicherheits- und Finanzbehörde seien noch vielfältiger. „Ich habe mich vorher schlaugemacht“, erzählt sie. Nur mit dem Corona- Virus habe sie nicht gerechnet. Seit dem Ausbruch der Pandemie leistet Bezginsoys Dienstlaptop im
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Selbststudium ganze Arbeit. Im Lehrplan interessiert sie sich besonders für Ausländerrecht sowie Finanzkontrolle und Schwarzarbeit. Der Zoll ist schließlich nicht nur an den deutschen Grenzen unterwegs: Finanzkontrolle und Schwarzarbeit – etwa auf Baustellen – ist ein wichtiger Sektor. Um dort gewissenhaft arbeiten zu können, sei es unabdingbar, alle notwendigen Paragrafen parat zu haben: „Wir müssen das Recht genau kennen, auf dessen Grundlage wir arbeiten“, betont Bezginsoy. Das erfordere viel Fleiß: „Man muss sich wirklich hinsetzen und lernen. Wir pauken viel.“ Neben klassischen Unterrichtsabschnitten beinhaltet die Ausbildung auch Praxisphasen. Bereits die erste hat Eindruck hinterlassen: Bei einer Autobahnkontrolle hielten zwei Beamte, denen die Auszubildende über die Schulterklappen schaute, einen Lastwagen an. Auf den ersten Blick waren Kühlgeräte und Wein an Bord. Schließlich fanden sie aber eine versteckte Klappe und darin mehrere Kilogramm Rauschgift. „Das war sehr spannend“, kommentiert Bezginsoy. Auch private Fahrzeuge hat das Hauptzollamt Lörrach auf dem Zettel: Rund 78.000 Personen wurden vergangenes Jahr einer Kont rolle unterzogen. Dabei wanderten unter anderem neun Kilogramm Amphetamin, zwölf Kilo Marihuana sowie 1,5 Millionen Euro Bargeld in die Asservatenkammer des Amts. Jeder Beamte ist für diese Fälle mit allen notwendigen Kompetenzen ausgestattet. Bezginsoy weiß: Eine
kugelsichere Weste, Handschellen und eine geladene Waffe setzen viel Verantwortungsbewusstsein voraus. „Das ist kein Spiel“, sagt sie. Neben Reife und Teamfähigkeit müssen Zoll-Anwärter außerdem das Deutsche Sportabzeichen in Bronze mitbringen. Lassen die Muskeln in den späteren Dienstjahren nach, kann der Außendienst gegen einen Platz am Schreibtisch getauscht werden. Die Stunden können laut Antje Bendel von der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit auch angepasst werden: „Ich konnte so zwei Kinder großziehen“, sagt die Beamtin, die seit mehr als dreißig Jahren im Dienst ist. So weit ist Bezginsoy noch nicht. Bis zur Abschlussprüfung im Jahr 2021 dauert es noch. Ist die geschafft, stehen ihre Übernahmechancen blendend – und dem lebenslangen Beamtenstatus nichts mehr im Wege. Wer das finale Examen der zweijährigen Ausbildung zum mittleren oder zum dreijährigen dualen Studium im gehobenen Dienst besteht, wird übernommen. Auch in Krisenzeiten. Philip Thomas
Info
Bereich: Mittlerer Dienst Dauer: 2 Jahre Sonstiges: Dienstlaptop Anwärtergehalt: 1.270 Euro (brutto) zoll.de, talent-im-Einsatz.de
BANKEN AUSBILDUNG
Ausbildungs-ABC
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Foto: © Volksbank Freiburg
Azubis geben Tipps zum Berufseinstieg Folge 17: Lernen in Shutdown-Zeiten
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Name: André Sikora Alter: 20 Ausbildung: Finanzassistent, 1. Ausbildungsjahr Betrieb: Volksbank Freiburg
orona hat viele getroffen. Auch Banken mussten Filialen schließen. Wie lernt es sich also in Shutdown-Zeiten? André Sikora macht eine Ausbildung zum Finanzassistenten bei der Volksbank Freiburg. Der 20-Jährige berichtet, wie er die Krise erlebt.
