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Förderung von Ssssssssssschlafqualität

Von Dr. med. Karla Kränzlein

• Im Schlaf kann sich der Körper regenerieren. Blutdruck und Puls fallen, die Atmung ist langsam und tief. Energieverbrauch und Körpertemperatur sinken. Es finden Reparaturen und Wachstumsvorgänge im Körper statt und das Immunsystem wird gestärkt. Stresshormone werden abgebaut. Die Erlebnisse und Sinneseindrücke des Tages werden verarbeitet. Wichtige Erinnerungen werden abgespeichert und mit vorhandenen Gedächtnisinhalten verknüpft. Dabei spielen Traumphasen eine wichtige Rolle. Viele Träume sind chaotisch und eine symbolische Mischung davon, was einen in letzter Zeit bewegt hat, in manchen Träumen werden Dinge klar. Es lohnt sich allemal, auf die eigenen Träume zu achten. Die nötige Schlafdauer nimmt im Lauf des menschlichen Lebens ab, Erwachsene brauchen zwischen fünf bis zehn Stunden Schlaf, abhängig von der Person und auch der Situation.

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Manchmal klappt es aber leider nicht mit dem Schlafen. Das Einschlafen dauert lange, man wacht ständig auf oder der Schlaf endet ungewollt um vier Uhr nachts vorzeitig. Oder man ist am Morgen nicht erholt, obwohl man lange genug geschlafen hat. Schlafstörungen sind in der Gesellschaft ein weit verbreitetes Problem. Auch viele unserer Patient:innen leiden aus ganz unterschiedlichen Gründen unter Schlafstörungen. Das hat negative Folgen für den ganzen Menschen. Mit zunehmender Dauer der Schlafstörung steigt das Stresslevel und die Nerven liegen blank. Die Konzentration sinkt, die Stimmung ist gedrückt. Man ist deutlich weniger belastbar und reizbarer als sonst. Psychische Erkrankungen verschlechtern sich oder treten neu auf. Menschen werden infektanfälliger. Der Schlafmangel kann sich auch negativ auf das Gewicht, den Blutdruck, eine vorhandene Diabeteserkrankung oder auf andere körperliche Erkrankungen auswirken. Es treten oft Stresssymptome wie Kopfschmerzen, Schwindel, MagenDarm-Beschwerden, Muskelverspannungen, Schmerzen, Zähneknirschen, sexuelle Funktionsstörungen usw. auf.

Welche Ursachen können Schlafstörungen zu Grunde liegen? Es ist wichtig, diese herauszufinden, um effektive Therapieansätze anwenden zu können. Ich teile die Ursachen in äußere schlafstörende Faktoren oder Verhaltensweisen, körperliche, psychische und existentiell-geistliche Ursachen ein und werde bei einigen auf mögliche Therapieansätze eingehen.

Äußere schlafstörende Faktoren oder Verhaltensweisen:

• Lärm, Licht, falsche Temperatur, schlechte Matratze

• große Mahlzeiten vor dem Schlafengehen

• Schichtarbeit, zu viel Arbeit

• zu langer Tagschlaf, Jetlag

• mangelnde Schlafhygiene: aufregende Inhalte, Medienkonsum und übermäßige Anstrengung vor dem Schlafen

• schlafstörende Substanzen: z. B. Koffein, Nikotin, Alkohol oder auch bestimmte Medikamente wie Diuretika (sog. „Wassertabletten“), Cortisontabletten, zum Teil auch Schlafmittel

• aufregende bevorstehende oder gerade zurückliegende Ereignisse

• chronische Konflikte

Manche Faktoren lassen sich leicht ändern, beispielsweise bei einer hellen Laterne vor dem Fenster den Rollladen zu schließen.

