AUSGABE 2/17
m u i l e g Evan eren riski
tsc – investieren in Menschen
INHALT SEITEN 4-9
UM DAS EVANGELIUM ZU KOMMUNIZIEREN, MÜSSEN WIR ES SELBER NEU ENTDECKEN ... MANUEL SCHMID
SEITEN 10-15
PROPHETEN – DIE POETRY-SLAMMER UND JOURNALISTEN DER ANTIKE DR. HORST SCHAFFENBERGER
SEITEN 16-20
DAS EVANGELIUM PASST AUF EINEN BIERDECKEL INTERVIEW MIT MARKUS BAUMGARTNER
SEITE 21
KOMMUNIKATIVE THEOLOGIE AN DER ARBEIT AKTUELLE PUBLIKATIONEN VON DOZENTEN DES THEOLOGISCHEN SEMINARS ST. CHRISCHONA (tsc)
SEITEN 22-23
ÜBER DAS TSC
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l a i r o t i d E
Viele reden heute von Risiko. Kein Bereich unserer Gesellschaft und des privaten Lebens, der nicht mit Risiko in Verbindung gebracht wird: Technologien und Forschung, Finanzen und Wirtschaft, Gesundheit und Armut, Umwelt und Klima, Sport und Freizeit, Beruf und Haushalt – die Liste ist endlos. Globalisierung kann schiefgehen, Staaten können scheitern, Systeme crashen und Lebensentwürfe misslingen. Wenn wir in dieser Ausgabe von «Communicatio» die Kommunikation des Evangeliums als Risiko bedenken, dann meinen wir damit Folgendes: DIE KOMMUNIKATOREN WAGEN ETWAS, NÄMLICH SICH SELBST. Sie lassen sich ein auf die Menschen, mit denen sie reden. Sie setzen sich dem Risiko aus, verändert zu werden. Sie gehen das Risiko ein, selbst keine Worte zu finden und sprachlos zu werden – oder auch missverstanden, abgelehnt und verachtet. Und zwar nicht nur von ausserhalb des christlichen Glaubens, sondern auch von innen, etwa wenn sie bestimmte Erwartungen der Gläubigen nicht mehr bedienen. Die Propheten sind dafür ein leuchtendes Beispiel. Was wir von ihnen lernen können, erörtert Horst Schaffenberger in seinem Beitrag. DAS EVANGELIUM SELBST WIRD IN DIE WAAGSCHALE GEWORFEN, wenn wir es bekennen, bezeugen, verkündigen und lehren. Denn es muss sich ja im Leben der Menschen als gut und heilsam bewähren, zu unterschiedlichen Zeiten und in ständig neuen Situationen. Darauf macht Markus Baumgartner im Interview aufmerksam. Ein Evangelium, das die Schönheit und die Not des Lebens nicht mehr trifft, ist für die Menschen uninteressant und erledigt sich selbst. Manuel Schmid geht in seinem Beitrag sogar noch einen Schritt weiter. Das, was die Christenheit selbst über lange Zeit als Evangelium verstanden und
erfahren hat, ist heute vielleicht keine gute und heilsame Botschaft mehr. Wenn das Evangelium im Kern eine Person ist, durch die Gott sich uns selbst als Liebe mitgeteilt hat, dann liegt hier der Mut, das eigene und liebgewonnene Evangelium zu riskieren. Lesen Sie, wie das geschehen kann. Eine Risikogruppe kommt in dieser Ausgabe vielleicht zu kurz, nämlich DIE HÖRER DES EVANGELIUMS. Sie riskieren, dass ihr Leben in Zukunft mit Gott und damit heftig anders laufen könnte als bisher. Überall dort, wo man sogar lebensbedrohliche Nachteile für den christlichen Glauben in Kauf nimmt, ist dieser Risikofall alles andere als harmlos. Kommunikation des Glaubens kann aber auch einen klaren Standpunkt und eine eindeutige Entscheidung gegen das Evangelium Christi hervorrufen. Auch diesen Risikofall sollten wir nicht scheuen. Denn wenn ein Mensch klarer sieht, warum er nicht an Christus glauben will, ist das allemal besser als eine diffuse Gleichgültigkeit gegenüber Gott. Wenn Sie es nach diesen Risikowarnungen immer noch wagen und weiterlesen, dann freut mich das. Denn Sie könnten neuen Mut tanken, Kommunika tion des Evangeliums zu wagen.
