STV 29

Page 1

STUDI VERSUM NUMMER 29 | 2009.10

So war der Sommer 08 Leiden für den Wohlstand 11 I Love Velo 30 Das Schwein ist fein 34

Tabu


© 2009 KPMG Holding AG/SA, a Swiss corporation, is a subsidiary of KPMG Europe LLP and a member of the KPMG network of independent firms affiliated with KPMG International, a Swiss cooperative. All rights reserved

Stell dir vor

Du arbeitest nicht für ein Unternehmen. Sondern für viele.

Rebecca hat sich für eine Karriere bei KPMG entschieden. In den Projekten, an denen sie mitarbeitet, blickt sie hinter die Kulissen verschiedener Industrieunternehmen. Und arbeitet in einem Umfeld, das sie inspiriert – fachlich und menschlich. Inspiring careers for inspiring people. www.inspiringcareers.ch


EDITORIAL | INHALT

04

12

22

Liebe Leserinnen und Leser,

Tabu ist ein Spiel. Nein, damit ist nicht das Spiel mit den Kärtchen gemeint, sondern das Spiel des Lebens. Wie oft tun wir etwas nicht, weil es tabu ist? Wie oft sagen wir etwas nicht, weil es tabu ist? Oder gar: Wie oft denken wir etwas nicht? Raffaela Angstmann (unsere FussballExpertin) hat mit einem ehemaligen Spieler des FC Thun über den Sex-Skandal geredet, der nun genau zwei Jahre zurück liegt. Minderjährige Groupies tun alles für ihren Star – ein gesellschaftliches Tabu. Nina Fargahi (unsere Polit-Expertin) hat ihren Blick gegen Süden gerichtet, wo jährlich Tausende Flüchtlinge auf eine gefährliche Reise ins erhoffte europäische Paradies aufbrechen – «von ihrer Verzweiflung, die sie über die Meere jagt, möchte niemand sprechen». StudiVersum gibt Anaruz, einem tunesischen Studenten, das Wort. Barbara Ritter (unsere Psychologie-Expertin) lässt zwei Studentinnen aus dem Nähkästchen plaudern: Was hilft bei UniStress? Konzentration dank Studentendoping Ritalin und frische Energie dank Reiki – ein universitäres Tabu. Guy Huracek (unser neuer Redaktor) hat sich bei einem Kaffee mit Comedian Andreas Thiel über «die Deutschen», geschmacklose Witze und seine Magenprobleme unterhalten. Wer sich auch unterhalten lassen möchte, besucht einen Liveauftritt des umstrittenen Satirikers – mehr Infos auf S. 26. Und zu guter Letzt: Selin Bourquin (unsere neue Bildredaktorin) ist verantwortlich für die tabulosen Bilder dieser und vieler weiterer Ausgaben. Willkommen an Bord! Die StudiVersum-Crew wünscht frohes Tabubrechen,

Eure Anouk N’Guyen

04 LIEBLINGSDING Warum ich meine lederhose liebe 05 STUDISURF.CH das organisationstalent 06 AUS DEM LEBEN Wege zum Glück 08 UMFRAGE Was war dein Sommerhighlight? 10 DAS UNIKAT Die Brust ist tabu 11 WISSENSCHAFT Ethik vs. Wissen 12

«Ronaldo, ich will ein Kind von dir!» 18

Schweigen auf dem Mittelmeer 22

Vitamin R 26

«Lachen ist nicht gleich Lachen» 29 UNIPOLITIK Titellüge 30 INTERVIEW Velo Love 32 UNTERHALTUNG Sudoku, Kreuzworträtsel 33 KURZGESCHICHTE The rise and fall of the Budget-Hörnli 34 WIE ANNO DAZUMAL KOCHtipp

3  STUDIVERSUM | 2009.10


LIEBLINGSDING

Warum ich meine Lederhose liebe

Maximilian von Grundherr, 24, hat in VWL abgeschlossen und studiert Philosophie in Fribourg «Meine Lederhose trage ich fast jeden Tag. Als Student ist das wirklich praktisch – Lederhosen sind sehr pflegeleicht und sie erlösen mich von der morgendlichen Frage, was ich denn heute anziehen soll. Zudem ist sie bequem und sieht nebenbei auch super aus. Ausserdem bedeutet sie ein Stück Heimat für mich!»

4  STUDIVERSUM | 2009.10


STUDISURF.CH

Das Organisationstalent Wer kennt das Dilemma nicht! Chaos auf dem Schreibtisch, auf dem Computer, im Studienordner. Entweder man hat den Schreibtisch voller Post-its oder man füllt zig Excel-Tabellen mit den nächsten ToDos, Aufgaben, Vorlesungs-Notizen oder ähnlichem ab. Wäre es nicht schöner, wenn man dafür ein geeignetes Programm hätte, das nicht vorschreibt, was man alles wo angeben muss, sprich mit dem man Daten übersichtlich und intuitiv ablegen kann? Das angesprochene Excel oder eine Applikation, wie zum Beispiel Mail, Thunderbird oder Entourage, werden meistens zum Managen von Daten benutzt. Man kann es sich jedoch viel einfacher machen. Mit Bento, einer Datenbankapplikation des Datenbank-Spezialisten und -Platzhirschen FileMaker, gibt es wohl die perfekte Lösung für fast jede Lebenssituation.

Kein Microsoft-Access

Der Titel «Datenbankapplikation» mag etwas abschreckend klingen. Doch Bento ist nicht ein «Access für den Mac», sondern eher eine iWork-Datenbank – sozusagen die fehlende Applikation aus iWork. Bento wurde vor eineinhalb Jahren eingeführt und ist nun bereits in der dritten Version verfügbar. Mit Bento lassen sich ganz einfach eigene Datenbanken zusammenstellen – dabei kann das Programm für den Einsteiger wie für den Datenbank-Profi ein nützliches Werkzeug sein. Durch die nahtlose Integration mit dem System-Adressbuch, dem Kalender iCal und neu auch der Foto-Bibliothek von iPhoto können direkt in der Applikation Verknüpfungen mit verschiedenen bestehenden Datenbanken hergestellt werden. Events und Kontakte müssen also nicht noch einmal separat erfasst werden. Bento ist nicht einfach eine Applikation für Vorlesungen, oder ein Programm fürs Managen von Studentenvereinen. Man kann vielmehr selbst bestimmen, wofür man Bento nutzen möchte. Dem User werden hierbei fast keine Grenzen gesetzt: Notizen, Vorlesungen, Noten, Aufgaben, Kontakte und Veranstaltungen organisieren. Fotos, Vereine, Versandlisten, Rezepte, sportliche Aktivitäten, Passwörter, Inventare, eBay-/ricardo-/exsila-Verkäufe und Sammlungen verwalten – die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Fehlt ein Feld für eine zusätzliche Information, kann dieses ganz einfach hinzugefügt werden. Hat eine der 35 Bento-Vorlagen eini-

5  STUDIVERSUM | 2009.10

ge unnütze Daten-Felder, können diese gelöscht werden. Gearbeitet wird nur mit dem, was wirklich gebraucht wird.

Bento auf dem iPhone

Ganz nützlich ist zudem die zugehörige Bento iPhone-/iPod-touch-Applikation. Damit kann man auch unterwegs jederzeit seine Datenbank mit neuen Einträgen abfüllen – eine Synchronisierung mit der Desktop-Version und schon sind alle wieder auf dem aktuellen Stand.

Preise und Verfügbarkeit

Bento 3 gibt‘s für CHF 59.95 in verschiedenen Online-Stores oder beim nächsten Apple-Fachhändler. Bento setzt Mac OS X 10.5.7 oder 10.6 voraus und läuft sowohl auf Intel- als auch auf den PowerPC-G4- (min. 867 MHz) und G5-Macs.

StudiSurf.ch verlost 3x Bento 3! Mehr Infos gibt‘s auf www.studisurf.ch/bento/


AUS DEM LEBEN

Der Bubentraum Manchmal werden die eigenen Kindheitsträume von jemand anderem verwirklicht. Dann muss man sich einfach einen Teil davon zurückholen. Text Simon Knopf

Scania, Volvo, Mercedes, MAN, Saurer. Ich kannte die Unterschiede genau! Und ich konnte jede Nuance der Motorengeräusche nachahmen, sogar die verschiedenen Timbres der Auspuffe. Ich war sozusagen Stimmenimitator für Lastwagen. Seien wir ehrlich: Ich war schlicht Lastwagenfanatiker. Für Götti, Gotte und Grosseltern war klar, zum Geburtstag oder zu Weihnachten gab es eigentlich nur zwei Geschenkideen: Ein Lkw-Modell von SIKU oder ein Lastwagenbausatz von LEGO. In meinem Zimmer hatte ich eine regelrechte Flotte aus Baustellen-, Kran- und Kehrrichtlastwagen. Kaum sah ich irgendwo ein speziell spannendes Fahrzeug, wurde es detailgetreu aus LEGO nachgebaut. In der elterlichen Autolackiererei verbrachte ich Stunden in der Lastwagenabteilung und sah mir die Chassis und Aufbauten genau an. Während meine Mutter im Büro Zahlungen erledigte, sass ich manchmal einen ganzen freien Nachmittag lang hinter dem Steuer eines Lastwagens, der gerade geflickt wurde. Ich war mir damals ziemlich sicher, dass ich Lastwagenfahrer werden würde. Doch Lastwagenfahrer wurde jemand anderes. Nämlich mein kleiner Bruder. Er fährt Kipper für eine grosse Tiefbaufirma in der Nähe von Kloten. Und er fährt MAN. Das sind die mit dem tiefen, bauchigen Motorengeräusch. Ich muss zugeben, dass ich von Zeit zu Zeit wirklich neidisch bin! Er war nie so begeistert von Lastwagen wie ich. Manchmal begleite ich meinen Bruder für einen Tag. Als sein Copilot, wie mich der Disponent über Funk jeweils nennt. Wir fahren dann von Baustelle zu Deponie, von Kiesgrube zu Baustelle und zurück und das Ganze fühlt sich so sorglos an, wie ich es mir damals immer vorgestellt hatte. Okay, nicht ganz. Logischerweise wurde mir bald klar, dass sich gewisse Aspekte des Jobs im Kinderzimmer einfacher gestalten als in der realen Welt. Wendemanöver zum Beispiel, oder der Umgang mit ungeduldigen Autofahrern, wenn man in der Innenstadt Kies abladen muss. Trotzdem − für mich hat der Beruf des Lastwagenfahrers kaum an Faszination eingebüsst. Mein Bruder hat zwar meinen Bubentraum verwirklicht, aber wenn ich mit ihm unterwegs bin, dann hole ich mir

6  STUDIVERSUM | 2009.10

ein Stück davon zurück. Ich fiebere dann mit ihm mit, als wäre ich am Steuer. Ärgere mich über Autos, die zu nahe an der Baustelleneinfahrt parkiert sind. Oder über die Bulldozer-Fahrer in Deponien, die sich wie Diven benehmen. Wie schnell man doch wieder Kind ist!

