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LEBEN
Fünf Fragen an …
Jacqueline Straubhaar Reiseleiterin Dragón de la Patagonia Patagonien/Chile
Südostschweiz | Samstag, 11. April 2015
Wandern am Ende der Welt Der Nationalpark Torres del Paine im südlichen Chile zählt zu den schönsten Naturwundern der Erde. Die Schweizerin Jacqueline Straubhaar organisiert Exkursionen durch die Schönheit Patagoniens.
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Eine Schweizerin am (fast) südlichsten Zipfel der Welt. Wie kam es dazu? Ich hatte schon immer den Wunsch, einmal eine Zeit im Ausland zu arbeiten. In der Zeitung las ich über eine von einem Europäer geleitet TrekkingAgentur in Patagonien – eines meiner Traumreiseziele. Ein paar Telefonate und Emails und ich bekam den Job als Reiseleiterin für deutschsprachige Touristen. Aus der ursprünglich geplanten einen Saison sind nun mittlerweile sieben geworden.
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Was fasziniert Sie an dieser Region? Für mich als passionierte Bergsportlerin ist insbesondere die chilenische Bergwelt beeindruckend. Der extreme Kontrast von Bergen und endloser Steppe, stundenlang durchs Nichts fahren zu können, um dann plötzlich schroffe Felswände vor sich auftauchen sehen, das ist ein unbeschreibliches Erlebnis.
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Man hat das Gefühl, Puerto Natales liegt jenseits der Zivilisation. Wie lebt es sich dort? Sicher lebt es sich am Ende der Welt anders als in der Schweiz. Da grosse Teile der Lebensmittel per Transportfähre, die einmal pro Woche anlegt, nach Puerto Natales gelangen, hat es im Supermarkt nicht immer alle erwünschten Produkte. Zudem ist das Freizeitangebot sehr eingeschränkt. So haben wir kein Kino, kein Schwimmbad oder Indoor-Sportanlagen. Doch insgesamt haben wir in Puerto Natales alles, was man zum Leben braucht. Ich fühle mich privilegiert, an einem so friedlichen Ort leben zu dürfen.
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Die Bergwelt Patagoniens ist sehr eindrücklich – genauso wie auch die Alpen. Warum sollte man den weiten Weg ins südliche Chile auf sich nehmen? Das Eindrücklichste am Torres-del- Paine-Massiv ist die isolierte Lage von anderen Gebirgszügen. Plötzlich ragt da aus der endlosen Steppe ein gewaltiges Massiv heraus. Das ist schon atemberaubend schön. Zudem sind zwar die Hauptwege im Park gut begangen, aber trotzdem ist der Torres del Paine noch viel unberührter als die Alpen. Es gibt keine Sessellifte, keine Gipfelrestaurants und kein Handyempfang.
Blick in die Weite: Auf gut angelegten Wegen geht es durch den Nationalpark Torres del Paine in Patagonien durch unberührte Natur.
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von Christian Bauer (Text und Bilder) ie Füsse sind wundgetreten, und der penetrante Westwind zerrt an den Nerven. Doch plötzlich sind all die Strapazen vergessen: Vor uns tauchen im Morgenrot «brennende» Granittürme auf, die Seen des Nationalparks Torres del Paine im südlichen Chile schimmern in tiefstem Blau. Oder ist es doch eher ein Blaugrau? Nein, vielleicht Türkis? Die Farben hier am südlichen Zipfel Südamerikas sind so kräftig, als hätte man die Landschaft mit Photoshop bearbeitet. Kein Wunder also, heisst «Torres del Paine» in der lokalen Indianersprache «Türme des Himmelblaus». Und vor all dieser Farbenund Naturpracht schwebt lautlos ein majestätischer Kondor durchs Bild. Beeindruckend. Nun wissen wir, warum in den Reiseberichten über Patagonien immer eine gewisse Mystik mitklingt. Der Torres-del-Paine-Nationalpark ist die berühmteste Land-
schaft Chiles und zählt zu den schönsten Naturwundern der Welt. Vielfältiges Trekking Unterwegs sind wir auf der multiaktiven W-Wanderung (so genannt, weil die Strecke einem W gleicht), die uns während fünf Tagen zu allen Highlights des Nationalparks führt. Das Besondere: Wir sind zu Fuss, hoch zu Ross und mit dem Kayak unterwegs. Ein Highlight ist das Trekking über den massiven Greygletscher. Insgesamt absolvieren wir rund 70 Kilome-
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Tage
dauert die Tour zu allen Highlights des Torres-delPaine- Nationalparks in Patagonien/Chile. Der massive Greygletscher wird dabei überquert.