Dr. Benedikt Walker Rektor tsc
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UM DAS EVANGELIUM ZU KOMMUNIZIEREN, MÜSSEN WIR ES SELBER NEU ENTDECKEN ... AUF DEN PUNKT GEBRACHT: Was ist das Gute an der guten Nachricht? – Es geht nicht um etwas, sondern um jemand – An der Seite Christi dürfen wir Evangelium wagen, um es neu zu empfangen – Die Geschichte Christi ist derart unausschöpflich, dass sie für jede Zeit und Situation ein Evangelium hervorbringt.
Die Kapelle war bis auf den letzten Platz besetzt. Fast alle waren gekommen: Freunde aus der Nachbarschaft, Kinder vom Spielplatz mit ihren Familien, ältere Anwohner, sogar der Hausmeister unseres Wohnblockes war da. Und natürlich die Lehrerin, der Schulleiter. Sie alle schauten mich erwartungsvoll an, als ich zur Kanzel schritt: Ich war da, um ihnen von der Hoffnung zu erzählen, die uns Jesus Christus schenkt. Ich beschreibe hier keinen evangelistischen Wunschtraum, sondern eine Erfahrung vom vergangenen Wochenende mit äusserst tragischem Hintergrund. Seit einigen Jahren wohnt eine alleinerziehende Mutter mit ihrem einzigen Sohn David in unserer Nachbarschaft: Wir können ihnen vom Balkon aus zuwinken, und in den Sommermonaten haben wir mit David draussen Fussball gespielt, Wasserschlachten geschla-
WAS IST NOCHMAL DAS EVANGELIUM GENAU? Da waren sie also wieder, jene beiden Fragen, die mich in meinem pastoralen Dienst und in meinen theologischen Lehrtätigkeiten seit vielen Jahren umtreiben. Die Was-Frage und die Wie-Frage nämlich: Was genau ist eigentlich «das Evangelium» – und wie kommuniziere ich es meinen Mitmenschen? Viele Gläubige lassen allerdings höchstens die zweite Frage als wirkliche Herausforderung gelten. Die Was-Frage gilt weithin als geklärt: Wir sind ja Christen, wiedergeborene, bibel treue Gemeindegänger, die eine Bekehrungsgeschichte mit Übergabegebet oder wenigstens eine Karriere in Sonntagschule und Jungschar aufweisen können. Uns ist natürlich längst klar, was das Evangelium ist. Wir kennen die Botschaft von Jesus Christus, der für unsere Sünden gestorben ist, um uns eine persönliche
Manuel Schmid
AKUTE SPRACHNOT
gen und Grillpartys veranstaltet. Anfang dieses Jahres dann die Schreckensnachricht: David war im Sportunterricht plötzlich zusammengebrochen. Herzstillstand – Sauerstoffmangel bis der Notarzt kam. Seitdem lag er im Wachkoma. Seine Mutter hat ihn täglich besucht und oft auch bei ihm übernachtet, ständig auf eine sichtbare Reaktion ihres Sohnes hoffend. Nach einem Dreivierteljahr wurde ein Transfer von David zurück nach Hause ins Auge gefasst. Die gewohnte Umgebung könne die Chancen erhöhen, seine Erinnerungen zu wecken und erste Bewegungen wieder zu aktivieren, hiess es. Um den Alltag mit einem Kind im Wachkoma möglich zu machen, ist die Mutter vom vierten Stock in eine niedrigere Wohnung gezogen. Im Treppenhaus wurde ein Rollstuhl-Lift installiert. Letztes Wochenende sollte Davids Umzug stattfinden. Am Dienstag davor die schlimme Nachricht: David ist an einem erneuten Herzstillstand gestorben.