Die Volksbank hat mit dem Ausbruch der CoronaPandemie einige Filialen geschlossen. Auch meine war betroffen. Kunden war es nur mit Termin und strengen Hygiene-Maßnahmen möglich, die Bank zu betreten. Das Präsenzgeschäft ist durch die Krise weniger geworden. Dafür haben wir die Kundenanfragen auf elektronischem Wege beantwortet. Ich war dennoch weiter in den Arbeitsalltag eingebunden. Wir Auszubildende haben Übungen und Projekte bekommen. Dass der Austausch mit den Kunden nur begrenzt war, fand ich schade. Auch im Theorieteil der Ausbildung hat sich die Krise bemerkbar gemacht: Der Unterricht in der Berufsschule ist ausgefallen, es wurden jedoch Online-Unterrichtseinheiten angeboten. Auch sonst hat sich einiges verlagert: Treffen innerhalb der Bank mit vielen Personen wurden abgesagt, stattdessen gab es Videokonferenzen. Die Ausbildungsstationen in anderen Abteilungen wurden für uns Azubis vorerst verschoben. Das ist schade. Ich denke aber, dass Sicherheit vorgeht. Da wir immer auf dem Laufenden gehalten werden, mache ich mir keine Sorgen. Ich bin gespannt, wann und wie sich der künftige Unterricht in der Berufsschule gestalten wird. Gedanken mache ich mir da schon, da der Austausch mit Lehrern online nicht der Gleiche ist. Innerhalb der Bank konnte ich jedoch an tollen Projekten arbeiten, die mir einen großen Mehrwert geboten haben. Nicht unerheblich dabei war auch, dass man nun mehr Zeit als sonst für diese Aufgaben hatte. Mittlerweile hat meine Filiale wieder geöffnet. Natürlich ist die Situation nicht ideal, aber ich denke, es ist wichtig, das Beste daraus zu machen. Dabei wurde ich sehr gut unterstützt und ich bin nach wie vor sehr glücklich über meine Ausbildung.
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FREIWILLIGENDIENST FSJ & BFD
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Gemeinsam eine ideale Stelle finden
J
Freiwilligendienste beim Caritasverband Freiburg
ährlich machen über 150 junge Menschen ihr Freiwilliges Soziales Jahr oder ihren Bundesfreiwilligendienst – kurz FSJ und BFD – beim Caritasverband Freiburg-Stadt e. V. Im Interview erzählt Silvija Honer, die die Koordination der Freiwilligendienste in unserem Verband leitet, dem chilli von ihren Erfahrungen.
chilli: Wo überall kann man beim Caritasverband Freiburg-Stadt e. V. einen Freiwilligendienst machen? Honer: Weil zu unserem Verband an die 70 Dienste und Einrichtungen gehören, gibt es zahlreiche Einsatzgebiete: Kindertagesstätten, Wohnhäuser oder Werkstätten für Menschen mit Behinderung, Einrichtungen für Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung, Begegnungszentren für Senioren, Familien und mehr. Die Einsatzorte liegen in Freiburg und in den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen. chilli: Wie werden die jungen Leute darauf aufmerksam, dass man bei Ihrem Verband mitwirken kann? Honer: Wir treffen Interessierte auf Berufsorientierungstagen und Jobbörsen. Dort können wir die Jugendlichen und jungen Erwachsenen direkt sprechen. Viele erfahren auch durch Freundinnen und Freunde, was sie alles bei uns machen können. Seit einigen Jahren kommen immer mehr über die sozialen Medien oder über unsere Internetseite zu uns und bewerben sich dann gleich online. chilli: Woher kommen die jungen Menschen zum FSJ bei Ihrem Verband? Honer: Zunächst einmal aus Freiburg und aus der Region. Durch Infos, die wir auf Facebook streuen, kommen die Freiwilligen zunehmend auch aus dem Ausland. Sie haben die Chance, hier ihre Deutschkenntnisse auszubauen und eine Zeit lang mit der Sicherheit von Job und Unterkunft Erfahrungen zu sammeln. chilli: Haben die jungen Menschen bei ihrer Bewerbung konkrete Vorstellungen von ihrer Einsatzstelle?
