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Die Tiroler basics Der große wöchentliche Stellen- u. Immobilien- und Motormarkt Innsbruck, am 15.01.2021, Nr: 471, 25x/Jahr, Seite: 6-7 Druckauflage: 248 036, Größe: 54,41%, easyAPQ: _ Auftr.: 8420, Clip: 13337794, SB: Ischgl 6
POLITIK
FREITAG, 15.1.2021 | NR. 473
Wie geht es für Tirol weiter? So sehen die Klubobleute der Landtagsparteien die Zukunft Die Pandemie hatte dramatische Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft und die Hilfen kosten die Öffentlichkeit viel Geld. Die Tiroler basics hat mit den Klubobleuten der sechs Parteien im Tiroler Landtag darüber gesprochen, wie es nach der Krise weitergeht. Folgende drei Fragen haben wir allen gestellt: 1. Die Corona-Maßnahmen haben ein riesiges Loch ins Budget gerissen. Wie sollen diese Schulden finanziert werden? 2. Welche Maßnahmen kann die Politik treffen, um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren? 3. Der Ruf von Tirol im Ausland hat unter den Ereignissen in Ischgl stark gelitten. Was ist nötig, um ihn wieder zu verbessern?
„Tirols Wirtschaft kann Rückschläge wegstecken“
„Brauchen sinnvolle Investitionen der öffentlichen Hand“
1. Tirol hat in Vergangenheit gut gewirtschaftet und als einziges Bundesland über Jahre hinweg keine neuen Schulden gemacht. In keinem anderen Bundesland ist die Pro-Kopf-Verschuldung niedriger. All das kommt uns jetzt zugute. Wo andere aufgrund finanzieller Zwänge kaum Spielraum haben, können wir jetzt investieren, um die Wirtschaft wieder hochzufahren und damit Arbeitsplätze zu sichern. Sobald die Krise überwunden ist, wird Tirol wieder einen langfristigen Budgetpfad zur Konso-
1. Das Wichtigste ist im Moment, dass die Menschen in unserem Land gut und sicher durch die Krise kommen. Aus Angst vor roten Zahlen im Budget zu früh den Sparstift anzusetzen, wäre der völlig falsche Weg. Einen erfolgreichen Neustart können wir nur schaffen, wenn unsere heimischen Betriebe sowie die Arbeiter und Angestellten in unserem Land die Hoffnung nicht verlieren. Dafür müssen wir als Politik vor allem regional intelligent und nachhaltig investieren. Wir brauchen sinnvolle Investitionen der öffentlichen Hand, die den Menschen und Betrieben in unserem Land zugutekommen. 2. Aus meiner Sicht dürfen wir nicht zulassen, dass es zu einem zeitverzögerten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Crash kommt. Es ist sinnlos, viel Geld in die Hand zu nehmen, um Betriebe und Arbeitsplätze nur temporär zu retten, um sie dann letztlich doch scheitern zu lassen. Insofern braucht es eine langfristige Investitionsstrategie. Wir haben jetzt die einzigartige Chance, mit diesen Investitionen gestaltend auf unsere Märkte einzuwirken - hin zu mehr Regionalität, mehr Digitalisierung, mehr Nachhaltigkeit und mehr gesunden Arbeitsplätzen. 3. Ischgl war ein Super-GAU für das Tourismusland Tirol. Die Fehler dort haben unseren internationalen Ruf schwer beschädigt. Die handelnden Akteure in der Landesregierung
Jakob Wolf, Klubobmann ÖVP. .
Foto: ÖVP Tirol
lidierung einschlagen. 2. Wann diese Gesundheitskrise überwunden sein wird, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Ich bin aber überzeugt, dass mit der nun zur Verfügung stehenden Impfung die Wende gelingen wird. Tirols Wirtschaft hat schon bei der Finanzkrise im Jahr 2008 gezeigt, dass sie robust ist und Rückschläge wegstecken kann. Mit dutzenden Projekten im Umfang von mehreren hundert Millionen Euro stemmt sich Tirol mit aller Kraft gegen diese Krise. In enger Abstimmung mit den Sozialpartnern, die gerade einmal mehr zeigen, wie wichtig sie sind, werden laufend weitere Maßnahmen besprochen und geprüft. 3. Ischgl wurde zu Unrecht europaweit an den Pranger gestellt. Manchmal wurde fast der Eindruck erweckt, als wäre das Virus dort entstanden. Um für maximale Transparenz und Klarheit zu sorgen, hat Tirol als erste Region überhaupt den ehemaligen Vizepräsidenten des OGH Ronald Rohrer mit einer unabhängigen Untersuchung betraut. Von ihm und seinem Expertenteam gemachte Verbesserungsvorschläge werden nun Schritt für Schritt umgesetzt. Was die Zukunft des Tourismus betrifft, mache ich mir keine Sorgen. Die Gäste wissen, was Tirol zu bieten hat. Sowohl landschaftlich als auch in Hinblick auf die Infrastruktur ist Tirol einzigartig. Diese Qualität wird sich auch nach der Krise wieder durchsetzen.