Beziehung zu Gott zu ermöglichen und den Himmel zu sichern. Jetzt geht es nur noch darum, diese gute Botschaft den Zeitgenossen auch verständlich zu machen. Das Problem liegt also nicht beim Inhalt, sondern bei der Verpackung: Wie bringe ich das (von mir längst erkannte) Evangelium so zur Sprache, dass meine Mitmenschen es verstehen können und davon überzeugt werden? Mit welchen Argumenten, Bildern und Begriffen kommuniziere ich die «gute Nachricht» in unserer Zeit? Im Laufe der letzten Jahre bin ich zur Überzeugung gelangt, dass diese Diagnose zu kurz greift. Natürlich: Die sich leerenden Kirchen, die Probleme vieler evangelikaler Gemeindeverbände, ihre eigene Jugend langfristig für den Glauben zu begeistern, das steigende Desinteresse unserer Zeitgenossen am christlichen Glauben, all das spricht dafür, dass wir Christen Schwierigkeiten mit der Kommunikation unserer Botschaft haben. Aber diese Schwierigkeiten sind keineswegs nur methodischer Art. Sie liegen nicht allein darin, dass uns eine zeitgemässe Sprache und geeignete Ausdrucksformen zur Verkündigung des Evangeliums fehlen, sondern wohl vielmehr darin, dass wir das Evangelium für uns selbst noch nicht neu entdeckt haben.
Ich wurde gebeten, die Abdankung zu halten. Sofort habe ich zugesagt und mein Wochenprogramm umgestellt. Es war ein grosser Vertrauensbeweis, dafür angefragt zu werden, und ich wollte mich dieses Vertrauens unbedingt würdig erweisen. Und nun war ich mittendrin in dieser Menge von Menschen, die man unter normalen Umständen kaum gemeinsam in eine Kirche brächte. Was habe ich angesichts einer derart herzzerreissenden Tragödie an hoffnungsvoller und tröstender Botschaft zu sagen?
Mit Rob Bell (man muss übrigens mit seinen sonstigen Ansichten nicht übereinstimmen, um hier von ihm zu lernen) bin ich der Überzeugung: Es ist die Herausforderung einer jeden Generation von Christen, sich das Evangelium für die eigene Zeit neu zu erschliessen (bzw. es sich neu erschliessen zu lassen). Das ist es, was meines Erachtens Not tut. Nicht nur das Wie der Evangeliumsverkündigung steht in Frage, sondern auch und zutiefst das Was: Was ist denn das Gute der «guten Nachricht», was erzähle ich eigentlich, wenn ich «das Evangelium» zur Sprache bringen möchte? Worin besteht die Botschaft, für welche die christliche Kirche seit zwei Jahrtausenden eintritt?
«Es ist die Herausforderung einer jeden Generation von Christen, sich das Evangelium für die eigene Zeit neu zu erschliessen (bzw. es sich neu erschliessen zu lassen).»
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Manuel Schmid ist Absolvent des tsc und seit zwölf Jahren Pastor im ICF Basel. Er hat an der Universität Basel promoviert mit einer Arbeit über den Offenen Theismus. Seit zwei Jahren arbeitet er als Theologe fürs ICF Movement. Am tsc unterrichtet er das Modul «Kommunikation des Evangeliums».
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gif tig pol ter nd
PROPHETEN – DIE POETRYSLAMMER UND JOURNALISTEN DER ANTIKE AUF DEN PUNKT GEBRACHT:
reden – Erfahrungsorientiert von Gott n mehr Bilder und Metaphern veränder Dialog als Appelle – Zuhörer in den al, mit Gott verwickeln – emotion erschütschockierend und provokativ ern tern – kein Erfolgsrezept, sond trifft. lernen, wie man ins Schwarze
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mi Fe poe
Wie teilen wir die Botschaft Gottes mit den Menschen heute? Wie kann die Kommunikation des Evangeliums gelingen? Müssten Verkündigung, Predigt und Zeugnis im heutigen Medienzeitalter nicht viel kreativer, bildhafter, spannender, filmähnlicher, emotionaler und auch provozierender sein? Verkündiger, die ihrer Zeit gerecht werden wollen, stellen sich diesen Fragen. Dabei müssen wir nicht zuerst bei den modernen Medien abschauen, sondern in die Schule der Propheten des Alten Testaments gehen.
