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Richtige Fußarbeit

K e i t h R . K e r n s p e c h t Richtige Fußarbeit

Iras

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Internal-Rotated-Adduction-Stance Durch diesen Stand soll der Schwerpunkt des Körpers zwischen die beiden Knie gesenkt werden. Physikalisch gesagt, ist der Körper dann stabil, wenn der Schwerpunkt tief ist und sich in der Mitte befindet. Von der Seite gesehen, wollen wir so stehen, daß der Hinterkopf, der Rücken und die Hacken ein senkrechte Linie bilden. Wir wollen uns also weder vorbeugen, noch ins andere Extrem fallen und uns nach hinten lehnen. Die drei Winkel, die durch das Dreieck der Füße gebild e t werden, sollen je 60° betragen.

Fehler

* Zu weit vorbeugen. * Zu weit zurücklehnen. * Zu tiefer Stand. * Zu breiter Stand. * Hüfte zu weit vordr ücken. * Hüfte zu weit nach hinten, rausstrecken (Donald Duck-

Stand). * Knie noch vorn dr ücken, statt aufeinander zu. * Hacken nicht 60° ausgestellt.

Die Wendung des Standes

WT erhebt den Anspruch, sich gegen den st ärkeren Angreifer verteidigen zu können. Dies ist nur möglich, wenn unsere Hand -»T e c h n i k e n« mit unserer Wende methode üb e r e i n s t i m m en unter genauester Befolgung folgender Grundregel: Nicht wir wenden uns selbst (aktive Wendung), sondern der Angreifer wendet uns (passive Wendung), indem er uns an unserem Man -Sau oder Wu-Sau (vorderer oder hinterer Arm) dreht. Unfreiwillig liefert somit der Angrei fer uns durch seinen Angriff selbst die Möglichkeit, uns vor ihm - durch die passive Wendung - in Sicherheit zu bringen. Dies ist im Einklang mit dem WT -Wort: »Die Technik meines Gegners bestimmt meine Technik. « Die Wendung ist also in der Anwendung kein Akt des Willens o d e r d e r K a m p f p l a n u n g (»tote Technik«), son dern wird direkt bewirkt durch den Angreifer.

Nullgewicht auf vorderem Fuß

Wichtig ist es, das Hauptgewicht des K örpers (also nicht nur 60 % oder 70 %) auf das Standbein zu über tragen. Dies ist der Original -Wing-T s u n-S t a n d . S i e h e Altmeister Yip Man! Das vordere Bein mu ß völlig frei von Körpergewicht sein. Nur diese Gewichtsverteilung macht es dem WT -M a n n möglich, jederzeit mit dem vorderen Fu ß ansatz los treten zu k önnen. Keine noch so kleine verr äterische Gewichtsverlagerung warnt den Gegner vor dem bevorstehenden »schattenlosen« W T-Schritt. Hätten 328

Beachte Great Grandmaster Yip Mans perfekten Stand sowie seine Gewichtsverlagerung: Er sitzt auf dem hinteren Bein. Das vordere Bein hat Nullgewicht !

Si-Gung unterrichtet in Nürnberg

Unvergleichliche Fußarbeit! wir auch nur 35 % oder 25 % K örpergewicht auf dem vorderen Fuß, brauchten wir zwei Zeiten zum Tritt: Zeit 1 = Gewichtsverlagerung auf das hintere Bein. Zeit 2 = Tritt. Viele beherzigen diese Regel vom »Nullgewicht« auf dem vorderen Bein nicht. Die Folgen sind die Unf ähigkeit, jederzeit trittbereit zu sein, sowie schlechtes Gleichgewicht beim Treten, das dann durch »Ruderbew e g u n g e n« mit den Armen ausgeglichen werden mu ß. Dazu kommt natürlich, daß ein vorderes Bein, das kein Gewicht tr ägt, weder durch Fu ßfeger wirkungsvoll angegriffen noch durch einen Tritt so leicht verletzt wer den kann.