Verlieren & Vergessen Ich vergesse und verliere ständig Dinge. Als ich vor ein paar Jahren in England war, habe ich in zwei Monaten dreimal meine Wochenfahrkarte für den Bus verloren. Text Christoph Lutz

Insgesamt sind mir schon drei MP3-Player abhanden gekommen. Einen davon vergass ich in der Tasche meiner Jeans. Diese ist dann unglücklicherweise in die Waschmaschine gewandert und nachher hat das Teil seltsame Klicks von sich gegeben, die zwar irgendwie an Musik erinnerten, aber nicht genau meinen Vorstellungen davon entsprachen. Tja, solche Dinge passieren eben. Und es lohnt sich nicht, dagegen anzukämpfen. Oder etwa doch? Es gibt wohl kaum eine zwiespältigere Sache als verlieren und vergessen (das ja auch eine Art Verlust darstellt). Denn einerseits muss man im Leben loslassen können, andererseits sollte man es damit auch nicht übertreiben, wie Alzheimerkranke. Dieser schwierige Balanceakt zeigt sich auch in den verschiedenen Ausprägungen, die das Vergessen annehmen kann. Grob gesehen kann man zwei Formen unterscheiden: Vergessen, etwas zu tun (kopfloses Vergessen) und vergessen, etwas nicht zu tun (übereifriges Vergessen). Die erste Form kennt man zur Genüge und ich möchte deshalb nicht näher darauf eingehen. Dabei handelt es sich nämlich nur um alltägliche Schusseligkeit, ein ganz und gar gewöhnliches, um nicht zu sagen banales, Phänomen. Die zweite Form hingegen, offenbart uns viele überraschende Aspekte und ist da-

her der eingehenden Beschreibung würdig. Vergessen, etwas nicht zu tun, hat viel mit Effizienz und Rationalität zu tun. Es geht nämlich um die Beschränkung aufs Wesentliche. Übereifriges Vergessen ist, wie kopfloses Vergessen, ein Ärgernis, denn man bürdet sich damit viele lästige Umstände auf: Wenn man zum Beispiel vergisst, entfernten Verwandten nicht zum Geburtstag zu gratulieren, so muss man sie wohl oder übel anrufen, obwohl es vielleicht persönlich nicht zum Besten steht. Vergisst man die Blumen an bestimmten Tagen nicht zu giessen, gibt man ihnen zu viel Wasser und ertränkt sie dadurch. Gleiches gilt für Ex-Freunde und -Freundinnen: Sobald man den Nichtangriffspakt vergisst und versehentlich – aus Übereifrigkeit – ins Wohnquartier der- bzw. desselbigen eindringt und dort ganz zufällig auf die besagte Person stösst, sind lange, eventuell schmerzvolle Gespräche und Erinnerungen, kaum zu vermeiden. All diese Beispiele verdeutlichen, dass es sich bei dieser subtilen Ausprägung des übereifrigen Vergessens um ein «Zuviel» handelt. Oft spielt dabei das Verraten – oder besser gesagt «Vernachlässigen» oder «Vergessen» – sich selbst gesetzter Grundsätze eine wichtige Rolle. Die Reflexion der eigenen Routinen ist wohl das beste Patentrezept gegen übereifriges Vergessen.


AUS DEM LEBEN

So eine Zugfahrt die ist heiter In Tagen vollgestopfter Pendlerzüge und schweinegrippaler Infekte geht leicht vergessen, dass Zug fahren auch amüsant sein kann. Text Janine Meyer

Es ist Abend, die Hektik am Bahnhof Zü- Nichtraucher-Regeln hinweggesetzt habe rich hat nachgelassen und wir stehen rau- und jetzt eine horrende Busse fürchte. Stattchend vor dem Zug, der in einigen Minuten dessen mustert er uns mit hochgezogenen Richtung Belgrad abfährt. Unser Weg führt Augenbrauen, nickt uns zu und meint seufnicht ganz so weit, wir reisen in die slowe- zend: «Leute, geht doch wenigstens auf der nische Grenzstadt Jesenice. Es ist die erste Toilette rauchen!» Reise in den Osten und gleichzeitig die erste Reise für mich in einem Schlafwagen. Voll freudiger Erwartung ziehe ich also an der vermeintlich letzten Zigarette bis Jesenice. Kaum hat sich der Zug in Bewegung gesetzt, erscheint auch schon der Schaffner, der uns darauf aufmerksam macht, dass wir eine falsche Reservation besitzen. Er erklärt geduldig, dass der Zug mitten in der Nacht dreigeteilt werde, ein Teil nach Graz und einer nach Belgrad weiterfahre, während der dritte Teil irgendwo in Österreich stehenbleibe – natürlich ist unsere Reservation für diesen Teil ausgestellt. So müssten wir mitten in der Nacht umsteigen, was das DurchText Myriam Schuler schlafen verhindern würde. Wir überzeugen also den Herrn, dass nicht wir, sondern Es gibt Momente im Leben, die sich so andie SBB Schuld an der falschen Reservati- fühlen, als könne man alles haben. Alles, on haben. Schliesslich versteht (oder resig- was man sich je gewünscht hat; alles, was niert) er und vermittelt uns ein Abteil in ei- nach Glück und Freiheit riecht. Es sind die nem anderen Waggon. Augenblicke, in denen die Sonne durch Mein Begleiter zieht sich gleich darauf vom Herbst gefärbte Blätter scheint und ins Land der Träume zurück, während ich die Welt verzaubert. Oder in denen man in mit dem viel zu kurzen Bett und der Angst Augen blickt, die jemandem gehören, den vorm Rausfallen kämpfe. Ich beschliesse, man wirklich mag. Oder in denen man ein beim nächsten Stopp eine rauchen zu ge- Buch liest und dabei die Zeit vergisst. Ich hen. Dabei leisten mir drei biertrinkende könnte hunderte solcher Beispiele aufzähKroaten Gesellschaft. len. Für jeden sind solche Momente einIch treffe die Männer morgens bei ei- zigartig und anders, doch eines ist ihnen nem Kaffee auf dem Gang wieder. Der Äl- allen gemeinsam: Sie sind zerbrechlich. teste im Bunde grinst mich an, streicht sich Versucht man sie einzufangen und festzuüber den graumelierten Bart und zündet halten, zerplatzen sie wie Seifenblasen. sich, vom Rauchverbot unbeeindruckt, eiDiese Augenblicke lassen mich alles ne Zigarette an. Schulterzuckend denke vergessen, worüber ich mir sonst den Kopf ich mir: «Von weisen Männern lasse ich zerbreche. Aber das mit dem Kopfzerbremir gerne das Leben beibringen.» Ich tue es chen ist so eine Sache… Zwar verschwinihm gleich, gönne mir eine Zigarette, pus- det es in den Glücksmomenten, aber es ist te den Rauch aus dem Fenster und genies- gleichzeitig auch ein Hindernis für Glücksse den starken Kaffee, der mich gerade mal momente. Das Kopfzerbrechen schafft einen Euro gekostet hat und ausgezeichnet es, die perfekteste Situation in ein Desasschmeckt. Schon wähne ich mich in den ter zu verwandeln. Wo zu viele Gedanken Ferien, da kommt der österreichische Herr sind, kann das Glück gar nicht sein, denn Fahrscheinkontrolleur und ich fühle mich Glück braucht Raum und Freiheit. Welein bisschen ertappt und auch ein bisschen ches Glück möchte schon in einen Kopf schlecht, weil ich mich so einfach über die Einzug halten, der sich gerade zerbricht?

Zerbrich dir nicht den Kopf

Manchmal vermiest zu viel denken die schönsten Momente. Deshalb mein Vorschlag: sofort damit aufhören und Glücksmomente aneinanderreihen.

7  STUDIVERSUM | 2009.10

Kopfzerbrechen – was ist das überhaupt für ein Wort? Tönt schrecklich. Deshalb meine Entscheidung: Ab sofort höre ich offiziell mit Kopfzerbrechen auf. Das bringt sowieso nichts. Ist doch schade um all die schönen Momente, die dann im Kopf zerbrochen werden. Das soll der Vergangenheit angehören. Ob ich wohl Entzugserscheinungen haben werde? Vielleicht ist Kopfzerbrechen ja eine Sucht. Oh, ich merke, gerade zerbreche ich mir wieder den Kopf und das erst noch über das Kopfzerbrechen an sich. Unglaublich! So einfach werd ich das wohl nicht los. Ein Ersatz würde das Aufhören eventuell einfacher machen. Ah ja, Glücksmomente vertreiben das Kopfzerbrechen. Ein guter Ersatz. Also versuche ich, immer glücklich zu sein, durchs Leben zu gehen und zu lächeln, egal ob ich einen Grund dazu habe oder nicht. Das gefällt mir. Das wäre dann sozusagen eine unendliche Aneinanderreihung von Glücksmomenten. Wahnsinn! Hunderte von Blättern, durch die die Sonne scheint, unendlich lange Blicke in schöne Augen und tausendundeine Seite voll packender Geschichten. Was auch immer – ich freue mich darauf!


UMFRAGE

Was war dein Sommerhighlight? Ciao Grill, bye-bye Flip Flops, wir sehen uns in sechs Monaten wieder! StudiVersum hat Studis in Lugano gefragt, woran sie in der kalten Jahreshälfte zurückdenken werden. Und was ist deine schönste Sommer-Erinnerung? r Text und Bild Katharina Kuhn

Hagen Walther, 30, Management «Zählt September zum Sommer und das Oktoberfest auch? Dann ist das nämlich mein Sommerhighlight!» Lucas Volberg, 27 ½, Management «Eine Woche Männersegelurlaub... Auf jeden Fall wiederholungswürdig!» Torsten Adler, 34, Management «Ein kühles Bier in der zwar ziemlich gammligen Bar bei der Uni mit meinem alten Kumpel Lucas.» Anna Macchi, 30, Informatik «Paragliding – die Entdeckung meines Sommers! Speziell den einen Flug in Castelluccio di Norcia in Umbrien werde ich so schnell nicht vergessen.» Katharina Kuhn, 27, Marketing «Mein Sommerhighlight sind Picknick am Luganer See und das 1. August-Feuerwerk.» Cristina Mohr, 26, Informatik «Wandern im Valle Verzasca bei Locarno – wunderschön und absolut empfehlenswert!» Elio Kufahl, 23, Unternehmenskommunikation «Was für eine Frage: die Streetparade natürlich!» Kristjàn Andrésson, 25, Management «Ein Open-Air-Konzert auf der isländischen Insel ‹Vestmannaeyjer›, also Westman Islands. Da pilgern jährlich Tausende hin und campen und trinken und so. Dieses Jahr war es absolut genial, weil mit 15'000 Leuten so viele wie noch nie da waren!»

8  STUDIVERSUM | 2009.10


www.migros.ch MGB

MEERESSCHUTZ

Dieses Zeichen garantiert Fisch und Meeresfrüchte aus nachhaltiger und verantwortungsvoller Fischerei. Es verhindert die Überfischung, sichert den Lebensraum Meer und die Existenz von Fischern und ihren Familien. Mit dem Kauf von MSC-Fisch helfen Sie mit, die Vielfalt in den Weltmeeren zu erhalten. Mehr zu MSC finden Sie unter migros.ch Migros ist nachhaltigste Detailhändlerin der Welt. 9  STUDIVERSUM | 2009.10


Das Unikat

Die Brust ist tabu Oder besser: Mit dem Unikat trägst du das Tabu auf der Brust. StudiVersum und Durchzwei schenken dir das T-Shirt zum Thema! Siebdrucker Bruce Jost und Grafiker Tim Engel von Durchzwei waren wieder kreativ für dich. Die beiden Berner Giele kennen sich seit Kindheitstagen und haben schon früh zusammen gezeichnet. Heute entwerfen, gestalten und drucken Durchzwei in ihrem Atelier unter anderem für StudiVersum. Mit diesem exklusiv für dich designten T-Shirt brichst du zwar kein modisches Tabu – ein Statement setzen kannst du damit aber trotzdem. Ein tabuloses Mail an shirt@studiversum.ch genügt und vielleicht hängt das T-Shirt zum Thema schon bald in deinem Kleiderschrank. r Text Anouk N’Guyen, Bild Durchzwei

PUBLIREPORTAGE

Gewinnen Sie bei der Online Credit Challenge eine Reise nach New York! Die Online Credit Challenge bietet Ihnen eine einmalige Gelegenheit, eines unserer Kerngeschäfte näher kennenzulernen. Dem Gewinnerteam winkt eine Reise für vier Tage nach New York, inklusive Flug und Hotel. Als Team messen Sie sich mit andern Teams in der Bearbeitung eines spannenden, internationalen Kreditfalls. Dabei meistern Sie gemeinsam mit Kreditexperten der Credit Suisse verschiedene Fragestellungen in der Erarbeitung einer optimalen Finanzierungslösung für den Kunden. Sie lernen interessante und vielfältige Aufgabengebiete kennen, die Ihnen spannende Perspektiven in einem dynamischen Umfeld bieten können. Den ersten Teil der Credit Challenge

10  STUDIVERSUM | 2009.10

bearbeitet jedes Team individuell. Nachdem Sie Ihre Resultate eingereicht haben, werden diese von unseren Kreditexperten beurteilt. Die besten Teams erhalten anschliessend eine Einladung zur Finalrunde in Zürich, wo Sie zusammen mit unseren Experten weitere spannende Aufgabenstellungen meistern. Dem Gewinnerteam winkt eine Reise für vier Tage nach New York, inklusive Flug und Hotel. Interessiert? Bilden Sie ein Team aus 4 Studenten und registrieren Sie sich unter www.credit-suisse.com/creditchallenge


Bis ein Versuch an Tieren tatsächlich durchgeführt werden darf und alle Bewilligungen und Zulassungen gegeben sind, muss der Antrag durch verschiedene Gremien des Tierschutzes laufen. Wenn der Versuch bewilligt ist, untersteht er einer Kontrolle des Tierschutzes. Doch auch hier kann nicht immer alles gesehen werden. Wichtige, in der Diskussion häufig vernachlässigte Punkte sind einerseits die Haltung der Tiere und andererseits der individuelle Umgang mit ihnen: Die letzte Verantwortung liegt immer beim Pflegepersonal und bei den Forschenden.