Georg Dornauer, Klubobmann SPÖ. Foto: SPÖ Tirol
sind für das, was passiert ist, verantwortlich, genauso wie Bundeskanzler Sebastian Kurz. Entschuldigung dafür gab es bis heute keine, weder auf Landes- noch auf Bundesebene. Unseren Ruf im In- und Ausland verbessern wir nur mit einer Neuerfindung Tirols. „Mehr, mehr, mehr“ war gestern – vor allen Dingen im Tourismus. Heute brauchen wir neue, regionale Konzepte . Die Antworten von ÖVP und Grünen wirken dagegen altertümlich.
„Müssen Corona- und Klimakrise gleichzeitig bekämpfen“
„Unternehmen entlasten und Land modernisieren“
1. Vorweg: Wir haben jahrelang gut gewirtschaftet und können uns die notwendigen Ausgaben leisten. Mit einer ausreichenden Finanzierung von Hilfen wie etwa einem Mietrückstandsfonds wollen wir auch Ängste nehmen. Schulden abbauen ist dann eine Frage der Verteilungsgerechtigkeit. Wir haben in Österreich eine extreme Schieflage, wenn es um Reichtum geht. Außerdem ist eine steuerliche Verknüpfung mit Klimaschutz-Maßnahmen sinnvoll, denn sonst laufen wir mitten in die nächste Krise. Und gegen die Klimakrise gibt es keine Impfung. 2. Wir wollen uns aus der Krise investieren und so Corona- und Klimakrise gleichzeitig bekämpfen. Wir wollen in Green Jobs investieren, beispielsweise Solarindustrie, Photovoltaik oder Wärmepumpen, in den öffentlichen Verkehr und in Digitalisierungsmaßnahmen und natürlich in den Gesundheitsbereich. Wir werden Umschulungen und Fortbildungen anbieten und gleichzeitig Menschen finanziell unter die Arme greifen, zum Beispiel mit dem COVID-ArbeitnehmerInnenfonds oder dem Mietrückstandsofonds für Menschen die bei der Miete in Rückstand geraten. 3. Entscheidend ist, dass die richtigen Rückschlüsse gezogen werden. Nicht alles im Tourismus verdient ein Comeback. Tirol als WinterBallermann hat jedenfalls ausgedient. Was es
1. Das ist genau die Frage, die wir der Landesregierung in der Budgetsitzung des letzten Landtages gestellt haben. Niemand sonst scheint sich ernsthaft diese Frage zu stellen. Vor allem vor dem Hintergrund der massiv ansteigenden Arbeitslosenzahlen in Tirol wird mit einer Erhöhung der Sozialausgaben zu rechnen sein. Wir befürchten außerdem eine große Insolvenzwelle, wenn die Stundungen fällig werden. Jedenfalls dürfen nicht schon wieder die Leistungsträger unserer Gesellschaft die Benachteiligten sein. Die Wahrheit ist, dass die Schulden über Generationen abbezahlt werden müssen und niemand genau sagen kann, wie lange es dauert, bis wir uns davon erholt haben werden. Die Wirtschaft kriselt weltweit und eine Vorhersage kommt Kaffeesudlesen gleich. 2. Auf jeden Fall müssen die Unternehmer entlastet werden, sowohl steuerlich als auch bürokratisch. Abgesehen davon muss unbedingt eine Modernisierungsoffensive gestartet werden. Wir müssen aus der Krise eine Chance machen, um global anschlussfähig zu bleiben. Es wird nach der Krise ein noch größerer Wettbewerb herrschen, der nicht verschlafen werden darf. Die Umwälzungen werden jedenfalls tiefgreifend sein. 3. Das Wichtigste wäre, die größten Nestbeschmutzer aus der Regierung zu werfen – nämlich die Grünen, die nicht müde werden, jede
Gebi Mair, Klubobmann Die Grünen. Foto: Die Grünen
darüber hinaus braucht um den Ruf zu verbessern, ist eine Kehrtwende im touristischen Denken und in der Kommunikation. Nicht Lifte ziehen die Menschen an, sondern die Natur. Das muss mehr in den Fokus rücken. Es gibt diese große Sehnsucht nach Erholung in der Natur. Die Krise hat das noch verstärkt. Das muss in einer neuen Bescheidenheit kommuniziert werden. Dann werden viele Gäste wieder nach Tirol kommen.
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Markus Abwerzger, Klubobmann FPÖ. Foto: FPÖ Tirol
Gelegenheit zu nutzen, den Tourismus, der eine tragende Säule der Tiroler Wirtschaft ist, im Inund Ausland schlecht zu machen. Darüber hinaus wäre es angebracht, auch einmal zuzugeben, Fehler gemacht zu haben und sich bei den Urlaubern und deren Angehörigen aufrichtig zu entschuldigen sowie eine Entschädigung zu zahlen. Die Einrichtung eines Entschädigungsfonds nach dem Vorbild Kaprun (Stichwort: Seilbahnkatastrophe) würde uns vorschweben. Der drohende langjährige Rechtsstreit würde nämlich teurer werden und negative Schlagzeilen über Jahre produzieren, was die Marke Tirol weiter schädigen würde.
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