Das Mysterium der rรถmischen Ziffern
Christina Endres DTP 2 Prof. Veruschka Gรถtz Sommersemester 2015
Das Mysterium der römischen Ziffern
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Vorwort Brahmiziffern Ostarabische Ziffern Westarabische Ziffern Römische Ziffern
Hochschule Mannheim
24 Rechenregeln
Fakultät für Gestaltung SS15
26 Ziffer V 28 Ziffer L
Betreuung durch Frau Prof. Veruschka Götz Gestaltung und Satz von Christina Endres Druck durch Afo-Satz Frey GmbH
30 Ziffer M
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Indo-arabische Ziffern 36 Leonardo von Pisa und Adam 38 Eine bahnbrechende Erfindung
40 Die Null
Für uns Menschen hat das Zählen mit unseren Ziffern und Zahlen eine sehr hohe, essenzielle Bedeutung: Zählten wir früher mit unseren Fingern, um Mengen herauszufinden, so machen es uns Zahlen uns möglich die verschiedensten Dinge mit diesen festzuhalten, zu analysieren und zu verstehen. Da kommt einem die Frage auf, wie wir überhaupt zu unseren heutigen Ziffern und Zahlen kamen. Gäbe es unsere Welt, so wie wir sie kennen überhaupt? Was wäre, wenn wir heute in Europa statt den indo-arabischen Ziffern weitherhin noch römische Ziffern verwenden würden? In dieser Broschüre möchte ich viele Antworten auf die nun aufgekommenen Fragen beantworten. Dazu zählt unter anderem die wichtige Herkunft und Geschichte unserer heutigen Ziffern. Dazu wird auf einige römische Ziffern sowie deren Rechensysteme eingangen. Es wird dabei ein besonderes Augenmerk auf die indo-arabischen Ziffern gelegt, durch die wir in unserer Kultur erst die uns bekannte globalen Entfaltung und Vernetzung erhielten.
Brahmiziffer Ostarabische Ziffer Westarabische Ziffer Rรถmische Ziffer Indo-arabische Ziffer
Brahmiziffern
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Brahmiziffern
Entgegengesetzt zu unseren latinischen Buchstaben, die sich mediterranen Europa entstanden und sich dort auch verbreiteten, beginnt die Reise der uns bekannten »indo-arabsichen Ziffern« im dritten Jahrhundert v. Chr. im frühen Indien. Hier wurden von Priestern ein Zahlensystem mit neun einzelnen Ziffern entwickelt. Dies war die Geburt der heute weltweit genuttzten Ziffern. Dabei spielte die Ziffer Null eine besondere Rolle, was in dem Kapitel »römische Ziffern« noch einmal genauer erläutert wird. Die Inder bildeten die Null als einen Punkt ab. Das Abzählen der Finger zur Regi st ierung von Mengen führte dazu, dass man zehn Ziffern in einer Einheit bündelte. Diese Methode verbreitete sich in vielen Kulturkreisen.
Das arabische Wort »sunya« heißt übersetzt Leere oder Nichts und steht im weiteren Sinne für die Ziffer Null.
Brahmiziffer Ostarabische Ziffer Westarabische Ziffer Rรถmische Ziffer Indo-arabische Ziffer
Ostarabische Ziffern
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Ostarabische Ziffern
In Bagdad, im wirtschaftlichen und kulturellem Zentrum der Gelehrten, wurde im zweiten Jahrhundert vor Christus später das Buch Brahmaguptas in die arabische Sprache übersetzt. Dies hatte zur Folge, dass sich das indische Zahlen system sowie die Rechenmethoden in die islamische Kultur verbreiteten. Durch die Ausbreitung das arabischen Reiches bis nach Spanien, setzten sich arabische Lehrbücher auch in Europa durch. Diese wurden dann ins Lateinische übersetzt. Zudem wurde der Gebrauch der indischen Ziffern von arabischen Händlern auch nach Europa getragen. Eben dort findet diese Rechenmethode heute noch Verwendung. Die indo-arabische Ziffern führten zu einer Spaltung: Im islamischen Reich prägten sich die ostarbischen Ziffern aus, die dort bis heute genutzt werden. Dem hingegen entwickelte sich um das zehnte Jahrhundert in Mahgreb und Spanien die westarabsichen Ziffern – auch Staubziffern genannt.
Das Wort »Staubziffern« entstand dadurch, dass die Ziffern auf eine staubbedeckte Tafel geschrieben wurden.