WISSENSCHAFT

Die Entwicklung

Ethik vs. Wissen Tierversuche – ein kontroverses und viel diskutiertes Thema. StudiVersum gibt einen hysteriefreien Einblick in diesen ethisch schwierigen Bereich der Forschung. Fakt ist: Wir als Endverbraucher haben fast keine Möglichkeit, uns den Tierversuchen zu entziehen, geschweige denn nachzuvollziehen, auf welche Art welches Medikament, Kosmetikum oder Spielzeug getestet wurde. Fakt ist auch: Praktisch alle «undeklarierten» Medikamente, Farbstoffe, Verpackungen oder Putzmittel kommen irgendwann mit einem Tierversuch in Berührung. Wer möchte nicht das Mineral aus

der PET-Flasche sorglos geniessen können? Wer möchte nicht wirksame Antibiotika, wenn er eine Blutvergiftung hat? Wer möchte sein Kind nicht bedenkenlos mit der Barbie spielen lassen? Es ist vielleicht traurig, aber ganz sicher wahr: Ein immenser Teil unseres Lebensstandards steht mit Tierversuchen in Verbindung.

Die Hauptschwierigkeit: Ethik

Bevor ein Tierversuch durchgeführt wird, findet eine sogenannte Güterabwägung statt. Dabei werden die aus der Studie zu ziehenden Nutzen (wie Forschungsresultate und Wissensgewinnung) und die Leiden der Versuchstiere einander gegenübergestellt. Hier spielt die subjektive Einschätzung eine grosse Rolle: Ein Forscher fokussiert die wissenschaftlichen Resultate, während für einen Tierschützer das Wohl der Tiere höchste Priorität hat. Doch auch in der Forschung selbst werden ethische Grundsätze zur Respektierung der Würde der Tiere berücksichtigt: Personen, die Tierversuche durchführen, dürfen dies nicht ohne eine spezielle Ausbildung tun, in der es primär um die würdevolle und artgerechte Behandlung der Tiere geht. Auch aus rein «forschender» Perspektive bringt ein leidendes Tier keine repräsentativen und brauchbaren Resultate.

Laut dem Bundesamt für Veterinärwesen hat sich die Anzahl Versuchstiere von rund zwei Millionen (!) im Jahr 1983 bis 2000 mehr als gedrittelt: Zu diesem Zeitpunkt waren noch etwa 600'000 Tiere zu verzeichnen. Seitdem ist wieder eine Zunahme zu beobachten, was darauf zurückzuführen ist, dass es seit 2000 möglich ist, Mäuse genetisch so zu verändern, dass menschliche pathophysiologische Abläufe (das heisst, die Funktionsweise des Körpers unter krankhafter Veränderung) in einem Tierversuch mit hoher Korrelation untersucht werden können. In der Pharmaindustrie geht der Abwärts-Trend jedoch weiter: Immer mehr Versuche können per In-Silico- oder Invitro-Methode (also Versuche, die ausserhalb eines lebenden Organismus stattfinden) einwandfrei an entsprechenden Zellen gemacht werden. Diese Varianten sind nicht nur günstiger, sondern schonen auch zahlreiche Versuchstiere.

Wie soll es weiter gehen?

«Radikaler Tierschutz behindert Transparenz und Kommunikation», meint Zoologin Barbara Schnüriger. Es sei wichtig, dass der Informationsaustausch nicht stagniere; nur so könnten die Richtlinien eingehalten und kontrolliert werden. Im Hinblick auf die Zukunft betont sie, dass vermehrt von den Tierversuchen wegzukommen sei und Alternativmethoden gesucht werden sollten. Dies liegt auch im Interesse der Forschung: Zellkulturen ergeben schnellere Resultate, sind günstiger und schonen viele Tierleben. r Text Julia Nauer, Illustration Selin Bourquin

Ein wichtiges Prinzip ist das sogenannte «3-R-Prinzip»: Refine (verbessern), Reduce (reduzieren), Replace (ersetzen) von Tierversuchen. Entwickelt wurde es 1959 von den Engländern William Russel und Rex Burch. In der Schweiz gelten die Richtlinien seit 1983 als verbindlich und sind im Tierschutzgesetz verankert. Weitere Infos unter www.forschung3r.ch.

11  STUDIVERSUM | 2009.10


«Ronaldo, ich will ein Kind von dir!» Sie sind da, wo sich ihr Star aufhält. Warten, hoffen, begehren und schwärmen: Groupies. Sie leben für ihr Objekt der Begierde. Stalker sind sie nicht, aber auch keine gewöhnlichen Fans. Was passieren kann, wenn das Sexuelle im Vordergrund steht und der Mann zur «Trophäe» wird.

Das Phänomen «Groupie» gibt es seit ungefähr Mitte des 20. Jahrhunderts. Damals waren sie vor allem in der Musikszene bekannt. Eine der prominentesten soll Courtney Love gewesen sein, die Witwe des verstorbenen Nirvana-Sängers Kurt Cobain. Es gibt auch berühmte Lieder über Groupies: «Billie Jean» von Michael Jackson beispielsweise. Was ist ein Groupie genau? Meist sind es weibliche Personen, die ihre sexuelle Aufmerksamkeit auf Berühmtheiten ausrichten. Was viele nicht wissen: Meistens sind sie noch minderjährig und mitten in der Pubertät. Schon zu Zeiten Frank Sinatras standen kreischende junge Mädchen im Publikum. An den Konzerten wird vor Freude geweint und alle kennen die Lieder auswendig. Ein kreischendes Mädchen ist aber nicht automatisch ein Groupie. Manche träumen nur davon, dem Star näher zu kommen. Das fanatische Groupie hinge-

12  STUDIVERSUM | 2009.10

gen will zu einem bestimmten Zirkel gehören, der es fasziniert. Sei es das Umfeld eines Fussballvereins, die Rockszene oder anderes. Und natürlich will es begehrt werden und damit einher geht das Gefühl der Eroberung.

Groupie = Stalker?

Ein Groupie ist zwar kein durchschnittlicher Fan, aber auch kein Stalker, sondern etwas dazwischen. Sicher jedem Groupie vertraut, ist das Gefühl der «Parasozialen Beziehung». Diese entwickelt sich aus der «Parasozialen Interaktion»: Parasozial interagiert wird beispielsweise dann, wenn man vor dem Fernseher sitzt und das Gefühl hat, der Herr Gottschalk spreche zu einem; also eine asymmetrische Interaktion. Eine parasoziale Beziehung entwickelt sich dann, wenn man die besagte Person virtuell immer wieder zu sehen bekommt und das Gefühl hat, sie zu kennen. Das kann ein Schauspieler in einer Serie sein oder ein Fussballer, dessen Partien man regelmässig verfolgt. Auf diese Weise können sich längerfristig gefühlsorientierte Bindungen entwickeln. Was vor allem jüngeren Fans weniger bewusst ist: Es bleibt stets eine fremde Person.

Faszination: «Sportler»

Sportler – sie sind jung, athletisch, erfolgreich, berühmt und «männlich». Kein Wunder gibt es viele Personen, die sich zu ihnen hingezogen fühlen. Die Sport-Groupies lauern vor den Hotels der Sportler, teilweise auch schon direkt vor dem Hotelzimmer, besuchen die Trainings ihrer


13  STUDIVERSUM | 2009.10


Lieblingsmannschaften und kontaktieren sie, wenn irgendwie möglich, über Facebook. Angeblich hatte Cristiano Ronaldo einen Account, der wegen Überbelastung von den Betreibern gelöscht werden musste. Ob wirklich er dahinter stand, ist nicht klar. Eingefleischte Groupies suchen und wollen jeden möglichen Kontakt zu den Athleten. Gemäss Geschlechterforscherin Marianne Meier sind Sportler deshalb so anziehend, weil sie fast täglich präsent sind: am Wochenende auf dem Fussballfeld und unter der Woche im Training. «Nahbar, weil sie anwesend sind und unnahbar, weil sie Stars sind.» Genau das macht ihrer Meinung nach den Reiz für

14  STUDIVERSUM | 2009.10

viele weibliche Teenager aus. Beim Fall des FC Thun wurde die Bewunderung geradezu verhängnisvoll, sowohl für die Spieler- wie auch die Fan-Seite.

«Frau wird zum Spassfaktor»

Sex mit Jugendlichen unter dem Schutzalter ist ein Tabu. Man tut es nicht. Man darf es nicht. Man sollte es nicht wollen. Dass das nicht jeder so genau nimmt, zeigt der Sex-Skandal des FC Thun. Zwei Jahre ist es her, als im November 2007 bekannt wurde, dass mehrere Spieler der ersten und der U21-Mannschaft des FC Thun mit einer Minderjährigen sexuellen Kontakt gehabt hatten. Der ehemalige Stürmer Blerim (vollständiger Name der Redakti-

on bekannt) erzählt: «Ich weiss noch, wer sie war. Sie kam regelmässig als Zuschauerin zu den Trainings und kannte einige der Spieler. Ich glaube, sie war damals 15.» Und: «Es war so üblich, dass oft Frauen da waren, wenn man nach dem Duschen aus der Umkleidekabine kam. Das Mädchen ging öfters mit Spielern aus. Es war klar ersichtlich, dass sie den Kontakt wollte. Das hat sie später ja auch vor Gericht bezeugt.» Blerim kennt einen der Verurteilten des Prozesses gut. Dieser Mitspieler musste ungefähr 3‘000 bis 4‘000 Franken Busse bezahlen, erinnert er sich. Der besagte Fussballer spielt heute in der Challenge League. «Dieser Betrag ist in meinen Augen sehr niedrig», meint Blerim. «Ich den-


ke, sie wussten über ihr Alter Bescheid und waren sich auch der möglichen Folgen bewusst. Für mich ist das ein No-Go.» Wie kann es denn überhaupt so weit kommen? «Mit einem grossen Namen ist das ganz einfach.» Die Medien hätten auch einen Einfluss und natürlich spiele das «Berühmtsein» eine wichtige Rolle. «Ein Profi ist sich seiner Vorteile bewusst und nutzt das eventuell auch mal aus.» Weitere Gründe: «Ich denke, ihr wurde alles bezahlt an diesen Abenden. Das hat sie wohl gereizt. Sie wollte sicher auch ihren Spass. Ich habe jedoch das Gefühl, die ganze Geschichte war eine Frage des Alters. Wäre sie älter gewesen, hätte sie eher über die Folgen nachgedacht.»

15  STUDIVERSUM | 2009.10

«Nahbar, weil sie anwesend sind und unnahbar, weil sie Stars sind.»


Sex mit Jugendlichen unter dem Schutzalter ist ein Tabu.

Natürlich werde in Männerrunden viel über Frauen gesprochen und Frau werde dann vielleicht auch mal zum blossen «Spassfaktor», vor allem im Ausgang. Es könne gut sein, dass die Spieler sich gar abgesprochen hätten, wer mit ihr ausgehe. «Ich habe zudem mitbekommen, dass sie den Akt gefilmt haben. Ob Alkohol im Spiel war und sie das gewusst hat, weiss ich nicht.» Vermutlich sei es ihr Wunsch gewesen, gleichzeitig mit mehreren Männern etwas zu haben. Anders könne er sich das nicht erklären.

Macht, und wie sie zu Kopf steigen kann...

