N° 03/SEPTEMBER 2015
€ 3,80
MIT VERLOS UNGEN & GEWIN NSPIELEN
KILLER OMELETT Iiro Rantala im Interview
LAUSCHANGRIFF
KULINARIK
&MUSIK
Von den Alpen bis nach Bingen
Lizz Wright
HUNGER! Musiker zum Thema Essen & Genießen
I i r o R a n t a l a silberhorn n째1/15
i n t e r v i e w: R a l f D o m b r o w s K I
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f oto : G r e g o r H o h e n b e r g
interview
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iro Rantala scheint überall zu sein. Für den finnischen Pianisten mit dem samtenen Anschlag waren die Jahre im Anschluss an eine Phase der Reflexion nach der Auflösung des erfolgreichen Trio Töykeät die besten seiner Karriere. Inzwischen ist er als Solo-Künstler ebenso anerkannt wie als Komponist, Band-Leader und sogar als Leiter eines von ihm initiierten Klavier-Festivals in Helsinki. Ralf Dombrowski sprach mit ihm über seine Begeisterung für John Lennon, heimliche Helden der Fusion Ära und die Abenteuer mit Essen On The Road.
SILB: Machst du noch dein Klavier-Festival? Rantala: In diesem Jahr muss es leider
ausfallen, denn ich bin mit dem Lennon-Pojekt derart ausgebucht, dass ich mich einfach nicht darum kümmern kann. Aber es geht weiter, unbedingt! Schließlich möchte ich ja alle meine Konkurrenten auch einmal nach Finnland einladen.
„Denn ich wollte die musik so gestalten, dass auch jemand, der Jazz hasst, mit meinem Lennon etwas anfangen kann.“
Aktuelle CD Iiro Rantala: My Working Class Hero – In Memoriam John Lennon ACT 9597-2 / Edel Kultur Tour 1. Oktober 2015: Jazz at Berlin Philharmonic 2. Oktober 2015: Konzerthaus Dortmund 6. Oktober 2015: Philharmonie Köln 9. Oktober 2015: Theaterhaus Stuttgart 11. Oktober 2015: Conventer Atrium Rethwisch 7. November 2015: Jazzfestival Göttingen Mehr unter http://iirorantala.fi
SILB: Das heißt, man kann dich in den folgenden Monaten auch hierzulande viel auf der Bühne erleben … Rantala: Allerdings! In Berlin und Dortmund zum Beispiel mit einem Tribute an John Lennon und Esbjörn Svensson in größerer Besetzung. Mitte Oktober startet dann die Lennon-Tour mit Solo-Konzerten. SILB: Warum eigentlich John Lennon? Rantala: Das war nicht nur eine Produzentenidee. Ich habe mein spezielles Verhältnis zu John Lennons Musik. Als Bub habe ich im Chor gesungen, vor allem Bach, bis ich etwa zehn Jahre alt war. Mit dreizehn entdeckte ich dann den Jazz. Dazwischen waren drei Jahre Platz für Anderes und da habe ich viel John Lennon gehört. Die Musik war damals ja noch frisch und ich ein echter Fan. Als ich dann gefragt wurde, ob ich zum 75. Geburtstag eine Tour mit Stücken von Lennon spielen wolle, hat sich das sehr schnell auch zu einem Album entwickelt. Für mich bedeutet diese Musik eine Zeitreise in die Vergangenheit, in meine Kindheit. Denn 5
ich hörte damals tatsächlich kaum Beatles, sondern vor allem John Lennon. SILB: Trotzdem sind auch Beatles-Stücke in dein Programm gerutscht … Rantala: Stimmt, „Norwegian Wood“, „Woman“, „Help“, „In My Life“ und „All You Need Is Love“. Am Anfang sollten es nur drei Stücke sein, schließlich aber wurden es doch mehr, denn das Team mit McCartney war für seine Arbeit auch prägend. SILB: Vieles auf dem Album klingt so locker dahingespielt … Rantala: Da trügt der Schein. Ich habe intensiv an den Arrangements gearbeitet und es war eine schwierige Aufgabe, denn ich musste mit der Einfachheit umgehen. Für Pianisten ist das eines der kompliziertesten Dinge überhaupt. Wenn wir üben, ist das eine sehr technische Angelegenheit, die Skalen, mal ein Chopin zwischendurch, alles