STANDPUNKT
Paul Kimberger Mein Standpunkt
Das PISA-Märchen … »Rund 9.500 Schüler in Österreich werden in den nächsten Tagen am internationalen PISA-Test teilnehmen. Stefan Hopmann hält das für entbehrlich, denn „PISA ist ein politisches Projekt, um auf die OECD-Länder Druck auszuüben. Nur diesen Zweck erfüllt es und wir lernen daraus gar nichts! « (Univ.-Prof. Dr. Stefan Hopmann, Professor für Bildungswissenschaften an der Universität Wien, „Ist der PISA-Test hinausgeschmissenes Geld?“, Die Presse vom 19. April 2022.)
det meist alles andere fakten- und sinnbefreit aus. Dieses eigenartige Phänomen ist aber keineswegs nur auf Österreich beschränkt. Nein, auch für viele andere zählt nur, ob ihr Land sich in den Ranglisten verbessern konnte oder eben nicht. Dass die OECD damit zu einem „globalen Schiedsrichter über Mittel und Ziele von Bildung“ wurde und das, obwohl man inzwischen wissen müsste,
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… ist schnell erzählt. Vor mehr als 20 Jahren, einige mögen sich vielleicht noch daran erinnern, war Finnland der große PISA-Star. Aus ganz Europa reisten Bildungspolitiker und Schulexperten in den Norden, um staunend zu erfahren, mit welchen pädagogischen Konzepten und organisatorischen Maßnahmen die Finnen ihre erfolgreiche Schule der Zukunft bauen. Jetzt, zwei Jahrzehnte später, ist die Zukunft da und keiner interessiert sich mehr für die Finnen und ihr Gesamtschulsystem. Sie wurden überholt von Ländern wie Singapur, China oder Korea, die für ihre Drillschulen bekannt sind und damit ziemlich genau das Gegenteil von humaner und kindgerechter Pädagogik praktizieren. Je größer Druck und Angst, desto besser scheinen die PISA-Ergebnisse zu sein, zumindest in den asiatischen Siegerländern. Diese erschreckende Erkenntnis offenbart die ganze Absurdität der Studie. Trotzdem starrt die Bildungspolitik noch immer auf jedes Testergebnis und blen-
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JUNI 2022 | DAS SCHULBLATT
wie wenig verlässlich – auf das unerklärte Verschwinden Finnlands von der PISATabellenspitze sei nochmals hingewiesen – die Aussagen all dieser Tests sind, wird einfach ignoriert. Die PISA-Studie misst nur das, was sich messen lässt und reduziert Bildung damit zu einem Wettlauf um Testergebnisse, der den Unterricht nicht nur zum Guten verändert hat. Tatsächlich verkümmert er mancherorts zu einer Vorbereitung auf die Formate der sogenannten empirischen Bildungsforschung – modular und kompetenzorientiert wohlgemerkt. Unsere Klassenzimmer werden dadurch bildungsärmer, weil gestalterische, musische, historische, moralische, körperliche oder handwerkliche Fähigkeiten zwangsläufig im schulischen Spektrum immer mehr in den Hintergrund treten (müssen). Es ist schon nachvollziehbar, dass die OECD als eine rein wirtschaftspolitische Organisation vor allem die Arbeitsmarktbefähigung unserer Kinder und Jugendlichen im Blick hat, aber in Bezug auf eine ganzheitliche, humanistische Menschenbildung ist das bei weitem nicht ausreichend. „Die messbare Seite der Welt ist