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Serie: Event-Know-how
Green Events – Schritt zur Nachhaltigkeit in der Eventbranche?
Die Eventbranche ist ressourcenintensiv und damit naturgemäß nicht umweltschonend. Sind dann Green Events nicht ein Widerspruch in sich? Sind Green Events nur eine Strategie des „Greenwashing“ in der Eventbranche oder gibt es da doch ernst zu nehmende Ansätze? Das sind Fragen, denen im folgenden Beitrag nachgegangen werden soll. TEXT: Univ.-Prof. Dr. Cornelia Zanger, TU Chemnitz – Lehrstuhl für Marketing und Handelsbetriebslehre
Die Weltbevölkerung wird von heute fast 7,2 Milliarden Menschen nach Vorhersagen der Vereinten Nationen auf 10,9 Milliarden in Jahr 2100 wachsen, die alle mit Nahrungsmitteln, Wasser und Energie versorgt werden müssen. Gleichzeitig bedroht der Klimawandel die Reproduktion der natürlichen Ressourcen. Das Thema Nachhaltigkeit/Sustainability wird mit Blick auf aktuelle klimatische, demografische und sozialpolitische Entwicklungen weiter an Bedeutung gewinnen. Diese Diskussion hat in den letzten Jahrzehnten alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens erreicht. Insofern ist es folgerichtig, dass sich auch die Event- und Messebranche diesem Thema stellt. Am Beispiel von MegaEvents wie Sportgroßveranstaltungen oder Musikfestivals, aber auch Messen und großen Kongressen wird deutlich, dass der verantwortungsbewusste Umgang mit allen Ressourcen große Auswirkungen auf Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft hat. Im Schwerpunkt wird in der Eventbranche beim Begriff Nachhaltigkeit auf die ökologische Nachhaltigkeit (CO 2 -Footprint) der Kon
zepte geachtet. In den europäischen Ländern gibt es vielfältige Initiativen von Branchenverbänden und Interessenvereinigungen, das Konzept von „Green Events“ zu entwickeln. Ausgangspunkt sind beispielsweise solche Studien wie die der Oxford University, die ermittelt hat, dass durch die An- und Abreise der Teilnehmer an Musikfestivals 43 Prozent der CO 2 -Emission im Musikmarkt entstehen. Daraus ergibt sich unmittelbarer Handlungsbedarf für die Veranstalter von Musikfestivals, aber das gilt genauso für alle anderen Event- und Messeveranstalter. Selbstverständlich wird es nicht von heute auf morgen den völlig emissionsfreien Event geben, aber nachhaltigkeitsorientierte Eventkonzepte können schon heute mit einem geringeren CO 2 -Footprint umgesetzt werden. Von Green Events kann dann gesprochen werden, wenn die Veranstaltung nach den Kriterien der Nachhaltigkeit geplant, organisiert und umgesetzt wird. Wesentliche Kriterien der Nachhaltigkeit von Green Events sind Energie- und Klimaeffizienz der Anund Abreise sowie der Veranstaltung selbst,
Einsatz umweltfreundlicher Materialien und Produkte, Abfallmanagement, Reduzierung der Lärmbelästigung, Bindung von regionalen Eventdienstleistern, Schaffung regionaler Wertschöpfung und Übernahme sozialer Verantwortung (z. B. Sicherheitsmanagement, Umgang mit Alkohol und Drogen). Ein durchdachtes Konzept zur ökologischen Nachhaltigkeit bietet das in Gräfenhainichen stattfindende Melt! Festival mit jährlich 25.000 Besuchern. Die Veranstalter stellen auf zwei Ansätze zu mehr ökologischer Nachhaltigkeit ab. Einerseits trägt der Festivalveranstalter selbst zur ökologischen Nachhaltigkeit bei, indem er den Vorteil nutzt, dass Ferropolis, die Location, auf der das Melt! Festival stattfindet, an das Schienennetz angebunden ist. Große Teile des Bühnenaufbaus oder der Beleuchtung usw. kommen ebenso per Zug wie das Bier aus Warstein. Erneuerbare Energien werden für die Musikproduktion eingesetzt. Andererseits hat der Festivalveranstalter umweltgerechte Angebote für die Festivalbesucher entwickelt, wie die Buchungsmöglichkeit
einer An- und Abreise per Zug, Shuttle Service zum Festivalgelände, ein ökologisches Essensangebot oder die Möglichkeit, durch Muskelkraft über das Fahrrad das eigene Mobiltelefon aufzuladen. Hier entscheidet der Teilnehmer letztendlich selbst über einen eigenen Beitrag zur Nachhaltigkeit des Events.
Als positive Ansatzpunkte für nachhaltige Eventkonzepte können aus den bisherigen Erfahrungen der Branche für den Eventveranstalter folgende Bereiche herausgestellt werden.