sehr ausgecheckt. Es ist daher einfach, schnell zu spielen. Wenn man aber versucht, eine schlichte Popmelodie zu interpretieren, die jeder kennt, und ihr noch etwas Eigenes hinzuzufügen, ist das eine echte Herausforderung. In der Erarbeitungsphase des Programms hatte ich Monate, in denen ich völlig verzweifelt war und alles hinwerfen wollte, nur zwischendurch war ich mal zufrieden. Denn ich wollte die Musik so gestalten, das auch jemand, der Jazz hasst, mit meinem Lennon etwas anfangen kann. Die Melodien sind simpel, sie sollten wiedererkennbar bleiben. Also habe ich die Akkorde geändert, ein wenig das Tempo. Andere Jazzmusiker hätten vielleicht genau das Gegenteil gemacht, alles umgekrempelt, „Giant Steps“-Akkorde unterlegt und nur ein kleines bisschen Lennon übriggelassen. SILB: Was hast du denn verändert? Rantala: Zum Beispiel die Tonarten: „Imagine“ startet bei mir in Moll und geht erst am Ende in Dur über, „All You Need Is Love“ ist ebenfalls Moll, vielleicht ein Zeichen skandinavischer Melancholie. Swing oder Walking Bass habe ich mir ganz gespart, es gibt kaum Soli. „Happy Christmas“ wiederum wird zum Gospel … SILB: … und hat mich sehr an Richard Tee erinnert … Rantala: Total, es ist eine Hommage an ihn. Gerade die linke Hand ist typisch für das, was Richard Tee gespielt hat. Ich habe seine Sachen immer gemocht, in der Jazzwelt aber ist er nie richtig angekommen. Man hielt ihn für einen typischen Studiomusiker, auch weil er zahlreiche Pop-Jobs gespielt hat. ➼
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r e p o r ta g e
Alles healthy oder was? Was Musiker auf Tour essen müssen und essen wollen
Kartoffeln! Mein Lieblingsessen!
Foto links: Matthias Schriefl beim Festival Alpenjazz. Text & Fotos: Ralf Dombrowski
Essen hält Kunst und Seele zusammen. Gut essen kann sogar zu einem wichtigen Bestandteil des Musikerlebens überhaupt werden, denn es hilft, die Strapazen des kreativen Alltags zu überstehen. Ralf Dombrowski hat sich während des Festivalsommers unter Jazzern umgehört und ein paar Notizen gemacht.
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artoffeln! Mein Lieblingsessen sind gute Kartoffeln, vielleicht mit ein bisschen Sauce, aber das reicht völlig!“ Jetzt könnte man Matthias Schriefl eine Spur Regionalkoketterie unterstellen, dem schelmischen Burschen und Rekordtrompeter aus dem Allgäu, der auch kulinarisch am liebsten rustikal wirken will. Aber hinter seinem Favoriten steckt eine genaue Vorstellung davon, wie Musik und Essen zusammenhängen: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das, was quasi ethisch korrekt ist, am besten schmeckt. Die lokalen Sachen sind vor Ort oft am feinsten und ökologisch am sinnvollsten. Ich versuche außerdem, möglichst dort zu essen, wo ich nachvollziehen kann, wo die Dinge herkommen. Es ist eine Verantwortung anderen, aber auch mir selbst 9
gegenüber. Ich will beim Konzert etwas geben und das hängt mit dem zusammen, was ich zu mir nehme. Als ich noch viel in Big Bands erste Trompete gespielt habe, war es mir wichtig, vor dem Konzert möglichst kräftig zu essen, Sachen eben, die das Spiel stützen. So etwas mache ich heute nicht mehr und deshalb steht viel mehr Gemüse und Salat auf dem Speiseplan.“ Das passt zum Trend. Aus der Nahrungsaufnahme wurde von Slow Food bis Veganismus eine Philosophie, eng verknüpft einerseits mit den gesellschaftlichen Gewohnheiten, die auch außerhalb der Szene herrschen, darüber hinaus von den veränderten Arbeitsbedingungen geprägt, die den Künstleralltag inzwischen prägen.