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Honer: Oft wissen sie schon, mit welchen Menschen sie tätig werden möchten: z. B. mit Kindern, Jugendlichen, Menschen mit Behinderung oder mit psychischen Beeinträchtigungen, Wohnungslosen oder Arbeitslosen. Im Beratungsgespräch finden wir gemeinsam die ideale Stelle. chilli: Wenn jemand einen Dienst hier machen möchte, aber nicht in oder um Freiburg wohnt, kann der enge Wohnungsmarkt Schwierigkeiten bringen. Honer: Nicht so bei unserem Verband. Wir bieten den Freiwilligen eine Unterkunft an, beispielsweise ein WG-Zimmer. chilli: Wie lange dauert ein FSJ bei Ihrem Verband? Honer: In der Regel beginnt das FSJ nach den Sommerferien und endet im nächsten Sommer. Man kann in Einzelfällen einen anderen Beginn oder eine andere Dauer ausmachen. Es ist uns am liebsten, wenn die Freiwilligen mindestens ein Jahr bleiben, weil sie bei ihrer Arbeit mit Menschen Beziehungen aufbauen und weil Kontinuität beim Umgang mit Kindern sehr wichtig ist. chilli: Welche Leistungen bekommen die Freiwilligen? Honer: Sie erhalten ein Taschengeld, und denen, die extra hierher umziehen, bieten wir wie gesagt eine Unterkunft an. Außerdem können sie kostenlos an Kursen teilnehmen, die unser Verband anbietet. Das geht von Yoga über Aquafitness bis hin zu Kochkursen. Auch berufliche Fortbildungen und Vorträge können sie besuchen.
Foto: © MITO images/Fotolia.com
chilli: Viele kommen ja direkt aus dem Elternhaus … Honer: Ja, für diese sind wir die ganze Einsatzzeit hindurch da. Jeweils ein Mitarbeiter der Einrichtung ist Ansprechpartner für alle Fragen rund um den Freiwilligendienst. Auch die Kontakte der jungen Menschen untereinander unterstützen wir sehr, denn die helfen, um schnell anzukommen und sich zurechtzufinden. chilli: Was spricht generell für ein FSJ oder einen BFD? Honer: Die jungen Leute können viel Neues kennenlernen und wertvolle Erfahrungen sammeln, die ihnen das ganze Leben bleiben. Außerdem gibt ihnen das FSJ Zeit, um sich in Ruhe über den weiteren beruflichen Weg klarzuwerden.
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AUSBILDUNG PFLEGEBERUFE
Jetzt unter einem Dach
Pflegeberufe: Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpfleger werden jetzt gemeinsam ausgebildet
Foto: © iStock.com/Dean Michell
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eit Januar dieses Jahres gibt es nur noch eine einheitliche Ausbildung in der Pflege. Die Reform war lange umstritten. Sie soll den Pflegenotstand lindern. Nach dem neuen Pflegeberufegesetz erhalten die bisher getrennt ausgebildeten Alten-, Krankenund Kinderkrankenpfleger künftig eine gemeinsame Ausbildung – zumindest in den ersten beiden Jahren. Experten erhoffen sich davon eine neue Attraktivität des Pflegeberufs und damit ein Ende des Pflegenotstands.
Auch der Zugang zu pflegerischem Fachwissen ändert sich: Im Mittelpunkt stehen noch stärker als bisher die praktischen Kompetenzen. Pflegefachkräfte sind künftig für die Pflegeplanung, den Pflegeprozess und die Sicherung der pflegerischen Qualität allein zuständig. Es handelt sich um eine „quasi-duale Ausbildung“, die in Schule und Betrieb erfolgt. Die Reform eröffnet darüber hinaus erstmals die Möglichkeit, den Berufsabschluss in einem dreijährigen Hochschulstudium zu erwerben.
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Caritasverband Freiburg-Stadt e. V. Herrenstraße 6 . 79098 Freiburg . fsj@caritas-freiburg.de www.caritas-freiburg.de/fsj
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Pflegefachkräfte üben eine wichtige Funktion in der Gesellschaft aus. Das neue Ausbildungsmodell soll ihre Qualifikation besser und den Beruf attraktiver machen.