Nutzen manche Stars ihre Macht also aus? Sie sind berühmt, wissen um die vielen Frauen, die sie begehren, und gehen vielleicht darauf ein – gleichzeitig soll dies den Medien nicht bekannt werden, denn man will sein sauberes Image nicht beflecken. Geschlechterforscherin Marianne Meier spricht von einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen Spielern und Fans. Es handle sich dabei um ein indirektes

Machtgefüge. Weibliche Fans sehen nicht den Sportler in den Fussballspielern (oder auch Eishockey-Spielern und so weiter), sondern den Mann, woraus Schwärmereien und Fantasien resultieren. Gerade Mädchen im Teenager-Alter versuchen, so nah als möglich an ihren Star heranzukommen und wollen schauen, wie weit sie dabei gehen können. Reagiert der Angehimmelte auf ihre Blicke, wird das sofort als Einladung verstanden, sich weiter vorzutasten. Gemäss Marianne Meier tragen die Spieler als Erwachsene eine Verantwortung für ihr Tun, vor allem den Minderjährigen gegenüber, weil gerade Teenager fanatische Fans sind. Sportler haben ihrer Vorbildfunktion nachzukommen. Die Schulung der Sportler in diesem Bereich soll Sache des Klubs sein. Ein ehemaliger Junioren-Trainer und heutiger Masseur eines österreichischen Fussballklubs erzählt: «Selbst als ausgedienter Trainer hat man sehr gute Chancen bei Frauen. Die mögen irgendwie den sportlichen Beruf.» Es soll aber auch erwähnt sein, dass sich längt nicht alle Sport-

ler auf ihre Groupies einlassen. Und längst nicht alle Frauen Groupies sind.

Ein Montagabend im Mascotte

Zum Abschluss eine kurze Geschichte aus dem Zürcher Mascotte. Montagabend: Eine grössere Gruppe von Frauen und zwei Fussballer, die in der Challenge League spielen, sitzen per Zufall auf einem Sofa in unmittelbarer Nähe und lernen sich flüchtig kennen. Die Sportler sind kräftig gebaut und sitzen da mit offenen Hemden, zeigen ihre Brust. Der eine ist mit seinem Mobiltelefon beschäftigt. Der andere Spieler sieht sich als erfolgreichen Stürmer und beginnt ausgelassen zu erzählen, was für ein toller Torschütze er doch sei. Von der Frauen-Seite zeigt sich kaum Anteilnahme, höchstens ein Nicken. Gegen Ende des Monologes folgt eine sofortige Einladung ins Auto oder später sonstwohin. Als er auf Ablehnung stösst, bekommen die Frauen nur noch zu hören: «Dann bleibt doch, wo der Pfeffer wächst!» r Text Raffaela Angstmann; Illustrationen Milena Gsteiger

Wer gerade auf den Geschmack gekommen sein sollte, findet unter www.ehow.com ein 5-PunkteProgramm: «How to be a sports groupie: join the elite team of sports fanatics!» Aber Achtung: Unter Studis ist es vielleicht tabu, ein Groupie zu sein…

16  STUDIVERSUM | 2009.10


17  STUDIVERSUM | 2009.10


Schweigen auf dem Mittelmeer Die Todesgefahr schreckt sie nicht ab: Jedes Jahr wagen Tausende die Flucht vom afrikanischen Kontinent ins erhoffte europäische Paradies. Dabei lassen Hunderte ihr Leben. Von ihrer Verzweiflung, die sie über die Meere jagt, möchte niemand sprechen.

Vor nicht allzu langer Zeit hätte man sich nicht vorstellen können, dass die USA einen schwarzen Präsidenten haben könnten. Oder dass Frauen im Bundesrat sitzen würden, wo doch die Schweiz als eine der letzten europäischen Staaten das Frauenstimmrecht eingeführt hat. Tabu-Themen in der Politik gab und gibt es auch heute noch: Inakzeptable Gegebenheiten, die von den Verantwortlichen totgeschwiegen und Konflikte, die latent gehalten werden. Es sind Themen, die nicht öffentlich diskutiert werden sollen. Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International soll in mindestens 81 Ländern immer noch gefoltert werden, 59 Staaten würden an der Todesstrafe festhalten, darunter Iran, wo die Regierung sogar Minderjährige hinrichten lasse. Vier Milliarden Menschen hätten keinen Zugang zur Justiz und eine Milliarde lebten gegenwärtig in Slums. Die Liste würde sich lange fortsetzen lassen. Ebenfalls ein politisches Tabu-Thema, das jedoch wegen seines immer grösser werdenden Ausmasses langsam ins kollek-

18  STUDIVERSUM | 2009.10

tive Bewusstsein rückt, ist das Geschäft mit der illegalen Migration.

«Geschichten von einem europäischen Eldorado»

Anaruz ist ein junger Sprachstudent aus der tunesischen Hauptstadt. Aufgewachsen ist er in einem armen, staubigen und stark belebten Quartier im Süden von Tunis. «Ich habe viele Freunde, die schon auf ein Schiff gestiegen sind», sagt er. Damit meint er marode Boote, die von den nordafrikanischen Küsten ablegen und über das Mittelmeer nach Italien steuern. Oft sind sie übervoll geladen mit den Fluchtwilligen. «Die Schlepper erzählen ihnen schöne Geschichten von einem europäischen Eldorado. Für die Überfahrt verlangen sie bis zu 10‘000 Dinar», sagt Anaruz. Das sind umgerechnet etwa 8‘000 Schweizer Franken. Zum Vergleich: Das durchschnittliche Salär eines Universitätsprofessors in Tunesien beträgt ungefähr 500 Franken pro Monat. «Harraga nennt man sie», so Anaruz. Das arabische Wort steht für «Diejenigen, welche die Brücken hinter sich verbrennen». Auswandernde, die ihr Leben riskieren, um über das Meer nach Europa zu gelangen, wo sie auf eine bessere Zukunft hoffen.

Endstation der Hoffnungen

Doch statt des erträumten Lebens auf der Sonnenseite des europäischen Kontinents wartet auf viele die Festnahme und Rückschaffung oder der Tod im Mittelmeer. Jährlich sterben mehrere hundert Flüchtlinge während der Überfahrt im Kanal von Sizi-


19  STUDIVERSUM | 2009.10


lien. Diese Route gilt als eine der gefährlichsten. Dabei gehen oft Trinkwasser und Nahrungsmittelreserven zu Ende, lange bevor das Ziel erreicht ist. Weitere Szenarien: Der Treibstoff geht zur Neige, der Motor fällt aus oder das vermeintliche Traumschiff gerät in ein Unwetter. Im Frühling dieses Jahres missglückte ein Fluchtversuch von 35 Jugendlichen aus La Marsa, einer tunesischen Vorstadt im Norden des Landes. Dabei ertranken 28 der jungen Flüchtlinge. Ihre Leichen wurden an die süditalienische Küste von Pantelleria geschwemmt. Letztes Jahr starben vor den Küsten Tunesiens rund zweihundert Flüchtlinge, weil ihr seeuntüchtiges Boot in einen Sturm geriet. Flüchtlingstragödien auf dem Mittelmeer sind keine Seltenheit, doch nur die wenigsten werden bekannt.

Arbeitslos im Ferienparadies

«In Tunesien scheint die Sonne vor allem für die Touristen», sagt Anaruz. Jährlich pilgern ungefähr sieben Millionen Touristen in die nordafrikanische Idylle. Dass hier keine Meinungsfreiheit herrsche, in den Gefängnissen gefoltert werde und die Arbeitslosenquote unter den Jugendlichen fast 25 Prozent betrage, davon würde niemand

«In Tunesien scheint die Sonne vor allem für die Touristen.»

sprechen. Der 25-jährige Student kann gut nachvollziehen, was es heisst, «in die Fremde getrieben zu werden». Etwa, weil keine Lebensperspektive existiert, keine Einkommensmöglichkeit besteht und die Armut um sich greift. Dazu kommt: «In meinem Quartier flimmert fast in jedem Haushalt ein alter Fernseher, der mit Bildern aus der Welt des Überflusses die Jugendlichen lockt.»

Kontrolle statt Hilfe

Die Massnahmen, um die Probleme der Migration zu lösen, erfolgten bis jetzt in keinem institutionellen Rahmen. Seit Beginn dieses Jahres versucht die Europäische Union, die Migrationsströme durch

bilaterale Abkommen und Verschärfungen von Strafgesetzen zu lenken. Der Jahresreport 2009 von Amnesty International kritisiert die Zuwanderungspolitik der EU: Statt den Flüchtlingsschutz zu stärken, würde die Union mit allen Mitteln versuchen, die Menschen aus Europa herauszuhalten. Amnesty stützt sich dabei auf die sogenannten Rückführungsabkommen mit den Herkunfts- und Transitländern der Migrierenden. Nicht nur vor den Toren Europas wurden Auffanglager eingerichtet, sondern auch in vielen nordafrikanischen Ländern. Ein Beispiel: Im letzten Mai haben die Behörden von Italien und Libyen vertraglich beschlossen, strengere Strafen für illegal

ANZEIGE

STUDE PREIS NTEN 09/10

DENKEN, SCHREIBEN – UND GEWINNEN! Mitten im Studium? Aber Zeit für einen journalistischen Text, der Ihnen ein Praktikum bei der SonntagsZeitung oder ein Raiffeisen Ausbildungskonto mit 3 000 Franken einbringen könnte? Dann zeigen Sie uns doch, was in Ihnen steckt. Unsere hochkarätige Jury wartet auf geniale Arbeiten.

Infos und Anmeldung unter: www.sonntagszeitung.ch/studentenpreis

20SoZ_Studentenpreis_210x140_ARO.indd  STUDIVERSUM | 2009.10

1

16.9.2009 11:02:41 Uhr


Ausreisende sowie für deren Helfer und zufälligen Mitwisser einzuführen. So werden sogar Schiffsbesatzungen, die in Not geratene Flüchtlinge aus dem Mittelmeer retten, von der italienischen Justiz wegen Hilfeleistung zu illegaler Immigration angeklagt. Flüchtlinge, deren Identität unbekannt ist, werden nach Libyen verfrachtet und dort in Lagern aufgehalten, meist ohne ihren Flüchtlingsstatus zu überprüfen. «In unserer Heimat können wir nicht leben, und anderswo dürfen wir nicht», sagt Anaruz.

Geschlossene Tore

Wer es schafft, die «mediterrane Mauer», wie das Meer zwischen den beiden Kontinenten oft genannt wird, zu überwinden und europäisches Festland zu betreten, ist noch lange nicht geschützt. Im Gegenteil: Nach Angaben des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen UNHCR herrschen auch in den Auffangunterkünften in Europa widrige Verhältnisse. Demnach seien die Zentren auf der italienischen Insel Lampedusa überfüllt, die hygienischen Bedingungen seien miserabel und es sei zu Misshandlungen durch die Polizei gekommen. Dadurch hat die «Gefängnisinsel» das mediale Interesse auf sich gezogen. Jedoch

nur für kurze Zeit und einzig deshalb, weil sich zahlreiche Menschenrechtsorganisationen zu Wort gemeldet haben. Sie kritisieren: Das Recht auf Asyl und faire Asylverfahren sei durch die neuen Gesetze eingeschränkt oder sogar verunmöglicht worden. Die EU hat fast alle legalen Einreisemöglichkeiten zum europäischen Territorium für Bürger des afrikanischen Kontinents verschlossen. In allen Herkunftsländern der Flüchtlinge, wie beispielsweise auch Tunesien, wurde eine Visumspflicht angeordnet. So wird eine legale und gefahrlose Zuwanderung aus diesem Raum verhindert. Daraus lässt sich der Schluss ziehen: Wem die Einreise nach Europa gelingt, ist per Definition ein «Illegaler». «Nur weil wir uns auf

der Weltkarte an einem Fleck befinden, wo wir nicht glücklich sein können, macht uns das doch nicht zu Verbrechern», sagt Anaruz. Auch er träumt von einem anderen und vor allem besseren Leben. Für ihn steht aber fest: «Auf ein Schiff zu steigen und der Todesroute zu folgen, ist nicht die richtige Lösung.» Der Mut, die Zuversicht und der ungebrochene Wille, mit der die oft jungen Flüchtlinge die weiten Gewässer überqueren, könnte besser zum Einsatz kommen: Nämlich in der grundlegenden und kompromisslosen Forderung nach einem Leben, das es wert ist, nicht über Bord ins Meer geworfen zu werden. r Text Nina Fargahi, Bilder Selin Bourquin

Klicken: fortresseurope.blogspot.com Lesen: Amnesty International Report 2009, S. Fischer Verlag. Sehen: «Harraga», Dokumentarfilm von Anita Lems und Christine Moderbacher, 2008.

www.schminke.ch

ANZEIGE

« Die breite Erfahrung des Wirtschaftsprüfers hält Ihnen unzählige Wege offen. » Prof. Dr. Giorgio Behr, dipl. Wirtschaftsprüfer, Unternehmer, Schaffhausen

Giorgio Behr geb. 1948 I verheiratet, Vater von vier Söhnen I 1970 Tenente fucilieri di montagna I 1971 Lizenziat & Handelsschullehrer I 1972 Berufseinstieg bei KPMG I 1973 Aufstieg NLA Handball als Spieler I 1974 Doktorat & Vorprüfung WP I 1975 Rechtsanwalt I 1978 dipl. Wirtschaftsprüfer I 1979 Aufstieg NLB Handball als Trainer, dann Forschungsaufenthalt University of Washington, Seattle I 1982 Controlling & Restrukturierungen in der Industrie I 1984 Aufbau eigener Beratungsgesellschaft, später Verkauf an Partner I 1989 Professur Universität St. Gallen I 1991 Aufbau des eigenen Industrieunternehmens I 2005 Schweizer Meister Handball als Präsident I 2006 Präsident der Treuhand-Kammer I Hobbys: Tauchen, Museums-Bahn und Handball I Wirtschaftsprüfung: Wo Karrieren geboren werden. www.treuhand-kammer.ch

21  STUDIVERSUM | 2009.10


Vitamin R Über die Schokoladenseiten des Studentendaseins spricht man gern: Freizeit, Partys, Faulenzen. Über die Schattenseiten wird oft geschwiegen. Und wenn die Anforderungen im Studium zur bedrohlichen Hürde werden, greifen viele Studis zu Hilfsmitteln.