Woher kommt die Wende-Kraft ?

Drehpunkt Fußmitte

Es gibt mehrere Möglichkeiten, einen Fuß W T-mäßi g »falsch« zu drehen, u. a.: Auf dem Fußballen: Dadurch wird die Standbreite schmaler. Auf der Hacke : Dadurch wird der Stand breiter. Wir wollen im Wing Tsun stets die gleiche f ür uns indivi duell richtige Standbreite haben, deshalb müssen wir auf der ganzen Sohle (Drehpunkt also Sohlenmitte) drehen. Ein Drehen auf dem Fu ßballen oder der Hacke mu ß auch deshalb Nachteile mit sich bringen, weil unser Fu ß dann nur noch wenig Kontakt (mit Ferse oder Zehen) zum Boden hat, so da ß das so wichtige Gleichgewicht empfindlich beeinträchtigt wäre. D i e W i r k u n g wäre ein Gleichgewichtsverlust, der dann wieder durch Armbewegungen oder Verschiebungen des Oberk örpers ausbalanciert werden müßte. Es soll nicht verschwiegen werden, daß es viele Leute gibt, die dennoch stets oder manchmal auf der Hacke drehen. Manche tun es, weil sie es nicht besser wissen. Andere wissen nicht, da ß sie selbst diesen Fehler machen. Wieder andere drehen dann nicht auf der ganzen Fu ßsohle, wenn sie zu müde oder unkonzentriert sind. So ertappen sich auch Meister dabei, wenn sie etwas nachlässig sind. Das Drehen auf der Hacke ist nun einmal sehr viel einfacher und wird deshalb kaum völlig aussterben. Jeder beobachte sich selbst!

In der Praxis liefert uns der Angreifer durch seinen Angriffsdruck die Kraft, um zu wenden. Das hei ßt, er drückt uns in die Wendung bzw. wir dr ücken uns von i h m weg. Üb t d e r S c h üler allerdings die Chum -K i u-Form bzw. separate Wendungen ohne Partner, dann mu ß er wenden, ohne daß er sich in die Wendung dr ücken lassen kann. In diesem Falle kommt die Wendekraft vom Aus üb e nden selbst. Trotzdem sollte sich der WT -S c hüler aller dings davor hüten, die Wendung dadurch zu vollziehen, daß er sein Gewicht von links nach rechts und von rechts nach links »wirft«. Merke: Nicht der Körper wendet die Füße, sondern die Füße wenden den Körper. Nur auf diese Weise bleibt das Gleichgewicht erhalten.

Ein Fuß zur Zeit

Jedem wird einleuchten, daß man auf zwei Füßen stabi ler steht als auf nur einem. Daher auch die Vorliebe des

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Wing Tsun -M a n n e s für Handtechniken. Fu ßtechniken benutzen wir nur, wenn das Ziel mit einfacheren Mitteln (z. B. Handtechnik) nicht zu erreichen ist und wenn die Fußtechnik keine Risiken bietet. Bei der Wendung gilt ähnliches. Auf der ganzen Sohle steht man stabiler als auf der Hacke, auf einem Fu ß steht man sicherer als auf keinem. Wenn beide Füße gleichzeitig drehen, haben wir auf k e i n e m Bein sicheres Gleichgewicht. Deshalb drehen wir im WT einen Fuß nach dem ande ren. (Allerdings geht das so schnell und ineinander über, daß ein Beobachter dies kaum erkennen wür d e . )

Kniespannung

Wie beim IRAS darf auch die Spannung zwischen den Knien nicht fehlen. Durch diese Spannung sind die Genitalien geschützt, so daß wir keinen Tiefschutz auf der Straße brauchen und eine Sorge weniger haben. Außerdem wird uns diese Kniespannung beim korrekten WT-Schritt nützlich sein.