i t s p i t ze r eder und etischem T on
Denn die Propheten zeigen, wie eine kreative, bildhafte, emotionale und auch provozierende Verkündigung aussehen kann. Kommunikative Theologie kommt nicht daran vorbei, einen tiefen Blick in das Alte Testament zu werfen – um die kommunikative «Kunst« der Propheten zu entdecken.
Dr. Horst Schaffenberger
Die «Hochzeit der Hure«, «Prophetie und Protest«, «Mit Micha reden« – mit solchen Titeln hat in den 1970er und 1980er Jahren der Alttestamentler Hans Walter Wolff seinen Zeitgenossen die Propheten nähergebracht. Diese wortgewaltigen Gestalten waren die «Mystiker« des Alten Testaments mit einem ganz besonderen «Draht zu Gott«, aus dem heraus sie ihre Inspiration erhielten und ihre Worte schöpften. So konnten sie auftreten «Im Namen des Herrn«. Sie waren Sprachkünstler, Protestliedermacher, die zugespitzt in ihre Zeit hinein die Gesellschaft ausleuchteten – Zeitspiegel. Am allerwenigstens wollten sie die Zukunft voraussagen, eher die Gegenwart kritisch begleiten. Es kommt also nicht von ungefähr, dass der französische Orientalist Ernest Renan (1823–1892) die Propheten die Journalisten der Antike nannte (Renan, S. 574). Die vierte Gewalt im Staat, die im Namen Gottes ihre Zeitgenossen in Frage stellte. Mit spitzer Feder und poetischem Ton, mal giftig polternd, erzählerisch brillant, mit messerscharfen Argumenten.
Aus der kommunikativen Kunst der Propheten seien hier drei Stichworte herausgepickt: imaginativ – diskursiv – provokativ!
mit messerscharfen Argumenten
imaginat diskursiv provokativ
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imaginativ, d i s k u rs i v , p ro v o k a t i v !
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Wenn ihr nicht bei ihm bleibt, dann bleibt ihr ! t h c i n t p u a h r e b ü
Wer predigt, zitier t.
Nicht s and die Dar bie v o ra n g e g Dialoges geis t liche dem na
t d u rc h h c i n n e W i r w e rd n d e r t . D e r O r t erä Regeln v andes in unseren rs t u rc h des Wide d t h c i n i rd rn H e r ze n w n e r r e i c h t s o n d e nge Anweisu ichten, Bilder, sch t d u rc h G e d i e u n s d i e W e l r n, Metaphe n. eige a n d e rs z .COMMUNICATIO | AUSGABE 2/17 | SEITE 13
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äf tige wingende, kr le und emotiona t es, B i l d e r bra u c h m eliu um das Evang . n zu beschreibe
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Aber ihr hass t das Gu te und liebt das Böse.
P ro p h e t i s c h e n e t l a h r e e t Tex ch r u d t h c u W e ihr P ro v o k a t i o n . «
Dr. Horst Schaffenberger ist Dozent für Praktische Theologie am Theologischen Seminar St. Chrischona (tsc). Er hat sich im Rahmen seiner Doktorarbeit ausführlich mit prophetischer Verkündigung auseinandergesetzt. Kontakt: horst.schaffenberger@tsc.education
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r e n t r a g m u a B s ku it
Inter view m
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DAS EVANGELIUM PASST AUF EINEN BIERDECKEL Wie kann Kommunikation gelingen, und was behindert gute Kommunikation? Wie kann der christliche Glaube wieder häufiger und vor allem positiv in die Öffentlichkeit strahlen? Der Kommunikationsberater Markus Baumgartner ist der Meinung, dass Christen etwas aus der Übung gekommen sind, ihre Kernbotschaft – das Evangelium – verständlich rüberzubringen. Im Gespräch erzählt er, worauf es in der Kommunikation ankommt. Interview: Michael Gross
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Herr Baumgartner, was verstehen Sie als Kommunikationsprofi unter «Kommunikation»?