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Die Akademisierung soll dafür sorgen, dass Wissen aus der Forschung möglichst schnell in die Praxis übernommen wird. Experten sind sich einig, dass der demografische Wandel die Anforderungen an das Pflegepersonal stark erhöht. Ein Altenpfleger benötigt für seine tägliche Arbeit zunehmend mehr Fachwissen in der Krankenpflege – weil die Zahl schwerkranker Bewohner in den Heimen zunimmt. Und Krankenpfleger haben in den Kliniken immer häufiger mit Älteren und dementen Menschen zu tun. Ziel der Reform ist es auch, die Pflegeausbildung attraktiver zu machen. Pfleger sollen künftig leichter zwischen den unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen wechseln können und Aufstiegsmöglichkeiten erhalten. Auch eine Angleichung der Löhne ist beabsichtigt, für die bislang deutlich schlechter bezahlte Altenpflege eine gute Nachricht. Auch soll die Ausbildung EU-kompatibel werden; in Deutschland ausgebildete Pflegekräfte können künftig auch im europäischen Ausland arbeiten. Das bislang teilweise noch erhobene Schulgeld wurde abgeschafft. Die Ausbildungswege werden über gemeinsame Ausbildungsfonds auf Länderebene finanziert. Einzahlen müssen Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Versicherer und Bundesländer. Träger der praktischen Ausbildung erhalten finanzielle Entlastungen. Zuletzt absolvierten im Schuljahr 2018 bundesweit rund 139.424 Personen eine Ausbildung in der Pflege. Davon arbeiteten 68.236 im Bereich der Altenpflege, 63.707 in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie 7481 in der Kinderkrankenpflege.
Im letzten Jahr zum Spezialisten Die Ausbildung lässt sich jetzt als 2-plus-1-Modell charakterisieren: So sollen alle Bewerber mit einer zweijährigen generalistischen Pflegeausbildung beginnen. Anschließend können die Auszubildenden dann entscheiden, ob sie die Ausbildung fortsetzen oder für das letzte Jahr einen spezialisierten Abschluss als Altenpfleger oder Kinderkrankenpfleger wählen. Einen Einzelabschluss in der Krankenpflege gibt es künftig nicht mehr. 2026, also sechs Jahre nach Beginn der neuen Pflegeausbildung, wird die Reform genau geprüft, und der Bundestag entscheidet, ob die generalistische Pflegeausbildung bleibt oder aufgehoben wird. Christoph Arens/KANN
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AUSBILDUNG BANKKAUFLEUTE
Den Kunden zugewandt Ausbildung der Bankkaufleute wurde modernisiert
D Fotos: © Bausparkasse Schwäbisch Hall
ie Digitalisierung der Arbeits- und Berufswelt verändert die Bankenbranche grundlegend. Um für die neuen Anforderungen gewappnet zu sein, hat das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) eine neue Ausbildungsordnung für Bankkaufleute erarbeitet. Sie tritt am 1. August in Kraft. Das Online-Banking wächst, Filialnetze werden verkleinert und Arbeits- und Geschäftsprozesse digitalisiert. Dies erfordert motiviertes und qualifiziertes Personal, um zum Beispiel Kundenkontakte auch digital in qualitativ hochwertiger Form überzeugend gestalten zu können. Die neue Ausbildungsordnung erhält sowohl das hohe Qualifikationsniveau des Berufsbildes als auch die generalistische Ausrichtung, sodass wie bisher auf alle klassischen Geschäftsfelder in Kreditinstituten vorbereitet wird. Sie wurde jedoch komplett kompetenzorientiert gestaltet. Die Beschreibung der beruflichen Tätigkeiten erfolgt in Form vollständiger Handlungen, in denen fachliche, methodische, soziale ANZEIGEN
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Die Kundenbeziehung im Zentrum: Vor allem an ihr orientiert sich künftig die Ausbildung der Bankkaufleute.