Lob des Frühstücks Der Tonträgermarkt ist zusammengebrochen, dem Musikjournalismus geht es auch nicht wirklich prächtig, Promotionetats sind auf Taschengeldniveau geschrumpft. Wer Erfolg haben will, muss daher spielen, spielen, spielen, und das heißt Reisen, Hotelzimmer, Catering. Musiker sind abhängig von Unwägbarkeiten, Jonglierbälle einer gesteigerten Mobilität, deren Zufallscharakter eine gewisse Pragmatik erfordert, um nach einer Tournee nicht im Sanatorium zu landen. „Nicht jedes Hotel weiß beispielsweise um den Wert eines guten Frühstücks“, meint der Sänger Kurt Elling und holt weiter aus. ➼
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Salzburg
Jazz & The City 22. bis 26. Oktober 2015 Altstadt Salzburg
Donnerstag, 22. Oktober 19.00 Uhr: Dhafer Youssef „Birds Requiem“ 21.00 Uhr: Tony Allen „Afrobeat“ Freitag, 23. Oktober 18.30 Uhr: Asja Valcic & Klaus Paier (Marmorsaal) 19.00 Uhr: Vincent Peirani meets Emile Parisien (republic) 20.00 Uhr: Sormeh (Marmorsaal) 21.00 Uhr: Anouar Brahem „Souvenance“ (republic) 22.00 Uhr: Avishai Cohen Trumpet Quartet Traveni (Kavernen) 23.00 Uhr: David Krakauer Acoustic Klezmer Project (republic) Samstag, 24. Oktober 21 Uhr: John Scofield & Joe Lovano Quartet (republic) 20.30 Uhr: Bill Frisell (kavernen1595) 22 Uhr: Chris Potter Trio Sonntag, 25. Oktober Electronic Dance Night Montag, 26. Oktober 19 Uhr: Omar Sosa Quarteto Afrocubano, Lisa Simone (Salzburger Landestheater) Alle Konzerte sind kostenlos zugänglich, manche Konzerte sind zählkartenpflichtig: die Online-Ticket-Reservierung für Nicht-Salzburger/-innen: 9. Oktober ab 8 Uhr auf www.salzburgjazz.com (nur solange der Vorrat reicht). Zählkarten-Ausgabe für Salzburger/-innen: Sa, 17. Oktober von 10–18 Uhr (solange es Tickets gibt), der Ort wird noch bekanntgegeben. Gesamtprogramm unter www.salzburgjazz.com
Die viertgrößte Stadt Österreichs lockt mit schönen Aussichten, viel Kultur und – Jazz & The City. Ssirus W. Pakzad gibt Tipps für einen gelungenen Kurztrip.
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ielleicht muss das so sein – dass man erst einmal diese etwas schmuddelige, ja fast schäbig anmutende Neustadt hinter sich lässt, bevor sich nach all diesen versifften Fassaden und nicht gerade Vertrauen erweckenden Vierteln plötzlich eine Bilderbuch-Kulisse vor einem auftut. Der harte Kontrast macht das historische Salzburg noch schöner, noch unwirklicher als es ohnehin schon ist.
