Theater der Welt — Theaterzeitung

Page 1

Festival

Düsseldorf 17. Juni – 4. Juli 2021


Düsseldorfer Schauspielhaus, Festivalzentrum, Third Space Gustaf-Gründgens-Platz 1, 40211 Düsseldorf

Großes Haus

Kleines Haus

Donnerstag 17.6.

17:30 Siren Song, 18:00 Festivaleröffnung und 19:00–21:15 Liveübertragung der Uraufführung aus Kapstadt Leben und Zeit des Michael K. von Lara Foot und Handspring Puppet Company — Südafrika, Deutschland / Schauspiel

20:00–23:15 Spuren – vier Monologe (Teil 1) Zurück ins Land der Geburt & Nennt mich Muhammad Ali von Étienne Minoungou — Burkina Faso, Kongo, Martinique, Senegal, Belgien / Schauspiel

Freitag 18.6.

19:00–20:45 Übertragung der Aufzeichnung in den Saal Leben und Zeit des Michael K.

20:00–23:00 Spuren – vier Monologe (Teil 2) Wenn wir leben wollen & Spuren – Rede an die afrikanischen Nationen

Samstag 19.6.

20:00–21:45 Die Geschichte von der Geschichte von Jetse Batelaan, Theater Artemis — Niederlande / Schauspiel / ab 8 Im Anschluss ITI-Preisverleihung

Sonntag 20.6.

13:00–14:30 Podiumsgespräch mit Jetse Batelaan und 16:00–17:45 Die Geschichte von der Geschichte von Jetse Batelaan, Theater Artemis — Niederlande / Schauspiel / ab 8

Grün = Inszenierungen für Kinder und Jugendliche

19:30–21:00 Deutschlandpremiere Liveübertragung der Vorstellung aus Chile Dragón von Guillermo Calderón — Chile / Schauspiel Im Anschluss Gespräch mit dem Regisseur

Dienstag 22.6.

19:30–21:00 Übertragung der Aufzeichnung in den Saal Dragón

20:00–22:15 Deutschlandpremiere European Philosophical Song Contest von Massimo Furlan, Claire de Ribaupierre ­— Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Litauen, Norwegen, Portugal, Schweiz, Slowenien, Spanien / Musiktheater Im Anschluss Zuschauer*innengespräch Vision: Europa

Donnerstag 24.6.

20:00–22:15 European Philosophical Song Contest

Freitag 25.6.

20:00–21:00 Werkschau Ist mein Mikro an? von Jordan Tannahill und Erin Brubacher — Kanada, Deutschland / Schauspiel

Diese Vorstellung ist auch als Video-on-Demand buchbar. 20:00–21:15 Andares von Héctor Flores Komatsu, Makuyeika Colectivo Teatral — Mexiko / Schauspiel Mit Publikumsgespräch / ab 10 16:00–17:15 Andares / ab 10

Sonntag 27.6.

11:00–12:15 Pistes

14:00 Eine ITI-Veranstaltung Theater der Welt – Wie es begann Gespräch mit Renate Klett (Dramaturgin, Kritikerin und Programmkuratorin) & Stefan Schmidtke (Programmdirektor Festival Theater der Welt 2021)

20:00–21:15 Deutschlandpremiere The Planet – A Lament von Garin Nugroho — Indonesien / Oper 20:00–21:15 The Planet – A Lament Mit Publikumsgespräch

11:00–13:00 Bürgerdinner Rette (sich), wer kann – wo bleibt die Solidarität?

20:00 Es geht um alles! Ein Philosophy-Slam

Montag 28.6. Täglich Siren Song (Klanginstallation) Gustaf-Gründgens-Platz

Donnerstag 1.7.

2

10:00–16:00 Verschiedene Anfangszeiten buchbar Playing Up / ab 4 Dauer des Parcours ca. 2 Stunden

Diese Vorstellung ist auch als Livestream buchbar.

20:00–21:15 Deutschlandpremiere Pistes von Penda Diouf — Burkina Faso, Frankreich / Schauspiel Mit Publikumsgespräch

Mittwoch 30.6.

15:00–19:00 Verschiedene Anfangszeiten buchbar Playing Up von Sibylle Peters, Fundus Theater – Theatre of Research, Hamburg — Deutschland / Performanceparcours / ab 4 Dauer des Parcours ca. 2 Stunden

20:00–21:00 Ist mein Mikro an? Mit Publikumsgespräch

Samstag 26.6.

Dienstag 29.6.

auf dem Gustaf-Gründgens-Platz

ab 20:00–22:00 Weltfoyer Alien Disko Gespräch: Saya Onodera, Markus Acher, Stefan Schneider und Konzert: Spirit Fest — Japan, Großbritannien, Deutschland

Montag 21.6.

Mittwoch 23.6.

Open Air – Third Space

20:00–22:00 Deutschlandpremiere Kunst von Ene-Liis Semper, Tiit Ojasoo — Estland, Schweiz / Performance Mit Publikumsgespräch 20:00–22:00 Kunst

18:00 Luftlinien – beelines Aktion der Kunstakademie

18:00–19:15 und 20:30–21:45 Filmvorführung der Fernsehaufzeichnung im Saal L’Assemblée Montréal von Pascale Bussières, Amélie Grenier, Nora Guerch, Christina Tannous, Alex Ivanovici, Brett Watson (Porte Parole) — Kanada / Schauspiel

ab 20:00–22:00 Weltfoyer Osaka Düsseldorf Gespräch, Konzert: Kopy, Tentenko und Moderation: Stefan Schneider — Japan, Deutschland

Freitag 2.7.

19:30–21:30 Uraufführung GRM.Brainfuck von Sibylle Berg — Deutschland / Schauspiel Mit Publikumsgespräch

Samstag 3.7.

16:00–18:00 GRM.Brainfuck

20:00–22:15 The Assembly / Die Versammlung München von Alex Ivanovici, Annabel Soutar, Brett Watson (Porte Parole) — Kanada, Deutschland / Schauspiel

20:30–21:30 Internationale Premiere Malen von Ricardo Curaqueo Curiche — Chile / Tanz Mit Publikumsgespräch

Sonntag 4.7.

16:00–17:00 Filmuraufführung im Saal The Shadow Whose Prey the Hunter Becomes von Back to Back Theatre — Australien / Schauspiel / Aufzeichnung

18:00–20:15 The Assembly / Die Versammlung München

20:30–21:30 Malen


Weitere Orte …

Central Worringer Straße 140, 40210 Düsseldorf

Weltfoyer – Schauspielhaus

Große & Kleine Bühne

Junges Schauspiel

Münsterstraße 446, 40470 Düsseldorf ab 23:00 Gloomy and Glamourous – Weltfoyer After Dark Female DJs aus aller Welt — Zu Gast: Ayn

Di, 29.6. / 19:00–20:15 Mi, 30.6. / 18:00–19:15 Das Gewicht der Ameisen von David Paquet — Kanada, Deutschland / Schauspiel / ab 12

ab 22:00 Gloomy and Glamourous – Weltfoyer After Dark Female DJs aus aller Welt — Zu Gast: Foresta

19:30–21:00 Große Bühne Uraufführung Archipel Ein Spektakel der Vermischung von Brigitta Muntendorf, Stephanie Thiersch, Sou Fujimoto — Deutschland, Japan / Tanz, Musik, Architektur

ab 23:00 Gloomy and Glamourous – Weltfoyer After Dark Female DJs aus aller Welt — Zu Gast: Lovozero

19:30–21:00 Große Bühne Archipel Ein Spektakel der Vermischung Mit Publikumsgespräch 19:30–21:00 Große Bühne Archipel Ein Spektakel der Vermischung

ab 20:00 Weltfoyer Venezuela Ritmo Gespräch, Präsentation, Video: Carolina Lares Jaffé, Moderation: Stefan Schneider und Konzert: Manuel Rangel — Kolumbien, Venezuela, Deutschland

Dreischeibenhaus

Dreischeibenhaus 1, 40211 Düsseldorf Mi, 23.6. / 21:00–22:00; Do, 24.6. / 16:00–17:00 und 21:00–22:00 Internationale Premiere Sisi Pelebe von Kelvinmary Ndukwe — Nigeria / Schauspiel Mit Publikumsgespräch am 24.6. Mo, 28.6. / 21:00 Weltfoyer – Mikropoleis Gespräch, Video: Yiannis Gaitanidis, Moderation: Stefan Schneider und Livemusik: Thalia Ioannidou, Stefan Schneider — Griechenland, Deutschland

ab 20:30 Weltfoyer Callshop Radio Gespräch: George Odhiambo, Kaspar van de Water (Callshop Radio), Moderation: Stefan Schneider und DJs: George Odhiambo und Kaspar van de Water — Kenia, Deutschland

Telefonischer Vorverkauf 0211 36 99 11 Mo – Fr 10:00 – 17:00 Sa 10:00 – 14:00

Theaterkasse auf dem Gustaf-Gründgens-Platz Mo – Fr 10:00 – 18:30 Sa 10:00 – 14:00

Webshop www.theaterderwelt.de www.dhaus.de www.eventim.de

Abendkasse Die Abendkasse an allen Veranstaltungsorten öffnet jeweils eine Stunde vor Beginn.