«Die Probleme haben schon im ersten Semester begonnen», erzählt die Wirtschaftsstudentin Sandra H. (vollständiger Name der Redaktion bekannt). «Der Umfang des Lernstoffes überwältigte mich. Ich konnte mich kaum konzentrieren – und nur ein Bruchteil blieb in meinem Kopf hängen. Mit viel Koffein und Traubenzucker überstand ich die Lernphase.» Als ein halbes Jahr später die nächsten Semesterprüfungen anstanden, war die Studentin verzweifelt. Die Noten aus dem ersten Semester waren nur knapp genügend gewesen und der Bücherstapel auf dem Pult ragte schon wieder bedrohlich in die Höhe. Sie vertraute sich einer Mitstudentin an, welche spontan eine Pillenpackung aus dem Handtäschchen kramte: Ritalin. «Die Mitstudentin erzählte mir, dass ihr kleiner Bruder eine Aufmerksamkeitsdefizitsstörung, also ADS, habe und mit Ritalin behandelt werde. Sie selbst habe zwar keine Aufmerksamkeitsprobleme, aber sie bediene sich aus seinem Medikamentenschrank. Sie nehme das ‹Vitamin R› während der Prüfungszeit ein – es erleichtere das Lernen und das Gefahrenpotenzial sei gering, wenn man es nach den Prüfungen gleich wieder absetze», erinnert sich Sandra. Doppelter Lernstoff in der Hälfte der Zeit – das war Musik in den Ohren der Studentin. Sie beschloss, ihrer Konzentration auch ein wenig auf die Sprünge zu helfen.

22  STUDIVERSUM | 2009.10

Verfolgungswahn und Halluzinationen

«Die Wirkung war famos. Ich konnte bis zu zehn Stunden am Tag lernen und war am Abend immer noch fit», erzählt Sandra. «Woher ich das Ritalin bezogen habe, sage ich nicht.» Die Selbstmedikation hatte aber auch Nebenwirkungen. Abends litt die Studentin unter Einschlafstörungen, weil sie zu aufgekratzt war. Ein kühles Bier half. Tagsüber verspürte sie manchmal Bauchschmerzen. Über diese Dinge redet Sandra nicht gerne. «Die Nebenwirkungen kümmerten mich nicht, den Nutzen rechtfertigten sie allemal.» Blauäugig? Das kann man wohl sagen. Ritalin ist ein Psychostimulantium, das die Konzentration steigert und in seiner chemischen Struktur mit Koffein und Kokain verwandt ist. Bei kleinen bis mittleren Dosen wird man wach und aufgekratzt, hochdosiert können euphorische Zustände, Verfolgungswahn und Halluzinationen auftreten. Auch die Nebenwirkungen sind nicht zu verharmlosen: Appetitlosigkeit, Kopfund Bauchschmerzen, Veränderungen von Herzrate und Blutdruck, Schlaf- und Ticstörungen. Obwohl das «Vitamin R» rezeptpflichtig ist, stellt die Verfügbarkeit auf dem Studentencampus meist kein Problem dar. Ob vom Bruder geklaut, von einem Dealer bezogen oder legal von einem Arzt verschrieben, mit den richtigen Verbindungen kommt man auch ohne diagnostiziertes ADS an den Wirkstoff heran. In Amerika gehört das Ritalin zu den zehn am häufigsten gestohlenen Medikamenten. Der Ritalinmissbrauch unter Studierenden wurde in den letzten Jahren in den USA populär. Laut einer US-Umfrage aus dem Jahr 2006 nehmen 3.9 Prozent der Studierenden Ritalin ohne ärztliche Verschreibung ein. Diese Zahl klingt besorgniserregend. Doch manche Ärzte sind der Ansicht, dass jene Studis, die zu Ritalin greifen, vorbestehend ein nicht diagnostiziertes ADS aufweisen und sich im Grunde illegal die richtige Therapie zukommen lassen. Die


23  STUDIVERSUM | 2009.10


Vertreter dieses Ansatzes sehen das Hauptargument in der Auftretenswahrscheinlichkeit der Aufmerksamkeitsdefizit-Störung: Diese ist etwa gleich hoch wie die Missbrauchsrate. Ob dieses Argument jedoch zutrifft, ist fraglich.

Ein Teufelskreis

«Unethisch oder nicht, das Medikament hat mir geholfen», fasst Sandra zusammen. «Ohne Ritalin hätte ich das erste Studienjahr nicht geschafft. Ich versuche aber, die nächste Prüfungsphase ohne medikamentöse Hilfe zu bewältigen.» Dieser Vorsatz klingt gut, schliesslich sind die Folgen einer Ritalineinnahme ohne ärztliche Kontrolle nicht immer harmlos. Viele Studierende steigern die Dosis allmählich, um noch länger wach zu bleiben, und trinken dann am HOBSONS_Schweiz_210x140 Ohne:Layout 1

Abend Alkohol, um einschlafen zu können. Ein Teufelskreis beginnt. In den USA landen jährlich mehrere Tausend Studis nach wiederholtem Ritalinmissbrauch mit einem totalen körperlichen Zusammenbruch auf der Notfallstation. Einen ganz anderen Weg, um mit Stress im Studium klarzukommen, schlug die Psychologiestudentin Nadja S. ein (vollständiger Name der Redaktion bekannt). «Der Leistungsdruck während der Prüfungsphasen belastete mich stark. Meine Stimmung war im Keller, ich war tagsüber gereizt und fand abends keinen Schlaf», erzählt die 24-Jährige. «Ich wollte aber kein Medikament nehmen, sondern eine sanfte und harmlose Behandlungsmöglichkeit für mich finden. In einem Praktikum in einer psychiatrischen Klinik hatte ich Erfahrun01.10.2009

12:53 Uhr

gen mit alternativen Behandlungsansätzen gemacht. Mein Gefühl sagte mir, dass mir so etwas dabei helfen könnte, resistenter gegen Stress zu werden.» Kurz darauf wurde die Studentin auf Reiki aufmerksam. Reiki ist ein therapeutisches Verfahren aus Japan, bei dem die Selbstheilungskräfte des Patienten durch Handauflegen stimuliert werden sollen. Ein «Vitamin R» der ganz anderen Sorte.

Lebensenergie gegen Stress

«Kurze Zeit später besuchte ich ein ReikiSeminar», erzählt Nadja. «Am Anfang war ich furchtbar nervös, weil ich die Erwartung hatte, ich müsste etwas leisten, so wie an der Uni. Das war meine erste Lektion: Es fliessen lassen. Ich muss nicht immer alles kontrollieren, sondern kann darauf vertrau-

Seite 1

ANZEIGE

Für den Berufsstart unbezahlbar.

Für Sie kostenlos. Der Hobsons 2009/2010 • Das Standardwerk für den Berufsstart in Wirtschaft und Technik • Umfangreiche Bewerbungs-Tipps, aktueller Branchenüberblick und 50 Unternehmen im Porträt • Kostenlos an Ihrer Hochschule erhältlich

>>> Flash-Book und Download unter www.der-hobsons.ch 24  STUDIVERSUM | 2009.10


«Ich konnte bis zu zehn Stunden am Tag lernen und war am Abend immer noch fit.»

en, dass schon das Richtige passieren wird.» «Reiki» ist das japanische Wort für universelle Lebensenergie. Die Reiki-Lehre besagt, dass wir in unserer Umwelt unablässig von Lebensenergie umgeben sind und diese auch in unserem Körper fliesst. Bei psychischer oder physischer Belastung kann es zu Energieblockaden im Körper kommen, die mit Krankheiten und psychischen Störungen in Verbindung gebracht werden. Bei einer Reiki-Behandlung lässt der Praktizierende die Lebensenergie aus der unmittelbaren Umgebung durch seine Hände in den Körper des Patienten fliessen. Die Energie beseitigt Blockaden, aktiviert die körpereigenen Selbstheilungskräfte und sorgt für körperliches und seelisches Wohlbefinden. Sie ist jedoch kein Ersatz für medizinische Eingriffe. Ein Kernthema jedes Reiki-Seminars ist die Chakren-Lehre. Das Wort Chakra bedeutet «Rad» oder «Kreis». Chakren sind feinstoffliche, schwingende Energiezentren im Körper, welche die Energie aus der Umwelt besonders gut aufnehmen und durch einen körperinternen Energiekreislauf miteinander verbunden sind. Bei Belastung kann der Energiefluss zwischen den Zentren gestört werden. Die Reiki-Handpositionen sind daher auf die Lage der Chakren abgestimmt.

ne untersucht. Die Forscher erkundeten die Wirkung von Reiki auf das autonome Nervensystem. Fünfundvierzig gesunde Versuchspersonen wurden zufällig in drei Gruppen aufgeteilt: Die erste Gruppe bekam nach einer Ruhephase eine halbstündige Reiki-Behandlung von einem Reiki-Meister. Die Placebo-Gruppe wurde nach einer Ruhephase dreissig Minuten lang von einer Person behandelt, die keine Kenntnisse über Reiki besass und lediglich die Handpositionen des Meisters nachahmte. Die Versuchspersonen wussten nicht, ob sie der Experimental- oder der Placebogruppe angehörten. Die dritte Gruppe erhielt nach einer Ruhephase keine Behandlung. Die Auswertungen zeigten, dass Herzrate und Blutdruck bei der Reiki-Gruppe im Vergleich zur Placebogruppe und zur Kontrollgruppe während der Behandlung signifikant abnahmen und die Hauttemperatur an den Händen signifikant zunahm, obwohl sich die Gruppen während der vorgängigen Ruhephase in den physischen Parame-

tern nicht voneinander unterschieden hatten. Die Forscher folgern daraus, dass Reiki eine positive Wirkung auf das autonome Nervensystem hat, die nicht nur durch Entspannung oder Placebo-Effekte erklärt werden kann.

Ritalin oder Reiki?

Trotz der Studienresultate bleibt Handauflegen für viele Menschen Augenwischerei. Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit von Lee et al. kommt zum Schluss, dass die Wirksamkeit von Reiki-Behandlungen im statistischen Sinn lediglich auf dem Zufallsniveau liegt. Dennoch: In Bezug auf das gesundheitliche Risiko ist ein Reiki-Seminar deutlich harmloser als eine selbstverschriebene Ritalinbehandlung. Jene Studierenden, die mit Leistungsdruck oder Konzentrationsschwierigkeiten kämpfen, sollten früh genug Hilfe in Anspruch nehmen. Und wenn schon medikamentös: statt Vitamin R lieber Vitamin C. r Text Barbara Ritter, Bild Selin Bourquin

Nur Hokuspokus?