BANKKAUFLEUTE AUSBILDUNG
sowie personale Kompetenzen berücksichtigt werden. Herzstück ist die Kundenbeziehung, entlang der die Kompetenzen aufgebaut werden. Der ganzheitlichen Beratungskompetenz kommt nun ein besonders hoher Stellenwert zu. Darüber hinaus wurden digitale Aspekte und Kompetenzen in den verschiedenen Ausbildungsbereichen in einer Art integriert, die eine handlungsbezogene Vermittlung erlaubt. Auch ehemals fachübergreifende Ausbildungsinhalte wie Kommunikation, kaufmännische Steuerung und Rechnungswesen wurden in berufliche Handlungsbereiche integriert, wobei Letzteres reduziert wurde. Rechtliche Rahmenbedingungen, Datenschutz und Datensicherheit erhalten dagegen einen höheren Stellenwert. Angereichert wird die modernisierte Ausbildungsordnung zudem durch neue Inhalte wie Prozessorientierung oder projektorientiertes Arbeiten. Auch die Form der gestreckten Abschlussprüfung ist neu. Der Einsatz von digitalen oder analogen Hilfsmitteln in der mündlichen Prüfung wurde aufgenommen. Die Zukunftsaussichten für Bankkaufleute sind nach Auffassung des BIBB sehr gut, denn die Branche biete und fördere mit vielfältigen Angeboten Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten, die für anspruchsvolle Tätigkeiten qualifizierten und den Absolventen unterschiedliche Karrierewege in den Kreditinstituten, aber nicht nur dort, ermöglichten. Denn ausgebildete Bankkaufleute sind auch gesuchte Fachkräfte bei Bausparkassen, Versicherungs-, Kreditkarten- und Kapitalanlagegesellschaften, Wirtschaftsberatungsfirmen, Unternehmen für Vermögens- und Anlageberatung sowie Unternehmen der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Volker Huber/BZ
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Info Bankkaufleute » Dauer: 3 Jahre » Voraussetzung: Mittlere Reife » Ausbildungsvergütung: 1. Jahr: 990 � 2. Jahr: 1050 � 3. Jahr: 1110 �
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STUDIUM PFLEGEWISSENSCHAFT
Know-how am Bett
Pflegewissenschaft verbindet Theorie und Praxis
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Foto: © tln
ine Ausbildung und ein Studium – auf einen Schlag. Das bietet das duale Studium Pflegew issenschaft. Die Uni Freiburg bietet damit eine seltene Kombination, die neue Wege eröffnet. Dafür entschieden hat sich Julian Feigl. Es gibt Pflegekräfte. Es gibt Ärzte. Die einen sind Experten für Krankheit, die anderen für den Umgang damit. Der Bachelorstudiengang Pflegewissenschaft schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Er zielt auf beides ab. Julian Feigl hat sich dafür entschieden. Nach dem ersten Jahr seiner Ausbildung zum Pflegefachmann
Pendelt zwischen Klinik und Hörsaal: Student Julian Feigl.
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(früher Gesundheits- und Krankenpflege/Kinderkrankenpflege) startete er zusätzlich ein Studium in Freiburg. Jetzt ist er im 3. Semester und hat die Wahl kein bisschen bereut. „Mir macht das viel Spaß“, sagt Julian. Gerade kommt er von einer Vorlesung in Recht und ist vor allem Student. Drei Monate lang geht die Phase am Institut für Pflegewissenschaft. Dann zieht er für sechs bis acht Wochen wieder den weißen Kittel an und lernt an der Uniklinik die praktische Arbeit kennen. Ein Wandeln zwischen zwei Welten. „Der Wechsel klappt gut“, sagt Julian. Was er an Theorie lerne, könne er im Klinikalltag umsetzen. Ein weiterer Vorteil: Er verdient als Student schon Geld. Zehn Stationen hat Julian bisher kennengelernt. Sein Luxusproblem: „Mich interessiert alles.“ Favoriten hat er dennoch ausgemacht: die Intensivstation und die Psychiatrie. Dort sei mehr Zeit für Patienten als beispielsweise in der Chirurgie. Da war er schon vor der Ausbildung als Hilfskraft und fand: Das ist zu viel Hinterherarbeiten und zu wenig Eigeninitiative. Julian will pflegen und gestalten. „Wissenschaft ans Patientenbett bringen“, nennt er das. Im Alltag merkt er: Pflegekräfte haben den Ruf, „Bettpfannenträger“ zu sein. Er ist überzeugt: „Wir können so viel mehr.“ Im Studium hat er hin und wieder auch Veranstaltungen mit Medizinstudierenden. Dabei merkt er, dass deren Fachsprache sich von jener der Pflegekräfte unterscheidet. Da in den Kliniken eng zusammengearbeitet wird, fände er es gut, noch mehr Kurse mit angehenden Medizinern zu haben. So könne man sich