Brahmiziffer Ostarabische Ziffer Westarabische Ziffer Rรถmische Ziffer Indo-arabische Ziffer
Westarabische Ziffern
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Westarabische Ziffern
Spanien blßhte durch den Zerfall des karolingischen Europas auf. Hier entstand durch die Imigration vieler Gelehrte aus unterschiedlichen Kulturen eine ausgprägte Mehrsprachigkeit: Viele griechische und arabische Schriften wurden ins Lanteinische und Romanische ßbersetzt. Dem einher ging, dass sich astronomische und mathematische Erkentnisse von diesem Punkt aus im ganzen Europa verbreiteten und verfestigten.
Brahmiziffer Ostarabische Ziffer Westarabische Ziffer Rรถmische Ziffer Indo-arabische Ziffer
Rรถmische Ziffern
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Römische Ziffern
Die römischen Ziffern, die noch vor dem 13. Jahrhundert Verwendung in Europa fanden, basierten auf der Grundlage des additiven Zahlenprinzips. Ihre Formen können als vereinfachte piktografische Darstellung der Finger beim Rechnen gesehen werden. Hier ergibt sich die dargestellte Zahl aus der Summe der ihren Ziffern zugeordneten Werte. Dieses Zahlenprinzip war jedoch sehr umständlich und demnach auch sehr zeitintensiv. Ein Grund dafür war, dass sich die Zahlen nur schwer erfassen und darstellen ließen. Zudem konnte man mit dieser Rechenmethode keine komplizierten, mathematischen Aufgaben gestellt bzw. gelöst werden. In Bezug auf die Typographie werden die römische Ziffern überwiegend noch als Ordinalszahlen, als mathematische Sonderzeichen, als Gliederungszeichen und als Inschriften im Bereich der Architektur und Kunst verwendet.
Heute werden die römischen Ziffern vor allem bei Auszeichnungen und ähnlichem verwendet.
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Römische Ziffern – Rechenregeln
Beispiele: 49 = 4 x 10 + 1 x 5 + 4 x 1 = XXXX + V + IIII = XXXXVIIII 99 = 1 x L + 4 x X + 1 x V + 4 x I = LXXXXVIIII 2015 = 2 x M + 1 x X + 1 x V = MMXV Diese Rechenweise ist gegenüber der Rechenweise mit den Subtraktionsregeln in Bezug auf die Darstellung oftmals wesentlich komplexer.
Die Additionsregeln Römische Zahlen umrechnen ist gar nicht mal so schwer: Die Zahlen werden von links nach rechts gelesen und dabei addiert, wobei der Wert der Zahlzeichen von links nach rechts abnimmt, um einen Überblick zu wahren Wenn arabische in Römische Zahlen umgerechnet werden, gilt es zu beachten, dass hier maximal vier gleiche Symbole hinter einander stehen können. Dementsprechend wird die Zahl 5 nicht durch fünf Striche dargestellt, sondern durch die Ziffer V. Doch es sei bei der Additionsregel zu beachten, dass eine Darstellung einer höheren Zahl wie die bei einer Jahreszahl, sehr komplex in ihrer Darstellung ist. Dadurch ist es fast nicht möglich, die dargestellte Zahl direkt zu erkennen.
Die Subtraktionsregeln Neben der einfachen Umrechnung der Römischen Zahlen existiert auch eine verkürzte Schreibweise, die heute noch verwendet wird – die sogenannte Subtraktionsregel. Der Grundgedanke der Subtraktionsregel ist, dass vier gleiche Zahlzeichen vermieden werden, indem eine kleinere vor eine größere Zahl geschrieben wird. Ein einfaches Beispiel dafür ist die 4. Sie wird durch IV dargestellt, was wörtlich mit »fünf weniger eins« übersetzt werden könnte. Für die subtrahierende Abbildung im Römischen Zahlensystem darf die Ziffer I nur vor der Ziffer V und X stehen. Die Ziffer X darf nur vor den Ziffern L und C verwendet werden und nach der dritten Regel, hat die Ziffer C nur vor dem den Ziffern D und M zu stehen.
Beispiele: 49 = 1 x 40 + 1 x 9 = XL + IX = XLIX 99 = 1 x 90 + 1 x 9 = XC + IX 2015 = 2 x 1000 + 1 x 10 + 1 x 5 = MM + X + V Diese Rechenweise ist gegenüber der Rechenweise mit den Additions regeln in Bezug auf die Darstellung oftmals wesentlich einfacher.