Seit dem Seminar hat sich in Nadjas Leben viel verändert. «Ich mache mehrmals pro Woche eine Reiki-Selbstbehandlung. Es beruhigt mich, gleicht meine Stimmung aus und gibt mir Kraft. Ich kann besser mit Belastungen umgehen und auch in stressigen Zeiten einen kühlen Kopf bewahren.» Trotz der positiven Erfahrungen ist das Umfeld der Studentin skeptisch geblieben: «Meine Familie belächelte mich bloss, alle stempelten Reiki als Hokuspokus ab. Auch an der Uni ist es schwer, über Reiki zu sprechen. In der Wissenschaft scheint kein Platz für universelle Lebensenergie zu sein. Dabei wäre es doch gerade in der Psychologie wichtig, zu einer ganzheitlichen Betrachtung zu finden.» Ob Reiki mehr ist als nur ein PlaceboEffekt, wurde 2004 in einer empirischen Studie von Mickey, Hansen und McFarla-

25  STUDIVERSUM | 2009.10

Quellen: Kapner, D.A. (2008): Recreational Use of Ritalin on College Campuses. The Higher Education Center for Alcohol and Other Drug Abuse and violence prevention. www.higheredcenter.org Lee, M., Pittler, M., & Ernst, E. (2008): Effects of reiki in clinical practice: a systematic review of randomised clinical trials. International Journal of Clinical Practice, 62, 947-954. Mackay, N., Hansen, S., & McFarlane, O. (2004): Autonomic nervous system changes during Reiki treatment: A preliminary study. Journal of Alternative and Complementary Medicine, 10, 1077-1081. Weitere Informationen zu Reiki im Internet unter www.reiki-schweiz.ch.


«Lachen ist nicht gleich Lachen» Sprach-Akrobat Andreas Thiel wurde wegen seiner Kritik an Ariel Scharon 2003 vom Schweizer Fernsehen zensiert. StudiVersum hat den Satiriker und Kabarettisten für ein tabuloses Gespräch über Humor getroffen.

«Meine Satire richtet sich eher an ein gebildetes Publikum. Menschen, die politisch nicht gebildet sind oder keine zwei Stunden Text an einem Abend aufnehmen können, sind bei mir falsch. Deswegen spiele ich lediglich in Kleintheatern», so Andreas Thiel. Ein Comedian für Studierende also. StudiVersum traf den «Lustknaben der Dichtkunst» (NZZ) im Adriano's, einem Café in der nähe der Zytglogge in Bern. Bereits während der telefonischen Kontaktaufnahme drang sein Zynismus durch. Auf seinem Anrufbeantworter sprach er von Skifahren in Airolo. Zum Interview erschien er mit Krücken, an die er wegen eines Klettersturzes gebunden war, und trug ein T-Shirt mit einem Mickey Mouse-Aufdruck. Andreas liebt das Café Adriano's und trinkt dort oft seinen Lieblingskaffee Malabar. Ein Kaffe, der wild in der Nase und mild im Geschmack sei – bei mir hingegen wirkte er eher wild im Darm; ich musste die Revolte in meinem Bauch mit einem starken Schnaps niederschlagen. Aber lassen wir das.

26  STUDIVERSUM | 2009.10

Was ist für dich im Humor tabu? Es gibt eine ästhetische Grenze. Mir ist hohes Niveau sehr wichtig. Das heisst, es muss einen gewissen Sinn haben. Von Fäkalhumor beispielsweise halte ich nicht sehr viel. Zudem muss der Humor schön gesprochen sein. (Andreas beugt seinen Kopf nach hinten und scheint nachzudenken.) Natürlich ist Illegales für mich Tabu. Illegales? Was kann ich mir darunter vorstellen? (Andreas nimmt einen grossen Schluck und stellt die Tasse hin. Sein Blick schweift auf den zersplitterten Bildschirm meines iPhones. Ein kleines Schmunzeln überfliegt sein Gesicht, er greift in seine Hosentasche und legt diskret sein iPhone, dessen Bildschirm ebenfalls von Kratzern und Splittern übersät ist, neben meins.) Blasphemie. Ich mache mich nie über Religion oder einen Gott lustig. Ein weiteres Tabu ist, dass ich lügen würde und jemanden in den Dreck zöge. Ich erzähle den Leuten die Wahrheit, einfach in einer anderen Form. Kannst du mir zwei Beispiele nennen: Eines, das deine Kriterien erfüllt und eines, das für dich ein Tabu-Bruch ist? (Er lehnt sich zurück und faltet die Hände.) Da muss ich schnell einen Moment überlegen. (Ich lasse ihm Zeit und bestelle noch einmal zwei Kaffees.) Ich möchte dir zwei Witze erzählen. Der erste ist meiner Meinung nach geschmacklos. Der Zweite hat einen tieferen Sinn. Warum hat es in einer Gaskammer in


«Ich erzähle den Leuten die Wahrheit, einfach in einer anderen Form.» Auschwitz elf Löcher? (Ich antworte nicht auf die Frage und hebe die Tasse zum Mund, um die Zeit zu überbrücken.) Weil Juden nur zehn Finger haben. Das ist ein Witz unter der Gürtellinie, er ist geschmacklos. Ein Witz auf Kosten der Juden. Der zweite Witz dreht sich um das gleich traurige Thema. Es ist jedoch ein jüdischer Witz. (Andreas beginnt einen hebräischen Akzent zu imitieren, ich muss mir das Lachen mit aller Mühe verkneifen.) Ein Jude geht zum Kommandanten in Auschwitz und fragt ihn: «Herr Kommandant, ist es möglich, dass Sie mich in die Baracke 4b

27  STUDIVERSUM | 2009.10

verlegen?» Der Kommandant antwortet: «Wieso willst du denn verlegt werden, es ist doch überall gleich?» «Herr Kommandant, meine Familie ist in der Baracke 4b. Ich möchte gerne zu ihnen.» Der Kommandant sieht den Juden an und sagt: «Ich habe ein Glasauge. Wenn du erraten kannst, ob es rechts oder links ist, dann erfülle ich dir deinen Wunsch.» Der Jude zögert keine Sekunde und sagt sofort: «Es ist das linke.» Verblüfft fragt ihn der Kommandant: «Wie konntest du das erraten?» Der Jude entgegnete: «Es sah so menschlich aus.» Dieser Witz erfüllt meine Kriterien, weil er eine Metapher ist. Er ist sehr wahr und löst bei den Leuten weniger einen Schenkelklatscher aus, sondern eher ein erkennendes «Aha». Muss Humor tiefsinnig sein, damit die Leute lachen? Nein. Auch ich finde teilweise plumpen Humor komisch. Aber es gibt Unterschiede, wie man lacht. Wenn jemand etwas Pein-


liches tut, zum Beispiel nackt über die Bühne rennt oder sich eine Rakete im Hintern anzünden lässt, dann lachen die Leute, weil es ihnen peinlich ist. Sie schämen sich für den Darsteller und weniger, weil der Witz lustig ist. Zugegeben, je nachdem muss ich auch lachen und es ist auch ein Tabu-Bruch, aber definitiv nichts Neues. Auch die Griechen rannten nackt über die Bühne, um zu schockieren. Solcher Humor bringt zwar die Leute zum Lachen, es ist aber ein Lachen ohne Nachhaltigkeit. Diesem Humor fehlt vor allem eines: eine Message. Wie lachen die Leute bei dir? Sie lachen weniger laut und selten gerade aus. Mir wird eher zugeschmunzelt. Meine Satire ist so ausgelegt. Ich erzähle Wahrheiten in einer anderen Form, bediene mich einer gerissenen Sprache und spiele mit Redewendungen. Bei meinem Humor geht es um Absurdität, Überraschung und Wiedererkennung. Es braucht eine Pointe. Lachen ist nicht gleich Lachen. Gibt es Themen in der Schweiz, die deiner Meinung nach Tabu sind? Ich denke, in der Schweiz ist vor allem das Geld tabu. Über Geld spricht man nicht, das ist den Leuten unangenehm. Aber Tabus ändern sich im Laufe der Zeit und sind je nach Mentalität und von Land zu Land verschieden.

«Humor ist ein angemessenes Werkzeug, um Tabus zu brechen.»

Hast du ein Beispiel für ein Tabu im Ausland? In Deutschland beispielsweise ist alles tabu, was gegen Juden ist. Und in der Schweiz ist meine Satire viel mehr zwischen den Zeilen zu verstehen. In Deutschland funktioniert dies nicht. Dort kommt man mit direktem Humor viel besser an. Tabus spiegeln den Zeitgeist und kulturelle Werte wieder. Sie zeigen, was uns bewegt, worüber wir nicht sprechen und wofür wir uns schämen. Einige bedürfen Respekt und einen sorgfältigen Umgang. Es sind jene, die die Intimität anderer zu stark verletzen. Andere wiederum müssen aufgebrochen und thematisiert werden. Es sind solche, die uns zu sehr einschränken. Humor ist, wenn er richtig angewendet wird,

ein angemessenes Werkzeug, um Tabus zu brechen. Andreas Thiel ist provokativ und stösst bei manchen an Grenzen. Obwohl er nicht jedes Tabu mit chirurgischen Eingriffen öffnet, greift er Themen mit einem hohen Mass an Sorgfalt und Gespür auf. Das letzte Wort gehört ihm: «Fragen wir nicht nach den schleierhaften Seiten des Islams. Fragen wir danach, was der Islam uns zu bieten hat. Was beispielsweise bietet der Islam der Frauenbewegung? Ist es ein genereller Mummenschanz? Ist es das? Oder ist es mehr? Was Mohammed gesagt hat, wissen wir. Aber was hat seine Frau dazu gesagt? Hat sie vom Islam gewusst? Diese Fragen werden immer unter dem Teppich mitfliegen.» r Text Guy Huracek, Bild Vinzenz Wyser

Andreas Thiel ist ein Sprach-Akrobat, der mit seiner Satire oft an Grenzen stösst. Er gilt als einer der erfolgreichsten Kabarettisten und Satiriker der Schweiz. Geboren wurde Andreas Thiel am 2. Februar 1971 in Bern. Nach der Lehre als Bauzeichner ging er an die Londoner Desmond Jones School of Mime and Physical Theatre. Bereits 1999 erhielten er und sein damaliger Partner Jean Claude Sassine den «Salzburger Stier». Für seine satirische Kunst wurde er 2004 mit dem «Goldenen Thunfisch» und 2005 mit dem «Prix Walo» und dem deutschen Kleinkunstpreis «Prix Pantheon» ausgezeichnet. Andreas Thiel schreibt regelmässig Kolumnen in der Berner Zeitung und im Satiremagazin Nebelspalter. Im StudiVersum war er während zweier Jahre für die Cartoons und Karikaturen verantwortlich. Du kannst Andreas Thiel von Oktober bis Dezember überall in der Schweiz live erleben, unter anderem in Winterthur, Luzern, Basel oder Bern. Aktuelle Tourdaten, weitere Infos und Überraschungen unter www.andreasthiel.ch.

28  STUDIVERSUM | 2009.10


UNIPOLITIK

dien- und Laufbahnberatung des Kantons Luzern. Folglich können sich in den meisten Kantonen auch Institutionen als Universität bezeichnen, die nicht durch die Schweizerische Universitätskonferenz (SUK) und vom Organ für Akkreditierung und Qualitätssicherung (OAQ) anerkannt sind. Doch was steckt hinter den privaten Hochschulen? StudiVersum hat zwei Institutionen unter die Lupe genommen, die in den Medien einige Diskussionen ausgelöst haben.

Sekretariat mit Handynummer, Adresse mit Postfach

Titelluge

Obskure Studiengänge, dubiose Promotionsmöglichkeiten oder gekaufte Doktortitel sind in den Medien immer wieder ein Thema. Ist es in der Schweiz möglich, sich einen Titel zu erschwindeln? Oder gar auf fragwürdige Studienangebote hereinzufallen? Alle Hochschulen und Universitäten der Schweiz sind staatlich anerkannt – so könnte man meinen. Aber: «Der Begriff Universität sowie die akademischen Titel sind nicht umfassend geschützt», erklärt Otto Vetter, Leiter Studienberatung bei der Berufs-, Stu-

Die «Fern-Universität Zürich Schweiz» (uni-schweiz.ch), nicht zu verwechseln mit der staatlich anerkannten Stiftung «Universitäre Fernstudien Schweiz» (fernuni.ch), ist eine dubiose privatwirtschaftliche Institution. Sie lässt Personen in einen Fachbereich zu, wenn sie entsprechende Reputationen wie Weiterbildungen, Berufsabschlüsse oder mindestens zwei Jahre Berufserfahrung vorweisen können. Die Gesamtstudienzeit, zum Beispiel für einen Diplomstudiengang oder eine Dissertation, ist auf maximal zwei Jahre festgelegt. Danach «erlöscht» das Studium automatisch ohne jeglichen Anspruch auf Rückerstattung bezahlter Beiträge. Diese Studienkosten sind zudem auf der Webseite nirgends ersichtlich und die Rede von einem «zusätzlichen Abschluss» zur staatlich anerkannten Promotion ist verwirrend, genauso wie die Handynummer für eine Kontaktaufnahme mit dem Sekretariat.