Di, 29.6. / 21:00 Weltfoyer – Software and Harpsichord Gespräch, Konzert: Phillip Schulze, Brian Parks — USA, Deutschland

ab 23:00 Weltfoyer Meakusma Gespräch, Video: Boris Lehmann, Frédérique Franke, Moderation: Stefan Schneider und Konzert: Razen — Belgien

… und auf www.theaterderwelt.de 26.6. bis 4.7. Video-on-Demand Der Urknall von Zvi Sahar, Itim Ensemble, PuppetCinema, Klaipėdos lėlių teatrąs — Israel, Litauen / Interaktives Objekttheater / ab 5

ab 23:00 Gloomy and Glamourous – Weltfoyer After Dark Female DJs aus aller Welt — Zu Gast: Neele Charon ab 22:00 Gloomy and Glamourous – Weltfoyer After Dark Female DJs aus aller Welt — Zu Gast: Saida

18., 25.6. und 2.7. Jugendjury – Festivalredaktion Di, 22.6. 18:00–19:30 Livestream Dramenübersetzung und Übertitel – ein Spannungsfeld?

ab 23:00 Gloomy and Glamourous – Weltfoyer After Dark Female DJs aus aller Welt — Zu Gast: Chorbika

ab Do, 28.6. ab 17:00 Video-on-Demand Mission: Freiheit – Podiumsgespräch

ab 21:30 Weltfoyer Amazon –This River Is My Street / Harmonious Thelonious Gespräch, Video: Nathalia Favaro, Miki Yui und Konzert: Harmonious Thelonious (Stefan Schwander) — Brasilien, Japan, Deutschland

25.6. bis 27.6. Equity – Forum zu internationaler Kooperation Junges Schauspiel 1.7. bis 4.7. Junges Theater der Welt Kongress Future (t)here »Our house is on fire!« 16.6. bis 22.6. Livestreams aus dem Atelier Düsseldorf  / Theater der Welt z. B. am 16.6. 16:30–18:00 Gespräch The role of the arts and festivals in today’s society and the imaginative power of storytelling mit Chimamanda Ngozi Adichie, Shahidul Alam und Emily Johnson www.iti-germany.de www.thefestivalacademy.eu

ab 23:00 Gloomy and Glamourous – Weltfoyer After Dark Female DJs aus aller Welt — Zu Gast: Galouchë ab 23:00 Gloomy and Glamourous – Weltfoyer After Dark Female DJs aus aller Welt — Zu Gast: Borusiade

ab 22:30 Weltfoyer Kabawil Konzert: Ato ­Kwamina Hasford, Thomas Klein — Ghana, Deutschland

So, 4.7. / 17:00 Abschlusspräsentation Junges Theater der Welt Kongress Future (t)here »Our house is on fire!«

Karten

17.6. bis 4.7. Täglich auf www.iti-germany.de Weltraum — Internationales Theaterinstitut (ITI)

ab 24:00 Weltfoyer Gloomy and Glamourous Female DJs aus aller Welt — Zu Gast: Shushupe

22:00 und 24:00 Gloomy and Glamourous – Weltfoyer After Dark Female DJs aus aller Welt — Zu Gast: Sapphire Slows und Tati Au Miel

18:30–20:00 Kleine Bühne Uraufführung Dream Machine von Anke Retzlaff — Deutschland / Konzert-Performance

ab 22:30 Gloomy and Glamourous – Weltfoyer After Dark Female DJs aus aller Welt — Zu Gast: 41ISSA

19:30–21:00 Dream Machine

Kleine Bühne

3


Herzlich willkommen zum Festival Theater der Welt vom 17. Juni bis 4. Juli 2021 in Düsseldorf! Punktlandung!

… und digital!

Mehr als 40 Jahre gibt es das Festival Theater der Welt. Alle drei Jahre findet es in anderen deutschen Städten und Regionen statt. Noch nie wurde es abgesagt. Für Düsseldorf wurde es aufgrund der weltweiten Pandemie erstmals um ein Jahr verschoben. Das war vorausschauend und wir haben riesiges Glück gehabt: Das Festival kann stattfinden!

Im Rahmen der Coronaschutzverordnung ist das Sitzplatz­angebot nach wie vor kleiner als sonst. Daher freut es uns außerordentlich, dass es uns gelungen ist, einen großen Teil der Festivalvorstellungen auch digital zur Verfügung stellen zu können – als Livestream und auch am zweiten Vorstellungstag als Video-on-Demand. So wird das Festival denjenigen Zuschauer*innen zugänglich gemacht, die noch nicht reisen ­können oder die vielleicht keine Karten mehr bekommen konnten.

350 Künstler*innen von 5 Kontinenten und aus 17 Ländern können Deutschlands größtem Theaterereignis treu bleiben. Wir freuen uns sehr darüber, dass wir unsere Gäste jetzt herzlich in Düsseldorf begrüßen!

4

Wir spielen live … Aufgrund der sinkenden Inzidenzzahlen können wir 34 Vorstellungen live vor Publikum spielen – als Open Air auf dem Gustaf-Gründgens-Platz sowie im Schauspielhaus, im Central und in der Münsterstraße in den Theatersälen! Das hätten wir vor Kurzem noch nicht zu träumen gewagt. Dazu kommen 18 Sound Performances in der Innenstadt, 18 Veranstaltungen von Weltfoyer im Festivalzentrum, 2 live gestreamte Live-Aufführungen (aus Südafrika und Chile direkt ins Schauspielhaus) und 2 Produktionen als TV-Aufzeichnungen.


Die Eröffnung 24 internationale Produktionen Vom 17. Juni bis zum 4. Juli zeigt das Festival 24 herausragende internationale Produktionen. Sechs davon sind Uraufführungen, sie entstehen als Koproduktionen und verbinden künstlerische Kollektive über Ländergrenzen und Kontinente miteinander.

Junges Publikum Erstmals richtet sich ein Drittel des Festivalprogramms an Kinder, Jugendliche und Familien. Die Teilnehmer*innen des internationalen Jugendkongresses laden am 4.7. zur Präsentation ihrer künstlerischen Arbeiten ein.

Festivalzentrum Das Foyer des Schauspielhauses und der Gustaf-Gründgens-Platz mit der Open-Air-Tribüne und der Kunstinstallation The Third Space des Architekturkollektivs raumlaborberlin werden 18 Tage und Nächte lang das Festivalzentrum sein, wo u. a. das das Bürgerdinner am 27.6. zu Diskussion und zum Feiern einlädt.

Weltfoyer 18 Tage und Nächte lang wird das Festivalzentrum auch zu einem öffentlichen Performanceraum. Im Weltfoyer können Sie vielfältige musikalische, filmische, performative und wissenschaftliche Projekte von Künstler*innen aus NRW und von allen Kontinenten kennenlernen. Mit dem bildenden Künstler und Musiker Stefan ­Schneider aus Düsseldorf und Chris Bruckmayr, Kurator des Festivals Ars Electronica in Linz, prägen zwei starke Handschriften das Weltfoyer-Programm.

Wir eröffnen das Festival mit der Uraufführung einer Bühnenfassung des Romans Leben und Zeit des Michael K. des Nobelpreisträgers J. M. Coetzee. Erstmals kommt ein Ensemble des Baxter Theatre aus Kapstadt in Südafrika ins Schauspielhaus. Zumindest virtuell. Geplant wurde die Produktion in zweijähriger Vorbereitung als gemeinsame Inszenierung mit den Schauspieler*innen aus Kapstadt und dem Ensemble des Düsseldorfer Schauspielhauses. Die Pandemie hat uns hier einen Strich durch die Rechnung gemacht. Gemeinsame Proben in Südafrika waren nicht möglich. Jetzt freuen wir uns darauf, die Premiere live aus Kapstadt auf die große Leinwand ins Schauspielhaus übertragen zu können.

Wir wünschen Ihnen viele spannende Theaterabende! Stefan Schmidtke, Programmdirektor Theater der Welt 2021 und das Festival-Team

Infos und Tickets

Alle Termine, Infos und Karten: www.theaterderwelt.de www.dhaus.de 5


In zweijähriger Zusammenarbeit entstanden Konzept und Bühnenfassung der gemeinsamen Uraufführung des Baxter Theatre Centre in Kapstadt und des Düsseldorfer Schauspielhauses zum Roman Leben und Zeit des Michael K. des Literaturnobelpreisträgers J. M. Coetzee. Zur Eröffnung des Festivals Theater der Welt sollte ein gemeinsames Ensemble beider Theater unter Regie von Lara Foot in Zusammenarbeit mit der gefeierten südafrikanischen Handspring Puppet Company auf der Bühne stehen. Die weltweite Pandemie hat gemeinsame Proben in Südafrika unmöglich gemacht. Wir freuen uns, Ihnen die Uraufführung via Livestream aus Kapstadt im Theatersaal live zeigen zu können.


Lara Foot und Handspring Puppet Company — Südafrika, Deutschland / Schauspiel

Festivaleröffnung Leben und Zeit des Michael K. nach dem gleichnamigen Roman von J. M. Coetzee

Eine universelle Geschichte von Brent Meersman Schauspielhaus, Großes Haus 17. Juni 17:30 GustafGründgens-Platz Open Air Siren Song Klangperformance 18:00 Festivaleröffnung Grußworte der Träger und Förderer sowie von Künstler*innen aus aller Welt, anschließend Eröffnungspremiere Uraufführung In Englisch, Afrikaans und ­Xhosa mit deutschen Übertiteln Do, 17.6. / 19:00–21:15

Liveübertragung der Premiere aus Kapstadt. Diese Vorstellung ist auch als Livestream buchbar.