26 |27 Römische Ziffern – Ziffer V
Aufgrund des Zählens mit Fingern gruppierte man bei der Darstellung höherwertiger Zahlen fünf Einzelzeichen in einem Block. Ausserdem ist es für das Gehirn unmöglich, mehr als fünf Sachen auf einmal wahrzunehmen. Daher konnten man Zahlen, die größer als fünf waren und nur mit Strichen dargestellt wurden, nicht auf Anhieb erkannt werden. Zudem wurde bei größeren Zahlen der Platz schnell zu klein. Beim ritzen mit einer Kerbe hatte man auch das Problem, dass es nur Platz in einer Richtung gab. So führte man Trennzeichen an den 5- und 10ern ein. Ein V war mit einem Messer leicht zu ritzen, wenn man schon einen senkrechten Strich hatte.
Die Darstellung der Zahl 5 durch den Buchstaben V erleichterte diese Zahl auf Anhieb wahrzunehmen.
28 |29 Römische Ziffern – Ziffer L
Die Verwendung des Buchstabens »L« für die Zahl 50 ist erst ab dem Jahre 44 vor Christus nachgewiesen. Vorher und auch noch in der Kaiserzeit benutzte man einen nach unten gerichteten Pfeil um diese Zahl darzustellen. Ein anderes Zeichen, das sehr früh für die Zahl 50 verwendet wurde, war der Buchstabe »N«. Er entwickelte sich, indem man eine weiteren Kerbe zum Buchstaben »V» hinzufügte. Setzte man die dritte Kerbe jedoch in die Mitte des Buchstabens »V«, so hatte man den bereits erwähnten Pfeil nach unten. Im Laufe der Zeit wurde die Spitze zu einem Bogen und am Ende sparte man sich einen Teil des unteren Teils, was letzten Endes zu dem Buchstaben »L« führte.
Auch der Buchstabe N diente der Darstellung der Zahl 50.
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Römische Ziffern – Ziffer M
Das Zahlzeichen »M« für 1000 stammt von dem lateinischen Wort »mille« ab. Es wurde erstmals 89 vor Christus gemeinsam mit dem Zahlzeichen »D« für 500 verwendet und ist damit jüngeren Datums. Ursprünglich basierte die Darstellung der Zahl 1000 wie die Zahl 100 auf einem Stern. Man durchkreuzte diesen dreistrichigen Stern und erhielt einen Stern aus vier Strichen. Analog zog man auch einen Kreis durch den dreistrichigen Stern. Letzteres vereinfachte sich zu einem Kreis mit zwei Strichen. Im Laufe der Zeit wurde die Form noch einmal vereinfacht, sodass man zu jenem Zeichen kam, das dem griechischen Buchstaben Phi ähnelt.
Das lateinische Wort »mille« heißt übersetzt 1000. Daher wird die Zahl 1000 in der römischen Schreibweise mit M beschrieben.
Brahmiziffer Ostarabische Ziffer Westarabische Ziffer Rรถmische Ziffer Indo-arabische Ziffer
Indo-arabische Ziffern
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Indo-arabische Ziffern
Nicht zuletzt stand die katholische Kirche vor allem den neuen Formen – also den indo-arabische Ziffern – kritisch gegenüber. Dies war auch ein Grund dafür, warum sich diese Ziffern nur schwer in Europa durchsetzen und die römischen Ziffern verdrängen konnten. Die lateinische Kirche hatte großen Einfluss auf alle kulturellen und wissenschaftlichen Vorgänge. So wurden die aus fremden Kulturkreisen stammenden Zahlensymbole als »heidnisch« oder gar als »Teufelswerk« abgetan. Erst mit der Entstehung des Bürgertums erkannte man die Vorzüge des schnelleren Rechnens mit arabischen Ziffern. Ihnen verdanken wir es, dass sich unsere Welt mit den heutigen, digitalen Medien überhaupt entwickeln und vor allem weiterentwickeln konnten. Im Charakter der jeweiligen Schriftart wurden die Ziffern als sogenannte »Minuskelziffern« geschrieben, wobei meist die Ziffern 3, 4, 5, 7 und 9 Unterlängen bekamen; die Ziffern 6 und 8 hingegen Oberlängen. Heute spricht man dabei von
Hätte sich die indo-arabische Ziffer nicht durchgesetzt, würden wir heute vielleicht noch mit römischen Ziffern rechnen und unsere Welt sähe vielleicht ganz anders aus.