noch besser kennenlernen und vielleicht auch zeigen: Pfleger können ja mehr als gedacht. Ideen, den Pflegeberuf zu verbessern, hat Julian viele. Er hofft, dass sich Pflegerinnen und Pfleger mehr zutrauen. Und mehr zugetraut bekommen. Mit größerer Verantwortung und mehr Befugnissen könnten sie zum Beispiel in der Notaufnahme Ärzte entlasten. Für den Blick über den Tellerrand war er gerade in Norwegen. Bei dem sechswöchigen Erasmus-Aufenthalt stellte er fest: Die Personallage dort ist entspannter als hier. Obwohl er kaum Norwegisch konnte, hat er vor Ort viele Eindrücke gesammelt. Sich den Umständen anzupassen, ist er damit gewohnt. Bei den vielen Wechseln zwischen Theorie und Praxis sicher ein Vorteil. Zumal auch in der Pflege gilt: Man weiß nie, was als Nächstes passiert. tln
Info Pflegewissenschaft » Dauer: 3 Jahre (Bachelor of Science)
2 Jahre für Studierende mit
abgeschlossener Pflegeausbildung
» Studienstandort: Uni Freiburg » Voraussetzungen: Abitur, Fachabitur
(fachgebundene Hochschulreife) oder
Fachhochschulreife und Deltaprüfung;
auch Hochschulzugang für Berufstätige
ohne Abitur möglich; bei Studien-
beginn zudem mindestens ein Jahr der
Ausbildung zur / zum Pflegefachfrau /
Pflegefachmann (m/w/d)
» Bewerbungszeitraum fürs Studium:
jährlich 1. Juni bis 15. Juli
» Mehr zum Studium:
pflegewissenschaft.uni-freiburg.de
» Mehr zur Berufsausbildung:
akademie.uniklinik-freiburg.de
Digital zum Ausbildungsplatz Karriere-Tools fürs Handwerk
A
bstand halten – das gilt in Corona-Zeiten auch für die Berufswahl. Das Handwerk bietet daher auch digitale Wege zum passenden Ausbildungsplatz. Mit mehreren Tools können Neugierige bequem von zu Hause aus ihren Traumjob finden.
1. Berufe-Checker
Welcher der mehr als 130 handwerklichen Ausbildungsberufe passen könnte? Der BerufeChecker hilft weiter. Wer seine Vorlieben angibt, bekommt die dazu passenden Berufe. Soll indoor oder outdoor gearbeitet werde? Alleine oder im Team? Mit Kunden oder mit Maschinen? Geht’s technisch zu oder doch lieber künstlerisch? Auf einem Klick gibt’s mehr Infos dazu. www.handwerk.de/berufechecker
2. Berufs-Profile
Das Handwerk bietet Vielfalt. Wer bei der Qual der Wahl mehrere Berufe vergleichen will, kann online Jobprofile vergleichen. Es gibt Fakten zu Inhalt und Abläufen. So wird klar, was die einzelnen Karrierewege mit sich bringen. Vorgestellt werden auch Berufe des Tages. Wie wäre es denn zum Beispiel mit BrauerIn und MälzerIn? www.handwerk.de/ausbildungsberufe
Foto: © ODAV AG
3. Lehrstellenradar
Wer sich entschieden hat, kann zum Handy greifen. In der App „Lehrstellenradar“ des Handwerks geht es mit wenigen Klicks zu freien Ausbildungsstellen oder Praktikumsplätzen in der ganzen Republik. Die Suche kann auch eingegrenzt werden nach einzelnen Regionen. Vielleicht gibt es ja was direkt um die Ecke? Wer lieber am Rechner sucht, findet das Lehrstellenradar auch als Desktopversion. Bei Fragen hilft Andreas Gäßler von der Ausbildungsvermittlung der Handwerkskammer Freiburg weiter. Mail: andreas.gaessler@ hwk-freiburg.de. Telefon: 0761-21800-280. www.lehrstellen-radar.de chilli
AUSBILDUNG STRASSEN- UND TIEFBAU
Berufe mit Zukunftsperspektive Die Bauwirtschaft bietet ein breites Ausbildungsangebot an
Für den Ausbau und Erhalt der Infrastruktur gibt es viel zu tun (von links): Straßenbauer an
einem Straßenfertiger, Gleisbauer sowie Brunnenbauer im Einsatz für die Geothermie.