Fr, 18.6. / 19:00–20:45

Diese Vorstellung ist auch als Video-onDemand buchbar.

J. M. Coetzees ikonischer Roman der 1980er-Jahre Leben und Zeit des Michael K. brachte dem späteren Literaturnobelpreisträger (2003) internationale Aufmerksamkeit, als er den Booker Prize (1983) gewann. Die Geschichte über die unentrinnbare existenzielle Notlage der Kolonisierten und das Gefühl des bevorstehenden Untergangs hat uns damals alle, die wir im angstgeplagten, von der Apartheid unterdrückten Südafrika gefangen waren, tief berührt. Und doch sind die Hauptthemen, die ­Coetzee seinerzeit meisterhaft definierte, nicht im Geringsten veraltet oder verschwunden; sie verfolgen unsere Nation weiterhin. Südafrika hat sich nie richtig mit der Landenteignung und der psychologischen Entfremdung der Kolonisierten auseinandergesetzt. Das Land bewegt sich immer noch gefährlich nahe dahin, in die Art von dystopischem Alptraum zu zerfallen, den Coetzee vor fast vier Jahrzehnten skizzierte. Er stellte sich vor, wie wir zu einem Land werden, das von einem ausgedehnten Bürgerkrieg heimgesucht wird. Doch diese vom Krieg zerrissene Landschaft, die er schuf, passt genauso gut zu den täglichen, verstreuten und zersplitterten Protesten, der allgegenwärtigen, schwelenden, nihilistischen Gewalt des heutigen Südafrikas, mit unseren »Armeen der Obdachlosen und Mittellosen«, die in der Schlange auf Sozialhilfe warten oder auf den Straßen einfache Grundversorgung einfordern. Aber Michael K.s Geschichte ist auch eine universelle Geschichte, die für die Bewohner der Europäischen Union ebenso relevant ist wie für die Geflüchteten, die aus Syrien strömen und in Lagern stranden. Die Vogelscheuchen-Figur des passiven Widerstands begibt sich, buchstäblich und allegorisch, auf einen Weg, den

nur wenige von uns zu gehen wagen, um seine wahre Natur zu entdecken und authentisch zu leben, im tiefsten und wahrsten Sinne des Wortes. Man spürt einen Anklang von Samuel Beckett, wenn diese beiden einsamen Figuren – der treue Sohn Michael K. und seine kranke Mutter, die er in einer Schubkarre schiebt – sich auf den Weg machen, um vor der Anarchie der Stadt zu fliehen, um den Geburtsort der Mutter zu erreichen und einen unmöglichen Übergang in eine vergangene, in der Zeit verlorene Welt zu schaffen. Wie sein Name andeutet, ist ­Michael K. zu einem kafkaesken ­Dilemma verurteilt – Opfer einer geistlosen, apathischen Bürokratie – sinnlos in Bezug auf Gerechtigkeit, ihn aber dennoch für ewig schuldig haltend. Die systemische Gewalt gegen die Armen hält bis heute an. Und wie könnte man Coetzees tiefgründige und zutiefst allegorische Vision, seine viszerale und doch absichtlich ausgezehrte und reinigende Prosa, die nach der Farbe der theatralischen Darstellung schreit, besser verwirklichen als durch den Einsatz von Puppenspiel. Aber dies sind keine gewöhn­ lichen Puppen, sie sind die Kreationen des visionären, Tony-Awards-prämierten Basil Jones und Adrian Kohlers weltbekannter Handspring Puppet Company (Schöpfer des international gefeierten Werkes War Horse). Ihre Puppen sind Kunstwerke, die von ­einigen der prominentesten Museen der Welt als solche geschätzt werden. Sie sind geniale Wesen, die durch das Leben animiert werden, das ihnen von einigen der berühmtesten Performer Südafrikas eingehaucht wird. Das Skript hält sich gewissenhaft an die Buchvorlage, doch wenn bei der von der Kritik gefeierten

­ ezeption des Romans bei seiner R weltweiten Veröffentlichung im Jahr 1983 eine Schwäche ausgemacht wurde, dann war es das kurze zweite Kapitel, in dem der Blickwinkel zu dem des Arztes des Gefangenenlagers wechselt, der sich um Michael K., seinen Patienten in extremis, kümmert. Die Redundanz des Versuchs des weißen Arztes, den Sinn und die moralischen Lehren von Michael K.s Existenz für uns zu destillieren und zu artikulieren, wurde von der gefeierten ­Regisseurin Lara Foot in ihrer Adap­ tion für die Bühne (in Zusammenarbeit mit C ­ oetzee) elegant umgangen, indem sie die ­Perspektive bei Michael K. in Form eines Selbstberichts hielt. Die erfahrene Regisseurin Foot ist ebenfalls gut vorbereitet, da sie die Karoo-Landschaft bereits in ihrem ­außergewöhnlichen und originellen Werk Karoo Moose und in einer gefeierten Produktion von Woyzeck durchquert hatte. Lara Foot fügt dem Fundament eines starken Textes Ebenen theatralischer Darbietungen, die Puppen, den Einsatz von Film und auch die originelle Musikpartitur des jungen Maestros Kyle Shepherd hinzu, dem es paradoxerweise gelingt, mit Musik die meditative Stille der Großen Karoo zu evozieren. Coetzees täuschend schlankes Werk verdient eine so epische Inszenierung und internationale Zusammenarbeit und füllt sie mühelos aus. Brent Meersman ist Schriftsteller und lebt in Kapstadt, Südafrika. Den ungekürzten Text lesen Sie im digitalen Magazin auf: www.theaterderwelt.de/festival/ magazin/michael-k

7


Spuren – vier Monologe Étienne Minoungou — Burkina Faso, Kongo, Martinique, Senegal, Belgien / Schauspiel

Diskurse des afrikanischen Kontinents Schauspielhaus, Kleines Haus Do, 17.6. / 20:00–23:15 zwei Monologe inkl. Pause

Schauspielhaus, Kleines Haus Fr, 18.6. / 20:00–23:00 zwei Monologe inkl. Pause

Zurück ins Land der Geburt (Cahier d’un retour au pays natal)

Wenn wir leben wollen (Si nous voulons vivre)

Nennt mich Muhammad Ali (M’Appelle Mohamed Ali)

Spuren – Rede an die afrikanischen Nationen (Traces – Discours aux Nations Africaines) In französischer Sprache mit deutschen Untertiteln

8

Der burkinische Regisseur, Schauspieler und Dramatiker ­Étienne Minoungou lädt ein, in Diskurse des afrikanischen Kontinents einzutauchen. Minoungou, eine der großen Stimmen der zeitgenössischen afrikanischen Theaterund Kunstszene, macht in vier Monologstücken Debatten der afrikanischen Gesellschaft hörbar, die Autonomie und Selbstwirksamkeit einfordern. In Zurück ins Land der Geburt beschwört der Schriftsteller und Politiker Aimé Césaire die Würde der schwarzen Völker. Seine Dichtung nutzt Poesie als Waffe, um den Unterdrückten das Wort zurückzugeben. Muhammad Ali ist ein Boxer und ein Bühnenstar – ­Étienne M ­ inoungou ist ein Boxer und ein Bühnentier. Nennt mich ­Muhammad Ali von Dieudonné Niangouna setzt den Ausnahmesportler in Szene. »Um zu gewinnen, musst du fliegen wie ein Schmetterling, stechen wie eine Biene …«, fordert Minoungou mit seinem Idol und denkt über ein modernes Afrika nach, das Gemeinschaft und Kampfgeist stolz behauptet. Sanftere Töne wählen ein Musiker und ein Dichter, um die systemischen Widersprüche in Wenn wir leben wollen aufzuzeigen. Der Essayist Sony Labou Tansi hat eine Hymne an das Leben und gegen die Niederlage des Geistes verfasst. Ein Afrikaner, der von einer Odyssee zurückkehrt, ergreift schließlich in Spuren – Rede an die afrikanischen Nationen das Wort. Der senegalesische Wirtschaftsökonom Felwine Sarr entwirft darin eine Utopie: »Die Fragen, denen wir uns stellen müssen, sind weniger solche nach der Effizienz, sondern handeln davon, unsere psychische Infrastruktur neu zu erschaffen.«

»Mit dieser Inszenierung bin ich einer meiner Obsessionen als Schauspieler sehr nahe: Worte in den Herzen der Menschen tanzen zu lassen. Ich liebe diese Art von Theater, ich suche sie und ich glaube, ich habe sie hier gefunden.« Étienne Minoungou


Archipel

Ein Spektakel der Vermischungen Brigitta Muntendorf, Stephanie Thiersch, Sou Fujimoto — Deutschland, Japan / Tanz, Musik, Architektur

Drei Ausnahmekünstler*innen vermischen spektakulär ihre Genres Uraufführung Central, Große Bühne Fr, 18.6. / Sa, 19.6. / So, 20.6. jeweils um 19:30–21:00 Publikumsgespräch am 19.6. im Anschluss an die Vorstellung