Entspannung pur abseits der Touristenpfade Früher war ich in Sachen Musik immer in der großen weiten Welt unterwegs, bis Auftraggebern Anfang der Nullerjahre das Geld ausging und sie ihre einst so großzügig bemessenen Spesen irgendwann ganz einsparten. Lange ist es her, dass es normal war, in einem einzigen Monat für Interviews nach New York, Los Angeles, Atlanta, Paris, London oder Brüssel zu reisen. Gute alte Zeit. Heute komme ich nur noch gelegentlich aus München heraus. Immer aber, wenn mir die Decke im heimischen Arbeitszimmer auf den Kopf zu fallen droht, kaufe ich mir ein Bayern-Ticket und unternehme entweder einen Kurztrip ins geliebte Regensburg oder eben nach Salzburg. Ein halbes Dutzend Besuche der viertgrößten 14
Stadt Österreichs kommen da im Jahr locker zusammen. Und obwohl ich Mozarts überschaubare Geburtsstadt eigentlich ganz gut zu kennen glaube, habe ich sie lange noch nicht über. Je nach Gemütslage nerven oder amüsieren mich diese japanischen Reisegruppen, die sich über die Brücken der Salzach wälzen, die ihre Souvenir-Fotos in der Getreide-Gasse knipsen oder durch die Originalschauplätze des Film-Musicals „The Sound of Music“ wuseln.
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Genussvoll auf Lunge atmen im Mirabellgarten, auf dem Kapuzinerberg
Abgesehen vom touristischen Trubel, der eigentlich das ganze Jahr über herrscht, bedeutet ein Aufenthalt in Salzburg für mich die reinste Entspannung. Meist gehe ich vom frisch renovierten Bahnhof aus zu Fuß Richtung Altstadt, schlendere zur Einstimmung erst einmal durch den berühmten Mirabellgarten, verweile, genussvoll auf Lunge atmend, eine Zeit auf einer Parkbank, um Kraft zu schöpfen für den Aufstieg auf den Kapuzinerberg. Der Ausblick oben verschlägt einem jedes Mal wieder den Atem, diese Kupferdächer, diese vielen waldigen Anhöhen, diese Stadtlandschaft, die selbst einer dieser Hollywood-Programmierer nicht eindrucksvoller entwerfen könnte.
Autor und Fotograf Ssirus W. Pakzad. Foto: Reinhold Unger
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Fotos: Ssirus W. Pakzad
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In luftigen Höhen: von der Mönchsberg-garage zum Panorama
Andere Variante, um Salzburg von oben zu genießen: in der imposanten, in den Fels gehauenen Mönchsberg-Garage in den Fahrstuhl steigen und sich gegen ein Entgelt auf den Gipfel bringen lassen, nach dem die Autoabstellgelegenheit benannt ist. Wahnsinns-Panorama. Für romantisch Veranlagte: unbedingt abends ein Dinner in dem Restaurant einplanen, das zum Museum der Moderne gehört. Das gesamte Lichtermeer der Stadt macht das Abendessen zum unvergesslichen Erlebnis. Neulich war ich übrigens mal in diesem baulich sehr schönen Kunsttempel hinter dem Lokal. Da hat es mir dann doch den Appetit verschlagen. Vielleicht wird man ja im Alter spießig – aber alles, was ich dort sah, hätte mir nicht einmal ein „Das hätte meine Tochter auch gekonnt“ hervorlocken können – abgesehen davon, dass ich keine Tochter habe.
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„Haus der Natur“ und eine Edelstein-Oase
Dann doch lieber was Reales – wieder unter angekommen, geht´s
ins „Haus der Natur“ – da ist einer, der wie ich schon sehr viel Geld für Versteinertes ausgegeben hat, bestens aufgehoben. Unter anderem lassen sich dort Abgüsse der beiden größten Ammoniten, die je auf der Welt gefunden wurden, bestaunen. Und da wir gerade bei Fossilien sind – einmal habe ich unter einer Arkade in der Linzer Gasse Schutz vor einem Platzregen gesucht, mir dann, weil das Unwetter nicht aufhörte, die Schaufenster in der Passage angeschaut und einen Laden entdeckt: die „Edelsteinoase“. Heute vergeht kein Salzburg-Aufenthalt ohne ein Schwätzchen mit Peter, dem mir hoch sympathischen Inhaber des Ladens. Jedes Mal verlasse ich sein Steine-Paradies schwer beladen – meist mit einem Orthoceras, einem Trilobiten, ein paar Haizähnen oder einem Ammoniten im Rucksack.