Gibt es typische Fehler in der Kommunikation, die man vermeiden sollte?
Kommunikation kommt vom lateinischen «communis» – mehreren gemein, allgemein, öffentlich. Gelangen Informationen an die Öffentlichkeit, werden sie zum Allgemeingut. Kommunizieren Menschen miteinander, dann stehen sie ausserdem in einer Verbindung zuei nander. Gute Kommunikation ist so interessant, dass die Gesprächspartner miteinander in Verbindung bleiben.
Ein typischer Fehler ist kürzlich in Houston in Texas einer der grössten Kirchen in den USA unterlaufen. Als im Juli Hurrikan Harvey mit riesigen Regenmassen ankam, verkündete die Kirche am Sonntag, dass die Tore verschlossen bleiben. Bis zu 50‘000 Menschen besuchen jedes Wochenende die Gottesdienste, der Saal hat 16‘000 Sitzplätze. Unter dem Druck der Öffentlichkeit öffneten sie am Dienstag dann die Türen doch noch. Viele Kirchen, Moscheen und Synagogen hatten ihre Türen für die Bedürftigen geöffnet. Am Mittwoch sagte der Hauptpastor in einem Fernsehinterview, sie hätten aus Sicherheitsgründen die Türen geschlossen, hätten ausserdem nicht genug Personal und vor allem keinen Auftrag von der Stadt gehabt. Das klang sehr scheinheilig. Nächstenliebe ist für mich die Hauptbotschaft der Bibel. Wenn Menschen in Not geraten, dann brauche ich keinen Auftrag von der Stadt, denn ich habe schon einen Auftrag von Gott.
Was trägt dazu bei, dass Kommunikation gelingt? Es braucht Neuigkeiten, die das Interesse des Kommunikationspartners wecken. Wir leben aber in einer anspruchsvollen Welt, in der es unzählige Nachrichten und ständig Neues gibt. Informationen brauchen darum auch eine attraktive Verpackung, um Interesse zu wecken. Man muss sich nicht verstellen, es braucht aber gewisse Anstrengungen, um in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Das gilt auch für die Theologie oder die Kirchen. Wenn eine Pfarrerin für Chilbi- und Zirkusseelsorge zuständig ist, ein Pfarrer joggend seine Kirchgemeinde erkundet oder eine scheinbar langweilige Kirche Glaube und Humor verbindet, dann ist das auch für die säkularen Medien interessant. Heute muss die Kirche via Medien kommunizieren, um eine breite Masse zu erreichen. Haben die Kirchen und Theologen verstanden, dass sie heute als gesellschaftliche Minderheit anders kommunizieren müssen als früher? Ich bin mir nicht sicher. Senden wir als Gemeinde einen Missionar zum Beispiel nach Peru aus, gehen wir davon aus, dass er dort die lokale Sprache lernt, nicht mit Anzug und Krawatte predigt, sondern sich kleidet wie die Menschen dort. Vor allem wird er die Kultur erlernen müssen, um das Evangelium den Menschen verständlich zu machen. Diesen selbstverständlichen Einsatz eines Missionars auf einem anderen Kontinent betreiben wir hier nicht mehr. Aber auch bei uns in Europa ändert sich die Kultur ständig.