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Fotos: © Bauwirtschaft Baden-Württemberg
iefbauer sorgen dafür, dass alles möglichst optimal fließt: Der Verkehr auf Straße und Schiene, das Frischwasser und Abwasser in Rohrleitungen und Kanälen oder der Strom durch kilometerlange Kabelstränge. „Für unsere Straßen- und Tiefbauexperten gibt es heute und auch in Zukunft viel zu tun, denn der Erhaltungs- und Neubaubedarf in unserer Infrastruktur ist immens. Man denke nur an die zahlreichen Landstraßen und Autobahnen oder das weit verzweigte Schienennetz“, erklärt Thomas Möller, Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg. „Außerdem sind die meisten Abwasserkanäle hierzulande veraltet und müssen dringend saniert werden. Eine weitere wichtige Aufgabe ist der Breitbandausbau zur flächendeckenden Sicherung schneller Internetverbindungen.“ Möller prognostiziert daher in den kommenden Jahren einen hohen Bedarf an entsprechenden Fachkräften und damit beste Berufsperspektiven für Straßen- und Tiefbaufacharbeiter. Folgende Einzelberufe kann man in dieser Sparte innerhalb von drei Jahren erlernen:
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Straßenbauer und Gleisbauer
In Deutschland gibt es ein rund 230.000 Kilometer langes Straßennetz und über 33.000 Kilometer Bahngleise. Der Schwerlastverkehr und extreme Wetterverhältnisse setzen insbesondere den Straßen auf Dauer mächtig zu. Um dennoch eine möglichst lange Lebensdauer zu garantieren, werden im Straßenbau modernste Materialien und Baugeräte eingesetzt. „Unsere Lehrlinge müssen deshalb über hohes technisches Verständnis verfügen, das wir ihnen während der Ausbildung vermitteln“, betont Möller. Neben dem eigentlichen Straßenbau gehören auch die Befestigung und das Pflastern von Fußgängerzonen, Parkflächen und Einfahrten zum breiten Aufgabengebiet des Straßenbauerberufs. Hinzu kommt der Bereich Kabelleitungstiefbau. Hier geht es um das fachgerechte Verlegen unterirdischer Kabelleitungen, etwa von Stromkabeln, Breitbandkabeln oder Glasfaserkabeln. Zusätzlich zum Straßennetz bietet der Güter- und Personentransport auf der Schiene eine zukunftsweisende Lösung für umwelt- und
limafreundliche Mobilität. Hier ist k das Können des Gleisbauers gefragt. Bei Neubau oder Reparatur von Schienenwegen muss er zunächst die Schotterbetten fachgerecht ausführen. Anschließend werden Schwellen, Gleise und Weichen verlegt. Zum Schluss erfolgt die Einrichtung der Bahnübergänge. Da jede Ungenauigkeit bei den enormen Zuggeschwindigkeiten ein hohes Sicherheitsrisiko bedeuten würde, nutzt der Gleisbauer modernste Arbeitsgeräte, um beispielsweise beim Vermessen selbst kleinste Abweichungen zu vermeiden oder um die tonnenschweren Schienenstränge auf dem Gleisbett richtig zu positionieren.
Brunnenbauer, Kanalbauer, Rohrleitungsbauer Wasseradern mit der Wünschelrute suchen – so arbeiten Brunnenbauer schon lange nicht mehr. Heute geht man höchst professionell vor: Für den Bau eines Brunnens werden zunächst Wasser und Bodenproben genommen. Dann erfolgt das Bohren mit schwerem Bohrgerät, an-
STRASSEN- UND TIEFBAU AUSBILDUNG schließend der Ausbau des Brunnens. Aufgabe eines Kanalbauers ist es, Leitungen und Kanäle für Abwasser zu bauen sowie die dafür notwendigen Schächte und Gräben auszuheben. Nach dem Ausschachten wird das Erdreich durch geeignete Baumaßnahmen abgestützt. Der Rohrleitungsbauer verlegt, verlötet und verschweißt Rohre, um einen reibungslosen und sicheren Durchfluss von Gas-, Wasser-, Abwasser oder Fernwärme zu ermöglichen. Einen Teil ihrer Arbeit verbringen die Kanal- und Rohrleitungsbauer auch „unter Tage“, wenn es beispielsweise um die Sanierung von Abwasserkanälen geht.
Baugeräteführer, Spezialtiefbauer Baugeräteführer sind die Experten, wenn es um das Bedienen, Warten und Reparieren von großen und schweren Baumaschinen geht. Sie lenken zum Beispiel moderne GPSgesteuerte Hydraulikbagger oder große Planierraupen und kümmern sich um den Transport von Baumaterialien sowie das Ausheben von Baugruben. Der Spezialtiefbauer setzt besondere Baumaschinen für komplexe Tiefbauarbeiten ein, zum Beispiel wenn es um spezielle Tiefenbohrungen und Spezialgründungen geht. Während der Lehre werden in beiden Ausbildungsberu-
fen umfangreiche Kenntnisse in der elektronischen, hydraulischen und pneumatischen Gerätesteuerung vermittelt. Volker Huber/BZ
Info
Weitere Infos zu den Bauberufen sowie zu freien Ausbildungsstellen gibt es bei der Bauwirtschaft Baden-Württemberg unter www.bau-deinding.de
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