Die Natur ist ein Artefakt geworden, Menschen und Pflanzen haben sich verschwistert – sie sind eine neue provokante Verbindung eingegangen. Nach dem Ende der Zurichtung der Welt, wie wir sie kannten, wird das neuhuma­noide Dasein zutage treten und in einem Archipel der Möglichkeiten seine Kräfte ertasten: unsichtbare biologische Verflechtungen und Symbiosen, in denen Blutsverwandtschaft und Reproduktion der menschlichen Spezies der Vergangenheit angehören. Elektrisierte Wesen bilden hybride, raumerfassende und tentakelhafte Schnittstellen. Sie folgen einer Sensorik der Unruhe, bereit, sich zu transformieren. Architektur, Tanz und Musik gehen in Archipel eine vollkommen neue Allianz ein: Die vom japanischen Architekten Sou Fujimoto geschaffene Skulptur ist nicht nur Bühne, Landschaft und Schutzraum, sie ist auch Musikinstrument, dessen Klänge Tänzer*innen und Musiker*innen gemeinsam hervorrufen, aufnehmen und weiterspinnen. Die Choreografie von Stephanie Thiersch und die Musik von Brigitta ­Muntendorf arbeiten mit der Vermischung der Genres auf der Suche nach Verständigung. Wir alle sind verbunden. Brigitta M ­ untendorf zählt zu den prägenden Komponist*innen der ­zeitgenössischen Musik. Sie ist Gründerin des Ensemble Garage und entwickelt transdigitale Musiktheater und Installationen. Die vielfach ausgezeichnete Choreografin, Regisseurin und M ­ edienkünstlerin Stephanie Thiersch ist Künstlerische Leiterin der interdisziplinären Tanzkompanie Mouvoir. Der Architekt Sou Fujimoto arbeitet von Tokio und Paris aus an Projekten, die eine ureigene Verbindung zur Natur suchen.

Im Archipel der Möglichkeiten Choreografin Stephanie Thiersch und Komponistin Brigitta Muntendorf über ihre Musiktheaterkreation: »Die Vorarbeiten zu Archipel begannen mit einem Atelierbesuch in Paris. In fragilen, flüchtigen Linien skizzierte der japanische Architekt Sou Fujimoto mit rotem Stift Silhouetten utopisch-futuristischer Landschaften auf weiße Blätter. Bis diese Landschaften die Voraussetzungen dafür ­erfüllen konnten, mit Berührung, Bewegung und Klang in Resonanz zu treten, sind drei ­Jahre vergangen. Archipel umfasst mit Chor, ­ Ensemble, Streichquartett und Tänzer*innen insgesamt 40 Performer*innen.«

Lesen Sie den Text über die Entstehung von Archipel – zuerst erschienen im Fachmagazin Die deutsche Bühne – im digitalen Magazin auf www.theaterderwelt.de/festival/magazin/archipel

9


Jetse ­Batelaan, Theater Artemis — Niederlande / Schauspiel

Die Geschichte von der Geschichte

Humorvolles Theaterereignis für die ganze Familie Deutschlandpremiere In deutscher Sprache Für Familien und Kinder ab 8 Jahren Schauspielhaus, Großes Haus Sa, 19.6. / 20:00–21:45 Diese Vorstellung ist auch als Livestream buchbar.

So, 20.6. / 16:00–17:45 Diese Vorstellung ist auch als Video-onDemand buchbar.

So, 20.6. / 13:00–14:30 Wild, mutig, m ­ agisch: Wir feiern und befragen das Theater für junges Publikum in den Niederlanden mit fünf ihrer spannendsten Vertreter*innen Podiumsgespräch mit Jetse Baterlaan und Silvia Andringa, Petra Blok, Liesbeth Coltof und Guy Corneille, Moderation: Stefan Fischer-Fels

10

Huhu? Ist da jemand? Gibt es hier irgendwo eine Geschichte? Das Publikum ist gespannt, der Vorhang öffnet sich, und die Bühne ist – leer! Nur hinten in der Ecke lümmeln ein paar Leute. Wer sie sind, weiß noch niemand … aber Vorsicht, sie sind hinter deiner Tasche oder deinen Schuhen her! Die Geschichte von der Geschichte ist ein Bühnen­ spektakel für alle ab 8 Jahren über …? Hut ab, wenn ihr uns hinterher sagen könnt, worum es geht! Wir haben den roten Faden längst verloren, aber vielleicht findet ihr ihn wieder? Zumindest gibt es eine Stimme aus dem Irgendwo, die uns einen Weg weist … sowie fantastisches Licht, spektakuläre Kampf­szenen, schwebende geometrische Objekte, und dann tritt der echte ­Cristiano ­Ronaldo auf und bringt auch gleich seine Eltern mit. Ein Theaterereignis für die ganze Familie, gespielt mit überbordender Lust und Fantasie, die große und kleine Zuschauer*innen mitreißen. Die Arbeiten des Regisseurs Jetse Batelaan, des »wildesten Freidenkers des n ­ iederländischen Theaters«, sind berühmt für ihre starke Bildsprache und ihre absurde und schlaue Komik. Batelaan zählt zu den unkonventionellsten Protagonist*innen einer neuen Generation von Theaterschaffenden in Europa. Er wurde u. a. mit dem ­Silbernen Löwen der Biennale in ­Venedig in der Kategorie Theater ausgezeichnet. ­Batelaan wird im ­Anschluss an die Vorstellung vom 19.6. mit dem Preis des internationalen ­Theaterinstituts (ITI) ausgezeichnet.

Der niederländische Theatermacher und diesjähriger ITI-Preisträger Jetse Batelaan im Gespräch mit Marion Troja. Geschichten erzählen, Charaktere auf der Bühne vorführen – davon haben Sie sich verabschiedet. Was zeigen Sie stattdessen? Das ist ja kein Gesetz, in meiner letzten Arbeit gab es auch eine Geschichte und Figuren. Theater ist ein Ort der Störung, ein Ort für Unerwartetes und ein guter Ort, um den Umgang damit zu erleben. In diesem Sinne mag ich es, Regeln zu brechen. Und eine Theaterregel ist eben, dass es eine Story und Charaktere gibt. Das ist eine wesentliche Erwartung, die ich in der radikalsten Weise zu unterlaufen versuche. Das macht viel Spaß. Unbehagen und Unsicherheit sind Bestandteile Ihrer Inszenierungen. Diese Gefühle sind gerade allgegenwärtig. Wie gehen Sie damit um? Generell ist Kunst eine Vorbereitung für ungewohnte Situationen. Da ist es gut, wenn man vielleicht im Theater schon einmal erlebt hat, dass man sich darauf einstellen kann. Kunst dient der Übung für diese Art von Erfahrung. So wird Selbstvertrauen aufgebaut, und genau das braucht man jetzt.

Sie gastieren mit »Die Geschichte von der Geschichte« beim Festival Theater der Welt. Christiano Ronaldo, Beyoncé und Trump treten auf, das klingt ziemlich konkret. Sie kommen auf die ­Bühne, auf der keine Story stattfindet. Es ist eine komplett abstrakte Welt, und sie haben die gleichen Schwierigkeiten, sich zurechtzufinden, wie das Publikum. Damit müssen sie klarkommen und machen das auf ganz unterschiedliche Weise. Die Erwachsenen wollen die Kontrolle behalten, aber dazu sind sie nicht in der Lage. Irgendwann wollen sie die Bühne verlassen, aber das geht auch nicht. Sie sind einfach zu groß. Sie bezeichnen Ihre Arbeiten als ­beängstigend, chaotisch und anarchistisch. Wie fallen typische Reaktionen im Publikum aus? Am Anfang weiß ja ­keiner, was passiert. ­Viele lachen und vielleicht sind sie auch nervös. Es hängt ein bisschen davon ab, wie sehr man auf klassisches Theater vertraut. Solche Zuschauer sind vielleicht zu Beginn enttäuscht. Das gibt es bei Erwachsenen und auch bei Kindern. Na ja, es wird jedenfalls viel gelacht, weil es für alle einfach sehr schräg ist. Für mich liegt darin der Humor. Gibt es denn einen ­Unterschied zwischen den Reaktionen von Kindern und ­Erwachsenen? Kinder sind offener, sie

haben die Fähigkeit, surreal zu denken. Ich mag an jungem P ­ ublikum sehr, dass es sich gerne beteiligt. Die jungen Menschen trauen sich zu schreien und zu ­interagieren. Wir Erwachsenen sind oft ein bisschen zu höflich. Ich brauche aber den Protest und Widerstand. Ein Drittel des Festivalprogramms ist für junges Publikum geplant. Macht es für Sie einen Unterschied, wie alt die Zuschauer*innen sind? Es ist wirklich wichtig zu kommu­nizieren, dass es ein Stück für alle ab acht ist. Aber wir haben ­dennoch auch ein erwachsenes Publikum. Es wäre ein Segen, wenn die Art des Inszenierens für Kinder und Erwachsene sich nicht unterscheiden würde. Es sollte ein Austausch von Ideen sein. Wie wichtig sind für Sie Publikumsgespräche im Anschluss an die Vorstellungen? Es macht Spaß, aber das Stück sollte auch ohne funktionieren. Es ist großartig, wenn Familien oder Schulklassen nach dem Besuch über das Gesehene diskutieren. Ich persönlich mag es nicht so, wenn die Theatermacher erklären sollen, was sie gezeigt und was sie gemeint haben. Das ist nicht der Punkt. Der Theatermacher ist nicht wichtiger als die Erfahrungen eines Achtjährigen. Lesen Sie das gesamte Interview im digitalen Magazin auf www.theaterderwelt.de/ festival/magazin/geschichte



Playing Up Sibylle Peters, Fundus ­Theater – Theatre of ­Research, Hamburg — Deutschland / Performanceparcours

Düsseldorfpremiere In deutscher oder auf Wunsch in englischer Sprache Für Kinder ab 4 Jahren und Erwachsene

Alles KANN man selber machen!