Andere Faktoren, die den Schlaf durcheinander bringen, wie zum Beispiel die Babyphase der eigenen Kinder, sind vorübergehend und haben auch ihre sehr positiven Seiten. Insgesamt ist es ratsam, für gute Schlafbedingungen zu sorgen. Die meisten Menschen schlafen am besten in ruhigen, dunklen, kühlen und gut gelüfteten Räumen. Die Bettdecke sollte der Temperatur angepasst sein. Insbesondere bei schmerzbedingten Schlafstörungen zahlt sich die Investition in eine gute Matratze und ein gutes Kissen aus. Wer einen leichten Schlaf hat, kann unter Umständen von Schlafbrille und Ohrstöpseln profitieren. Schlafpositionen haben unterschiedliche Vor- und Nachteile: Die „Fötus-Haltung“ (auf der Seite liegend und eng zusammengerollt) kann zu Verspannungen führen. Bei Seitenschläfer:innen kann es zu einem

Taubheitsgefühl an den Händen kommen, je nach Handposition. Auf dem Bauch zu schlafen verstärkt Nacken-Beschwerden. In Rückenlage ist die Wirbelsäule zwar entspannt, aber es kommt häufiger zu Schnarchen. Achten Sie, soweit es ihre Umstände zulassen, auf ihren angeborenen Biorhythmus und ihr individuelles Schlaftor. Die meistens Menschen neigen entweder dazu, „Frühaufsteher:innen“ oder „Nachteulen“ zu sein. Frühaufsteher:innen profitieren davon, früh ins Bett zu gehen, Nachteulen genießen es, ausschlafen zu können. Im Laufe des Abends verspüren die meisten Menschen eine oder mehrere Phasen der Müdigkeit, in denen sie schnell einschlafen, wenn sie ins Bett gehen – dieses Phänomen nennt man „individuelles Schlaftor“. Gehen sie zu einem anderen Zeitpunkt ins Bett, brauchen sie deutlich länger um einzuschlafen. Ein kurzer Mittagsschlaf kann sehr erholsam sein und neue Kraft und Konzentration geben. Nach einem längeren Mittagsschlaf (mehr als 30 Minuten) fühlt man sich oft müder als zuvor. Bei Schlafstörungen ist es empfehlenswert, die Zubettgehzeit konstant zu halten. Medienkonsum vor dem Schlafen ist aufgrund der Bildschirmhelligkeit schlafhinderlich. Alkohol vor dem Einschlafen ist nicht empfehlenswert, da es Sodbrennen und Schnarchen fördert und bei regelmäßigem Konsum eine Suchtgefahr besteht. Aufputschmittel wie Koffein nach einer schlechten Nacht erschweren den Schlaf in der nächsten Nacht.

Beispiele für körperliche Ursachen von Schlafstörungen:

• Infekte

• Schlafapnoe-Syndrom

• Restless-Legs-Syndrom

• Erkrankungen, die mit Schmerzen eingehen, z. B. rheumatische oder orthopädische Erkrankungen

• Sodbrennen

• Kreislauferkrankungen (Herzrhythmusstörungen, Blutdruckerhöhung)

• nächtliches Wasserlassen bei Prostatavergrößerung oder Herzinsuffizienz

• Schilddrüsenüberfunktion

• hirnorganische Erkrankungen (z. B. Alzheimer-Erkrankung)

Wenn Sie den Verdacht auf eine körperliche Ursache der Schlafstörungen haben, dann lohnt sich zur Abklärung ein Arztbesuch. Viele Erkrankungen lassen sich gut behandeln und damit bessert sich auch der Schlaf. Bei Bluthochdruck, Schnarchen und Tagesmüdigkeit sollte geprüft werden, ob ein Schlafapnoe-Syndrom besteht. Unruhige Beine im Bett können unterschiedliche Ursachen haben, ein Eisenmangel sollte ausgeschlossen bzw. behandelt werden. Dieses unangenehme Phänomen lässt sich insgesamt aber medikamentös gut behandeln. Bei Rückenschmerzen lohnt es sich, regelmäßig Rückengymnastik zu machen.

Beispiele für psychische Ursachen, die die Schlafqualität beeinträchtigen können:

• Depressionen

• Angststörung

• Posttraumatische Belastungsstörungen

• psychotische Erkrankungen wie manisch-depressive Erkrankungen oder schizophrene Erkrankungen