ter und übernachten in einfachen Berghütten in Mehrbettzimmern, wo wir auch verpflegt werden. Abends lassen wir die Erlebnisse des Tages bei einem Glas chilenischen Weins nochmals Revue passieren und kommen im geschützten warmen Innern unserer Hütte zum Schluss, dass das raue patagonische Klima doch auch seinen Charme hat. Genusswanderer willkommen Dank den Tragpferden und Trägern haben wir zudem das Privileg die Wandertage jeweils nur mit dem Tagesrucksack zu bestreiten. Eine grosse Erleichterung. Lange Zeit war der Nationalpark nur Sportkletterern und hartgesottenen Wanderern vorbehalten. Durch die verbesserte Infrastruktur und gut angelegten Wegen, sind die Naturschönheiten nun auch für Genusswanderer und Tagesausflügler gut zugänglich und macht ihn so für eine grössere Zielgruppe attraktiv. Ausgangsort für Entdeckungstouren zum Torres-del-Paine-Nationalpark ist die kleine Hafenstadt Puerto
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Das klingt nach Abenteuer und Anstrengung. Kann ich auch mit einer normalen Fitness die Schönheiten der Region erkunden? In Patagonien gibt es für alle Reisenden etwas zu erleben. Man muss nicht zwingend ein Sportfreak sein um Patagonien entdecken zu können. Es gibt viele Ausflüge und Aktivitäten, wo eine durchschnittliche Fitness mehr als genügend ist. Der Tourismus in Patagonien ist in den letzten Jahren enorm gewachsen, so dass heute ein gutes Gleichgewicht besteht aus Abgeschiedenheit, Abenteuern sowie gediegenen Unterkünften, komfortablen Ausflügen und guten Restaurants. Zudem setzen wir bei den geführten Trekkingtouren für den Transport von Gepäck Träger ein, so dass die Gäste ausschliesslich mit dem Tagesrucksack wandern können.
Einiges zu bieten: Die Natur hat in Patagonien für den Besucher einige imposante und teilweise auch überraschende Anblicke parat.
Bilder Christian Bauer
Natales im Süden Chiles, in der auch als Patagonien bekannten Region. Puerto Natales hat sich auf die zunehmenden Touristenströme eingestellt: Viele Restaurants bieten typische südchilenische Gerichte an, die Küstenpromenade wurde neu gestaltet und lädt nun zu Spaziergängen entlang dem «Fjord der letzten Hoffnung» mit einmaligem Ausblick auf die naheliegenden Schneeberge ein. Spannendes Rahmenprogramm Wer die Fjordenlandschaft rund um Puerto Natales ausgiebiger erkunden möchte, kann dies auf einer Tagesschifffahrt tun, welche von zwei lokalen Anbietern durchgeführt wird. Einen Überblick verschafft man sich vom Hausberg Cerro Dorotea, den man von Puerto Natales in knapp eineinhalb Stunden besteigen kann. Zurück in der Stadt lohnt es sich, das neue kulturelle Zentrum «Galpón Patagonia» zu besuchen, wo lokale Künstler ihre Werke ausstellen und kulturelle Anlässe stattfinden.