Ein Parcours auf dem Gustaf-Gründgens-Platz lädt zu den unglaublichsten Aktionen ein. Wer wollte nicht schon einmal auf einem Autodach sitzen, mit Tieren tanzen oder eine Ketchupschlacht veranstalten? Oder einem zufällig Vorübergehenden durch die Stadt folgen, Erwachsene fernsteuern, eine eigene Sportart erfinden, Wunder suchen, elektrische Geräte auseinandernehmen, eine »Was-passiert-­dannMaschine« bauen? Kinder – und auch die Erwachsenen! – können beim Spielen die Welt der Performancekunst kennenlernen. Es braucht einfach nur Lust und Laune am Spiel. Die Dauer Gustaf-Gründgens- der einzelnen Aktionen wird selbst Platz, Open Air bestimmt. Fr, 18.6. / Playing Up arbeitet mit be15:00–19:00 rühmten A ­ ktionen aus der Geschichte Sa, 19.6. / und macht Performance für Kinder 10:00–16:00 verständlich und wirft einen frischen Blick auf diese Kunstform. Verschiedene Konzipiert und geschrieben Anfangszeiten von Sibylle Peters in Kooperation buchbar, Dauer mit der Live Art Development ­Agency, des Parcours ­London, und der Tate Modern, ca. 2 Stunden ­Families & Early Years.

Der Urknall Zvi Sahar, Itim Ensemble, PuppetCinema, Klaipėdos lėlių teatrąs — Israel, Litauen / Interaktives Objekttheater

Deutschlandpremiere ab 5 Jahren 26.6.–4.7. Diese Veranstaltung ist als interaktives Video-on-Demand buchbar.

12

Per Mausklick durch die elektronische Stadt Der Urknall ist ein Science-FictionMärchen für alle ab fünf Jahren, das kleine und große Zuschauer*innen herzlich einlädt, dem Miniroboter Ki und seinem Hund Betty in die »­elektrische Stadt« zu folgen, die ­Heimat spektakulärer Roboterwesen. Die Betrachter*innen können die elektrische Stadt auf eigene Faust erkunden: interaktiv, per Klick am Computerbildschirm. Der international bekannte israelische Puppenspieler Zvi Sahar verbindet mit seinem Puppet­Cinema Theater, Puppenspiel und Film: Orte und Figuren entstehen in einem Filmset unmittelbar vor den Augen des Publikums. Das Itim Ensemble zählt zu den renommiertesten Experimental­ theatergruppen Israels. Der Urknall ist die erste Zusammenarbeit mit dem Puppentheater in Klaipėda (Litauen).


Jordan ­Tannahill und Erin ­Brubacher — Kanada, Deutschland / Schauspiel

Ist mein Mikro an?

aus dem Englischen von Frank Weigand und Kirstin Hess

Wo sind die verdammten Theaterstücke? von Kirstin Hess Werkschau In deutscher Sprache Gustaf-GründgensPlatz, Open Air Di, 22.6. Mi, 23.6. jeweils um 20:00–21:00 Publikumsgespräch am 23.6.

Der junge kanadische Autor und Theatermacher Jordan Tannahill hat sich entschieden: Seine künstlerischen Arbeiten fordern sein Engagement auch außerhalb von Theaterbühnen. Wir haben mit Jordan Tannahill verabredet, ein Stück für das Festival Theater der Welt Düsseldorf zu entwickeln. Es ist Winter 2019, eine junge Schwedin, Greta Thunberg, hat gerade ihre Rede beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos gehalten. Es wird das Jahr von Fridays for Future werden, doch das ist in diesem kalten Januar noch nicht deutlich. Offensichtlich aber ist, dass der Klimawandel eines der wichtigsten Themen der Zeit ist. Viele Gespräche folgen, auch über Unsicherheiten: Wie einem solchen großen, umfassenden, lebenswichtigen Thema auf der Bühne gerecht werden? Nach Ostern sind wir wieder verabredet. Als Jordan erst deutlich verspätet anruft, entschuldigt er sich. Er sei gerade erst von der Londoner ­Polizei entlassen worden, denn er war mit auf »der Brücke«. Die Aktivist*innen von Extinc­ tion Rebellion hatten die Waterloo Bridge mit einem Info-Happening besetzt. Tausende sind gekommen, um hoch über der Themse zu diskutieren, zu feiern und ihr Engagement für das Klima zu zeigen. Als Extinction Rebellion die Brücke nicht freigibt, nimmt die Polizei etliche Aktivist*innen fest. Nach diesem Erlebnis spricht Jordan über die Notwendigkeit, aktiv zu werden.

Gemeinsam fragen wir uns, wie es kommt, dass oft eine Grenze liegt zwischen Künstler*in und Aktivist*in sein. Ist beides zusammen möglich? Und kann daraus ein Stück entstehen? Wir treffen uns Wochen später in Berlin und sprechen über die Frage, wie realpolitische Themen in der Kunst dargestellt werden können. Kann Theater einen sinnvollen Beitrag leisten? In Kanada beschäftigt Künstler*innen zunehmend die Frage nach der Rolle der Kunst für ökopolitische Themen. Wie sich verhalten? Informierend, apokalyptisch oder eher optimistisch? Nach einer Aufführung ­eines Stückes über die Krise um die Meere von Alanna ­Mitchell im Theatre Centre Toronto im Sommer 2019 umarmte ein Mann die Autorin mit den Worten: »Ich bin Klima­ wissenschaftler, aber ich habe nie gelernt, über dieses Zeug zu sprechen.« Der berühmte US-amerikanische Umweltaktivist Bill McKibben warnt: »Wir versuchen nicht mehr die globale Erwärmung aufzuhalten. Dafür ist es zu spät. Wir versuchen zu verhindern, dass sich eine vollständige, heillose Katastrophe entwickelt.« Vielleicht geht es ihm manchmal wie dem Wissenschaftler im Theatre Centre, wenn er mit den Worten »Wo sind sie, die Bücher? Die Gedichte? Die Theaterstücke? Die verdammten Opern?«, beschreibt, dass die Kunst eine dringende Aufgabe in der De­ batte um den Klimawandel habe.

Am Ende unseres Abends in Berlin ist nicht klar, ob es zu einem Stück kommen kann. Wie über ein oft als gewöhnlich, hässlich und langweilig empfundenes Thema wie das Klima sprechen? Und wie überhaupt die Zeit dazu aufbringen, wo konkreter Einsatz Not tut? Vielleicht so, wie wir es tun, wenn wir uns treffen? Vielleicht geht es um die, die dieses Stück sehen werden? Zwei Tage später erhalte ich eine E-Mail, darin der ganze Text. Es ist sicher kein dramatischer Text und doch könnte er dramatischer kaum sein. Entstanden ist eine musikalische Textfläche, ein Ringen darum, wie wir Menschen unser fatales Tun ändern können. Entstanden ist ein Protestsong für junge Stimmen: 18 junge Düssel­dorfer*innen werden diesen Text performen – für ein erwachsenes Publikum. Für die Inszenierung Ist mein Mikro an? arbeitet das kanadische künstlerische Team, zu dem die bildende Künstlerin Sherri Hay, die Musikerin Veda Hille und die Choreo­grafin Cara Spooner gehören, unter der Leitung von Erin Brubacher und dem deutsch-libanesischen Regisseur Bassam Ghazi mit einer Gruppe von 18 Düsseldorfer*innen zwischen 12 und 17 Jahren zusammen. Kirstin Hess ist Dramaturgin am Jungen Schauspiel Düsseldorf. Lesen Sie den gesamten Text im digitalen Magazin auf www.theaterderwelt.de/festival/ magazin/mikro-an

13


Sisi Pelebe Kelvinmary Ndukwe — Nigeria / Schauspiel

Internationale Premiere In englischer Sprache Dreischeibenhaus Mi, 23.6. / 21:00–22:00 Do, 24.6. / 16:00–17:00, 21:00–22:00 Die 16-Uhr-Vorstellung ist auch als Livestream buchbar. Publikumsgespräch am 24.6. nach der zweiten Vorstellung

14

Eine humorvolle und temporeiche Tour de Force durch Familienklischees

In der Familie geht es hoch her. Vater, Mutter, Tochter, Sohn und Onkel sind versammelt, und die Geschwister beginnen sofort, heftig zu streiten … oder sind sie keine Geschwister, sondern ein Liebespaar? Der nigerianische Autor und Regisseur Kelvinmary Ndukwe hat mit Sisi Pelebe ein rasantes Vexierspiel um traditionelle Rollenbilder, Identitätssuche und jede ­Menge Halbwissen über Geschlechterrollen und sexuelle ­Orientierung geschrieben, das die Zuschauer*innen gezielt in die Verwirrung treibt. Ausgehend von der Frage »Wer ist Sisi Pelebe?« spiegelt das Stück nicht nur die nigerianische Gesellschaft wider, sondern thematisiert vielmehr den grundlegenden Konflikt, der entbrennt, wenn traditionelle Familienbilder

hinterfragt werden. In Nigeria regelt die Großfamilie alle wesentlichen Angelegenheiten im Kollektiv und greift zu drastischen Mitteln, wenn der familiäre Zusammenhalt durch zu viel Individualismus bedroht scheint. Das bekommt auch die Titelfigur Sisi Pelebe zu spüren, als die Ehefrau und Mutter ein gut gehütetes Geheimnis offenbart. Kelvinmary Ndukwe schickt sein hochenergetisches ­Ensem­ble auf eine humorvolle und temporeiche Tour de Force durch sämtliche Familienklischees, die im Verlauf dieses Abends allesamt zu Fall gebracht werden. In N ­ dukwes Stück ist jede*r einmal im Recht und dann wieder absolut gar nicht. Sisi Pelebe erzählt vom Mikro­kosmos Familie im 21. Jahrhundert in Nigeria – und auf der ganzen Welt.