Zeitgenössische Ansätze gehen davon aus, dass sich die Inhalte der Kommunikation erst im Prozess klären. Was heisst es für das Evangelium, wenn es doch uns selbst von Gott vorgegeben ist? Ob sich Inhalte erst im Prozess klären oder nicht – es geht letztlich darum, ob das Evangelium Menschen interessiert. Das hat nicht nur mit Kirchenmarketing zu tun. Es hat mit unserem Denken und Handeln, mit unserem Dasein zu tun. Ein Beispiel: Wenn ich mit Worten kommuniziere, entstehen beim Empfänger meiner Worte Bilder, die nicht unbedingt dieselben Bilder sind, die ich vor Augen habe. Wenn wir diese Bilder nicht miteinander in Einklang bekommen, missverstehen wir uns. Gleichzeitig erschweren Filter die Kommunikation. Filter sind etwa Vorurteile, Lebenserfahrungen, Gemütszustand, Erwartungen – sie können den Empfänger meiner Botschaft daran hindern zu hören und zu verstehen, was ich sagen will. Kommunikation ist anspruchsvoll. Das wissen alle, die Kinder erziehen – denn gesagt ist noch nicht gehört, gehört ist noch nicht verstanden, verstanden ist noch nicht einverstanden, einverstanden ist noch nicht getan. Bei der Erziehung der Kinder muss ich ständig kommunizieren, das ist im Kommunikationsgeschäft sehr ähnlich.
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Interview mit Markus Baumgartner – DAS EVANGELIUM PASST AUF EINEN BIERDECKEL
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L
E B E I L
Got t. . t s b l e s h c Di . n e r e d n A die .COMMUNICATIO | AUSGABE 2/17 | SEITE 19
Interview mit Markus Baumgartner – DAS EVANGELIUM PASST AUF EINEN BIERDECKEL
... SIE WOLLEN MEHR LESEN? Dann bestellen Sie Ihr Exemplar unter www.communicatio-magazin.ch/bestellen Das Communicatio erscheint zweimal im Jahr, jeweils im Frühjahr und Herbst. Ein Communicatio-Abo kostet Sie nichts – ausser etwas Zeit, sich anzumelden!
Markus Baumgartner, 52, ist PR- und Kommunikationsexperte mit der Agentur b-public AG in Baar und Zürich. Die Gesellschaftsrelevanz bzw. die Wahrnehmung von Kirchen und Christen in der Öffentlichkeit beschäftigt ihn seit über 25 Jahren. Er ist Vorstandsmitglied des Forums Christliche Führungskräfte (www.christliches-forum.ch) und Stiftungsratsmitglied von Opportunity International Schweiz. Seit zehn Jahren publiziert er das dienstagsmail.ch, das über Initiativen und Ideen von Kirchen und Christen berichtet, die von den säkularen Medien positiv aufgenommen worden sind. Es werden bewusst nur gute Beispiele gewählt, die als Ermutigung dienen.
Kommunikative Theologie an der Arbeit …
Eckhard Hagedorn: Fette Beute. Warum die Bibel so dick ist
Aktuelle Publikationen von Dozenten des Theologischen Seminars St. Chrischona (tsc)
276 Seiten, tsc und Fontis 2017
Pfr. Dr. Eckhard Hagedorn ist Dozent für Neues Testament am tsc.
Andreas Loos / Stefan Schweyer (Hg.): Alles Heil? Mit missionaler Theologie übers Heil sprechen
Debora Sommer: einzigartig – Entfalte, was in dir steckt 222 Seiten, Francke 2017
128 Seiten, Brunnen Verlag 2017
Dr. Andreas Loos ist Dozent für Systematische Theologie am tsc. Dr. Stefan Schweyer ist am tsc Gastdozent für Theorie und Praxis theologischer Anbetung.
Ist es in der Geschichte des christlichen Glaubens nicht zu einer eigenartigen Trennung von irdischem Glück und jenseitigem Seelenheil gekommen? Vertreter einer missionalen Theologie werben demgegenüber für ein ganzheitliches Heilsverständnis. Aber was meint denn ganzheitlich? Und was ist genau das Heil, dessen Ganzheitlichkeit gefordert wird? In diesem Buch diskutieren Kritiker und Vertreter über diese Fragen der missionalen Theologie miteinander.
Dr. Debora Sommer ist Studienleiterin Fernstudium Theologie am tsc.
320 Seiten, TVG/Brunnen Verlag 2016
Dr. Dr. Beat Schweitzer ist Studiengangsleiter BachelorStudium Kommunikative Theologie am tsc.
