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Einführung

Kennen Sie das Lied: »Du hast uns deine Welt geschenkt«? (Falls nicht: Schauen Sie mal auf Seite 196.) Wir singen immer gemeinsam die erste Strophe: »… den Himmel, die Erde …«, danach sind die Kinder an der Reihe und dürfen sagen, was Gott uns alles geschenkt hat. Das sind einige ihrer Äußerungen:

Weihnachten — Schulranzen Plastik — Autos Glas — Schuhe Sauerstoff — Advent Licht — Schule Tiere — Marmelade Kirschen — Fische Nüsse — Löwen Weltall — Geparden Ameise — Toastbrot Backofen — Schuhe Leopard — Honig … und die Kinder meinen das ernst. Sie wollen keineswegs das Lied durch den Kakao ziehen. Ironie ist ihnen in diesem Alter völlig fremd. Struktur und Systematik aber oft ebenso.

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Zweierlei schließe ich daraus, das für die Neuausgabe von Relifix, passend zum neuen kompetenzorientierten LehrplanPLUS in Bayern, von Bedeutung ist:

Einerseits: Kinder ticken anders: Sie sind offen, sammeln Eindrücke und Erfahrungen, und zwar jedes Kind für sich. Kinder sind verschieden; jedes ein kleines individuelles Persönchen.

Der neue Lehrplan stellt die Kinder, noch mehr als bisher, in den Mittelpunkt: Individuelles und differenziertes Lernen, verschiedene Ausgangspunkte, Lernwege und Ziele. Sehr wichtig ist der Lebensbezug: Was bedeutet das, was ich lerne, für mich, für die Gemeinschaft, im Alltag, in der Zukunft? Das war, ist und bleibt im Religionsunterricht ein zentrales Anliegen.

Auf der anderen Seite stelle ich fest, dass Erstklässler sich aufgrund dieser natürlichen Ich-Bezogenheit sehr leicht vom Thema ablenken lassen und kaum in der Lage sind, sich zielstrebig und gründlich mit einem Thema zu beschäftigen. So witzig die oben genannten Wortpaare sind: Es ist keine Ordnung erkennbar. Die ist aber nötig. Schubladen und starre Denkmuster ist nicht das, was ich meine, aber Struktur, Erklärungen, Orientierung, auch Priorisierung: Was ist bedeutsam, was weniger wichtig?

Vor allem als langjährige Klassenleiterin der 1./2. Jahrgangsstufe behaupte ich: Am Anfang muss der Unterricht in hohem Maße gelenkt sein, auch in Religion. Die Kinder brauchen klare Vorgaben, Inhalte und eine zielstrebige Gesprächsführung. Deswegen habe ich meine im besten Sinne bewährten Relifix-Stunden beibehalten. Geändert, in hohem Maße, haben sich die Methoden; der Redeanteil der Kinder und die Schüleraktivitäten nehmen einen noch breiteren Raum ein. Es bleibt der Hefteintrag, der dringend nötig ist, um die Stunde zu rhythmisieren und die Kinder zu beschäftigen. Reden, zuhören, austauschen wird ihnen nach kurzer Zeit langweilig.

Viele verschiedene Methoden kommen beim kompetenzorientierten Lehren und Lernen zum Einsatz. Sie sollen die Schülerinnen und Schüler aktivieren, individuellen Spielraum lassen, kindgemäß, anregend und ergebnisoffen sein und zum Inhalt passen. Die Lehrkraft hat die Aufgabe, Lernprozesse anzustoßen und zu begleiten, sollte sich aber zurückhalten.

Nutzen Sie jede Gelegenheit, um die Schülerinnen und Schüler einzubeziehen. Anstatt zum Beispiel im Plenum das Thema der vergangenen Stunde zu wiederholen, ist ein Partnergespräch besser: So kommen viele Schülerinnen und Schüler gleichzeitig zu Wort — und sind so »gezwungen«, sich mit der Frage auseinanderzusetzen. Darüber hinaus setze ich gerne den »Nachdenkweg«, die »Positionierung« oder das »Kugellager/ Karusselgespräch« ein.

Im Anhang (ab Seite 247) finden Sie eine Sammlung von Methoden, die diesen Kriterien entsprechen.

In Unterrichtsfächern wie Deutsch und Mathematik sind offene Lernformen wie Wochenplan-Arbeit oder Lerntheke inzwischen üblich. Entdeckendes und selbstverantwortliches Lernen traut und mutet den Kindern zu, das Lernen selbst zu planen und zu gestalten, mit dem Effekt, dass die Lernerfolge nachhaltig sind.

Aber: Das geht im Religionsunterricht nur zum Teil. Einerseits, weil Kinder heute wenig religiöse Vorbildung mitbringen und oft biblische Geschichten schlicht nicht kennen.

Zum anderen liegt es in der Natur der Sache: Dass Gott mich und dich liebhat, kann ein Kind nicht selbst herausfinden. Die Lehrkraft muss es vermitteln. Sie ist, auch als Glaubensvorbild, unersetzlich. Seien Sie als Religionslehrer/in selbstbewusst: Unser Fach ist »etwas Besonderes«. Nehmen Sie die Grenzen eines kompetenzorientierten Lehrplans wahr. Das Wichtigste habe ich noch nicht genannt: Gott liebt auch inkompetente Kinder.

Zum Aufbau des Buches: Im vorderen Teil finden Sie nach dem Jahresplan für die 1. Jahrgangsstufe und dem jeweiligen Stoffverteilungsplan die Stunden der Sequenz, die ungefähr auf 45 Minuten angelegt sind. Es sind zum Teil mehr Stunden, als Sie halten können. Bitte setzen Sie Schwerpunkte!

Auf Seite 117 beginnt der Materialteil. Im Anhang finden Sie außer den Methoden noch die Liste der benötigten und zu beschaffenden Materialien, dazu Hinweise zu Schülerbeobachtungen, Leistungsmessung und ZeugnisBemerkungen, ein Kapitel über Disziplinprobleme, mit denen man als Fachlehrkraft leider immer wieder zu kämpfen hat, schließlich die Literaturliste und die in der ersten Jahrgangsstufe zu verwendende Schrift.

Ich selbst unterrichte immer jahrgangsgemischte Gruppen (zurzeit sogar die erste bis vierte Jahrgangsstufe). Entsprechend sind bei vielen Stunden Alternativen aufgezeigt für Kinder, die bereits lesen und schreiben können. Wieder kann ich guten Gewissens sagen, dass viele Stunden auch für den katholischen Religionsunterricht und für Ethik geeignet sind, ebenso für den Einsatz in anderen Bundesländern.

»Lieblingsfach Religion« war der Arbeitstitel des ersten Manuskriptes von Relifix vor 15 Jahren! Viel hat sich geändert seitdem, aber Religion ist immer noch mein Lieblingsfach.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie ebenso gerne dieses schöne und wichtige Fach unterrichten. Das neue »Relifix« möchte Ihnen dabei eine Hilfe sein.

Hanna Bogdahn, im Mai 2016

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