Pistes Penda Diouf — Burkina Faso, Frankreich / Schauspiel

Deutschlandpremiere In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln Schauspielhaus, Großes Haus Sa, 26.6. / 19:30–20:45 Diese Vorstellung ist auch als Livestream buchbar. Publikumsgespräch am 26.6. im Anschluss an die Vorstellung

So, 27.6. / 11:00–12:15 Diese Vorstellung ist auch als Video-onDemand buchbar.

Eine Reise ins Herz der Erinnerung – auf den Spuren des Völkermords an den Herero und Nama Die Schauspielerin und Dramatikerin Penda Diouf hat senegalesisch-ivorische Wurzeln und lebt in Frankreich. 2010 reiste Penda Diouf nach Namibia, in das Land ­Frankie Fredericks, den sie seit Kindheitstagen bewundert hat. Frankie Frederick ist der einzige namibische Sportler, der je eine Medaille bei Olympischen Spielen gewonnen hat. Heimgekehrt ist Penda Diouf mit Pistes, einem ­poetischen Reisebericht. Pistes beschreibt eine Fahrt ins Herz der Erinnerung. Ein Roadmovie, das nicht nur von roten Sanddünen und vom Licht in der Wüste erzählt. Auf der Suche nach ihren eigenen Erinnerungen ist Penda Diouf auf einen vergessenen Völkermord gestoßen, der als der erste des 20. Jahrhunderts gilt: das ab 1904 von der deutschen Kolonialarmee verübte Massaker an den Herero und Nama

im sogenannten Deutsch-Südwestafrika. Ihr Stück ist eine Hommage auf die Opfer des Völkermords und auf seine Held*innen. Als seismografischer Report offenbart es auch die Situation der nachgeborenen Generation, die sich damit abfinden muss, dass Recht und Gerechtigkeit niemals wiederherstellbar sind. In der Regie von Aristide Tarnagda aus Burkina Faso präsentiert die junge, aus dem Tschad stammende Schauspielerin Nanyadji Ka-gara diesen bewegenden Text für Theater der Welt 2021 erstmals in Deutschland. Die Stücke von Penda Diouf finden international große Beachtung und werden weltweit gespielt. Diouf ist Mitbegründerin des Formats »Jeunes textes en liberté«, das jungen Autor*innen in Frankreich mit Veranstaltungen und Schreibworkshops eine Plattform bietet.

15


European Philosophical Song Contest Massimo Furlan, Claire de Ribaupierre ­— Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Litauen, Norwegen, Portugal, Schweiz, Slowenien, Spanien / Musiktheater Songtexte: Santiago Alba Rico (ES) – Philippe Artières (FR) – José Bragança de Miranda (PT) – Vinciane Despret (BE) – Mladen Dolar (SI) – Leon Engler (DE) – Mondher Kilani (CH) – Michela Marzano (IT) – Kristupas Sabolius (LT) – Ánde Somby (NO) – Jean Paul Van Bendegem (BE)

Die beste Vision für Europa – stimmen Sie mit ab!

Deutschlandpremiere Mit deutschen Übertiteln Schauspielhaus, Großes Haus Mi, 23.6. Do, 24.6. jeweils um 20:00–22:15 Diese Vorstellungen sind auch als Livestream buchbar. Im Anschluss an die Vorstellung vom 23.6. Zuschauer*innen­ gespräch Vision: Europa

16

Der Eurovision Song Contest kommt nach Düsseldorf! Allerdings mit einer markanten Neuerung: Alle Texte des diesjährigen Liederwettbewerbs stammen von zeitgenössischen europäischen Intellektuellen aus u. a. Soziologie, Anthropo­ logie, Philosophie, Literatur oder Geschichte. Aus zehn Ländern, vom Nordkap bis Gibraltar, von der Bretagne bis zur litauischen Küste, wurden die Beiträge eingesandt. Sie alle stellen sich im ersten European Philosophical Song Contest nicht nur dem anspruchsvollen musikalischen Wettstreit, in diesem Jahr geht es auch um die überzeugendste Antwort auf die Frage: Was soll aus Europa werden? Gemeinsam mit einem Team der Universität für Musik Lausanne haben Regisseur Massimo Furlan und die Dramaturgin Claire de Ribaupierre eingängige Popsongs zu den philosophischen Texten der Autor*innen komponiert. Die Bühnenshow, live gesungen und orchestriert, lädt ein zu einer aufregenden Reise durch viele Länder, und alle Zuschauer*innen stimmen gemeinsam über die beste Vision für Europa ab! Es moderiert die Schauspielerin Anna Schudt. Flankiert wird das Publikum von einer Jury aus Düsseldorfer*innen, die live am Abend jeden Song diskutiert und eine eigene Wertung vergibt. Ob Sie deren Meinung folgen oder Ihrem eigenen Gefühl vertrauen – zuletzt wird das ­Gesamtvotum entscheiden.

Claire de Ribaupierre und Massimo Furlan: Geografen der Herzen. Das Künstlerpaar aus Lausanne wird auf Bühnen in ganz Europa für seine groß angelegten Odysseen gefeiert. Ein Gespräch mit zwei Partisanen, die sich gegenseitig bezirzen. Lesen Sie das ganze Porträt über Claire de Ribaupierre und Massimo Furlan im digitalen Magazin auf www.theaterderwelt.de/festival/magazin/ european-song-contest


The Planet — A Lament Garin Nugroho — Indonesien / Oper

Die Geschichte der Neuschöpfung der Welt als fulminantes Musiktheater auf dem Gustaf-Gründgens-Platz

Deutschlandpremiere In Ost-NusaTenggara­Dialekten mit Übersetzungen

Gustaf-GründgensPlatz, Open Air Sa, 26.6. / 20:00–21:15 So, 27.6. / 20:00–21:15

Im Zentrum der Inszenierung The Planet – A Lament des renommierten indonesischen Dramatikers, Theater- und Filmregisseurs Garin Nugroho steht ein 14-stimmiger Chor, der einen eindringlichen Liederzyklus singt. Die Komposition basiert auf Elementen der melanesischen Musiktradition und begründet ein neues, eigenes Musiktheater­ genre. Sie fußt auf den langjährigen Forschungen der Publikums­ papuanischen Komponistin und Solistin Septina Rosalina gespräch am 27.6. Layan und ist choreografisch an eine auf der Insel Timor existierende Pfingstprozession angelehnt. In Düsseldorf wird sie als Open Air auf dem Gustaf-Gründgens-Platz zu erleben sein. Garin Nugroho inszeniert mit Layans Kompositionen, filmischen Elementen und dynamischem Tanz die ­Geschichte der Neuschöpfung der Welt auf dem indo­

nesischen Archipel nach einer verheerenden Umwelt­kata­strophe. Eine Gemeinschaft kämpft nach einem ­Tsunami um ihr Überleben. Mit seinen kraftvollen Bildern, die von überzeitlichem Wissen und alten Ritualen erzählen, will Nugroho einen neuen Mythos erschaffen, der den modernen Menschen erreicht. Für The Planet arbeitet er mit dem renommierten Mazmur-Chor aus der Stadt Kupang und einem künstlerischen Team von Kompo­ nist*innen, Choreograf*innen und Tänzer*innen aus Papua und dem gesamten indonesischen Archipel zusammen.

17


Andares Héctor Flores Komatsu, ­Makuyeika Colectivo Teatral — Mexiko / Schauspiel

Ein fesselndes und hochpolitisches Panorama der Realitäten In spanischer Sprache mit deutschen Übertiteln Für alle ab 10 Jahren Schauspielhaus, Kleines Haus Fr, 25.6. / 20:00–21:15 Diese Vorstellung ist auch als Livestream buchbar. Publikumsgespräch am 25.6. im Anschluss an die Vorstellung

Sa, 26.6. / 16:00–17:15 Diese Vorstellung ist auch als Video-onDemand buchbar.