Odermatt-Walter-Universität

Die zweite suspekte Hochschule ist die private Odermatt-Walter-Universität (OWU), die 2004 von einer Interessengemeinschaft um Walter Odermatt und seiner Frau Hermine gegründet wurde. Die Voraussetzungen für ein Studium der Philosophie, Tie-

fenpsychologie, Natur- oder Wirtschaftswissenschaften an der OWU sind laut Hermine Odermatt Allgemeinbildung, Lebenserfahrung und Intelligenz. «Die Studierenden müssen bereit sein, sich zu öffnen und an sich selber zu erfahren, was die Tiefenpsychologie im Menschen bewirkt.» Nach Angaben der 74-Jährigen studieren aktuell in der Schweiz etwa 35 Personen an der OWU, sechs davon haben diesen Herbst ihr Studium aufgenommen. Dieses dauert zehn Semester, wobei rund zwei Tage pro Woche für das Studium aufgewendet werden müssen. Jede Woche gibt es auf Tonträgern zwei Vorlesungen à 45 Minuten, die es individuell zu vertiefen gilt. Nebst den Kontrollfallbesprechungen im Plenum sei die tiefenpsychologische Lehranalyse das Wichtigste: «Das Hochschulstudium der Tiefenpsychologie umfasst eine Lehranalyse von mindestens 400 Stunden. Dies ist notwendig, um die eigene Seele kennenzulernen.» Ein Semester kostet an der OWU zwischen 4‘500 und 6‘500 Franken – ein Regelstudium à zehn Semester kann also bis zu 65'000 Franken kosten.

«Keine Titelmühle»

An der OWU haben bisher nur zwei Personen den Doktortitel erlangt. Lukas Bauer, Rektor der Universität, ist deshalb empört über den Vorwurf «Titelmühle» und entgegnet: «Jeder an unseren sehr seriösen und umfassenden Ausbildungsgängen interessierte Mensch ist herzlich eingeladen, sich persönlich ein Bild von der OWU und der Qualität ihrer Ausbildung zu machen.» Gemäss Aussage des Rektors sei die OWU zum Beispiel im Bereich der Psychologie den staatlichen Universitäten in Bezug auf Menschenkenntnis und das Verständnis psychisch bedingter Störungen und Erkrankungen weit überlegen. r Text Stephanie Renner, Illustration Selin Bourquin

Bei Fragen zur staatlichen Anerkennung einer Hochschule ist es sinnvoll, die Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten unter www.crus.ch zu kontaktieren. Dort ist eine Liste mit anerkannten Schweizer Hochschulen abrufbar. Hast du bereits Erfahrungen mit obskuren Ausbildungen gemacht? Erzähl uns davon im Forum auf www.studiversum.ch!

29  STUDIVERSUM | 2009.10


INTERVIEW

Velo Love

Budapest hat er auf seinem Rad erobert, Bern um Events wie das GoldSprintRace bereichert. Mithilfe von Moustache-Lenkern entstehen Fixies und andere Stahlrösser. StudiVersum hat sich mit Gabor Herczeg über seinen Alltag zwischen Uni und Werkstatt unterhalten.

30  STUDIVERSUM | 2009.10

Du studierst BWL im Hauptfach. Andere gründen kurz vor Studienabschluss ein Jungunternehmen, du beschäftigst dich mit Velos. Wie und wann kam es dazu? Velos haben mich schon immer beschäftigt. Meine Radkarriere begann mit vier Jahren in Ungarn, wo ich gross geworden bin. Zwar gab es auch bei uns Stützrädli, was ich aber nicht besass. An meinem Sattel wurde ein Besenstiel befestigt, an dem mich mein Vater jeweils hielt. An Stürze kann ich mich nicht mehr erinnern, ans Gefühl der Suche nach dem Gleichgewicht schon. Eine Veloprüfung, wie sie hier in der Schweiz üblich ist, musste ich nie ablegen. Ich habe bei meiner Arbeit als Velokurier in Budapest erst richtig fahren gelernt. Zeit ist Geld und etwas Adrenalin muss sein. Ich begann, dynamischer zu fahren, weniger zu bremsen. Dazu muss ich sagen, dass im November 2003 in Budapest auf Zweirädern ausschliesslich Velokuriere unterwegs wa-

ren, alle anderen fuhren Bus oder gingen zu Fuss, auch zur Schule. Inzwischen hat sich vieles geändert. Als ich im Dezember 2008 mit dem Velo in Budapest herumflitzte, war ich nicht der Einzige – und dies bei minus 15 Grad. Seit vier oder fünf Jahren versuche ich, meinen Traum zu verwirklichen: eine Velowerkstatt aufziehen. Es ist schwierig, eine Nische zu finden und zu entscheiden, welche Kunden ich bedienen will. Für mich ist ein Velo etwas Persönliches, deshalb ist eine Reparatur, eine Montage oder ein Kauf ein interaktiver Prozess, in dem es darum geht, zusammen mit dem Kunden zu entscheiden, was für ihn das Passendste ist. Ausserdem ist mir die Qualität sehr wichtig. Du hast deine Masterarbeit bereits abgegeben. Geht es auch hier ums Fahrrad? Meine Situation im Studium war etwas ungünstig. Ich bin ein Zwischenfall, das heisst,


dass ich zwischen das alte Liz- und das neue Master-System gefallen bin. Das Halbliz zählte nicht als Bachelor, weshalb ich dann 22 statt 14 Prüfungen machen und zwei zusätzliche Seminararbeiten schreiben musste. In den letzen drei Jahren war ich auf der Suche nach einem Professor, bei dem ich eine vernünftige Masterarbeit schreiben konnte. Ich hatte schon fast aufgeben: Die einen hatten zu lange Wartelisten, die anderen wollten nichts von mir wissen oder liessen nichts von sich hören. Zuerst wollte ich etwas zum Thema Velo machen, doch das war schwierig; ein Businessplan lässt sich schlecht als Masterarbeit verkaufen. (Gabor fängt eine Eidechse, die sich auf dem Holzboden sonnt, und setzt sie mir auf die Hand, nachdem ich seine Frage, ob ich vor Reptilien Angst hätte, verneint habe.) Wie andere fährst auch du mit dem Velo zum Bahnhof. Wofür brauchst du es noch? Für mich ist das Velo, wie für manche das Auto, in erster Linie ein Fortbewegungsmittel. Gerne mache ich auch Touren oder rase einfach in der Stadt herum. Dank dem Velo habe ich meine Work-Life-Balance gefunden. Wenn ich zu viel vor dem Bildschirm gesessen oder vier, fünf Stunden gelernt habe, drehe ich eine Runde um den Gurten. Das sind 15 Kilometer, was ungefähr 40 Minuten entspricht. Ausserdem spiele ich Bike Polo. Eine Legende sagt, Bike Polo habe 1908 bei den Olympischen Spielen in London als Vorzeigespiel stattgefunden, wobei Irland gesiegt habe. Eine andere Legende erzählt, dass britische Kolonialbeamte, die in Indien Polo spielen wollten, in Ermangelung von Pferden auf Velos umsattelten. Welche dieser Legenden stimmt und wie kamst du selber dazu? Mir ist nur die Version mit den Briten bekannt, wobei damals auf Gras gespielt wurde und andere Regeln galten. Erst seit etwa 15 Jahren wird auf Hardcourt trainiert. Hier in Bern gibt es zwei Mannschaften. Die eine trainiert intensiv und hat sehr enthusiastische Mitglieder. Wir sind etwas lockerer, wollen keinen Leistungssport daraus machen. Bike Polo ist einfach Teil der Velokurierszene, es gehört dazu wie das Backwards Circling mit dem Fixie – der letztjährige Sieger hat 64 Runden geschafft – oder der Skid Contest, wo

längstmögliche Bremsspuren gezogen werden, und Bier trinken. Was braucht man, um Bike Polo zu spielen? Nicht viel. Es braucht Schläger, die wir aus alten Skistöcken und Abflussrohren basteln, einen Streethockeyball und vier Hütchen zur Markierung der Tore. Das ist alles, und natürlich sechs Spieler auf zwölf Rädern. Und Heftpflaster? Ganz am Anfang stürzt man schon ab und zu, vor allem die Hakenpedalen sind etwas gefährlich. Bis jetzt hat aber niemand etwas gebrochen. Nur mein Finger war einmal fast entzwei. In der Schweiz führen die Vorschriften bezüglich elementarer Ausrüstung für Fixiefahrer immer wieder zu Diskussionen. Ist es in Ungarn erlaubt, ohne Bremse Fixie zu fahren? Gemäss Vorschrift müssen alle Fahrräder mit zwei Bremsen und Lichtern ausgestattet sein. Vor Kurzem habe ich von einem Fall gehört, bei dem ein Fixiefahrer von einem Polizisten angehalten wurde. Er bewies, dass er auch ohne Handbremsen das Hinterrad mit Gegendruck auf die Pedale blockieren konnte, weshalb er nicht gebüsst wurde. In Berlin beispielsweise sind sie viel strenger, zum Teil werden Velos konfisziert und Bussen verhängt. Ist das Velo noch Hobby oder bereits Beruf? Beides. Sicher gibt es auch Velomechaniker, die morgens mit dem Auto zur Werkstatt fahren und abends wieder zurück, das sind traurige Geschichten. Aber ich habe viele Bekannte, die auch Touren machen. Ich möchte, dass das Velo Hobby bleibt, etwas, woran ich Freude habe. Falls es einmal zu viel wird, würde ich auch einen Velomech einstellen. Momentan habe ich gerade keinen Auftrag. Einige Teile wurden bei mir bestellt und ich richte ein Polobike zum Verkauf her. Ausserdem hat ein Freund geschrieben, es seien ihm zwei Velos geklaut worden. Prinzipiell sind meine Kunden sehr unterschiedlich. Kollegen, aber auch Unbekannte, die über Mund-zu-Mund-Propaganda zu mir gelangen. Oft ersteigere ich Teile auf E-Bay, um sie zum Velobauen zu verwenden oder weiter-

zuverkaufen. Beispielsweise habe ich kürzlich einen Moustache-Lenker erstanden, an den auch Rennvelobremsen montiert werden können. Wie viel Zeit verbringst du durchschnittlich in der Werkstatt? (Neben uns liegen volle Bierdosen und eine Bratpfanne.) Allerhöchstens zehn Stunden wöchentlich. Die Bratpfanne enthält übrigens Fettlöser, um Ketten abzuwaschen. Nebenher gehe ich mit Lilu, meinem fast tauben Hund, spazieren. Mit ihm kann ich mich nur auf Ungarisch oder noch besser per Handzeichen verständigen. Die Aare ruft mich regelmässig zu sich und fürs Biertrinken mit Freunden nehme ich mir ebenfalls Zeit. Auch ins Kino gehe ich gerne, aber selten. Und dann gibt es noch zig andere Dinge, die erledigt sein wollen, zum Beispiel die ziemlich aufwändige Büroarbeit. Wie viele Velos besitzt du? Das weiss ich nicht. (Gabor kratzt sich am Kopf und dreht den Konusschlüssel um 180 Grad.) Doch, neun! Davon fahre ich fünfeinhalb. Fixie fahre ich nicht in der Stadt, ich brauche es nur zum Polo-Spielen. Ausserdem sind in der Werkstatt momentan noch Teile für vier Velos da, die ich je nach Wunsch zusammenbauen könnte. Welches ist deine Lieblingsbeschäftigung in der Werkstatt? (Überlegt lange.) Das (Um-)Lackieren der Rahmen braucht viel Geduld und Fantasie, nach jedem Schritt bleiben 30 Minuten Trocknungszeit zum Überlegen. Auch das Zusammenstellen eines neuen Velos im Kopf und das Beschaffen von Teilen bereiten mir grosse Freude. Hast du eine Velovision im Hinblick auf deine Zukunft? Ja, aber die ist geheim. Ich habe auch schon überlegt, eine TCS-ähnliche Pannenhilfe aufzugleisen. In einem Radius von etwa 15 Kilometern wird Hilfe garantiert. Hat ein Fahrer beispielsweise einen Platten, kommt jemand auf dem Rad vorbei, flickt das Velo oder nimmt es gegebenenfalls mit. Etwas Ähnliches existiert bereits, jedoch ist das ziemlich teuer und unökologisch, da der Service per Auto gemacht wird. r Text und Bild Martina Zimmermann

Ein Fixie ist ein Fahrrad mit nur einem Gang, starrer Nabe und ohne Bremsen. Pedale und Räder sind ständig miteinander verbunden; die Geschwindigkeit wird über die Trittfrequenz reguliert. Schöne Bilder, Filme und natürlich Velos gibt‘s unter www.fixedgearswitzerland.com zu sehen.