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Indo-arabische Ziffern – Leonardo von Pisa und Adam Ries
Leonardo von Pisa, auch Fibonacci genannt, war Mathematiker. Er verfasste 1202 die erste systematische Einführung in das dezimale Rechnen und überzeugte die Kaufleute vom großen Nutzen der indoarabischen Rechenkunst. Denn mit negativen Zahlen und der Null ließen sich in den Büchern endlich auch Schulden und Verluste mathematisch sauber aufrechnen. 1524 veröffentlichte Adam Riese ein Rechenbuch, in dem er die Gesetze des Dezimalsystems darstellte. Mit viel päda gogischem Geschick ebnete er mit seinem Bestseller den Weg für die neue Rechentechnik. Diese trat anschließend ihren Siegeszug in Europa an.
Fibonacci und Adam Ries waren Wegbegründer der indo-arabischen Ziffern in Europa.
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Indo-arabische Ziffern – Eine bahnbrechende Erfindung
»Die Welt ist Zahl«, wuste auch schon Pythagoras. Denn mit Zahlen ordnen wir unsere Welt: Wir hoffen auf einen »6er« im Lotto und haben Angst vor der Jahrtausendwende. Täglich werden Telefonnummern ausgetauscht, es wird über Börsenkurse geredet, oder Sehstärken gemessen. Zahlen werden in unser Alltagsleben eingebürgert und gelten wahlweise schon als Hobby. Das arabische Zahlensystem ist die Grundlage aller neuzeitlichen Wissenschaft und Wirtschaft. Durch die Erfindung der Null wurden Zahlen zu virtuellen Rechenmaschinen, mit denen sich schriftlich multiplizieren und subrathieren ließen. Wenn man nun betrachtet, dass die lateinischen Zahlen nur zum Zählen taugten und dass alles Digitale auf dem mathematischen System unserer heutigen Zahlen beruht, so wird einem schnell klar, dass unsere Welt ohne die indo-arabischen Ziffern so nicht existieren würde. Unsere Welt wer nicht die heute – sie hätte sich nicht so entwickelt wie wir sie kennen. Auch wir wären nicht die, die wir jetzt sind.
ostarabische Ziffer westarabische Ziffer indo-arabische Ziffer (16. Jhd.) indo-arabische Ziffer (heute)
Die Null
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Die Null
Die meisten Kulturen der letzten Jahrtausende hatten keine Null. Oft wurde sie aufgrund der nicht so hoch entwickelten Kultur nicht benötigt bzw. gab es die Null nur als Wort. So ist die Null beispielsweise im römischen Zahlensystem überflüssig, da jede Ziffer ihren festgelegten Wert hat. Die Entstehung der Null wurde erst durch das Rechnen mit Zahlen nötig. In dem heutigen Dezimalsystem ist die Null von entscheidender Bedeutung, da sie die Wertigkeit der einzelnen Ziffern entscheidend verändert. Neben den Sumerern, deren Wissen über die Null verloren ging, entdeckten auch andere Kulturen die Null. Die Zahl Null wurde im Laufe der Menschheitsgeschichte noch drei Mal entdeckt. Einmal von den Babyloniern, von den Mayas und schlussendlich von den Indern. Die Null setze sich erst zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert in Europa durch. Leonardo von Pisa befasste sich bereits zu Anfang des 13. Jh. mit der Null in seinem Werk „Liber abaci“.
Die Ziffer 0 gibt es als solche nicht überall. Die römischen Ziffern besitzen keine Null – aber hier wird diese auch nicht benötigt. Um eine Null ausdrücken, wurde das Wort »Null« geschrieben.
Literaturverzeichnis Götz, Veruschka: Fixiertre Gedanken 2. Auflage, Berlin: Vorwerk 8, 2011 Menniger, Karl: Zahlwort und Ziffer 2. Auflage, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1958 Mayer, Reinhold; Rühle, Inken: Im Anfang war die Schrift 1. Auflage, Tübingen: Bilam, 2004
Das Mysterium der römischen Ziffern Die Geschichte der römischen Ziffer sowie deren Ablösung durch die indo-arabische Ziffern sind für unsere heutige Welt von hoher und essenzieller Bedeutung. So wird in dieser Broschüre auf die Vorgeschichte und Hi storie der römischen Ziffern hingewiesen, dern Rechenregeln erläutert und deren Verdrängung aufgezeigt.