18

Ein Junge kann nicht mit seiner Großmutter sprechen, weil er Maya, ihre Muttersprache, nicht beherrscht. Ein anderer fühlt sich zu seinen männlichen Freunden hingezogen und entdeckt, dass er »muxe«, ein drittes Geschlecht, ist. Ein junger Mann ist beschämt, weil er nicht in der Lage ist, einen Hirsch zu erlegen, wie es seine Vorfahren lange vor ihm getan haben. Andares (Wege) präsentiert die ­außergewöhnlichen Geschichten dreier Schauspieler*innen mit Maya-, ­Zapoteken- und Wixarika-Herkunft aus Mexiko. Zusammengewoben aus persönlichen Anekdoten, traditionell über­lieferten ­Mythen und dem Schrei nach Gerechtigkeit, enthüllt diese berührende Erzählung die Freude, den Zorn und die Trauer, die sich in den heutigen Heimat­ ländern der Darsteller*innen, die ihre Ursprungsheimat ­verlassen haben, entfalten. Begleitet von einem Live-Musiker führen die drei Schauspieler*innen das Publikum durch ein ­fesselndes und hochpolitisches Panorama der Realitäten im Zentrum des modernen indigenen Lebens. Der Regisseur, Dramatiker und Schauspieler Héctor Flores Komatsu leitet das Makuyeika Colectivo Teatral. Die Arbeiten der Gruppe wurden inspiriert von den Er­zählungen und performativen Ausdrucksformen der indi­genen Völker Mexikos und waren u. a. in Städten und indigenen Gemeinden Mexikos, in Chile, Nordamerika, China und Deutschland zu sehen. Sie sind geprägt von großer künstlerischer, kultureller und sozialer Sensibilität sowie von einer mitreißenden Lebensfreude.

»Die Künstler*innen erzählen zugleich mit beschützender Zuneigung für vorkoloniale Traditionen und einem klaren Blick für deren Vorurteile und Grenzen. Sie scheuen sich nicht, das Publikum in ihre Kritik mit einzubeziehen, was es den Zuschauenden ermöglicht, nicht nur über die notwendige Bewahrung von Überlieferungen zu lernen, sondern auch über die Komplexität des Aufeinandertreffens von Tradition und Moderne.« Chicago Tribune


Das Gewicht der Ameisen David Paquet — Kanada, Deutschland / Schauspiel

Deutschsprachige Erstaufführung Für alle ab 12 Jahren Junges Schauspiel Münsterstraße 446 Di, 29.6. / 19:00–20:15 Mi, 30.6. / 18:00–19:15 Diese Vorstellung ist auch als Livestream buchbar.

Anke Retzlaff — Deutschland / KonzertPerformance

Central, Kleine Bühne Sa, 3.7. / 18:30–20:00 Diese Vorstellung ist auch als Livestream buchbar.

So, 4.7. / 19:30–21:00

Sind Optimismus und Engagement heute überhaupt noch legitim und zukunftsfähig? Mit Das Gewicht der Ameisen hat der kanadische Autor ­David Paquet eine wütende Schul-­ komödie mit furiosem Tempo geschrieben. Jeannes und Oliviers Schule führt die Hitliste der schlechtesten pädagogischen Einrichtungen des Landes an. Als der Direktor die Schultoiletten aus finanziellen Gründen mit sprechender Shampoowerbung ausstatten lässt, wird Jeanne zur Aktivistin. Olivier hingegen quälen andere Sorgen: die Klimakrise, Korruption, atomare Bedrohung … Olivier und Jeanne lassen sich zur Wahl um den Posten als Schülersprecher*in aufstellen. Niemand scheint sich für diese Wahl zu interessieren, bis plötzlich Max mit einem einzigen Wahlversprechen in den Ring tritt: Pizza für alle. Paquet ist einer der prägenden zeitgenössischen kanadischen Dramatiker. Das kanadisch-deutsche Regieteam realisierte die europäische Erstaufführung ursprünglich für die Ausgabe von Theater der Welt 2020. Lesen Sie ein Gespräch mit Autor David Paquet im digitalen Magazin auf www.theaterderwelt.de/festival/magazin/ameisen

Dream Machine

Uraufführung

Eine furiose Schulkomödie

Ein Interview mit dem Traumforscher Michael Schredl über die emotionale Dynamik von Träumen lesen Sie im digitalen Magazin auf www.theaterderwelt.de/ festival/magazin/ dream-machine

Werden Sie mit Ihren Stimmen Teil eines musikalischen Archivs Auf dem Gustaf-Gründgens-Platz steht eine Telefonzelle, die gar keine ist. Es handelt sich um eine Dream Machine, die das Publikum dazu einlädt, persönliche Traumerinnerungen, Wünsche und Sehnsüchte als Sprachnachricht zu hinterlassen, in jeder Sprache dieser Welt. Diese Botschaften werden Teil eines stetig wachsenden Stimmenarchivs, das später in Musik umgewandelt wird. Mit den Stimmen von Festivalbesucher*innen und Teilnehmer*innen des Kongresses Junges Theater der Welt aus zehn Ländern entwerfen drei Musiker und eine Schauspielerin ein musikalisches Versuchsfeld. Aus­gehend von Texten von Matin ­Soofipour Omam reisen sie quer durch das Unbewusste und suchen nach ­neuen Formen der kontaktlosen Verbindung. In einer vielstimmigen Komposition werden die Grenzen ­zwischen Traum und Realität, zwischen Gesang und Spoken Word, Electro und Jazz aufgelöst. Die Dream Machine auf dem Gustaf-Gründgens-Platz, die die ­Stimmen der Festivalbesucher*innen sammelt, kann über die gesamte ­Dauer des Festivals besucht werden.

19


Kunst Ene-Liis Semper, Tiit Ojasoo — Estland, Schweiz / Performance Ein Poem von Ene-Liis Semper und Tiit Ojasoo

Die Frage nach der Kraft der Kunst Deutschlandpremiere Schauspielhaus, Kleines Haus Di, 29.6. / 20:00–22:00 Diese Vorstellung ist auch als Livestream buchbar.

Mi, 30.6. / 20:00–22:00 Diese Veranstaltung ist auch als Video-onDemand buchbar. Publikumsgespräch am 29.6. im Anschluss an die Vorstellung

20

Bekannt wurde das estnische Künstlerpaar Ene-Liis Semper und Tiit Ojasoo mit seinem Tallinner Theater NO99 und jener Inszenierung, deren Titel einer Performance von Joseph Beuys entlehnt war: Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt. 2020 hat die Pandemie das öffentliche Leben weltweit zum Erliegen gebracht, Kulturinstitutionen wurden auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der geistige Nährboden einer Gesellschaft war ausgeschaltet, die Kunst als nicht systemrelevant eingestuft. 2021 ist es höchste Zeit, sich erneut gemeinschaftlich mit dem Nutzen und der Nutzlosigkeit von Kunst auseinanderzusetzen und ihren Stellenwert neu zu bestimmen. Mit Kunst wirft das estnische Regieduo essenzielle Fragen auf: Was leistet die Kunst? Ist ihr Wert allein nach den Regeln des (Kunst-)Marktes zu ermessen? In einem klassischen White Cube wird in dieser vielschichtigen Performance die Welt der Kunst aus ästhetischer, politischer und ökonomischer Sicht in Augenschein genommen, dabei werden Theorie, Praxis und Rezeptions­ geschichte zu einem neuen Narrativ verschmolzen. Kunst ist ein sehr persön­ liches Statement der beiden Theatermacher, das zur tiefgreifenden Auseinandersetzung mit der Kraft der Kunst einlädt und zugleich die Frage nach der Haltung jeder und jedes E ­ inzelnen stellt.

»Uns schien es wichtig, die Wirkung von Kunst auf den Menschen zu untersuchen: Was kann man darüber sagen? Ist ein kathartisches Erlebnis in einer Kunstausstellung immer noch möglich?« Ein Gespräch mit dem Künstlerpaar Ene-Liis Semper und Tiit Ojasoo. Das Gespräch führte die stellvertretende Intendantin und Künstlerische Leiterin Schauspiel am Luzerner Theater Sandra Küpper. Zu lesen im digitalen Magazin auf www.theaterderwelt.de/festival/magazin/kunst


GRM. Brainfuck Das sogenannte Musical von Sibylle Berg Originalmusik von Ruff Sqwad Arts Foundation / UK Sibylle Berg — Deutschland / Schauspiel

Blick zurück im Zorn aus einer nicht allzu fernen Zukunft Uraufführung Schauspielhaus, Großes Haus Fr, 2.7. / 19:30–21:30 Sa, 3.7. / 16:00–18:00 Publikumsgespräch am 2.7. im Anschluss an die Vorstellung

Wut, Verzweiflung und Lebenssehnsucht einer Gruppe Jugendlicher als Mittelpunkt einer Welterzählung – GRM.Brainfuck ist ein Blick zurück im Zorn aus einer nicht allzu fernen Zukunft auf eine sehr nahe, unmittelbare Zukunft und handelt doch von nichts anderem als unserer Gegenwart. Es ist eine furiose Generalabrechnung, die so düster wie vital ausfällt. Wie unter einem Brennglas wird hier sichtbar gemacht, was die gesammelten Miseren und Fehlentwicklungen unserer Zeit ausmacht: soziale Ungleichheit, menschenverachtende neoliberale Praxis der Durchökonomisierung aller Lebensbereiche, Rassismus, flächendeckende digitale Überwachung, Entsolidarisierung als Prinzip, Marginalisierung ganzer Bevölkerungsgruppen. Sibylle Bergs Roman GRM.Brainfuck ist 2019 entstanden und spielt im Post-Brexit-Großbritannien. Er macht die Wut, Verzweiflung und Lebenssehnsucht einer Gruppe an den Rand gedrängter Jugendlicher zum Mittelpunkt einer Welterzählung: Früh auf sich selbst gestellt, bilden sie eine

aneinander Halt s­ uchende, verschworene Gemeinschaft, eine aus der Not geborene Ersatzfamilie. Sie sind zusammen nicht weniger verwundbar, aber immerhin weniger allein. Ihr Ziel: nie mehr verletzt zu werden. Vom Radar der Sozialbürokratie verschwunden, schlüpfen sie immer wieder durch die schmalen Ritzen des Systems. Als die rechtspopulistische Regierung für alle Bürger*innen ein garantiertes Mindesteinkommen einführt, in dessen Genuss jedoch nur kommt, wer sich einen Chip mit sämtlichen persönlich-medizinischen Daten einpflanzen lässt, werden sie zu Großstadtpartisan*innen der Humanität. Ihr Überlebenselixier: Grime, kurz GRM, die größte musikalische Revolution seit dem Punk. Bei der Koproduktion von Theater der Welt 2021 Düsseldorf, Düsseldorfer Schauspielhaus und Thalia Theater Hamburg führt Sebastian Nübling Regie, der schon etliche Texte von Sibylle Berg zur Uraufführung brachte.