31  STUDIVERSUM | 2009.10


Sudoku

Sudoku

Sudoku Nr. 504404 (knifflig) / vorgegebene Felder: 28

Sudoku Nr. 504405 (knifflig) / vorgegebene Felder: 27

IMPRESSUM | 2009.10

5

8 7

HERAUSGEBERIN:

Campus Lab AG Eschenring 2 6300 Zug

9

3

2

9

2

1

1

7

7 7

CHEFREDAKTORIN:

1

6

5

4 4

2

6

9

Aline Dallo

2

6

5

8

9

1

7

5

5 3

1

4

6

2

4

8

3

7

1

3 5

copyright by www.onlinesudoku.ch - all rights reserved

1

5 6

3

copyright by www.onlinesudoku.ch - all rights reserved

Schwierigkeitsgrad der Sudokus: Mittel. Lösung zuSudokus Sudoku Nr. 504404 Lösung zu Sudoku Nr. 504405 Mehr auf www.studiversum.ch. Faltlinie

www.onlinesudoku.ch

Faltlinie

5

4

6

8

9

1

2

7

3

7

3

2

4

5

6

9

1

Céline Beyeler, Maike Hamacher

9

1

2

6

3

7

5

8

4

7

9

1

3

5

6

4

2

8

9

4

8

2

5

3

6

7

1

BILDREDAKTION:

2

3

4

7

1

8

9

5

6

3

6

1

7

4

8

9

5

2

Selin Bourquin, Milena Gsteiger

4

2

8

ILLUSTRATION:

6

5

DESIGN:

Selin Bourquin

5

4

REDAKTOREN DIESER AUSGABE:

LAYOUT:

4

9

Anouk N'Guyen Raffaela Angstmann, André Bähler Nina Fargahi, Mario Fuchs Guy Huracek, Simon Knopf Katharina Kuhn, Christoph Lutz Janine Meyer, Julia Nauer Anouk N’Guyen, Stephanie Renner Barbara Ritter, Myriam Schuler Martina Zimmermann

8

www.kakuro-world.com www.sudokuearth.com

6

5

9

4

1

2

3

8

7

1

2

7

8

3

5

4

6

9

8

3

4

6

9

7

1

2

5

6

5

8

9

2

4

1

3

7

2

7

5

9

6

1

8

3

4

1

8

7

5

6

9

3

4

2

4

8

2

1

7

6

5

9

3

3

6

5

4

7

2

8

1

9

7

9

3

5

8

4

2

1

6

4

2

9

1

8

3

7

6

5

5

1

6

3

2

9

7

4

8

www.onlinesudoku.ch

www.kakuro-world.com www.sudokuearth.com

FOTOGRAFIE:

Selin Bourquin, Durchzwei Katharina Kuhn, Vinzenz Wyser Martina Zimmermann LEKTORAT:

Stephanie Hug DRUCK:

Weber Benteli AG, Brügg KONTAKT:

Campus Lab AG Lavaterstr. 71 8002 Zürich Tel: +41 44 201 16 57 Fax: +41 44 201 16 50 www.campuslab.ch info@campuslab.ch StudiVersum erscheint sechs Mal jährlich in einer Auflage von 30 000 Exemplaren an allen Universitäten und Fachhochschulen der Deutschschweiz. Alle Rechte vorbehalten; Nachdruck, Aufnahme in OnlineDienste und Internet und Vervielfältigung auf Datenträgern wie CD-Roms etc. nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung der Herausgeberin.

Gib das Lösungswort jetzt ein auf www.studiversum.ch und gewinne mit etwas Glück eine von drei CDs von Marvin! Ihr neues Album «Super Constellation» zelebriert exzellentes Songwriting und ist ein Meisterstück des zeitlosen Pops. Lösungswort der letzten Ausgabe: HÖLLE Gewinner der letzten Ausgabe: Melanie Rast, Nina Grabar, Fanny Honegger und Mirjam Moser.

32  STUDIVERSUM | 2009.10


KURZGESCHICHTE

The rise and fall of the Budget-Hörnli Text: André Bähler

Beat ist extrem nervös. Wenn er dieses Vorstellungsgespräch versaut, wird der Pleitegeier nicht mehr über ihm kreisen, sondern landen. Mit einem Papiertaschentuch wischt er ein imaginäres Stäubchen von seinen schwarzen Lackschuhen, steckt sich ein Pfefferminzbonbon in den Mund und geht durch die Drehtür des Hauptsitzes von Larousse & de Vérieux. Die Empfangshalle der Privatbank ist riesig. Rechts befindet sich eine Sitzgruppe aus mattschwarzem Leder, links eine Empfangstheke aus weissem Marmor mit üppigem Blumenschmuck und dazu passender Deux-Pièce-Dame. In seinem hellblauen H&M-Hemd (eine Nummer zu klein, aber zum halben Preis) fühlt sich Beat ziemlich underdressed. «Guten Tag. Ich habe einen Termin bei Herrn Eisenegger.» Obwohl ein Festnetz-Telefon auf der Theke steht, greift Deux-Pièce zu ihrem brandneuen ‹Palm Pre› um Beat anzumelden. Während sie telefoniert, mustert sie ihn, als wüsste sie, dass er sich seit Tagen ausschliesslich von Budget-Hörnli ernährt. Eisenegger, sonnengebräunt, grau meliertes, dichtes Haar, könnte einer Vital-über-50-Werbung entsprungen sein, wären da nicht seine kalten Augen. Er gewährt Beat keine Schonfrist: «Herr Gerber, Sie haben sich für eine 40-Prozent-Stelle im Wertschriftenbereich beworben. Welche Aktien würden Sie derzeit empfehlen?» Beat überlegt lange, doch die einzige empfehlenswerte Aktie, die ihm in den Sinn kommt, ist die des BudgetHörnli-Herstellers. Plötzlich spürt Beat eine unangenehme Nässe unter seinen Achseln und sieht den einzigen Ausweg in einem Bluff: «Eine interessante Option sind derzeit sicher moldawische Industrietitel.» Eisenegger reagiert mit einem leichten Stirnrunzeln, dann prasseln weitere Fragen auf Beat nieder: Was halten Sie

33  STUDIVERSUM | 2009.10

von Investitionen in festverzinsliche chinesische Papiere? Wie beurteilen Sie das Wachstumspotenzial des angelsächsischen Immobilienmarktes? Ist der Boom in der Medizinal-Branche schon vorbei? Selbstverständlich hat Beat keinen blassen Schimmer von alldem und versucht es mit nichtssagenden Antworten. Eisenegger, genervt von dieser Taktik, möchte nun Beats Kopf auf dem Silbertablett serviert bekommen: «On continue cet interview en français. Ce la pose un problème pour vous?» «Oui, äh, non. Non, pas du tout.» «D’accord. Décrivez-moi votre chef idéal, s’il vous plaît.» «Oui… äh, il doit être comme… c’est bon s’il est gentil…» Beat schlägt den Blick nieder, nur um zu sehen, dass sich im Achselbereich grosse dunkelblaue Kreise gebildet haben. Eisenegger hat dies natürlich auch bemerkt und kann sich ein «Wie reagieren Sie unter Stress?» nicht verkneifen: Beim Gedanken an weitere Budget-Hörnli-Wochen bäumt sich Beat ein letztes Mal auf, wirft mit «Selbst-Management» und «Prioritäten-Fokussiertheit» um sich, doch Eisenegger kontert mit einem abrupten Themenwechsel: «Weshalb bewerben Sie sich auf eine Stelle, für die Sie nicht qualifiziert sind?» Beats Mund steht offen, aber er bringt keinen Ton heraus; die beiden dunkelblauen Kreise auf seinem Hemd haben sich soeben über seinem Brustbein vereinigt und Eisenegger entlässt ihn schliesslich mit einem «Wir melden uns bei Ihnen…» Beat fährt mit dem Lift nach unten und nimmt sich vor, Deux-Pièce beim Hinausgehen den Stinkefinger zu zeigen. Doch die ist nicht an ihrem Platz. Dafür ihr ‹Palm Pre›. Gut für Beat, schlecht für den Hersteller der Budget-Hörnli.


WIE ANNO DAZUMAL

Kochtipp Schweinerei Ja hat‘s euch ins Hirni geschneit? Seit über einem halben Jahr höre ich allerorten, dass ich mich vor der Schweinegrippe hüten soll, und kaum hat das Semester angefangen, bläst auch die Uni ins selbe Horn und verschickt Grippe-E-Mails. Kinder, Kinder! Einen Mindestabstand von einem Meter zum Gesprächspartner soll ich wahren? Massenveranstaltungen meiden? Nur noch ins Nastüchli schnäuzen und dann sofort die Hände waschen? Du heiliger Bimbam! Da kann man ja den Vorlesungsbetrieb grad zumachen. Und als mich vorgestern Nadja ansprach und meinte, sie habe zwar jetzt fünfzig Hygienemasken und zwei Packungen Tamiflu gekauft, aber ob ich nicht auch noch ein vorbeugendes Hausmittelchen wisse, da hat‘s mich definitiv vertätscht. «Nadja», habe ich zu ihr gesagt, «du weisst, ich bin gewöhnlich ein friedlicher Mensch. Doch dieses Theater um die Schweinegrippe geht mir auf den Sack! Da wird doch aus einer Mücke ein Elefant gemacht.» Und ich erklärte ihr, dass das Sinnvollste sei, die Grippe zu vergessen, das Schwein zu nehmen und daraus einen Schweinebraten zu machen. Dies geht ganz leicht. Einen feinen Braten vom Metzger mit Salz, Pfeffer, Paprika und Kümmel würzen. Dann Bratfett erhitzen und das Fleisch darin anbraten. Zwei Zwiebeln hacken und dazugeben. Einen halben Liter Brühe angiessen und alles etwa eineinhalb Stunden schmoren lassen. Währenddessen drei Äpfel und zwei weitere Zwiebeln schälen, in Scheiben schneiden und fünfzehn Minuten vor dem Ende der Garzeit zum Braten geben. Zum Schluss die Sauce mit Mehl und etwas kaltem Wasser verrühren und mit Sahne verfeinern. Sehr fein zu einem Schweinebraten schmecken übrigens Kartoffelklösse und Porreegemüse. So. Und jetzt macht euch keine Sorgen wegen ein bisschen Husten und lasst es euch schmecken. En Guete!

Horst

Horst, 74, ist allzeit bereit: Ob im Haushalt oder in der Garage, beim Einkaufen oder an der Uni, Horst hilft! Als Hörer besucht er regelmässig Vorlesungen und weiss daher bestens, was den Jungen von heute unter den Nägeln brennt. Seine Tipps sind längst keine Geheimtipps mehr. Deshalb: Horst ausschneiden und an den Kühlschrank oder die Pinnwand heften, dann kann nichts mehr schiefgehen. Horsts Ratschläge gibt es zudem als gesammelte Werke unter www.studiversum.ch zum Nachlesen.

34  STUDIVERSUM | 2009.10


35  STUDIVERSUM | 2009.10


Öfter und günstiger ins Kino. Mit dem Privatkonto Academica.

Kostenloses Konto-Paket Academica für Studierende: Studierende zwischen 18 und 30 protieren von einem lmreifen Angebot im Wert von über CHF 200.– zum Nulltarif. Neben Maestro-Karte, Kreditkarte und Ciné-Card gehören exklusive Kunden-Angebote und Verlosungen zum Paket. Senden Sie Ihren Namen, Adresse, Geburtsdatum und Universität/Lehranstalt per SMS an 079 730 40 50. www.credit-suisse.com/academica

Neue Perspektiven. Für Sie.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.