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chenmamsell ihre Köstlichkeiten an mir vorbeiträgt, möchte ich ihr am liebsten aufs Tablett springen. Kurz bevor mich der Zug zurück nach München bringt, kehre ich in einem Lokal ein, das „Zum Fidelen Affen“ heißt und beste österreichische Küche bietet. Für den mit steirischem Kürbiskernöl angemachten Rindfleischsalat könnte ich morden, und auch die Schnitzel mit Erdapfel-Vogerl-Salat oder die süßen Topfenknödel wären ein Verbrechen wert.
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„Jazzit“ und Jazz & The City
Ach ja, hin und wieder fahre ich auch zu musikalischen Ereignissen nach Salzburg. Da gibt es etwa das in Bahnhofsnähe gelegene „Jazzit“, das das amerikanische Magazin Down Beat kürzlich in die Liste der besten Jazzclubs der Welt aufgenommen hat. Die Gegend: leicht funky. Der Laden: ein angenehmer Kontrast zu anderen Kulturstätten. Das Programm: abwechslungsreich und ziemlich anspruchsvoll. Nicht einbezogen ist das „Jazzit“ seltsamerweise in ein Event, das europaweit womöglich seinesgleichen sucht. Im späten Oktober findet an vielen, oft sehr unge-
Café Tomaselli, „Zum Fidelen Affen“
Darüber hinaus gibt es ein paar andere Anlaufstellen, die ich mir auch nie verkneife. Pflicht ist ein Besuch im „Tomaselli“, einem alteingesessenen, herrlichen Kaffeehaus. Jedes Mal, wenn die Ku15
wöhnlichen Locations der Altstadt das Festival „Jazz & The City“ statt. Dutzende Konzerte lokaler und überregionaler/internationaler Größen lassen sich – bei freiem Eintritt (allerdings muss man sich für Tickets anmelden) besuchen. In ganz Salzburg ist dann plötzlich ein ganz anderer Groove, ein anderer Swag zu spüren, da plötzlich nicht diese übliche Festspiel- und Premieren-Stimmung herrscht, die die Perle an der Salzach manchmal etwas elitär wirken lässt. „Jazz & The City“ ist ein aufregendes Gegenprogramm zum sonstigen Kulturbetrieb.
Kulinarisches Café Tomaselli
Alter Markt 9, 5020 Salzburg, Tel. +43-662/844 48 80 www.tomaselli.at Zum fidelen Affen
Priesterhausgasse 8, 5020 Salzburg, Tel. +43-662/87 73 61 www.fideleraffe.at
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man meets woman Gjermund Larsen foto: OR A
Welche Rolle spielten Essen, Genuss und Kochen in deiner Kindheit? Ab dem Alter von zwei Jahren habe ich nichts anderes mehr gegessen als Brot mit Leberpastete. Das erzählt wenigstens meine Mutter immer. Und das habe ich noch einige Jahre durchgezogen. Ich weiß nicht warum, aber ich war als Kind ein schwieriger Esser. Davon abgesehen war ich das perfekte Kind – sagt meine Mutter …
Und die Musik? Warum hast du Geige spielen gelernt? Mein Bruder hat durch Zufall mit sechs Jahren mit dem Geigespielen angefangen – weil ein Mädchen aus der Nachbarschaft gern spielen wollte. Die Lehrerin meinte, es wäre gut, wenn sie wenigstens zu zweit wären, mein Bruder hatte keine Wahl … Ich fing ein Jahr später an – mit fünf. Seitdem spielt die Musik, vor allem die traditionelle, eine wichtige Rolle in meinem Leben.
