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Roboter am Messestand

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Meeting-Report

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Kollege Roboter, übernehmen Sie!

Roboter sollen immer mehr Aufgaben im Alltag übernehmen und dabei möglichst menschlich wirken. Ließe sich ein Roboter heute schon als Betreuer eines Messestands einsetzen? Wir gehen der Frage nach. Text: Robert Heininger

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht zu lesen und zu hören wäre, Roboter seien im Begriff, viele bislang von Menschen ausgeführte Tätigkeiten zu übernehmen. Eingebettet in die immer schneller voranschreitende Digitalisierung und Vernetzung, sei schon bald mit weitreichenden Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und damit verbundener Belastung der Sozialsysteme zu rechnen. Daher sei unabdingbar, über neue Finanzierungsmodelle wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen nachzudenken (eine Forderung, die übrigens auch von vielen Protagonisten bekannter Silicon-ValleyFirmen erhoben wird), um einen Zerfall des gesellschaftlichen Zusammenhalts zu verhindern. Der Roboter dient dabei als Inbegriff der Zerstörung bekannter Systeme und befriedigt damit Urängste des Menschen.

ROBOTER SIND NICHT NEU Bei all den teils recht vehement vorgetragenen Argumenten pro und kontra Roboter darf nicht vergessen werden, dass Roboter keineswegs eine Erfindung des 21. Jahrhunderts sind. Auch die widerstrebenden Gefühle Robotern gegenüber, zwischen Faszination und Aversion oszillierend, sind schon bei den ersten Versuchen mit menschenähnlichen Maschinen zutagegetreten. Nimmt man die artverwandten Automaten dazu, lassen sich solche Versuche bis in die Antike zurückverfolgen. Schon damals stand dem Menschen offensichtlich der Sinn nach Mechanisierung, Automatisierung und Effizienz, wenn auch in einem anderen Kontext als heute. So sind für den Tempel von Alexandria automatisch öff

nende Türen belegt, die der Mathematiker Heron entwickelt hatte –und das vor mehr als 2.000 Jahren! Seither hat es immer wieder Zeiten gegeben, in denen Maschinen, welche menschliche Tätigkeit verrichten konnten, sich großer Beliebtheit erfreuten: mechanische Orchester und Musikautomaten, mechanisch bewegte und gesteuerte Tiere, Schachspieler und Weissager, allesamt von der Idee her Vorläufer heutiger Roboter, gleichwohl der Unterhaltung zugedacht und nicht der Konkurrenz menschlicher Arbeiter.

MENSCHMASCHINEN UND KÜNSTLICHE INTELLIGENZ Verfolgt man die Geschichte des Roboters zurück zu den Ursprüngen, stößt man irgendwann auf Leonardo Da Vinci, der bereits einige Skizzen menschenähnlicher Maschinen entworfen hat. Im 18. Jahrhundert schließlich folgt ein regelrechter Entwicklungsschub mit dem ersten vollautomatischen Webstuhl, der die Industrialisierung Europas vorantreibt. Der tschechische Autor Karel Čapek verwendet schließlich als erster den Begriff „Roboter“ in seinem Theaterstück „R. U. R.“, in dem ein Unternehmen künstliche Menschen (eben Roboter) herstellt, welche als rechtlose Diener Arbeiten zu verrichten haben. Schlussendlich lässt Čapek die Roboter sich zusammentun und gegen die Menschheit richten. Eine Vorstellung, die heute, 100 Jahre später, äußerst aktuell scheint und auch Parallelen zum Golem-Mythos und Mary Shelleys „Frankenstein“ erkennen lässt. Roboter sind also immer geeignet, die Menschen in helle Aufregung zu versetzen, sei es nun aus Verzücken oder Angst. Die Bedrohung durch heutige Roboter scheint indes

nicht so sehr von deren maschinenhafter Leistung auszugehen, sondern vom Einsatz künstlicher Intelligenz, die Robotern Entscheidungs- und Lernfähigkeit sowie Kreativität ermöglichen soll. Ein weites Feld, das zwar dank wachsender Rechen- und Speicherkapazität rasante Fortschritte verzeichnet, in der Praxis aber immer noch recht holprig funktioniert.

ROBOTER SIND LÄNGST UNTER UNS Schon in den 1940er-Jahren formuliert der ScienceFiction-Autor Isaac Asimov drei grundlegende Robotergesetze, die verhindern sollen, dass Roboter dereinst übermächtig werden und sich gegen den Menschen richten (eine düstere Vision, die übrigens auch Stephen Hawking und Elon Musk umtreibt). Bis heute hat sich daran nichts geändert. Dabei sind wir es längst gewohnt, mit Robotern umzugehen. Gemeint sind weniger die zahlreichen Industrieroboter, die in der Großserienfertigung Autos und Computer herstellen, sondern die Roboter, die als reine Software in Erscheinung treten. Eingebettet in Smartphones und Unterhaltungselektronik wie Amazons Echo oder Google Home, hören sie zu und geben mehr oder weniger schlaue Antworten. Die Bots (Kurzform für Robots) haben zwar kein physisches Erscheinungsbild, dafür aber menschlich klingende Namen wie Siri, Alexa, Cortana und Bixby. Solche Bots sollen in Zukunft aus unserer Umgebung nicht mehr wegzudenken sein, und da sie rein softwarebasiert sind, ist es ein Leichtes, sie überall dort einzusetzen, wo bereits ein Computer am Werk ist, egal ob zuhause oder unterwegs. Solche Softwarebots können recht einfach um zusätzliche „Skills“ erweitert werden und interaktiv dazulernen. Auch im Internet sind ganze Scharen davon am Werk und durchaus in der Lage, Chats thematisch zu steuern und Postings zu verfassen. Die meisten Anwender bemerken davon nichts.