Fehler:

* Drehen auf der Hacke. * Drehen auf dem Fu ßballen. * Wenden durch Hin- und Herwerfen des K örpers. * Gleichzeitiges Drehen beider Füße. * Fehlende Spannung zwischen den Knien. * Gewicht auf dem vorderen Fuß. * O b e r körper nicht völlig aufrecht. * Hände werden zum Balancieren benutzt.

Vorgehen

Wenn wir aus dem IRAS einen Fu ß zur 45 ° -Stellung wenden und dann den hinteren Fu ß ebenfalls auf 45 ° drehen (der vorher ja 60 ° war), befinden wir uns in der Position für den Vorwärtsschritt. Unser Oberkörper wird i n diesem Falle 90 ° gedreht, wobei unsere Schultern parallel zum Ziel stehen.

Lokomotive und Waggon

Die Art, sich im Wing Tsun vorw ärts zu bewegen, ist e b e n s o u n g e wöhnlich wie alle übrigen Wing -T s u nMethoden. Wing Tsun ist vielleicht das einzige System, das zwei Füße bei einem Schritt bewegt. Wie eine Lokomotive zieht das vordere (vom K örpergewicht freie Bein) das hintere Bein (Waggon), auf dem das g a n z e Körpergewicht ruht, hinter sich her. Den Antrieb liefert ausschließlich das vordere Bein, das hin tere Bein ist völlig passiv und wird vom vorderen nach gezogen. Das hintere Bein macht k e i n e e i g e n e B e w egung, denn dies w ürde unser Gleichgewicht st ören, da das Körpergewicht darauf ruht. Man stelle sich zwischen beiden Beinen ein Expander kabel vor. Die Vorwärtsbewegung des vorderen Beines

330 Abweichungen vom klassischen Stand

Zweispuriges Vorgehen

Beachte Gewicht'

Perfekte Haltung beim Tritt (Foto aus dem Buch »Wing Tsun Leung Ting Kung Fu«) Wu Shu-Verlag 1977. spannt das Kabel und zieht das zweite Bein mit dem Gewicht (dem Waggon) hinterher. Sobald das vordere Bein steht, wird das zweite herangezogen sein. Ein Schritt bewegt beide Füße, aber auch hier gilt das gleiche Prinzip wie bei der Wendung: Damit zumindest auf einem Fuß jeweils volles Gleichgewicht ist, bewegt sich nur ein Fuß zur Zeit. Hier wird klar, weshalb der WT-Stand ein Fußtritt-Stand ist: Man ist jederzeit ohne Gewichtsverlagerung zum Tritt mit dem vorderen Bein bereit. Wenn der vordere Fu ß vorgeht, ist der hintere ruhig. Wird der hintere mit dem K örpergewicht beladen nachgeschleppt, ist der vordere Fuß ruhig. Der erste Fuß k a n n eine beliebige Distanz vorgesetzt werden, der hintere Fuß (Sohle flach am Boden) wird passiv um dieselbe Strecke nachgeschleppt. Auf diese Weise ist die Standlänge für die gleiche Person immer dieselbe. Aufrecht stehen

Fehler:

* Gewicht auf dem vorderen Bein während des Schritt-

Vorganges oder hinterher. * Antrieb durch das hintere Bein, indem man sich etwa mit diesem abstößt. (Gleichgewichtsprobleme!) * Aktives Nachsetzen des hinteren Beines (Gehen auf zwei Zeiten!) * Bewegung mit dem vorderen Bein, wenn das zweite folgt. (Balance) * Fehlende Kniespannung. (Deckung) * Beide Füße nicht in einer Linie (Wir gehen 1 -spurig, nicht 2-spurig

vor!) * Vorderer Fuß ist nicht eingestellt. * Vorderes Knie zu stark gebeugt. * Vorderes Bein zu sehr gestreckt. * Stand ist zu tief. * Stand ist zu hoch. * Stand ist zu lang.

* Oberkörper nicht lotrecht über der hinteren Hacke.

Zeichnungen J Pottiez

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