CD-Tipp Gjermund Larsen & Trondheim Soloists: Trønderbarokk Øra Fonogram / Rough Trade Der norwegische Folk-Künstler Gjermund Larsen ist einer der angesehensten Komponisten und Geiger in seinem Land. Als Absolvent der Norwegian State Academy hatte Gjermund Larsen bereits
Wie ist das Verhältnis zu deiner E-Saite? Die E-Saite hätte mich beinahe dazu verleitet, die Fiedel an die Wand zu schmeißen. Gott sei Dank habe ich es nie getan. Sie war immer schon launisch aus irgendeinem Grund. Aber nachdem ich vor ein paar Jahren eine andere Sorte entdeckt habe, scheinen die Launen verschwunden zu sein – bei mir und meiner Geige.
mehrere Preise für seine Arbeit als Komponist und Geiger gewonnen, bevor er überhaupt seinen Abschluss in der Tasche hatte. 2002 gewann er als jüngster Geiger die norwegische Meisterschaft im traditionellen Volksfiedeln. Es dauerte nicht lange für den unverwechselbaren Künstler sich für eine Zusammenarbeit mit Norwegens innovativsten Künstlern, den Trondheim Soloists zu entscheiden. Ihre erste gemeinsame Aufnahme 2011 weckte großes internationales Interesse und sie erhielten eine Grammy-Nominierung. Für ihre neue Zu-
Dein schrecklichstes Catering-Erlebnis auf Tour? Eigentlich, wenn ich so überlege, war das Essen, das ich vor ein paar Tagen auf einem norwegischen Festival bekommen habe, eine der schlimmsten Erfahrungen. Das kann mit meinen Erwartungen zusammenhängen; ich bestellte Lamm, eines meiner Leibgerichte. Als es kam, war es kalt, das Fleisch zäh und es hat einfach furchtbar geschmeckt!
sammenarbeit, das Album „Trønderbarokk“ hat er das musikalische Konzept mit zwei Werken „Osa“ und „Førde Suites“ für Double Violin Solo und Streichorchester vertieft. 22
Kochst du gern und was? Ich bin kein großer Koch, aber ich bereite gern das Essen mit meiner Frau zu. Wir haben vier kleine Kinder, deshalb sind unsere Gerichte eher simpel zurzeit. Hausgemachter Fischauflauf ist eines unserer Lieblinge gerade. Dein Lieblingsrestaurant in deiner Heimatstadt (Trondheim, Norwegen)? Vor einem Monat eröffnete ein neues sizilianisches Restaurant, Tra Amici, es wird von einem sizilianischen Paar geführt. Ich war erst zweimal da, aber das Essen ist großartig! Isst du vor oder nach dem Konzert? Vorher, wenn’s geht. Was ist das Besondere an deiner neuen CD? Sie vereint auf einzigartige Weise Folk und klassische Musik. Alles wurde neu geschrieben, basiert aber auf der traditionellen Musik, mit der ich aufgewachsen bin. Die Trondheim Soloists sind das unglaublichste Ensemble, das man sich vorstellen kann, und die Zusammenarbeit mit ihnen während der letzten Jahre war extrem lehrreich für mich – auch für das Orchester, denke ich. Wir haben zusammen zu einem Klang gefunden mit einer starken und einzigartigen Identität. Das macht die CD so besonders.