BITTE LÄCHELN Ob ein Roboter als gut oder böse empfunden wird, entscheidet oft sein Aussehen. Das wissen auch die Hersteller und bedienen sich der gestalterischen Trickkiste, um den künftigen Heimroboter möglichst nett aussehen zu lassen. Auch das ist nicht neu: Schon der niedliche R2-D2 aus der Kultserie „Star Wars“ hatte die Sympathien auf seiner Seite, nicht anders Sonys Roboterhund AIBO, der von 1999 bis 2006 mit seinen lustigen Späßchen vielen die Zeit vertrieb. Wirkt die Verpackung

NEWSTICKER

• Die kalifornische Firma Purism hat eine Crowdfundingkampagne für sein Open-Source-Smartphone Librem 5 gestartet. Dieses soll auf freier Hard

Roboter im Museum

Sowohl das Museum für Angewandte Kunst (MAK) als auch das Designmuseum in Weil am Rhein zeigen derzeit Sonderausstellungen zu Robotern.

Unter dem Motto „Hello, Robot“ stellt das MAK Chancen und Herausforderungen der Robotik in den Mittelpunkt. In vier Kapiteln, die 200 Exponate umfassen, werden die wichtigsten Aspekte im Spannungsfeld zwischen Mensch und Maschine abgehandelt. Die Ausstellung läuft noch bis 1. Oktober 2017.

www.mak.at/hello_robot

Das Vitra-Designmuseum hingegen setzt auf Retrofuturismus und zeigt im Roboterkabinett (einer Black Box) eine Kollektion von Robotern aus den Jahren 1937 bis 1968, einer Zeit also, in der neue Technik sehr willkommen war und positiv reflektiert wurde. Besucher können die Black Box gegen Voranmeldung im Rahmen einer Führung bis 18. März 2018 betreten.

www.design-museum.de

liebenswert, ist die Akzeptanz eines Roboters hoch. In Japan, wo Roboter schon weit verbreitet sind und auch in der Alten- und Krankenpflege zum Einsatz kommen, sind es gerade diese Eigenschaften, die viele Menschen sich rasch an den neuen Hausgenossen gewöhnen lassen. Damit auch der Rest der Welt möglichst bald nicht mehr ohne Roboter leben will, unternehmen Hersteller wie Aldebaran/SoftBank oder Boschs neues Start-up Mayfield Robotics alles in ihrer Macht stehende, um kräftig die Werbetrommel zu rühren. Pepper, ein niedliches Gemeinschaftsprodukt von Aldebaran Robotics und SoftBank Mobile, durfte vor Kurzem Kunden einer heimischen Supermarktkette bezirzen, während Mayfields süßer Kuri zu den Stars der diesjährigen CES zählte. Beiden ist gemeinsam, dass sie durch Form und Größe keineswegs bedrohlich auf Menschen wirken, sondern vielmehr schützenswert und damit einem Kleinkind nicht unähnlich. Sind die Herzen erst geknackt, werden die Kaufabschlüsse schon folgen, so die Devise.

ROBOTER IN DER PRAXIS Das Angebot an erschwinglichen Robotern wächst, sie werden immer ausgereifter und handlungsfähiger, sind immer freundlich, billiger als eine menschliche Arbeitskraft und leichter zu kontrollieren: Warum also nicht einen Roboter anstatt eines Menschen als neuen Mitarbeiter anschaffen? Diese Überlegung dürften schon viele angestellt haben, zumal, wenn es um Präsentation geht. Ein Messestand oder PR-Event dürfte noch geraume Zeit mit einem Teamroboter punkten können: Er kann als Sympathieträger das Image einer Marke stärken, als optischer Aufputz dienen, Standbesucher und Kunden informieren und unterhalten. Mit der aktuellen Robotergeneration klappt das schon recht gut, zumal die meisten Menschen augenzwinkernd über etwaige Fehler eines Roboters hinwegsehen. Solange ihm Fehler unterlaufen, wird er schließlich nicht als Bedrohung verstanden. Aber akzeptieren Menschen einen Roboter auch als Gesprächspartner, der nicht nur informiert, sondern auch Diskussionen führen will? Das ist derzeit noch schwer zu sagen. Eine Faustregel lässt sich festhalten: Als dienstbarer Geist geht ein Roboter immer durch, naseweis oder belehrend sollte er aber besser nicht auftreten, um negative Reaktionen zu vermeiden. Prinzipiell spricht überhaupt nichts dagegen, einen Roboter im Kundenkontakt einzusetzen. Große Wunder sollte man heute aber noch genauso wenig erwarten wie Einsparpotenzial – ein Roboter will schließlich gewartet und gepflegt werden, und diese Aufgabe übernimmt dann meistens doch noch ein Mensch.

• Elation hat den neuen LED-Scheinwerfer Fuze Wash 575 vorgestellt, der sich durch seine gleichmäßige Farbverteilung besonders für Produktprä

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