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Biu-Tze

Großmeister Leung Ting unterrichtet Variationen der Biu-Tze-Form in Lobenfeld bei Langenzell

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Die Biu-Tze-Form (»Stoßende Finger«)

Die B i u-Tze oder auch Bil-Tze (gesprochen: »Biu-Djie«, nicht »Pilze« oder »Bilze«, wie man es oft hört) ist die dritte und fortgeschrittenste (waffen- und gerätelose) Form im W TSystem. In WT-Kreisen sagt man, »Die Biu-Tze verläßt niemals das Haus.« Damit meint man, diese Form erlernt nur der, der sich seinem Si -Fu gegenüber als vertrauenswürdig und fleißig erwiesen hat, so daß er ins Haus (d.h. in die WT Familie) aufgenommen worden ist und zu den enger en und persönlichen Schülern gehört.

Heutzutage kann jeder Schüler, der sich wirklich bemüht, die 3. Form erlernen, sobald er 7 Sektionen Chi -Sau und ihre Kampfanwendung beherrscht. Damit stellt er unter Beweis, daß er die ersten beiden WT -Formen im Kampf einsetzen kann und nun reif für das Erlernen neuer Bewe gungsmuster ist.

Dann kann man auch eher erwarten, daß der nunmehr fortgeschrittene WT-Kämpfer diese Form nicht nur besser verstehen kann, sondern auch die nötige Reife und Cha rakterstärke besitzt, diese gefährlichen Bewegungen nicht zu mißbrauchen.

Während nämlich die erste Form die Grund - und die zwei te Form die Verteidigungsbewegungen liefert, handelt es sich bei der dritten Form (Biu-Tze) um aggressive und gefährliche Angriffsbewegungen zum Zweck e der Ver teidigung. Im WT gilt der Satz, daß der Angriff die beste Ver teidigung ist.

Ein Könner der 3. Form kann sich noch erfolgreich ver teidigen, wenn ihn der gegnerische Angriff beinahe er reicht hat. Er wird meist auf reine Abwehrtechniken ver zichten und stattdessen dem Angriff mit einem Gegen angriff aus der Biu-Tze z u v o r k o m m e n .

Die Techniken der 3. Form sind hauptsächlich raffinierte Angriffe mit Fingern, Ellbogen, Handkanten und Fäusten sowie Taktiken gegen besondere Angriffe und eine ausge klügelte Fußarbeit. Außerdem gibt es in der Biu -Tze-Greifmethoden und -Befreiungen gegen verschiedene Umklammerungen.

Die Biul-Tze ist eine sehr elegante und geschmeidige Form, deren Bewegungen manchmal an eine gefährliche Schlange erinnern.

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Der Kehlkopf-Schlag, eine tödliche Bewegung der 3. Form, wird im allgemeinen unterhalb des Brückenarmes ausge führt und will den Kehlkopf des Gegners mit der Handkante treffen bzw. den geraden Fauststoß des Angreifers verei teln.

Bei der Spatenhand unterscheiden wir die hohe und die tiefe Spatenhand. Die hohe Spatenhand greift das Unter kiefergelenk oder den Kehlkopf des Gegners an, die tiefe Spatenhand meist den Unterleib.

Diese Techniken können bei entsprechender Schlagkraft tödliche Wirkung haben und sollten deshalb nur in höchster Lebensgefahr im Rahmen der Notwehr angewendet wer den.

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SPATENHAND und KEHLKOPFSCHLAG

A (links) und B stehen sich in der traditionellen WT-Vorkampfstellung gegenüber. B versucht mit Pak -Sau links As vorderen Arm zur Seite zu schlagen und zu kontrollieren, während seine rechte Faust zum Fauststoß bereit ist. A wehrt geschickt ab und bringt beide Arme des Gegners mit seinem rechten Arm unter Kontrolle. Gleich darauf wendet A einen linken Biu-Tze-Schlag zum Hals an, der er eine rechte Spatenhand zum gleichen Ziel folgen läßt.

Hoher und tiefer SCHERENGAUN-S A U

SCHEREN-GAUN-SAU

Scheren-G a u n-Sau wird selten unter normalen Kampfbedingungen angewandt. Denn es ist nicht sehr ökonomisch, z w e i Arme einzusetzen, um mit einem Angriff fertig zu werden. Wenn es sich jedoch um einen sehr starken Angriff handelt, z B. um einen schweren Rundtritt, dann ist die Anwendung des Scheren-Gaun-Sau durchaus gerechtfertigt.

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ZIRKELSCHNITT, TIEFE SPATENHAND UND ELLENBOGENSCHLAG ABWÄRTS

Der sog. Zirkelschnitt wird von einer Wendung begleitet, um sich von einer Handgelenkumklammerung zu befreien.

Die tiefe Spatenhand zielt auf die schwache Seite des Gegners und kann schlimme innere Verletzungen hervorrufen. A und B stehen sich gegenüber.

Der Abwärtsschlag mit dem Ellbogen zielt auf Schläfen, Gesicht, Nacken, Schlüsselbein und Brust des Gegners und ist eine sehr gefährliche Nahkampfwaffe.

212 A wird getroffen, verliert die Balance und erhält obendrein von B einen Ellenbogenschlag zur Schläfe.

A greift plötzlich Bs rechten Arm, drückt ihn abwärts und versucht einen linken Fauststoß zum Kopf.

B

benutzt Pak-Sau links zur Abwehr und wendet rechts den Zirkelschnitt an, um seinen Arm zu befreien.

Dann senkt B seinen rechten Arm und greift As rechte Seite mit tiefer Spatenhand an.

DIE GREIFENDE HAND UND DER HAKEN-FAUSTSTOSS

Zwar wird die Greifende Hand selten benutzt, dennoch ist sie eine wirkungsvolle Bewegung, um den Gegne r unter Kontrolle zu bringen.

Allerdings beabsichtigen wir damit nicht, den Gegner län gere Zeit zu halten oder zu hebeln, es gilt nur, ihn kurzfristig an Gegenmaßnahmen zu hindern, bis wir ihm einen Treffer mit Arm oder Bein versetzen können.

Der Haken-Fauststoß gehört zu den drei Wing -TsunFausttechniken, wird aber seltener angewandt als der zentrale Fauststoß.

A und B stehen sich gegenüber (vorige Seite). A greift mit Fauststoß rechts an, aber B kontrolliert seinen Arm sofort mit der Greifenden Hand. A gelingt es dann, seinen rechten Arm zu befreien, indem er

Dann zieht B plötzlich, so daß A das Gleichgewicht nach vorne verliert.

Dies nutzt B aus, indem er A durch einen Haken-Fauststoß zur Schläfe unschädlich macht. seinen linken Arm unter seinem rechten vorstößt.

B aber greift jetzt unerwartet As linkes Handgelenk mit einer linken Greifenden Hand.

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