«einzigartig» richtet sich an all jene, die auf ein Schmetterlingswunder hoffen. Die sich danach sehnen, dass in ihrem Leben zur Entfaltung kommt, was Gott in sie hineingelegt hat. Welche Lektionen lassen sich aus der Verwandlung der Raupe zum Schmetterling ableiten? Für Debora Sommer ist die Verwandlung der Raupe zum Schmetterling zu einem Sinnbild für ihr eigenes Leben geworden. Offen erzählt sie in diesem Buch von ihren persönlichen Erlebnissen und nimmt den Leser mit auf eine faszinierende Entdeckungsreise.
Stefan Felber: Kommunikative Bibelübersetzung. Eugene A. Nida und das Modell der dynamischen Äquivalenz
Beat Schweitzer: Design in der Natur. Von der Physikotheologie zu Intelligent Design Bereits im 17. Jahrhundert versuchte die «Physikotheologie« Gottes Dasein und sein Wesen aus Naturbetrachtungen abzuleiten. Spätestens seit Kant und Darwin gilt dies als überholt. Gelingt es Intelligent Design heute, die Kritik Kants und Darwins zu überwinden und Design wieder salonfähig zu machen? Beat Schweitzer liefert hilfreiche Impulse für den aktuellen Dialog zwischen Naturwissenschaften und Theologie.
Die Bibel ist einfach nicht kleinzukriegen. Sie ist seit Jahrhunderten das meistgelesene Buch der Welt. Sie hat Substanz. Und sie ist dick. Füllig. Eine fette Beute für den, der sie entdeckt. Wie kann man die Bibel in ihrer ganzen Grösse lesen und lieben lernen? Wie kann aus der Last des dicken Buches eine Lust werden kann? Wie spricht das dicke Buch in unser dünnes Leben hinein? Auf solche Fragen gibt Eckhard Hagedorn inspirierte Hinweise, tiefe Einsichten und passende Antworten.
481 Seiten, Deutsche Bibelgesellschaft 2013, 2. Auflage 2016
Pfr. Dr. Stefan Felber ist Dozent für Altes Testament am tsc.
Der Amerikaner Eugene A. Nida (1914–2011) gilt als Initiator und Wegbereiter der modernen, «dynamisch-äquivalenten» Übersetzung der Bibel. Seit den 1960er Jahren sind weltweit in grosser Zahl Bibelübersetzungen entstanden, bei denen diese Methode angewandt wurde. Stefan Felber stellt Nidas Leben und Werk erstmals umfassend dar. Im Mittelpunkt des Interesses steht dabei die von Nida entwickelte und propagierte Übersetzungstheorie, mit der sich Felber kritisch auseinandersetzt.
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DIE STUDIENANGEBOTE AM TSC
Gottes Botschaft verstehen und vermitteln. Inhaltlich breit gefächert, gleichzeitig ausgerichtet auf eine Kommunikative Theologie für die Menschen von heute. 3 Jahre Präsenzstudium. Abschluss: Bachelor in Theologie (Honours), validiert von der Middlesex Universität London
Die flexible Art, Theologie zu studieren. Inhalte und Abschluss des Fernstudiums sind deckungsgleich mit dem Studiengang Kommunikative Theologie. Die Middlesex Universität London hat Ende April 2017 das Fernstudium Theologie als Bachelor-Studiengang validiert. Das innovative Konzept überzeugte die britische Partneruni. «Das tsc konnte zeigen, dass es eine innovative Plattform entwickelt hat, die einen interaktiven Lernprozess ermöglicht. Die Fernstudenten können nun überall in vergleichbarer Qualität Theologie studieren wie die Studenten, die das auf St. Chrischona machen», erklärte Urs Gröhbiel, Professor an der Fachhochschule Nordwestschweiz und externer Prüfer im Validierungsverfahren.