Men Meet Women meet men
woman meets man MaÏa Vidal
foto: Shervin L ainez
Welche Rolle spielten Essen, Genuss und Kochen in deiner Kindheit? Darüber habe ich noch nie so nachgedacht. Ich bin nicht in einem gewöhnlichen amerikanischen Haushalt aufgewachsen, kein McDonalds für mich. Mein Vater war Vegetarier, deshalb gab es selten Fleisch, meine Großmutter ist Japanerin, deshalb haben wir oft selbst gekochte japanische Gerichte gegessen. Überhaupt lebte meine Familie generell sehr gesund. Und das schon lange, bevor es „cool“ wurde. Außerdem machte ich von klein auf Bekanntschaft mit allem möglichen internationalem Essen: von indischem, Thai, mexikanischen bis zu chinesischem, das war normal, Burger die Ausnahme (Veggie Burger natürlich immer!). Und die Musik? Warum hast du Geige spielen gelernt? Essen war nicht so wichtig in meiner Kindheit, aber Musik war ÜBERALL. Mein Dad war besessen von Musik, er besaß eine riesige CD-Sammlung in unserem Wohnzimmer, und meine Mama und ihre Schwester spielten Geige. Ich fing mit sieben an zu spielen, weil ich natürlich wie meine Mutter sein wollte. Aber schon viel früher hielt ich eine Ukulele wie eine Geige auf der Schulter. Obwohl ich sehr jung war, erfand ich kleine Melodien und spielte Lieder nach, die im Radio kamen, als ich acht war. Es war ganz natürlich für mich. Wie ist das Verhältnis zu deiner E-Saite? Hah! Manchmal sage ich, dass wenn ich Kinder habe, ich sie nie Geige lernen lasse. Oder
Klarinette. Wenn man diese Instrumente lernt, produziert man zwangsläufig schrille und quietschende Geräusche. Ich frage mich ehrlich, wie die Leute das aushalten! Spaß natürlich – Geige ist ein tolles Instrument, und Klarinette habe ich in der Schulband gespielt, aber ja, die E-Saite kann ganz schön brutal sein.
Isst du vor oder nach dem Konzert? IMMER danach. Ich hasse es, auf der Bühne zu verdauen, auch wenn ich zwei Stunden vorher gegessen habe, fühle ich mich noch nicht wie ich selbst. Das ist nicht immer einfach, weil wir bis spät in die Nacht spielen, also gibt es Essen um Mitternacht, aber anders geht’s nicht.
Dein schrecklichstes Catering-Erlebnis auf Tour? Da gibt es eher unglaubliche als schreckliche Erlebnisse, vielleicht, weil es ja immer kostenloses Essen ist, also immer gut. Das Blödeste passierte, als wir als Vorband einer siebenköpfigen Band auf Tour waren, die immer vor uns Soundcheck hatte. Immer wenn wir Backstage kamen, war nichts mehr übrig außer ein paar welken Salatblättern und unreifen Birnen.
Was ist das Besondere an deiner neuen CD? Ich habe mir beim Komponieren das Denken verboten, deshalb ist alles, was dabei herauskam und was man hört, ein Produkt purer Kreativität, ungefilterten Bewusstseins. Wenn man sich der Inspiration öffnet, sieht man plötzlich auf und erkennt, dass man etwas erschaffen hat und nicht weiß, woher es kam. Von diesem Gefühl bin ich besessen.
Kochst du gern und was? Ich koche nicht gern! Manchmal mache ich’s, dann wieder nicht. Ich habe immer solche Phasen. Wenn ich in einer Kochphase bin, dann mache ich Chili con Carne, asiatische Wokgerichte, indisches Essen mit viel Curry … – eigentlich all das, mit dem ich aufgewachsen bin. Im Moment koche ich fast gar nicht, weil mein Partner so toll kocht, da werde ich faul.
CD-Tipp Maïa Vidal: You’re The Waves, vö. 25.09.2015 Crammed Discs Die Liebe in all ihren Facetten, ihren wunderschönen und sehr viel weniger schönen Seiten,
Dein Lieblingsrestaurant in deiner Heimatstadt (Ithaca, New York)? Viva Taqueria, wirklich tolles mexikanisches Essen gleich im Zentrum. Das oder Asia Cuisine , da gibt es das beste koreanische Essen aller Zeiten. 23
ist das Thema von Maïa Vidals bereits drittem elektronischen Pop-Album. Die junge Musikerin hat es selbst produziert. Maïa spielte fast alle Instrumente wie Keyboards, Autoharp, Geige und Gitarre selbst ein und programmierte auch die meisten Beats.