1. MOBILITÄT
An- und Abreise der Teilnehmer sowie der Transport während des Events verursachen einen großen Teil der CO 2 -Emission. Deshalb konzentrieren sich Veranstalter auf die Suche außergewöhnlicher Locations im regionalen Umfeld mit Anschluss an öffentliche Verkehrsmittel. Location und Hotels werden nach dem Prinzip der kurzen Wege ausgewählt. Fußläufige Entfernungen sind angenehm für die Teilnehmer und entlasten die Umwelt. Für notwendige Transporte können Shuttle Services eingerichtet, Elektroautos eingesetzt oder Fahrrad-Rikschas genutzt werden (Abb. 1). Aber die Mobilität betrifft nicht nur die Teilnehmer, auch die Veranstalter können von dem guten Anschluss einer Location an die Infrastruktur profitieren, indem beispielsweise Bühnenaufbau, Beleuchtungstechnik, Dekoration und Teile des Catering (z. B. Getränke) über das Schienennetz angeliefert oder Sammeltransporte organisiert werden.
2. ENERGIE
Durch moderne Wärmedämmung und Einsatz energieeffizienter Heizungs- und Klimatechnik kann der Energieverbrauch zu vergleichbaren Events gesenkt werden. Darüber hinaus kann z. B. mit Solarpanelen selbst Energie erzeugt werden, es kann energiesparende Lichttechnik wie LED eingesetzt werden und auch der Einbau von Zeitschaltuhren oder Bewegungsmeldern hilft, unmittelbar Energie zu sparen. Für den notwendigen Energiebedarf für die Veranstaltung kann grüne Energie in Form von Grünstromzertifikaten eingekauft werden. Eine Idee, die die Eventteilnehmer aktiv in die Stromerzeugung für den Party-Sound einbezieht, sind „Fahrrad-Discos“ (Abb. 2).
3. MATERIALEINSATZ UND PRODUKTE
Green Events zeichnen sich durch den Einsatz von umweltfreundlichen Produkten und Materialien aus. So können beispielsweise für den Bau und die Dekoration von Eventlocations nachwachsende Rohstoffe wie Holz, Papier und Pappe statt Kunststoffen eingesetzt werden. Hallen können recyclebar gestaltet werden, wie dies aus dem Messebau bekannt ist. Das Prinzip der kurzen Wege gilt auch hier. Regionale Produkte und Materialien senken die CO2-Emission deutlich. Ein zunehmend wichtiges Thema ist der Einsatz von wiederverwendbaren Produkten und damit die Vermeidung von Abfall geworden. So können z. B. Teppiche oder Eventmöbel mit langlebiger Qualität mehrfach für Veranstaltungen eingesetzt werden.
4. CATERING
Ob Green Events wirklich nachhaltig geplant werden, entscheidet sich auch über das Catering. Hier gibt es vielfältige Möglichkeiten zur nachhaltigen Planung, wie der Einsatz regionaler und saisonaler Zutaten, die Beschaffung von Produkten aus ökologischem Anbau, das Servieren regionaler Getränke und der Einsatz regionalen Personals (Abb. 3). Beiträge zur Reduzierung der CO 2 -Emission liefern aber auch der Verzicht auf Wegwerfgeschirr, der Einsatz großer Flaschen und das Angebot von Wasser in Karaffen.
5. PAPIER UND ABFALLMANAGEMENT
Ein zugegeben kleiner, aber nicht unwichtiger Bereich von Green Events ist der sparsame Umgang mit Papier durch den Einsatz elektronischer Medien, die Verwendung von Recycling-Papier und der klimaneutrale Druck. Insbesondere bei Mega-Events spielen auch die Organisation des Abfallmanagements und die ökologische Mülltrennung bei Green Events eine wichtige Rolle.
6. EVENTDIENSTLEISTER
Green Events sind nur mit der Unterstützung von Eventdienstleistern umsetzbar. Deshalb ist besonderer Wert auf die Auswahl dieser Dienstleister zu legen. Beispielsweise bieten sich bei der Location und Hotelauswahl zertifizierte, umweltfreundlich arbeitende Partner an. Es gilt auch hier das Prinzip der kurzen Wege, d.h. es sollten regionale Anbieter z.B. für die Bühnentechnik, die Dekoration, den Transport, den Hostessen-Service oder die Security gewonnen werden.
Die aufgezeigten Beispiele sind erste Schritte in Richtung nachhaltiger Eventkonzepte. Schaut man sich die Maßnahmen an, so sind viele Aktivitäten bisher auf ein ökologisch nachhaltiges Verhalten gerichtet. Nicht selten ist damit auch der Vorwurf des „Greenwashing“ verbunden, d. h. Green Events werden nur aus PR-Gründen organisiert, um dem Eventveranstalter in der Öffentlichkeit ein umweltfreundliches und verantwortungsbewusstes Image zu verleihen. Die Diskussion um Green Events muss deshalb intensiv fortgeführt werden und darf sich nicht nur auf Ökologie und CO 2 -Emission beziehen, sondern muss noch stärker die zwei anderen Säulen des Nachhaltigkeitskonzeptes, nämlich die wirtschaftliche und die soziale Nachhaltigkeit, auf die Agenda setzen.