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Vielseitiges theologisches und pädagogisches Studium, individuell an Berufsziele anpassbar. 3 Jahre Präsenzstudium. Abschluss: Bachelor of Arts (Honours) Theologie & Pädagogik, validiert von der Middlesex Universität London
Verbindung aus grundlegendem theologischem Studium und professioneller musikalischer Ausbildung. 3 Jahre Präsenzstudium. Abschluss: Bachelor of Arts (Honours) Theologie & Musik, validiert von der Middlesex Universität London
NEU: Online-Kurse zur individuellen Weiterbildung Wählen Sie zielgerichtet die Studienmodule, die Sie interessieren oder Sie in Ihrem beruflichen Kontext weiterbringen: - Die Bibel in ihrer Geschichte - Griechisch - Mitarbeiterführung und Coaching - Einführung in die Evangelische Theologie und Spiritualität - Einführung AT und NT - Kommunikation des Evangeliums - Führungsverantwortung - Führungskompetenz - Mitarbeiterführung und Coaching - und weitere … Start der Online-Kurse: Manche starten immer im Februar, andere immer im September. Mehr Informationen: www.tsc.education/online-kurse
10 Monate theologische Weiterbildung und Gemeinschaft auf dem Chrischona-Campus. NEU: Wer während des Jahreskurses in die Welt des Worship eintauchen will, kann neu den Praxisschwerpunkt «Worship» wählen. Ein Tag in der Woche mit Seminaren zu Lobpreisleitung, Songwriting, Musiktheorie und Band Skills.
TSC VOLL AUF KURS
Mit 51 neuen Studentinnen und Studenten ist das tsc Anfang September in das Studienjahr 2017/18 gestartet. Damit übertrifft es die Zahl von 2016 und fühlt sich auf seinem Kurs bestätigt, eine qualitativ hohe theologische Ausbildung mit einer lebendigen Gemeinschaft zu verbinden. Das tsc ist auf gutem Kurs – auch dank vieler Freunde, die für die Studiengemeinschaft beten und sie unterstützen. Möchten Sie regelmässige Gebetsanliegen vom tsc? Dann bestellen Sie den Gebetsbrief per E-Mail an gebetsbrief@tsc.education. Möchten Sie mit einer Spende dem tsc ermöglichen, in Menschen zu investieren? Infos dazu finden Sie unter www.tsc.education/spenden
AUSBLICK
IMPRESSUM
Die nächste Ausgabe des Communicatio erscheint im Frühjahr 2018. Das Thema dann: Theologie & Musik.
COMMUNICATIO ist das Magazin des Theologischen Seminars St. Chrischona (tsc). Es widmet sich den vielfältigen Themen einer «Kommunikativen Theologie«, wie sie am tsc gepflegt und erarbeitet wird.
Geplant sind Beiträge und Interviews mit tsc-Dozenten, in denen es etwa um die gesellschaftliche Wirkung von Musik geht und um die Rolle und den Stellenwert von Musik im Gottesdienst.
BESTELLEN Am schnellsten bestellen Sie das Communicatio online unter www.communicatio-magazin.ch Oder rufen Sie das tsc an: +41 (0)61 646 44 26 Haben Sie eine frühere Ausgabe des Communicatio verpasst? Kein Problem, bestellen Sie es nach (solange der Vorrat reicht). Ein Communicatio-Abo kostet Sie nichts – ausser etwas Zeit, sich anzumelden. Wir freuen uns aber, wenn Sie unsere Arbeit auch finanziell mittragen wollen: www.communicatio-magazin.ch/mittragen
HERAUSGEBER Dr. Benedikt Walker, Rektor tsc Theologisches Seminar St. Chrischona (tsc) Chrischonarain 200, 4126 Bettingen, Schweiz tsc-Sekretariat: Tel. +41 (0)61 646 44 26 E-Mail: tsc@tsc.education www.tsc.education INHALTLICHES KONZEPT Dr. Andreas Loos, Dozent am tsc E-Mail: andreas.loos@tsc.education REDAKTION Michael Gross, Leiter Kommunikation Chrischona International E-Mail: michael.gross@chrischona.ch ERSCHEINUNGSTERMIN November 2017 ERSCHEINUNGSWEISE zweimal im Jahr (Frühjahr/Herbst) LAYOUT Fabrice Ettlin Grafik, www.fabriceettlin.ch www.communicatio-magazin.ch
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