21


Dragón Guillermo Calderón — Chile / Schauspiel

Deutschlandpremiere In spanischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Schauspielhaus, Kleines Haus Mo, 21.6. / 19:30–21:00 Liveübertragung der Vorstellung aus Chile. Im Anschluss Gespräch mit dem Regisseur Guillermo Calderón. Diese Vorstellung ist auch als Livestream buchbar.

Di, 22.6. / 19:30 – 21:00 Übertragung der Aufzeichnung in den Theatersaal. Diese Vorstellung ist auch als Video-on-Demand buchbar.

The Shadow Whose Prey the Hunter Becomes Back to Back Theatre — Australien / Schauspiel / Aufzeichnung Filmaufführung In englischer Sprache mit deutschen Untertiteln Schauspielhaus, Großes Haus So, 4.7. / 16:00–17:00 Exklusive Voraufführung der Fernsehaufzeichnung im Theatersaal.

22

Brillante Wortgefechte Das etablierte Künstler*innenkollektiv Dragón arbeitet an einem Projekt, das an alte Erfolge anknüpfen soll. Das Kollektiv hat sich vorgenommen, das ultimative exemplarische Kunstwerk des 21. Jahrhunderts zu schaffen. Es soll die Menschen berühren, die Politiker*innen aufrütteln, die Welt verändern und den Kanon der wichtigsten Kunstwerke der Weltgeschichte entscheidend erweitern. Nichts mehr. Aber auch nichts weniger. Das Stück Dragón des chilenischen Theatermachers Guillermo Calderón ist geprägt von tiefschwarzem Humor. Es befragt die Möglichkeit der Kunst, auf die großen ideologischen Konflikte unserer Zeit Einfluss zu nehmen. Mit seinem speziellen Sinn für Komik thematisiert Calderón kulturelle Aneignung, politisches ­Engagement und ethische Korrektheit. In brillanten Wortgefechten unterziehen seine Bühnenfiguren alle markanten Strömungen der Kunst des 20. Jahrhunderts einer hell­sichtigen Analyse.

Der Schatten, dessen Beute der Jäger wird Vier Personen organisieren eine öffentliche Anhörung. Sie starten eine unterhaltsam-kontroverse Frage­ runde: »Wenn ›künstliche Intelligenz‹ die Welt regierte, würde das Gros der Menschheit dann als geistig behindert ­gelten?« Das Ensemble des Back to Back Theatre ist Australiens einzige professionelle Theatergruppe mit Schauspieler*innen, die als »­intelligence disabled people« angesehen werden. Mit ihren virtuosen Inszenierungen macht die Truppe nicht nur auf die besonderen Fähigkeiten »Intelligenzgeminderter« aufmerksam, sondern untersucht auch das komplizierte Beziehungsgeflecht mit sogenannten »normalen« Menschen. Die Themen und Stücke der international weit beachteten Gruppe um Regisseur Bruce Gladwin werden stets im Kollektiv erarbeitet. 2021 hat die Company mit der Adaption von Shadow erstmals eine eigenständige Filmversion ihrer Theaterarbeit geschaffen.


Malen Ricardo Curaqueo Curiche — Chile / Tanz

Internationale Premiere Gustaf-GründgensPlatz, Open Air Sa, 3.7. / So, 4.7. jeweils um 20:30–21:30 Publikumsgespräch am 3.7. im Anschluss an die Vorstellung

Alex Ivanovici, Annabel Soutar, Brett Watson (Porte Parole) — Kanada / Schauspiel

L’Assemblée Montréal Ein Projekt mit einer französischsprachigen Community Fernsehproduktion In französischer Sprache mit deutschen Untertiteln Schauspielhaus, Kleines Haus Do, 1.7. / 18:00–19:15 und 20:30–21:45

Ausgezeichnet mit dem chilenischen Kritikerpreis als bestes Tanzstück Malen ist der Titel einer Choreografie, in der 17 chilenische Mapuche-Frauen im Alter von zwölf bis siebzig Jahren auf der Bühne stehen. Jahrhundertelang wurde das Volk der Mapuche kolonisiert und unterdrückt, bis heute leben viele Mapuche in Armut und werden als Bürger*innen zweiter Klasse angesehen. In der Sprache der Mapuche sind »Malen« junge Mädchen, die von älteren Frauen über Traditionen, ­Werte und überliefertes Wissen aufgeklärt werden. So spielt in der Tanzperformance der generationsübergreifende Dialog eine zentrale Rolle. Malen ist zudem ­­ eine Einladung an das ­Publikum, die Situation der ­Mapuche kennenzulernen und mögliche Vorurteile abzubauen. Die Traditionen und Überlieferungen der Mapuche werden mit Stolz präsentiert, weitergegeben und so für die kommenden Genera­ tionen bewahrt. Die Frauen in Malen fordern ihr Recht auf ein gleichberechtigtes Leben ein. In der Choreografie nutzen sie Tanz, Bewegung und ihre Körper dazu, dem Ausdruck zu geben und sich so aus der gesellschaftlichen Margi­nalisierung zu befreien.

The Assembly Dokumentartheater von Porte Parole — Eine Fernsehproduktion aus Kanada und ein Theaterabend aus Deutschland Mit ihrem dokumentarisch-theatralen Langzeitprojekt setzen Porte Parole einem erstar­ kenden Extremismus den offenen Diskurs entgegen. Seit 2017 laden sie ­Menschen mit kontroversen ­Haltungen zu einer nicht öffentlichen Begegnung ein. Die Protokolle dieser Gesprächsrunden werden jeweils zu einem neuen, eigenständigen Stück verarbeitet. In L’Assemblée Montréal führen vier Frauen eine offene und sehr persönliche Auseinandersetzung über Feminismus, den islamischen Einfluss auf die kanadische Kultur und die nationale Identität von Quebec. Diese Theaterproduktion von Porte Parole ist zum F ­ estival Theater der Welt in einer Aufzeichnung von Télé-Québec als Fernseh­produktion zu erleben.

Die Versammlung München Ein wirklichkeitsnahes Schauspiel

Schauspiel Schauspielhaus, Kleines Haus Sa, 3.7. / 20:00–22:15 So, 4.7. / 18:00–20:15

Filmvorführung im Theatersaal Diese Veranstaltung ist auch als Video-on-Demand buchbar.

In Zusammenarbeit mit den Münchner Kammerspielen ist erstmals eine ­Ausgabe von The Assembly in Deutschland entstanden: Vier Menschen werden zu einem Abendessen eingeladen. Politisch, beruflich und kulturell haben sie verschiedenste Hintergründe. Nach einer kurzen ­Vorstellung diskutieren sie über Zugehörigkeit, Ausgrenzung und Rassismus, über Geschlechtergerechtigkeit und diskriminierende Sprache, über Einwanderung und Religion. Was bedeutet es, einander zuzuhören? Welche Regeln braucht ein demokratischer­Dialog? Wie können sich Menschen mit unterschiedlichen politischen Auffassungen verständigen?

Ein Link zum digitalen Programmheft finden Sie im digitalen Magazin auf www.theaterderwelt.de/festival/magazin/the-assembly

23


Impressum

Bilder

Theater der Welt 2021 c/o Neue Schauspiel GmbH Wilfried Schulz, Generalintendant

Cover: Thomas Rabsch S. 4-5 Petri Tuhkanen S. 6 Baxter Theatre S. 8 B. Mullenaerts, Martin Rottenkolber S. 11 Kurt van der Elst S. 12 Angela von Brill, Tal Shahar S. 14 Ajibola Fasola S. 15 Justin Reznick Photography S. 16 Laure Ceillier, Pierre Nydegger S. 17 Joel Benguigui S. 18 Raúl Kigra S. 19 David Baltzer, Melanie Zanin S. 20 Petri Tuhkanen, Alex Bunge S. 22 Eugenia Paz, Jeff Busby S. 23 Patricio Melo

Claudia Schmitz, Kaufmännische Geschäftsführerin Gustaf-Gründgens-Platz 1 40211 Düsseldorf Festivalintendanz: Wilfried Schulz Stefan Schmidtke Programmdirektion: Stefan Schmidtke Redaktion: Kommunikation Gestaltung: Yasemin Tabanoğlu

Ein Festival des Internationalen Theaterinstituts (ITI), veranstaltet vom Düsseldorfer Schauspielhaus. Finanziert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Land Nordrhein-Westfalen und die Landeshauptstadt Düsseldorf.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.