Bei psychischen Ursachen können Sie selbst viel machen. Alles, was der Entspannung dient, fördert den Schlaf. Sie können sich mit einer regelmäßigen, ausgewogenen Ernährung, ausreichend Bewegung, Entspannungspausen und dem Vermeiden unnötiger Stressfaktoren etwas Gutes tun. Abends hilft ein persönliches Einschlafritual, z. B. warme Milch mit Honig oder ein Tee, ein kleiner Abendspaziergang, eine warme Dusche oder ein Fußbad, eine Massage, Lesen (angenehme Inhalte, keine Krimis o. ä.), beruhigende Musik, Entspannungsübungen (z. B. Atementspannung, Muskelentspannung nach Jacobson), bewusstes Nachdenken über schöne Erlebnisse, Dankbarkeit pflegen, Meditation oder Gebet. Für die Nacht kann es helfen, Notizzettel und Stift ans Bett zu legen, um wichtige Gedankenblitze aufzuschreiben. Bei nächtlichen Gedankenschleifen kann die Gedankenstopptechnik helfen.

Wenn es mit dem Schlafen gar nicht funktioniert, dann ist es besser, aufzustehen und etwas Entspannendes zu machen (kein Handy, TV oder PC) und bei Müdigkeit einen neuen Schlafversuch zu starten. Behalten Sie am nächsten Tag möglichst Ihren normalen Tagesrhythmus bei. Bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, Posttraumatischen Belastungsstörungen und Psychosen können Sie von psychiatrischer und/oder psychotherapeutischer Hilfe profitieren. Warten Sie nicht zu lange. Je früher eine psychische Erkrankung bzw. Schlafstörung behandelt wird, desto leichter geht es. Wenn Allgemeinmaßnahmen nicht ausreichen, können Medikamente oft weiterhelfen. Verschiedene Pflanzen wie Baldrian, Lavendel, Hopfen, Passionsblume, Melisse, Johanniskraut und Weißdorn haben eine leichte schlafanstoßende und entspannende Wirkung. Sie machen nicht abhängig, helfen oft aber nur bei leichten Schlafstörungen. Bei freiverkäuflichen Schlafmitteln aus der Gruppe der Antiallergika empfehlen wir trotzdem, eine Einnahme mit Ihrem Hausarzt zu besprechen, da diese bei Überdosierung zu Verwirrtheit und Halluzinationen führen können. Klassische Schlafmittel wie

Oxazepam, Zopiclon oder Zolpidem führen relativ sicher zum Schlaf, verändern aber die Schlafarchitektur (REM-Schlaf-Unterdrückung) und die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit. Sie haben ein deutliches Abhängigkeitsrisiko und können Entzugserscheinungen bei Absetzen nach längerer Einnahme hervorrufen. Deswegen sollten sie nur kurzfristig ärztlich verordnet werden. Barbiturate sind als Schlafmittel obsolet, da sie ein noch höheres Abhängigkeitspotential haben und zu neurologischen Schäden bei längerem Gebrauch führen. Antidepressiva und Neuroleptika mit schlaffördernder Wirkung sind bei stärkeren Schlafstörungen eine gute Alternative. Sie machen nicht abhängig, verändern die Schlafzyklen nicht, müssen aber für Patient:innen individuell passend ausgewählt und dosiert werden. Beispiele für Antidepressiva sind: Trimipramin, Mirtazapin, Trazodon, Agomelatin; für Neuroleptika: Quetiapin, Promethazin, Melperon, Pipamperon.

Beispiele für existentiell-geistliche Ursachen gestörten Schlafs:

• ungeklärte Sinnfragen

• Ungewissheit, was nach dem Tod passiert

• Schuld

Existentielle Fragen sind manchmal sehr aufwühlend und rauben den Schlaf. Hier können Gespräche mit Seelsorgenden gut tun und im Klärungsprozess hilfreich sein. Beim Thema Schuld ist es wichtig zu differenzieren, ob es sich um bloße Schuldgefühle oder um wirkliche Schuld handelt. Bei Depressionen kommt es oft vor, dass Menschen sich schuldig fühlen, ohne etwas falsch gemacht zu haben. Bei echter Schuld schenkt uns Gottes Vergebung wieder ein gutes Gewissen. Und „ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen“, das uns besser schlafen hilft.

Autorin Dr. med. Karla Kränzlein ist Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Innere Medizin und bestitzt einen M.A. in Interkulturellen Studien und Global Studies (ESCT, Columbia International University). Sie ist zudem Prädikantin, Bibliodramaleiterin und Oberärztin der de’ignis Fachklinik Egenhausen.

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