Yuanming Newsletter Nr 2

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INTERVIEW

Der Folter-Hölle entkommen – ein neues Leben in Österreich Lijun (rechts) und Yining am 8. März 2020 während des Interviews im Grazer Stadtpark.

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ine Falun-Dafa-Praktizierende aus Shanghai, die illegale Haft unter unmenschlichsten Bedingungen überlebte, hat in Österreich über diese Zeit berichtet. Sie erzählt von Psychoterror, Folter und Zwangsarbeit bis hin zu Bluttests für den Organraub. Im Mai 2019 flüchtete die junge Chinesin Lijun Zhao in die Landeshauptstadt Graz zu ihrem Mann, der schon zuvor aus China eingereist war. In der Heimat hatte man sie wegen ihres Glaubens an Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht über viele Jahre verfolgt. Sehr ruhig und freundlich erklärt die zierliche Dame: „Sobald ich hier ankam, fühlte ich eine geistige Entspannung. Ich bin in einer anderen Welt angelangt. Interview und Bericht im Grazer Stadtpark

Im Grazer Stadtpark wurde sie gebeten, über ihre Erfahrungen in China zu berichten. „Ich lebte seit meiner Geburt in China und praktiziere seit 1997 Falun Gong“, erzählt die junge Frau. Dramatisch veränderte sich ihr Leben, als im Juli 1999 der damalige Staatschef, Jiang Zemin, eine flächendeckende Verfolgung von Falun Gong in ganz China inszenierte. Lijun erinnert sich: „In dieser schrecklichen Umgebung habe ich gelebt. Ich war zwei Jahre lang im Zwangsarbeitslager und drei Jahre im Gefängnis. Ich wurde auch mehrfach zur Gehirnwäsche, in außergerichtliche Einrichtungen gebracht, die einzig darauf abzielen, den Glauben der Menschen an Falun Dafa zu zerstören.“ Gedankenkontrollen und Folter sowie Hass bei Mitgefangenen schüren

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Lijun berichtet von Aufenthalten im Gefängnis, von totaler Überwachung und Einschüchterung. Im Gefängnis in Shanghai werden rund um die Uhr andere Gefangene zur Überwachung von Praktizierenden eingesetzt. „Man durfte mit niemandem sprechen, selbst Augenkontakt war verboten. Jeden Tag wurde man gezwungen, Videos zur Verleumdung von Falun Gong anzuschauen und dann dazu einen Bericht zu schreiben, als sog. Gedankenkontrolle. Die beauftragten Mitgefangenen beleidigten mich oft mit harten Worten wie „Du bist psychisch krank“. Wer nicht kooperierte, wurde auch körperlich bestraft. Ich erlebte Schlafentzug und wurde gezwungen, viele Stunden zu stehen oder auf einem ganz kleinen Hocker zu sitzen, was sehr schmerzhaft war.“ Sie berichtet weiter: „Im Gegensatz zu anderen Inhaftierten mussten sich Falun-Gong-Praktizierende vor dem Duschen beim Gefängniswärter melden und um Erlaubnis bitten. Wenn der Wärter gerade gut gelaunt war, konnte man duschen gehen. Es kam vor, dass man sogar ein bis zwei Monate gar nicht duschen durfte. Sie ließen deinen Körper stinken und andere Mitgefangene in der Zelle fühlten sich von dir angewidert. So wurde Hass und Auflehnung geschürt.“ Totale Überwachung zu Hause

Wenn man aus dem Gefängnis entlassen wurde, ging die totale Überwachung weiter. Es gab keine Ruhe vor der Observierung. „Als ich aus dem Gefängnis entlassen wurde, […] schickten sie jeden Monat Helfer des Wohnviertelkomitees zu mir, die mir Fragen stellten. […] Das Telefon wurde die ganze Zeit überwacht. […] Überall auf den Straßen befanden sich Überwachungskameras. Man warnte uns davor auszugehen und sagte uns, dass sie immer wüssten, wo wir seien. Wir fühlten uns bedroht und lebten in ständiger Angst.“


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